Mittwoch, 18. April 2018

Gibt es eine Daseinsberechtigung für die CSU?

Viktor Orbán und Jarosław Kaczyński zerstören systematisch nicht nur die Institution EU, sondern auch die europäischen Werte, indem sie die Gewaltenteilung aufheben, die Pressefreiheit sukzessive abschaffen, gegen Minderheiten hetzen und auch unverhohlen antisemitisch blinken.
CSU-Chef und Bundessuperminister Seehofer findet das toll. Lädt Orban immer wieder offiziell ein und gratulierte ihm überschwänglich zur Wiederwahl.

Zu viel Rechtsstaatlichkeit schadet nur, denkt sich die CSU und schafft mit einem Orwell-Polizeigesetz die Bürgerrechte in Bayern ab.

[…..] In Bayern sind die Gedanken immer weniger frei
[…..] Demnach soll die bayerische Polizei nicht einmal mehr eine konkrete Gefahr begründen müssen, bevor sie jemanden überwacht oder festnimmt. […..]
 Die bayerische Polizei soll Aufenthalts- und Kontaktverbote bis zu sechs Monaten verhängen, sie soll Wohnungen durchsuchen und Menschen sogar in den zeitlich unbegrenzten Präventivgewahrsam nehmen - juristisch so freihändig, so wenig überprüfbar, wie das Polizisten hierzulande noch nie gestattet war. […..]

Bürgerrechte gibt es ohnehin in Bayern weniger als anderswo.

[….] In Bayern kann man künftig, ohne dass eine Straftat vorliegt, schon wegen "drohender Gefahr", unbefristet in Haft genommen werden. Da nimmt sich vergleichsweise das schludrige Prozedere, mit dem einst Gustl Mollath in der Psychiatrie festgehalten wurde, schon fast vorbildlich aus.
[….] Das alles ist eigentlich unvorstellbar; bei diesem Gesetz "zur Überwachung gefährlicher Personen" denkt man an Guantanamo, Erdogan oder die Entrechtsstaatlichung in Polen. Die Haft ad infinitum wurde aber im Münchner Landtag beschlossen. Die CSU sollte sich schämen; die Opposition, deren Aufstand nicht einmal ein Sturm im Wasserglas war, auch. Dieses Gesetz ist eine Schande für einen Rechtsstaat. [….]

Besonders perfide; psychisch Kranke können künftig wie Kriminelle behandelt werden.
PTBS, Burnout, Depressionen, Phobien? Für die CSU alles Vorstufen des Terrorismus.

 […..]  "Durch das sogenannte Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz werden Menschen mit psychischen Problemen, die für sich und andere eine Gefahr darstellen könnten, in Bayern bald wie Straftäter behandelt - inklusive Besuchszeitregelung, Überwachung, gegebenenfalls sogar Untersuchung der Körperöffnungen", warnte die SPD-Fraktion im bayerischen Landtag am Dienstag auf Facebook. Die Partei kündigte ebenso wie Grüne und Freie Wähler entschiedenen Widerstand gegen das Gesetz an.
Für Empörung sorgt auch die geplante Unterbringungsdatei. Dort sollen für mindestens fünf Jahre Daten von allen Menschen gespeichert werden, die auf Anordnung eines Gerichts in die Psychiatrie eingewiesen wurden. Vermerkt werden sollten unter anderem Name, Familienstand, Krankheitsbezeichnung und Dauer der Unterbringung. Die Unterbringungsdatei soll auch zur Verfolgung von Straftaten genutzt werden können.
Die bayerische SPD-Fraktion spricht von "einer Katastrophe für die psychisch Kranken". Anhand der gespeicherten Daten könnten die Behörden so auch feststellen, ob jemand zum Beispiel wegen Depressionen in der Klinik war. Diese Menschen würden "künftig behandelt wie verurteilte geisteskranke Verbrecher", warnte Kathrin Sonnenholzner (SPD), Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Landtag.[…..]

Der neue große Zampano in München, Ministerpräsident Söder, will unterdessen zum Mond fliegen.
Man gönnt sich ja sonst nichts.

[….] Und ein bayerisches Raumfahrtprogramm - kein Witz - soll es auch geben, um die Entwicklung unbemannter Flugkörper voranzutreiben. Es heißt: "Bavaria One". [….]

