Mittwoch, 7. Mai 2014

Auf jeden Topf passt ein Deckel….


Der konservative Kolumnist Alan Posener ist schon richtig bei der WELT mit den Kollegen Broder und Matussek.
Ich schlage gelegentlich die Füße über dem Kopf zusammen, wenn ich seine politischen Ansichten lese.
Posener besticht allerdings durch eine zum Religiotismus reziproke Inselbegabung; er ist Atheist und betrachtet religiöse Führungsfiguren vorurteilsfrei und vernünftig.
Wenn man aber nicht durch die lila-farbige Religiotenbrille sieht, dann muß eine Figur wie der Evangelenheilige Martin Luther abstoßen.

"Wenn ich einen Juden taufe, will ich ihn an die Elbbrücke führen, einen Stein an den Hals hängen und ihn hinabstoßen und sagen: Ich taufe dich im Namen Abrahams!"
(Martin Luther, Tischreden)

Daß sich Deutschlands beliebteste Bischöfin so für Luther (1483-1546), einen der übelsten Antisemiten der Weltgeschichte, dessen eleminatorischer Juden-Ausrottungswahn Hitler inspirierte, begeistert, sollte eigentlich verwundern, verwundert aber nicht.

So wenig wie sich Fleisch und Blut, Mark und Bein ändern können, so wenig können die Jüden sich ändern. Sie müssen bleiben und verderben.
(Martin Luther)

Im offiziellen Lebenslauf des Reformators, herausgegeben von der EKD, findet sich nicht ein einziger Hinweis auf sein Verhältnis zu den Juden, die er in zahlreichen Schriften zu vernichten trachtete.

Käßmann findet Luther toll.

Protestanten haben nach Ansicht der Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, viele Gründe, 2017 ein großes Reformationsjubiläum zu feiern.
Der Reformator Martin Luther habe Entscheidendes für die Sprachfähigkeit der Kirche, die Bildung und die Freiheit des Glaubens geleistet, sagte Käßmann am Freitag in Stuttgart beim "Kleinen Kirchentag". [….]

Luthers 7-Punkte-Plan zur Judenverfolgung: Originaltext
1.
"Erstlich, das man jre Synagoga oder Schule mit feur anstecke und, was nicht verbrennen will, mit erden überheufe und beschütte, das kein Mensch ein stein oder schlacke davon sehe ewiglich Und solches sol man thun, unserm Herrn und der Christenheit zu ehren damit Gott sehe, das wir Christen seien"
2.
“Zum anderen, das man auch jre Heuser des gleichen zerbreche und zerstöre, Denn sie treiben eben dasselbige drinnen, das sie in jren Schülen treiben Dafur mag man sie etwa unter ein Dach oder Stall thun, wie die Zigeuner, auff das sie wissen, sie seien nicht Herren in unserem Lande“
3.
“Zum dritten, das man jnen nehme all jre Betbüchlein und Thalmudisten, darin solche Abgötterey, lügen, fluch und lesterung geleret wird“
4.
“Zum vierten, das man jren Rabinen bey leib und leben verbiete, hinfurt zu leren“
5.
“Zum fünften, das man die Jüden das Geleid und Straße gantz und gar auffhebe“
6.
“Zum sechsten, das man jnen den Wucher verbiete und neme jnen alle barschafft und kleinot an Silber und Gold, und lege es beiseit zu verwaren“
7.
“Zum siebenden, das man den jungen, starcken Jüden und Jüdin in die Hand gebe flegel, axt, karst, spaten, rocken, spindel und lasse sie jr brot verdienen im schweis der nasen“
(Martin Luther, Von den Juden und ihren Lügen)

Es ist und bleibt eine Schande ersten Ranges, daß sich die protestantischen Kirchen nicht entschieden von diesem Apologten des Hasses distanzieren und immer noch stolz an jeder dritten Kirche „Lutherkirche“ prangen haben.

Darum wisse Du lieber Christ und zweifle nicht daran, daß Du nähest dem Teufel keinen giftigeren, bittereren, heftigeren Feind hast, denn einen rechten Juden.
(Martin Luther)

Nun werfen viele Lutheraner ein, ja gut Luther wäre am Ende seines Lebens ein Judenfeind, aber das mache doch nicht den ganzen Luther aus.

