Mittwoch, 22. Oktober 2014

Die armen Reichen!


Einer der sympathischsten TV-Menschen, die ich kenne ist Dennis Gastmann!
Er hat so eine angenehme Vorlesestimme, so ein freundliches Gesicht, tritt mit so einer Dezenz auf und hat dazu auch noch immer die richtigen Ansichten.

Nachdem er sich als „Weltreporter“ so ziemlich in jeder problematischen Ecke des Planeten rumgetrieben hat, betrat er Neuland (haha Merkel gestern beim Neuland-Gipfel in Hamburg – habt Ihr sie gesehen?) und untersuchte die verschlossene Welt der Reichen. Dazu legte er ein Buch vor.

Welche Rolle spielt Geld, wenn Geld keine Rolle spielt? Was macht Reichtum mit dem Kopf und mit dem Herzen? Dennis Gastmann begibt sich auf eine Expedition in die Hautevolee. Er tanzt mit Chiara Ohoven, diniert mit der Jetset-Gräfin Gunilla von Bismarck und wagt sich mit Rolf Sachs, dem ältesten Sohn von Gunter Sachs, auf die legendäre Bobbahn von St. Moritz. Wie sind sie wirklich, die Millionäre und Milliardäre, die sich fast die Hälfte des weltweiten Vermögens teilen? Gastmann reist von Marbella nach Monaco, von Cannes nach Sylt, von London bis nach Katar, ins reichste Land der Erde. Ein ukrainischer Oligarch empfängt ihn in seinem goldenen Palast, und der Schraubenkönig Reinhold Würth verrät ihm seinen letzten Wunsch. Aus all diesen Abenteuern entsteht das Porträt einer Parallelwelt. Eine Psychologie des Geldes. Oder anders gesagt: ein Reichtumsbericht. Charmant, überraschend und garantiert ungeschönt.
(Dennis Gastmann)


Wenn wir jetzt nicht von einfachen Millionären reden, die vielleicht ein schönes Haus und einen Mercedes besitzen, sondern von richtig Reichen, dann läßt sich feststellen, daß sie wohl nicht glücklicher sind.
Geld bringt Probleme mit sich. Insbesondere wenn es ein altes vererbtes Vermögen ist, kann es eine lebensfüllende Aufgabe sein, die Millionen und Milliarden zusammenzuhalten für die nächsten Generationen.
Es gibt Fliehkräfte. So ein Familienclan kann durchaus mal hunderte Mitglieder beinhalten und wenn die alle unbeschwert leben wollen, ist das schon ein extremer Anspruch.

Familie Brenninkmeijer (C&A) besitzt laut des aktuellen Managermagazins rund 21,5 Milliarden Euro. Bei 500 Familienmitgliedern sind das aber bloß lumpige 43 Millionen Euro pro Person.
Bei den Henkels (Persil) muß man glücklicherweise nicht ganz so extrem darben. Sie haben zwar nur 20 Milliarden Euro, brauchen aber nur durch 120 Familienmitglieder zu teilen (=167 Millionen Euro pro Person).
Die 60 Porsches kommen auf dieselbe Summe pro Person, weil die Familie insgesamt bloß 10 Milliarden besitzt.
Geradezu katastrophal verarmt sind sie Siemens-Familienmitglieder, die 270 an der Zahl ihre fünf Milliarden so aufteilen, daß jedem einzelnen nur 18,5 Millionen bleiben.

Günther Quandt hat es besser gemacht und seinen diversen Nachkommen jeweils eigene Firmen hinterlassen. Sohn Herbert Quandt zeugte fünf Kinder mit drei Ehefrauen, hinterließ aber nur seiner dritten Frau Johanna und deren Kindern Altana und BMW.
So teilen sich heute lediglich Johanna, Tochter Susanne und Sohn Stefan 31 Milliarden Euro.
Eine Freude ist es für das bloße Besitzen und Nichtstun 0,8 Mrd Euro im Jahr dazu zu bekommen und dann dank unserer Gesetzgebung auch nur den reduzierten Steuersatz von 25% statt 45% zahlen zu müssen. Verständlich. Die vollen 45% sind ihnen nicht zuzumuten.
Man muß schon ein bißchen Rücksicht auf die Superreichen nehmen. Als im Juli dieses Jahres Karl Albrecht starb und seine 18,5 Milliarden Euro vererbt wurden, mußten seine Kinder nicht etwa den üblichen Betrag von 5,55 Milliarden Euro an Schäuble überweisen (Erbschaftssteuersatz Klasse 1 für Beträge über 26 Mio Vermögen = 30%), sondern insgesamt 0€. Ein ausgeklügeltes Doppelstiftungsmodell macht es möglich.
Verständlich, daß die Quandts sich im Oktober 2013 nach dem Bundestags-Aus für die FDP mal eben 210.000 Euro an ihre hepatitisgelbe Lieblingspartei nachschossen.
Sie besitzen jetzt so viel wie das gesamte Bruttosozialprodukt eines Staates wie Litauen.
Lettland (BSP 22,4 Mrd. Euro) oder Estland (BSP 16,83 Mrd. Euro) haben sie weit hinter sich gelassen.




(Managermagazin Spezial Oktober 2014)

Auch Volker Kauder sieht das wohl so und ließ die SPD im Koalitionsausschuss wissen, die im Koalitionsvertrag festgelegte Frauenquote müsse angesichts der ökonomischen Lage in Europa erst mal warten. Es sei dringend erforderlich erst einmal etwas „für die Wirtschaft“ zu tun.

