Samstag, 13. Juli 2019

Trierer Tragik


Der Trierer Bischof Ackermann ist eine für römisch-katholische Verhältnisse mittelmäßig unangenehme Gestalt.

1963 in der Vulkaneifel geboren, 1987 Priesterweihe in Trier, 1991 Subregens im Trierer Priesterseminar, 1996 Domvikar in Trier, 1999 Regens in Ahrweiler, 2001 Dissertation, 2005  Kaplan Seiner Heiligkeit, 2006 Weihbischof von Trier, 2009 Bischof von Trier, 2010 Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz.

Natürlich konservativ, natürlich für den Zwangszölibat, natürlich schützt er eher die pädophilen Priester als deren Opfer. Wenn Kinder durch seine Priester vergewaltigt werden, stört es ihn insbesondere, wenn diese damit an die Öffentlichkeit gehen und darüber reden was ihnen angetan wurde. Die Opfer sollen die Klappe halten. Nach wenigen Tagen als Bischof warf er den in Südafrika für Aids-Kranke engagierten Eifeler Priester Stefan Hippler („Der Papst soll den Gebrauch von Kondomen endlich zulassen!“) raus. Denn bekanntlich „verschlimmern Kondome das AIDS-Problem“ (Benedikt XVI, unfehlbar).
Soweit, so normal.
Was Ackermann gar nicht mag, ist wenn seine katholischen Laien anfangen selbst zu denken und der Kirche helfen wollen.

[…..] Etwa 5000 Religionslehrerinnen und -lehrer im Bistum Trier bräuchten „konkrete Schritte und sichtbare Zeichen“ von Ackermann, wenn sie weiterhin als glaubwürdige Zeuginnen und Zeugen des Glaubens, nicht nur vor den Schülerinnen und Schülern, sondern auch vor Kolleginnen und Kollegen, Eltern, Schulleitungen bestehen sollten.
In dem Forderungskatalog des Bundesverbands der katholischen Religionslehrerinnen und -lehrer, an Bischof Ackermann,  heißt es unter anderem:   „Wir fordern das Ende eines repressiven Umgangs mit innovativ denkenden Theologinnen und Theologen. Zudem wird ein radikaler Wandel hinsichtlich der katholischen Geschlechterlehre gefordert. „Wir fordern ein Umdenken in Fragen von Sexualität insbesondere auch von Homosexualität, die Wertschätzung der menschlichen, körperlichen Verfasstheit verbunden mit der Freude am Körper und der eigenen Sexualität. Dringend notwendig erscheint ein ehrlicher Blick in die eigenen Reihen im Hinblick auf die Themen Sexualität, Homosexualität und Beziehungsfähigkeit“, schreibt der Bundesverband.
Schüler entdeckten eine intransparente, unehrliche, machtorientierte Amtskirche, die den Schutz der Heiligkeit ihrer Institution höher achte als die Menschen, die sich ihr anvertrauten. „Der Missbrauch und seine Vertuschung stellen nur die Spitze des Eisbergs dar, an dem das majestätisch-stolze Schiff der Kirche unterzugehen droht. Die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Botschaft ist öffentlich zerrüttet“, so die Kritik der Religionslehrerinnen und -lehrer. […..]

Darüber hinaus agiert der Trierer Bischof im Umgang mit den Medien verhalten. Mit dem zutiefst abstoßenden arroganten und aggressiven Auftreten seiner Brüder im Amte (Meisner, Mixa, TVE, Dyba, Ratzi, Müller, Burke) kann Ackermann nicht mithalten.
Man laviert sich so durch.

Nach gerade mal neuneinhalb Jahren im Amt des offiziellen Missbrauchsbeauftragten, traf er sich diese Woche erstmalig mit den Opfern, den in seinem Bistum vergewaltigten, verprügelten und gequälten Kindern.
Man soll ja auch nichts übereilen.
Eine Dekade geht ja schließlich schnell ins Land und außerdem hatte Ackermann auch viel wichtigeres zu tun, als mit den Quälgeistern zu sprechen, die heute immer noch rumjammern, nur weil sie ein paar Jahre lang als Kind sexuell missbraucht und geschlagen wurden.
Da galt es vor allem den ursprünglich von ihm selbst engagierten Kriminologen Christian Pfeiffer wieder loszuwerden. Pfeiffer sollte den Missbrauch in der RKK zwar offiziell untersuchen, aber doch bitte nichts Negatives zu Tage fördern.
Der renitente Professor wollte sich aber bei seiner Studie tatsächlich ein eigenes Urteil bilden und nicht das schreiben, was Ackermann ihm vorschrieb.
Der Niedersachse wollte sich zur Empörung Ackermanns noch nicht mal bestechen lassen!