Auch bei der CSU überschreitet die Realität die Satire.
Daher verwendet SPON-Journalist Friedmann völlig zu Recht den Einschub „kein Witz“; das muss schon dazu geschrieben werden, sonst kann man es nicht glauben, was man wieder über die CSU-Politik lesen muss.

Und all das ist noch Gold gegen den Schaden, der von den im Berliner Exil lebenden CSUlern angerichtet wird.
Dr.-Titel Schummler Scheuer macht als Verkehrsminister da weiter, wo Kollege Dobrindt aufhörte:
Volle Kraft gegen Umwelt und Bürger, volle Unterstützung für kriminelle, aber sehr C-Parteien-spendierfreudige Industriekonzerne.

[……]  Im März zeigte sich Andreas Scheuer angriffslustig. "Es wird neue, sehr, sehr ernste Gespräche mit den Automobilkonzernen geben", sagte der frisch gekürte Bundesverkehrsminister der "Bild"-Zeitung. Er verstehe sich nicht als Buddy der Autobosse, sondern als Kumpel der Fließbandarbeiter und als Interessenvertreter der Dieselbesitzer.
Für Porschekäufer gilt Scheuers Ansage allerdings wohl nicht. Denn sein Ministerium blockiert die Arbeit eines Richters, der mögliche Manipulationen am Motor des Porsche Macan aufklären will. Nach SPIEGEL-Informationen hat das Bundesverkehrsministerium dem Präsidenten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA), Ekhard Zinke, die Genehmigung zur Zeugenaussage in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Heilbronn verweigert. [….]

Den destruktivsten und gefährlichsten Einfluss übt die CSU aber im Bund wider Europa und Macron aus.

Wie schon seine Buddys Spahn und Lindner fährt auch Alexander Dobrindt eine üble xenophonische und antieuropäische Politik.
Man kennt das von seiner Anti-Ausländer-Maut und den abscheulichen Attacken gegen Rumänen und Bulgaren.
Wir fürchten uns wegen Trump, Kim Jong Un und Putin?
Wir sollten lieber mal vor der eigenen Haustür kehren und nicht zulassen, daß revanchistische Ultrarechte aus der CSU aus Spaß am Zündeln die EU platzen lassen.

Ohne irgendeinen eigenen konstruktiven Vorschlag heißt es zu allen EU-Reformvorschlägen nur „NEIN“ von den C-Parteien.

[….] Emmanuel Macron hat die europäische Bühne vor einem Jahr als eine Art Drachentöter betreten. Im französischen Wahlkampf hatte er Marine Le Pen besiegt und furchtlos für ein stärkeres, einigeres Europa gestritten. Macron hatte dem Nationalismus die Stirn geboten und, so schien es, ein Mittel gegen die destruktiven Kräfte gefunden. In Berlin bekam er damals viel Applaus, die allgemeine Erleichterung war groß.
[….] Mit Verve spricht Macron von seinen europäischen "Überzeugungen", wortreich beschreibt er die vielen Gefahren, die Europa drohten. "Ich möchte nicht einer Generation von Schlafwandlern angehören", fasst er zusammen. Eine Anspielung, die jeder versteht: 1914 war Europa schlafwandelnd in den Ersten Weltkrieg geschlittert.
[….] Am selben Morgen, an dem Emmanuel Macron in Straßburg spricht, einige Hundert Kilometer weiter nördlich, in Berlin. In der bayerischen Landesvertretung erläutert Alexander Dobrindt, der Vorsitzende der CSU im Bundestag, unter den strengen Augen der stark idealisierten Büste von Franz Josef Strauß, wie die CSU die Welt sieht und was seine Partei von den vielen Ideen des französischen Präsidenten für die EU hält: "Ich habe keine Veranlassung, Herrn Macrons persönliche Glücksgefühle zu meinem politischen Programm zu machen." Macron oder "Herr Macrooh", wie Dobrindt sagt, vertrete eben französische nationale Interessen und er, Dobrindt, vertrete deutsche.
[….] Die CSU, sagt Alexander Dobrindt, sei gegen einen europäischen Finanzminister, weil das ein Einstieg in eine europäische Steuerkompetenz sei. Sie will auch keine europäische Arbeitslosenversicherung, weil das dazu führe, dass deutsche Arbeitnehmer an der Arbeitslosigkeit in anderen Ländern beteiligt würden. Und sie will zusätzliches Geld in der EU nur dann ausgeben, wenn vorher an anderer Stelle gespart wird.
Sechs Monate lang hat Macron auf eine Antwort aus Deutschland warten müssen, nun schallt ihm ein lautes Nein entgegen. Europa neu begründen? [….]

