Donnerstag, 19. Oktober 2017

Psychoanalytischer Ansatz



Manche Politiker sind mit wenigen Worten gut zu charakterisieren.
Guido Westerwelle zum Beispiel chargierte immer nur zwischen „beleidigt sein“ und „beleidigen.“
Er hasste es als intellektuelles Leichtgewicht, als politischer „Leichtmatrose“ betrachtet zu werden und werkelte daher verbissen daran endlich ein so hohes und angesehenes Amt zu bekommen, daß man ihn ernst nehmen müsse.
Als er es 2009 endlich geschafft hatte, als er endlich Genugtuung für all die Demütigungen erfuhr, die er sein Leben lang erfahren hatte, konnte er es nicht fassen, weiterhin nicht ernst genommen zu werden.
Vizekanzler und Außenminister, verdammt noch mal, sollten doch reichen, damit die Leute endlich ehrfürchtig zu ihm aufblicken. Sogar Joschka Fischer, dieser ungewaschene Linke wurde doch international anerkannt mit diesen Ämtern.
Westerwelle verstand einfach nicht, daß ein Amt auch ausgefüllt werden muss.
Indem er immer verzweifelter auf den Respekt pochte, den man ihm entgegen zu bringen hätte, wurde er nun noch lächerlicher und weniger akzeptiert.
Wer zeternd und mit dem Fuß aufstampfend tönt „Ich bin hier nicht als Tourist in kurzen Hosen unterwegs, sondern als deutscher Außenminister. Das, was ich sage, zählt!“ oder "Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt's einen, der die Sache regelt, und das bin ich!“, beweist wie grundsätzlich er seinen Job missversteht.
Westerwelle hätte wesentlich früher in eine Verhaltenstherapie gehen müssen und seine Unsicherheiten, die er als unbeliebter Schüler, schlechter Student, pickeliger Teenager und schwuler Konservativer zu verarbeiten, statt zu versuchen sie mit Titeln zu kompensieren.

Donald Trump läßt sich auch mit wenigen charakterisierenden Verben beschreiben. Lügen und prahlen und sich selbst bemitleiden.
Fast jedes Nachrichtenstück in den internationalen Newssendern über den US-Präsidenten beginnt mit „Trump bragging about…“.


Ganz offensichtlich muss Trump zwanghaft einen tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex überkompensieren, indem er sich ununterbrochen selbst in den höchsten Tönen lobt.
Täglich prahlt er auf’s Neue, der Reichste, der Klügste, der Gesündeste, der Beste zu sein.


Auch wenn sich seine Behauptungen leicht widerlegen lassen prahlt er unverdrossen weiter.

[…..] Trump Brags of His High IQ and Being “First in My Class”…So We Checked The Dean’s List […..] “Donald Trump was the dumbest goddamn student I ever had.”  Those are the words of the late Wharton professor William T. Kelley, who had Trump in class. […..]
Trump has long touted his being at the top of his class – which has been disproven – and just recently touted how high IQ is by challenging the Secretary of State of the United States to an I.Q. contest after he was called a “moron” – or a “fucking moron” as reported by Slate.
[…..] 1968 Wharton graduate Louis Calomaris recalled that “Don … was loath to really study much.”   Calomaris said Trump would come to study groups unprepared and did not “seem to care about being prepared.” […..]

Trumps Komplexe wurden mutmaßlich schon von seinem sehr dominanten und erfolgreichen Millionärsvater initiiert.
Donald Trump traute sich offensichtlich nicht geschäftlich eigene Wege zu gehen, sondern blieb in der Branche, die sein Vater so gut beherrschte.
Er wurde zwar sehr reich, aber das passierte zu einer Zeit und einem Markt, in dem auch ein Schimpanse Milliardär geworden wäre, wie seine viel clevereren Mit-Milliardäre nicht müde werden zu betonen.
Selbst bei Projekten, die gemeinhin als Lizenz zum Gelddrucken gelten – Spielcasinos – ging Trump mehrfach Pleite.

