Samstag, 22. Februar 2025

Pflege-Vorbild Japan

Es ist zum Verrücktwerden: Die absolute Mehrheit der deutschen Wähler wird morgen für die de facto Einthemen-Parteien AfDP-CDUCSU-FW-BSW stimmen. Sie wollen „die Grenzen schließen“ und suggerieren damit, die Lösung aller Probleme:

Denn es ist schließlich logisch: Sobald wir als DDR 2.0 eine Mauer um uns errichtet haben, sanieren sich Straßen und Brücken von selbst, sprießen Glasfaserkabel, verwandeln sich die Schulen in topmoderne Bildungseinrichtungen, fährt die Bahn pünktlich, enden alle Kriege auf der Welt und klimaneutral werden wir so auch.

Kein Wunder, daß sich der Urnenpöbel so für das Konzept Grenzschließung  begeistert, obwohl es drei winzige kleine Haken gibt:

Ø  Es ist EU-rechtswidrig

Ø  Es ist technisch und personell vollkommen unmöglich umzusetzen, eine 4.000 km lange Mauer zu bauen.

Ø  Es  stürzt Deutschland in eine beispiellose Wirtschaftskrise



Tatsache ist, daß wir nicht weniger, sondern mehr Zuwanderung brauchen.

[…..] „Deutschland wird bald um Migranten konkurrieren müssen“

Einwanderung ist ein wirtschaftlicher Vorteil – wenn sie richtig gehandhabt wird, sagt Harvard-Ökonom Marco Tabellini. […..]  Irreguläre Migranten stellen in den USA einen großen Anteil der Arbeitskräfte am Bau, in der Landwirtschaft und im Gesundheitswesen. Wenn diese Arbeitskräfte plötzlich fehlen, steigen die Preise – für Unternehmen und für Verbraucher. […..]  Dass es nicht um Wirtschaft geht, zeigt sich auch daran, dass viele Regionen mit der stärksten Anti-Migranten-Stimmung, etwa Teile Ohios, wirtschaftlich stark von der Migration profitiert haben. […..] Migration führt zu Wirtschaftswachstum, das ist wissenschaftlich gut belegt. […..] Das Land wird also besser durch den Einfluss von außen. Aber auch wenn eher gering qualifizierte Migranten ins Land kommen, hat das eine Reihe von positiven wirtschaftlichen Effekten: Diese Menschen konsumieren, sie steigern die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Und weil sie Jobs übernehmen, die Einheimische nicht machen wollen, ermöglichen sie es diesen, in besser bezahlte Positionen aufzusteigen. […..]  Eine gut durchdachte Politik würde die langfristigen Vorteile, die Einwanderung für den Bundeshaushalt und die Sozialsysteme mit sich bringt, auch Ländern und Kommunen zugutekommen lassen. […..] Deutschland steht vor riesigen Herausforderungen. Die Bevölkerung altert, in den kommenden Jahren werden mehr Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen als in den Arbeitsmarkt eintreten. Wenn Deutschland sein Rentensystem aufrechterhalten und wirtschaftlich wachsen will, braucht das Land Einwanderer. Deutschland hat die Kraft, große Talente anzulocken, aber die Wirtschaft muss sich auch für niedrigqualifizierte Arbeitskräfte öffnen. […..] Deutschland wird bald um Migranten konkurrieren müssen. Der demografische Trend ist mächtig, und er zeigt sich in fast allen Industrieländern. Länder wie Japan und Südkorea, die sich lange gegen groß angelegte Migration gesperrt haben, werden ebenfalls mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert sein. […..]

(Harvard-Ökonom Marco Tabellini, 16.02.2025)

Besonders dramatisch ist der Migrantenmangel im Bereich der Pflege und Medizin.

Dort wird sich die Situation wegen unserer demographischen Aufstellung mit Sicherheit dramatisch verschärfen. Das Desaster wird inzwischen seit zwei Jahrzehnten beklagt und antizipiert. Pflege spielt aber im Wahlkampf keine Rolle. Kann keine Rolle spielen, da die „Ausländer raus“-Einthemen-Parteien AfDP-CDUCSU-FW-BSW keine Lösungen haben. Sie können das Thema ignorieren, weil Millionäre, wie Merz, sich immer genügend private Pflegekräfte kaufen können werden.

Für die paar Menschen aber, die keine 20.000 bis 30.000 im Monat übrig haben, um sich von privaten medizinischen Pflegern 24/7 betreuen zu lassen, die aber trotzdem für eine der „Ausländer raus“-Einthemen-Parteien AfDP-CDUCSU-FW-BSW stimmen, bietet sich eine praktische japanische Lösung an: Gefängnis!

[…..] In japanischen Gefängnissen sitzen immer mehr Ältere ein, oft wegen nur geringer Vergehen wie Ladendiebstahl. Viele von ihnen fliehen regelrecht ins Gefängnis – aus Armut, Einsamkeit oder aus gesundheitlichen Gründen.

„Ich verurteile Sie zu einer Haftstrafe.“ Für die meisten Menschen sind Sätze wie dieser eine Horrorvorstellung: Wem das gesagt wird, der hat sein Leben in Freiheit verloren, müsste für Gänge an der frischen Luft fortan um Erlaubnis bitten, könnte seine Hobbys nicht mehr betreiben, auch kein Essen zum Kochen einkaufen oder Freunde treffen. […..]  

In Japan aber steigt der Anteil älterer Gefängnisinsassen seit einiger Zeit sogar schneller als der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung. Und mittlerweile hat sich Japan durch seine alten Insassen weltweit einen Ruf erworben – wenn auch keinen guten. „Japan steht vor wachsender Altersbevölkerung in Gefängnissen“, schrieb die internationale Nachrichtenagentur Associated Press schon 2010.

Später, 2019, titelte Japans öffentlicher Rundfunksender NHK: „Gefängnisse sind in Japan oft der rettende Hafen für Seniorinnen.“ Ähnlich berichtete im Januar dieses Jahres nun der US-amerikanische Sender CNN, der kurz zuvor ein Gefängnis hatte besuchen dürfen: „Japans ältere Menschen sind einsam und haben es schwer.“

Ein genauerer Blick auf die Statistiken zeigt: Der mit Abstand häufigste Grund für eine Haftstrafe unter älteren Straftäterinnen und Straftätern, mit 58 Prozent, ist Diebstahl – unter Frauen sind es gar 80 Prozent. Dabei berichtet auch CNN, dass Insassen diese Taten nicht selten mit Absicht begehen. Mehr noch: „Es gibt sogar Menschen, die sagen, sie würden 20.000 oder 30.000 Yen (rund 123 bis 185 Euro) im Monat bezahlen, um für immer hier zu wohnen“, wird dort ein Gefängnisangestellter namens Takayoshi Shiranaga zitiert. […..]

(Felix Lill, RND, 16.02.2025)

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