Freitag, 11. April 2025

Hoffen auf die Fehler der anderen

Wie sich Europa gegenüber den großen globalen Playern USA und China, sowie in militärischer Hinsicht auch Russland, behaupten soll, weiß ich nicht.

Natürlich, die addierte Bevölkerungszahl und die addierte Wirtschaftsleistung sollte uns zu einem wichtigen Faktor machen.

Wir sind viel weniger als die Chinesen, aber mehr als die USAner. (Russland 144 Millionen Einwohner)

Beim Bruttoinlandsprodukt liegt die EU mit 17 Billionen Dollar nur noch auf Platz drei hinter den USA (27,4 Billionen) und China (17,8 Billionen), aber wir sind immerhin noch eine relevante Größe. Im Gegensatz zu Russland mit zwei Billionen US-Dollar.

Flächenmäßig sind wir lütsch mit gerade mal 4.500.000 km². China (9.600.000 km²) und die USA (9.800.000 km²) sind mehr als doppelt so groß. Russland ist der Riese mit 17.100.000 km².

Die wahren Kraftverhältnisse kann man nicht anhand der genannten Kennzahlen beziffern, da die Softpower eine große Rolle spielt. Weltweit führt die USA dort mit enormen Abstand. Die Kinder in Ruanda oder Chile oder Tibet eifern US-amerikanischen Stars und Marken und Ideen nach. Da spielt China fast gar keine Rolle.

Relevant ist unbedingt die militärische Stärke, bei der die EU mit den anderen drei Großen nicht im Entferntesten mithalten kann.

Schließlich hemmt die EU ganz entscheidend ihr fragiles föderales Machtsystem.

Xi und Putin sind Diktatoren, die allein herrschen. Ihr Wort ist Gesetz. Die USA sind nur noch formal eine Demokratie. De facto regiert Trump bereits autokratisch. Laut Verfassung könnte er zwar sein Amt verlieren, aber dazu müssten Teile seiner Partei mitspielen und die Fanatiker hielten selbst nach dem Kapitolsturm und dem zweiten Impeachment eisern zu ihm.

Wenn man sich Trump, Putin und Xi als voll armierte Elitesoldaten vorstellt, steht von der Leyen daneben, wie ein mageres Kleinkind im Lendenschutz mit bloßen Fäusten.

Die EU wurde  2008, 2014, 2017, 2022 und 2025 eindringlich gewarnt und wußte, was zu tun ist, weil es ihre einzige Überlebenschance ist: Zusammenrücken, nationale Egoismen aufgeben, Kompetenzen nach Brüssel geben, Einstimmigkeitsprinzip abschaffen, außenpolitisch mit einer Stimme sprechen, massiv in eine gemeinsame Armee investieren.

Wir sind aber bisher an diesen Aufgaben nicht nur gescheitert, sondern sind erheblich weiter ins Hintertreffen geraten. Der Brexit, Orbán, Fico und die Rechtsextremisten im EU-Parlament sind allesamt Selbstkastrationen im Ringen mit China, Russland und den USA.

Wir, die EU-Bürger, die Wähler sind dabei eindeutig die Schuldigen, da wir uns mit unserer sagenhaften Bräsigkeit und Borniertheit selbst ins europäische Knie schießen. Niemand hat 51,89 % der britischen Wählenden gezwungen, beim EU-Mitgliedschaftsreferendum am 23. Juni 2016, für den Austritt und den daraus zwingenden ökonomischen Niedergang zu stimmen.

Aus eigener Kraft können wir uns nicht aufraffen, die EU fit für die Globalisierung zu machen. Dazu ist der Urnenpöbel einfach zu dämlich.

Unsere letzte Chance liegt im US-Urnenpöbel, der noch viel dämlicher ist und am 05.November 2024 Project25-Trump zum zweiten mal nicht nur ins Weiße Haus wählte, sondern ihm in beiden Parlamentskammern dazu jeweils eine absolute Mehrheit bescherte.

Die Dämlichkeit ihres orangen Messias übertrifft die EU-Dämlichkeit so deutlich, daß wir durch tumbe Passivität an relativer Stärke gewinnen. Mit dem irren Peter Navarro und seinem Zollwahn schwächt Trump die USA, wie es kein Konkurrent von außen könnte.

[….] Zugegeben, Liz Truss ließ kein Pappschild anfertigen, um ihre waghalsige Wirtschaftspolitik zu erklären. Sie erhob auch keine Zölle, sondern verkündete radikale Steuersenkungen auf Pump. Dennoch fühlen sich viele Briten beim Blick in die USA gerade an die verhängnisvollen Tage im Herbst 2022 erinnert, in denen sie die britische Wirtschaft zum Absturz brachte.

Kaum hatte Truss damals ihre Möbel in die Downing Street geschafft, zwang sie ihrem Land ein ähnliches riskantes Experiment auf, wie es nun der US-Präsident mit seiner radikalen Zollpolitik wagt. Der Versuch endete im Desaster.  Die Märkte rebellierten. Truss entließ ihren Finanzminister und trat nach nur 45 Tagen im Amt schließlich selbst zurück. Die Boulevardzeitung »Daily Star« wettete auf dem Höhepunkt der Krise, dass Truss schneller zurücktrete, als ein Salatkopf welken würde. Der Spitzname »Lettuce Liz« war geboren.

Manche Beobachter in London fragen sich nun, welches Gemüse für Trump steht. Vielleicht ein Kürbis, witzelte Journalist Lewis Goodall in seinem Podcast.   Die Parallelen zum Drama in Washington sind frappierend. Donald Trump erlebt seinen Liz-Truss-Moment.  [….]

(Steffen Lüdke, SPON, 11.04.2025)

Die EU gewinnt automatisch in dem Maße das Vertrauen der internationalen Anleger, wie Trump die US-Börsen talibanisiert und die Geldgeber der USA (China, Japan, Belgien) ihre Bonds auf den Markt werfen. Trump ist so extrem verblödet, daß er trotz seiner fast autokratischen Macht, im ökonomisch mit Abstand stärksten Staat der Welt, nun an seine Grenzen gerät. Zhou Bo, Oberst a. D. der Volksbefreiungsarmee, ist Senior Fellow am Zentrum für Internationale Sicherheit und Strategie der Tsinghua-Universität in Peking, sieht es pragmatisch.

[….] Die USA befinden sich im Niedergang. Nach dem Zweiten Weltkrieg machten sie 50 Prozent der Weltwirtschaft aus, heute ist es nur noch ein Viertel. Dieser Rückgang verläuft langsam und ist vor allem relativ. Doch wer glaubt am stärksten an den eigenen Abstieg? Nicht China, sondern die Amerikaner selbst. Trump wurde gewählt, weil er Amerika als „in der Krise“ bezeichnete und versprach, die USA wieder großzumachen. Vor der Pandemie hieß es, China würde die USA bald überholen. Heute wird weniger darüber gesprochen, aber es ist immer noch nicht unmöglich, insbesondere wenn China sein Potenzial besser nutzt, beispielsweise in den Bereichen KI und Robotik. Aber ob China Nummer eins wird, ist zweitrangig. Der Abstand schrumpft, und genau deshalb sollten die USA umdenken.

Sind die Zölle eine strategische Chance für China?

Natürlich sind sie das. Wie Napoleon sagte: Wenn dein Feind einen Fehler macht, störe ihn nicht. Die USA sind nicht unser Feind. Aber wer diesen Wettbewerb als strategisch sieht, könnte so denken. Trumps Kurs bringt China näher an andere Staaten. Trotz bestehender Probleme verbindet diese neue Bedrohung auch China und die EU. [….]

