Donnerstag, 23. November 2017

Worte finden.

Oh Schreck, es ist mir schon wieder passiert.
Da falle ich todmüde mit glasigen Augen, schweren Gliedern und mieser Laune ins Bett, bin ohnehin deprimiert, weil ich am nächsten Morgen früh raus muss und dann schalte ich doch noch mal eben kurz CNN ein und bleibe hängen.
Beide Hosts meiner bevorzugten Sendungen auf CNN, „AC360°“ und „Tonight with Don Lemon“ urlauben, Amerika bereitet sich auf die Feiertage vor, aber dann kommt so ein interessantes Special darüber wie die ehemals reinen Comedy-Shows durch die Jon Stewart-Initialzündung zu Late-Night-Shows auf höchstem journalistischen Niveau mutieren.



Die Ikonen der letzten Jahrzehnte, Letterman und Carson, wirken in der Rückschau wieder bieder-oberflächliche Konsenskomiker.
Wer sich politisch akkurat informieren will tut das am besten bei Sam Bee, Trevor Noah, John Oliver, Stephen Colbert und Co.
Da lernt man wirklich etwas und wird nicht mit dubiosen Verschwörungstheorien gefüttert, die man in reinen  News-Sendungen auf FOX oder Breitbart um die Ohren geschlagen bekommt.

Wenn schon hochbezahlte Profi-Journalisten daran scheitern das Trump-Desaster in Worte zu fassen, wie soll ich Mini-Bloggerchen adäquat verbalisieren was ich sehe?

Angesichts der unfassbar peinlichen Twitter-Attacke Trumps auf LeVar Ball, fand allerdings Bakari Sellers (der jetzt blöderweise neuerdings so einen Hipsterbart trägt) bei John Berman (Coopers Urlaubsvertretung) einen passenden Satz: „Trump is such a small man“.
 Das war nett, allerdings muss man sich dafür auch den unterirdischen Trump-Speichellecker Paris Dennard anhören, den Don Lemon noch vor einigen Wochen aus seiner Show warf, weil er immerfort CNN als „fake news“ bezeichnete.

Jeden Tag liest man diese gestörten Trump-Tweets, aber die Mangelbildung, Borniertheit und Naivität des Mega-Egomanen schockiert immer wieder auf‘ Neue.
Man weiß wie Trump ist und ist dennoch aus der Bahn geworfen vor Entsetzen, wenn er es jeden Tag neu unter Beweis stellt.



Diese beiden recht neutral gehaltenen CNN Special Reports sind starker Tobak; daher versuche ich erst gar nicht das mit meiner Privatmeinung zu über-tobaken.

Heute lasse ich Trumps engste Mitarbeiter, seine Fans und Parteifreunde sprechen.

 [….] Former RNC Chairman Calls Trump “Beyond Stupid” [….] GOP members can’t flee Donald Trump’s side fast enough. [….]  When asked for his thoughts on the matter, former RNC chairman, Michael Steele said, “This is beyond stupid. And there’s irreparable harm that’s being done to this party and to this country. Someone needs to take control here and it’s certainly not the president.”  Donald Trump, Roy Moore and people like them need to realize that they WILL pay for their criminal wrongdoings. [……]

[…..] President Donald Trump's national security advisor H.R. McMaster reportedly called the president an 'idiot' with a kindergartener's intelligence at a dinner, according to a report.
McMaster made the comments during a July dinner with Oracle CEO Safra Catz, BuzzFeed reported.
According to the report, which cited five anonymous sources, McMaster, a three star Marine General, called Trump a 'dope,' as well as an 'idiot' with the intelligence of a 'Kindergartener.' [….]

[….] Back in July, Secretary of State Rex Tillerson reportedly called Trump a "fucking moron" in front of a few members of the president's Cabinet and national security team. [….]