Erbärmlicher geht es nicht mehr.
Mal abgesehen davon, daß es hier um nichts weniger als Krieg und Frieden geht, sind Deutschland und insbesondere Bayern vom Export abhängig, weil die hiesigen Niedriglöhne zu einer vergleichsweise schwachen Binnennachfrage führen.
Exporte, die hauptsächlich in die EU gehen.
Bayern, das von EU-Ländern umzingelt ist und über keinen Zugang zum Meer verfügt, sollte also ein elementares ökonomisches Interesse am Wohlergehen der EU haben.


Ein Wunder, nebenbei bemerkt, Andrea Nahles ist ganz kurz aus ihrem tiefen Koma aufgewacht. Viel Substanz hat ihr Einwand zwar nicht und wurde dementsprechend auch kaum von der Presse wahrgenommen, aber immerhin widerspricht sie überhaupt CDU/CSU.

[….] In der Debatte um eine EU-Reform hat SPD-Fraktionschefin Nahles den Koalitionspartner vor einer Blockade gewarnt.
CDU und CSU hätten sehr viele rote Linien benannt, die sie nicht akzeptieren könne, sagte sie in Berlin. Man müsse Europa voranbringen, und das gelte auch für eine Weiterentwicklung des Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds. [….]

Möchtegern-Doktor Andi, Crazy Horst und Karo Alexander werden mit den Knien schlottern vor Angst!

Dienstag, 17. April 2018

Noch eine Umdrehung


Als ich das erste mal von Michael Cohen hörte, lernte ich, das sei Trumps persönlicher Anwalt, der seit Jahrzehnten alle seine Schmutzgeschichten wegräume.
Ursprünglich nicht aus einem rechten Milieu stammend habe sich Cohen aber inzwischen völlig Trump verschrieben. Er wäre dessen „Fixer“, stünde 24/7 für „the boss“ zur Verfügung und dieser riefe auch tatsächlich regelmäßig um 3.00 Uhr nachts an, wenn er wieder einmal in einem Schlamassel stecke.
Cohen wäre insbesondere der Experte dafür unliebsame Angelegenheiten verschwinden zu lassen. Dafür sei ihm jedes Mittel recht – Klagen, Schweigegeld, Drohungen aller Art. Er sei aber eigentlich kaum ein richtiger Anwalt, habe schließlich auch seit vielen Jahren keine anderen Klienten gehabt, da er exklusiv und ausschließlich für Trump arbeite.

Stimmte nicht ganz.
Cohen räumte auch für den GOP-Großspender und Schatzmeister Elliott Broidy frisch gevögelte Playboy-Bunnys aus dem Weg.
Während Trump für Stormy Daniels 130.000 Dollar Schweigegeld zahlte, ließ Broidy sogar 1,6 Millionen springen.
Und noch viel irrer; Cohen hatte einen dritten Mandanten, nämlich ausgerechnet Trumps vollkommen wahnsinnigen und der Realität komplett entkoppelten TV-Buddy Sean Hannity, der selbst bei FOX als Rechtsaußen gilt.


Niemand wirft sich mit mehr Leidenschaft für Trump in die Bresche als Hannity und seinen Lohn bekommt er, indem Trump immer wieder von seinem offiziellen Twitter-Account aus Loblieder aus Hannity anstimmt, die US-Bürger ausdrücklich dazu auffordert „Hannity“ einzuschalten.



 Kein auch nur halbwegs seriösen Medienmacher käme auf die Idee den lügenden Fanatiker Hannity als „Journalisten“ zu bezeichnen.

Der Journalismus hat ein echtes Problem in Amerika, wenn weite Teile davon, die von ultrakonservativen Milliardären wie den Mercers, Kochs und Murdochs gesteuert werden, ein Einheitsprogramm loslassen, welches radikal gegen die Wahrheit agitiert und reine Trump-PR macht.