(SZ, 11.04.2025)

Donnerstag, 10. April 2025

Der Mann, der nie den Schritt in die Seriosität schaffte

Das wird ihm nicht gefallen. Nun ist er nur noch der peinliche Typ, der den Streisand-Effekt gegenüber der Titanicnachweisen will.

[….] Free-Speech-Visionär Christian Lindner will einen TITANIC-Titel verbieten lassen, denn es ist besser, Satire falsch zu verstehen, als sie nicht zu verstehen.  Jetzt Totalverweigerer sanktionieren und endgültige Satire unterstützen!  [….]

(Titanic vs. Lindner)        

Vermutlich wurde nie ein Mann so sehr geliebt, wie Christian Lindner von Christian Lindner. Für ihn war es selbstverständlich, mit den mächtigsten und berühmtesten Personen dieses Planeten zu verkehren: Milei, Musk, Trump. Großzügig bot er an, sich dazu herabzulassen, mit ihnen zu parlieren, den armen Unwissenden zu erklären, wie der Lindnerismus die Welt retten wird. Es wird ihm für immer unverständlich bleiben, wieso die Größten dieser Welt nicht auf sein Angebot eingingen und ihn gar nicht treffen wollten.

Er versteht sich selbst als das Zentralgestirn des Universums. Nicht mehr in der Politik vorzukommen, schmerzt gar fürchterlich.

Nun schafft er es nur noch mit der Kraft seiner Lenden in die Yellowpress:

[…..] Das Familienglück ist ein neuer Höhepunkt in der Beziehung des Paares. Lindner und Lehfeldt lernten sich 2018 kennen – er war damals Partei- und Fraktionschef der FDP im Bundestag, sie Reporterin bei RTL. Für Lindner zog Lehfeldt von Köln nach Berlin. 2022 heirateten sie auf Sylt, in der kleinen Kirche am Ortsrand von Keitum.

Auf ihren Instagram-Kanälen veröffentlichten Lindner und Lehfeldt ein Schwarz-Weiß-Foto einer Babyhand, die von zwei Erwachsenenhänden umschlossen ist. Dazu schrieben sie: «Vor wenigen Tagen sind wir Eltern unseres ersten Kindes geworden. Wir sind überglücklich und fühlen große Dankbarkeit, dass wir jetzt eine Familie sind.» Dazu posteten sie ein Herz-Emoji. Das Paar bedankte sich zudem «von Herzen für die große Anteilnahme und die vielen Glückwünsche», die sie erreicht hätten.   [….]
(SPON, 10.04.2025)

Angesichts der geballten Form von weltpolitischen Großkrisen, ist es natürlich dramatisch, ausgerechnet jetzt vom Regierungsazubi Merz und seinen dummerhaften Dödeln angeführt zu werden. Wir hätten Scholz und Habeck behalten können und stünden damit jetzt viel besser da. Aber RotGrün hatte keine Chance mit der hepatitisgelben Pest im Nacken.

Niemand kann mir nachsagen, daß ich Lindner nicht schon immer verachtet, bekämpft und beschimpft hätte.

Aber angesichts von Krieg und Klima und Trump, fällt noch mehr ins Gewicht, wie froh Deutschland sein muss, diesen Destruktionsagenten los zu sein.

Volker Wissing, während des Bestehens der Ampel treuer FDP-Gefolgsmann und vorbildlich lobbyhöriger Minusminister, offenbart erst jetzt die Abgründe, die sich in der täglichen „Arbeit“ mit Lindner auftun.

[…..] Verkehrsminister Volker Wissing hat der FDP-Führung um Parteichef Christian Lindner vorgeworfen, den Bruch der Ampel-Regierung gezielt herbeigeführt zu haben. Er sei „davon überzeugt, dass diese Koalition hätte weiterbestehen können, wenn man sie gewollt hätte“, sagte der parteilose Politiker im Podcast „Meine schwerste Entscheidung “ unserer Redaktion. „Man wollte nicht diese Konflikte nach außen, diese Streitereien beenden. Das war nicht gewollt, und für mich war immer klar, dass es so enden kann und dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass es so enden wird“, machte Wissing deutlich. Aber es sei gewesen, als redete man an eine Wand. […..] Wenn man in der Ampel einen Kompromiss aushandeln und positiv vertreten wollte, habe man „als Grünenversteher oder irgendwie als Freund der SPD“ gegolten, kritisierte Wissing. Diese destruktive Haltung führte er auf Lindner zurück: „Also, ich glaube, Lindner hatte immer die Angst, dass wenn wir zu konstruktiv sind, dass die FDP dann als nicht mehr existent oder vergrünt oder jetzt auch links oder so was wahrgenommen wird.“ Er sei selbst da „etwas optimistischer und nicht so ängstlich“ gewesen wie sein Parteichef.

[…..] Die Nacht des Ampel-Bruchs habe ihm körperlich zugesetzt, berichtete Wissing. Eigentlich sei er sehr robust, „aber an diesem Abend habe ich mich wirklich physisch sehr gequält“, weil er alles für falsch gehalten habe. Es sei falsch gewesen, dass die FDP ein Papier zur Wirtschaftswende mit Maximalforderungen an die Koalitionspartner geschrieben habe. „Es war falsch, dass wir keine Einigung für den Haushalt gefunden haben. Es war falsch, Neuwahlen zu provozieren. Ich fand alles falsch.“

Seit dem Ampel-Bruch herrscht zwischen Lindner und Wissing absolute Funkstille. […..]

(Abendblatt Podcast, 10.04.2025)

Mögen sich Lindner und Lehfeldt als Comedy-Duo mit der Titanic battlen und Instagram mit Babybildern zuspammen; solange sie der Politik weit fernbleiben, bin ich glücklich.

Mittwoch, 9. April 2025

Sozialdemokratischer Ärger

Jetzt bin ich dran. Anders als in den Obrigkeitsparteien CDU und CSU, in denen kein Mitgliedervotum abgehalten wird, weil dort ohnehin nicht aufgemuckt wird, müssen Klingbeil und Esken noch zittern. Die Basis, also auch ich, hat das letzte Wort in der Causa Merz-K.O.alition.

Alle SPD-Mitglieder entscheiden vom 15. bis zum 29. April im Mitgliedervotum über den neuen Koalitionsvertrag. Das ist gelebte Mitbestimmung – direkt, verbindlich und stark.

Parallel dazu gibt es von 14.-28.04.2025 Gelegenheit Fragen bei Dialog- und Onlinekonferenzen zu stellen. Das Ergebnis wird am 30.04.2025 vorgestellt und nur bei einem „Ja“ wird es zur Kleiko Merz kommen.

Die SPD-Verhandler geben sich demonstrativ optimistisch. Das fällt nicht sehr schwer; schließlich jammert die konservative Presse, landauf landab, die CDU habe sich für den unbedingten Kanzlerwunsch ihres Vorsitzenden von der SPD über den Tisch ziehen lassen und kaum konservative Handschrift durchsetzen können.

