Samstag, 5. August 2023

Demokratie-Crash

Freundlicherweise griff Christian Ehring in der letzten Extra3-Sendung noch mal ausführlich meine Themen auf, denen ich mich in den letzten Wochen hauptsächlich widmete.

Da ist die katastrophale Performance der C-Parteien, die offensichtlich systematisch und leider erfolgreich daran arbeiten, die Faschisten groß zu machen.

Der Lügner Merz ist eine Schande der Politik.

Noch elender, als der gegenwärtige Faschisten-freundliche Kurs der deutschen Konservativen ist allerdings der Gesamttrend, der immer mehr zeigt, in welcher Hinsicht Autokratien der umständlichen Demokratie überlegen sind.

Die Menschen im Social-Media-Zeitalter des Jahres 2023 bevorzugen eben nicht automatisch Freiheit über Diktatur, Rechtssicherheit über Willkür, Freie Presse statt Propaganda, Berücksichtigung der Schwachen statt Durchmarsch der Starken. Sie lassen sich lieber belügen, statt reinen Wein eingeschenkt zu bekommen.

Der freie Mensch der Gegenwart – nur 45 Prozent der Menschheit leben in Demokratien – schließt sich freiwillig der diktatorischen Mehrheit an, indem er für einen starken Führer stimmt, der verbunden mit einer antihumanistisch orientierten und minderheitenfeindlichen Religion, die Säulen der Demokratie einreißt: Pressefreiheit, Gewaltenteilung, unabhängige Justiz, freie Wahlen.

Polen, Ungarn, Russland und die Türkei haben den Weg in die Diktatur nicht nur beschritten, sondern  im Falle Russlands auch weitgehend abgeschlossen.

Die vier genannten Staaten gelten nicht als klassische Demokratien. Sie hatten wenig Zeit demokratische Strukturen zu etablieren.

Umso erschreckender sind die Beispiele USA und Israel, die immer als Demokratien existierten und sich ebenfalls, wie die Weimarer Republik 1933 durch freie Wahlen für demokratieverachtende Kriminelle entscheiden.

[….] Denn die rechts-religiöse Koalition hat in der Knesset die Änderung eines Grundgesetzes durchgedrückt, das einer Aushebelung der Gewaltenteilung gleichkommt. Dem Obersten Gericht wird damit die Möglichkeit genommen, gegen "unangemessene" Entscheidungen der Regierung vorzugehen. Damit wird eine Kontrollinstanz in Israel ausgeschaltet.  [….] Anlass zur Sorge muss auch geben, dass sich Netanjahu in Interviews mit US-Medien nicht festlegt, ob er sich an ein Urteil des Obersten Gerichts halten würde. Seine Warnung, es könne zu einer Art Spirale führen, falls sich das Gericht nicht an eine Entscheidung des Parlaments halten sollte, lässt vermuten: Netanjahu zieht seinen Plan zur Entmachtung der Justiz weiter durch - koste es, was es wolle. [….]

(Alexandra Föderl-Schmid, 01.08.2023)

Während die Industriebosse in großen autokratischen Nationen, wegen der eingeschränkten oder abgeschafften Individualrechte die Diktatur bevorzugen – superreiche Unternehmer sind auch die Hauptspender der US-Republikaner - gibt es im kleinen Israel allerdings eine kuriose Sondersituation. Die wirtschaftliche Stärke des Landes resultiert nicht aus klassischer Schwerindustrie, sondern eher auf hochinnovativen Gentech-Firmen und Software-Startups, die weltweit führend sind. Eine Klientel, die auf Diversität und Freiheit aufbaut, sich also von Netanjahus erwünschter Diktatur fürchtet.

[….] Liora Katzenstein ist ein Urgestein der israelischen Hightech-Szene: [….]  "Wir haben hier schon vieles erlebt: Krisen und Kriege - aber nichts hat der Wirtschaft so geschadet wie das Vorhaben der Regierung." Die Folgen seien schon jetzt absehbar, sagt sie. "In Israel gibt es in den vergangenen Monaten einen stillen und konstanten Braindrain."