Mittwoch, 22. November 2017

So kuschelig



Gestern nannte ich in einer SPD-Diskussion die kategorische Groko-Ausschließeritis der Jusos „infantil.“
Es wurde anschließend weniger darum gestritten, ob es Umstände geben könne, die ein Abrücken vom „Nein zur Groko“ notwendig machten, sondern die Jugend-Snowflakes beschwerten sich bitterlich über meine Wortwahl. Es sei verletzend jemand als „infantil“ zu kritisieren, ich solle darüber nachdenken, ob das eine „sozialdemokratische Ausdrucksweise“ sei und im Übrigen möge ich bitte die Jusos mehr respektieren.
Ich brachte noch das Peer Steinbrück-Zitat von den „sozialdemokratischen Heulsusen“ und dann liefen sie offensichtlich weinend weg.
Bill Mahers berühmte Rant über die demokratische political correctness scheint auch in Deutschland zuzutreffen.


Diese Filterblasen scheinen auch auf der linken Seite dazu zu führen, daß wir uns alle stets an den Händen halten sollen und jeden lieb haben.
Nehmt mich da raus.
Ich erwarte von den Politikern, die ich unterstütze keineswegs, daß sie jeden wie Herr Juncker umarmen und abküssen.
Kanzler und Minister und Parteivorstände sollen nicht Inkarnationen des Altruismus und der Bescheidenheit sein, sondern sie sollen sich durchsetzen können.
Ich wünsche mir keine Trumps, die mit aggressiven miesen Methoden alle anderen wegboxen, aber im Mimimi-Modus dazustehen und bei jedem Satz darauf bedacht sein bloß niemand auf die Füße zu treten funktioniert in der echten Welt genauso wenig.
Es ist genauso absurd sich darüber zu wundern, daß Schauspieler das Rampenlicht suchen und in die Medien streben. Das gehört nun einmal zu den Grundvoraussetzungen für ihren Beruf. Sie müssen es mögen fotografiert und angeglotzt zu werden, im Rampenlicht zu stehen, sich zu exponieren und exhibitionieren.
Das sind Eigenschaften, die ich in meinem persönlichen Freundeskreis nicht gerade sympathisch finde, aber darunter befinden sich auch keine Weltklasse-Bühnenstars.
Politiker brauchen ebenfalls eher unsympathische Charaktermerkmale. Ellenbogenmentalität, Netzwerken, Schmeicheln, berechnend mit Menschen umgehen.
Das legendäre Trio Brandt, Wehner und Schmidt bestand aus charakterlich völlig unterschiedlichen Alphatieren, die sich gegenseitig in Schach hielten und phasenweise sogar verachteten.
Aber sie respektierten einander, verließen sich auf einander. Helmut Schmidt trat zwar in seinen vielen posthum veröffentlichten Briefen gegenüber Willy Brandt erstaunlich devot und ehrerbietend auf, weil sein Bundeskanzler-Vorgänger eine besondere moralische Ikone war. Aber ansonsten war er mit einem derartig robusten Selbstbewußtsein ausgestattet, daß er nicht weinend zu Mami lief, wenn unter Sozialdemokraten böse Worte über ihn fielen.
Bei Merkel und Schröder ist es ähnlich; die sind schwer umzuwerfen und verfallen nicht in Depressionen, wenn untere Parteichargen sie kritisieren, weil sie von sich selbst überzeugt sind.
Irgendwie bähbäh, wenn man so wenig selbstkritisch ist, aber als Kanzler ist diese Stabilität vermutlich notwendig, um nicht dauernd den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Helmut Kohl war deswegen ein schlechter Kanzler, weil seine demonstrativ zur Schau gestellte joviale Selbstzufriedenheit nur Fassade war.
Er litt wie gar fürchterlich darunter von Intellektuellen nicht anerkannt zu werden, über Jahre von maßgeblichen Journalisten nur als tumbe Birne aus der Provinz verspottet zu werden.
Er sehnte sich verzweifelt nach Anerkennung und reagierte bösartig, wenn ihm diese verweigert wurde. Trump nicht unähnlich, nahm er Respektlosigkeiten persönlich, war zutiefst davon ergriffen, sann auf Rache und agierte außerordentlich nachtragend.
Merkel oder Schmidt oder Schröder sind nicht auf diese Weise empfänglich für Beleidigungen und daher auch nicht Getriebene ihrer Emotionen.
Das sind für Kanzler positive Eigenschaften.
Man verwechsele das nicht mit Sensibilität oder Streitlust. Hierin unterschieden sich die drei Genannten nämlich erheblich.
Schröder und Schmidt konnten echte Raufbolde sein und sich voller Enthusiasmus einer Sache verschreiben.
Merkel hingegen zeigt gar keine Gefühle, gar kein Temperament.