Sinclair News ist vielen in Deutschland sicher kein Begriff, aber der Mutterkonzern Sinclair Media betreibt mit vergleichsweise bescheidenen drei Milliarden Dollar Jahresumsatz immerhin 179 lokale TV-Sender, die allesamt politisch gleichgeschaltet sind.

Sie dienen und nutzen Trump und dieser zeigt sich auch erkenntlich für die absolute Treue, indem er ihnen finanziell hilft.
Sei es, daß er generell gewaltige Steuernachlässe für Medienkonzerne beschließen lässt, sei es, daß er die liberaleren Sendern unablässig beschimpft, sei es, daß er direkt Hannitys Quoten anheizt oder sei es auch, daß er wie im Fall Sinclair die Konkurrenz klein hält.

[….] In der Tat verlaufen die täglichen Angriffe Trumps nach dem klassischen Autokraten-Drehbuch. Trump nutzt offizielle Kanäle, um kritische Medien niederzumachen oder ihnen politisch die Arbeit schwer zu machen. Zugleich propagiert er regierungsnahe Organe wie Fox News und freundliche TV-Lokalsender. Am Ende verlieren die Konsumenten zusehends den Überblick darüber, was Wahrheit ist, was Fake News und was Staatspropaganda.
 Trump führt seinen Krieg gegen die Medien zurzeit an mehreren Fronten:
1. Amazon, Bezos und die "Washington Post" [….]
2. AT&T, Time Warner und CNN
[….] Ein Gerichtsprozess in Washington könnte dramatische Auswirkungen auf die US-Medienvielfalt haben. Die Regierung klagt gegen die Übernahme des Medienkonzerns Time Warner durch den Telekomriesen AT&T. Mit dem 86-Milliarden-Dollar-Deal will AT&T Streamingdiensten wie Netflix Konkurrenz machen. Das US-Justizministerium hat kartellrechtliche Bedenken erhoben.
Beobachter vermuten aber, dass die wahre Motivation auch hier anderswo liegt: Der Kabelsender CNN, den Trump gerne als "Fake News" und "anti-Trump" verteufelt, gehört Time Warner. Schon im vergangenen Jahr meldete die - von Trump gehasste - "New York Times", dass er erwäge, die geplante Fusion als "Druckmittel" gegen CNN einzusetzen. Kurz darauf kam die Klage dagegen.
Denkbar ist, dass das Gericht den Zusammenschluss am Ende nur genehmigt, wenn sich Time Warner von CNN trennt. Damit verlöre der Sender sein Mutterhaus. Als Kaufinteressent war sogar mal Rupert Murdoch im Gespräch, dem der Trump-Haussender Fox News gehört. Dann wären zwei der drei US-Nachrichtensender gewissermaßen gleichgeschaltet.
3. Der lokale Fernsehmarkt
[….] Wirbel machte zuletzt die Sinclair Broadcast Group, ein vergleichsweise wenig bekannter Konzern. Dabei ist Sinclair mit 193 Lokalsendern der größte TV-Betreiber der USA. Das Unternehmen plant nun, 40 weitere Lokalstationen zu übernehmen - und würde dann fast drei Viertel aller US-Haushalte bedienen.
Gegen dieses Quasi-Monopol hat die Regierung jedoch nichts einzuwenden: Die Kommunikationsbehörde FCC lockerte die Vorschriften sogar. Denn Sinclair ist Trump-freundlich. Seine Moderatoren müssen identische Manuskripte vorlesen und Videoclips ausstrahlen - oft mit konservativen Kommentaren von Boris Epshteyn, einem in Russland geborenen Ex-Berater Trumps, mit Terror-Panikmache oder Agitation gegen andere Medien.
Ein Zusammenschnitt dieser Clips sorgte unlängst für Empörung. Doch Sinclair bleibt verlässlich im Trump-Lager. Sein Chairman David Smith pflegt angeblich Kontakte zu Trumps Ex-Strategen Steve Bannon sowie zu Sean Hannity, dem lautesten Scharfmacher des Trump-Zentralsenders Fox News. [….]
4. Die PR-Front [….]

Den herkömmlichen und seriösen Journalismus gibt es auch noch.

