Sonntag, 27. Juli 2014

Der Christ des Tages Teil LXXIX



Seit Jahrzehnten lese ich jeden Tag ziemlich viel und so sollte sich eigentlich einiges Wissen in meinem Kopf angesammelt haben.
Heute erklärte mir jemand etwas über das Formel1-Rennen in Ungarn.
Und da sieht man mal wieder wie viel man ausklammert, obwohl man doch rund um die Uhr nach Informationen giert.
Aber es gibt doch auch jede Menge Zeugs, das einen nicht interessiert, das man auch bewußt nicht lernt.
Ich weiß nichts über Fußball, nichts über Formel1, nichts über Computerspiele, nichts iPhones und Tablets, mir ist Rap-Musik ein Buch mit sieben Siegeln, ich habe noch nie Comics gelesen oder Zeichentrickfilme gesehen. Ich verstehe nichts von Wein, von Golf, von Briefmarken oder Motorrädern. Im Hamburger Abendblatt war mal ein Allgemeinwissentest für die heutige Jugend. Da habe ich völlig versagt, weil auch nach Handlungssträngen und Schauspielern in den Daily Soaps gefragt wurde. Was weiß ich wer in der Lindenstraße oder bei GZSZ mitspielt?
Dabei weiß ich andererseits nicht nur die üblichen Dinge (Politik, Religion, Geschichte, Naturwissenschaft), sondern habe durchaus auch einige sehr exotische Fachgebiete wie mechanische Herrenarmbanduhren und Sumo.

Wenn ich mal Smalltalk mit mir nicht näher Bekannten führen muß (was glücklicherweise selten vorkommt), ist man schnell bei einem weiteren meiner Manko-Themen: Kinofilme.
Ich war über 20 Jahre nicht im Kino und habe mir noch nie einen Videofilm ausgeliehen (die nennen das heutzutage DVD, glaube ich…). Ich habe noch nie einen Videothek von innen gesehen.
Daher ist mein Wissen über Schauspieler und deren amouröse Verwicklungen auch sehr rudimentär.
Dabei gibt es durchaus Filme, die ich ganz großartig finde und schon viele male gesehen habe.
A Foreign Affair (1948), The Cat On A Hot Tin Roof (1958), Harold and Maude (1971), Cabaret (1972), Birdy (1984), Dead Poets Society (1989), Gilbert Grape (1993), Good Will Hunting (1997) und Gattaca (1997) würde ich spontan als meine Lieblingsfilme nennen.
Dabei spielen mit Robin Williams in Dead Poets Society/ Good Will Hunting und Leonardo di Caprio in Gilbert Grape sogar Schauspieler mit, die ich eigentlich überhaupt nicht leiden kann.
Eigentlich beurteile ich Film und Fernsehen durchaus nach meiner Sympathie, bzw Antipathie für die Schauspieler. Ich gucke daher prinzipiell keine Machwerke mit Vroni Ferres, Til Schweiger, Maria Furtwängler oder Reese Witherspoon, weil die unerträglich sind.
Umgekehrt gibt es Schauspieler, die (zumindest in ihren reiferen Jahren) eigentlich nur noch hochqualitative Dinge machen. Alle Romy Schneider Filme ihrer letzten 15 Jahre sind gut.
Und es gibt Schauspieler, die mir aus irgendwelchen persönlichen Gründen zutiefst unsympathisch sind, wie zum Beispiel Tom Cruise (Scientology) oder diejenigen Amerikaner, die sich für die GOP einsetzen (Chuck Norris, Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone, Lindsey Lohan, Britney Spears, Kid Rock, Kelly Clarkson oder Adam Sandler, ..)
Die sympathischeren Typen sind glücklicherweise alles überzeugte Bürgerrechtler, die sich massiver als in Deutschland denkbar für die linkere Seite einsetzen: Ethan Hawke, Susan Sarandon, Tim Robbins, Barbra Streisand, Sean Penn, etc.

