Samstag, 14. Juni 2025

Mad King Day

Darüber gibt es keine zwei Meinungen: Trumps zweite Amtszeit wird sehr viel schlimmer, als seine Erste, weil er

1.) Mehr denn je durch Rache getrieben ist

2.) Keinerlei Widerspruch mehr in seinem Stab bekommt und

3.) Mit dem Project 2025 diesmal akribisch vorbereitet ist.

Trumps toxischer Einfluss auf die USA, die Wirtschaft, die Welt manifestiert sich bereits mehr als deutlich

Es ist nur folgerichtig, was jetzt passiert. Wer es wagt, dem Faschismus zu widersprechen, wird wie der kalifornische US-Senator Alex Padilla abgeführt, zu Boden geworfen und in Handschellen gelegt.


Der Mob wird von dem wutschnaubenden Cult-Leader angestachelt, demokratische Politiker zu ermorden. 

[….] Mitten in der Nacht zum Samstag fuhr ein Mann bei demokratischen Politikern in Minnesota vor, gekleidet wie ein Polizist. Es heißt, das Auto habe ausgesehen wie ein Streifenwagen. Dann fielen die Schüsse. Der Senator John Hoffman und seine Frau Yvette wurden in ihrem Haus in Champlin bei Minneapolis schwer verletzt, Ärzte kämpfen in einer Klinik um ihr Leben. Die Abgeordnete Melissa Hortman und ihr Mann Mark, die wenige Meilen entfernt in Brookyln Park wohnten, sind tot. Erschossen.

Als mutmaßlicher Täter gilt laut CNN Vance B., 57, er arbeitet demnach für eine Sicherheitsfirma und wurde von der Armee ausgebildet. [….]  „Es handelt sich offenbar um einen politisch motivierten Mord“, sagte der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, der 2024 der Running mate der demokratischen Präsidentschaftskandidatin gewesen war. „Wir alle, in Minnesota und im ganzen Land, müssen uns gegen alle Formen politischer Gewalt stellen.“

Die Attentate geschahen an einem Tag, an dem die Auseinandersetzung um seine zunehmend autoritäre Regierung von Donald Trump auf einen neuen Höhepunkt zusteuerte. In Washington stand die größte amerikanische Militärparade seit Jahrzehnten an, zum 250. Jubiläum der US Army, nicht ganz zufällig auch zum 79. Geburtstag des Oberbefehlshabers. Gleichzeitig wurde in vielen Städten des Landes gegen seinen Amtsmissbrauch demonstriert, Titel „No Kings“, keine Könige.

In Minnesota warnten die Behörden angesichts der Lage vor einer Teilnahme den Protesten, dennoch versammelten sich Tausende  Menschen vor dem Kapitol in St. Paul. In dem Fahrzeug des Flüchtigen lagen Zettel mit Aufschrift „No Kings“, jedenfalls zeigt das ein Polizeifoto. Außerdem seien dort ein Manifest und eine Liste mit weiteren Zielen des mutmaßlichen Schützen gefunden worden, die Genannten werden jetzt besonders geschützt. Vor allem für Melissa und Mark Hortman kommt die Warnung zu spät. [….]

(Peter Burghardt, 14.06.2025)

Der orange Messias findet alles so großartig, daß er für rund 100 Millionen Dollar eine Militärparade zu seinem heutigen Geburtstag aufmarschieren lässt.

[….] Mehr als 6.000 Soldatinnen und Soldaten, 150 Militärfahrzeuge - einschließlich Panzer - und 50 Flugzeuge und Hubschrauber sollen an der Parade in Washington beteiligt sein. Und der wichtigste Mann im Publikum hat an diesem Tag selbst Geburtstag: Donald Trump wird 79.  [….] Was die jetzige Militärparade besonders umstritten macht: Während in Washington Panzer präsentiert werden, sind in Los Angeles Nationalgarde und US-Marines im Einsatz, um Trumps harte Migrations- und Abschiebepolitik zu untermauern.  Den Politikwissenschaftler Chris Edelson von der American University macht das einigermaßen fassungslos. "An seinem Geburtstag Panzer im Zentrum von Washington - das wirkt wie aus einem Kinofilm", sagt Edelson im ARD-Interview. Der Politologe ist ein besonders scharfer Kritiker des US-Präsidenten. Aus seiner Sicht will Trump sich zum König machen.

"Er glaubt, Regeln gelten für ihn nicht. Er glaubt, er kann machen was er will", sagt Edelson. "Wenn der Präsident das Militär in Los Angeles einsetzen kann, wo es absolut keinen Grund dafür gibt, dann will er sich in dieser Art der Machtausübung zum Diktator machen, zu einem amerikanischen Putin, Orban, Erdogan, vielleicht einem amerikanischen Xi", erklärt er in Bezug auf die Staats- und Regierungschefs Russlands, Ungarns, der Türkei und Chinas.

In zahlreichen Städten der USA sind für heute Proteste geplant, viele unter dem Motto "No Kings" - "Keine Könige". Trump hat angekündigt, Protestierenden im Umfeld der Militärparade in Washington mit "allergrößter Härte" zu begegnen.  [….]

(Tagesschau, 14.06.2025)

[….] Bundeskanzler Friedrich Merz wirbt nach seinem Besuch bei Donald Trump für einen anderen Umgang mit dem US-Präsidenten. „Hören wir mal auf, mit erhobenem Zeigefinger und gerümpfter Nase über Donald Trump zu reden. Man muss mit ihm reden und nicht über ihn reden“, sagte der CDU-Chef bei einer Unternehmertagung in Berlin. [….]

(Stuttgarter Zeitung, 06.06.2025)

Meines Erachtens haben sich die Institutionen der USA als zu schwach erwiesen. Sie versagen vor unseren Augen. Die Presse ist zum größten Teil ein Trauerspiel, die Opposition ohnmächtig, die Richter eingeschüchtert, oder auf Linie gebracht, die Wirtschaft kuscht und das Volk schweigt aus Angst.  Und noch viel schlimmer: Große Teile des Pöbels und die Mehrheit der Parlamentarier jubeln dem Untergang der US-Amerikanischen Demokratie zu. Sie applaudieren dem kriminellen, rassistischen, raffgierigen, permanent lügenden Vergewaltiger dabei, wie er die Verfassung zertrampelt.

Wir müssen also abwarten und hoffen, Trump möge die gesamte US-Wirtschaft so dermaßen in den Abgrund reiten, daß auch die fanatischen Jünger es verstehen.

Etwas Hoffnung kann man aus der sagenhaften Verdummung der Trumpisten schöpfen. Sie sind so unfähig, daß sie noch nicht mal ihr eigenes Drehbuch umsetzen können, wenn sie alle Macht in den Händen halten und nicht mal auf Widerstand treffen.

[….] Die Umsetzung der Pläne aus dem Project 2025 ist massiv beschleunigt worden, aber genau deswegen ist vieles nicht so ordentlich gemacht worden, wie der Leitfaden es selbst fasst. Beispiel Bürokratieabbau: Der ging durch Elon Musk mit DOGE sehr schnell. Umgekehrt sind aber über das letzte Jahr 47.000 Menschen vorrekrutiert worden, um sie – je nach Bedarf – in eine ideologisierte Bürokratie wieder einzuspeisen. Da aber das Edikt zu Sparen plötzlich über der Effizienz stand, sehen wir in vielen Teilen des Apparats absoluten Stillstand, mit den entsprechenden Auswirkungen auf das öffentliche Leben in den USA, von Flugsicherheit, bis Lebensmittelsicherheit, bis zur Veteranenversorgung – mit tiefen Konsequenzen, die sich noch vollständig abzeichnen werden. [….] 