Richtig. Luther war auch in vielerlei anderer Hinsicht ein Arschloch. Hier kommt nun Posener ins Spiel, der diese Ansicht vor einem Monat in der WELT untermauerte.

Deutschland plant das Lutherjahr 1517 – und übersieht gern die dunkle Seite des Reformators: Fundamentalismus, Judenhass, Hexenwahn, Apokalyptik. […]
Die offiziöse Sicht auf den Reformator fasst die Luther-Botschafterin der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), Margot Käßmann, in ihrem Buch "Mehr als Ja und Amen" so zusammen: "Luthers Freiheitsbegriff hat große Konsequenzen nach sich gezogen. 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit' als Parole der Französischen Revolution hat im Gedanken der Freiheit eines Christenmenschen durchaus Wurzeln. Am Ende ist der Bogen bis zur Aufklärung zu spannen."
[…] Wie sein Biograf Richard Marius schrieb, bedeutete Luther "eine Katastrophe für die westliche Zivilisation".
1. Luther ist kein Aufklärer. Er ist ein religiöser Fundamentalist. . […]
"Wer den [Humanisten] Erasmus zerdrückt, der würget eine Wanze, und diese stinkt noch tot mehr als lebendig!"
Die Vernunft bezeichnet Luther als "des Teufels Hure". Die Astronomie des Kopernikus lehnt er ab, weil sie der Bibel widerspricht: "Der Narr will mir die ganze Kunst Astronomia umkehren! Aber wie die Heilige Schrift zeigt, hieß Josua die Sonne stillstehen und nicht die Erde!" Wo Schrift und Verstand einander widersprechen, ist Luther immer für die Schrift und "will doch meinen Verstand gefangen nehmen unter den Gehorsam Christi". Luther verhilft dem Fundamentalismus zum Sieg über den aufklärerischen Humanismus. […]
3. Luther hat die Frohe Botschaft in ihr Gegenteil verkehrt. […]. Luther will ja die totale Unterwerfung des Menschen, das Leben als Buße. Wie Luther schreibt: "Das ist die höchste Stufe des Glaubens, zu glauben, jener (Gott) sei gütig, der so wenige selig macht..."
4. Luther predigte einen eliminatorischen Antisemitismus.
[siehe oben] […]
Auch die Losung "die Juden sind unser Unglück" findet sich bereits bei Luther wieder: "Ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding ist's um diese Juden, so diese 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen." […]
5. Luther identifiziert den Kapitalismus mit dem Wucher und den Wucher mit dem Judentum. […]
6. Luther begründet die Autoritätshörigkeit des Protestantismus.
[…] Mit Demokratie hat Luther nichts am Hut: "Der Esel will Schläge haben, und der Pöbel will mit Gewalt regiert sein. Das wusste Gott wohl; drum gab er der Obrigkeit nicht einen Fuchsschwanz, sondern ein Schwert in die Hand." Der große demokratische Aufstand des 16. Jahrhunderts ist der deutsche Bauernkrieg. Luther jedoch ruft im Interesse der Fürsten zum Kreuzzug "wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern" auf. "Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss." Das Scheitern der Bauern begründet Deutschlands politische Rückständigkeit auf Jahrhunderte. […]
7. Luther hat den Hexenwahn und die Hexenverfolgung gefördert. […]
8. Luther sieht den Platz der Frau unter dem Mann – in jeder Hinsicht. […]
9. Luther ist nicht unser Zeitgenosse, sondern Prophet der Endzeit. […]
9,5. Ach und übrigens: Der Ablasshandel war eine gute Sache. […]

Es erscheint wie Darwins Rache, daß die EKD ausgerechnet die intellektuell unterbelichtete Theologin Margot Käßmann zur Lutherbotschafterin erkor.
Die in erster Linie von sich selbst begeisterte Ex-Bischöfin treibt denkende Menschen durch ihre geistige Schlichtheit regelmäßig zur Verzweiflung.
Daß die evangelische Kirche in Deutschland selbst ohne Zölibat, Missbrauchsskandale und Frauenpriesterverbot noch mehr Mitglieder als die katholische Kirche verliert, dürfte zum großen Teil auf das Konto von selbstverliebten Plaudertaschen wie Huber und Käßmann gehen.