Keine Meinung habe ich zu Keanu Reeves. Über den weiß ich einfach zu wenig, außer daß er spätestens mit den Matrix-Filmen offenbar zu einem der ganz großen Stars wurde. Nach meinem (flüchtigen) Eindruck spielt Reeves immer Reeves. Immer mit dem gleichen Gang und dem gleichen Gesichtsausdruck.

Aber einmal fiel er mir sehr positiv auf.
Es ging um den hysterischen Tom Cruise, der wieder einmal jemanden verklagte, der behauptete er sei in Wahrheit schwul.
Das mag der steinreiche Scientologe gar nicht und setzt sofort eine Armada von Anwälten in Gang.
1995 wurde auch Reeves als schwul „geoutet“, weil er sich offenbar regelmäßig mit dem (offen schwulen) Produzenten David Geffen zum Essen traf.
Auf die Frage wieso er nicht juristisch gegen solche Rufschädigungen vorgehe, antwortete er damals – und das ist immerhin 20 Jahre her – daß er nur Klage einreiche, wenn er beleidigt werde und „schwul“ sei für ihn keine Beleidigung.
Eine recht souveräne Antwort, wie ich finde.

Der Christ des Tages Nummer 79 sieht das ganz anders. Für ihn ist die Unterstellung schwul zu sein die schlimmste Demütigung, die es überhaupt gibt.
Giuseppe Nardi flippt regelrecht aus, wenn sein liebster Mann für schwul gehalten wird. SEIN Jesus.
Giuseppe Nardi kennt Ihr nicht? Macht nichts, erklär‘ ich Euch:
Nardi ist der Betreiber von „Katholisches.info“, des Quasi-Nachfolge-Blogs  Kreuznets.
Daß die braunen Bastarde vor zwei Jahren abgeschaltet haben, passte Nardi gar nicht.

Giuseppe Nardi konnte seine Wut vergangene Woche nur mühsam kaschieren. "Wildgewordene Homosexuellenaktivisten" hätten zur "Treibjagd" geblasen, an deren Ende es den Jägern gelungen sei, die Internetseite kreuz.net zu erlegen. Die "Homo-Verbände", schäumte er, würden nicht stoppen, ehe sie die gesamte katholische Kirche "in die Knie gezwungen" hätten.
Nardi gilt als Freund des Papstes, mit guten Beziehungen in den Vatikan. Er ist einer der Macher des Webportals katholisches.info, das die Arbeit der Kirche kommentiert und Holocaust-Leugnern ein Forum bietet. In seiner Polemik reagierte er auf die Einstellung von kreuz.net angesichts des massiven gesellschaftlichen Drucks. Seit 1. Dezember ist die Seite, die zu den populärsten nichtoffiziellen Adressen rund um die katholische Kirche zählte, offline. Dazu beigetragen hat die Enttarnung mehrerer Aktivisten des klandestin betriebenen Hetzportals.
Wer glaubt, der aggressiven, homophoben und antisemitischen Szene am rechten Rand der katholischen Kirche sei damit der Boden entzogen, irrt jedoch. Diverse kreuz.net-Schreiber haben auf anderen Internetseiten bereits eine neue Heimat gefunden. Offensichtlich wird damit, dass kreuz.net kein Einzelphänomen war - und wie eng manche kirchlichen Traditionalisten mit der weltlichen radikalen Rechten verbunden sind.

Der SPIEGEL-Journalist für die katholische Tradi-Szene übertreibt nicht. Der Christ des Tages 79 ist ebenso wie die meisten stramm rechten Katholiban regelrecht besessen von Homosexualität und Analverkehr.
Er ist quasi der Anti-Reeves und regt sich darüber so fürchterlich auf, daß man ihm wünschen muß sich stets in der Nähe eines Defibrillators aufzuhalten.
Psychologen werden eine wahre Freude an ihm haben.

