Verschwörungstheorien sind für Idioten so attraktiv, weil sie einfache Antworten auf komplexe Fragen liefern. Falsche Antworten zwar, aber dafür passen sie besser zu dem eigenen schlichten Weltbild, als die Fakten.
Deswegen müssen Doofe und Rechte sich auch nicht weiterbilden. Sie sind schließlich mit den simplen (aber falschen) Erklärungen zufrieden und haben immer passende Sündenböcke zur Triebabfuhr. „Die Grünen sind schuld. Die Ausländer sind schuld. Der linksgrünversiffte Mainstream ist schuld. Die Systemmedien sind schuld.“
Gebildete Menschen haben es schwerer, weil ihre Erkenntnis der Realität immer mehr Fragen aufwirft, denen man nachgehen muss.
Leseratten kennen das Phänomen von ihren wachsenden Bücherregalen. Je mehr Bücher man im Leben gelesen hat, desto mehr (und nicht etwa weniger) bleiben übrig, die man unbedingt noch lesen will. Je mehr Naturwissenschaftler unsere Welt entschlüsseln, desto mehr Forschungsfelder tun sich auf.
Vieles, mit dem wir täglich konfrontiert werden, erweist sich als immer hochkomplexer, je mehr wir darüber wissen. Eine Krebsbehandlung bestand Jahrhundertelang aus Aderlass und Gebeten. Im Jahr 2025 gibt es nicht etwa nur studierte Ärzte, sondern unter ihnen wiederrum als Spezial-Spezialisten Onkologen, die sich aber mittlerweile in Spezial-Spezial-Spezialisten aufteilen: Für jedes Organ gibt es spezialisierte Onkologen; dazu Hämato-Onkologie, Nuklearmedizin, Radiologie, Labormedizin, Pathologie, Psychoonkologie, Stammzellenonkologie, Palliativonkologen, etc.
Lungen- oder Magenkrebs sind daher nicht mehr unbedingt ein Todesurteil, aber die Behandlung ist extrem aufwändig, die Forschung daran enorm teuer.
Glücklicherweise gibt es aber im Alltag der Menschen auch viele überholte Probleme, die technisch hinreichend gelöst sind. Wärmepumpen klimatisieren effektiv unsere Häuser und zur nachhaltigen Energieerzeugung kann man sich Solarpanels auf das Dach legen. Da gibt es jeweils technisch überhaupt keine Probleme mehr und viel Fachwissen ist dazu nicht erforderlich. Insbesondere in Industriestaaten, die wie die USA wohlhabend genug sind, um diese Techniken anzuschaffen und in denen, wie in Kalifornien, die Sonne kostenlos enorme Energie auf die Dächer brennt, muss man zur Energiegewinnung also kein klimaschädigendes Kohlendioxid in die Luft blasen. Es geschieht aber dennoch, weil in Washington eine ideologische Idioten-Regierung amtiert, weil die Mehrheit der US-Wähler bedauerlicherweise ebenfalls Vollidioten sind. Die SZ-Kolumnistin in Los Angeles berichtet Ungeheuerliches.
[….] Wir schwitzen in Kalifornien gerade in einer offiziellen Hitzewelle der Stufe „hochgefährlich“. Die dritte in zwei Monaten. Dazu passt die gute Nachricht des Sommers wie ein Sonnenbrand: Die Umweltbehörde EPA, die bisher die Aufgabe hatte, die Umwelt zu schützen (das EP stand bisher für „Environmental Protection“, ab jetzt für „Extreme Pinocchio“), hat gerade die offiziellen Emissionsziele mit einer bahnbrechenden Erkenntnis gekippt: Treibhausgase seien gar nicht schädlich und auch nicht maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich. Mit dieser frohen Botschaft werde er „einen Dolch durch das Herz der Klimawandel-Religion stoßen“, verspricht fröhlich der oberste Umweltbeauftragte, Lee Zeldin, als handle es sich bei den steigenden Temperaturen um eine Glaubensfrage, die sich mit Knoblauchzehen und einigen Ave-Maria lösen ließe. [….] Kohlekraftwerke in den USA dürfen jetzt weiter lustig vor sich hin rauchen – ganz ohne nervige CO₂-Grenzwerte. Auch mehr Quecksilber in der Luft, Smog in Städten und Chemikalien im Wasser werden die Amerikaner künftig wieder tolerieren müssen, denn die EPA schafft Dutzende Grenzwerte für Gifte ab, selbst wenn das geschätzte 200 000 Menschenleben kosten dürfte. Wer braucht schon saubere Luft, wenn man auch PR-Mitteilungen einatmen kann?