Einer ernsthaften historischen und intellektuellen oder gar EHRLICHEN Debatte über Luther ist die Lutherbotschafterin Käßmann natürlich nicht gewachsen.

Lieber erklärt sie wie es 1989 zum Mauerfall kommen konnte.
Die Gebete haben es möglich gemacht.

Käßmann: Gebete haben 1989 die Mauer zu Fall gebracht
Die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, hat die besondere Bedeutung der Kirchen für die friedliche Revolution vor 25 Jahren in der DDR hervorgehoben.
Damals hätten "Gebete die Welt verändert", sagte Käßmann am Sonntagabend im ersten Eisenacher Luthergespräch. Die Berliner Mauer sei "nicht einfach so gefallen". Durch eine friedliche Revolution, "die ihren Ursprung im Gebet hatte, wurde sie zu Fall gebracht".
[…]  Nach dem Vorbild vom Herbst 1989 und dem Ruf "Keine Gewalt!" gelte es im Blick auf die Situation in der Ukraine, "die Stimme des Friedens zu erheben".

Genau, Margot!
Der Atheist Gorbatschow hingegen hatte gar nichts mit dem Fall des Warschauer Paktes zu tun!
Und was die homophob und national von den Kirchen aufgepeitschten Osteuropäer in Russland und der Ukraine brauchen, ist mehr Christentum.

Wieso ist eigentlich immer noch so ein Chaos in Afghanistan, obwohl Käßmann schon intensiv für Frieden am Hindukusch gebetet hat??

Als Atheist wünsche ich mir mehr Theologen der Käßmann-Qualität. Umso schneller werden sich die Kirchen leeren!

Dienstag, 6. Mai 2014

Der Karriere Lohn.



Die Ulmer Abiturientin Annette Schavan heimste kürzlich in Lübeck ihren fünften Ehrendoktortitel ein.

Volle 18 Jahre hatte die extrem fromme Katholikin, die täglich das Stundengebet durchführt und nun als erste Nichtakademikerin von Merkel mit dem Posten der Vatikanbotschafterin belohnt wird, die deutsche Bildungspolitik geprägt.
Von 1995-2005 war sie Kultusministerin in BW, 2005 -2013 war sie Merkels engste Kabinettsvertraute und Forschungsministerin.
In fast zwei Dekaden verteilte die Plagiatorin viele Milliarden Steuerzahlergeld in das deutsche Bildungssystem. Es ist also auch maßgeblich der Dauerbildungsministerin zu verdanken, daß wir in Deutschland eins der schlechtesten Bildungssysteme überhaupt haben.
Ein dreistufiges Selektionssystem, das dafür sorgt, daß arme Kinder gar nicht erst Zugang zu höherer Bildung bekommen. Sollte ein Habenichts dennoch Abitur machen und studieren wollen, wird er durch Studiengebühren und zerfallende Hochschulen abgeschreckt.
In keinem Land der OSZE hängt Bildung so sehr von Papas Portemonnaie ab, wie in Deutschland.
Insbesondere Migranten werden sogar aktiv aus der Bildung gedrängt. Herdprämie und mangelnde Sprachkurse sorgen dafür.

Politik à la Schavan bleibt nicht folgenlos.

Inzwischen sind nahezu 20% der erwachsenen Menschen in Deutschland Analphabeten.
Jeder Fünfte kann im Land der Dichter und Denker nicht richtig lesen und schreiben! Bravo! Das muß ein Schulsystem erst mal hinkriegen!
Da erfordert es schon enormes Geschick die Geldmittel der Bildungs-, Forschungs- und Familienausgaben von Bund und Ländern in genau die falschen Kanäle zu leiten! Kindergeld für Millionäre und Ehegattensplitting für Kinderlose – dumm, dümmer, deutsche Bildungspolitik.