Nein, ich habe übrigens nichts gegen Reiche.
Unternehmer, die als persönlich haftende Gesellschafter das Risiko und die Verantwortung für ihre Arbeitnehmer tragen, sollen natürlich nicht von Erbschaftsteuern so getroffen werden, daß ihre Firma kaputt geht. Ich finde die Regelungen richtig, daß sich der Steuersatz reduziert, wenn man die Firma für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren weiterführt.
Das bedeutet aber noch lange nicht, daß Sharholder, Spekulanten und Beteiligungshopper bei Dividendenausschüttungen so massiv wie jetzt gegenüber Arbeitseinkommen privilegiert sein dürfen.

Das Managermagazin Spezial Oktober 2014 beklagt voller Mitgefühl das „Feindbild Reiche.“

Reiche grundsätzlich zu verdammen halte ich auch für falsch. Viele können tatsächlich nichts dafür reich geboren zu sein und werden zu Unrecht alle in eine Schublade gesteckt.
mm-Autor Philipp Alvares Souza Soares macht aber eine regelrecht resignative Stimmung aus. Reiche dächten vor Gram über die GroKo ans Auswandern. Je höher man steige, des größer würden auch die Vorbehalte gegenüber des Staates.
SED ante portas.

Ich denke nicht, daß sich die Reichen wirklich große Sorgen darum machen müssen demnächst von Honeckers Erben enteignet zu werden.

Ein größeres Problem sind da schon die paar Mitglieder der eigenen Kaste, die sich die größte Mühe geben alle Vorurteile „gegen die Reichen“ zu verfestigen, indem sie beispielsweise gegen Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft agitieren.

Das ist schon widerlich, wenn Reiche ihre Macht im Kommunalen ausnutzen, indem sie Gucci-Protest-artig wie die FDP-Frau Flavia Fauth gegen Linke, Arme und andere Unterprivilegierte agitieren.

Soziale Probleme sollen aus ihrer Nachbarschaft gedrängt werden. Wer sich die entsprechende Anwälte und PR-Organisatoren leisten kann, hat alle Möglichkeiten.

Alster-Anwohner klagen: Zu viel Lärm durch Flüchtlinge
Vor allem Kinder werden als "Störungspotenzial" gesehen. Nachbarn der Sophienterrasse wollen daher die Unterbringung von Asylbewerbern verhindern.
[….] Der Umbau des Kreiswehrersatzamts an der Sophienterrasse (Harvestehude) zu einem Flüchtlingsheim soll in Kürze beginnen – doch jetzt versuchen drei Nachbarn per Eilantrag beim Hamburger Verwaltungsgericht die Unterbringung von bis zu 220 Flüchtlingen in dem Gebäude nahe der Außenalster zu verhindern.
"Die geplante Gemeinschaftsunterkunft ist auch mit einem erheblichen Störungspotenzial verbunden, das einem geschützten Wohngebiet fremd und unverträglich ist", heißt es in dem 25-seitigen Eilantrag, der dem Abendblatt vorliegt und den die renommierte Kanzlei Klemm & Partner für die drei Nachbarn verfasst hat.  Die Kläger befürchten, dass es durch die Flüchtlinge zu "einer erheblichen Unruhe" kommt. Grund: "Da die Bewohner zum größten Teil ohne Beschäftigung sind, muss damit gerechnet werden, dass ihnen die Decke auf den Kopf fällt. Für beträchtliche Zeiträume werden sie sich außerhalb des Gebäudes und in der näheren Umgebung aufhalten", steht in dem Eilantrag. Weiter heißt es: "Insbesondere Kinder mit ihrem Bewegungsdrang werden zu einer erheblichen Unruhe führen." Befürchtet wird auch, dass es einen "erheblichen Kfz-Verkehr" geben werde. In dem 25-seitigen Schriftstück geht es aber vor allem um baurechtliche Belange. Eine "Einrichtung für soziale Zwecke" in dieser Größe ist für ein besonders geschütztes Wohngebiet nach Auffassung von Gero Tuttlewski (Klemm & Partner) "nicht gebietsverträglich". [….]

Man muß wohl eine bestimmte Art Mensch sein, um auf traumatisierte Kriegsflüchtlinge, die dringend Hilfe bedürfen mit einem Anwaltsschreiben zu reagieren, welches ihren bescheinigt "nicht gebietsverträglich" zu sein.

Nimby-Denken der gehobenen Form. Sollen doch die ärmeren Stadtteile Hamburgs ran.
Lustig, während im rechten Funke-Abendblatt von heute auf Seite 3 der rechte Propagandist Daniel Friedrich Sturm wieder eine Kostprobe seines tendenziösen Hassjournalismus gibt, indem er gegen die Thüringische SPD hetzt, geht dem Leitartikler Steinlein genau daneben auf der Meinungsseite das Treiben der reichen Harvesterhuder doch zu weit.