Den wissenschaftlichen Arm der EPA hat Zeldin einfach geschlossen, denn die Wissenschaftler sagen selten, was er hören will. Die Trump-Regierung will sogar zwei perfekt funktionierende Satelliten abschießen, obwohl sie (oder weil sie?) aus dem All die Kohlendioxid-Konzentration zuverlässig messen. Die Abrissbirne macht aus Klimaschutz ab sofort Ermessenssache. [….]
Ich wollte eigentlich Solarpaneele auf unserem Dach installieren. Daraus wird nun nichts, denn die sind hier unglaublich teuer. Die EPA hat sieben Milliarden Dollar für Solarförderung und 20 Milliarden für alternative Energien, die Bidens Regierung längst bewilligt hatte, einfach storniert. Obwohl wir in Kalifornien mehr Sonne haben, als uns guttut: Auch auf den Dächern meiner Nachbarn prallt die sengende Sonne überall auf Ziegel, nirgendwo auf Solarpaneele. [….] Die Regierung hat gerade eine neue Website Heat.gov gestartet, auf der sie Tipps gegen Hitzestress gibt. Die wichtigsten: Klimaanlage einschalten und Wasser trinken. Alles so easy. [….]
Es ist dramatisch, den Kampf gegen Pankreaskrebs zu verlieren; es ist tödlich; muss aber akzeptiert werden, weil solche Tumore nach heutigem technischen Stand trotz Bemühungen oft nicht zu stoppen sind.
Es ist dramatisch den Kampf gegen den Klimawandel zu verlieren; letztlich für alle tödlich; kann nicht akzeptiert werden, weil wir es besser wissen und besser können. Wir wollen aber keine Lösung, obwohl unstrittig ist, daß kein Klimaschutz sehr viel teurer, als der teure Klimaschutz ist.
Die technischen Möglichkeiten haben wir auch in Deutschland, werden aber ebenfalls von einer todessehnsüchtigen Fossillobby-Regierung ausgebremst, die ins Amt kam, weil die Mehrheit der deutschen Wähler Vollidioten sind.
[….] Netzbetreiber nutzen bereits die Reiche-Narrative.
Beispiel aus Reutlingen: Dort dürfen 300 Bürger ihren überschüssigen Strom nicht mehr ins Netz einspeisen. Die FairNetz GmbH, der lokale Netzbetreiber, begründet das so:
"Das Stromnetz hat sich von einem reinen Verbrauchsnetz zu einem dezentralen Erzeugungsnetz gewandelt - schneller, als es in bisherigen Prognosen vorhersehbar war."
Ich würde es eher so ausdrücken:
"Wir haben als Netzbetreiber in den letzten 20 Jahren andere Prioritäten gehabt und Ausbau zum dezentralen Erzeugungsnetz verpennt. Es tut uns total leid, dass jetzt private Anlagenbesitzer hierunter zu leiden haben. Wir entschuldigen uns dafür und entschädigen natürlich auf andere Weise."
Weiter heißt es beim SWR:
"Immer mehr private Erzeuger" würden "immer mehr Strom aus ihren Photovoltaik-Anlagen ins Netz einspeisen" - ja zappalott! Es ist der Job der Netzbetreiber genau das abzufedern.
So seien jetzt 300 Kunden aus #Reutlingen über eine zwangsweise Null-Einspeisung informiert. Aktuell speisen 11.700 Photovoltaikanlagen - und damit jedes fünfte Dach in Reutlingen - Strom in das Netz der FairNetz ein. Weitere Anlagenbetreiber dürfen ihre Anlagen bauen, erhalten die "Einspeisegenehmigung" dann aber später.