Unsichere Politiker, die wie Guido Westerwelle stets zwischen beleidigen und beleidigt sein oszillieren, sind viel problematischer, da sie von Sachpolitik abgelenkt erratisch agieren.
Christian Lindner, der FDP-Eskapist, ist ein Getriebener seiner Vergangenheit.
Voller Rachedurst und Sucht nach Anerkennung und Bewunderung, die ein Helmut Schmidt nie nötig gehabt hätte, weil er sich selbst fabelhaft fand, gibt Lindner derzeit in Berlin den Hobby-Trump-Kohl.
Er hasst Merkel und die Grünen wie die Pest, kann sich über diese Gefühle nicht hinwegsetzen.

[…..] Auch Lindner ist ein Vertreter der liberalen Lesart, dass es vor allem die Kanzlerin war, die den Koalitionspartner FDP so schrumpfte, dass er 2013 aus dem Bundestag flog. In jener Nacht, so berichtete Lindner später, habe er geweint. Im Fernsehen habe er Merkel am Wahlabend sagen hören, sie bedauere das Ausscheiden der Liberalen, aber in der Parteizentrale der CDU, im Konrad-Adenauer-Haus grölten ihre Leute den Toten-Hosen-Hit: "Tage wie diese". Seither schleppt die FDP ein Trauma mit sich herum. Ein Merkel-Trauma. [….] Lindner hatte Spaß daran, Merkel und der CDU ein ums andere Mal eins auszuwischen - dass jeder der möglichen Koalitionäre das Finanzministerium haben dürfe, nur Merkels CDU nicht, gehörte zu einer dieser Episoden im Gegeneinander. Als die Sondierungen schon fortgeschritten waren, als sich abzeichnete, dass Merkel mit den grünen Spitzenleuten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir gut auskam, warf Lindner den Grünen vor, mit ihrer Flüchtlingspolitik ein Konjunkturprogramm für die AfD zu betreiben.
Die Grünen waren schon immer Lindners Lieblingsgegner. Früher holte er in Reden gerne einen Zettel aus seinem Sakko, auf dem er alle möglichen Projekte und Erfindungen aufgelistet hatte, die es angeblich nie gegeben hätte, wenn die Grünen sich mit ihrem Widerstand dagegen durchgesetzt hätten. Computer zum Beispiel. Aber Lindners größtes Problem heißt Merkel. [….] Lindner soll immer wieder mal recht aggressiv aufgetreten sein, nicht laut, aber bissig, mit scharfen Bemerkungen gegen andere Verhandler. Jede Annäherung zwischen Grünen und der Union war ihm suspekt. […..]

Als derjenige, der immer wegläuft, wenn es ernst wird, haftet auch etwas Neroeskes an ihm.
So großartig er sich in den Medien inszeniert, so wichtig ist es für seine Eitelkeit auch von allen anderen als der große Zampano anerkannt zu werden.

[….]  Ein Mann hat einen Traum. Er will Emmanuel Macron sein oder wenigstens Sebastian Kurz. Er ist aber nur Christian Lindner.
Nein, man soll den Einfluss von Personen auf politische Vorgänge nicht überbewerten. Wenn aber in einem sehr kleinen Kreis von Parteioberen entscheidende Gespräche geführt werden, und die Vertreter einer Partei sind beide narzisstisch veranlagte Rollenspieler, dann hat dies Auswirkungen. Der eine, Wolfgang Kubicki, ist als Held der Talkshows hinlänglich bekannt. Der andere, Lindner, inszeniert die Flucht aus der Verantwortung gerne als mutigen Opfergang. So hat er es 2011 gemacht, als er, damals FDP-Generalsekretär, seinem Chef Philipp Rösler die Brocken hinwarf; so hat er es in der Nacht zum Montag wieder getan. [….]

Ich bin so altmodisch. So gefühllos.

Diese Psycho-Politiker wie Westerwelle, Lindner, Lafontaine, Seehofer und Trump, die getrieben davon sind ihre Eitelkeit zu befriedigen und ihre Destruktivität auszuleben, halte ich für völlig ungeeignet als Regierungsmitglieder.