Sozial, so beschreibt es das Internetlexikon Wikipedia, ist, wer sich für andere Menschen interessiert, sich einfühlen kann, hilft, ohne nur an sich selbst zu denken. Unsozial dürfte dementsprechend sein und handeln, wem dies alles unwichtig ist. Einfühlungsvermögen, Interesse an fremden Menschen, Hilfsbereitschaft – all das scheint manchen Hamburgern auch in wohlsituierten Stadtteilen abhandenzukommen. Ob es viele sind oder ob sich wenige nur laut genug artikulieren können, ist hier nicht zu klären. Aber der Eindruck ist, als steige die Zahl der Klagen und Proteste gegen Sozialprojekte. Und mit ihr scheint der Bürgersinn in einer immer noch liberalen und sozialen Stadt zu sinken.
Anders sind die zahlreichen Klageschriften vor dem Verwaltungsgericht und der lautstark vorgetragene Protest kaum zu erklären. Erboste Harburger wehren sich gegen ein Sterbehospiz: In Würde die letzten Wochen des Lebens zu verbringen – bitte nicht in unserer Nachbarschaft, hieß es. Schließlich schmälere ein Hospiz den Wert der Grundstücke, lautete die Begründung des Widerstandes.
Jugendlichen aus komplizierten Verhältnissen eine Auszeit aus ihren Familien zu gönnen und sie in einem christlichen Wohnprojekt in Sasel unterzubringen – auch das war bei einigen Nachbarn unerwünscht. Gern gestritten wird – vor Gerichten, in Behörden – auch über Kinder. Mal wird versucht, eine Kita-Erweiterung zu verhindern, mal die Nutzung des Gartens oder des benachbarten Sportplatzes zu verbieten. Neuerdings geht es auch gern um die Unterbringung von Flüchtlingen. Gleich drei Anträge liegen derzeit bei Gericht vor, um Unterkünfte für Vertriebene beispielsweise aus Syrien zu verhindern. […]

Nun muß ich fast noch einmal „die Reichen“ verteidigen.
Ich kenne Menschen in Sasel und in Harvesterhude, die das Vorgehen ihrer Nachbarn genauso schlimm wie ich finden und sich sogar ausdrücklich FÜR die Flüchtlinge engagieren.

Fragt sich wer sich durchsetzt.



Dienstag, 21. Oktober 2014

Familie



Konservative amerikanische Lobbyorganisationen sind professionell.
Als besonders effektiv erachte ich ihre Begriffswahl.
„Pro Life“ oder „Family Values“. Das ist genial. Damit wird ein allgemein als positiv erachteter Terminus okkupiert und diejenigen, die sich politisch anders aufstellen, werden gleich in eine negativ konnotierte Ecke gestellt.
Es wird eine Scheindebatte aufgezwängt. Als ob irgendjemand GEGEN das Leben oder GEGEN die Familie wäre.

In Deutschland benutzen die radikalen Abtreibungsgegner zwar formal den gleichen Begriff, nämlich „Lebensschützer“, aber das funktioniert nicht ganz so gut, weil „Schützer“ ungebräuchlicher als das simple „pro“ ist und weil die gesellschaftspolitischen Gewichte hier anders verteilt sind.
Die Typen, die beim jährlichen Berliner „Marsch für das Leben“ ihre Holzkreuzchen spazieren führen, werden von einer überwältigenden Mehrheit der Bürger nicht ernst genommen.


Erfolgreicher sind die Homohasser, die genau wie in Amerika den Begriff „Familie“ okkupieren. Damit unterstellen sie allen Vertretern einer liberaleren Linie einen Antagonismus zur Familie. Gebetsmühlenhaft wird auf das Grundgesetz, welches die Familie schützt, verwiesen, so daß LGBT-Rechtler auch noch in die Ecke der Verfassungsfeinde gerückt werden.

Artikel 6 GG

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Sachlich ist es natürlich völlig falsch, daß eine gleichgeschlechtliche Ehe einer gegengeschlechtlichen Ehe irgendetwas wegnähme.
Art. 6 wird davon überhaupt nicht berührt.
Dennoch verwenden Rechte von Ratzi bis Lucke immer wieder dieses grotesk falsche Bild.

 […] Papst Benedikt XVI. hat erneut eine Verwässerung des klassischen Familienbildes kritisiert - und damit indirekt gleichgeschlechtliche Beziehungen. Ohne die Homo-Ehe ausdrücklich zu erwähnen, warnte der Pontifex bei einem Weihnachtsempfang für die Kurie im Vatikan vor einem "Angriff auf die wahre Gestalt der Familie aus Vater, Mutter, Kind".
In den vergangenen Monaten waren international immer wieder Debatten über gleichgeschlechtliche Partnerschaften und das Adoptionsrecht homosexueller Paare aufgeflammt. Benedikt sprach von einer "Krise der Familie". In einigen Ländern, so die Nachrichtenagentur Reuters, gehe die katholische Kirche auf lokaler Ebene deshalb Allianzen mit Juden, Muslimen und Vertretern anderer Religionen ein, um gegen eine Legalisierung der Homo-Ehe vorzugehen.
Der Papst beklagte die "tiefe Unwahrheit" moderner Theorien über die sexuelle Identität, wonach das Geschlecht eine persönliche Entscheidung sei. Als Grundlage zitierte er dafür die Worte der französischen Schriftstellerin, Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir: "Man wird nicht als Frau geboren, sondern man wird dazu." […]