Schlimmer noch war aber, daß er mit all seinen Millionen und dem gewaltigen Trump-Tower nie in der New Yorker High-Society anerkannt wurde, weil er so ein ungebildeter Prolet mit schlechtem Geschmack und völlig ohne Manieren ist.
Andere Superreiche sind hochgebildet oder Kunst-Liebhaber. Oder sie sind als Wohltäter bekannt, finanzieren Krankenhausflügel und Anbauten für Museen.
Die „Gute Gesellschaft“ der Weltstadt New York ließ es Trump offensichtlich immer spüren, daß er nie zu ihnen gehören wird. Und je verzweifelter er es versuchte, desto unmöglicher machte er sich.
So verbindet ihn schon lange eine intensive Hassliebe mit der New York Times, die ihn eben auch nicht als Wohltäter lobt. Dafür verachtet Trump die NYT, beschimpft und bepöbelt sie. Aber er reißt sich gleichzeitig auch ein Bein aus, um doch endlich mal von der NYT gelobt zu werden. Legendär sind seine Anrufe mit verstellter Stimme in der Redaktion, bei denen er sich als sein eigener Assistent ausgab, um Trump-Geschichten ins Blatt zu bekommen.

[….]    Es gibt kaum eine andere Journalistin zurzeit, die Donald Trump näher ist als sie: Maggie Haberman, 43, New York Times-Korrespondentin im Weißen Haus. Sie gilt als Trumps "Lieblingsfeindin", sie wurde von ihm schon als "drittklassige Reporterin" bezeichnet und dennoch scheint er großen Respekt vor ihr zu haben. Denn er gewährt ihr lange Gespräche. […..] "Sie ist geradezu pathologisch ehrlich, total unbestechlich und erst auf den zweiten Blick sympathisch", sagte über sie ihr New-York-Times-Kollege Glenn Thrush, mit dem sie viele Artikel schrieb. Donald Trump traf sich mit Haberman im Jahr 2015, weil er wollte, dass sie als Erste über die Neuigkeit seiner Kandidatur berichtete. Er schenkte ihr einen sogenannten Scoop, den Knüller, von dem viele Journalisten träumen. Haberman aber sagte ab, weil sie nicht sein "Steigbügelhalter" sein wollte. Seit dem verbindet Trump mit ihr, wie sie selbst beschreibt, eine Hassliebe.
"Er kennt mich, er weiß, wie ich arbeite und er mag natürlich die New York Times", sagte Haberman neulich dem New Yorker. Sein ganzes Leben lang habe er damit gerungen, nicht ernst genommen zu werden, er sei aus Queens nach Manhattan gekommen, habe sich mit dem Trump-Tower einen Palast gebaut, und alles versucht, um von der Elite New Yorks ernst genommen zu werden. "Kein Wunder, dass er viele Sätze mit den Worten beginnt: Wir werden belächelt. Amerika wird belächelt. China belächelt uns." Es sei sein Lebensthema. Deshalb sei er von der New York Times so fasziniert. Seit Jahren durchsuche er die Zeitung nach seinem Namen. "Für Trump war eine Erwähnung in der Times immer eine Bestätigung, oben angekommen zu sein."  [….]

Exzessives Prahlen und Selbstlob wird nicht wirklich anerkannt in den besten Kreisen.


Zu augenfällig ist der Gegensatz.
Trump behauptet „the best words“ zu haben und „very highly educated“ zu sein; beweist aber jeden Tag das diametrale Gegenteil mit seinem primitiven Vokabular und den frappierenden Wissenslücken.

Zudem blamiert sich Trump ausgerechnet in New York, einer der Weltstädte von Mode und Kunst, mit grotesk schlechtem Geschmack.
Seine Anzüge sitzen schlecht, seine Frisur ist ein Witz und wenn er die Kameras in sein Apartment lässt, um mit dem vielen Gold zu prahlen, verschlägt es den Kunstsinnigen die Sprache darüber wie man mit so viel Geld stilistisch so daneben liegen kann.



so beweist man keine "Klasse", sondern bloß Geld zu haben.




 
Und nun, endlich ist es erreicht, Trump hat das wichtigste Amt der Welt erklommen. Nun sollte man ihn endlich respektieren. Seiner tiefen Sehnsucht danach endlich von allen anderen auch als so fabelhaft angesehen zu werden, wie er sich selbst sieht, steht aber ein Mann entgegen.
Barack Obama. Der Mann, der all das mitbringt, was sich Trump trotz all seiner Milliarden nicht kaufen kann: Klasse.