Vielleicht ist das nur ein Manöver, um die SPD-Mitglieder einzuwickeln. Aber plausibel ist die überproportionale Durchsetzung der SPD schon, da die CDUCSU völlig unvorbereitet in die Verhandlungen stolperte und wegen des enormen Erpressungspotentials Klingbeils: Merz musste der SPD sehr weit entgegen kommen, weil er am 23.02.25 mit 28% furchtbar schwach abschnitt, seither weiter abschmiert und keinerlei Alternative zur SPD hat. Dennoch gehen die Ober-SPDler auf Nummer sicher und werben enthusiastisch mit ihrer Durchsetzungsfähigkeit um die Zustimmung der Mitglieder.

[… ] als demokratische Mitte in politisch unsicheren Zeiten tragen wir eine große Verantwortung für die Zukunft unseres Landes. Wir haben mit der Union hart und intensiv verhandelt. [… ]  

          Mit dem großen Finanzpaket für Sicherheit und Infrastruktur können wir jetzt so stark in unser Land investieren wie niemals zuvor. In Schulen und Kitas, in Klimaschutz und Wohnungsbau, in die Bundeswehr und in sichere Arbeitsplätze. Auf dieser Basis wollen wir eine stabile Regierung aus der demokratischen Mitte bilden.

Wenn es gelingt, wie bei diesem Koalitionsvertrag, zwischen SPD und CDU/CSU Brücken zu bauen, kann uns das auch an anderen Stellen in unserem Land wieder gelingen.     

          Unsere Sicherheit und unser Wohlstand sind durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und eine immer protektionistischere Handelspolitik bedroht. Deshalb müssen wir handeln.

Mit dem historischen Finanzpaket für Sicherheit und dem 500 Milliarden Euro Sondervermögen für Infrastruktur können wir unser Land systematisch modernisieren. Bauen, sanieren, vorankommen ist jetzt das Gebot der Stunde.

Um uns robust für die Zukunft aufzustellen, haben wir ein großes Paket für Wachstum und Arbeitsplätze geschnürt. Energiekosten werden gesenkt, Investitionen für Made in Germany gefördert, Zukunftstechnologien unterstützt und die Einwanderung von Fachkräften erleichtert.

Besonders wichtig ist uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien ein gutes und sicheres Leben führen können. Stabile Renten, ein höherer Mindestlohn, mehr bezahlbare Wohnungen, mehr Geld für Chancengerechtigkeit und frühkindliche Bildung, die Sicherung des Deutschlandtickets und eine Verlängerung der Mietpreisbremse – auch das konnten wir in den Verhandlungen erreichen.       

          Wer sich in Europa umschaut, sieht, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass sich in diesen Zeiten Regierungen in der demokratischen Mitte bilden lassen. Wir haben dafür jetzt eine gute Grundlage.     [….]

(Lars und Saskia, SPD-Parteivorsitzende,09.04.2025)

Ich hatte heute noch keine Gelegenheit, den 146-seitigen Koalitionsvertrag vollständig durchzulesen, aber offenkundig werden selbst die äußerst niedrigen Erwartungen weitgehend enttäuscht.

Ich ärgere mich über die Ambitionslosigkeit in der Sozialpolitik. Zu den seit Jahrzehnten offensichtlichen Megaproblemen weiß offenbar niemand in CDUCDUSPD eine Antwort, außer alles auf die lange Bank zu schieben:

[….] Ob bei Rente, Gesundheitssystem oder Pflege: In den Sozialversicherungen stehen die Zeichen auf Notstand. Wichtigster Grund ist die Demografie. In den kommenden zehn Jahren geht die Babyboomer-Generation in den Ruhestand, während weit weniger junge Menschen das Erwerbsalter erreichen. Dadurch gehen den Sozialversicherungen auf der Einnahmeseite nicht nur Beitragszahlende verloren – zugleich steigen die Ausgaben für Rente, Pflege und medizinische Versorgung erheblich. Die Folge: Die Beitragssätze werden weiter stark steigen, binnen der nächsten zwei Jahrzehnte geschätzt von jetzt gut 40 Prozent auf etwa 50 Prozent des Bruttolohns.

Bei allen drei Sozialversicherungen agiert die Koalition nach dem Motto: »Und wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ' ich einen Arbeitskreis.« Rente: eine Rentenkommission soll einberufen werden und bis Mitte der Legislatur – also 2027 – ihre Ergebnisse vorlegen. Krankenkassen: Eine »Kommission unter Beteiligung von Expertinnen und Experten und Sozialpartnern« soll bis Frühjahr 2027 Vorschläge erarbeiten. Pflege: Eine »Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Ministerebene unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände« soll Grundlagen einer »großen Pflegereform« erarbeiten – noch in diesem Jahr.

Derweil verschärft die Koalition die finanziellen Belastungen noch erheblich: Das Rentenniveau wird nun bis 2031 auf dem jetzigen Stand von 48 Prozent garantiert – Kosten laut Schätzung des Ministeriums: 9,1 Milliarden Euro allein im Jahr 2030. (Sollte die Garantie danach verlängert werden, wären es 2035 gut 28 Milliarden Euro und im Jahr 2040 dann rund 40 Milliarden Euro. Pro Jahr.) Die Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder wird abermals angehoben – Kosten: gut 4,5 Milliarden Euro im Jahr für eine armutspolitisch sehr ungenaue Leistung, da sie sowohl an arme als auch reiche Mütter und Väter ausgezahlt wird. [….]

(SPON, 09.04.2025)

Ich ärgere mich über die Ressortverteilung, der Karl Lauterbach zum Opfer fiel.

Ich ärgere mich  darüber, daß ein rechtspopulistischer Hetzer und als Minister erwiesener Totalausfall, neuer Innen- und Verfassungsminister wird: Dobrindt.

Ich ärgere mich über die Personalie Merz. Ich verachte den Mann nicht nur, sondern halte ihn für hochgefährlich.

Ich ärgere mich darüber, mit SPD-Stimmen einen chronisch verlogenen xenophoben Geronten ins Kanzleramt befördern zu müssen.

Ich ärgere mich über den heimlichen Autoren des Koalitionspapiers: Die AfD, deren Vorstellungen nun umgesetzt werden: Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen, Familiennachzug aussetzen, obwohl das garantiert kontraproduktiv ist.

Ich ärgere mich über die ängstliche Besitzstandswahrung, die hier an den Tag gelegt wird.

[….] Dem politisch heikleren Vorhaben, eine Wehr- oder Dienstpflicht einzuführen, weicht die neue Koalition dagegen aus. Vorgesehen ist vorerst nur eine neue Wehrerfassung. Dies sendet nicht das notwendige klare Signal an ein Land, das heute kaum fähig wäre, sich selbst zu verteidigen.

Auf den ersten Blick wird das Land nun konservativer regiert. Die neue Regierung will die irreguläre Migration stärker bekämpfen, mehr für die innere Sicherheit tun, den Empfängern des bisherigen Bürgergelds mehr abverlangen, Steuern senken. Das sind Kernelemente jener Wende, für die Merz immer geworben und für die sich die Mehrheit der Deutschen bei der Wahl entschieden hat. Allerdings stehen diese Merz’schen Versprechen unter manchen Vorbehalten – zum Beispiel dem, ob sich die „Zurückweisungen“ an den deutschen Grenzen so umsetzen lassen wie geplant. Und die Unternehmen sollen zwar bald durch Abschreibungen Steuern sparen können, was Investoren ermutigen dürfte. Aber das Absenken der Körperschaftsteuer soll erst im Jahr 2028 beginnen, also nicht in näherer Zukunft.