[…] Nun ist die denkbar ungünstige Optik entstanden, als würde Deutschlands Kirche nach der Pfeife der Homosexuellenverbände tanzen. Diesen war kreuz.net wohl schon immer ein Dorn im Auge. Als die Seite schließlich noch das Doppelleben des katholischen Religionslehrers und Theologen David Berger aufdeckte, fand sich eine seltsame Allianz mit dem Bruno Gmünder Verlag zusammen, um eine Treibjagd gegen die Phantomseite zu starten. Wer sich die Mühe macht, die Internetseite des Bruno Gmünder Verlags zu besuchen, braucht als Christ einen wirklich guten Magen, um so viel Abstoßendes zu ertragen.
Umso befremdlicher ist es, daß die deutsche Bischofskonferenz durch den Mund ihres Sekretärs sofort in dasselbe Jagdhorn blies, als die Homo-Aktivisten David Berger und Bruno Gmünder dort vorstellig wurden und sich über die Schmuddelseite empörten. […] Die wegen kreuz.net wildgewordenen Homosexuellenaktivisten haben mit der katholischen Kirche und der katholischen Glaubenswahrheit nichts am Hut. Ihr Kampf gegen kreuz.net ist letztlich ein Kampf gegen die katholische Morallehre. Dies nicht zu erkennen, ist die bedenklichste Begleiterscheinung der jüngsten Treibjagd. Wer meint, daß die Jagdgesellschaft durch die erlegte Trophäe milde gestimmt werden könnte, macht die Rechnung ohne den Wirt.
Jene, die sich heute am lautesten über kreuz.net empören, werden morgen nicht mit der Wimper zucken, mit denselben Methoden und Parolen samt Kopfgeld dieselbe Treibjagd gegen den Papst zu inszenieren oder einen beliebigen Bischof oder ein katholisches Medium, wenn diese es wagen sollten, die katholische Lehre zur Sünde der Homosexualität in Erinnerung zu rufen.
Die jüngsten Ereignisse lassen ein gesellschaftspolitisches Projekt erkennen, in dem die Jagd zum Erlegen von kreuz.net nur eine Etappe bei dem Versuch darstellt, sukzessive ein Homo-Diktat durchzusetzen. Ein Meinungszwang, der gegen mißliebige Meinungen genauso mit dem Strafrecht arbeitet, wie mit sozialer und gesellschaftlicher Ächtung. […]

Nach dem Verlust von Kreuznet, muß der arme Nardi den nächsten Schlag einstecken. Es gibt nämlichen Menschen, die behaupten Jesus, der sich mit 12 Männern und keiner einzigen Frau umgeben hatte und zudem einen ausdrücklichen „Liebling“ unter ihnen hatte, könnte schwul gewesen sein. Wir kennen diesen Mann aus der Passionsgeschichte als „den Jünger, den Jesus liebte“ und daher in eifersüchtiger Konkurrenz zu Petrus stand. (zum Beispiel Joh 21,2–20 EU).
Nur drei Jahre nachdem der amerikanische Forscher Michael Ruse diese These im Guardian veröffentlichte, stößt auch Nardi auf diese Aussage und bekommt einen akuten Verfolgungsanfall.
Ich hoffe, der Christ des Tages Nr. 79 hat sein Riechsalz bereit stehen.