[…..] Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen KFN von Christian Pfeiffer hatte 2011 vom Verband der Diözesen Deutschlands den Auftrag bekommen, einen unabhängigen Forschungsbericht zum Missbrauch in der katholischen Kirche von 1945 bis heute zu erstellen. In den Wochen und Monaten danach soll die Kirche laut Aussage Pfeiffers aber immer mehr Einfluss auf die Forschungsarbeiten genommen haben - sogar von Zensur sei die Rede gewesen.
Im Dezember 2012 sollte die Zusammenarbeit dann bei einem Treffen in Hannover beendet werden. An dem Treffen nahm demnach auch der Trierer Bischof Stephan Ackermann teil. Christian Pfeiffer sagte dem SWR, dass die Kirche ihm ein Schreiben vorgelegt hatte, in dem er sich verpflichten sollte, jeglichen Vorwurf von Zensur und Kontrollwünschen der Kirche zu unterlassen. Für dieses Schweigen soll die Kirche auch 120.000 Euro geboten haben. Pfeiffer sagte, das habe er abgelehnt. Daraufhin habe der Trierer Bischof Ackermann ihm erklärt, wenn er nicht unterschreibe und der Zensurvorwurf nach außen dringe, sei er ein Feind der katholische Kirche und man würde seinen guten Ruf öffentlich massiv attackieren. Pfeiffer nennt den Vorgang eine Bedrohung. Wörtlich heißt es in der "Zeit": "Das war der Versuch einer Nötigung." […..]

Ich verstehe gar nicht, was sich die Leute nun wieder aufregen. Ackermann ist damit nur ein ganz gewöhnlicher kirchlicher Schreibtischtäter, der dafür sorgt, daß seine Priester weiter Kinder ficken können und daß die Priester, die schon Kinder gefickt haben, in Ruhe gelassen werden.
Wer sich der weltgrößten misogynen und homophoben Missbrauchsorganisation anschließt, darf nichts anderes von den Kirchenfürsten erwarten.

Nach zwei Jahren im Amt des Missbrauchsbeauftragten nervten einige garstige Medien allerdings weiter.
Ackermann („Null Toleranz für Missbrauchstäter“) schützte weiterhin die Pädo-Verbrecher seines Bistums. Da regten sich die Linksgrünversifften schon wieder auf. Nur weil der Trier Bischof sieben pädophile und vorbestrafte Priester einsetzte. Na und? Sind doch nur Kinder, die missbraucht werden.

[…..] Als Missbrauchsbeauftragter der Kirche predigt der Trierer Bischof Stephan Ackermann „null Toleranz“. Im eigenen Bistum geht er milde mit pädophilen Pfarrern um. […..]
1994 wurde [Pfarrer V.]  wegen 28fachen sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen im Bistum Trier zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Trotzdem blieb er im Kirchendienst, 1996 wurde er einfach in eine Auslandsgemeinde in die Ukraine versetzt. Dort, sagt er, habe er erneut Minderjährige missbraucht.
Heute ist V. 72 Jahre alt. "Ich kann es nur mit dem Alkoholismus vergleichen", sagt er leise. […..] Trotzdem ist ihm Kontakt zu Minderjährigen weiter möglich, regelmäßig besuchen Kinder seinen Arbeitsplatz.
[…..]  Schon im Januar musste sich Ackermann öffentlich entschuldigen, weil er einen mutmaßlich pädophilen Priester noch 2011 nicht umgehend beurlaubte. Jetzt liegen dem SPIEGEL Informationen über sieben weitere Fälle von pädophil auffällig gewordenen Pfarrern vor, die im Dienst des Bischofs stehen.
Da gibt es einen Geistlichen, der als Lehrer eines Internats an der Saar über Jahre sexuelle Beziehungen zu einem seiner Schüler unterhalten haben soll und nun Gemeindepfarrer im Bistum ist. Zwei seiner Mitbrüder, die als Besitzer von Kinderpornografie verurteilt wurden, wirken als Gottesmänner in Krankenhäusern. Ein weiterer Kollege durfte Ende vorigen Jahres schon wieder Messen lesen, obwohl er erst im März 2011 suspendiert worden war - mehrere inzwischen verjährte Missbrauchsfälle gehen auf sein Konto.
[…..] Sie schrieben dem Bischof einen Brief über ihre "tiefe emotionale und pastorale Irritation, den Zorn, die Scham und die Bestürzung" wegen des Umgangs mit Missbrauch im Bistum.
Statt den Fall aufzugreifen, wies Ackermanns Generalvikariat erst mal die Kritiker zurecht. Es hieß, solche Aktionen sollten unterlassen werden. Die Folge: Viele Opfer, Gemeindemitglieder, aber auch die betreffenden Pfarrer fühlen sich von der Kirche alleingelassen, auch Pfarrer V. […..]