 “You cannot buy, no matter how much money you have, billions of dollars–you can’t buy class. President Obama, whatever you think of his politics, is a very classy man. He’s a smart man. He’s one of the kindest people you ever want to meet, he and his wife are.  I’m not talking about politics. Having met them and knowing them–you can’t teach that. That’s something you cannot teach, and I think that’s something the President is jealous about. He doesn’t have those qualities, even with all the money in the world…”

Das muss einen Rassisten wie Trump wirklich schmerzen, daß ausgerechnet „der Neger“ in jeder Hinsicht der charakterliche, menschliche und optische Gegenentwurf zu Trump ist: Schlank, feingliedrig, perfekte Manieren, Bilderbuchehe, treu, hochgebildet, belesen, informiert, witzig, modern, weltweit anerkannt.
Im direkten Vergleich der beiden Präsidenten ist Trump ganz abgesehen von der Politik auch noch vulgärer, dicker, proletiger, häßlicher, geschmackloser und primitiver.
Dadurch wird Trumps obsessive Gefallsucht noch angestachelt. Er scheint nur noch zwischen zwei Polen zu schwingen – einerseits lobt er sich selbst in den Himmel und andererseits zwingt ihn der „Klassenvergleich“ mit Obama, den er nur verlieren kann, dazu alles was mit Obama zusammenhängt manisch zu zerstören.
Sein tiefsitzender Minderwertigkeitskomplex lässt ihn an seinem Vorgänger verzweifeln. Und Verzweiflung äußert sich bei einem so unreflektierten und miesen Charakter wie Trump in Aggression und Bösartigkeit.

[…..] Trump, Chieftain of Spite
It must be cold and miserable standing in the shadow of someone greater and smarter, more loved and more admired. It must be infuriating to have risen on the wings of your derision of that person’s every decision, and even his very existence, and yet not be able to measure up — in either stratagem or efficacy — when you sit where that person once sat.
This is the existence of Donald Trump in the wake of President Barack Obama. Trump can’t hold a candle to Obama, so he’s taking a tiki torch to Obama’s legacy. Trump can’t get his bad ideas through Congress, but he can use the power of the presidency to sabotage or even sink Obama’s signature deeds.
In fact, if there is a defining feature of Trump as “president,” it is that he is in all ways the anti-Obama — not only on policy but also on matters of propriety and polish. While Obama was erudite, Trump is ignorant. Obama was civil, Trump is churlish. Obama was tactful, Trump is tacky.
There is a thing present in Obama and absent from Trump that no amount of money or power can alter: a sense of elegant intellectualism and taste.
The example Obama set makes the big man with the big mouth look smaller by the day. But I believe that this nonadjustable imbalance is part of what has always fueled Trump’s rage against Obama. Trump, who sees character as just another malleable thing that can be marketed and made salable, chafes at the black man who operated above the coarseness of commercial interests and whose character appeared unassailable.
America — even many of the people who were staunch opponents of Obama’s policies — admired and even adored the sense of honor and decency he brought to the office. Trump, on the other hand, is historically unpopular, and not just in America. As The Pew Research Center pointed out in June: “Trump and many of his key policies are broadly unpopular around the globe, and ratings for the U.S. have declined steeply in many nations.” Trump is reviled around the globe and America’s reputation is going down with its captain.
All of this feeds Trump’s consuming obsession with undoing everything Obama did. It is his personal crusade, but he also carries the flag for the millions of Americans — mostly all Republicans — who were reflexively repulsed by Obama and the coalition that elected him.
Trump has done nearly everything in his power to roll back Obama’s policies, but none are as tempting a target as the one named after him: Obamacare. [….]

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Tiefer in den Sumpf



Die Bundestagswahl hatte es klar gezeigt: Wenn rechte CDU-Landesverbände oder die CSU die braunen Parolen der AfD nachplappern, verlieren sie überproportional stark an die dumpfe Gaulandhöcke-Truppe.

Bernd Althusmann kopierte drei Wochen später eine Strategie, mit der schon Guido Wolf in Baden-Württemberg und Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz spektakulär auf den Bauch platschten und einen Vorsprung verspielten; er setzte sich rechts von Merkel ab.

„Wir hätten uns ein wenig mehr Rückenwind gewünscht“, kritisierte Althusmann seine Bundesvorsitzende, beklagte Merkels Versäumnisse beim Thema Flüchtlingspolitik und orakelte von „inkonsequentem Handeln“ der Kanzlerin.
Mit Distanzierung von Merkel im letzten Moment warf er seine CDU auf das schlechteste Ergebnis seit 1959 zurück.
 Es bringt nichts Nazis zu kopieren, oder ihnen hinterherzulaufen.
Dann wählen die Leute das Original oder die klare Alternative.