Amerika versteht sich als eine sich selbst korrigierende Demokratie. Diesem Verständnis stehen jetzt regressive Energien gegenüber – die im Übrigen nicht wirklich einen vollständig durchdachten Plan haben, wie zum Beispiel diese vermeintliche Reindustrialisierung der USA wirklich aussehen soll, von der die MAGA-Strategen sprechen – mit eingeschränktem Zugriff auf neue Arbeitskräfte aus der ganzen Welt, mit beschnittener wissenschaftlicher Freiheit. [….]  Die kognitive Dissonanz zwischen den Zivilrechtlichen Errungenschaften einer Verfassungsordnung und den Bildern einer Militärparade sind kognitiv schwer in Einklang zu bringen. [….]

Wenn 32 Prozent der amerikanischen Bevölkerung in einer Umfrage aus dem letzten Februar angeben, sie würden sich eine starke Staatsführung oder die Staatsführung durch das Militär wünschen, dann sind da gesellschaftlichen Bewegungen im Gange, die von den MAGA-Strategen gut gelesen worden sind und für eine längerfristig angelegte politische Machtergreifung instrumentalisiert werden. [….] Die große Sorge, die viele haben, ist, dass das Wahlsystem in der Fläche bis zur Zwischenwahl 2026 so geschwächt und beeinflusst worden ist, dass es nicht mehr zu einer klassisch funktionalen Wahl kommen wird, was dann wiederum Einfluss darauf hat, wie sich bestimmte Mehrheitsverhältnisse weiter gestalten. [….]  Ich mache mir große Sorgen. [….]

(Cathryn Clüver Ashbrook, 14.06.2025)

Freitag, 13. Juni 2025

Diktatoren-Spaß

Dieser elende miese Stephen Bannon. Nun hat er mich mit seiner „flood the zone with shit“-Stragegie auch erwischt. Über 50 mal änderte Trump in vier Monaten die Zollpolitik; setzte so erratisch Zölle rauf und runter, daß ich den Überblick verloren habe, was jetzt eigentlich gilt.

[…] It’s hard to keep track of how many times Trump has ordered or reversed new tariffs, but the Post has helpfully done that math, too:

    Since the inauguration on Jan. 20, Trump administration officials have announced new or revised tariff policies more than 50 times, according to a tally by The Washington Post. (A separate tally by Reed Smith, a law firm, has found about 55 such actions.) Trump has issued more than a dozen tariff-related executive orders, or about one per week — one aimed at Mexican drugs and migration, another aimed at Canada, yet another hitting China, and several that modified previously issued executive orders, among others.

    Some of his plans have been strikingly short-lived: More than a half-dozen of the president’s tariff announcements, such as duties on dairy imports and Colombian trade, didn’t last more than a week before they were altered. Some didn’t last a day. (The White House says this was because they achieved their intended result.)

    Trump has substantially changed tariffs on goods from China, Canada and Mexico at least a half-dozen times each. He has reversed himself at least three times on auto tariffs, on steel and aluminum, and on agriculture and energy. Other sectors are left waiting to see how their production lines might be upended. Trump has announced, but not implemented, tariffs on semiconductors, pharmaceuticals and a range of other critical imports.  […..]

(Chas Danner, 15.05.2025)

Es scheint sich nicht mehr zu lohnen, dem Trumpschen Zoll-Chaos zu folgen. Wozu sollte man sich up to date bringen, wenn ohnehin morgen wieder etwas anderes gelten wird?

Noch drastischer ist das rechtliche Chaos, das der größte Verfassungsfeind der USA anzettelt. Er verklagt alles und jeden, der es wagt, ihm zu widersprechen. Zudem wird er pausenlos wegen seiner eigenen illegalen Methoden verklagt.

Zuletzt erfolgreich von Gavin Newsom. Wenn aber ein Gericht, oder ein Bundesrichter gegen Trump entschiedet, kommt ihm das nur Recht. Das liefert ihm jede Menge Munition, um seine 80 Millionen orangen Jünger gegen den „Deep State“ aufzuhetzen, sich als Opfer zu inszenieren und die nächsten Instanzen zu bemühen.

[….] US-Präsident Donald Trump verurteilte bei einer Kundgebung am Militärstützpunkt Fort Bragg in North Carolina die Demonstrationen in Los Angeles. „Generationen von Armeehelden haben nicht an fernen Küsten ihr Blut vergossen, nur um dann zuzusehen, wie unser Land hier zu Hause durch Invasionen und Gesetzlosigkeit in der Dritten Welt zerstört wird, wie es in Kalifornien geschieht“, so Trump. Die Protestierenden bezeichnete er als „radikale Linke“ und „Tiere“. […]

(FR, 12.06.2025)

[…] Die nächste Entscheidung von US-Präsident Donald Trump ist vor Gericht gelandet. Dieses Mal ging es um die Nationalgarde, die im Zuge von Protesten gegen den Willen von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom nach Los Angeles entsandt wurde. Dies ist von einem Gericht in den USA als »illegal« eingestuft worden.

»Seine Handlungen waren illegal«, hieß es in einem von der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag (Ortszeit) eingesehenen Urteil von US-Richter Charles Breyer in Bezug auf Trump. Der Richter wies den Präsidenten an, die Kontrolle über die kalifornische Nationalgarde »unverzüglich« an den Bundesstaat zurückzugeben. [….]

(SPON, 13.06.2025, 05:01 Uhr)

[…] Trump hat Soldaten der Nationalgarde nach Los Angeles entsandt und damit ein juristisches Tauziehen ausgelöst. Nun entschied ein Berufungsgericht: Die US-Regierung darf vorerst die Kontrolle über die Nationalgarde behalten.

Die US-Regierung darf vorerst die Kontrolle über die Nationalgarde in Kalifornien behalten. Ein Berufungsgericht blockierte am späten Donnerstagabend (Ortszeit) eine nur wenige Stunden alte Anordnung des Bezirksgerichts in San Francisco. Gegen diese hat die Regierung von US-Präsident Donald Trump erfolgreich Widerspruch eingelegt.  [….]

(Tagesschau, 13.06.2025, 10:35 Uhr)

Die Rechtslage ändert sich also alle paar Stunden. Damit funktioniert wieder einmal Bannons Credo – die Welt wird von den Trumnpanzees mit so einer gewaltigen Scheiße-Welle geflutet, daß auch die anständigsten, aufmerksamsten und rechtstreuesten Bürger den Überblick darüber verlieren, wie kriminell die Administration handelt.

Für die Rechten ist Juristerei, wie ein bunter Zauberkasten, aus dem man sich nach Belieben bedient, bis man das gewünschte Ergebnis erreicht hat. Und sollte man jemals in der obersten Instanz scheitern, lässt sich das immer noch in einen moralischen Sieg verwandeln, indem man fürchterlich rumjammert, alles sei „rigged against me“, „deep state“. Finanziell lohnt es sich sowieso, weil die 80 Millionen Trumpanzeejünger bereitwillig ihrem Milliardenschweren Messias jedes Jahr hunderte Millionen Dollar überweisen. Weil er es doch so schwer hat mit seinen Anwaltskosten.