Klar, all den Verbrecher-Soutanen weiterhin Zugang zu kleinen Kindern zu organisieren, kostet Zeit und Energie.
Da kann man sich nicht auch noch mit denen treffen, die missbraucht werden.

Immerhin, im Juli 2019 nahm sich Herr Ackermann doch erstmals ein paar Stunden Zeit dafür.

[…..]  Erstmals trafen sich Mitglieder einer Organisation von Männern und Frauen, denen Priester und Ordensleute im Bistum Trier sexuelle Gewalt angetan hatten, in größerem Rahmen mit ihrem Bischof Stephan Ackermann. Der ist nicht nur der höchste kirchliche Repräsentant der Diözese, sondern auch der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des Missbrauchs in der katholischen Kirche. Mit einzelnen Mitgliedern der Gruppe "MissBIT" hatte Ackermann schon Kontakt, ein Gespräch in größerem Rahmen, offen auch für einige ausgewählte Medienvertreter, hatte es zum Leidwesen der Betroffenen bislang noch nie gegeben. […..] Viele der Betroffenen sind, wie zahllose andere Missbrauchte auch, verletzt, enttäuscht, verbittert über das Verhalten katholischer Verantwortlicher. Weil sie seinerzeit Gewalt erfuhren und heutzutage, wie sie sagen, abgekanzelt, übergangen und schlimmstenfalls, so die Klage, abermals traumatisiert werden.
[…..]  Der über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Tenor Thomas Kiessling, vergewaltigt als Kind von einem Pater, wollte von Ackermann wissen, warum Männer wie er sich selbst bei Anträgen auf Anerkennungszahlungen stundenlang intimsten Fragen stellen müssten, die die furchtbaren Erinnerungen an die Untaten wieder erweckten. Man brauche Kriterien für die Zahlungen, aber heutzutage müsse niemand Dinge sagen, die er - oder sie - nicht sagen wollte, antworteten die Mitarbeiter Ackermanns. […..] Berthold Mertz etwa, der Vater einer Tochter, die nach der Geburt in einem katholischen Spital in Bernkastel-Kues misshandelt wurde und seither behindert ist. Inzwischen ist sie 20 Jahre alt, der Vater muss, wie Mertz sagt, trotz Zusicherung kompletter Kostenübernahme um viele Rechnungen kämpfen. Er ist nervlich am Ende. Und sagt: "Ich habe meinen Glauben verloren." […..]

So wie ich nicht verstehe, daß das liberale Deutschland sich über den Zölibat beklagt und die Aufhebung Desselben wünscht (ich bin ein extremer Befürworter kirchlicher Sexfeindlichkeit, Misogynie und Homophobie; alle Maßnahmen, die Kirchenmitglieder dazu bringen auszutreten, sind mir willkommen), so freue ich mich auch über Päderasten-freundliche Bischöfe.
Denn gegen sexuellen und psychischen und physischen Missbrauch in der Kirche helfen nur Säkularismus, Laizismus und Atheismus.
Wir brauchen unbedingt den massenhaften Kirchenaustritt, um die Geißel Kirche loszuwerden.

Die eigentliche Tragik in Trier ist daher nicht das Geschehene an sich, sondern daß die ehemaligen Opfer heute immer noch um die Kirche kreisen, nach Anerkennung durch den Bischof gieren, sich abmühen, die Kirche besser und transparenter zu machen, der Kirche helfen, die Kirche mit ihren Mitgliedsbeiträgen finanzieren.