[…] Diskriminierung muss nicht als grobe Beschimpfung daherkommen. Oft verbirgt sie sich in subtilen Sticheleien, oder im überschwänglichen Lob einer Lebensform, wenn in Wahrheit die andere herabgewürdigt werden soll. Ein anschauliches Beispiel bot der Parteitag der Alternative für Deutschland im hessischen Gießen. Parteichef Bernd Lucke sprach vor dem zerstrittenen Landesverband über Ex-Fußballer Thomas Hitzlsperger, der sich kurz zuvor zu seiner Homosexualität bekannt hatte.
Solche Beichten erforderten heutzutage doch keinen großen Mut mehr, dozierte VWL-Professor Lucke. Mutig wäre es gewesen, wenn der Sportler die "Verfallserscheinungen" von Ehe und Familie gegeißelt hätte, wenn er sich dazu bekannt hätte, dass diese Lebensformen "für unsere Gesellschaft konstitutiv sind".
Luckes Botschaft war klar: Unter Ausgrenzung leiden in Deutschland nicht etwa homosexuelle Paare, bedroht sind klassische Beziehungen - Vater, Mutter, Kind. Das Statement des AfD-Vorsitzenden hat Kalkül: Seit ihrer Gründung sendet die AfD mehr oder weniger subtile Lockrufe an erzkonservative, bibeltreue und homophobe Wähler aus. […] Beatrix von Storch, designierte Europawahl-Kandidatin des Berliner Landesverbands, [wettert] offen gegen die Macht der "Schwulen-Lobby". Die AfD Bayern klagt auf Facebook, dass im Fernsehen Homosexualität "beworben" werde. Und die AfD Baden-Württemberg hat sich der Petition angeschlossen gegen den Plan der grün-roten Landesregierung, das Thema Homosexualität im Unterricht zu besprechen: Die Regierung plane eine "pädagogische, moralische und ideologische Umerziehungskampagne" schimpft Landessprecher Bernd Kölmel. Die Wortwahl ist noch gemessen, verglichen mit den Schmähungen, die sich AfD-Aktivisten auf lokaler Ebene und im Internet leisten. Dort werden Schwule von AfDlern auch mal als "Pädophile" und "Perverse" geschmäht. […]

Zu welcher schrillen Hysterie die selbsternannten Verteidiger der “Familienwerte”, erkennt man daran, daß ihnen hauptsächlich in satirischer Form geantwortet wird.

Seit der Legalisierung der Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in Frankreich scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen der Gegner zu bewahrheiten: Statistiken zufolge dürften bereits knapp 2 Millionen Familien seit Inkrafttreten des Gesetzes zerstört worden sein.
Cécile B. musste die Zerstörung ihrer vierköpfigen Nachbarsfamilie miterleben: „Es war grauenhaft. Keine zwei Stunden, nachdem das Gesetz im Parlament beschlossen war, hörte ich plötzlich einen schmerzerfüllten Schrei.“ Sie rannte hinüber in die Wohnung ihrer Nachbarn, doch es war bereits zu spät: „Sie lösten sich einfach in einem grellen Lichtblitz auf. Alle vier! Alles, was übrig blieb, war ein Haufen Asche.“
Doch diese Familie war bei weitem nicht die einzige, die der Homo-Ehe zum Opfer fiel. In ganz Frankreich kam es zu spontanen Familienzerstörungen. […]

Je mehr ich christliche Fundamentalisten und gemäßigte Religioten um den Begriff „Familie“ herumeiern sehe, desto intensiver frage ich mich, was das eigentlich sein soll; die Familie?

Um nicht die vielen alleinerziehenden Mütter auch verbal auszugrenzen (finanziell sind sie es ohnehin, weil ihnen keine Steuergelder via „Ehegattensplitting“ zu fließen), sprechen Linke den Satz „Familie ist da wo Kinder sind.“

Aber auch das erscheint mir viel zu kurz gegriffen.
Denn jeder ist das Kind von irgendjemand.
Verliert man diese erste automatische Familienanbindung, weil beispielsweise beide Eltern bei einem Autounfall sterben, rutscht das Kind üblicherweise zu einem Verwandten weiter – älterer Bruder, Tante oder Opa – und bildet eine neue engere Familie.
Und selbst im schlimmsten Fall, wenn das Kind zur Adoption „freigegeben“ wird, bilden sich automatisch neue Familienbande zu den Co-Waisen oder den Adoptiveltern. Später sucht es sich Partner, bekommt vielleicht selbst Kinder.
Familien können auch nachwachsen und nur extrem wenige Menschen sind tatsächlich ganz ohne irgendeine familiäre Bindung.

Auch der kinderlose, hedonistische, sexuell breit agierende Klischee-Schwule, den ein schaudernder Ratzinger möglicherweise vor Augen hat, wird üblicherweise Eltern, Geschwister, Neffen, Cousins, Tanten und Opas haben.
Auch das ist selbstverständlich Familie.

Wissenschaftler finden übrigens eine höhere Wahrscheinlichkeit schwul zu sein, je mehr ältere Brüder man hat. Die genauen genetischen Ursachen sind nicht vollkommen geklärt, aber so macht Homosexualität auch evolutionär einen Sinn.
Wenn ein Elternpaar viele Kinder hat, muß der ererbte Acker möglicherweise in so kleine Teile aufgespalten werden, daß die Enkel kaum noch davon leben können. Sind schwule Onkel dabei entspannt sich die Lage, weil sie nicht durch eigene Kinder den Kampf um Ressourcen verschärfen und nach ihrem Tod ihren Erbteil wieder an ihre Neffen weitergeben. Das Prinzip funktioniert auch, wenn der jüngste Sohn Pastor wird – wobei schwul und Pastor sich offensichtlich nicht gerade einander ausschließt.

Auf die heutige Zeit übertragen bedeutet ein schwuler Onkel oder eine lesbische Tante ebenfalls einen großen Vorteil. Homosexuelle sind als „Dinks“ in der Regel wohlhabender und gebildeter. So können sie ihren Neffen und Nichten helfen – sowohl durch Zuneigung, als auch finanziell. Ein Kind mit Homo-Onkel/Tanten hat quasi Co-Eltern, die einen Vorteil gegenüber Kindern mit bloß normalen Eltern darstellen.
Dafür gibt es im Tierreich viele Beispiele. Eine Blässhenne hält sich für ihre großes Gelege gern ein paar weitere nicht sexuell aktive Blässhähne, die dann eifrig dabei helfen Futter für die Küken zu suchen. So überleben mehr Blässhühner.