[…] Die Homo-Lobby hat wenig Skrupel und noch weniger Respekt vor den religiösen Gefühlen anderer. Der Volksmund empfiehlt bekanntlich, nicht mit den Genitalien, sondern mit dem Kopf zu denken. Doch die Gotteslästerung der Homo-Ideologen treibt immer radikalere Blüten. Es ist der Drang der jakobinischen Zwangsbeglücker, die Andersdenkende nicht ertragen.
[…]  Die Vorwürfe sind nichts anderes als Ausdruck der Wahrheitsleugnung. […]  Neuerdings wird Christus im Zuge des allgemeinen Homo-Hype zum „Homosexuellen“ umgedichtet. Die Ablehnung der Homosexualität als schwerwiegendes Verbrechen gegen Gottes Ordnung, wie es die Heiligen Schriften ohne wenn und aber lehren, sind für die Homosexualisierer von Staat und Gesellschaft ein Ärgernis. Ideologen begegnen dieser ständigen Anklage mit Spott und Verunglimpfung bis hin zur Gotteslästerung.
[…]  Erstaunlich war vor allem die Reaktion jener, die an der schändlichen Verunglimpfung des Gottessohnes im Staatsfernsehen nichts Schlimmes erkennen wollten. Noch erstaunlicher die Reaktion jener, die mit Feuereifer darauf beharrten, daß Jesus Christus homosexuell, ja sogar ein bekennender Homosexueller sei.
[…] In Ruses niederträchtigen Phantasien war nicht nur Jesus ein Homosexueller. Vielmehr habe der Gottessohn sich nur mit Homosexuellen umgeben. Die Apostel seien eine Homo-Gemeinschaft gewesen, die untereinander nicht durch die Wahrheit, sondern durch widernatürliche Befriedigung verbunden waren. Als Beleg führt der Biologiephilosoph den Hinweis im Evangelium an, daß Johannes, der Jüngste der Apostel, Jesu „Lieblingsjünger“ war. In dieser Vision, begeisterte sich Ruse, werde auch verständlich, warum Jesus von den Aposteln verlangte, mit ihren Familien zu brechen. Das sei die Aufforderung gewesen, sich seinem homosexuellen Lebensstil anzuschließen.
[…] Für Ruse ist das Christentum, vor allem aber die Katholische Kirche damit letztlich ein homosexueller Geheimbund. Je höher die kirchlichen Würdenträger, desto tiefer ihre Initiation in den geheimen, innersten homosexuellen Zirkel.
Man könnte über solche Spintisierereien lachen, würden sie nicht Gott beleidigen, ebenso wie die Gottesmutter, die Kirche und die Heiligen. Und würde die These nicht von einem in manchen Kreisen hochgeschätzten amerikanischen Universitätsprofessor in einer der ältesten britischen Tageszeitungen, von Protestanten 1821 gegründet, vertreten. Doch zu lachen ist einem nicht zumute, anhand der skrupellosen Überschreitung jeder Grenze des Anstandes und der intellektuellen Redlichkeit.
[…] Der Homosexualismus scheint auf kultureller Ebene in die antichristlichen Fußstapfen des Marxismus zu treten. Er tut dies mit derselben Machtlogik, die sich im Sinne Gramscis der kulturellen Hegemonie bemächtigen will. Das erklärt vielleicht, warum die Homo-Ideologie, ganz unabhängig ob von Homosexuellen oder heterosexuellen Homophilen vertreten, vor allem in jenen Kreisen anzutreffen ist, die bis vor kurzem marxistisch, neomarxistisch oder kryptomarxistisch ausgerichtet waren. Für die USA gilt das auch für die einst trotzkistische Richtung der „Liberalen“.[…]

Ja, das stimmt.
Die in Deutschland geouteten Homoperversen sind allesamt bekannt als „bis vor kurzem marxistisch, neomarxistisch oder kryptomarxistisch ausgerichtet“
Guido Westerwelle ist ja schon lange als Kommunist bekannt. Genau wie der schwule ehemalige Bürgermeister von Hamburg Ole von Beust oder der jetzige CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich.
Ebenfalls stramme Marxisten sind der gesundheitspolitische Sprecher der CDU Jens Spahn und der designierte Erika Steinbach-Nachfolger Bernd Fabritius (CSU), weil der BdV ja als stramm linkssozialistische Gruppierung bekannt ist. 

Oh Nardi, hättest Du die Souveränität eines Keanu Reeves, würde man Dich vielleicht sogar ernst nehmen.

Samstag, 26. Juli 2014

Rekrutierungen


Große multiethnische Staaten, die einmal auf gewaltsame Weise zusammen gefügt wurden, „funktionieren“ im Inneren oft nur Konflikt-frei, wenn eine extrem starke Zentralgewalt jede aufkommende Unruhe sofort erstickt.
So etwas kann viele Jahrzehnte halten. Wir haben das in Jugoslawien, der Sowjetunion, Libyen oder dem Irak erlebt.
Setzen bei solchen Quasi-Diktaturen demokratische Prozesse ein, oder wird die Zentralgewalt von außen destabilisiert, ist das Chaos vorprogrammiert.
Demokratie ist in der Theorie eine schöne Sache, aber wenn man damit große auseinanderdriftende Staaten befrieden will, steht man quasi mit bloßen Händen einer Horde wilder Grizzlys gegenüber.
Mit Parteien und Rechtsstaat lassen sich die Konfliktparteien in Ägypten, dem Sudan oder Kongo nicht zur Raison bringen.
Dabei sind Religioten natürlich mit Abstand am Gefährlichsten.
Wer sich Gott auf die Fahnen schreibt und damit loszieht, um die Un- oder Andersgläubigen niederzumachen, ist für Vernunft nicht zugänglich.
Solche Gruppen können nur mit der ganz groben Knute regiert werden.