Nur konsequentes Austreten hilft das parasitäre Verhältnis der Religioten in den bunten Kleidern zum Staat zu beenden.
Betroffene, wie die von mir hochgeschätzte Claudia Adams, müssen sich immer noch von der RKK demütigen lassen. Bei den Tätern darum betteln finanzielle Beihilfen zu bekommen.

[…..] "Warum Männer wie er sich selbst bei Anträgen auf Anerkennungszahlungen stundenlang intimsten Fragen stellen müssten, die die furchtbaren Erinnerungen an die Untaten wieder erweckten". - Man brauche Kriterien für die Zahlungen, aber heutzutage müsse niemand Dinge sagen, die er - oder sie - nicht sagen wollte  (!)  antworteten die Mitarbeiter Ackermanns. Der Bischof selbst gab zu: "Wir haben seit 2010 dazu gelernt."
Die Frage, was genau Bischof Ackermann seit 2010 dazu gelernt habe, ist meiner Meinung nach mehr als berechtigt. Wenn ich den vor mir liegenden schriftlichen " Antrag auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde" aus dem Jahr 2011 mit dem Antrag von 2019 vergleiche,  finde ich keine Abänderung im Wortlaut.
Ich sehe auch keine Änderung in der Befragungsmethode zwischen einem "Protokollgespräch"  welches 2011 stattfand und einem "Protokollgespräch", welches 2019 stattfand.  […..] Tathergänge sollen schließlich genau weiterhin so detailliert wie möglich beschrieben werden -  und wenn der Täter mehrmals übergriffig wurde und über einen längeren Zeitraum hinweg, dann bitte nacheinander, einzeln und - möglichst detailgetreu, wie und auf welche Weise. Und nicht nur die sexuellen Handlungen, sondern auch die Gewaltanwendungen. -
Beispiele von Fragestellungen, die bei Fachleuten eine große Sprachlosigkeit hinterlassen,  liegen mir zwar vor,  dürfen aber an dieser Stelle nicht veröffentlicht werden. Warum? - Weil es von dem Betroffenen zu unterschreiben gilt, dass der Inhalt des Gespräches streng vertraulich ist. (Lediglich die zum Mitarbeiter-Stab des Bischofs gehörenden Personen haben Zugang.) […..] "Heutzutage müsse niemand Dinge sagen, die er - oder sie - nicht sagen wollte  antworteten die Mitarbeiter Ackermanns." - Diese Aussage klingt wie ein Hohn. Wenn ein Betroffener nichts sagen kann, welche Kritierien sollen dann greifen? […..]

Austreten. Alle. Sofort.

Freitag, 12. Juli 2019

Viralität


Echter investigativer Journalismus stirbt langsam aus, weil die seriösen Zeitungen alle sparen. Die klickenden Konsumenten haben eine zu kurze Aufmerksamkeitsspanne und wollen auch kein Geld ausgeben.
Gab es früher in großen Redaktionen auch Dokumentare, die alle verbreiteten Fakten überprüfen, findet man die inzwischen kaum noch, außer beim SPIEGEL und der SZ.
Vor einigen Jahren löste der Springer-Verlag seine gesamte Dokumentation auf, entließ weit über 100 Rechercheure in Hamburg.
Googeln tut es doch auch und kostet nichts.
Investigativer Journalismus ist das natürlich nicht mehr.
Ein investigativer Journalist übernimmt nie irgendwelche Daten aus Dritt-Quellen, sondern spricht mit allen Betroffenen persönlich.
Das ist aufwändig, dauert lange und kostet eine Menge Reisespesen.
Aber nur so können gute Medien ihre Gatekeeper-Funktion erfüllen.

Blogger sind keine Journalisten. Blogs sind im besten Fall eine feuilletonistische Betrachtung des Geschehens oder schlicht eine Plattform, um seine eigene Meinung zu verbreiten.
Blogger bedienen sich dabei allen erdenklichen Quellen, die sie hoffentlich immer kenntlich machen und deren Relevanz sie einschätzen können.