Homosexualität fördert also Familien.

Der neue Papst ist aber ähnlich ewig gestrig wie der Alte und behauptet freundlich lächelnd das Gegenteil der Wahrheit.

Papst Franziskus hat sich wenig erfreut gezeigt über einen Vorstoß des römischen Bürgermeisters Ignazio Marino zugunsten der Homo-Ehe. Vor der in Rom tagenden weltweiten Bischofssynode zum Thema Familie hat sich der Papst am Samstagvormittag in einem kurzen Redebeitrag kritisch darüber geäußert, dass Marino am selben Tag mehrere schwule und lesbische Paare, die in anderen Ländern eine Ehe eingegangen sind, im römischen Rathaus amtlich registrieren wollte. […]  Mit welchen Worten der Papst das Vorpreschen des zur linken Partei der Demokraten gehörenden Bürgermeisters kommentierte, teilte der Vatikan zunächst nicht mit. Teilnehmer der Synode berichteten, Franziskus, der zugleich auch Bischof von Rom ist, habe seine Kritik unzweideutig zum Ausdruck gebracht.  Zuvor hatte bereits die italienische Bischofskonferenz CEI den Akt verurteilt. «Dass diese willkürliche Anmaßung gerade in diesen Tagen in Rom inszeniert wird, ist unannehmbar», heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der CEI. […]

Kollege Schönborn, Bischof von Wien, denkt genauso, versucht sich aber dialektisch zu winden.

Zurück von der außerordentlichen Familiensynode in Rom hat Kardinal Christoph Schönborn den Medien am Montag einen thematischen Tunnelblick vorgeworfen. In einer Pressekonferenz in Wien kritisierte er den Fokus auf Wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Im Mittelpunkt sollte aus seiner Sicht aber der Rückgang des institutionellen Heiratens an sich stehen.
"Das große Thema dieser Synode war nicht die Homoehe, pardon", sagte der Wiener Erzbischof. "Das große Thema ist, dass überhaupt nicht geheiratet wird, und zwar weltweit." Stattdessen täten sich die Menschen zusammen und blieben beieinander […]

Hier gelangt ein Kirchenfürst endgültig ins schlimme Schwafelwasser.
Nein, man habe nichts gegen Schwule und wolle auch gar nichts dazu sagen, aber es ist schon irgendwie von Übel, wenn Menschen ohne kirchlichen Trauschein zusammen leben.
Geht es noch?

Der im Vergleich zu Schönborn noch liberale evangelische Chefbischof Schneider kann auch nicht sagen, was Familie ist und weswegen einige keine Familie sein sollen, obwohl sie es doch offensichtlich sind.
Wie seine Vorgängerin Käßmann tut Schneider etwas eigenartiges, wenn er nichts inhaltlich zum Thema beizutragen hat: Er gibt Interviews und breitet sich mit vielen nichtssagenden Waberworten à la Merkel aus.
So erschien der SPIEGEL gestern mit einem Interview des Chefs von 23 Millionen deutschen Christen und druckte drei Seiten lang Belanglosigkeiten ab.

SPIEGEL: Kaum etwas hat die Evangelische Kirche in Deutschland so umgetrieben wie die familienpolitische Orientierungshilfe, die in ihrer Amtszeit veröffentlicht worden ist. Viele ihrer Kirchenmitglieder haben das Papier so verstanden, als gebe die EKD die Institution der Ehe auf. Wie konnte es so weit kommen?

 Schneider: Natürlich wollten wir nie die Ehe aufgeben, das ist Unsinn. Richtig ist auch: Das Papier hat eine sozialpolitische Ausrichtung. Aber manche Kritik an dem Papier ist berechtigt. Die theologische Grundlegung ist zu kurz geraten – insbesondere mit Blick auf die Institution der Ehe.

SPIEGEL: Vielleicht lag ein Fehler auch darin, in die Kommission, die das Familienbild der EKD prägen soll, eine Soziologin zu berufen, die die Ehe schon als „Erblast im Geschlechterverhältnis“ bezeichnet hat. Besondere Euphorie für die klassische Familie ist da kaum zu erwarten.

Schneider: Es ist gut evangelisch, dass solche Kommissionen mit Menschen besetzt werden, die verschiedene Meinungen innerhalb unserer Kirche abbilden. Die in der Debatte um das Familienpapier angestoßenen Grundsatzfragen arbeiten wir derzeit mit der Kammer für Theologie auf.

SPIEGEL: Noch vor Kurzem hieß es, die EKD wolle auch ein Papier zur Sexualethik vorlegen. Was ist daraus geworden?

Schneider: Es gibt Vorarbeiten, aber noch kein fertiges Papier. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir zunächst die Grundsatzarbeit zum Thema Familie abschließen, bevor wir uns mit Fragen der Sexualethik auseinandersetzen.

SPIEGEL: Hängen die Themen nicht miteinander zusammen?