Die Rechtsextremen und Unseriösen in Europa haben diese Methode längst adaptiert. Der Deutsche Bundeskanzler und sein Verfassungsminister biegen sich höchstrichterliche Urteile zurecht, wie sie wollen, ignorieren den internationalen Strafgerichtshof, erklären dem staunenden Volk kackendreist, man habe nicht die Absicht, sich an Europarecht und die drei Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin zu halten. Die passen ihnen politisch nicht in den Kram und eine der Richterinnen soll ja auch Grüne sein. Zudem sind Gerichte in Berlin aus CSU-Sicht ohnehin irrelevant.

Trump, Söder, Merz, Dobrindt sehen geltendes Recht lediglich als Handlungsoption an. Fakten sind bloß eine der möglichen Realitäten. Eine lächerliche Schwäche der Sozis, Grünen und Demokraten, sich sklavisch an die Wirklichkeit zu halten.

[….] Als Innenminister Dobrindt die Gefährdungslage durch Rechts- und Linksextremismus auf zwei Diagrammen präsentierte, war das eher Kunst als Statistik. Und ein PR-Stunt auf Kosten der politischen Realität. [….] Wer sich nicht die Mühe macht, die y-Achsen zu lesen, die beide mit unterschiedlicher Skalierung arbeiten (das Diagramm zum rechtsextremen Personenpotenzial zählt bis 60.000, das zum linksextremen bis 40.000), denkt sich beim Anblick der zwei Infografiken: Bald brennen Dienst- und Einkaufswägen vorm Bundestag. Die Entwicklung des linksextremen Gefahrenpotenzials steigt darauf steiler als Dobrindts wunderliche Karriere in den letzten Jahren. Nur zeigen die realen Zahlen, also genau die Zahlen aus dem von ihm dort vorgestellten Bericht, ein bisschen was anderes.

Auch wenn das massiv gestiegene Rechtsextremismuspotenzial als kunstfertiges Diagramm nur so mittel beunruhigend zu sein scheint: Es ist 2024 um fast 10.000 Personen gewachsen und umfasst nun über 50.000 Rechtsextremisten. Aber gut, viele sitzen ja eh in der AfD, also quasi im Parlament, dann hat man sie ja im Blick. Nein, die wirklich dramatische Entwicklung, auf die wir nun alarmiert blicken sollten – glaubt man Schildbürger Dobrindt – sind: linksextreme Gewaltorientierte. Angeblich »deutlich gestiegen« ... auf exakt dieselbe Zahl wie im Vorjahr: 11.200. Die linksextreme Szene verzeichnet in ihrer Gesamtheit laut Verfassungsschutzbericht in diesem Jahr den besorgniserregenden und kaum einzudämmenden Zuwachs von ganzen 1000 Personen.

Die CSU war ja schon immer Meisterin der politischen Schwarz- bzw. in diesem Fall Rotmalerei, aber dieses visuelle Äquivalent zu »Bad people on both sides« stellt in Anbetracht der tatsächlichen Werte eine eigene Form ideologischen Malen-nach-Zahlens dar. Während Rechtsextreme laut Bericht fast 38.000 Straftaten begangen haben – zum Vergleich: bei den Linksextremen sind es unter 6000 –, die Gesamtzahl rechtsextremer Straf- und Gewalttaten also um fast die Hälfte anstieg, sehen die Grafiken so aus, als würden sich Antifa und Neonazis demnächst in der Mitte treffen, um gemeinsam den Reichstag niederzubrennen. Tatsächlich sind, nur mal fürs Protokoll, politisch motivierte Gewalttaten mit linksextremem Hintergrund um 26,8 % gesunken, die Zahl der Gewalttaten gegen Polizei und Sicherheitsbehörden um 51,6 %. Das Gros der Straftaten, die der Bericht auf linker Seite dokumentiert, sind Sachbeschädigungen. [….]

 (Samira El Ouassil, 12.06.2025)

Die Konservativen verwandeln die Welt immer mehr in eine legal-illegal-scheißegal-Welt, in der die Ihrigen tun können, was sie wollen und nicht dafür kritisiert werden dürfen, nur weil sie etwas Illegales tun. Oder lügen, daß sich die Balken biegen.

[….] Nach den Voraussetzungen des Selbstverteidigungsrechts, wie es in Artikel 51 der Uno-Charta normiert ist, ist eine militärische Gewaltanwendung nur dann gerechtfertigt, wenn ein bewaffneter Angriff – eine »armed attack« – des betroffenen Staates stattgefunden hat. In diesem Fall gab es keinen solchen Angriff Irans auf Israel. Israel argumentiert, dass es sich vor einem zukünftigen Angriff schützen müsse, möglicherweise mit Nuklearwaffen. Doch das basiert allein auf hypothetischen Annahmen.  Dieser Angriff Israels auf Iran war völkerrechtswidrig. [….] Nach Historisch betrachtet wurde das Gewaltverbot in die Uno-Charta eingeführt, um die militärische Konfliktlösung zu verhindern. Das war eine historische Errungenschaft der Nachkriegsordnung. Vor diesem Hintergrund wurde das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 – als Ausnahme vom Gewaltverbot – traditionell eng verstanden. Die Diskussion über eine präventive Ausweitung begann 1967 mit besagtem Sechstagekrieg und nahm mit 9/11 an Fahrt auf. Dann wurde die präventive Selbstverteidigung von den USA (die sogenannte Bush-Doktrin, Anm. d. Red.) und den meisten westlichen Verbündeten, auch Deutschland, anerkannt. Doch selbst wenn man dieser weiteren Auslegung folgt, also eine präventive Selbstverteidigung erlaubt, müsste Israel einen unmittelbar bevorstehenden Angriff Irans mit Nuklearwaffen nachweisen. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat kürzlich aber selbst gesagt, dass Iran von einer Nuklearschlagskapazität noch Monate entfernt sei. Damit kann gegenwärtig nicht von einem unmittelbar bevorstehenden Angriff ausgegangen werden. […]

(Rechtsprofessor Kai Ambos, 13.06.2025)

Aber so wie der frühere Amtsrichter Merz den mit internationalen Haftbefehl gesuchten Bibi Netanjahu nicht verhaften lassen würde und damit dem Internationalen Strafgerichtshof den Mittelfinger zeigen will, interessiert ihn auch im aktuellen Fall das Völkerrecht nicht. Legal, illegal, scheißegal.

[….] Viele Gespräche, große Sorge – aber keine Kritik an Israel

Kanzler Merz betont, für wie bedrohlich er das iranische Atomprogramm hält – und verurteilt den israelischen Angriff nicht.  [….]

(SPON, 13.06.2025)

Donnerstag, 12. Juni 2025

CDU, Krähe, Augen

Eine Krähe hackt der anderen nicht die Augen aus. Daher kann sich der rechtsextreme Maximal-Lügner Jens Spahn auf seine Kollegen im Bundestag verlassen.