Der Schreiber dieser Zeilen berichtet nicht objektiv, sondern versucht seine persönliche Meinung zu begründen. Dabei verwendet er die Informationen „richtiger Journalisten“, die er für seriös hält.
BILD, Focus oder RTL gehören selbstverständlich nicht dazu und tauchen daher auch nie in Verlinkungen auf.

Es fließen persönliche Erlebnisse und Erfahrungen ein, aber völlig neue Erkenntnisse sind auf nicht-investigative Art nicht zugänglich.
Blogger, die zu Hause am Schreibtisch sitzen, können große Mengen Informationen zusammentragen, aber nicht eigenständig große Skandale aufdecken.

Rätselhaft bleibt, wie genau sich öffentlich zugängliche Informationen verbreiten.
Weshalb werden offen zu Tage liegende Fakten über Jahrzehnte zwar regelmäßig von Journalisten beschrieben finden aber keinerlei Wiederhall bei den Lesern/Zusehern?
Obschon ich keinen religiösen familiären Hintergrund habe, wußte ich schon als Teenager genau, daß es ein Karfreitags-Tanzverbot gibt, daß Bischöfe vom Staat und nicht etwa aus der Kirchensteuer bezahlt werden.
Wann immer ich das in den nächsten Dekaden erzählte, stieß ich aber auf großes Staunen.

Viralität bezeichnet die schnelle Informationsweitergabe von Mensch zu Mensch. Eine kommunikative Botschaft wird in einem Sozialen Netzwerk von User zu User weitergetragen. Besonders soziale Netzwerke wie Facebook verfügt über ein hohes Maß an Vernetzung und Viralität, da hier eine Botschaft in kurzer Zeit eine große Reichweite entwickeln kann. Durch den Share Button wird diese Weitergabe zusätzlich vereinfacht. [….]

Es gibt auch klassische wiederkehrende Informationen, die jährlich, oder alle paar Jahre für Empörung und Verblüffung sorgen.

Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung gewählt.
Pfingsten wird gefeiert, weil an dem Tag der Heilige Geist ausgegossen wurde.
Bei Bundestagswahlen wählt man eine Partei und damit die Zusammensetzung des Bundestags, aber natürlich nicht den Bundeskanzler.
Der Bundeskanzler ist hierarchisch nur die fünft-mächtigste Person in Deutschland.

Außerdem gibt es durchaus wichtige Informationen, die nach meinem Eindruck sogar fast vollständig außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung passieren, obwohl sie selbstverständlich mit drei Klicks für jeden zugänglich sind.

Wie kommt man in den Rundfunkrat und wer sitzt da eigentlich? Wer bestimmt das TV-Programm und die politische Ausrichtung eines öffentlichen Senders?
Wer wählt die Bundesrichter aus? Wie entscheidet sich wer Vorsitzender einer der Kammern des Bundesverfassungsgerichts wird?

Darüber hinaus gibt es bekannte Irrglauben, die sich erstaunlich hartnäckig halten, obwohl die Realität gar nicht verheimlicht wird.

Nicht der Bundesgesundheitsminister oder das Parlament bestimmen wesentliche Teile der Gesundheitspolitik, sondern der allmächtige Gemeinsame Bundesausschuss GBA.

Solange ich zurückdenken kann, weiß ich, daß katholische Priester massenhaft Kinder quälen und vergewaltigen.
Schon Ende der 1960er Jahre wurde publik in welch massenhaften Ausmaß Kinder und Jugendliche in christlichen Heimen brutal ausgenutzt, gefoltert und entrechtet wurden.
Das gehörte bekanntlich zur journalistischen Arbeit der Konkret-Redakteurin Ulrike Meinhof.
Seit es diesen Blog gibt (ab Juni 2007) schreibe ich regelmäßig über solche Vorgänge. Nicht, weil ich das exklusiv selbst recherchiert hätte, sondern weil das durchaus auch in den „normalen Medien“ (Panorama, Monitor, Spiegel) berichtet wurde.
Aber 2010 kam das Canisius-Outing und urplötzlich sprach man darüber. Bischof Laun erklärte damals in einer Talkshow, man habe innerhalb der RKK nichts dagegen unternehmen können, da diese Ungeheuerlichkeiten ja erst jetzt (2010) bekannt wurden.
Da staunte ich nicht schlecht.
Ich als atheistischer Laie, der keinen Fuß in die Kirche setzt und nie Messdiener war, lese seit Jahrzehnten diese Pädo-Stories in der Süddeutschen und im Spiegel, aber ein Bischof, der mitten drin sitzt und exklusiven Zugang zu allen geheimen Informationen bekommt, hat davon nie etwas bemerkt?