 Schneider: Ja, aber das ist ein sehr komplexes Thema. Sexualität außerhalb der Ehe ist für manche eine heikle Frage. Und wir wollen auch Antworten finden etwa für Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen, für Transgender und Transsexuelle.
(DER SPIEGEL 20.10.14, s.38)


Im Ernst?
Wem ist damit geholfen?
Sex ist ein „kompliziertes Thema“ und eine „heikle Frage“?
Na gut, ich denke auch, daß Sex kompliziert sein KANN (außer für mich natürlich, da ich im strengen Zölibat lebe), aber ein Aspekt ist ganz einfach: Nämlich was dazu irgendwelche Geronten im Kleid denken.
Wen interessiert es ob die Kammer der Theologie dazu irgendwann ein neues Diskussionspapier entwirft?
Schämt sich Schneider gar nicht dafür mit solchen Nicht-Aussagen an die Öffentlichkeit zu gehen?

Ich kann einfach nicht verstehen worin die Relevanz der Definition einer „Ehe“ durch verschiedene Religioten besteht.
Sind wir nicht ein freiheitlicher Staat, in dem das jeder selbst entscheiden darf?
Die sogenannte „klassische Ehe“ bedeutete über viele Jahrhunderte vor allem Unfreiheit.
Die Väter unseres Grundgesetzes, auf dessen Art. 6 sich nun die Ehebewahrer so vehement beziehen, sahen auch noch vor, daß eine Ehefrau die Erlaubnis ihres Mannes brauchte, wenn sie einem Beruf nachgeht.
Daß sie straffrei in der Ehe vergewaltigt werden durfte und daß man seine Kinder schlug – mit großer Verve von den christlichen Kirchen an Hunderttausenden Heimkindern vorgemacht.
Kinder wurden übrigens zu Heimkindern und damit grausamster physischer und psychischer und oft auch sexueller Qualen ausgesetzt, wenn sie „Bastarde“, also unehelich waren. Dieses hunderttausendfache Megaverbrechen war Folge der starren Normen der klassischen Ehe, nach der sich Herr Ratzinger so sehnt.

Natürlich „hält“ die klassische Ehe länger, wenn einer der Ehepartner weitgehend entrechtet ist, sozial geächtet wird, wenn er sich der Ehe entzieht und auch finanziell ins Bodenlose fällt.
Erst der mühsame Kampf für die Anerkennung von Heimkindern als echte Menschen und Ex-Ehefrauen, die sich ihrer Ehe entzogen, machte es möglich, daß man überhaupt Alternativen zur de facto Zwangsehe hatte. Man denke an all die Menschen, die Hals über Kopf in eine unglückliche Ehe gezwungen wurden, weil sie einmal beim Umgang mit Empfängnisverhütung patzten.

Es muß endlich Schluß damit sein Scheidungen als großes Unglück oder als Scheitern anzusehen.
Mal ganz angesehen von der erbärmlichen katholischen Definition als Todsünde.
(Verstoß gegen des Heilige Sakrament der Ehe)
Die Möglichkeit zur Scheidung ist generell etwas sehr Gutes.
Meine Eltern blieben bis zu ihrem Lebensende engste Freunde und Vertraute. Das gelang in ihrem Fall sicher nur deswegen, weil sie sich 40 Jahre zuvor scheiden ließen. Natürlich ist das kein typischer Fall, aber es gibt mehr und mehr Familienkonstellationen, in denen große Harmonie mit Ex-Ehepartnern herrscht.
Die „klassische Ehe“ von Herrn Lucke und Herrn Ratzinger ist weder schlechter noch besser als alle anderen Formen des Zusammenlebens oder Nichtzusammenlebens.
Erst wenn man als Mutter die echte Option hat den Mann zu verlassen und nicht angefeindet eine lesbische Beziehung einzugehen, kann man von „glücklicher Familie“ sprechen.
Das Zusammenleben zwischen Menschen ist schon aus soziologischen und psychologischen Gründen extrem heikel. Daher wählen inzwischen auch viele ganz bewußt die Option eines nicht sexuellen Lebens, oder noch weit häufiger, die Option eines Lebens in einem Singlehaushalt mit nicht näher definierten sexuellen Aktivitäten.
Was wir dabei überhaupt nicht brauchen, sind staatlich und kirchlich vorgegebene Gerüste und Leitbilder, nach denen Ehen immer möglichst hetero, möglichst monogam und vor allem möglichst langlebig sein müssen.
Es ist ja schön, wenn jemand 70 Jahre glücklich mit einem Partner zusammen ist.
Deswegen ist es aber kein Jota weniger wertvoll, wenn man in 70 Jahren vier Ehen hatte.
Oder aber eine Phase mit täglichen Onenightstands und weiteren zehn Jahren in einer Dreierbeziehung.
Das sollen doch bitte die Menschen selbst entscheiden, wie es ihnen am liebsten ist.
Zum Glück ist das „gemeine Volk“ ohnehin weiter, als CDU-Familienpolitiker und AfD-Prinzessinnen.

Die Tendenz ist seit Jahren eindeutig: Auch in Deutschland verliert das gerne als klassische Familie gekennzeichnete Lebensmodell an Popularität. Nur 49 Prozent der Bürger leben laut der aktuellen Umfrage des Statistischen Bundesamts heute noch in einer Familie mit Kindern. 1996 waren es noch 57 Prozent. Diese Zahlen ergeben sich aus dem Mikrozensus 2013, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland und in Europa. […] Waren 1996 nach Darstellung der Statistiker noch 81 Prozent der insgesamt knapp 8,1 Millionen Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind Ehepaare, so sind es 2013 nur noch 70 Prozent.
Über die kommenden Jahre wird es nun interessant sein zu beobachten, ob und wie sich beispielsweise der wachsende Anteil der alleinerziehenden Mütter und Väter (1996: 14 Prozent, 2013: 20 Prozent) oder nicht-ehelicher oder gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften (1996: fünf Prozent, 2013: zehn Prozent) auf die Gesellschaft auswirken wird. […]  Berlin ist übrigens eine Art Hauptstadt der Alleinerziehenden: Dort sind knapp ein Drittel (32Prozent) der Familien Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern. In Baden-Württemberg gilt dies nur für rund jede sechste Familie (16 Prozent).
[…] Nach Auffassung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) lehnen derzeit 35 Prozent der Deutschen zwischen 20 und 39 Jahren die Ehe als überholte Einrichtung ab. […]
(Martin Zips, SZ vom 21.10.2014)

Gute Entwicklung.
Was Herr Schneiders Ehepapier dazu eines Tages sagen wird, ist irrelevant.