[….] Schwarz-Rot ist alles in allem weniger ein Bündnis für Fortschritt als eines, das bewahren will. Das mag in einer Zeit, in der die deutsche Sicherheit und der deutsche Wohlstand auf dem Spiel stehen, schon ein sehr ehrgeiziges Ziel sein. Vermutlich wären viele Deutsche froh, wenn die Lage in vier Jahren – trotz Trump und Putin – nicht wesentlich schlechter aussähe als heute. Eine ganz große politische Wende aber bleibt aus, ebenso ein spektakulärer Impuls für die Wirtschaft. Stattdessen versprechen Union und SPD neue alte Wohltaten wie die niedrige Gastro-Steuer, den verbilligten Agrardiesel oder die nächste Anhebung der Mütterrente. Diese teuren Geschenke, eingefordert besonders von der CSU, stehen eher für das Bewahren des Komforts der Vergangenheit als für den Aufbruch in eine Zeit, in der Zumutungen nicht ausbleiben werden. [….]

(Nicolas Richter, 09.04.2025)

Ich ärgere mich darüber, wie es dem C-Block gelang, Demokratie und Transparenz zu Gunsten von Mauschelei zu schleifen.

[…..] LobbyControl übt scharfe Kritik am heute vorgestellten Koalitionsvertrag von Union und SPD. Der Vertrag trägt nicht dazu bei Transparenz und Lobbykontrolle in Deutschland voranzubringen – ein enttäuschendes Ergebnis und ein falsches Signal.

Anja Nordmann, politische Geschäftsführerin von LobbyControl, erklärt:

„Unsere Demokratie steht derzeit von außen wie von innen stark unter Druck. Union und SPD setzen völlig falsche Prioritäten, wenn Themen wie illegitime Einflussnahme, Integrität und Transparenz in ihrem Koalitionsvertrag nicht vorkommen. In diesem Wahlkampf war Einmischung von außen deutlich sichtbar – etwa durch Tech-Milliardär Elon Musk. Außerdem gab es mehrere fragwürdige Parteispenden in Millionenhöhe. Das zeigt deutlich: Es braucht dringend eine Reform der Parteien- und Wahlkampffinanzierung. Wir hatten uns für einen Parteispendendeckel als wichtigste Maßnahme starkgemacht. Gerade mit Blick auf die nächsten Wahlkämpfe ist es fatal, dass dieses Instrument zum Schutz der Demokratie weiter fehlt.

Wir fordern Schwarz-Rot auf, diese Missstände dringend anzugehen, um den Angriffen antidemokatischer Kräfte standzuhalten.“

Angriffe auf zivilgesellschaftliche Instrumente

In den letzten Monaten haben CDU und CSU immer wieder zivilgesellschaftliche Organisationen diffamiert. Dies gipfelte darin, dass die Unionsparteien während der Koalitionsverhandlungen Einschränkungen für das Informationsfreiheitsgesetz und Klagerechte im Umwelt- und Verbraucherschutz forderten – wesentliche Instrumente einer kritischen Zivilgesellschaft. Der Koalitionsvertrag sieht nun vor, dass Informationsfreiheitsgesetz zu „reformieren“, Verbandsklagerechte sollen eingeschränkt werden.

Anja Nordmann: „Starke Proteste haben immerhin erreicht, dass das Informationsfreiheitsgesetz nicht abgeschafft, sondern reformiert werden soll. Nun kommt es darauf an, wie eine solche Reform aussieht. Die Koalition sollte das Gesetz zu einem umfassenden Transparenzgesetz weiterentwickeln statt es einzuschränken. Es ist gut, wenn der Koalitionsvertrag die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft für eine wehrhafte Demokratie betont. Zugleich ihre Handlungsspielräume zu beschneiden ist widersprüchlich und falsch."

Weiter kommentiert Anja Nordmann: „EU-Plattformregeln, die die Macht von Big Tech beschränken, sollen laut Koalitionsvertrag konsequent durchgesetzt werden. Das ist gut. Doch der Vertrag enthält auch zahlreiche Lobbygeschenke für Konzerne. Insgesamt ist der Koalitionsvertrag ein herber Rückschlag für eine starke, transparente und gerechte Demokratie."  [….]

(LC, 09.04.2025)

 
Ich ärgere mich über Geschenke für die Besserverdienenden, die sich Restaurantbesuche leisten. Ich ärgere mich über klimaschädigende Maßnahmen zur Erhöhung des CO2-Ausstoßes.

[…..]  Wer aber wird konkret entlastet und wer muss zur Gegenfinanzierung möglicherweise mehr bezahlen? Diese Fragen sind zwischen Union und SPD umstritten und bleiben offen. Zugleich erlaubt die Haushaltslage keine Steuerreform ohne Gegenfinanzierung.

Schneller merken könnten Bürger kleinere Entlastungen. Etwa, wenn sie im Restaurant künftig den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Speisen zahlen – vorausgesetzt, die Gastronomen geben das teure Geschenk weiter. Oder wenn sie Überstunden machen, deren Zuschläge künftig steuerfrei sein sollen. Verschonen soll der Fiskus auch bald Menschen jenseits des Rentenalters, wenn sie Einkünfte von bis zu 2000 Euro erzielen.

Ebenfalls freuen können sich Pendler: Ab 2026 soll die Pendlerpauschale 38 Cent ab dem ersten Kilometer betragen – aktuell sind es 30 Cent. Für Landwirte wird die sogenannte Agrardieselrückvergütung wieder »vollständig« eingeführt. Ihre versuchte Abschaffung durch die Ampelkoalition hatte zu massiven Protesten geführt. […..]

(SPON, 09.04.2025)

Ich ärgere mich aber auch über die höhnischen Kritiker von links, die nun der SPD vorhalten, ihre Wurzeln, bzw Prinzipien aufgegeben zu haben.

Die tun aber alle so, als habe die SPD die absolute Mehrheit und wäre nun frei, ihr Parteiprogramm umzusetzen. Das ist aber absurd. Die SPD bekam 8,15 Millionen Stimmen bei 84 Millionen Menschen in Deutschland. 16% der abgegebenen Stimmen der Wahlberechtigten. 84% wählten andere Parteien und die absolute Mehrheit wählte rechts. Damit kann man beim besten Willen keine pure soziale Politik durchsetzen, denn der Urnenpöbel will keine soziale, sondern ganz klar antisoziale Politik zu Gunsten der Superreichen und gegen Minderheiten.

Ich ärgere mich über meine Parteiführung, die das Desaster schönredet.

Ich ärgere mich über die Bredouille in der ich bei meiner Stimmabgabe zu Mitgliedervotum stecke. Alles widerstrebt mir. Ob Personal oder Programmatik: Ich will das alles nicht.

Ich ärgere mich, daß ich aber doch gezwungen bin, diesem extrem beschissenen Koalitionsvertrag zuzustimmen und damit dem fürchterlichen Merz zum Kanzleramt zu verhelfen. Denn ein Nein lässt nur zwei Alternativen zu: Entweder die CSU schwingt direkt zur AfD um und bildet eine schwarzbraune Koalition. Das wäre noch schlimmer als die CDUCSUSPD-Kleiko. Oder es kommt so chaotischen Szenen, in der keine neue Regierungsbildung möglich ist. Steinmeier müsste schließlich Neuwahlen ausrufen und ob des totalen Scheiterns von Union und Sozis, würde die AfD noch viel stärker werden. Das wäre noch schlimmer als die CDUCSUSPD-Kleiko.

Dienstag, 8. April 2025

Submerged

 Die offensichtlichen Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Trump-Präsidentschaft, hatte ich gestern dargestellt.