[…..]Wir erinnern uns alle mir Schrecken daran wie in den Jahren 2010/2011 über 90% der Nation, bis weit in den linken Bereich dem Charme des Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg verfielen, ihn für einen Messias hielten, obwohl er von Anfang an ein Blender und Betrüger war. Interessanterweise wurden KTGs dreiste Lügen schon 2009 aufgedeckt und beispielsweise von PANORAMA (und auch in diesem bescheidenen Blog) veröffentlicht.
Aber Fakten sind irrelevant in einem verführbaren Volk wie dem Deutschen. […..]

Neuestes Beispiel für eine völlig verzögerte Wahrnehmung der Masse ist die Homöopathie.
Seit 200 Jahren gibt es nicht den geringsten Nachweis einer Wirkung.
Das ist von vorn bis hinten Humbug.
Homöopathie ist weder pflanzlich noch ein Naturheilverfahren.
Und als Chemiker freut es mich immer mal wieder drauf hinzuweisen, daß sowohl pflanzliche, wie Homöopathika, Naturheilmittel als auch natürlich klassische schulmedizinische Medikamente allesamt CHEMIE sind.
Es gibt nichts Nicht-Chemisches.
Die Besonderheit an Globuli und HÖ-Tropfen ist bloß, daß das verkaufte Wasser oder die gestampfte Lactose keinerlei therapeutisch wirksamen Inhaltsstoff enthalten. Es ist reine Fake-Medizin, kompletter Unsinn, Abzocke.

Seit Jahrzehnten regt es alle Eingeweihten auf, wieso dieser Schwachsinn von den Krankenkassen und somit der Allgemeinheit finanziert wird – nur damit sich ein paar Scharlatane die Taschen füllen können.
Zwecklos. Landesministerinnen in NRW und ostdeutsche Ministerpräsidentinnen treten öffentlich für diese ganz große Verarschung ein.

Aber ich habe den Eindruck, das Thema promoviert gerade von der öffentlich bekannten auf die tatsächlich öffentlich wahrgenommene Ebene.
Der Ausstieg Frankreichs aus der HÖ-Bezahlung ist die Initialzündung, aber diesmal ergreift es auch weite Teile der Presse. Viele Parteien (außer der Linken!) schließen sich den Forderungen an, endlich die HÖ-Verrückten ihr sinnloses Hobby selbst bezahlen zu lassen.

[….] Es geht nicht darum, Homöopathie zu verbieten oder den Verkauf von homöopathischen Arzneimitteln zu stoppen. Jeder, dem diese Therapieformen wichtig sind und bei dem sie helfen, soll sie weiterhin anwenden können. Keine Frage.
[….] Es geht um die Frage, was gesetzliche Krankenkassen ihren Mitgliedern bezahlen sollen und müssen. Homöopathie gehört nicht dazu.
[….] Wer kurzsichtig ist, muss seine Brille zu großen Teilen selbst bezahlen. Wer kranke Zähne hat, muss oft viel eigenes Geld auf den Tisch legen, damit er wieder kauen kann. Mit anderen Worten: Für einige wirklich wichtige Funktionen des menschlichen Körpers – Sehen und Essen – geben die Krankenkassen viel weniger Geld aus, als sie sollten.
Für jede Pillenpackung ist eine Zuzahlung fällig. Ärzten wird das Honorar gekürzt, wenn sie zu viele Patienten behandeln oder zu viel Arznei verschreiben. Pflegekräften wird kein höheres Gehalt gezahlt. Aber für Zuckerkügelchen – die berühmten Globuli – und für maximal verdünnte Flüssigkeiten ist genügend Geld da? Ernsthaft? [….]  Der TV-Satiriker Jan Böhmermann hat die Homöopathie neulich aufs Korn genommen. Er hat den Inhalt von zwei Flaschen Globuli in einer Schale zusammengeschüttet und dann gesagt, niemand könne jetzt mehr nachweisen, welches Zuckerkügelchen aus welcher Flasche kam. Plastischer kann man die Homöopathie nicht entlarven. [….]