Oder doch nicht?
Am 15.10.2017 fand außer der Wahl in Niedersachsen auch die Parlamentswahl in West-Ungarn statt.
In der Heimat Hitlers und Haiders hatte die gesamte Fernsehlandschaft ununterbrochen xenophobe Themen gesetzt, bis der eifrigste Redner wider alles Ö-Fremde an der Schwelle zum Bundeskanzleramt stand.

[….] Es schadet nicht, mit ausländerfeindlichen Parolen Wahlkampf zu machen: Die sehr rechte FPÖ hat gewonnen, der stramm rechte Sebastian Kurz aber hat gesiegt. Vom Ende der liberalen Welt, wie wir sie kennen. [….]

Statt nun die Lehren aus Sachsen, Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Bund zu ziehen, blicken Dobrindt, Scheuer, Seehofer, Spahn und die notorisch rechtslastige Sachsen-CDU nun also auf Seppl Kurz.


Raus mit den Inhalten, Schluss mit Sozial-, Bildungs-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Nun heißt es wieder Heimat, wir lieben Dich und die Programmatik soll sich in modern verpackten „Ausländer-raus“-Thesen erschöpfen.
Freundlich, modern, adrett, rechtsextrem. Die ÖVP siegte als Ein-Themenpartei.

[….] Kurz gab sich immer charmant, immer netter Schwiegersohn, Handkuss und Diener, aber er hatte ein straff geführtes Team, devote Mitarbeiter. Perfekte Arbeit, gute Show. [….]   Dass die FPÖ nicht den Kanzler stellen würde, war früh im Wahlkampf klar, auch Strache selbst wusste das. Aber er wollte besser sein als FPÖ-Idol Haider. Er wollte es allen zeigen. Dann kam Kurz, der den Zeitgeist nutzte, ihn melkte, ihn steuerte, ihn manipulierte. So schamlos war in den vergangenen Jahren nicht einmal die FPÖ gewesen: Nur ein Thema, immer Balkanroute und Ausländer und Asyl und Flüchtlinge? Der FPÖ hatte das immer eher geschadet. Die Welt ist ungerecht. Nun hat die FPÖ gewonnen, Kurz aber hat gesiegt. [….]
Neun Jahre lang machte Sachsens Ministerpräsident Tillich stramm xenophobe Politik, paktierte erst mit der NDP und dann mit der AfD gegen alles, das irgendwie links oder nach Antifa klang.
Daß gerade Sachsen auf Investitionen aus dem Ausland und Touristen angewiesen ist, wollte die Sachsen-CDU nicht wahrhaben und wurde immer rechter.

(…..) Sächsische Minister sollten sich also aus vielerlei Gründen darum bemühen möglichst viele von den kostbaren Migranten in ihr unterausländerisches Bundesland zu holen.

Aber auch bei ihnen ist die Entklugung viel zu weit fortgeschritten. Sie bedienen lieber ultrarechte, latent völkische Ideologien.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) will jetzt spezielle Polizei-Sondereinheiten bilden, um gegen die kriminelle Asylantenflug vorzugehen. Ausgerechnet in dem Bundesland, in dem es mit am wenigsten Migranten überhaupt gibt.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig macht Stimmung gegen Flüchtlinge. […] Schon ab Dezember sollen in Sachsen künftig spezielle Polizeieinheiten für straffällige Asylbewerber zuständig sein. „Wir beginnen mit dem Modell in Dresden und wollen sie dann im ganzen Land einsetzen“, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) der Dresdner Morgenpost. […] „Es darf nicht sein, dass einer, der kein Recht auf Asyl hat und dann noch schwer straffällig geworden ist, durch das Zusammentreffen von Strafprozessordnung und Ausländerrecht am Ende mit einer Art Bleiberecht belohnt wird“, erklärte Ulbig. […] Der sächsische Flüchtlingsrat hält Ulbigs Äußerungen für gefährlich und falsch. Die Kriminalitätsrate sei selbst nach Angaben der sächsischen Polizei im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften nicht gestiegen, so Sprecher Marko Schmidt. „Ulbig schürt Ängste“, sagte Schmidt der taz. Die Polizei sollte besser zunehmende rechtsmotivierte Übergriffe auf Asylbewerber aufklären.
Ulbig bediene die Argumentation der sogenannten „Patriotischen Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida), die seit Wochen in Dresden Stimmung gegen Asylbewerber machen, so Schmidt. Für den Montagabend hat die islamfeindliche Initiative bereits zum sechsten Mal zu einer Demonstration durch Dresden aufgerufen. […] Scharfe Kritik an Ulbigs Vorhaben kam am Montag von den sächsischen Linken. Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Rico Gebhardt, kritisierte Ulbigs Zungenschlag als befremdlich. Es handele sich um das Gegenteil von Willkomenskultur. „Es ziehen keine zugereisten marodierenden Banden durchs Land, sondern es müssen Asylbewerberheime rund um die Uhr vor befürchteten Übergriffen ,einheimischer' Täter geschützt werden“, so Gebhardt. […] Ulbig strebt derzeit eine Kandidatur als Oberbürgermeister von Dresden an. Die Wahl soll Anfang Juni 2015 stattfinden. Die oppositionellen Grünen vermuten darin auch das Motiv für Ulbigs Äußerungen: „Fremdenfeindlichen Einstellungen Vorschub zu leisten, gehört nicht zu den Aufgaben eines Innenministers. Und Oberbürgermeister-Wahlkampf auf niedrigstem Niveau genauso wenig“, sagte Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion. […]
(taz, 24.11.14)