#47 ist wesentlich gefährlicher als #45.

Umso mehr verblüfft mich die Lernunfähigkeit der Opposition, die ihre Fehler aus der ersten Amtszeit tumb wiederholt.

Sie kramen wieder das alte Golf-Motiv raus: Trump arbeite kaum im Weißen Haus, sondern amüsiere sich lieber auf seinen Golfplätzen in Florida.

Was das koste! Und wie heuchlerisch, schließlich versprach er einst im Wahlkampf, so fleißig für Amerika zu arbeiten, daß ihm gar keine Zeit für sein geliebtes Golfspiel bliebe.

Überraschung; da hat Trump gelogen. Potz Blitz. Sonst ist er doch immer ehrlich.

Dabei wissen wir auch aus der ersten Amtszeit, wie sehr seine Wähler sich von der manischen Golferei und den damit verbundenen horrenden Kosten beeindrucken lassen: Gar nicht!

Keinen Trumpanzee stört es, wie Trump sich eine goldene Nase verdient, indem er all die Secret Service-Agenten und WH-Mitarbeiter zu aberwitzig überteuerten Preisen auf Steuerzahlerkosten in seinen eigenen Hotelzimmern unterbringen lässt. Seine Jünger empfinden es vielmehr als Ausweis des genialen Geschäftssinnes, den sie so sehr bewundern.

Viel absurder erscheint aber die Annahme der „Linken“, Trump könne durch mehr Anwesenheit in Washington das Leben der USAner verbessern. Er würde etwas gegen den weltweiten Börsenabsturz unternehmen oder in sonstiger Form dem Wohl der Nation diesen.

Absurd. Trump kann nichts anderes, als maximalen Schaden anrichten. Jede Steuermillion, die ihn eine Stunde länger auf dem Golfplatz festhält, ist gut investiert. Je länger und je weiter er sich vom Weißen Haus fernhält, desto besser für die USA und den Rest der Welt.


Der Gipfel des Wahnsinns besteht aber in der Vorstellung, Trumps Anwesenheit bei Gedenkveranstaltungen oder Beerdigung, wäre Ausweis von „dignity“ und „honor“.

Das gilt für alle anderen US-Präsidenten. Sie konnten einzelne Bürger oder Vereine oder Veranstaltungen durch ihre persönliche Anwesenheit beehren. Trump hingegen ist eine egomane Abrissbirne, die jeden noch so würdigen Anlass desavouiert.

Noch niemals gelang es Trump in irgendeiner Situation, Trost zu spenden oder jemand anderen zu ehren, als sich selbst. 

Niemand mit einem IQ über Zimmertemperatur wünscht sich einen Trump-Besuch bei seinem Geburtstag, der Hochzeit oder der eigenen Beerdigung. Als US-Amerikaner wünsche ich mir stets die größtmögliche Distanz zu Präsident Sauron.

Friedrich Merz ist nicht ganz so dumm und egoistisch, wie Donald Trump. Aber was heißt das schon? In der Liga kann niemand mitspielen. Für deutsche Spitzenpolitiker hingegen setzt die Doofheit des Merz schon echte Maßstäbe. Der Dampfplauderer kann sich nicht kontrollieren, kann nicht an sich halten und blamiert sich unter großem politischen Druck, so sicher wie das Amen in der Kirche.

Er kann sein Mundwerk nicht im Zaum halten und da er nicht in der Lage ist, weiter als eine Armlänge zu denken, kommen unweigerlich Dummerhaftigkeiten aus seiner Sauerländer Fressluke, die seine CDU-Epigonen umständlich wieder einsammeln müssen.

Ich halte die internationale Lage für so fragil und gefährlich, daß ich über jeden Tag froh bin, an dem Merz weiterhin untergetaucht bleibt. Schließlich muss man bei ihm immer mitzittern, was er wieder verbal anrichtet.

Daher stimme ich ausdrücklich nicht in die hämischen Kommentare mit ein, die sein völliges Abtauchen aus der politischen Szene beklagen. Merz versteckt sich inzwischen sogar feige vor seinen einst größten Fans: Der JU.

[…] CDU-Chef Friedrich Merz hat seine Teilnahme am Frühlingsempfang der Jungen Union (JU) kurzfristig abgesagt. Das wurde dem SPIEGEL aus Parteikreisen bestätigt. Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet. Offiziell wird die Absage laut RND mit den laufenden Koalitionsverhandlungen begründet.

Merz umschifft damit den potenziell unangenehmen Termin bei der Nachwuchsorganisation der Union in Berlin. Innerhalb der CDU und insbesondere bei der JU gibt es Unmut über den Parteichef, der bei einem Regierungsbündnis aus Union und SPD Bundeskanzler würde.

Unter Christdemokraten gibt es die Sorge, dass die Parteiführung um Merz in den Verhandlungen bereits zu viele Zugeständnisse an die SPD gemacht habe und letztlich zahlreiche eigene Wahlversprechen und Programmpunkte nicht mehr umsetzen kann.

JU-Chef Johannes Winkel hatte zuletzt ein Nein zum künftigen Koalitionsvertrag angedroht, sollte die Union künftig nicht härter auftreten. [….]

(SPON, 08.04.2025)

Merz hat die Hosen voll, weil ihn der Absturz in den Umfragen, seit des ohnehin enttäuschenden 28%-Bundestagsergebnisses, nervös macht. Die CDU bebt; immer mehr Parteigliederungen streben in die Arme des Nazis. Hier wäre ein orientierungsgebender Parteichef dringend gefragt.

[….] Der CDU-Kreisverband im Harz fordert, den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD und der Linken in ostdeutschen Bundesländern aufzuheben. Laut einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung ist ein Beschluss, in dem sich der Verband so positioniert, am Montag bei der Landesgeschäftsstelle in Sachsen-Anhalt eingegangen. Die CDU Sachsen-Anhalt bestätigt das, die SPD warnt vor Spielen „mit dem Feuer“.

Es ist zwar das erste Mal, dass ein CDU-Kreisverband konkret das Kooperationsverbot abschaffen möchte. Aber der Kreisvorsitzende im Harz, Ulrich Thomas, ist mit ähnlichen Äußerungen bereits aufgefallen.

Thomas ist nicht nur Kreisvorsitzender, sondern auch Mitglied des Landesvorstands und sitzt für die CDU im Landtag Sachsen-Anhalt. Schon im Sommer 2019 schlug er vor, CDU und AfD sollten zusammenarbeiten und eine Koalition eingehen.

Die Union solle sich auf ihren Kern zurück besinnen, stand damals in einer von Thomas mit verfassten Wahlanalyse: „Es muss wieder gelingen, das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen.“  [….]

(David Muschenich, 08.04.2025)

Aber bei Merz muss man stets damit rechnen, daß er die Situation verschlimmbessert. Seien wir also über jeden Tag froh, an dem er sich vor der Öffentlichkeit versteckt.

Montag, 7. April 2025

Welcher Amerikaner träumt heute noch von Fließband-Jobs?

Wie komplett irrsinnig die Ein-Mann-induzierte globale Wirtschaftskrise des Donald T. ist, muss ich sicher nicht auch noch darlegen. Weltweit schreibt die Presse über das Thema. Es beschäftigen sich weitaus kompetentere Leute, als ich, damit. Und keiner, der einen IQ über Zimmertemperatur hat, hält Trumps Kurs für schlau.