[….] Union und SPD haben sich darauf verständigt, den vollständigen Untersuchungsbericht über die Masken-Beschaffung in der Corona-Zeit vorerst nicht anzufordern. Doch das sehen nicht alle Sozialdemokraten ein – und die Opposition erst recht nicht. Neue Details zur Corona-Masken-Affäre setzen Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) unter Druck. Nachdem SZ, NDR und WDR Ende vergangener Woche aus einem internen Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof zitiert hatten, fordern nun nicht nur zahlreiche Oppositionspolitiker die Herausgabe des Dokuments. Auch einzelne Sozialdemokraten dringen auf die Offenlegung des vollständigen Berichts, der im vergangenen Jahr von Spahns Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) in Auftrag gegeben und im Januar fertiggestellt worden war. Sudhof hat darin für das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Maskenbestellungen und die Vergabe eines Logistikauftrags durch Spahn in der Corona-Pandemie untersucht. [….]

(SZ, 12.06.2025)


Als Fraktionsvorsitzender der CDUCSU sitzt er an so zentraler Stelle, daß ihm die Milliarden Euro Steuergelder, die er trotz Warnungen verschleuderte, nicht angekreidet werden. Obschon es gerade Spahn, der Mann, mit dem größten Balken im Auge ist, der garstig die Mikrosplitter in den Augen der Bürgergeldempfänger beklagt.

[….] 👉 Der Bundesrechnungshof kritisiert die Corona-Politik Spahns in einem Prüfbericht hart: Der Versorgungsaufschlag sei „planlos und abgekoppelt von Bedarfen“ gewesen. Es geht dabei um 3,1 Milliarden Euro, die der Bund für die Behandlung von COVID-19-Patientinnen an Krankenhäuser gezahlt hatte. Veröffentlich wurde der Bericht der Behörde durch die Plattform FragDenStaat.

👉 Weitere Kritik an Spahn gibt es wegen der Beschaffung von Masken zum Beginn der Pandemie. In einem internen Bericht hat die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof im Auftrag des Gesundheitsministeriums entscheidende Punkte gesammelt.

👉 Laut dem Bericht habe sich Spahn stark für die Vergabe von Aufträgen an das Logistikunternehmen Fiege aus der Nähe seines Wahlkreises eingesetzt – trotz politischer Bedenken. Fiege sei mit der Menge an Masken aber deutlich überfordert gewesen. Das Unternehmen weist das gegenüber WDR, NDR und SZ zurück.

👉 Außerdem geht es um Spahns Entscheidung, u.a. Masken bei der Schweizer Firma „Emix Trading“ einzukaufen – für 749 Millionen Euro, so Sudhofs Bericht. Vermittelt wurde der Deal durch die Tochter eines CSU-Politikers. Der Preis der Masken hätte deutlich über gängigen Marktpreisen gelegen. [….]

(Monitor, 12.06.2025)


Die 3.100 Millionen Euro, die Spahn verplemperte, sind eine ungeheuerliche Summe, die nur final unterstreichen, was wir schon lange wissen: Konservative können nicht mit Geld umgehen.

[….] Bundesrechnungshof: Spahn verpulvert Milliarden

Planlos, unwirtschaftlich, ohne nachhaltige Wirkung: Der Bundesrechnungshof kritisiert Spahns Gesundheitspolitik massiv.   […]

(Frag den Staat, 10.06.2025)

Der finanzielle Schaden mag immens sein, aber der politische und demokratische Schaden, den die rechtsbrecherische Merz-Regierung hier SCHON WIEDER anrichtet, übertrifft ihn bei Weitem. Sie bedient toxische rechtsextreme Narrative. AfD und der braune Nazi-Blog-Mob können ihr Glück mal wieder kaum fassen.

[….] Die Verteidigungslinie Spahns: nichts Neues, alles mehrmals berichtet. Bitte gehen Sie weiter.

Dabei ist das Gegenteil der Fall. Der Inhalt ist neu – und höchst brisant. Der Bericht offenbart erstmals, wie Spahn Ratschläge aus dem Innenministerium ignorierte, interne Widerstände brach und durch persönliche Einmischung zu dem Masken-Drama beitrug, das den Steuerzahler wohl noch Milliarden kosten wird. Es ist daher unerlässlich, den Parlamentariern des Deutschen Bundestags den vollständigen Untersuchungsbericht zur Verfügung zu stellen – und nicht einzelne, unverfängliche Teile, wie es nun offenbar Spahns Nachnachfolgerin Nina Warken (CDU) erwägt.

Allein die Ankündigung erweckt den Eindruck, dass der Union der Schutz ihres Fraktionschefs wichtiger ist als vollständige Transparenz in der Masken-Affäre. Das hilft nur den Demokratieverächtern von der AfD, die seit Jahren das Narrativ verbreiten, „die Politiker“ würden am Ende ja doch zusammenhalten, um einander zu schützen. [….]. Es geht in der Masken-Affäre längst nicht mehr nur um die Zukunft von Jens Spahn. Es geht um das Vertrauen in die Demokratie. […]

(Vivien Timmler, 11.06.2025)

CDUCSU sind gefährlich. Man darf sie nicht wählen.

Niemand kann überrascht sein, welch eine Schmierenkomödie aus Unfähigkeit, Dreistheit und Doofheit sich vor unseren Augen unter Bundeskanzler Merz entfaltet.

Jeder konnte es vorher wissen. Dobrindt, Klöckner, Spahn, Merz, Linnemann und Co würden im Falle eines Unionswahlsieges die Regierung dominieren und debakulieren. Der Urnenpöbel wollte es so.

[…]  Spahn schadet dem Ansehen der Politik [….] Hunderte Millionen Steuer-Euro gingen flöten, weil Jens Spahn als Gesundheitsminister Fehler machte. Hält er an seiner Mauertaktik fest, verspielt er jede Glaubwürdigkeit – und beschädigt Kanzler Merz. [….] Warum hat Spahn im März 2020 mehr oder weniger eigenmächtig einen Preis für Masken festgesetzt, der weit über den Empfehlungen aus dem eigenen Ministerium lag? Wieso hat er sich für einen Logistiker aus seiner Heimat im Münsterland eingesetzt, gegen den Rat des eigentlich zuständigen Innenministeriums? Und weshalb hat er sich überhaupt persönlich so eingemischt damals?

Diese Fragen muss jemand beantworten, der eines der wichtigsten politischen Ämter der Republik bekleidet – und Ambitionen auf mehr hat. Er muss erklären, warum die Bürgerinnen und Bürger ihm vertrauen sollen, obwohl aufgrund seiner Entscheidungen viel Geld verloren ging. [….] Spahn [könnte] auch für Merz zur Belastung werden. Der CDU-Vorsitzende wurde von vielen gewarnt, bevor er den ehrgeizigen Westfalen zum Unionsfraktionschef machte. Dabei ging es vor allem um machtpolitische und charakterliche Vorbehalte. [….]

(Florian Gathmann, 12.06.2025)

Mittwoch, 11. Juni 2025

Generalstreik muss

Die deutschen Wähler sind nicht mit Humanität zu überzeugen.

Nicht mit Moral.

Nicht mit Rechtlichkeit.

Nicht mit Verantwortung.

Man braucht gar nicht erst versuchen, so zu argumentieren.

Daher verwende ich seit Jahren, unter Bauchschmerzen, das ökonomische Argument. Deutschland profitiert nicht nur finanziell massiv von der Zuwanderung, sondern kann, wegen des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels, ohnehin final die Bürgersteige hochklappen, wenn es nicht jedes Jahr massive Zuwanderung von mindestens 400.000 Menschen gibt.