Montag, 20. Oktober 2014

Silberstreifchen



Natürlich, die außenpolitischen Megaprobleme überlagen die Innenpolitik.
Wer will noch ernsthaft über den Antiausländermaut-Unsinn sprechen und sich mit dem zweckfreien Seehofer-U-Boot Dobrindt belasten, wenn in Liberia, Syrien, der Ukraine, dem Irak Tausende verrecken?
Wer will sich mit schnöder deutscher Landespolitik befassen, wenn die Großpolitiker Deutschlands auch noch so offensichtlich versagen?
Foto-Uschi hält ihren Job offenbar für ein reines PR-Instrument, um sich selbst ins Kanzleramt zu pushen. Schäuble versucht sich darin die gesamte europäische Wirtschaft abzuwürgen und Steinmeiner ist bemüht und fleißig – ohne jedoch irgendwo Erfolge vorweisen zu können.

Schön ist das alles nicht. Unterdessen setzt sich die kot-farbige AfD mit ihrem rechtsextremen Nachwuchs in der landespolitischen Landschaft fest.
In Berlin befragt die SPD unterdessen ihre Mitglieder wer der neue Wowi werden soll. Die einzige Möglichkeit etwas Neues zu wagen war ein Votum für Raed Saleh, der mit 18,6 Prozent ganz hinten landete. Berliner SPD entscheidet sich gegen einen Neuanfang. Wowereit-Intimus Langweile-Müller bekam fast 60% der Stimmen.
Ach ja.
Mitgliederbefragungen bei der SPD haben noch nie etwas Gutes gebracht, weil sich die vielen Karteileichen meist an dem Hildebrandtschen Motto „Die SPD scheißt in jede Hose, die man ihr hinhält“ orientiert.
Erst wählten sie sich 1993 ausgerechnet Rudolf Scharping zum Vorsitzenden, der im drauf folgenden Jahr – natürlich – die Bundestagswahl verlor.
2013 kam die ¾-Entscheidung der Mitglieder für eine erneute Kanzlerschaft Merkels.

Aber es gab noch die Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg.
In Sachsen wurde es schließlich Schwarz-Rot. Damit kann ich angesichts der Ergebnisse leben. Es gab keine ernsthafte Alternative. Martin Dulig scheint ein Guter zu sein. Vielleicht kann er sich ja im Amt etwas profilieren und dann 2019 ein bißchen zulegen.

Sinniges auch in Brandenburg. Die SPD mit Ministerpräsident Dietmar Woidke läßt die Offerten der CDU an sich abprallen und regiert weiter mit den Linken. Recht so.

Schon mal 2:1 für mich. Zwei gute SPD-Landesentscheidungen; eine Schlechte.

Und das Problem-Bundesland Thüringen?

In Thüringen herrscht ein Theologen-Oligopol, das alle Parteien durchzieht und zudem ist die Erfurter SPD für das völlige Fehlen ihrer Hoden bekannt.

Für immer unvergessen der Ausschließeritis-König Christoph Matschie, der sich 2009 als einer der größten Deppen Nachwendeparteipolitik positionierte.

Wenn man mit vollem Anlauf gegen eine Wand prallt, sich nicht nur eine blutige Nase holt, sondern dabei auch noch ein lebensgefährliches Schädel-Hirn-Trauma erleidet, sollte man nach dem Aufwachen auf der Intensivstation einige Schlüsse ziehen.

Man könnte beispielsweise gelernt haben, daß eine gemauerte Wand offensichtlich stabiler als ein menschlicher Kopf ist und fürderhin davon absehen die Widerstandskraft der Hirnschale erneut an einer Wand zu testen.

Matschbirne Matschie ging einen anderen Weg.
Der Möchtegernministerpräsident von Thüringen, dessen hysterischer Ausschließeritis-Wahlkampf dazu führte, daß er bei den Landtagswahlen vor vier Wochen demütigend auf Platz 3 (18.5%) landete - neun Prozentpunkte hinter der LINKEn (27,4%), fand den Schlag vor den Kopf noch nicht heftig genug und wand sich mit der Partei zu koalieren, mit der sich fast alle Punkte des SPD-Wahlprogramms umsetzen lassen.

Matschie gruschelte stattdessen die abgestrafte CDU an, die politisch am weitesten von der SPD entfernt ist, die deutlich vom Wähler abgewählt wurde und die im letzten Jahr durch ein extremes Maß an menschlicher Unanständigkeit auffiel.

Mit notdürftig verbundener Birne raste Matschie erneut gegen die Wand.