Aber genauso wenig gefallen mir die Kuschelpolitiker des Typs Juso2017, die zwischen den Zeilen nach Beleidigungen fahnden und stets political correcntess einfordern, statt verbal zurück zu hauen und sich trotzdem inhaltlich auseinander zu setzen.
Ich lehne Koalitionsmetaphern wie „Bett“, „Ehe“, „Wunschpartner“ oder „Liebesheirat“ ab. Das ist ein verkehrter Konnotationsbereich. Regierungspartner müssen sich nicht lieben, sich herzen und küssen. Sie sollen sich nicht am Kabinettstisch gegenseitig die Zehennägel lackieren, sondern zusammen arbeiten. Das kann man sogar ohne sich zu mögen.

Daher ist mir die übertriebene Kuscheligkeit zwischen CSU und Grünen höchst suspekt.
Das führt zu Enttäuschungen auf persönlicher Ebene und ist für mich eher ekelig.
Die Szene, die sich nach Kubickis und Lindners Schmoll-Show Sonntagnacht abspielten, erinnern eher an ein Aschram oder eine Fummelparty, als an seriöse Politik.

[….] Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann steht wie erschüttert da, in sich versunken, er hält sich das Kinn, als könne er es nicht fassen. Seine Parteifreundin Claudia Roth sieht wütend aus, sie nimmt erst Kretschmann in den Arm, dann Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der die Umarmung so herzlich erwidert, als seien Unionisten und Grüne immer beste Freunde gewesen.
Überhaupt bricht in dieser Nacht bei den Zurückgelassenen eine nie gekannte schwarz-grüne Harmonie aus. Grünen-Chef Cem Özdemir stößt mit Thomas Strobl an, dem baden-württembergischen CDU-Innenminister. Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck, dessen Gesichtsfarbe nach nächtelangem Sondieren nicht gesund aussieht, bietet CDU-Generalsekretär Peter Tauber an, ihm ein Bier zu holen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier steuert mit ausgestreckter Hand auf Claudia Roth zu. Tage und Nächte hat die Grüne versucht, beim Konfliktthema Flucht Lösungen zu finden. Vergebens. "Liebe Frau Roth, Sie waren großartig!", ruft Altmaier und reicht ihr die Hand über den Tisch. Roth kämpft jetzt gegen die Tränen. […..]
(Sueddeutsche Zeitung, Seite 3, 21.11.2017)

Ich gehöre zur Minderheit der Menschen, die Claudia Roth wirklich mögen und immer verteidigen, aber Rudelbumsen mit de Maizière und Altmaier?
Too much information!


Und wie geht das weiter?
Am Ende gibt es nur noch einerseits eine große Kuschelfraktion aus Linken, SPD, Grünen, CDU und CSU und auf der anderen Seite die beiden inhaltlich kaum unterscheidbaren Harter-Hund-Parteien AfD und FDP, die nach dem Vorbild von FPÖ und ÖVP alles „Linksgrünversiffte“ in die Opposition verdrängen?

Dienstag, 21. November 2017

Nach Trump



Einigen wir uns auf Folgendes:
Trump ist unfassbar eitel, unfassbar gefährlich, unfassbar dumm, unfassbar ignorant und unfassbar bösartig.
Seine Abartigkeit in jeder Hinsicht erinnert an nicht eben sympathische Menschen.


So ist es aber nun und irgendwann wird #45 nicht mehr amtieren.
Ein Impeachment halte ich zwar für ebenso unwahrscheinlich wie ein Amtsenthebungsverfahren nach dem Twenty-fifth Amendment to the United States Constitution, aber vielleicht fällt Trump tot um, wird ausgeknockt, stirbt an einer natürlichen Krankheit oder einem Unfall. Vielleicht tritt er entnervt zurück. Vielleicht schon 2020, aber spätestens 2024 wird ein anderer potus gewählt.
Im schlimmsten Fall wird dann der vielfach der Lüge überführte fanatische Homohasser Mike Pence Präsident, im besten Fall ein liberaler Demokrat.