So hatte Woody Allans oder Frank Sinatras Sohn Ronan Farrow nach der Weinstein-#MeeToo-Enthüllung auch noch ausgegraben, daß der Medienriese American Media (AMI), Jahresumsatz 344 Milliarden Dollar = 127 mal Sinclair Media, systematisch die Exklusivrechte über Sexgeschichten Prominenter wie Trump kauft und diese Stories dann im Giftschrank verschwinden lässt. Entweder um Betroffene wie Trump zu schützen, oder aber um sie erpressbar zu machen.

[…..] Another person peddling derogatory information about President Trump during the 2016 campaign; another potential payoff.
That's the impression left by new reports by the New Yorker and the Associated Press detailing a $30,000 payment made by the National Enquirer's parent company to a former doorman, Dino Sajudin, who said he had heard rumors of Trump fathering a child with an employee.
[National Enquirer paid second source with embarrassing Trump rumor]
As with American Media Inc.'s $150,000 payment to former Playboy Playmate Karen McDougal shortly before the election, the payment was made ostensibly for the rights to the man's story. But like McDougal's, the story also never ran, and the parallels with the McDougal and Stormy Daniels payments certainly raise questions about whether the payment was simply an effort to kill it to benefit Trump's campaign — and whether there was any coordination between AMI and Trump attorney Michael Cohen or the Trump campaign.
Those deals have become a focus of federal investigators, who raided Cohen's office, home and hotel room Monday. And if nothing else, the newest example builds the circumstantial case that something was afoot as Trump was trying to win the presidency. [….]


Farrow bekam diese Woche den Pulitzerpreis, auch sein Blatt, der New Yorker, sowie die New York Times wurden ausgezeichnet.

Gerüchten zu Folge soll Trump im Oval Office toben wie nie zuvor und von seinem Umfeld nicht mehr zu beruhigen sein. Er ist kurz davor Amok zu laufen.
Die Beschlagnahme der Unterlagen seines Anwalts Michael Cohen durch die New Yorker Staatsanwaltschaft beunruhigt ihn offensichtlich viel mehr als die gesamten Mueller-Untersuchungen zu seinen Russland-Verstrickungen.
Vermutlich hatte er sich nicht vorstellen können, daß es einen Weg gäbe das Anwaltsgeheimnis zwischen ihm und Cohen zu lüften.

Daß die verhassten liberalen New Yorker nun auch noch Ronan Farrow mit dem Journalistenpreis schlechthin auszeichnen, bestätigt allerdings die realitätsentrückte Weltsicht von rechten Hetzern wie Trump und Hannity.
Alle Liberalen haben sich offensichtlich gegen sie verschworen, niemand wurde je so ungerecht behandelt.

Montag, 16. April 2018

Prinzipientreue


Prin·zi̱p

Substantiv [das]



    1.

    ein fester allgemeiner Grundsatz, nach dem jmd. lebt.

    "So etwas ging gegen ihre Prinzipien."

    2.

    eine allgemein gültige Grundregel.

    "das Prinzip der Gewaltenteilung im Staat"



Prinzipal (aus lat. principalis, wörtlich „Erster, Vornehmster“ oder „Vorsteher“ und übertragen auch „Leiter“ oder „Meister“)

Wenn Wähler über einen Politiker denken, „das ist aber ein Mann mit Prinzipien", ist das schon die halbe Miete.
So wünscht man Volksvertreter. Dementsprechend ist das Adjektiv „prinzipienlos“ sehr negativ konnotiert.
Ein „prinzipienloser Geselle“ ist fast so schlimm wie ein „vaterlandsloser Geselle“ – und das sind bekanntlich die Schlimmsten.

Vorhin grübelte ich wie eigentlich das Antonym zu „Patriotismus“ lautet.
Ich bin nämlich so gar kein Patriot und kann für patriotische oder gar nationale Gefühle (gegenüber Deutschland ODER Amerika) einfach kein Verständnis aufbringen.
Auch das Wort „Stolz“ liegt mir nicht. Insbesondere könnte ich keinen Stolz auf eine Nation empfinden, da ich Stolz immer mit einer eigenen Leistung verbinde.
Was aber ist weniger ein eigener Verdienst als der Zufall wo man geboren wurde?
Wie nennt man aber nun Menschen, die keine Patrioten sind?
Im Zweifelsfall googlen. Eine Internetsuche spuckt folgende Begriffe aus:

Vaterlandsverräter, Fahnenflucht, Verrat, Unzufriedenheit, Untreue, Falschheit, Wankelmut, Unbeständigkeit, Perfidie, Nestbeschmutzer, „Jemand der sich ganz schnell verpissen sollte. Er mag sein Land nämlich nicht“, Landesverräter, Idiot, Zecke,..