[…]  Der Wirtschaftsweise Martin Werding hat den Nutzen von Migration für Deutschland berechnet. Er liefert damit neue Munition für die hitzige Debatte um die Auswirkungen der Zuwanderung. […] Dass Zuwanderung Geld kostet, ist offensichtlich. Bund und Länder gaben vergangenes Jahr etwa 28 Milliarden Euro allein für Asylbewerber und Integration aus. […]  Das wird kritisiert als „Zuwanderung in die Sozialsysteme“. Aber es gibt auch die andere Seite, eine, die dem Land und den Menschen nützt: Die vielen Migrantinnen und Migranten, die in Deutschlands Pflegeheimen und Krankenhäusern den Betrieb am Laufen halten, Paketausfahrer aus der Türkei, IT-Experten aus Indien. Rein materiell betrachtet: Lohnt sich Zuwanderung? Oder ist sie ein Verlustgeschäft?

Der Sozialstaatsexperte Martin Werding hat nun eine Bilanz vorgelegt, die früheren einschlägigen Studien widerspricht. „Eine um 200 000 Personen höhere jährliche Netto-Zuwanderung nach Deutschland bedeutet langfristig ein Plus von 100 Milliarden Euro im Jahr – es ist ein massiver Effekt“, sagte Werding am Freitag bei der Präsentation der Ergebnisse in Berlin. Werding ist Professor an der Ruhr-Universität Bochum und berät als einer der sogenannten Wirtschaftsweisen die Bundesregierung. Jede Person, die im Zuge einer solchen anhaltend hohen Zuwanderung nach Deutschland kommt, entlastet den Staatshaushalt demnach um 7100 Euro im Jahr. […] Neben Werding betonen auch andere Ökonomen die Vorteile, insbesondere durch die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften. Diese werden weniger durch die Alterung der Menschen in Deutschland. Jedes Jahr seien unter dem Strich etwa 400 000 qualifizierte Zuwanderer nötig, um diesen Schwund auszugleichen, urteilt etwa das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte in der Debatte, Migranten würden zwar kurzfristig eine erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Belastung für Deutschland bedeuten, langfristig jedoch einen großen Nutzen auch für die Wirtschaft schaffen, ohne den viele Unternehmen nicht überleben könnten und viele Bürger empfindliche Einschnitte hinnehmen müssten.  […]

(Roland Preuß, 06.06.2025)

Der Urnenpöbel und weite Teile der Presse sind taub für finanzielle und  ökonomischen Argumente. Sie präferieren, propagieren und votieren für Parteien und Politik, die Deutschland schwer schaden, indem sie uns alle arm machen.

[…] Die harte Grenzpolitik der Merz-Regierung ist nicht nur inhuman. Sie schadet auch der Wirtschaft. Die Bundesrepublik sollte sich sogar mehr um Zuwanderer bemühen.

Wer noch überzeugt werden muss, dass es etwas Gutes ist, ein Einwanderungsland zu sein, sollte einmal eine Nacht in einer deutschen Notaufnahme verbringen. Da stammt der Internist aus Tunesien. Er spricht fast perfekt Deutsch. Die Pflegerin hat einen russischen Akzent. Und der Sanitäter, der den nächsten Patienten auf der Trage hineinschiebt, kommt ebenfalls aus einem afrikanischen Land.

Menschen mit Migrationsgeschichte halten das deutsche Gesundheitssystem am Laufen. Und nicht nur das. Sie sind ein Wachstumsmotor für das Land. Doch die Zuwanderungspolitik der neuen Bundesregierung spricht eine Sprache der Abwehr, Abschottung, Abweisung, Abschiebung. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) setzen auf Symbolpolitik und ignorieren die Forderungen der Wirtschaft. Zuwanderung ist nötig – ökonomisch, demografisch, gesellschaftlich. Es ist Aufgabe der Politik, den Menschen das zu erklären. […] Viele Migranten sind dynamische Menschen, andernfalls hätten sie sich nicht getraut, ihre Heimat zu verlassen. Gründerinnen und Gründer mit Migrationshintergrund sind besonders innovativ, hat kürzlich eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben. Inzwischen hat jedes fünfte Start-up in Deutschland eine Gründerperson, deren Wurzeln außerhalb Deutschlands liegen.

Gleichzeitig leidet Deutschland unter einem dramatischen Fachkräftemangel – in der Pflege, im Handwerk, in der Logistik. Jedes Jahr gehen mehr Menschen in Rente als junge nachkommen. Ein schrumpfender Anteil von Erwerbstätigen muss die Sozialleistungen für immer mehr Ältere finanzieren. Das Rentensystem steht vor dem Kollaps. […] Deutschland muss sich international als attraktives Einwanderungsland positionieren, denn auch andere Länder sind Jahr für Jahr mehr auf Zuwanderer angewiesen, nicht nur auf hoch qualifizierte, sondern auf nahezu jede und jeden, auch auf Asylbewerber.

Am Ende ist Zuwanderung vor allem ein Thema der Menschlichkeit. Wer sich auf den beschwerlichen Weg nach Deutschland macht, verdient Respekt und ein wohlwollendes Prüfverfahren. […] Wer glaubt, Deutschland könne sich durch Abschottung retten, verkennt die Werte, auf denen diese Gesellschaft ruht: Offenheit, Freiheit, Chancengleichheit, Humanität, europäische Gemeinschaft. Diese Werte gehören verteidigt. Nicht nur für die Wirtschaft – aber auch.  [….]

(Kathrin Werner, 10.06.2025)

Die Hoffnung auf Einsicht bei Volk und Parteien, habe ich lange aufgegeben.

Es wird wohl so laufen, wie in den USA: Daß die vom Urnenpöbel gewünschte menschenfeindliche Ausländer-Raus-Politik und massive Kapital-Umverteilung von unten nach oben, die eigene Wirtschaft so völlig zerstört, bis man endlich so weit im Dreck steckt, um umzudenken. Es ist ein bißchen, wie die früheren Holzhammer-Chemotherapien: Es wird alles vergiftet und man hofft, der Körper möge länger überleben, als der Tumor. Trumps Zerstörungswerk ist im vollen Gang.

Die einzigen Möglichkeiten, ein solches Szenario in Deutschland zu verhindern, sind a) die SPD in der Regierung, die den größten rechten Wahn bremst und b) ein migrantischer Generalstreik.

Jeder arbeitende Mensch in Deutschland, der einen nicht deutschen Pass besitzt, sollte für einen Monat zu Hause bleiben. Oder am besten in Urlaub fahren. Als erstes würden der gesamte medizinische und Pflege-Bereich zusammenbrechen. Gastro, Einzelhandel und Dienstleistungen folgten. Müllabfuhr, ÖPNV, Reinigungsgewerbe.

Die AfD- und CDUCSU-Fans sollten das mal für ein paar Wochen erleben.

Dienstag, 10. Juni 2025

Außenpolitische Stilfragen

Wenn man als Kind für den Deutschunterricht einen Aufsatz schreibt, wird man für plumpes Aneinanderreihen und Wiederholungen gemaßregelt. Mit 11 Jahren begreift man es noch nicht, aber es klingt schlecht, wenn in jedem Satz „und dann“ vorkommt. Ich erinnere mich noch an meine latente Unzufriedenheit, wenn mir „Stil“ angekreidet wurde, weil mir der Begriff, anders als Grammatik- oder Rechtschreibfehler, so schwammig vorkam. Es gibt keine allgemein bekannten Eselsbrücken, nach denen ein Grundschüler guten Stil lernt.