Nur zur Sicherheit.
Das Bundestagswahlergebnis in Thüringen gab die entsprechende Quittung:
Die SPD fiel im Vergleich zu dem Landtagswahlergebnis vor vier Wochen erneut zurück und kam nur noch 17,6 % - inzwischen beträgt der Abstand zu LINKEn, die erneut zulegte (auf 28,8%) schon mehr als elf Prozentpunkte.

In seinem Bemühen die Sozialdemokraten total zu marginalisieren und seinem Titel als „dümmster Politiker Deutschlands“ alle Ehre zu machen, verkündete der Erfurter Obersozi nun, vier Tage nach der Bundestagswahl ins CDU-Bett zu hüpfen und einen von Merkels Mannen als Regierungschef zu wählen.
Die CDU Thüringens.
Ausgerechnet.
Ein ganz abscheuliches Beispiel WIE MAN ES NICHT MACHT gab die Thüringische CDU ab, die ohnehin schon im tiefsten Untergeschoss der Amoral hockt und ihren wegen fahrlässiger Tötung verurteilten Ministerpräsidenten Althaus tränenrührig als reuiges Opfer inszeniert.  [….] 

Bei so vielen Schwächen könnte es bizarrerweise so sein, daß diesmal ob der nächsten SPD-Blamage nun doch ein anderer Weg gesucht wird.
Der Weg zu Rot-Rot-Grün ist hauchdünn aber dennoch frei.
Nach dem vorläufigen Endergebnis hätten R2G und Schwarz-Rot beide mit 46 von 91 Sitzen die knappste absolute Mehrheit.

Es bräuchte nun nur noch ein paar SPD-Führungsfiguren mit Rückgrat.
Der Thüringer Kultusminister und stellvertretender Ministerpräsident Matschie ist immer noch Parteichef und hatte bis zuletzt die Hosen zu voll, um eine Koalitionsaussage zu treffen. Diesmal war der Pumuckl der Theologie zwar nicht SPD-Spitzenkandidat, aber auch Frau Taubert schlotterten die Knie.

Auch Spitzenkandidatin und Sozialministerin Heike Taubert wehrt sich gegen Vorfestlegungen auf einen favorisierten Partner. Jenas SPD-Oberbürgermeister Albrecht Schröter, der sich positiv über eine rot-rote Koalition äußerte, erntete dafür Kritik von Matschie. […] Die SPD ist in dieser Wahlperiode zum zweiten Mal nach 1994 eine Koalition mit der CDU eingegangen. Nach der schweren Wahlniederlage 1999, als die CDU die absolute Mehrheit gewann, entbrannte in der SPD eine heftige Diskussion um das Verhältnis zur damaligen PDS und heutigen Linkspartei, die bis heute nicht gänzlich abgeschlossen ist.

Bei der Thüringer Landtagswahl von 1994 erreichte die SPD 29,6% und ging als Juniorpartner in eine große Koalition.
Bei der nächsten Landtagswahl verlor sie dann 11,1 Prozentpunkte und sackte auf 18,5% ab.

Bei der Thüringer Landtagswahl von 2009 erreichte die SPD 18,5% und ging als Juniorpartner in eine große Koalition.
Bei der nächsten Landtagswahl verlor sie dann 6,1 Prozentpunkte und sackte auf 12,4% ab.

Alle guten Dinge sind drei, mag sich da die Sozentruppe in Erfurt denken.
Vielleicht können wir die SPD mit einer dritten GroKo ja unter die 5%-Hürde drücken.
Zuzutrauen wäre es einem Typen wie Matschie.

Aber es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Knappe sechs Wochen sind nach der Thüringer SPD-Blamage vergangen und tatsächlich scheint sich die SPD aus dem CDU-Bettchen davonzustehlen.
Recht so.

In Thüringen läuft alles auf Rot-Rot-Grün zu. Erstmals in einem Bundesland könnte die Linkspartei das Ministerpräsidentenamt übernehmen. […] Die Linke, Nachfolgepartei der SED, könnte erstmals in einem Bundesland eine rot-rot-grüne Koalition anführen. Bodo Ramelow schickt sich an, Ministerpräsident zu werden - wenn die SPD-Basis und der Landtag tatsächlich mitspielen. Dies wäre eine Zäsur in der deutsch-deutschen Geschichte. Aber: Wer will sich darüber noch aufregen?
[…] Die Integration der Linkspartei in das demokratische System der Bundesrepublik ist eine Erfolgsgeschichte. Um es ausnahmsweise im alten DDR-Jargon zu sagen: Es zeigt sich einmal mehr die Überlegenheit des Systems - des westlichen wohlgemerkt. Statt auszugrenzen und Gegner zu verfolgen, wie es die SED in der DDR tat, ermöglicht die Bundesrepublik Teilhabe, Mitsprache, Demokratie - sogar für ihre einstigen Gegner. So gesehen wäre Ramelows Wahl zum Ministerpräsidenten die endgültige Niederlage der DDR. […]

Die Entscheidung der SPD ist absolut überfällig.
Aus demokratietheoretischen Erwägungen notwendig und ob der bundespolitischen Farbzusammenstellungen taktisch klug.

Das Nachsehen hat Merkels CDU. Noch eine Landesregierung verloren.
So dominant ihre Partei im Bund ist, so sehr schwächelt sie in den Kommunen und in den Ländern.

Der Bundesrat gewinnt an Bedeutung. Angesichts der 80%-Stimmenmehrheit der GroKo im Bund wird er zu einem echten Gegengewicht.
SPD und Union verfügen in der Länderkammer nur noch über 27 von 69 Stimmen und sind damit weit davon entfernt ihre Gesetze einfach durchsetzen zu können.

Recht so.

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