Nun bin ich noch unpatriotischer, nachdem ich sehe welche Konnotationen aktiviert  werden, wenn man Menschen nach dem Gegenteil von Patriotismus fragt.
Das Abstoßende am Patriotismus ist also nicht nur das penetrante Sich-mit-fremden-Federn-schmücken, sondern die mehr oder weniger latent damit einhergehende Abwertung anderer Nationen, bzw der Nicht-Patrioten im eigenen Land.
Es stimmt eben, daß die Grenzen vom Patriotismus zum Nationalismus fließend sind und Letzterer ist einer der destruktivsten Ismen, den die Menschheit hervorgebracht hat.

Immer wenn die Patriotismuskarte gespielt wird, folgt etwas Ekelhaftes. (…….)

Vermutlich sehnen sich Wähler nach Führern mit Prinzipien, weil sie selbst sehr unflexibel denken.

Konservative sind weniger neugierig, hinterfragen weniger ihre Werte und Religion, überprüfen weniger den Sinn ihrer Verhaltensweisen. Daher sind für Konservative Prinzipien auch besonders wichtig.

Freigeister, die den Dingen auf den Grund gehen, nicht in den immer gleichen Bahnen denken, die sich an Gedankenexperimenten erfreuen und gern etwas Neues probieren, weil sie die Zukunft besser machen wollen,  verortet man eher links.

Ein festes Prinzip im Umgang mit ökonomischen Fragen, mit anderen Nationen, mit Steuerpolitik, mit Freiheiten erspart einem viel kompliziertes Nachdenken.

Konsument zu sein ist heute ein Fulltimejob.
Man denke nur an den Autokauf. Es gilt so viel zu berücksichtigen. Wiederverkaufswert, ökologische Kennzahlen, Antriebsart, Besteuerung, Auflademöglichkeiten, Reichweite, Einfuhrzölle, politisches Statement.

Da ist es natürlich einfacher „aus Prinzip“ immer nur VW zu fahren.
Oder aus Prinzip immer CDU zu wählen.

Sind Prinzipien nicht grundsätzlich nur eine „Denkfaulheit“?

Ist die Charaktereigenschaft „Prinzipientreue“ nicht in Wahrheit bloß eine freundliche Umschreibung von Starrsinn, Verbohrtheit, Halsstarrigkeit, Rechthaberei, eindimensionalem Denken?

Es kann ökonomische Situationen geben, in denen ein guter Finanzminister zur Sparsamkeit drängen muss.
Wenn er dies aber über zehn Jahre völlig unabhängig von den desaströsen Folgen dieser Politik und ungeachtet sich sehr verändernder Umstände immer weiter so hält, weil er so etwas wie „die schwarze Null“ zum Popanz erhoben hat und fürderhin gar nicht mehr über die Sinnhaftigkeit von Austeritätsforderungen sinniert, ist das keine lobeswerte Prinzipientreue, sondern destruktive Denkfaulheit.

Ich bin erstaunt ausgerechnet die konservativsten Amerikaner, die Evangelikalen mit ihren ultrastrengen und absolut unflexiblen Glaubensgrundsätzen an Trumps Hintern kleben zu sehen.

Ja, er triggert ihre Begeisterung für Waffen, füttert ihren tiefsitzenden Rassismus und hält Frauen, People of Color und LGBTIs streng aus der Regierung heraus.
Aber andererseits ist er auch die lebende Gegenthese aller moralischen Prinzipien.
Jeden Grundsatz, den er im Wahlkampf definierte, hat er gebrochen.
Statt Isolation setzt er auf Intervention. Statt Putin zu umarmen, verhängte er schwerste Sanktionen gegen Russland.