Überwiegend beschäftigt man sich mit Prognosen. Wie schlimm wird es noch kommen und was ist die beste Strategie, mit dem Weißen Haus umzugehen. Von harten Gegenmaßnahmen, USA-Boykott, Kooperation mit China bis zum Dürrschen Rat, sich einzuschleimen und Trump devot anzubieten, alle Zölle gegen US-Produkte auf Null zu setzen, ist alles dabei.

Da bin ich gleich doppelt froh, die hepatisgelbe Pest nicht mehr im Bundestag zu wissen! Der designierte FDP-Bundeschef blamiert sich mit seinem Zero for Zero-Vorschlag, weil er offenkundig immer noch nicht begriffen hat, daß sich Trump gar nicht an realen EU-Zöllen orientiert, sondern sich Zahlen aus Handelsbilanzdefiziten zusammenphantasiert. Außerdem will Trump ja eben gerade keinen Freihandel, sondern mit der US-Zollmauer ausländische Firmen zwingen, in den USA zu produzieren. Man sollte meinen, das sei inzwischen von jedem Schulkind begriffen worden. Aber man darf die Blödheit der FDP eben nie unterschätzen.

Ich glaube, in Trumps Zoll-Wahn liegt aber doch ein Funken Hoffnung. Einerseits könnte der Börsenabsturz und der dadurch bedingte Wertverlust vieler Altersversorgungen ganz normaler US-Bürger, endlich das Land zu mehr Widerstand gegen den Trumpfaschismus animieren. Zweitens sollte dies ein „Weckruf“ für die EU-Staatenlenker sein, nun endlich ihr nationalistisches KleinKlein zu überwinden und im großen Maßstab Kompetenzen nach Brüssel zu übertragen. Allerdings gab es schon genügend Weckrufe (Eurokrise, 2014 Krim, Flüchtlingskrise, Trumps Wahlsieg 2016, Ukrainekrieg 2022, Trump II), die stets zu großer Schnatterei in Brüssel führten. Es folgten kluge Reden und Absichtserklärungen, die aber immer schnell wieder vergessen waren. Warum sollte das 2025 besser werden, während Orbán und Fico bremsen, die Briten draußen sind und Deutschland von einem nationalistischen Dummerle ohne irgendwelche Expertise, oder gar Regierungserfahrungen angeführt wird?

Drei Erkenntnisse zu Trumps Präsidentschaft scheinen mir relevant zu sein.

Erstens kann man #47 nicht mit #45 vergleichen. Im Januar 2017 stolperte er planlos ins Amt, plapperte zwar auch schon Sinnlosigkeiten, die ihm eben durch seinen Vakuum-Kopf kullerten heraus (nuke hurricans, inject bleach), aber er war noch von genügend halbwegs zurechnungsfähigen Mitarbeitern umgeben, die den größten Schwachsinn verhinderten. Offenbar oft, indem sie seine notorische Faulheit und Aufmerksamkeitsschwäche ausnutzten, ihm also triggernde Vorgänge gar nicht vorlegten und an ihm vorbei Entscheidungen trafen. Das ist jetzt vollkommen anders. Nun ist er nur noch von Ja-Sager-Fanatikern umgeben und verfügt mit dem Project 25 über eine Untergangs-Blaupause.

Zweitens galt #45 als recht ideologiefreier Business-Typ, der Überzeugungen jederzeit umwerfen konnte, wenn er ein gutes Geschäft witterte. Ob es Amerika und ihm gut ging, las er an den Börsenkursen ab. Dieses Verhältnis hat sich bei #47 umgedreht. Heute ist er in erster Linie Ideologe, der sich so sehr von seinem persönlichen Hass leiten lässt, daß ihm offenkundig der allgemeine Wohlstand zweitrangig erscheint.

Drittens verfolgt #47 dubioserweise eine antimoderne, seit 100 Jahren überholte Wirtschaftspolitik. Mit den Zöllen, deren Wirkung er offensichtlich immer noch nicht ansatzweise verstanden hat, will er US-amerikanische und internationale Investoren dazu zwingen, im großen Stil Fabriken in den USA zu errichten und dort Millionen Menschen blue-collar-Jobs am Fließband zu geben. Das wird sicher nicht funktionieren; schon allein weil es dafür Planungssicherheit bräuchte, zu der Trump prinzipiell völlig unfähig ist. Im 24-Stundentakt ändert er seine Pläne.

Aber selbst wenn dieser Gaga-Plan gelänge, bleibt die entscheidenden Frage, wozu das gut sein sollte? Es wird in Afrika und Südostasien produziert, weil es dort viel billiger und effektiver geschieht. Das ist der Sinn der Globalisierung, daß jeder macht, was er am besten kann, durch diese Spezialisierung noch effektiver wird und dadurch unterm Strich alle profitieren. Massenproduktion aus China, Vietnam und Bangla-Desch (zurück) in die USA zu verlegen, würde die Produkte durch die US-Löhne extrem viel teurer machen. Praktisch umsetzbar dürfte das ohnehin kaum sein, da in den USA Dank Biden de facto Vollbeschäftigung herrscht. Es gibt dort kein Heer aus aberhundert Millionen anspruchslosen Arbeitswilligen, wie in China!

Natürlich hat Detroits Vergangenheit als Autobauerstadt, in der Hunderttausende  50 Stunden die Woche am Fließband schafften und dort physisch anstrengende stumpfe Arbeit leisteten, bis heute eine große kulturelle Bedeutung. Aber selbst wenn durch ein Wunder die Ford und GM-Fabriken der 1960er und 1970er wieder auftauchten: Wer sollte da arbeiten? Die Generation Tiktok denkt gar nicht daran, heute solche Jobs zu übernehmen. Sie muss es auch nicht. Das nennt sich Automatisierung. Die Jobs sind weg und das ist auch gut so.

[….] "Real Time" host Bill Maher challenged one of President Trump's central arguments as he wages a tariff war among several countries.

"I have one basic question: Why do we want to bring back manufacturing?" Maher asked his panel on Friday. "It's so 70s, you know? I mean, that ship has sailed. You know, there are countries that make jeans for $11. We're never going to be that country again."

"China's moving into the AI age, and he wants to go back to manufacturing, which, by the way, if you create new jobs, who's gonna take them? Robots," Maher continued. "That's who's gonna take them anyway! He acts like progress itself is woke. And nobody spoke more against woke bulls--- than me, but progress itself is not woke. We've moved into a different era."  [….]

(Bill Maher)

Sonntag, 6. April 2025

Die geschichtsvergessene Perfidie der Union

Es war eine der allerersten Ideen der NSDAP. Schon 1920, 13 Jahre bevor Adolf Hitler mit Hilfe der CDU/CSU/FDP-Vorgängerparteien zum Kanzler gewählt wurde, formulierten die Nazis den Plan, Juden und anderen unliebsamen Bürgern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen. Diese perfide rassistische, antisemitische Denkweise wurde zielstrebig weiter verfolgt und fand am 14. Juli 1933 in dem „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit“ seinen Ausdruck.

Zunächst traf es rund 16.000 sogenannte „Ostjuden“ und Personen, die sich politisch gegen die Nazis engagierten. Zusammen mit dem „Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens“ vom 14.07.1933, folgten daraus 1941 Erlasse, die automatisch das gesamte Vermögen jedes Juden einzogen.