Ein Problem stellt sich immer, egal, ob ein Romancier über seinen Helden, ein Sportkommentator über einen Tennisspieler, oder ein Journalist über Politiker schreibt: Es klingt miserabel, denselben Namen ständig zu wiederholen. Daher verwendet man Umschreibungen. Statt immerzu „Merz“, streut man auch „der Sauerländer“, der „Merkel-Konkurrent“, „CDU-Chef“, „Bundeskanzler“ ein. Für einen Roman-Autoren birgt das freilich auch Risiken, da er einen viel längeren Text bewältigen muss, aber auch viel mehr Ebenen zur Verfügung hat, um Umschreibungen zu ersinnen. Diese können nämlich auch zu kreativ oder abwegig werden, so daß dem Leser unangenehm auffällt, wie jemand krampfhaft versucht, denselben Terminus zu oft zu verwenden. Das ist auch schlechter Stil.

In der Politik, verwendet man weniger Ausweich-Worte, neigt aber dazu, sie völlig synonym zu verwenden, auch wenn erheblich unterschiedliche Topoi definiert sind. Schreibt man über den Krieg in der Ukraine, tauchen außer „Wladimir Putin“ die Begriffe „Moskau, Russland, Kreml, die Russen, russischer Präsident“ auf, die alle dasselbe meinen, aber nicht synonym sind. Natürlich ist Putin nicht Russland; das weiß aber auch der Leser und versteht, wie es in dem Zusammenhang gemeint ist.

Niemand versteht es als volksverhetzend gegenüber 130 Millionen Russen, wenn sie in einem Text sprachlich mit Putin gleichgesetzt werden.

Bei Israel funktioniert das allerdings weit weniger gut, weil der Staat, die Staatsbürgerschaft und das Judentum kollidieren. Bei der völlig legitimen Kritik am Vorgehen der gegenwärtigen Israelischen Regierung schwingt leicht einmal völlig illegitimer Antisemitismus mit.

Verkompliziert wird die Sache wegen der besonderen deutschen Geschichte, der Verwirrung um die genaue Definition, was eigentlich Antisemitismus ist und schließlich auch den fälschlichen Antisemitismus-Vorwurf, der aus Netanjahus Kabinett leider oft kommt, um legitime politische, moralische und rechtliche Kritik zu diskreditieren.

Daher sollte man unbedingt vermeiden, um des flüssigeren Lesens Willen, die Begriffe „Netanjahu, israelische Regierung, Israel, die Juden, Jerusalem, israelische Armee, Israelis“ synonym zu verwenden. Sie sind sehr unterschiedlich. Daher habe ich auch mehrfach in diesem Blog versucht, sie auseinander zu klamüstern

(….) Aber abgesehen von Raphaels persönlichem Martyrium; auch wenn sie keinerlei Bezug zum Hamas-Massaker hätte: Es ist die Paradedefinition von Antisemitismus, einer Person, wegen ihres Jüdisch-Seins zu drohen und sie aufgrund ihrer zufälligen Zugehörigkeit zu einem Kollektiv zu verurteilen. Hier verschwimmt alles: Judentum, Israel, Gaza, Netanyahu-Regierung, Ethnie, Religion.

Marcel Reich-Ranicki, 1920 im polnischen Włocławek geboren, hatte einen säkularen polnischen Vater (David Reich) und eine deutsche Mutter (Helene Auerbach). Er besuchte die deutsche Schule in Polen und zog 1929 mit seinen Eltern als kleines Kind nach Berlin. 1938 deportierte man ihn nach Polen, ab 1958 lebte er wieder dauerhaft in Deutschland. Eine Verbindung zu Israel hatte er gar nicht. Reich-Ranicki gehörte aber auch nicht zur jüdischen Religion, weil er immer Atheist war.

„Gott ist eine literarische Erfindung. Es gibt keinen Gott. […] Ich kenne keinen. Hab ihn nie gekannt. Nie in meinen Leben!“

(MRR)

Kein Israeli, kein Angehöriger des Judentums und dennoch zweifellos Jude, obwohl es gar keine „menschlichen Rassen“ gibt. Er gehörte nicht zu der Ethnie, nicht zu der Religion und nicht zu dem Nationalstaat (Israel), empfand sich aber eindeutig als Jude. Die Beispiele Marcel und Teofila Reich-Ranicki zeigen die Perfidie des Antisemitismus: Aufgrund nicht existenter, ausgedachter Zugehörigkeiten, wurden ihre gesamten Familien, ihre Eltern, alle Geschwister, alle Verwandte ermordet.

Yuval Raphael ist genauso wenig für den Gazakrieg und die Netanyahu-Regierung verantwortlich, wie Annalena Baerbock für Adolf Hitler oder ich für Donald Trump.

Menschen, die ihre außerordentlich berechtigte Kritik an Bibis inzwischen offenkundig genozidalen Krieg ausdrücken, indem sie einzelne Israelis und/oder Juden in Berlin, Malmö oder Basel angreifen, gehört meine ganze Verachtung.
Das ist Antisemitismus! Und es ist ebenfalls antisemitisch zu behaupten, man dürfe Israel nicht kritisieren, weil es die klassischen Stereotype aus der Nazizeit bedient: Es gäbe mächtige internationale jüdische Seilschaften, die so etwas verböten.

Selbstverständlich darf man Kritik üben.

(….)   Viele Rechtsextreme, viele Idioten und leider auch zu viele engagierte Linke, blamieren sich, seit die Hamas am 07.Oktober 2023 mehr als 1.400 Israelis massakrierte und rund 250 Menschen als Geiseln verschleppte, mit verstörenden Aussagen.

Möglicherweise gab es schon beim Jom Kippur-Krieg 1973, oder dem Sechstagekrieg von 1967 so abwegige deutsche Meinungen dazu. Aber glücklicherweise gab es damals noch kein Internet, so daß nicht jeder Depp seine irrelevanten Ansichten publizierte.

Ich möchte 20 Axiome zur Nahost-Meinungsäußerung in Deutschland nennen, die ich mir nicht etwa gerade selbst ausdenke, sondern seit Jahrzehnten rauf und runter gebeten werden. Aber offensichtlich dennoch immer weniger gehört werden.

1.   Niemand ist gezwungen sich zu positionieren.

2.   Niemand muss Nahost-Experte sein.

3.   Kritik an Israelischer Politik ist nicht verboten.

4.   Politisches Handlungen der Jerusalemer Regierung zu kritisieren, ist nicht antisemitisch.

5.   Einzelne Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland für Netanyahus Handlungen zu beschimpfen, ist antisemitisch.

6.   Die Hamas ist nicht identisch mit den Palästinensern.

7.   Ein nach 1945 geborener Deutscher ist nicht Schuld am Holokaust.

8.   Die Deutschen Bürger sind aber dafür zuständig, den Holocaust nicht zu vergessen und ihn nicht zu wiederholen.

9.   Für die historischen Leiden des jüdischen und des palästinensischen Volkes ist Deutschland sehr stark mitursächlich und sollte deswegen auf internationaler Ebene nicht ausgerechnet am Lautesten kritisieren und den moralischen Zeigefinger schwenken.