Diese Erkenntnisse sind weltweit gültig und immer wieder bestätigt worden.
Nur mit extremer Dummheit und Selbstüberschätzung ist es möglich wie 2003 die Klammern Saddam und Baathpartei aus dem Irak zu sprengen und dann anzunehmen Schiiten, Kurden, Christen und Sunniten fielen sich glücklich gegenseitig in die Arme und paradiesische Zustände kehrten ein.

Ich staune nach wie vor, daß eine gesamte US-Administration, Tony Blair, Berlusconi, Aznar, Merkel, Schäuble und Pflüger tatsächlich vor einer Dekade so sagenhaft dumm sein konnten.

Der ägyptische Diktator Mubarak garantierte für die Sicherheit von 6-10 Millionen Christen (vor allem Kopten).

Unter Saddam Hussein waren 650.000 Christen im Irak geschützt.

Ein Treppenwitz der Geschichte, daß das wahabitische Saudi-Arabien der engste Verbündete des Westens ist und vom Lichtjahre demokratischeren und säkulareren Irak verlangt wird eine Demokratie zu etablieren.

In Saudi Arabien heißt es Rübe ab, wenn man nur einen Bibel besitzt.
Tarek Aziz, in Mossul geboren und Angehöriger der chaldäisch-katholischen Kirche war von 1983 bis 1991 Außenminister sowie von 1979 bis 2003 Vizepremierminister des Irak, sowie der engsten Berater von Saddam Hussein.

Unter Assad konnten sogar rund zwei Millionen Christen friedlich in Syrien leben.
(Melkitische Kirche mit Patriarch Youhanna X., Armenische Apostolische Kirche,  Syrisch-Katholische und Griechisch-Katholischen Kirche,  syrisch-orthodoxe Gemeinden, Assyrische Kirche, Chaldäische Kirche, Maroniten, verschiedene protestantische sowie römisch-katholische Gemeinden.)
Saddam wurde aber Opfer des von Washington bestimmten „Regime-Change“; mit Assad wird das Gleiche versucht.
Und dann kamen Muslimbrüder, demokratisch gewählte Schiitenregierungen und die ISIS.
Genau wie es schon vor 2003 jeder vorausgesagt hatte, der sich in der Gegend auskennt. Peter Scholl-Latour verließ seinerzeit die TV-Studios gar nicht mehr und erklärte über Wochen und Monate was passieren würde, daß die Christen dann wohl massakriert würden oder fliehen müßten.
Nun, da die Zukunft, die kommen mußte, gekommen ist, jammern die Irakkriegsbefürworter in der CDU.