[…]  Kategorie eins. Das ist die niedrigste Stufe bei der PIAAC-Studie der OECD. Vor einem halben Jahr ist diese kleine Schwester der PISA-Studie erschienen. Oder vielmehr die große Schwester: Es ging um die 16- bis 65-Jährigen. Etwa 18 Prozent der Bürger im erwerbsfähigen Alter sind demnach "funktionale Analphabeten". Sie können nicht oder kaum lesen und schreiben, ein paar Worte vielleicht, ihre eigene Unterschrift, bestenfalls Kurztexte. Fast neun Millionen Bürger, die Bevölkerung von Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt zusammen.
Doch die Reaktion war eine andere als bei der PISA-Studie, die Anfang des Jahrtausends den berühmten PISA-Schock ausgelöst hat. Es gab ein PIAAC-Schöckchen, kurzzeitige Aufregung. [….]
Eine klare Reaktion kam schon bald vom Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV), dem Dach für die fast 1000 Einrichtungen bundesweit. Man sei inzwischen der "Hauptanbieter für Grundbildung", hieß es. […]
 [Andrea Kuhn-Bösch. Die Leiterin für Grundbildung an der VHS München]  unterrichtet zum Beispiel Schulabbrecher, die einen Hauptschulabschluss nachholen. Bundesweit 50 000 Jugendliche, sechs Prozent pro Jahrgang, schaffen keinen Abschluss. Viele von ihnen: funktionale Analphabeten. Doch der Blick auf die junge Generation lässt auch hoffen. Bei den unter 35-Jährigen fallen bei PIAAC nur 13 statt 18 Prozent in Kategorie eins. Schulpolitiker führen das auch auf die Arbeit nach dem PISA-Schock zurück. Ein PIAAC-Schock hätte wohl nicht geschadet.

Wenn neun Millionen Menschen in Deutschland prinzipiell gar nicht für Facharbeiterjobs oder gar akademische Berufe geeignet sind, wundert es wenig, daß sich die Wirtschaft immer dringender suchend an das Ausland wendet.
SOS, wegen massenhaft um sich greifender deutscher Verblödung werden nun griechische Ärzte, spanische Ingenieure oder portugiesische Architekten angelockt.

Angesichts eines drastischen Fachkräftemangels in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen wollen Hochschulen und Arbeitgeber systematisch Studenten aus dem Ausland anwerben - und fordern dafür Unterstützung von Bund und Ländern ein. Aktuell fehlten mehr als 50 000 Fachkräfte in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, den sogenannten MINT-Fächern, auch der künftige Bedarf sei allein mit Deutschen nicht zu decken. Dies geht aus Empfehlungen hervor, die das Nationale MINT-Forum auf einem Kongress am Donnerstag in Berlin beschließen wird und die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. "Der Wohlstand des ganzen Landes steht auf dem Spiel", sagt Ellen Walther-Klaus, Koordinatorin des MINT-Forums.
[…] Die Unis [sollen] die Betreuung der neuen Zielgruppe verbessern. 2013 hatte die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes gemeldet, dass ausländische Studenten oft kaum integriert seien. Walther-Klaus sieht teils gar eine "Ghetto-Situation", die es zu vermeiden gelte. Zentren für internationales Publikum sollen auf jedem Campus entstehen, fordert der Kongress - für "eine Willkommenskultur" und den Übergang in den Beruf. [….]

Ein Armutszeugnis für das Billiglohnland Deutschland und eine langfristige Katastrophe für die Länder, die ihre Jugendlichen ausgebildet haben und nun die Besten ziehen lassen müssen.

Die Deutsche Doofheit geht aber noch viel weiter über die systematische Entbildung ihrer Jugendlichen hinaus.
Die Studenten ohne deutschen Pass, die auf hiesigen Unis genau die Abschlüsse machen, die so dringend nachgefragt werden, verscheucht man gleich anschließend wieder.

Die neue Debatte hat sich entsponnen, nachdem eine neue Studie über ausländische Studenten erschienen ist. Die Untersuchung des Forschungsbereiches beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) beleuchtet, wie viele ausländische Master-Studenten und Doktoranden in den fünf EU-Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden bleiben wollen, wie viele tatsächlich geblieben sind - und was ihre Entscheidung beeinflusst.
Das Ergebnis: zwei Drittel der gut 6200 Befragten würden gerne im Studienland bleiben, in Deutschland sogar fast 80 Prozent. Tatsächlich aber lebt nur rund ein Viertel weiterhin dort, in Frankreich verbleibt immerhin ein Drittel.