Wird Amerika irgendwann wieder normal?
Besinnen sich links und rechts auf gemeinsam anerkannte Fakten?
Wird eines Tages noch einmal eine Moral Einzug halten, die sanktioniert, wenn Toppolitiker mit sexuellen Übergriffen prahlen, Behinderte nachäffen und lügen wie gedruckt?
Werden die Alabamanesen eines Tages einsehen, daß man nicht einen radikal verschwörungstheoretischen Islamhasser wählt, der ein Dutzend minderjährige Mädels begrabscht hat, weil das immer noch besser ist, als ein Demokrat?
Können die Amerikaner eines Tages wieder dazu übergehen eher Naturwissenschaftlern statt religiösen Ideologen zu vertrauen, wenn es um Klimawandel und Umweltschutz geht?
Gibt es jemals wieder einen Konsens, daß man andere Nationen und Staatschefs nicht demütigt und beleidigt?
Ich kann mir das schwer vorstellen, denn die extreme Polarisierung der Amerikaner in ihren jeweiligen Filterblasen wird weiterhin zunehmen.
Um halbwegs wieder Anstand und Vernunft ins Weiße Haus zurück zu bringen, müßte es mehrere vorbildlich moralische und skandalfreie Präsidenten geben, die nicht vulgär rumpöbeln und allgemein respektiert werden.
Schon das ist schwer vorstellbar, weil das amerikanische Wahlsystem insbesondere auf der Rechten mit Hilfe von Super-PACs, sozialen Medien und ultraradikalen konservativen Hetzmedien verhindern wird, daß ein halbwegs normaler Kandidat auf ihrer Seite antritt.
Es müssen aber auch einige ethisch einwandfreie GOPer unter den Präsidenten #46 -#52 sein, wenn wieder ein moralischer Konsens eintreten soll.
Gegenwärtig hassen Republikaner wahllos alle Demokraten.
Immerhin hatte Barack Obama acht Jahre auf persönlicher Ebene absolut skandalfrei regiert. Keine Ehekrisen, keine Bereicherungen, keine Schreiduelle im Oval Office, keine Lügengeschichten, kein Nepotismus.
Gedankt hat es ihm niemand auf der rechten Seite.
Der Hass auf Obama wurde nur immer größer.

Problematisch ist insbesondere auch der Dammbruch im gesellschaftlichen Miteinander, den Trump einläutete.
Körperliche Gewalt ist wieder OK, Trump ermutigt Polizisten Gefangene zu schlagen, möchte foltern lassen, lobt Neonazis, inszeniert sich selbst auf Pussygrabber in Chief. Bullying ist nicht mehr ärgerliche Begleiterscheinung, sondern vorbildlich.

Außerdem stellt Trumps Administration viele Weichen.
Internationale Beziehungen werden nachhaltig zerstört, die Umwelt wird ruiniert, sozialer Ausgleich dämonisiert und heftig von unten nach oben umverteilt.
Betsy DeVos, die keine zwei Sätze fehlerfrei schreiben kann, ruiniert als Bildungsministerin das amerikanische Schulsystem.

Besonders erschreckend sie die Pflöcke, die Trumps Bande im Justizsystem einschlägt.
Einerseits zerkloppt er den Respekt vor Gesetzen, setzt sich selbst über sie hinweg und demonstriert, daß Gefängnisstrafen und andere juristische Sanktionen nicht für Superreiche gelten sollen.

Andererseits werden amerikanische Richter konsequent ultrakonservativ besetzt. Entscheidungen für Frauen, Verbraucherschutz, Minderheiten und Gesundheit werden in Zukunft immer seltener.