In der biblischen Stadt Ninive, dem nordirakischen Mossul, leben vermutlich keine Christen mehr. Wo einst der Prophet Jona wirkte und seit 1600 Jahren christliche Gottesdienste gefeiert wurden, herrscht das Terrorregime der Dschihadisten. Mit beispielloser Gewalt gehen die Söldner des "Islamischen Staates" (IS) gut 360 Kilometer von Bagdad entfernt gegen religiöse und ethnische Gruppen vor, die nicht in ihre Hassideologie passen. Christen, Schiiten oder Turkmenen müssten mit "grausamen Menschenrechtsverletzungen" rechnen, warnte jetzt Rita Izsak, Uno-Sonderberichterstatterin für Minderheiten.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) reagiert mit großer Besorgnis auf die Nachrichten von ihren ökumenischen Partnern im Irak. [….]  Verschärft hatte sich die Lage für die religiösen Minderheiten erneut vor wenigen Tagen. Wie die christliche Hilfsorganisation Open Doors berichtet, stellten die radikalen Islamisten den Christen in der Drei-Millionen-Metropole Mossul ein Ultimatum: "Sagt eurem Glauben ab und werdet Muslime oder verlasst ohne allen Besitz die Stadt! Andernfalls bleibt euch nur der Tod durch das Schwert." Darüber hinaus wurden die Häuser der Christen mit dem arabischen N-Buchstaben gekennzeichnet. N steht für "Naseriten" bzw. "Nazerener" und ist die islamische Bezeichnung für Christen. Kirchliche Beobachter gehen davon aus, dass daraufhin fast alle der verbliebenen 3000 Christen die Flucht in die kurdischen Gebiete ergriffen hätten. Ihre Häuser seien danach von der Terrormiliz geplündert worden. Lebten im Jahr 2003 noch rund 50.000 Christen in der zweitgrößten irakischen Stadt, so dürfte es jetzt fast keiner mehr sein. Die Bischöfe im Nordirak berichten inzwischen von zerstörten Kirchen, Klöstern, Handschriften und Reliquien. [….]

Ich bin nicht sicher, ob es nach dem Sturz des Talibanregimes, des Saddam-Regimes, des Gaddafi-Regimes oder des Mubarak-Regimes unausweichlich war, daß ausgerechnet derart grausame Sunniten Macht erlangten.

Aber NATO und insbesondere die USA haben in den vergangen zehn Jahren auch alles getan, um den Hass auf den Westen zu schüren. Für Differenzierungen bleibt da kein Platz mehr – aus Sicht der ISIS gibt es zwischen Christen, Juden und „dem Westen“ keine großen Unterschiede. Umgebracht gehören alle.

Abu Ghraib, Guantanamo, Baghram und immer, immer wieder „Kollateralschäden“. Unzählige Berichte von „versehentlich“ gekillten Hochzeitsgesellschaften, Kindergartenklassen und Flüchtlinge haben das Rekrutieren von ISIS-Kämpfern leicht gemacht.

„Früher“, zu Saddams, Mullah Omars, Mubaraks Zeiten war es wenigstens sicher.

Mit den Amis in der Luft ist alles anders. Das schürt den Hass auf „den Westen“ und „die Christen“.
Ali Al-Qawli war ein passionierter Lehrer aus der Provinz Sanaa in Jemen. Er war 34 Jahre alt, ein optimistischer und humorvoller Mann, der in dreizehn Jahren nicht einen Arbeitstag an seiner Schule verpasst hatte. Er glaubte an Freiheit und Frieden in seinem Heimatland. 2011 war er in der jemenitischen Revolution gegen den damaligen Präsidenten Saleh aktiv. Am 23. Januar 2013 wurde er getötet, zusammen mit seinem Cousin Salim, von einer amerikanischen Drohne.
Ali und Salim unterhielten nebenher einen privaten Taxiservice, die Familie war arm, das brachte ein bisschen Geld. An diesem 23. Januar nahmen sie zwei Männer in ihrem Auto mit. Sie kannten sie nicht und hatten sie noch nie zuvor gesehen. Dann schlug die Rakete ein. Niemand weiß, wer das Ziel des Angriffs war, der Ali, den Lehrer, tötete. Er war unschuldig, dies bestätigte später das jemenitische Innenministerium. Sein ausgebrannter Toyota Hilux steht noch am Wegesrand, ein Mahnmal für einen Tod, der in der Logik der US-amerikanischen Kriegsführung liegt.
Alis Familie wird nie herausfinden, warum er sterben musste. Sie werden wohl nie eine Erklärung und erst recht keine Entschuldigung für seinen Tod erhalten. Die Menschen in Jemen wissen nicht, wer das nächste Ziel eines Drohnenangriffs sein wird oder warum. Sie wissen nicht, wie sie sich und ihre Kinder schützen können. Hunderte Zivilisten sind bereits gestorben durch diesen geheimen Krieg, das Land lebt in paralysierender Ungewissheit.
[….]   Bis zu tausend Menschen sind seit 2002 in Jemen durch US-Drohnen ums Leben gekommen, vermutlich mehr als hundert von ihnen waren Zivilisten, darunter viele Kinder. In Pakistan sollen es Schätzungen zufolge seit 2004 sogar mehr als 3700 Tote sein, unter ihnen an die 200 Kinder. Der islamistische Terror ist dadurch nicht zurückgegangen. Die vielen zivilen Opfer haben im Gegenteil die Bevölkerung radikalisiert. Solange die US-Regierung sich weigert, jedwedes Detail über die Zielauswahl ihrer Drohnenangriffe zu veröffentlichen, bleibt der Eindruck: Wir alle sind gemeint.  [….]
(Katherine Craig, britische Anwältin, SZ vom 26.07.2014)