Seit Monaten gehen Tausende Menschen in Israel auf die Straßen, um gegen die Justizreform der rechtsnationalen Regierung unter Benjamin Netanjahu zu demonstrieren. [….] Viele der Protestierenden sind entsetzt, was aus der einzigen Demokratie im Nahen Osten zu werden droht. [….] Eine wesentliche Gruppe derjenigen, die Widerstand leisten, sind gerade jene Menschen, auf die Israel in den letzten Jahren besonders stolz war, die Gründer und Tech-Entwickler, welche die "Start-up-Nation" Israel ausmachen.  [….] In einer Studie des Branchenverbandes "Start Up Nation Central" gaben acht Prozent der Unternehmen in Israel an, dass sie bereits mit der Verlegung ihres Hauptsitzes begonnen haben. 29 Prozent bekunden die Absicht, dies in naher Zukunft zu tun. 20 Prozent der Investoren sagen, dass die Unternehmen in ihren Portfolios mit der Verlagerung ihres Hauptsitzes begonnen haben. Viele Unternehmen hätten bereits ihre Anlagen und Reserven aus den israelischen Banken abgezogen und an anderen Orten angelegt. [….]

(Sina-Maria Schweikle, 02.08.2023)

In den USA ernennen republikanischen Präsidenten schon seit 30 Jahren rechte Ideologen zu obersten Richtern. Der Supreme Court wird von fanatischen Trumpisten kontrolliert.

[….] US-Bundesrichter ohne moralischen Kompass [….] In den USA tobt die Debatte um Ethikregeln für den Obersten Gerichtshof. Besonders im Visier: Bundesrichter Clarence Thomas, der sich von Gönnern gerne beschenken lässt. [….] Die Liste der Vorwürfe ist lang: Jahrelang ließ sich Thomas vom superreichen Immobilienmagnaten Harlan Crow auf teure Reisen mit Crows Privatjets und seiner Superyacht einladen, ohne dies - wie es gesetzlich vorgeschrieben ist - zu melden. [….]  Crow bezahlte offenbar auch zwei Jahre lang die Schulgebühren in Höhe von 6.000 Dollar pro Monat für den Großneffen von Clarence Thomas, dessen Vormund der Richter ist. [….] Als fragwürdig gelten auch die Aktivitäten von Clarence Thomas' Ehefrau Ginni. Sie ist eine rechtskonservative Aktivistin, die sich in Lobbygruppen engagiert, die teilweise an Verfahren vor dem Obersten Gericht beteiligt waren. Darüber hinaus war Ginni Thomas eine treibende Kraft beim Versuch, die Präsidentschaftswahl 2020 für ungültig zu erklären; sie nahm vor dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 an der Kundgebung des abgewählten Präsidenten Donald Trump teil.  [….]

(ZDF, 30.07.2023)

Verfassungsfeinde im obersten Verfassungsgericht? Das passt zu einem Land, in dem ein amtierender Präsident einen blutigen Putsch versuchte, Das Parlament stürmen ließ, sich über Strafverfolgungsbehörden lustig macht, Justiz und Polizei beschimpft und den Justizminister/Generalstaatsanwalt der USA für seinen persönlichen Anwalt hält, der dafür sorgen soll, daß er außerhalb der Gesetze agieren kann.

Der wegen seiner vielfachen Verbrechen auf Bundes- und Staatenebene angeklagte Trump – siehe Trumps Sünden, Amerikas Tragödie – schwor als Präsident, die Verfassung zu schützen, tut aber das Gegenteil, indem er Verfassungsorgane ungeniert bedroht.

[….]  Staatsanwaltschaft bittet um Schutzverfügung nach Post von Trump.

Der ehemalige Präsident muss sich gerade vor Gericht verantworten. In einem Post in seinem sozialen Netzwerk »Truth Social« droht er anscheinend deswegen bereits mit Rache. [….]

(SPON, 05.08.2023)

[….] "Wenn Sie mich verfolgen, verfolge ich Euch", so drohte Ex-US-Präsident Trump nach der Verlesung der jüngsten Anklage gegen ihn. Sonderermittler Smith sieht darin einen Einschüchterungsversuch gegen Geschworene und Zeugen - und verlangt Konsequenzen.

Nach seinem Gerichtstermin in Washington hat eine Äußerung in sozialen Medien dem früheren US-Präsidenten Donald Trump neuen juristischen Ärger eingebracht. "Wenn ihr mich verfolgt, dann werde ich Euch verfolgen", schrieb der Republikaner auf der von ihm mitgegründeten Online-Plattform Truth Social einen Tag nach der Verlesung der Anklage gegen ihn in der US-Hauptstadt.

Nach Auffassung von Sonderermittler Jack Smith richtet sich Trumps Äußerung gegen Zeugen, Richter und Anwälte, die an dem Strafverfahren rund um versuchten Wahlbetrug und den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 gegen Trump beteiligt sind. Smith zufolge ist Trumps Äußerung ein Beleg dafür, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass Trump vertrauliche Informationen, die ihm im Laufe des Verfahrens zugänglich gemacht werden, geheim halten wird.