Herr Ulbig stellt damit die Moral seiner Partei wieder einmal zur Schau, verhält sich widerlich und menschenverachtend.
Aber eben auch saudumm.

Da ich in Dresdens Partnerstadt Hamburg lebe, wird man mir verzeihen, wenn ich über das hiesige Zusammenleben mit Ausländern berichte. Hamburg hat nämlich einen ZEHNMAL HÖHREN MIGRANTENANTEIL  in der Bevölkerung.
So müssen sich die schlimmsten Alpträume der Dresdner Pedigree-Marschierer anfühlen.
Wie hält die Hamburger Bevölkerung das nur aus?
Nun, recht gut offenbar.

Weltoffen und tolerant, so sieht sich Hamburg gern. Doch wie sieht es im alltäglichen Miteinander der verschiedenen Kulturen aus? Wie stehen Migranten und Nicht-Migranten zueinander? Und wo gibt es Vorbehalte und Probleme? Erstmals wurde im Auftrag der Sozialbehörde eine repräsentative Bevölkerungsstudie zu diesem Themenkomplex in Auftrag gegeben. […]   Von den 1021 telefonisch befragten und 146 persönlich interviewten Menschen, die an der Studie „Zusammenleben in Hamburg“ teilnahmen, gaben beeindruckende 98 Prozent an, sich in ihrem Stadtteil und in Hamburg generell wohlzufühlen. 90 Prozent finden, dass Deutsche und Zuwanderer in ihrem Stadtteil gut miteinander auskommen.
[…] Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) zeigt sich insgesamt froh über die Ergebnisse der Studie. „Sie zeigt auch, dass die Durchmischung der Bevölkerung von 94 Prozent der Bewohner begrüßt wird. Das ist auch vor dem Hintergrund einer anhaltend hohen Zahl ankommender Menschen ein gutes Zeichen.

Bei den Pediga-Dresdnern haben Fakten keine Chance. In dem Bundesland mit den wenigsten Migranten und von denen auch noch die wenigstens Muslime sind, laufen sie zu Zehntausenden mit vollgeschissenen Hosen durch die Hauptstadt und jammern ob ihrer Überfremdungsängste.
So wird die menschenverachtende Grundeinstellung vieler Sachsen offenbar. Sie wollen den großen ökonomischen und kulturellen Nutzen der Migranten nicht wahrhaben und sind ohnehin nicht für mitmenschliche Argumentationen offen. Daß in mit deutschen Waffen geführten Kriegen Millionen Menschen flüchten und unfassbares Leid ertragen, ist den Pedigas egal.

Mit der PEGIDA-philen Taktik richtete Tillich die so stolze Sachsen-CDU, die in den 90er Jahren mühelos weit über 50% der Stimmen holte zu Grunde.
[….] Tillich, schon seit fast einem Jahrzehnt Ministerpräsident, hat in Sachsen ja seit fast einem Jahrzehnt genau das getan, was die Seehofers und Spahns empfehlen: Er hat die rechte Rhetorik so hingebungsvoll gepflegt („Deutschland muss Deutschland bleiben“), er hat sich die Masche, alle kritischen Geister als linksgrüne „Gutmenschen“ zu verunglimpfen, so sehr zueigen gemacht, dass seine CDU nicht als Alternative zur AfD dastand, sondern als deren blässlicher Abklatsch. [….]