[….] Zwei von drei gesetzlichen Kassen in Deutschland zahlen ihren Versicherten nicht nur moderne Medizin, sondern auch Zuckerkügelchen ohne Wirkungsnachweis und Behandlungsmethoden aus vorwissenschaftlicher Zeit. Dass die geheimnisvollen, unbedingt mit Plastik- oder Porzellanlöffelchen zu verrührenden Globuli und Tröpfchen tatsächlich über den Placebo-Effekt hinaus wirken, hat noch keiner der für diesen Ausgabeposten Verantwortlichen behauptet. [….]


 [….] In Frankreich erstatten die Krankenkassen ab 2021 die Kosten für Homöopathie nicht mehr. In Großbritannien ist es schon heute so. Ein solcher Schritt ist auch im deutschen Gesundheitssystem überfällig. Sogar die Kassenärztliche Bundesvereinigung will es inzwischen nicht mehr verstehen, warum eine teure, gen Erdmittelpunkt geschüttelte Zuckerlösung weiter von der Solidargemeinschaft gezahlt werden soll.
[….] Es kann nicht sein, dass Kassenpatienten über ihre Beiträge gezwungen sind, für Arzneimittel zu zahlen, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist. [….] Das Geld der Versicherten, das in die Homöopathie fließt wäre anderswo sinnvoller angelegt: beispielsweise im Kampf gegen Krankenhaus-Keime oder in der Antibiotika-Forschung. [….]

Donnerstag, 11. Juli 2019

Rechts ist schlecht.


Inzwischen sorgen sich auch herkömmliche bürgerliche Politiker über das rechtsextreme Eigenleben von ostdeutscher Polizei, dem Verfassungsschutz und Teilen  der Bundeswehr.

  […..] Der Fall Lübcke zeigt, dass der Verfassungsschutz reformiert werden muss.
Rechtsextreme bedrohen unsere Demokratie – und bisher scheitert der Staat an deren Bekämpfung. Wir brauchen endlich strukturelle Änderungen. [….]

Es ist schön, daß auch ehemalige zuständige Minister das Problem erkennen.
Für den nicht sehr weit rechts stehenden Teil Deutschlands sind diese Erkenntnisse allerdings nicht neu; im Gegenteil. Die deutlich rechts der Mitte verorteten persönlichen Einstellungen der Verfassungsschützer sind allgemein so bekannt, daß Witze über Nazi-freundliche Schlapphüte immer funktionieren.


Allerdings fallen die Chefs dieser Dienste und deren Einstellungspolitik nicht vom Himmel. Sie werden von den zuständigen, zumeist bei der CDU angesiedelten Innenministern ausgesucht.
Superminister Bundeshorst war noch vor kurzer Zeit so dermaßen begeistert von seinem AfD-Berater Hans-Georg Maaßen, der vor linksradikaler Unterwanderung der SPD warnte, daß er ihn um mehrere Gehaltsstufen zu seinem Staatssekretär befördern wollte – mit Zustimmung Merkels und Nahles‘.
Diese Beförderung hätte Maaßen auch bekommen, wenn die SPD, wie von allerlei Linken gefordert, die Groko verlassen hätte.
Da sie aber ein Teil der Regierung ist, konnte ein Basis-Aufstand der Sozen ihre Parteichefin umstimmen und so den Verfassungsschutzpräsidenten in den Ruhestand schicken.
Von dort aus twittert der Mini-Trump mit der Brille eines Siebenjährigen geradezu manisch seine verschwörungstheoretischen, ultrarechten Ansichten heraus, teilt mit Vorliebe BILD-, INSA-, Junge-Freiheit-, Werteunion- und AfD-Inhalte. Offensichtlich die Art „seriöse Quelle“, auf die sich auch die Erkenntnisse der Bundesschlapphüte stützen.


Ehem. Präsident des BfV / Nüchterner Realist, der sich große Sorgen um die Zukunft Europas macht / Hans-Georg Maaßen (hgm)

Kein Wunder, daß deutsche Innenminister bei der Terrorabwehr völlig von den Informationen der US-Dienste abhängig sind.
Die letzten fähigen deutschen Geheimdienstler wurden 1989/1990 mit dem Untergang der DDR abgewickelt.