Man stelle sich vor Putin würde überall auf der Welt mit Drohnen tausende Zivilisten töten!
Dann wäre aber was los!

Freitag, 25. Juli 2014

Verschiedene Frontlinien



Nein, das läuft zwischen den Parteien der GroKo nicht nach dem Friede-Freude-Eierkuchen-Rezept.
Da gibt es durchaus bedeutende Gräben, wie ich kürzlich schon zeigte.
Es macht der SPD wirklich Spaß die Bayern zu triezen.

SPD führt Dobrindt bei der Pkw-Maut vor
Wie soll man es nennen, was die SPD mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Pkw-Maut macht? Spiel ohne Grenzen? Spiel stimmt, und tatsächlich ist die Freude der Sozialdemokraten, dass jetzt die CSU selbst über die Maut streitet, grenzenlos.
Aber eigentlich müsste es "Spiel mit Grenze" heißen, denn seit Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) Ausnahmen von der Pkw-Maut in grenznahen Regionen verlangt hat und dafür von CSU-Chef Horst Seehofer scharf gerüffelt wurde, seinen Vorstoß aber nicht zurücknahm, spielen SPD-Politiker in immer neuen Variationen mit dem Thema Grenze. Sie produzieren damit ein Diskussionschaos, in dem die Widersprüche des Dobrindt-Konzepts offenbar werden sollen. […]

Und auch der SPD-Chef, der es zunächst mit geräuschloser, seriöser Sacharbeit versucht hatte (und dafür vom Wähler abgestraft wurde), poltert nun mit breitem Rücken.
Zum Entsetzen der CDU und CSU schränkt er tatsächlich die deutschen Waffenexportgenehmigungen drastisch ein.

Seit Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister für Exportgenehmigungen zuständig ist, müssen selbst Skeptiker eingestehen: Es hat sich einiges verändert, der SPD-Chef hat die Rüstungsexporte tatsächlich eingeschränkt - damit bringt er nicht nur eine ganze Branche gegen sich auf, sondern auch die Union.
[….] Schon im Bundestagswahlkampf hatte die SPD angekündigt, im Fall einer Regierungsbeteiligung die Genehmigung heikler Ausfuhren deutlich restriktiver handhaben zu wollen als die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung. Nicht jeder hatte das den Sozialdemokraten abgenommen. Am Ende, meinten viele, würden die Genossen doch wieder eher als Industrie- denn als Friedenspartei agieren - zumal die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder zwar politische Grundsätze für den Rüstungsexport und ein gewisses Maß an Transparenz eingeführt hatte, ansonsten aber auch nicht immer zimperlich gewesen war, was die Empfängerländer anging. Doch seit SPD-Chef Gabriel als Wirtschaftsminister für Exportgenehmigungen zuständig ist, müssen die Skeptiker eingestehen: Es hat sich einiges verändert.
Kaum eine Woche vergeht jetzt ohne massive Klagen aus der Rüstungsindustrie, die Gabriel vorwirft, sie mit einer restriktiven Genehmigungspraxis Richtung Ruin zu treiben. Am Donnerstag vergangener Woche berichtete die ARD über einen Brief von mehr als 20 Betriebsräten von Rüstungsunternehmen, die "Planungssicherheit" forderten und warnten, es sei "kurz vor zwölf für einige Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie". Einen Tag später meldete die Nachrichtenagentur Reuters, nach Schätzungen aus der Industrie lägen im Wirtschaftsministerium mittlerweile um die 2000 Exportanfragen auf Halde - einigen Firmen stehe das Wasser "bis zum Hals".[….]  In der Union aber löst Gabriels Politik mittlerweile mehr als nur Grummeln aus. Die Rüstungsexportpolitik ist bereits jetzt Gegenstand eines handfesten Konflikts.
Vor knapp einem Monat bereits wandten sich neun Abgeordnete der Union in einem Brief an die Kanzlerin. Zur Einleitung heißt es darin, Gabriel habe "ohne Abstimmung eine Kehrtwende in der deutschen Exportpolitik eingeschlagen". Seine "Verhinderungspolitik" ziehe "weitreichende Verwerfungen" nach sich und führe "zu nachhaltigen Störungen der außenpolitischen Beziehungen". [….] "Wenn Gabriel seine restriktive und populistische Exportpolitik fortsetzt, wird er zum Totengräber der wehrtechnischen Industrie Deutschlands“ [….]