Tausende in Deutschland ausgebildete Akademiker türkischer Herkunft gehen jedes Jahr unfreiwillig nach Istanbul, weil deutsche Betriebe die Menschen mit falscher Hautfarbe oder vielen „ü“s im Namen nicht gerne einstellen oder gar ihnen Wohnungen vermieten wollen.

Etwa 80 Prozent aller Masterstudenten aus dem Ausland würden gerne nach dem Abschluss in Deutschland arbeiten, doch tatsächlich bleibt nur knapp jeder vierte. So haben es Forscher ermittelt. Es ist offensichtlich, dass da etwas nicht rund läuft zwischen den internationalen Studenten und Deutschland, oder genauer: den deutschen Hochschulen und Arbeitgebern.
[…]  Interessenten aus dem Ausland gibt es reichlich, Deutschland nimmt international gesehen inzwischen einen Spitzenplatz ein. Doch das hilft wenig, wenn die Leute nicht bleiben. Hier sind vor allem die Unternehmen gefragt: Sie müssen früh um die Studenten werben, und sie müssen attraktive Jobangebote machen. Denn daran mangelt es oft, trotz des angeblich so großen Mangels an Ingenieuren, Mathematikern und Naturwissenschaftlern.
Und die Hochschulen sind gefordert, dort Erfolge zu liefern, wo am meisten Nachwuchskräfte auf der Strecke bleiben: in den Universitäten selbst, durch viele Studienabbrecher. Bessere Vorbereitung, bessere Betreuung, bessere Lehre, hier ist noch viel zu leisten – für ausländische wie einheimische Studenten.
(Roland Preuss, SZ, 06.05.2014)

Natürlich, deutsche Schulen könnten auch früher ansetzen und die hier lebenden Kinder für die MINT-Fächer begeistern.
Aber das würde Geld kosten und selbiges stecken deutsche Politiker wie Annette Schavan lieber überall dort hin wo es nichts nützt. Es fehlen 50.000 Lehrer in Deutschland, Grundschullehrer sind dramatisch unterbezahlt und die Ausstattung der Schulen ist indiskutabel. Neugier und Interesse kann so nicht frühzeitig geweckt werden. Da mutet es verzweifelt an, wenn Hochschulen und Volkshochschulen a posteriori in Aktionismus verfallen, um für technische Studiengänge zu werben.

Doch woran liegt es, dass der deutsche Nachwuchs ausbleibt, zumindest in der nötigen Masse? Der konkrete Nutzen vieler MINT-Initiativen steht oft gar nicht fest. So haben Wissenschaftler neulich erst begonnen, die Wirkung des Projekts „Haus der kleinen Forscher“ zu evaluieren – nachdem dieses sieben Jahre läuft. Noch mehr geraten die Schulen in den Blick: Trotz der Auslandsstrategie mahnt Ellen Walther-Klaus, Koordinatorin des MINT-Forums, „die heimischen Potenziale nicht aus den Augen zu verlieren“. Die promovierte Mathematikerin und Managerin sagt: „Die jungen Leute sind zwar technikaffin, aber zu wenig neugierig. Und in den Schulen wird diese Neugier oft nicht geweckt.“
So fehlten vielerorts MINT-Lehrer; es gebe veraltete Geräte und Unterrichtskonzepte – und eine Art Technik-Skepsis in der Gesellschaft. „Schlechte Leistungen in Mathematik oder fehlendes Interesse für MINT-Fächer werden gemeinhin akzeptiert. Da ist es für Jugendliche leichter, einen Bogen um die Fächer zu machen.“ Ähnliches schrieb der Stuttgarter Mathematik-Professor Christian Hesse in einem SZ-Beitrag: Man treffe „häufig auf Menschen, die damit kokettieren, dass sie in der Schule immer schlecht in Mathe waren und dass dennoch etwas aus ihnen geworden ist“.
Einen Wandel in den Schulen hatte das MINT-Forum bereits 2013 empfohlen, als man sich erstmals zu einem solchen Kongress traf. Gefordert wurden Reformen in der Lehrerausbildung – was freilich Zeit braucht. Nachwuchs aus dem Ausland kommt für den Arbeitsmarkt im Zweifelsfall schneller.
 (SZ vom 06.05.2014)