1990 erzielte die CDU in Sachsen 53,8%, 1994 sagenhafte 58,1% und 1999 noch 56,9%
Der Tiefpunkt war am 24.09.2017 bei den Bundestagswahlen erreicht. Tillichs CDU kam auf 26,9%, Platz Zwei hinter der AfD.

Heute also der angekündigte Rücktritt Tillichs.
Zeit wird es, denn er ist ein sehr schlechter Ministerpräsident.

[….]   In Sachsen herrscht längst ein Lehrermangel, der so absehbar war wie er sich weiter dramatisieren wird. Die Kultusministerin ist gerade erst zurückgetreten. Auch aus fast allen anderen Ressorts kommen laute und leise Klagen über die Knauserigkeit des CDU-geführten Finanzministeriums. Dass im oft als Wirtschaftswunderland beschriebenen Sachsen viele Jahre zwar in Straßen und Gebäude investiert worden ist, jedoch zu wenig in Köpfe und Herzen, ist fast Konsens - dass Sachpolitik sich hier aber ändert, ist noch nicht absehbar. Diese offenen Baustellen werden maßgeblich eingehen in Tillichs Bilanz, ganz gleich, was bis zum Ende seiner Amtszeit im Dezember noch passieren wird. [….]

Aber was nun, wird Sachsen endlich liberaler, setzt sich endlich für den Schultz von Migranten ein und geht gegen den braunen aggressiven Mob auf den Straßen vor?

Das Gegenteil wird wohl der Fall sein.
Sachsen bleibt das Bundesland der Schande.

[….] Über Jahrzehnte hat sich eine fremdenfeindliche Stimmung entwickelt, die sich mit der Flüchtlingskrise aggressiv entlud: in Freital, Clausnitz, Bautzen, Heidenau. Kritik begegnete die CDU-Führung mit trotzigem Stolz auf das Bundesland. Schuld seien vor allem die Medien, die Sachsen als braunen Fleck verunglimpften, hieß es. Diskussionen schienen unmöglich. Perfekter Nährboden für eine rechtsradikale Partei wie die AfD.
2019 sind Landtagswahlen in Sachsen. Pessimisten vermuten, dass die AfD stärkste Kraft werden könnte, ja sogar die absolute Mehrheit erringt. Andere hoffen angesichts dieses Gruselszenarios auf eine Neuausrichtung der CDU.
Tillich, weniger ehrfürchtig auch "Teflon-Tillich" genannt, hatte nach der Bundestagswahl eine mögliche Richtung vorgegeben: Deutschland müsse Deutschland bleiben, sagte er in einem Interview und dachte offen über einen möglichen Rechtsruck nach. Viele Parteifreunde in der sächsischen CDU unterstützten ihn. Dabei gilt Tillichs CDU bereits als rechter Landesverband innerhalb der Union. Eine sächsische CSU, wenn man so will, deren Anhänger sich klar gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel und deren Flüchtlingspolitik stellen. [….]

Sachsens CDU will also dem Beispiel Österreich folgen, zu Nord-Ungarn werden.
Dafür spricht insbesondere der auserwählte Nachfolger, der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer, der just sein Bundestagsmandat verlor.
Der Partei-Erneuerer soll also ein abgewählter Rechtsaußen sein, der gruseliges Anti-Ausländer-Vokabular propagiert.
Immer wenn es in den letzten Jahren richtig widerlich braun wurde am rechten CDU-Rand, mischte der designierte Sachsen-MP Kretschmer mit.

Die sächsische Union will in der Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen und Asylrecht mit »klaren Positionen« punkten. Eine davon: CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer warf den Landesregierungen in Thüringen und Schleswig-Holstein vor, mit dem dort praktizierten Abschiebestopp in den Wintermonaten einen »Rechtsbruch« zu begehen, »der die Aufnahmebereitschaft gefährdet«. Für die Union stehe fest, dass die Ausweisungsverfahren beschleunigt werden und Menschen ohne Rechtsanspruch Deutschland wieder verlassen müssten, gibt die Nachrichtenagentur dpa Kretschmer wieder.