Prominente, denen die Nazis die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen, waren beispielsweise Hannah Arendt, Willy Brandt, Bertolt Brecht, Albert Einstein, Lion Feuchtwanger, Oskar Maria Graf, Else Lasker-Schüler, Heinrich Mann, Thomas Mann, Erich Maria Remarque, Philipp Scheidemann, Kurt Tucholsky, Otto Wels, Arnold Zweig und Stefan Zweig.

Der Entzug der Staatsbürgerschaft war eine derartige Schande, daß die Mütter und Väter der Verfassung festlegten:

„Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden“ (Art 16, Abs1, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland).

Die Christenunionler Söder und Merz wollen aber, wie ihre Vorgänger 1933, wieder mehr völkisches Gedankengut in die Politik einbringen und knapp sechs Millionen Deutsche zu Bürgern zweiter Klasse degradieren.

Das passt leider nur zu gut zu der rassistischen Gewalt, die sich insbesondere in Ostdeutschland immer mehr auf offener Straße gegen alle PoCs zeigt.

Die CDUCSU fördert die Gewalt gegen Migranten, indem sie rassistische Narrative pflegt, mit der AfD stimmt und vom Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft redet.

Andrea Lindholz (CDU/CSU, BT 20.12.2024):

"Unser Land muss die Kontrolle über die Zuwanderung zurückgewinnen."

Friedrich Merz, 21.03.25:

"... dass wir den Weg zu einer sehr viel härteren Migrationspolitik gehen müssen."

Markus Söder, 03.02.25:

"Wer eine deutsche Staatsbürgerschaft hat und dermaßen gegen unsere Grundwerte verstößt, dem muss die doppelte Staatsbürgerschaft entzogen werden."

Menschen, wie ich zum Beispiel, sollen von der CDUCSU zu Bürgern zweiter Klasse gemacht werden. Dabei bin ich genauso in Deutschland geboren und kann weder etwas dafür, die US-Staatsbürgerschaft qua Geburt innezuhaben, noch kann ich den US-Pass loswerden. Für Söder und Merz reicht der Verdacht, daß ich väterlicherseits kein reines arisches Blut habe, um mich rechtlich schlechter zu stellen.

Noch ist der Staatsbürgerschaftsentzug bei Antisemitismus und Extremismus geplant. Aber wie soll das eigentlich definiert werden und welche Türen werden damit geöffnet? Werden mir vielleicht unter Bundeskanzler Merz der deutsche Pass und mein Aufenthaltsrecht entzogen, wenn ich Israel kritisiere oder dazu auffordere keinesfalls CDU zu wählen?

Das sind aber nur einige der christlichen Perfidien. Besonders ergötzen sie sich daran, Familien auseinanderzureißen. Familienwerte bedeuten ihnen gar nichts.

[….] Nasser Al Masaadi (Übersetzung MONITOR): "Ich möchte Ihnen sagen: Meine Frau hört jeden Tag Schüsse über ihrem Haus. Der Krieg tobt jeden Tag. Und jeden Tag gibt es Blutvergießen und Dutzende von Opfern."

Huthi-Rebellen kontrollieren weite Teile des Jemen - auch die Region Albayda, in der Al Masaadis Frau lebt. Und jetzt wollen Union und SPD

"... den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten befristet für zwei Jahre aussetzen."

Heißt, Nasser Al Masaadis Frau hätte keine Chance mehr, nach Deutschland zu kommen. Vor allem die Union will die Aussetzung des Familiennachzugs, angeblich aus Sicherheitsgründen:

Friedrich Merz (CDU), Parteivorsitzender, 28.01.2025: "Ich verstehe nicht, warum man sich dem nicht anschließen kann, wenn wir eine solche Gefährdung der inneren Sicherheit und Ordnung in unserem Lande haben."

Hängt die Sicherheit in Deutschland tatsächlich am Familiennachzug? Nein! Sagt die Kriminologin Gina Wollinger. Richtig sei eher das Gegenteil. Unter Wissenschaftlern bestehe Konsens,

Prof. Gina Wollinger, Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW: "… dass es aus kriminologischer Sicht eigentlich eher kontraproduktiv ist, Familiennachzug zu stoppen. Denn gerade Familie, soziales Umfeld sind stabilisierende Faktoren. Wenn ich sozialen Rückhalt habe, dann ist davon auszugehen, dass ich viel weniger Straftaten begehe und ganz anders in meinem Leben agiere, und eine ganz andere Perspektive habe."

Zudem ist der Familiennachzug bei Menschen mit subsidiärem Schutz wie bei Nasser Al Masaadi begrenzt; auf bundesweit nur 1.000 Menschen pro Monat. Und erfahrungsgemäß geht wenig, wenn kein Einkommen oder keine Wohnung vorgewiesen werden kann.  [….]

(MONITOR, 27.03.2025)

Die Stoßrichtung der CDUCSU ist klar: Menschen quälen, dem Wirtschaftsstandort Deutschland schaden und potentiell Gewalt fördern.

"Nur Symbolpolitik? Jedenfalls ein verheerendes Signal an Millionen Menschen in diesem Land, dass sie eben doch nicht als vollwertige Staatsbürger akzeptiert sind."

(Georg Restle)

 

Samstag, 5. April 2025

Lieferprobleme

Als SPD-Mitglied muss ich meine Partei natürlich verteidigen, wenn die Merz-Fanboys der konservativen Presse wieder einmal über die Sozis herziehen.

[…..] Haider: Lieber Christoph, lange nicht über die SPD gesprochen: Ich staune über die Chuzpe, mit der Lars Klingbeil aus einer gewaltigen Niederlage einen großen Sieg zu machen scheint. Müssen Politiker genauso sein, um Erfolg zu haben?

 Schwennicke: Irre, oder? Und zugleich quetscht er Merz und die Union an deren Brandmauer zur AfD und räumt bisher ab in den Verhandlungen. Scheitern als Chance.

Haider: Hätte ich Klingbeil gar nicht zugetraut. Bisher habe ich ihn politisch eher als Leichtgewicht wahrgenommen.

Schwennicke: […..] Wir haben hier einen herrlichen Cartoon in der Küche hängen, meine Frau und ich. „Nein“, sagt der Schuldirektor da zu einem Elternpaar vor ihm, „Ihr Kind ist nicht hochbegabt. Sie sind nur sehr dumm.“ In der Politik ist es gerade ähnlich. Klingbeil ist kein Genie. Er hat nur die bessere Position. Und wie ich höre, ist die Union auch ziemlich schlecht vorbereitet. Während die SPD ihre Ministerien im Kreuz hat. […..] Ich habe eine letzte Hoffnung: dass die operativ Tätigen in der SPD jetzt von den Apparatschiks übernehmen. Und die, es sind die Ministerpräsidenten, wissen genau: Sie müssen was bei Migration tun und die Wirtschaft wieder flottmachen. Sonst wird das nichts. Übrigens auch für die SPD. Man kann auch weniger als 16 Prozent haben. Da ist nach unten keine Grenze, wenn sie so weitermacht. [….]

(HH Abendblatt, 05.04.2025)

Das Problem ist nur: Wie soll man argumentativ auf die beiden Chefredakteure eingehen? Haider und Schwennicke liefern inhaltlich, wie üblich, gar keine Kritikpunkte, sondern frönen nur ihrem Unter-der-Gürtellinie-SPD-Bashing: Klingbeil ist dumm, war nie „operativ tätig“. Sozis als Leichtgewichte, die keine Ahnung vom Leben und der Wirtschaft haben.