[….] Brett Talley ist 36 Jahre alt, [….] Das Weiße Haus hat Großes mit Brett Talley vor. Im September nominierte Präsident Donald Trump ihn für ein Richteramt an einem US-Bundesgericht in Alabama. Der Justizausschuss des Senats hat die Ernennung bereits bestätigt. Stimmt auch der volle Senat zu, dann kann der junge Herr Talley für den Rest seines Lebens im Namen der Vereinigten Staaten Recht sprechen. Und das, obwohl er noch nie an einem echten Gerichtsprozess teilgenommen hat und die amerikanische Anwaltskammer ihn als "unqualifiziert" für einen Richterposten einstuft. Doch Brett Talley hat in den Augen der Trump-Regierung einen unschlagbaren Vorteil: Er ist ein ausgewiesener Konservativer. [….] Es [ist] wichtig, welche politische Färbung die Richter haben.   Wie wichtig, das konnte man in diesem Jahr bei Trumps umstrittenem Einreiseverbot für Bürger bestimmter muslimischer Länder sehen. Konservative Richter hätten das vielleicht als zulässige Maßnahme der Regierung zum Schutz der nationalen Sicherheit gewertet - möglicherweise ineffektiv, aber legal. Doch die Klagen gegen das Einreiseverbot wurden - nicht zufällig - bei eher liberalen Gerichten eingereicht. Dort werteten die Richter die Verfügung als verbotene religiöse Diskriminierung und kippten sie. Trump antwortete mit Schimpftiraden über "angebliche Richter", die ihm in die Arbeit pfuschten.
Um das künftig zu verhindern, besetzt die Trump-Regierung frei werdende Richterstellen seit Monaten systematisch mit Konservativen. [….] Doch auch für die Ebenen unterhalb des Supreme Court, die Bundes- und Bundesberufungsgerichte, nominiert das Weiße Haus reihenweise Konservative. Talley ist nur einer von fast 60 Richterkandidaten, die Trump in seinem ersten Regierungsjahr vorgeschlagen hat; 13 hat der Senat bisher bestätigt. Bei etlichen gibt es Vorbehalte, weil sie wie Talley als zu jung, unerfahren und unqualifiziert gelten. Aber ihre politische Haltung ist offenbar Empfehlung genug. [….] Die Folgen dieser Personalpolitik wird Amerika auf Jahrzehnte hinaus spüren. Denn die Stellen als Bundesrichter, derzeit insgesamt etwa 870, werden auf Lebenszeit vergeben. Trump kann also in vier Jahren zumindest einen Teil der Richterschaft politisch ausrichten. […..]

Montag, 20. November 2017

FDP, die Eskapisten

Blöd irgendwie, Trittin gibt ein ZDF-Interview, in dem er erklärt, die Jamaika-Koalitionsverhandlungen wären fast in trockenen Tüchern. Der Soli für 75% der Menschen komplett abgeschafft, anlassbezogene Vorratsdatenspeicherung im Sinne der FDP geändert, elf Millionen Euro zusätzlich für die Bildung, die FDP sollte zehn Milliarden Euro für ihre Digitalisierung bekommen, sogar beim Thema Migration hatten sich Grüne und CSU geeinigt und dann haut die FDP aus Angst vor einer Einigung ab.
Anschließend wird Wolfgang Kubicki interviewt, gibt sich verbiestert, weil er nicht den Schwarzen Peter überreicht bekommen will. Trittin operiere wie so oft am Rande der Wahrheit; eigentlich hätte man weit auseinander gelegen.
Um 20.15 Uhr befragt Tina Hassel im ARD-Brennpunkt Frau Merkel nach dem Tathergang und sie bestätigt 100%ig die Darstellung Trittins; kann die FDP nicht verstehen.
Lindner wollte die Sondierungen von vorn herein gegen die Wand fahren lassen; suchte nur nach einem Vorwand.

[….] So wirkte es in der Tat. Christian Lindner hatte ein vorgeschriebenes Statement parat, es gab Sharetags im Internet, die quasi zeitgleich mit dem Abbruch der Gespräche verbreitet wurden. Aber es ist jetzt auch egal, ob die FDP am Sonntagabend oder schon vor drei Wochen entschieden hat, Jamaika scheitern zu lassen. [….]

32% der Bundesbürger geben laut ARD-Umfrage Christian Lindner die Schuld.
Noch mehr sind es laut SPON-Umfrage.
Eine eigentümliche Koalition aus CSU, Grünen und CDU, die mit wütend bebenden Fingern auf die FDP zeigt.
Das sei eine gut vorbereitete Spontanität, mit der die FDP sich vom Acker gemacht habe, merkte CDU-Vizin Klöckner an.
Linders Flucht vor der Verantwortung wächst sich zu seinem Hauptcharaktermerkmal aus. Schon im Jahr 2000 nach seiner Moomax-Pleite lief Lindner weg und stand nicht für sein finanzielles Desaster gerade.