(…..) Da die CSU also gerade wieder einmal nichts Sinnvolles zu tun hat, besinnt sie dich auf das einzige, das ihr in den letzten Jahren wirklich gelungen ist: Als xenophobe Rechtsaußen Ressentiments gegen alle Ausländer zu schüren und damit die AfD stark zu machen.
Gerade gibt es einen neuen Vorstoß als Wahlhelfer der Nazis.
CSU und Sachsen-CDU leckten devot den von Frauke Petry hingekotzten Begriff des „Völkischen“ auf.

[….] CSU und Sachsen-CDU preisen "Heimat und Patriotismus" als "Kraftquelle"   Vertreter von Sachsen-CDU und CSU stellen einen "Aufruf zu einer Leit- und Rahmenkultur" vor.
[….]  Drei Seiten ist das Papier lang. Nach dem Wunsch der Autoren soll es der Auftakt für eine neue Leitkultur-Debatte in Deutschland sein. Verfasst haben es Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU), der Generalsekretär der Sachsen-CDU, Michael Kretschmer, Sachsens Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU), der Chef der CSU-Grundsatzkommission, Markus Blume, sowie der Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Reinhold Bocklet (CSU). [….] Die Autoren preisen "Heimat und Patriotismus" als "Kraftquelle" der Gesellschaft. [….] Eigentlich hat die Sachsen-CDU derzeit drängendere Probleme als eine neue Leitkultur-Debatte - die sächsische Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla steht gerade wegen ihres Umvolkungs-Tweets in der Kritik. Und Kudlas Kollegin Veronika Bellmann hat mit der Bemerkung, die CDU dürfe Koalitionen mit der AfD nicht ausschließen, für erheblichen Unmut gesorgt. [….]

Die CSU versteht sich nach wie vor als die christliche Partei, die durch ihre kirchliche Orientierung in einem diametral entgegengesetzten Verhältnis zu den gottlosen Linken steht. (…..)

Bei Thomas de Maizière herrschen klar vordemokratische Zustände, die Rechtsextreme aller Art ermutigen.

 [….] Im Freistaat ist der Boden für die Feinde der Demokratie, für Ausländerhass und Toleranz von Vorurteilen so gut wie kaum anderswo in Deutschland. Dresden ist die Hauptstadt der Pegida-Bewegung, unter Pegida wurde den Ruf der Montagsdemonstranten "Wir sind das Volk" von der basisdemokratischen zur völkischen Parole. [….] Auch Tillich ist ein Grund für diese Entwicklungen. Nachdem Bundespräsident Christian Wulff und Kanzlerin Angela Merkel schon vor Jahren betontet hatten, der Islam gehöre zu Deutschland, widersprach Tillich 2015 seinen Parteikollegen und sagte, der Islam gehöre nicht zu Sachsen. Das stärkte das Selbstbewusstsein der Freistaatsbewohner gegen "die da in Berlin" und lockte zugleich Pegida aus den Löchern. Tillichs Innenminister Markus Ulbig sprach sich für eine Sonderbehörde von Polizei und Justiz für kriminelle Ausländer aus. Und Sachsens CDU-Generalskretär Michael Kretschmer übernahm auf Twitter jüngst den Duktus der Ausländerfeinde: "800.000 Flüchtlinge – das sind zu viele". Der Resonanzboden begann stärker zu schwingen. [….]

Wenn man einen Mann aus so einem Sumpf zum Bundesinnenminister und Verfassungsminister macht, muß man sich nicht wundern, wenn nichts klappt, Frau Merkel!

Michael Kretschmar ist sogar so schäbig, daß er die (zu wenigen) anständigen Sachsen, die sich den Nazis entgegenstellen angreift und als Nestbeschmutzer bepöbelt. Kretschmar stets auf Seiten der rechten Täter und stellt sich gegen deren Opfer.

(…….) SPD-Integrationsministerin Petra Köpping schämt sich öffentlich für ihr eigenes Volk – aber so wird den Deutschen das Thema emotional nicht nahe gebracht.
Auch Sachsens SPD-Chef und stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig ist ein Guter.

Inzwischen kennt man seine ganze Familie.
Susann Dulig, Martin Duligs Frau, brach sogar in Tränen aus, als sie am 03.10.2016 auf die grölenden Nazis bei der Einheitsfeier traf.