Dabei leiden die Sozialdemokraten, ebenso wie die Demokraten in den USA, darunter, stets das Chaos und den Reformstau ihrer konservativen Vorgänger beseitigen zu müssen. Sie kommen gar nicht erst dazu, ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen. Sozialdemokraten sind das Korrektiv gegen offensichtlichen Irrsinn wider die Mathematik, den CDUCSUAFDP verbreiten.

(….) Die meisten Journalisten leiden allerdings, ähnlich wie der Urnenpöbel, am Merz-Derangement-Syndrome und preisen trotzig, wider die Realität und wider der Empirik, neoliberale CDUFDP-Wirtschaftspolitik.

Ihnen geht es wie den beiden erzkonservativen Chefredakteuren Haider (Funke) und Schwennicke (T-online), die seit Jahren massiv für die CDU und insbesondere Friedrich Merz werben, weil nur er Deutschland wieder auf Kursbringen könne: Sozialleistungen abschaffen, „Gendergaga“ und Cannabis verbieten, Ausländer raus, Klimaschutzmaßnahmen beenden, Verbrenner- und Atom-Comeback, dazu massive Steuergeschenke an die Milliardäre – und das alles bei strikter Einhaltung der Schuldenbremse. So propagieren es Schwennicke und Haider jeden Samstag in ihrer gemeinsamen Gesprächs-Rubrik. Ihr Sauerländer Idol mit dem Mini-Schampaartoupet über der Stirn, steht tatsächlich kurz vor dem Einzug ins Kanzleramt. (….)

(Das hat man nun davon, wenn RotGrün regiert, 29.03.2025)

Wer eine gesunde Wirtschaft und gute Regierung sehen will, muss ins RotGrüne Hamburg gucken.  Aber selbstverständlich ist nicht jeder Sozialdemokrat ein Genie.

Ich staune immer wieder, wie unterkomplex Saskia Esken sich äußert.

[….] Laut einer aktuellen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Insa für die Bild-Zeitung erreicht die AfD einen neuen Höchststand. So liegt die rechtspopulistische Partei erstmals gleichauf mit der Union bei 24 Prozent. Bei den Verhandlern schrillten deswegen jetzt die Alarmglocken: „Um die AfD wieder kleiner zu machen, kommt es darauf an, dass wir jetzt liefern“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken laut der Nachrichtenagentur AFP.  [….]

(Jens Kiffmeier, 05.04.2025)

Die Aussage ist ebenso verstörend, wie die Shitstürmchen von links, die jede Kritik an Esken mit Sexismus und Chauvinismus wegwischen.  Nein, es spielt keine Rolle, daß sie zufällig eine Frau ist. Aber ihre Aussage verrät einen eklatanten Mangel an Erkenntnis. Die AfD erzielt Spitzenergebnisse, wo es kaum Ausländer gibt (Sachsen) und bleibt vergleichsweise schwach, wo zehnmal mehr Migranten leben (Hamburg). Menschen, mit sicheren Jobs und guten Einkommen wählen AfD, weil sie in Social-Media-Blasen gehirngewaschen werden. Die Vorstellung „wir müssen liefern“ und dann lieben uns die Leute wieder, ist seit Langem überholt. In den letzten beiden Merkel-Grokos, sowie in der Ampel, stellte die SPD ganz eindeutig; gemessen an ihren Wahlprogrammen, die effektivsten Minister. Regelmäßig verschickte das Willy-Brandt-Haus stolz Listen mit den vielen Punkten, die sie in der Regierung abgearbeitet hatten. Unabhängige Studien (Bertelsmann zB) bestätigten die effiziente Arbeitsweise der Sozis und man fragte sich quer durch alle Redaktionen, was die CDUCSU-, bzw FDP-Minister eigentlich tun. Aber zu keinem der prominenten Namen – Seehofer, Altmaier, Jung, AKK – blieb irgendetwas in Erinnerung.

Nach der Esken-Theorie; man müsse nur liefern und dann werde man vom Wähler für die gute Arbeit belohnt; hätte die SPD in den letzten 15 Jahren immer die absolute Mehrheit bekommen müssen, während die AfD für ihre alberne Non-Performance ohne irgendeine tragbare Programmatik stets deutlich unter der 5%-Hürde bliebe.

Aber selbst wenn Esken Recht hätte und es käme nur auf saubere „Lieferung“, also effektive Regierungsarbeit ohne Streit, an: Das kann gar nicht funktionieren, weil die CDUCSU weder Programme, noch Personen hat, um das umzusetzen.

Es ist schlicht und ergreifen unmöglich, den Unsinn, der von Merz und Söder versprochen wurde, umzusetzen.

Eine Regierung unter dem Groß-Versager Merz kann nicht liefern. Bezeichnenderweise versucht der Kanzler in spe gerade sein Image zu verbessern, indem er sich komplett aus der Öffentlichkeit fernhält. Das ist tatsächlich seine einzige Chance: Abtauchen! Denn wann immer er sich öffentlich äußert, wird er nur noch unbeliebter. 70% der Deutschen halten ihn schon jetzt für unglaubwürdig. Das färbt auch auf die CDUCSU-Anhänger ab, die zunehmend unzufrieden mit dem Lügenbold an ihrer Spitze werden.

[….] „Ich habe aus Berlin noch kein Signal vernommen, das mich in meinem konservativen Herzen erfreut“, sagt etwa der Stuttgarter CDU-Landtagsabgeordnete Reinhard Löffler. „Es gibt schon viel Enttäuschung bei den Konservativen in der Partei. Viele, die für Friedrich Merz waren, sind derzeit sprachlos“, sagt Christian Bäumler. Der Landesvorsitzende der CDU-Sozialausschüsse zählt sich selbst zu den Progressiven im Landesverband, nicht zu den Merz-Ultras. Die Grundgesetzänderung zugunsten der Bundeswehr finde einhellig Zustimmung, aber beim 500 Milliarden Euro umfassenden Infrastrukturfonds gebe es „Erklärungsbedarf“, sagt Bäumler.

Leute wie Bäumler und Löffler, dem die Basis eine neue Landtagskandidatur für 2026 verweigert hat, könnte die CDU-Spitze als Einzelstimmen abtun. Aber selbst dort nimmt man wahr, dass die Aufbruchstimmung, die Hagels Spitzenkandidatur 2026 vermitteln soll, in ziemlichem Kontrast zur Wahrnehmung der Koalitionsverhandlungen steht. „Es gibt eine sehr angespannte Erwartung an der Basis, dass Merz jetzt bei zentralen Themen wie Migration und Staatsreform liefert. Gefühlt steht es 0:2 für die SPD, alle warten auf den Anschlusstreffer“, sagt ein erfahrener Parteistratege.

Sorgen muss der Südwest-CDU auch die Stimmung in der Wirtschaft machen. CDU-nahe Mittelständler haben gerade in einem offenen Brief die Koalitionsverhandlungen scharf kritisiert. „Diese Verhandlungen sind kein Kompromiss – sie sind eine Übernahme durch die SPD!“, heißt es in dem Schreiben, das der badische Unternehmer Thomas Herrmann initiiert hat. Die zehn Unterzeichner bezeichnen sich als „überzeugte Christdemokraten bzw. Wähler der CDU“ und fragen: „Wo bleibt die CDU?“  [….]

(SZ, 04.04.2025)

Aber wie sollte die CDU liefern, die a) keine Konzepte hat und b) mit einem intellektuell vollkommen überforderten Politanfänger ohne einen einzigen Tag Regierungserfahrung, an der Spitze geschlagen ist?