 [….] Unter dem Motto „Leistung muss sich wieder lohnen“ hatte der blutjunge Lindner nach seinem Landtagseinzug 2000 mit seinem Bekannten Hartmut Knüppel am 29.Mai 2000 die Internet-Firma „Moomax“ gegründet
Das Internet boomte und der schlaue Lindner wollte ein großes Stück vom Kuchen. 
Er brachte 30.000 Euro Eigenkapital auf  und holte sich weitere 1,2 Millionen Euro von der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau. Der Erfolg war rekordverdächtig. 
In nur 18 Monaten hatte Lindi das gesamte Kapital verbrannt.

[….] Das ganz dolle Team "von Informatikern, Drehbuchautoren, Psychologen, Linguisten, Journalisten und Betriebswirten" wird sich jetzt wohl was anderes suchen müssen, weil der Markt für Avatare, offen gesagt, ziemlich tot ist. [….]

Knüppel und Lindner wurden gefeuert. Der Staat blieb auf den 1,2 Millionen Linder-Miesen sitzen, für seine Eselei blecht nun der Steuerzahler und Lindner machte Karriere in der Marktwirtschaftspartei FDP. 
[….] Lindner gründete noch die zunächst als knüppel lindner communications gmbh firmierende Unternehmensberatung Königsmacher GmbH, die er auch sofort in den Sand setzte.

[….] Was Parteichef Andreas Pinkwart als "Achterbahnfahrt der New Economy" beschrieb, ist für Lindner peinlich. Seine Internet-Firma Moomax GmbH ging nach 17 Monaten mit dem Neuen Markt unter. Dabei verflüchtigten sich weit über eine Million Euro öffentlicher Fördergelder. Andere Lindner-Firmen, wie die Unternehmensberatung "die Königsmacher GmbH", kamen erst gar nicht gut genug in Gang, um so viel Geld verbrennen zu können.

Immerhin brachte es der Porsche-fahrende Zivildienstleistende durch seine politischen Verbindungen bis zum Luftwaffen-Hauptmann der Reserve! 
Freunde muß man haben.
Politisch war Lindner bekanntlich ähnlich erfolgreich! Unter seiner inhaltlichen Führung als FDP-Generalsekretär surrte die FDP von 15% auf 4% zurück. [….]

2011, als die schwarzgelbe Bundesregierung strauchelte, die er 2009 mitorganisiert hatte, lief er weg, warf sein Generalsekretäramt hin.

Als die FDP bei der Nordrheinwestfälischen Landtagswahl am 14.05.2017 in Lindners Heimatbundesland sagenhafte 12,6% errang und sich zur allgemeinen Überraschung eine komplette Ablösung von RotGrün ergab, lief Lindner wieder weg, wollte als Landtagsfraktionsvorsitzender keinesfalls ein Ministeramt übernehmen oder der Regierung angehören.

Landtagswahl in Niedersachsen am 15.10.17, die SPD schneidet überraschend gut ab, aber ganz knapp reicht es nicht für Rotgrün. Um die verhasste Groko zu vermeiden, möchte die amtierende rotgrüne Minderheitsregierung eine Ampel mit der FDP bilden. Lindners Jungs laufen wieder weg, entziehen sich der Verantwortung, wollen um keinen Preis in eine Regierung eintreten.

Und nun, am 19.11.17 kurz vor Mitternacht, man hatte sich fast mit Union und Grünen geeignet, steht Lindner wortlos auf und läuft weg.
Der Hepatitisgelben mutieren von der Partei der Besserverdienenden über den Status der Null-Themenpartei zur Eskapismuspartei.

 Lindner geht es um - Lindner
FDP-Chef Christian Lindner hat sich aus der Verantwortung gestohlen und leichtfertig mit Grundsätzen deutscher Politik gebrochen. […..]

Lindner, der sich mehr und mehr als Gauland 2.0 präsentierte, tat alles, um die Jamaika-Sondierungen zu torpedieren.
CSU und FDP frönten ihrer Destruktivität im Glauben den Grünen anschließend den Schwarzen Peter zuschieben zu können.
Das wird, wie erste Umfragen zeigen, schwer.
Denn die Grünen hatten alles abgeräumt. Kohleausstieg, Elektroautos waren nicht mehr so wichtig und sogar die 200.000-Obergrenze wollten sie akzeptieren.
Derart geschmeidige Krötenschlucker taugen nicht als Sondierungs-Buhmann.
Von derartigem Kontorsionskünstlertum der Ökopartei bekommt die  Grünenbasis zwar Magenkrämpfe, aber Lindners Eskapisten sind kunstvoll ausmanövriert und stehen nun allein im Du-bist-schuld-Shitstorm.