Montag, 5. Mai 2014

In der schwarzen Provinz



In allen Bundesländern gibt es diese ultraschwarzen Wahlkreise, in denen nur konservative Bauern oder ähnliches hocken.
Der bundesweit bekannteste superschwarze Wahlkreis ist Cloppenburg-Vechta in Niedersachsen. Dort leben nur Schweinezüchter und die die CDU holt dort Ergebnisse, die klar über denen der CSU in ihren Hochburgen liegen.
Da kann Merkels Partei auch einen Hydranten aufstellen; er würde die absolute Mehrheit holen.
In der Millionenstadt Hamburg gibt es zwar keine sicheren Bundestagswahlkreise für die CDU, aber wenn man eine Ebene drunter rutscht, finden sich doch Stadtteile, die fest in CDU-Hand sind. Dazu zählen Blankenese, Nienstedten, Wellingsbüttel, Poppenbüttel, Lemsahl, Sasel, Ohlstedt, Tatenbarg, Ochsenwerder, Reitbrook, Spadenland, Kirchwerder und Francop. (Glücklicherweise sind die Letztgenannten im Hamburger Süden allesamt dünn besiedelt)
In NRW sieht es ähnlich aus – auch da sind die tiefschwarzen Wahlkreise die großen Ländlichen am Rande. Und selbst in der „Herzkammer der Sozialdemokratie“ gibt es todsichere CDU-Hochburgen.
Paderborn, Hochsauerlandkreis, Coesfeld, Steinfurt, Borken, Heinsberg und Kleve.

Sprechen wir über Kleve.
Zugegeben, ich kenne Kleve nicht. Aber Kleve ist mir schon deswegen unsympathisch weil es seit 20 Jahren kontinuierlich Ronald Pofalla mit meistens mehr als 50% der Erstimmen in den Bundestag schickt. (1994-2014)
Das ist eigentlich unverzeihlich.
Vor Pofalla war es in Kleve allerdings noch schlimmer CDU. Heinrich Seesing (1983-1994) holte ebenso wie Jochen van Aerssen (1976-1983) bis zu 60%, der Bauer und Theologe Emil Solke (1969-1976 und 1953-1961)  kam auf bis zu 76% und der stramm katholische Adelige Felix Freiherr von Vittinghoff gen. Schell zu Schellenberg (1961-1969) holte ebenfalls über 70% für die CDU in Kleve.

Untypischerweise für Kleve ist die Inkarnation der verbalen Entgleisung Ronald Pofalla ein evangelischer Christ.


Daß der Schreihals kurz nach dem erneuten Gewinn seines Bundestagsmadats 2013 seine eigenen Parteifreunde gleich wieder im Stich ließ, um seine politische Karriere zu Gunsten eines extra für ihn geschaffenen pro-forma-Jobs beim Staatskonzern Bundesbahn mit einem siebenstelligen Jahresgehalt hinzuwerfen, kam nicht überall gut an.

Die Nachricht, dass der Kreis Klever CDU-Bundestagsabgeordnete Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn AG wechselt, ist bei den Christdemokraten landauf, landab gestern wie eine Bombe eingeschlagen. […]   Wie die Gemütslage der christdemokratischen Mitglieder im Kreis Kleve aussieht, machte der CDU-Kreisparteichef Dr. Günther Bergmann aus Kalkar deutlich: "Das ist jetzt eine schwierige Zeit für die Partei im Kreis Kleve. Vor wenigen Wochen hat Ronald Pofalla noch die Koalitionsverhandlungen in Berlin als Kanzleramtsminister koordiniert, um dann in letzter Sekunde auf ein Ministeramt zu verzichten, weil er eine Familie gründen wollte. Und jetzt kommt der nächste Überraschungssprung", sagt Bergmann, für den die Meldung vom Seiteneinstieg bei der Bahn "völlig überraschend" kam.   Kleves CDU-Stadtverbandschef Jörg Cosar setzt einen drauf: "Das Ganze hat in meinen Augen mit politischer Kultur nichts mehr zu tun. Das schadet der CDU im Kreis und ist auch für die Kommunalwahl nicht gerade günstig."  […]