[…..] Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat am Dienstagabend mit einem Tweet eine Debatte im Netz ausgelöst. Maaßen teilte einen Link zu einem Artikel der „Neuen Zürcher Zeitung“ mit der Überschrift: „In deutschen Städten sieht die Mehrheitsgesellschaft ihrem Ende entgegen“.
Darin heißt es weiter: „Frankfurt am Main, Offenbach, Heilbronn, Sindelfingen - in diesen und anderen Städten sind Deutsche ohne Migrationshintergrund nur noch die grösste Gruppe, stellen aber keine absolute Mehrheit mehr dar.“ Maaßen schrieb dazu: Für mich ist die NZZ so etwas wie „Westfernsehen“. [….]

Mit solchen Sicherheitsbehörden lässt sich auch erklären wieso seit zehn Jahren kontinuierlich kommunale Politiker, die sich für Humanität einsetzen von Rechtsradikalen attackiert werden, ohne daß Polizei und Co etwas unternehmen.
Allein in Berlin-Neukölln gab es in der letzten Dekade anderthalb Dutzend Brandanschläge auf Lokalpolitiker.

[….]  Immer wieder trifft es Menschen, die sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit engagieren.
[….]  Die Neuköllner SPD-Fraktionsvorsitzende Mirjam Blumenthal, 46, sah, wie vor ihrem Haus das Familienauto in Flammen aufging. [….]  Oder Gabriela Gebhardt, SPD-Abgeordnete im Neuköllner Kommunalparlament, und Peter Scharmberg, ebenfalls SPD, der sich für Flüchtlinge und gegen Rassismus einsetzt. Er wurde zwei Mal Opfer, 2014 konnte er gemeinsam mit einem Nachbarn löschen, zwei Jahre später hörte er einen lauten Knall um halb drei Uhr morgens. Das Auto, ein Feuerball. [….]  Umso irritierender ist die Erfolglosigkeit der Sicherheitsbehörden und der Berliner Justiz. Fast zehn Jahre dauert diese Anschlagswelle, aber es gibt keine Verurteilung, keine Verhaftung. Es gibt immerhin Hauptverdächtige, zwei bekannte Neonazis, "lange und schmutzig vorbestraft", wie ein Berliner Strafverfolger sagt. [….]  Was sagt es aus über die Bekämpfung rechtsextremer Gewalt in diesem Land, wenn es fast zehn Jahre nicht gelingt, auch nur einen der Täter im Kiez zu überführen? [….]  Am 15. Januar 2018 hörte der Verfassungsschutz dann aber ein Telefonat [….] mit [….]   Einer fuhr offenbar gerade einem Auto hinterher. Eine Art Beschattung. Die Neuköllner Rechtsextremen, schien es, spähten ein potenzielles Opfer aus, das nichts bemerken sollte. [….]  Das war zwei Wochen vor dem Anschlag auf den Linkenpolitiker Kocak. Es wäre noch Zeit gewesen, ihn zu warnen. [….] am 1. Februar 2018 wurde dann der Smart von Ferat Kocak völlig ungehindert und unbeobachtet in Brand gesteckt. [….]  Polizeibeamte als heimliche Helfer von Radikalen? Das ist ein ungeheuerlicher Verdacht, er ist durch nichts bewiesen und doch kann man ihn auch nicht so einfach abtun. Im Dezember 2018 flog in Berlin ein Polizist auf, der heimlich Drohbriefe an Mitglieder der linken Szene verschickt und dafür vertrauliche Daten aus Polizeidatenbanken entwendet hatte. Er schrieb seinen 42 Opfern, er werde ihre Privatadressen an die Neurechten von der Identitären Bewegung weitergeben oder gleich "an die Bullen". Es gab eine Geldstrafe. Ein Monatsgehalt. Polizist durfte er bleiben.
Bei den Staatsschützern des Landeskriminalamts (LKA), die gegen den Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri ermittelten, schrieb ein Beamter seinem Chef einmal per SMS, er solle "sich von Merkel & Co und ihren scheiß Gut-Menschen" fernhalten, wie eine interne Ermittlung ergab. Der Beamte schloss seine Nachricht mit dem Abschiedsgruß "88", dem Zahlencode für "Heil Hitler". Aus dem Dienst entfernt hat man ihn bis heute nicht. [….]