In einem bei Gericht eingereichten Antrag des Sonderermittlers hieß es, es bestehe die Gefahr, dass Trump Beweismaterial, mit dem er konfrontiert werde, verwende, um Zeugen einzuschüchtern oder ihnen zu drohen. Smith bat das Gericht deswegen darum, Trump und seinen Anwälten rasch Grenzen für den Umgang mit sensiblen Informationen aufzuzeigen. Die zuständige Richterin Tanya Chutkan ordnete an, dass Trump sich bis Montagnachmittag zu Smiths Position äußern muss.  [….]

(Tagesschau, 05.08.2023)

Natürlich säße jeder andere Angeklagte, der sich so verhält, im Knast.

Trump aber nicht, weil er den Rechtsstaat bereits ausgehebelt hat.

Eine gesamte Partei verteidigt diesen Verfassungsfeind, den Schlächter der US-Demokratie.

75 Millionen haben ihn zuletzt gewählt und stehen fester denn je zu ihm.

Freitag, 4. August 2023

Regierende Faschisten und ihre Probleme


Unglaublich, daß Brian Molko schon 50 Jahre alt ist, daß es „Placebo“ schon 29 Jahre gibt.

Klar, nicht jeder mag dieses Grunge-Punk-Alternative-Genre. Ich höre das üblicherweise auch nicht, aber Placebo ist eine Ausnahme, weil mir die drei Schützlinge von David Bowie von Anfang an sympathisch waren: Der schwule schwedische Gitarrist/Bassist Stefan Olsdal (*1974), der bisexuelle androgyne belgisch-amerikanisch-schottisch-französische-italienische Sänger/Gitarrist Brian Molko (*1972) und der coole straighte US-Schlagzeuger Steve Forrest, geb 1985. (Steve Hewitt 1996-2007).

Dies ist nicht die Stelle, um 29 Jahre Musik zu erläutern. Aber es sei auf Molkos Familie verwiesen. Der Vater ist ein reicher internationaler US-Banker, der unbedingt wollte, daß der kleine Brian auch ein konservativer Anzugträger wird, der in der Finanzwelt Karriere macht. 2013 singt Molko „Rob the Bank/Of England and America/Rob the Bank/Of the entire euro zone“ seinem Erzeuger entgegen.

Die Mutter ist ultrareligiöse fundamentalistische schottische Christin, die den kleinen Brian nach der Bibel erzieht und möchte, daß er Pfarrer wird.

Druck erzeugt Gegendruck. Brian hasst beide Pläne, lackiert sich die Fingernägel, schminkt sich, kultiviert seine weibliche Seite, schmeißt die Schule und will Rockstar werden – und zwar in einer bis dahin homophoben Musikrichtung.

Das klappt nicht nur, sondern klappt erstaunlicherweise gleich auf Anhieb. Schon das erste Album, „Placebo“ von 1996 ist ein Erfolg. Die Tourneen sind ausverkauft, es entstanden bisher insgesamt acht kommerziell erfolgreiche Alben, obwohl die Band sich allen gängigen Erfolgsmechanismen widersetzt.

Die sehr früh, in Opposition zu seinem christlich-konservative-kapitalistischen Elternhaus ausgebildete, politische Sensibilisierung für die Ausgegrenzten, behält Molko bei.

1999 nimmt er „black Market Music“ auf uns fordert in seiner ganzen jugendlichen Schönheit im Eingangssong „Taste in Men“ den Männergeschmack ändern.

Change your taste in men
It's been this way since Christmas Day
Dazzled, doused in gin
Change your taste in men

In dem melancholischen Song „Follow the cops” (Meds/2006) solidarisiert er sich mit den Ausgestoßenen und Verfolgten, indem er ihnen vorschlägt, den Polizisten nach Hause zu folgen und mal ihre Häuser auszurauben.

Let's follow the cops back home And rob their houses

Im düsteren “Exit Wounds” (Loud Like Love/2013) leidet Molko so bitteren Liebeskummer, daß er zu Drogen und Selbstmord rät.

Want you so bad I can taste it

But you're nowhere to be found

Now I'll take a drug to replace it

Or put me in the ground

Put me in the ground

Der polyglotte und polylinguale Molko macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und sagt klar was er von der fünf Jahre jüngeren Faschistin Meloni hält, die gerade Italien aufmischt: Nämlich nichts!

Am 11. Juli 2023 spielte Placebo auf einem Festival in Turin und erklärte dem johlenden Publikum in geschliffenen Italienisch, die Regierungschefin sei ein „rassistisches, faschistisches Stück Scheiße.“

Sicherlich nicht die feine englische Art, aber die adäquate Antwort eines queeren Rockstars auf eine Regentin, die drastische homophobe Attacken von sich gibt.