Mehrere tausend Menschen sind am Montagabend dem Aufruf der Gruppe „Herz statt Hetze“ zu zwei Demos durch Dresden gefolgt. [….] Viel Applaus erhielt auch Susann Dulig, Ehefrau des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD). Sie musste am 3. Oktober durch das Hassspalier am Neumarkt und war damals den Tränen sehr nahe. Sie schäme sich dafür nicht, so Dulig am Montagabend. Sie schäme sich aber dafür, wie Gäste der Stadt am 3. Oktober empfangen wurden. [….]
(DNN 17.10.2016)

Auch der Sohn des stellvertretenden MP, Johann Dulig, ist gegen Rechtsradikalismus engagiert und wurde daher schon selbst Opfer von Nazi-Angriffen, als er gegen die Nazi-Terrorgruppe „Bürgerwehr FTL“ (FTL=Freital) demonstrierte.

Dulig jun. war einer der Insassen jenes Autos, das von Asylgegnern aus Freital mit einem Baseballschläger angegriffen worden war. Diese Attacke hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, nicht nur wegen des direkten Angriffs, sondern weil es um das Reizthema Freital ging – rassistische Hasstiraden von Asyl-Gegnern inklusive.
Johann Dulig, der für die SPD im Meißener Kreistag sitzt, hatte damals über den Kurznachrichtendienst Twitter zu Gegenprotesten aufgerufen. „Heute wieder“, hatte er geschrieben, „wer Zeit hat, kommt und stellt sich den Rassisten entgegen“. Und natürlich war er auch selbst nach Freital gefahren. Am späten Abend passierte es dann auf der Rückfahrt nach Dresden. Zwei Autos hängten sich an den Pkw, in dem Dulig jun. saß. An einer Tankstelle bereits in der Landeshauptstadt folgte die Attacke der Asyl-Gegner. Ein Mann schlug mit dem Baseballschläger auf die Frontscheibe des Autos ein, ein Insasse wurde dabei leicht verletzt. […]

Die Ermittlungen gegen den Anschlag auf die anständigen Sachsen um Johann Dulig wurden im CDU-Justiz-Sumpf Sachsens so lange verschleppt und verzögert, bis im April 2016 der entnervte Generalbundesanwalt den Sachsen das Verfahren entzog, selbst ermittelte, die GSG9 schickte und 16 Mitglieder der „Bürgerwehr FTL“ wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung anklagte.

Schon damals hätte der sächsische Justizminister längst zurücktreten müssen.

Wieso bleibt der anständige Martin Dulig Mitglied der sächsischen CDU-SPD-Regierung?

Er kritisiert seinen Chef und seine Ministerkollegen deutlich.

Sachsens SPD-Chef und stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig sieht in seinem Land ein "qualitatives Problem in den Führungsebenen". Man könne einen Bogen schlagen "von den fremdenfeindlichen Vorkommnissen in Heidenau, Bautzen und Dresden hin zu den Fehleinschätzungen in der JVA Leipzig", sagte Dulig im Interview mit dem stern. Zu lange habe im Freistaat gegolten: "Politische Fehler gibt es in Sachsen nicht." Probleme würden oft verharmlost. Er wolle nicht, dass man sich im Fall des toten Syrers in der JVA Leipzig hinter vermeintlich fehlenden Erfahrungen mit Terrorverdächtigen verstecke. Es gehe vielmehr um die Frage, "inwieweit demokratische Grundprinzipien in der Führung von Polizei und Ordnungsbehörden eine Rolle spielen". [….]

Die völlig verkommene Nazi-freundliche Sachsen-CDU ist natürlich empört. Er laufe alles prima und man habe nichts zu kritisieren.
Kritik dürfe man gar nicht äußern als Regierungsmitglied. Sachsen-Omerta.

Dulig "schadet unserem Land durch sein Auftreten", sagte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Mit einem solchen Generalverdacht gegenüber der Polizei und Justiz isoliert sich Martin Dulig." Wenn er ein so großes Misstrauen gegenüber den Beamten und Angestellten des Freistaates hege, "wie kann er auf Dauer mit diesem Konflikt zurechtkommen?" Von einem Staatsminister dürfe man "ein Mindestmaß an Loyalität gegenüber der Gesellschaft erwarten", sagte Kretschmer. [….]

Dulig gibt die richtige Antwort, sagt mutig, „Ja, ich bin ein Nestbeschmutzer!