Ist natürlich ein bißchen blöd für Angie, weil sie einerseits die größte Waffen-Freundin und Lobbyistin seit 1949 ist, aber andererseits nicht gerne möchte, daß der Urnenpöbel das merkt.
Insofern ist ein offener Konflikt mit ihrem Vizekanzler nicht in ihrem demoskopischen Interesse.

Wenn die GroKo jedoch von der Opposition, oder sagen wir lieber „vom Oppositiönchen“ unter Beschuss genommen wird, schließen sich die Reihen.
Dann lautet die Frontlinie „Regierung gegen Linke“ (die Grünen haben sich ja schon seit der Wahl völlig aus der Bundespolitik verabschiedet und wissen außer antirussischen Vorurteilen nichts in die bundesrepublikanische Diskussion einzubringen.)
Gegen Gysis Leute hält man zusammen.

Der 22. Mai war kein guter Tag für den Bundesnachrichtendienst. Im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags sprachen drei ausgewiesene Experten des Verfassungsrechts – und alle drei gingen mit dem deutschen Auslandsgeheimdienst hart ins Gericht. Sie waren der Meinung, dass der BND verfassungswidrig operiere, weil es für die Überwachung der Telekommunikation im Ausland, wie sie der Auslandsgeheimdienst praktiziere, keine gesetzliche Grundlage gebe.
Diese drei Kritiker waren nicht irgendwer: Es waren Hans-Jürgen Papier, der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts; dazu sein früherer Richterkollege Wolfgang Hoffmann-Riem, ein Spezialist für das Kommunikationsrecht, und Matthias Bäcker, Öffentlichrechtler an der Universität Mannheim.
Was folgt aus dieser Kritik? Damit will sich die Bundesregierung derzeit nicht einmal befassen. Eine Anfrage der Fraktion der Linken zu den rechtlichen Grundlagen der Arbeit des BND wurde von der Regierung auf elf Zeilen, in geradezu beleidigender Kürze, abgewimmelt.
Das Thema ist ganz offensichtlich unangenehm: Letztendlich, so hatten die Sachverständigen im Untersuchungsausschuss des Bundestags nämlich gesagt, mache der BND nichts anderes als die NSA; sie waren der Meinung, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst verfassungswidrig operiere. […]  Also fragten die linken Abgeordneten ausführlich an, wie die Bundesregierung nun mit diesen Feststellungen der Verfassungsexperten umzugehen gedenke. Beobachter hatten deren Auftritt und deren Darlegungen immerhin als „Sternstunde der Juristerei“ bezeichnet. Elf detaillierte Fragen auf der Basis dieser Sternstunde legten also die Parlamentarier der Bundesregierung vor. […]
Die Antwort darauf ist keine Sternstunde; im Gegenteil. Die Fragen samt den umfangreichen Gutachten der Verfassungsexperten fallen quasi in ein schwarzes Loch. In nur elf Zeilen (Bundestagsdrucksache 18/2128) werden die Fragen abgebügelt. […]
(SZ vom 25.07.2014)