Meloni ist aber nicht bloß eine xenophobe und homophobe Faschistin, sondern auch noch sehr dumm.

So dumm, daß sie den Streisand-Effekt nicht kennt und nun europaweit kostenlose Werbung für Placebo macht, indem sie den italienischen Regierungsapparat nutzt, um den Sänger Molko zu verklagen.

[….] Ob Politprofi Meloni darüber persönlich wirklich empört war, weiß man nicht. Aber sie hat jedenfalls reagiert und Molko jetzt laut Medienberichten wegen Beleidigung verklagt. Ohnehin ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft, denn wer die "Republik öffentlich beleidigt", macht sich nach italienischem Recht strafbar. Unter den Begriff Republik fällt neben den Gerichten, der Armee und dem Parlament eben auch die Regierung des Landes und damit auch die Ministerpräsidentin. Was man sagen kann, ist, dass Meloni unter ihrem Image als ultrarechte Politikerin leidet.  [….]

(Marc Beise, 04.08.2023)

Sehr schön, Meloni. Das bietet Gelegenheit noch mal dran zu erinnern, was die Italienische Ministerpräsidentin über bisexuelle Männer wie Molko zu sagen hatte.

„Ja zur natürlichen Familie! Nein zur LGBT-Lobby!“

Das muss ja super laufen in Rom, wenn die Regierungschefin Zeit hat, sich mit belgischen Sängern zu streiten.

Donnerstag, 3. August 2023

Ökonomie und Demokratie

In den 1970er Jahren fand Geopolitik in einer bipolaren Welt aus zwei militärischen bis an die Zähne bewaffneten Supermacht-Gruppen statt. Warschauer Pakt und NATO. Beide so unbezwingbar mächtig, daß ein Angriff den sicheren atomaren Selbstmord bedeutete. Das Ende dieser beiden Blöcke konnte sich niemand vorstellen und schien auch nicht erstrebenswert. Denn wer nicht dazu gehörte, mußte entweder mit Titos zahnlosen „Blockfreien“ am Katzentisch sitzen, oder aber noch schlimmer: Er wurde gar nicht als Teil der Welt angesehen und unter dem verächtlichen Label „Dritte Welt“ geführt.

Im seltsamen Gegensatz zum (militärischen) „Gleichgewicht des Schreckens“, stand  die ökonomische Stärke der NATO-Staaten, die von Prosperität und Überfluss strotzte, während der Alltag in den Warschauer-Pakt-Staaten von Mangel, Agonie, Verfall und sogar Hunger gekennzeichnet war.

Die Ost/West-Strategien der sozialliberalen Brandt- und Schmidt-Regierung setzte deswegen richtigerweise nicht auf einen Krieg des Systeme, sondern auf „Wandel durch Annäherung“, bzw später „Wandel durch Handel.“

Ein kluges Konzept, das auf erhobene Zeigefinger und arrogantes „wir sind besser als ihr“-Gerede verzichtete. Stattdessen würde jeder Kontakt zwischen den Menschen der verschiedenen Welten, den einen die Segnungen des Systems der anderen vor Augen führen.

Nina Hagen brachte es nach ihrem Rauswurf aus der DDR mit ihrem genialen Refrain „Es ist alles so schön bunt hier!“ auf den Punkt.

Jeder Warschauer Pakt-Mensch, der der nicht durch Mauern und Nachrichtensperre (wie im Dresdner Tal der Ahnungslosen) völlig von Informationen aus der anderen Welt abgeschnitten war, konnte nur zu einem Schluß kommen: Der Kapitalismus ist der Planwirtschaft in jeder Hinsicht überlegen, Freiheit führt zu unternehmerischer Blüte und das Leben in der NATO-Welt ist für jeden Bürger um ein vielfaches besser.

Je mehr touristische, kulturelle, wissenschaftliche oder wirtschaftliche Kontakte es gab, desto größer würde die Sog-Wirkung des westlichen Kapitalismus werden. Desto mehr würden die UdSSR-assoziierten Regime ins Wanken geraten. Der Westen müsste nur abwarten. Genauso schien es Ende der 1980er zu kommen. Mit dem Ende der Sowjetunion, sowie der Vereinigung aus DDR und BRD, erfüllten sich die zwangsläufigen ökonomischen und gesellschaftlichen Strömungen. So musste es sein, da sich alle Menschen nach individueller Freiheit und Wohlstand sehnten. Beides wäre nur in den westlichen Demokratien zu haben.