[…..] Trump hört auf niemanden - nicht mal auf Trump
Vor seiner Zeit im Weißen Haus erteilte der Geschäftsmann Trump aktiven Politikern auf Twitter ungefragt Ratschläge zu Syrien. Und heute? Macht er das Gegenteil dessen, was er damals empfahl.
Militärische Intervention der USA im Ausland? Nicht mit Donald Trump! Zumindest war das so, als er selbst noch Geschäftsmann war. Nachlesen kann man seine Ratschläge an die damalige US-Führungsriege auf seinem Twitter-Account.
Zu Syrien schien er lange eine sehr klare Haltung zu haben: Er warnte vor Militärschlägen und einem dritten Weltkrieg. Als US-Präsident hat er nun selbst erneut Ziele in Syrien angreifen lassen - und auch sonst stehen viele seiner Ratschläge von damals im krassen Gegensatz zu seinen Handlungen heute. Der Donald Trump aus dem Jahr 2013 hätte die aktuelle Politik garantiert scharf verurteilt. [….]

Wie können eigentlich „deficit hawks“ wie die GOPer einen Präsidenten bejubeln, der die größte Schuldenkrise aller Zeiten einläutet und damit statt „America great again“ zu machen und China zu bekämpfen, eine extreme Abhängigkeit von chinesischen Krediten kreiert.

[….]  Der Präsident wirtschaftet so wie einst der Geschäftsmann Trump - auf Pump. Die nachfolgenden Generationen werden darunter leiden - und China wird profitieren.
Es gibt Menschen, die Zeit ihres Lebens nicht in der Gegenwart ankommen. Sie trauern der Vergangenheit nach oder hoffen so sehr auf die Zukunft, dass ihnen der Zauber des Moments entgeht. Der Geschäftsmann Donald Trump war nie so ein Mensch, er lebte stets im Hier und Jetzt. Sah er einen guten Deal, griff er zu. Gefiel ihm eine Frau, sprach er sie an. Und bot man ihm nur eine Minute öffentlicher Aufmerksamkeit, schlug er ein - auch wenn sein Ruf litt. So war der Unternehmer. Und so ist auch der Politiker.
Den Präsidenten Trump schert weder Künftiges noch Vergangenes, was er will, ist maximale Bestätigung - und zwar sofort. [….] Trumps Kurs nämlich wird die Staatsschuld in den nächsten Jahren regelrecht explodieren lassen. Schon heute sitzen die USA auf einem Kreditberg von unfassbaren 20 Billionen Dollar - und selbst die Schönfärber im Weißen Haus gehen davon aus, dass dieser Berg bis 2027 um weitere sieben Billionen Dollar anwachsen wird. Unabhängige Fachleute rechnen eher mit zehn Billionen. Das heißt nicht, dass es falsch wäre, Steuern zu senken oder Straßen zu sanieren. Statt aber seine Programme solide zu finanzieren, etwa durch höhere Abgaben für Ultrareiche, wirtschaftet Präsident Trump so wie einst der Geschäftsmann Trump - auf Pump.
[….] Man muss sich nur einmal vor Augen führen, was ein kleiner Anstieg der US-Zinslast von durchschnittlich zwei auf drei Prozent an Mehrbelastung für den Staat bedeuten würde: 200 Milliarden Dollar. Pro Jahr. Das ist die Hälfte des deutschen Bundeshaushalts.
[….]  Politisch gesehen nämlich spielt der Präsident damit einem Land in die Hände, dessen Einfluss er mit Hilfe seiner "America first"-Politik und der Verhängung von Zöllen auf Stahl und Solaranlagen ja eigentlich eindämmen will: China.
Schon heute kommt jeder fünfte Dollar, den sich die USA im Ausland leihen, aus der Volksrepublik - insgesamt 1,2 Billionen. […..]

Konservative Amerikaner, die auf Prinzipientreue setzen, sind bei Trump ganz falsch.
Prinzipienloser als Trump geht es gar nicht.

Trump ist aber nicht im positiven Sinne „flexibel“, sondern bloß borniert.
Sich immer und immer wieder selbst zu widersprechen, spielt für ihn keine Rolle, da es sein Prinzip ist zu lügen und zu betrügen.
Und in diesem Sinne können prinzipiengeile Basis-Republikaner ganz mit Trump übereinstimmen: Er frönt seinem öffentlichen Hass auf Minderheiten und tritt jeden Anstand mit Füßen.