10.Hamas-Terror, der zum Beispiel beinhaltet, die deutsche Geisel Shani Louk, nackt zur Schau zu stellen, sie zu vergewaltigen, foltern, köpfen, zu zerstückeln und mit solchen Taten im Netz zu prahlen, ist eben nicht mit den Aktionen Israelischer Soldaten zu vergleichen.

11.Wenn man auf Social Media Israel beschimpft und dafür seinerseits kritisiert wird, bedeutet das nicht „man darf ja gar nichts mehr sagen“.

12.Meinungsfreiheit in Deutschland bedeutet nicht das Recht, seine Meinung immer widerspruchslos kund zu tun.

13.Wenn deutsche Juden nur unter besonderem Schutz in Schulen oder Synagogen gehen können, ist das nicht ihre Schuld, sondern eine elende Schande für die deutsche Gesellschaft.

14.Empathie für die getöteten Kinder im Gaza-Streifen zu empfinden, bedeutet nicht, israelfeindlich zu sein.

15.Empathie für die von der Hamas gefolterten und getöteten Israelis zu empfinden, bedeutet nicht, alle Palästinenser zu hassen.

16.Die internationale Gemeinschaft verlangt nicht von Fritze Meier in der Fußgängerzone von Buxtehude, eine Lösung des Nahostkonfliktes aus dem Ärmel zu schütteln.

17.Nicht jeder Deutsche muss über historisches Fachwissen verfügen.

18.Wer historische Vergleiche bemüht, sollte aber die Fakten kennen.

19.Deutsche Rechtsradikale, die mit ihrem extremen Hass auf Migranten und Muslime Stimmungen machen, sind nicht automatisch Israel-Freunde.

20.Die Kriegsverbrechen Putins rechtfertigen selbstverständlich nicht, 80 Jahre rückwirkend den deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. (….)

(Historisch aufgeladene Zeiten, 04.11.2023)

Selbstverständlich wird auch Kritik geübt. Insbesondere in Israel selbst gibt es seit vielen Jahren massive deutliche öffentliche Kritik an Bibis Vorgehen. In Parteien, in der Presse, in der Zivilgesellschaft, sogar in Geheimdiensten und Armee. (…)

(Israel-Fragen, 17.05.2025)

Im SPIEGEL meldete sich zu dem Thema letzte Woche eine Kolumnistin des Hauses zum Thema.

[…] In politischen Debatten werden Länder oft wie Personen behandelt. Das kann gefährlich werden. Besonders im Umgang mit Israel ist sprachliche Präzision wichtig.  [….] Vor einigen Tagen stolperte ich über eine Umfrage, die der »Tagesspiegel« beim Meinungsforschungsinstitut Civey in Auftrag gegeben hat. Eine Frage lautete: »Welchen politischen Kurs wünschen Sie sich von Deutschland gegenüber Israel?« Die Befragten konnten sich zwischen drei Antworten entscheiden: »Distanzierung«, »Gleich«, »Annäherung«.

Ich versuchte, mir vor Augen zu führen, wie sich »Deutschland« von »Israel« distanzieren könnte. Es stellte sich kein Bild dazu ein, aber eine inhaltliche Aussage ergab sich dennoch, und die ist nun wirklich problematisch. Deutsche sollten sich nämlich nicht von Israel als Staat distanzieren, sondern sollten immer für ihn eintreten. Erst, wenn diese Prämisse gilt, kann etwa ein deutscher Bundeskanzler sich von bestimmten Handlungen eines israelischen Regierungschefs distanzieren. […] Gerade im Fall Israel zeigt sich also, dass es falsch sein kann, Orte mit ihren Regierungschefs gleichzusetzen. […] Wir sollten also differenzieren zwischen diesem Ministerpräsidenten und seinem Land, und wir sollten uns auch endlich das Wort »Israelkritik« abgewöhnen. […] »Netanyahukritik« wäre zwar eine Wortneuschöpfung, aber ich schlage den Begriff jetzt mal als bessere Alternative vor.  [….]

(Susanne Beyer, 01.06.2025)

Eine Art Entsprechung des Beyerschen Wunsches nach sprachlicher Differenzierung, lieferte heute London, aka Starmer, aka UK, aka die britische Regierung, aka England, aka das Vereinigte Königreich.


Sie wirft nicht alles in einen Topf, sondern adressiert präzise.

[…] Großbritannien und weitere Länder verhängen »mit sofortiger Wirkung« Sanktionen gegen zwei rechtsextreme israelische Minister. Das geht aus einer Erklärung des Außenministeriums hervor. […] Demnach werden die Vermögenswerte des Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, und von Finanzminister Bezalel Smotrich eingefroren sowie Einreiseverbote gegen die beiden Politiker verhängt. Zudem müssen britische Finanzinstitute Beziehungen zu den beiden einstellen.

»Die heute angekündigten Maßnahmen zeigen die Entschlossenheit des Vereinigten Königreichs, gegen diejenigen vorzugehen, die zu Hass und Gewalt aufstacheln«, heißt es in der Mitteilung. Der britische Außenminister David Lammy erklärte laut BBC, die Minister hätten »zu extremistischer Gewalt und schweren Verstößen gegen die palästinensischen Menschenrechte aufgerufen.« Diese Handlungen seien »inakzeptabel«. »Deshalb haben wir jetzt Maßnahmen ergriffen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen«, so Lammy.

[…] Die Regierung in London schließt sich mit dem Schritt Kanada, Australien, Neuseeland und Norwegen an. In der Mitteilung heißt es zudem: »Das Vereinigte Königreich und seine Partner unterstützen die Sicherheit Israels und werden weiterhin mit der israelischen Regierung zusammenarbeiten, um einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza zu erreichen.« […] Großbritannien ist international zu einem der größten Kritiker der israelischen Regierung geworden. […]

(SPON, 10.06.2025)

Montag, 9. Juni 2025

Er will Bürgerkrieg

In Los Angeles, regiert von Karen Bass, leben vier Millionen Menschen, Im Großraum LA ballen sich 20 Millionen; in Kalifornien, regiert von Gavin Newsom, leben 40 Millionen US-Bürger.

Es ist der mit Abstand mächtigste Staat der USA. Nach Fläche der Drittgrößte, nach Bevölkerungszahl der Größte.

Insbesondere ist Kalifornien aber ökonomische Superpower, ohne die der Regierung in Washington die Luft ausginge.

[….] California's economy has overtaken that of the country of Japan, making the US state the fourth largest global economic force.

Governor Gavin Newsom touted new data from the International Monetary Fund (IMF) and the US Bureau of Economic Analysis showing California's growth.

The data shows California's gross domestic product (GDP) hit $4.10 trillion (£3.08 trillion) in 2024, surpassing Japan, which was marked at $4.01 trillion. The state now only trails Germany, China and the US as a whole.

"California isn't just keeping pace with the world - we're setting the pace," Newsom said.

The new figures come as Newsom has spoken out against President Donald Trump's tariffs and voiced concern about the future of the state's economy.

California has the largest share of manufacturing and agricultural production in the US. It is also home to leading technological innovation, the centre of the world's entertainment industry and the country's two largest seaports.

Newsom, a prominent Democrat and possible presidential candidate in 2028, filed a lawsuit challenging Trump's authority to impose the levies, which have caused disruption to global markets and trade.   [….]