Aber was passiert bei den am 25.05.2014 in Kleve stattfindenden Kommunalwahlen? Werden die Wähler sauer auf ihre CDU sein?
Die Religionsstruktur der an der niederländischen Grenze gelegenen Stadt gibt da Hinweise. 66% sind römisch-katholisch, 16 % evangelisch, 19% bekennen sich zu einer anderen Konfession oder sind konfessionslos.
Wie sollten so fromme Menschen nicht die CHRISTLICH-demokratische Union wählen?
Nun ja. So wie sich die Bürger nicht mehr auf ihre CDU verlassen können, so lockern sich auch die Bindungen zur RKK. Gucken wir auf die kleine Hansestadt Emmerich am unteren rechten Niederrhein, die als  kreisangehörige Stadt zum Kreis Kleve gehört.
Emmerich wurde vor 1.300 Jahren als Missionsstation im Bistum Utrecht gegründet; heute leben dort 30.000 Menschen.
Bürgermeister Johannes Diks, natürlich von der CDU, wurde mit 61,4% gewählt. Die vielen katholischen Schäfchen verteilen sich auf fünf Pfaffen.

In Emmerich gibt es zwei römisch-katholische Seelsorgeeinheiten mit fünf Pfarren.
Die Seelsorgeeinheit St. Christophorus und St. Johannes der Täufer deckt räumlich die Ortsteile Altstadt, Leegmeer, Speelberg, Vrasselt, Praest und Dornick ab. Am 28. November 2004 wurden die vier katholischen Stadtgemeinden St. Martini, St. Aldegundis, Heilig-Geist und Liebfrauen zur neuen Stadtpfarre St. Christophorus fusioniert.
Zur Pfarre St. Johannes der Täufer zählt die namengebende Kirche in Dornick, St. Antonius in Vrasselt, und St. Johannes Baptist in Praest.
Die Seelsorgeeinheit Elten, Hochelten, Hüthum wird gebildet von den Pfarren St. Georg in Hüthum, St. Martinus in Elten, und St. Vitus in Hochelten.
Die katholischen Pfarreien von Emmerich gehören zum Dekanat Emmerich im Kreisdekanat Kleve des Bistums Münster.
(Wiki)

Aber selbst im Rheinisch-katholischen Kernland ist nicht mehr alles eitel Sonnenschein. Die frommen Schäfchen des mächtigen Münsteraner Bischofs Felix Genn geben sich im Amtsgericht die Klinke in die Hand, um auszutreten. 2012 sagten 58 Emmericher der RKK Adieu, im drauffolgenden TVE-Jahr traten 120 aus und selbst diese Rekordzahl ist in den ersten vier Monaten des Jahres 2014 schon fast eingeholt – 95 Menschen verließen die Katholische Kirche bis April 2014.
Was ist da los?
Eigentlich nichts Besonderes. Es ist nur die RKK 2014, die nervt.

Als sich die Situation um die Geistlichen Karsten Weidisch und Christian Olding zuspitzte, äußerten viele Gläubige deutlich ihre Enttäuschung über die Kirche. Ins Zentrum der Kritik rückte nicht der Glaube an sich, sondern die Amtskirche. Daher wurden Stimmen laut, einen Schlussstrich zu ziehen und aus der Kirche auszutreten. Quasi als Denkzettel für die Amtskirche.
Hubert Lemken, Geschäftsführer des Kreisdekanates Kleve, weiß, dass Entwicklungen rund um die Kirche genau verfolgt werden und die Gläubigen sensibel darauf reagieren. So war die Zahl der Austritte im gesamten Kreisdekanat schon einmal 2010 spürbar angestiegen, als die Kirche wegen der Missbrauchsvorwürfe Negativschlagzeilen machte. "Und als es diese Geschichte mit Tebartz van Elst gab, haben wir das sofort bei den Austrittszahlen in Kevelaer gemerkt", sagt Lemken. Der umstrittene Bischof stammt aus der Kommune.