Und weiter: "Deshalb muss die FairNetz eigenen Worten zufolge Transformatoren austauschen, neue Ortsnetzstationen errichten und kilometerweit neue Kabel verlegen. Aber gerade, was neue Ortsnetzstationen angehe, so die FairNetz, stehe sie vor Herausforderungen, weil die kommunalen verfügbaren Flächen begrenzt seien. Das Unternehmen sei also dankbar, wenn sich die Besitzer privater Flächen - ab 16 Quadratmetern - melden."
Ernsthaft? Der Ausbau scheitert an kommunalen Flächen von der irren Dimension von 16 Quadratmetern?!? […..]
Aus ideologischer Verblendung und/oder kurzfristiger Raffgier wollen Merz, Spahn und Reiche uns in den Hitzetod treiben.
[….] Die Reaktion insbesondere unionsgeführter Regierungen der vergangenen Jahrzehnte war verlässlich die gleiche: erst mal bremsen (egal, ob die anderen das auch tun). Deutschland setzte auf Kupferkabel statt Glasfaser, das mobile Internet galt lange als etwas alberne Spielerei, das Smartphone auch. Die Digitalisierung der Verwaltung steht als Ziel in jedem Koalitionsvertrag. Immer wieder.
Beim Thema künstliche Intelligenz war es das Gleiche: spätestens mit dem Sieg von AlphaGo gegen den Go-Meister Lee Sedol im Jahr 2016 hätte eigentlich klar sein müssen, dass gerade eine neue Ära der Technikgeschichte begonnen hat. Exemplarisch für die Bräsigkeit deutscher Regierungen im Umgang mit Transformationsprozessen war ein Satz des damaligen Wirtschaftsministers Peter Altmaier, gesprochen im Jahr 2018 bei einem der zahllosen, stets folgenlosen »Digitalgipfel«: Er freue sich auf eine Zukunft, scherzte Altmaier damals, in der ihm ein in Deutschland hergestellter Digitalbutler das Bier aus dem Kühlschrank hole. So stellen Unionsminister oft die Zukunft dar: wie die Vergangenheit, nur noch ein bisschen bequemer. [….] Unionsgeführte Regierungen reden immer viel von Strategie und Veränderungswillen und tun gleichzeitig möglichst viel dafür, den armen Deutschen die Veränderung möglichst lang vom Leib zu halten. Verbrenner retten! Gasheizung erhalten! Man versucht jetzt, das absolut unausweichliche Ende des Verbrennungsprozesses als zentraler Energiequelle zu ignorieren, zu vertagen, zu bremsen, zu verschieben. Das wird sich ebenso rächen wie bei den Themen Digitalisierung, Internet, künstliche Intelligenz. Denn die anderen warten nicht. [….] Huch, Elektroautos! Huch, Batteriespeicher! Huch, Wärmepumpen! Huch, billiger Strom aus Sonne und Wind! Huch, China! Huch, exponentielles Wachstum!
Man kann gerade live beobachten, wie eine unionsgeführte Regierung erneut versucht, die Fehler der Vergangenheit sehenden Auges zu wiederholen. Die Parallelen sind verblüffend. Aber die geopolitischen Gefahren womöglich noch größer.
Konkret zeigt sich das an der Kommunikation der Wirtschaftsministerin: Katherina Reiche (CDU) hat in den ersten zehn Wochen ihrer Amtszeit zum Thema Energiewirtschaft praktisch ausschließlich Dinge gesagt und getan , die fossilen Geschäftsmodellen nutzen und Elektrifizierung und erneuerbaren Energien schaden sollen. Gas wird billiger, Strom bleibt teuer, Gasheizungen sollen so lang wie möglich weiterlaufen, der Vorrang für grünen Wasserstoff wird gekippt, in der Nordsee soll Gas gefördert werden, und Reiche will so viele Gaskraftwerke bauen lassen, dass die EU zweifellos intervenieren wird.
Ende August soll ein von Reiches Ministerium in Auftrag gegebener »Monitoringbericht« erscheinen. Er wurde dem Anschein nach mit einem sehr konkreten Ziel bestellt: den Ausbau der erneuerbaren Energien abzubremsen, weil der angeblich zu schnell gehe und damit zu hohe Kosten verursache. »Überzogen« hat Reiche diesen Ausbau schon einmal genannt, jetzt braucht sie Argumente dafür, dass sie damit recht hatte. [….]
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