(BBC, 25.04.2025)

Der Westküstenstaat gilt als demokratische Hochburg, wählt seit 33 Jahren zuverlässig links. Insbesondere bei den letzten drei Präsidentschaftswahlen, zu denen auf republikanischer Seite immer Donald Trump antrat, holte sich der orange geschminkte Faschist empfindliche Niederlagen. Alle 54, bzw 55, Wahlmänner gingen an die von Trump wie die Pest gehassten Clinton, bzw Biden, bzw Harris.

Kalifornien ist zudem ein melting pot und zeigt im Vergleich der US-Bundesstaaten ein ähnliches Phänomen, wie Hamburg im Vergleich zu den deutschen Bundesländern: Er wählt links, hat den zehnfachen Migrantenanteil der viel dünner besiedelten (stets stramm rechts wählenden) Staaten/Länder, aber eine unendlich größere Wirtschafts- und Anziehungskraft. Die Binnen-Migration geht weg von MeckPomm und Thüringen, hin nach Hamburg. Die klugen Köpfe der USA zieht es an die Küsten, die Doofen bleiben in den Red States in der Mitte.

Alle US-Bundesstaaten mit den höchsten Wirtschaftsleistungen pro Kopf sind blue states, werden schon lange demokratisch regiert.

Während Kalifornien 2024 auf ein BIP pro Kopf von 105.000 Dollar kam, liegen am anderen Ende der Skala nur stramm republikanisch regierte Red States: Die Habenichtse Mississippi (BIP pro Kopf 53.000 Dollar), Arkansas, West Virginia (je 60.000), Alabama (61.000), South Carolina (63.000), Idaho, Kentucky, Oklahoma (je 64.000). Das ist wenig verwunderlich, denn Republikaner, wie CDU, können keine Wirtschaft. Sie amputieren die eigene Kraft, indem sie gegen Wissenschaft, gegen Bildung, gegen Migranten, gegen Klimaschutz agitieren.

Unglücklicherweise sind die Wähler und die Mehrheit der Medien hüben, wie drüben, so dumm, genau das Gegenteil zu glauben.

 Sie wählen rechts, um die Wirtschaft zu stärken. Dabei verwechseln sie aber Milliardengeschenke an superreiche Industrielle mit „die Wirtschaft“.

Trump zeigt es gerade in Reinkultur; mit Rekordgeschwindigkeit ruiniert er die von Joe Biden boomend übernommene US-Wirtschaft. Rechte können nicht mit Geld umgehen. 

Trump gewinnt aber immer. Zumindest in seiner Selbstwahrnehmung. Wenn er mal nicht gewinnt, bekommt er sofort Schaum vorm Mund, beginnt zu schimpfen, wie ein Rohrspatz, verklagt den Gegner, bringt die Schiedsrichter vor Gericht und heult auf großer Bühne voller Selbstmitleid von Betrug. Alles ist „rigged against me.“


Die schiere Existenz Kaliforniens treibt Trump zur Weißglut.

Und so nutzt er seine enorme exekutive Macht, um den verhassten Staat ins Chaos zu stürzen. Sein Ego erträgt Kaliforniens Attraktivität nicht. Lieber zerschlägt er alles, treibt die USA in den Bürgerkrieg.


[…] Donald Trump beschreibt die Opposition mit Kriegsvokabular und entsendet Soldaten. Das löst nun sogar in seiner Gefolgschaft Unbehagen aus. […] Nach Los Angeles an der Westküste hat der US-Präsident am Wochenende „mindestens 2000 Soldaten“ beordert, um Proteste gegen seine Migrationspolitik zu beenden, wie er in einer Erklärung schrieb. Am Sonntag trafen die ersten Nationalgardisten in der Stadt ein, mobilisiert gegen den Willen der Regierung von Kalifornien und der Bürgermeisterin von Los Angeles. […] In einer Botschaft zum Pfingstsonntag feierte Trump „freudig die Herabkunft des Heiligen Geistes“ und stimmte ein Gebet für den Frieden an. Am Abend zuvor hatte er noch die Demonstrationen in Los Angeles zu einer „Form von Rebellion gegen die Autorität der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika“ erklärt. Der selten verwendete Passus war seine Rechtfertigung dafür, die Nationalgarde in Kalifornien unter den direkten Befehl des Pentagons zu stellen, ohne von den kalifornischen Behörden darum gebeten worden zu sein. […] Trump signalisierte, dass er bereit ist, noch schwereres Geschütz aufzufahren. „Eine einst großartige amerikanische Stadt, Los Angeles, wurde überrannt und besetzt von illegalen Ausländern und Kriminellen“, schrieb der Präsident auf den sozialen Medien. Nun wüte „ein gewalttätiger, aufständischer Mob“ in der Stadt. Das ist Kriegsvokabular. […] Trump selbst sagte am Wochenende lediglich mit drohendem Unterton: „Truppen werden überall sein.“ Das war nun sogar dem Editorial Board des Wall Street Journal zu viel. Der Verteidigungsminister habe „unnötig provoziert“, hielt das Meinungsgremium des konservativen Finanzblatts fest, das sonst viel Verständnis für die autoritären Neigungen des Präsidenten zeigt. „Das Land will keine Militärpatrouillen in den Straßen von Amerika, außer unter den schlimmsten Umständen“, ließ die Zeitung das Weiße Haus wissen. […]

(Fabian Fellmann, 09.06.2025)

Der Verbrecher, Faschist und Insurrectionist auf dem Thron in Washington ist unfähig, sich zu beherrschen. Das Wohl anderer; zum Beispiel das der US-Amerikaner; existiert in seiner Gedankenwelt gar nicht. Dort gibt es nur sein Ego.

Wer es wagt, wie Gouverneur Gavin Newsom zu widersprechen, wird mit übelsten Flüchen und Fäkalsprache überzogen, bedroht und niedergewalzt.


 […] Autokraten brauchen den Ausnahmezustand. Wenn die Ordnung zerfällt und Chaos ausbricht, dann schlägt bekanntlich die Stunde der Exekutive, dann gilt es, wer die Männer und Frauen mit den größten Waffen kommandiert. Und wieso nur auf den Ausnahmezustand hoffen und warten? Wieso ihn nicht gleich selbst herbeiführen? Das ist es offenbar, was Donald Trump vorhat, wenn er 2.000 Nationalgardisten nach Los Angeles beordert – gegen den Willen der demokratischen Regierung Kaliforniens. In L.A. demonstrieren Menschen seit Freitag, nachdem die Abschiebebehörde ICE eine groß angelegte Suchaktion nach nicht registrierten Migranten gestartet hatte. […] Nicht der Protest gegen Trumps brutale Abschiebeoffensive ist die Eskalation, sondern die Entsendung der Gardisten selbst, die einen Notstand schafft, wo es bislang keinen gab. Aber Trump sieht sich ohnehin nicht an das Recht gebunden. Wenn die Gesetze seinen politischen Vorhaben und autoritären Versuchungen im Weg stehen, dann muss eben das Recht gebogen oder übergangen werden.

Trump und seine Handlanger zeichnen derweil die nächste Drohkulisse. Verteidigungsminister Pete Hegseth bringt eine Entsendung von Marinesoldaten ins Spiel, und Trump denkt offen über die Anwendung des Insurrection Act nach. […] Der Showdown in Kalifornien zeigt auch erneut die Schwäche der Demokraten. Wieder einmal hat Trump die Initiative, wieder einmal reagieren sie. […]

(Leon Holly, 09.06.2025)