[….] Aus dem Staub gemacht
Christian Lindner hat mit seinem abrupten Abbruch der Sondierungsgespräche Union und Grüne vor den Kopf gestoßen. Der Verdacht liegt nahe, dass er die Jamaika-Regierung nie ernsthaft wollte. [….]

[…..] Die FDP hat Jamaika nicht zufällig ruiniert, sondern mit strategischer Absicht. Lindner hat die Verhandlungen beendet – nicht weil diese komplett festgefahren waren, sondern weil den Liberalen das Schlimmste drohte: das Gelingen. […..] Die Chuzpe, mit der die FDP diese Verhandlungen hat scheitern lassen, ist bemerkenswert.  Lindner hat die FDP jetzt dorthin gesteuert, wo er sie von Beginn an haben wollte: als markige Opposition gegen die sogenannten Weiter-so-Parteien, gegen die Merkel-CDU und die Realo-Grünen. Mit welcher konkreten Forderung die FDP denn auf Granit gebissen hat, können Lindner & Co kurioserweise gar nicht angeben. Die FDP stürzt die Republik in eine Krise, ohne das triftig erklären zu können. Viel Pose, – „wir gegen die grün-christdemokratische Einheitsfront“ – und wenig Substanz. Wer da vage an Trump denkt, liegt nicht falsch. […..]

 [….] "Lindner wollte offensichtlich nicht regieren" […..]

[….] Es ist, Helmut Schmidt hat Genscher seinen Verrat 1982 nie verziehen, nicht das erste Mal, dass die Liberalen mit einem umstrittenen Manöver eine Koalition sprengen.  Ob es sich für Christian Lindner gelohnt hat, bei den Jamaika-Verhandlungen die CSU in Sachen Migration und Klimaschutz rechts zu überholen und seine Partei in trübe AfD-Gewässer zu steuern, wird sich zeigen, wenn es zu Neuwahlen kommt. […..]

[….] Ego-Politiker Christian Lindner - Der Wirtschafts-Flüchtling [….]

[….] Zuwarten und zugucken - das war ja immer Merkels Rezept. Dieses Mal ist es nicht aufgegangen. Der unberechenbare Herr Lindner von der FDP hat die Kanzlerin in die Ecke gespielt. Nun steckt sie in der Klemme. Und mit ihr das ganze Land. Es ist sehr fraglich, ob das Lindner nützen wird. Aber es ist sicher, dass es Merkel schadet. Sie wird nur darum nicht vom Thron gestoßen, weil niemand sich in ihren Scherbenhaufen legen will. [….] Man tut Christian Lindner sicher nicht Unrecht, wenn man annimmt, dass es nicht Prinzipientreue war, die ihn dazu veranlasste, die Gespräche für die sogenannte Jamaikakoalition scheitern zu lassen.
Lindner entpuppt sich als Spieler, der den Einsatz erhöht, weil er nach dem Hauptgewinn schielt. Es sollte zu denken geben, dass dieser Ehrgeizige mit dem Abbruch des Jamaika-Projekts der Mitte, in der doch hierzulande angeblich alle Wahlen gewonnen werden, die kalte Schulter zeigt.[.....]  Er sucht sein politisches Heil darin, die FDP auf nationalliberalen Kurs zu drehen. Sein gefährliches Vorbild ist klar: der Erfolg des noch jüngeren Österreichers Kurz. In einer gar nicht so fernen Post-Parteien-Zukunft, in der endgültig das Primat des Persönlichen obsiegt hat, könnte er, Christian Lindner, der erste gleichsam überkonfessionelle Kanzler der Republik werden. Was für eine grauenhafte Vorstellung. [….]

Die FDP-Spindoktoren, die Lindner als prinzipientreuen Macher jenseits persönlicher Interessen darstellen sollten, müssen noch lange nachsitzen.
Das Gegenteil wurde erreicht. Die FDP steht als reine Ego-Partei ohne Sinn für das Allgemeinwohl da.