Das „Ende der Geschichte“ (Francis Fukuyama 1992) war erreicht; der WP Geschichte. Die ewige Dominanz der USA eingeläutet.

Mannomann, haben wir uns da alle geirrt!

Niemanden war aufgefallen, daß ewiges Wachstum in einer Welt mit endlichen Ressourcen nicht möglich ist. Kaum einer beachtete, daß die ökonomische Stärke des Westens auf der Ausbeutung der „dritten Welt“ beruhte. Keiner wollte den Wissenschaftlern zuhören, die vor der Zerstörung der Umwelt und des Weltklimas warnten, die der Kapitalismus mit sich bringt. Man vergaß völlig, auch an die offenkundigen Verlierer der Globalisierung; an soziale Katastrophen in der muslimischen Welt, zu denken.

Außerdem stellte sich die Vergötterung der „Freiheit“ als hohle Monstranz der US-Konservativen oder Songtexter wie Marius Müller-Westernhagen heraus.

Viele Menschen entscheiden sich bei Wahlen lieber gegen die Freiheit, weil sie sich nach starker Führung sehen und sich von allzu frei lebenden Minderheiten fürchten.

Schließlich zeigten China und die asiatischen Tigerstaaten, daß radikalkapitalistisches Wirtschaften nicht nur nicht, zwangsweise mit Demokratisierung und Rechtssicherheit einherging, sondern ganz im Gegenteil, in einem autoritären System ohne Individualrechte, sogar noch besser funktioniert.

Im Hamburger Stadtteil Altona gibt es eine S-Bahn-Überführung namens „Sternbrücke“. Der 75 m lange Stahlbau wurde 1893 im Zuge der Trassierung der Hamburg-Altonaer Stadt- und Vorortbahn errichtet und war nach 100 Jahren so marode, daß ein Neubau notwendig wurde. Ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Seit 2005 plant die Stadt gemeinsam mit der Deutschen Bahn den Neubau. In einer Demokratie werden aber auch kritische Stimmen gehört, Anwohner können Einsprüche einreichen, Nachbarn äußern ihre ästhetischen Bedenken zu dem Entwurf des Neubaus und viele wollen generell nicht von Baulärm gestört werden.

Inzwischen sind 18 Jahre vergangen und es immer noch kein Spatenstich getan, während die alte Brücke immer mehr rostet. Demokratie behindert Infrastrukturausbau.

Darüber können Xi, Putin oder Salman ibn Abd al-Aziz nur lachen. Wenn in einer ihrer Provinzen eine neue kommunale Brücke gebaut werden soll, ordnet irgendein lokaler Bevollmächtigter das an und die Sache ist in Wochen erledigt.

Demokratie ist also anstrengend und behindert unter Umständen die ökonomische Entwicklung ganz enorm. Politische Führer können, selbst wenn sie klug genug sind, um zu wissen, was getan werden muss, nicht so handeln, weil andauernd Wahlen sind und sie zu befürchten haben, ihren Job ganz schnell los zu sein, wenn sich die Anwohner einer notwendigen Infrastrukturbaumaßnahme gestört fühlen.

Die Berücksichtigung von Individualinteressen kann nur dann funktionieren, wenn alle Wähler sich einig sind, auch gelegentlich zurückstecken zu müssen, um andere Interessen zu würdigen und nicht mit den prosperierenden Autokratien mithalten zu können.

Diese Einigkeit besteht aber eben nicht unter westlichen Demokraten. Sie sind geprägt von Neid-Gefühlen und enormen Verlustängsten. Sie wollen nicht abgeben und gönnen weder Migranten, noch Kriegsflüchtlingen, noch Transsexuellen Solidarität.

Demokraten sind oft so wenig demokratisch, daß sie völlig freiwillig AfD, FN oder FPÖ wählen. In Ungarn, Polen, den USA, der Türkei und Israel hatten die Bürger immer die demokratische Wahl und entschieden sich gegen die Unantastbarkeit der Menschenwürde, gegen Gewaltenteilung, gegen Pressefreiheit, gegen unabhängige Justiz. Gegen Demokratie.

Die Blockfreien von heute heißen jetzt BRICS. 20 Nationen wollen den BRICS gern beitreten, noch mehr von der BRICS-Bank profitieren.

Die fünf Staaten sind zusammen ökonomisch bereits stärker als die G7. Und sie sind interessant für alle Schwellenländer, weil sie wertfrei sind. In der BRICS-Welt muss niemand demokratisch sein, wird niemand abgemahnt, weil er Regimegegner köpft oder Schwule aufhängt.

Das gefällt Homo Sapiens einfach besser als EU-Chaos.