Montag, 17. November 2014

Was schert mich meine Meinung von gestern? – Teil II


Fähig zu sein die eigenen Ansichten zu ändern, ist grundsätzlich ein gutes Zeichen. Es ist ein natürlicher Prozess der intellektuellen Erkenntnis, daß die eigene Faktenlage sich verbreitet, so daß andere Schlüsse gezogen werden.
Manche Menschen werden auch im zunehmenden Alter kritischer und weniger leichtgläubig. Man springt dann nicht mehr so leicht auf einen Zug auf, wenn man schon viele mit Medienhype orchestrierte Züge entgleisen sehen hat.

Als Jugendlicher besteht man felsenfest auf seiner Meinung und seinen Vorlieben. Wehe wenn die Eltern an der bevorzugten Boyband oder der Frisur herumkritisieren.
Erwachsene haben ja keine Ahnung.
Wer nach ein paar Dekaden auf seine eigene Jugend zurückblickt, erinnert sich aber immer auch an die peinlichen Fehl-Fan-Fantasien und kann es a posteriori kaum noch glauben, weswegen man einst eine TV-Serie oder eine Sängerin liebte.

Andere werden erst mit dem Holzhammer zu einem Umdenken genötigt.
Ins Gegenteil verkehrte Meinungen werden oft besonders hartnäckig vertreten.
Niemand kämpft so stark für Rauchverbote wie Ex-Raucher.
Konvertiten sind die überzeugtesten Religioten. Ehemalige begeisterte Fleischfresser stechen normale Veganer an Fanatismus aus.
Sehr beeindruckend ist das Engagement von Eltern homosexueller Kinder, die bis zum Outing ihres eigenen Sohnes/ihrer eigenen Tochter selbst homophob dachten und dann oft in längeren Prozessen komplett umdachten.


Natürlich gibt es auch altersbedingte Denkverhärtungen.
Eltern können ihre Teenagerkinder sehr hart und überzeugend betrafen, wenn sie diese mit einem Joint erwischen. Wieviel sie selbst in ihrer Jugend kifften, ist dann vergessen.
Ich erinnere mich noch gut, daß ich ernsthaft ein bißchen entsetzt war, als mir eine Schulfreundin einst erzählte, ihre 16-Jährige Tochter könne offenbar „schon poppen wie eine Große“. Das höre sie schließlich immer lautstark aus ihrem Zimmer, welches neben ihrem Schlafzimmer liege.
Meine Spontanreaktion war tatsächlich ein „und das erlaubst Du?“.
Ich solle mich mal nicht so aufregen und lieber daran denken was ich schon alles mit 15 getrieben hätte, wurde ich dann belehrt.
Um womit? Mit Recht.

In den sozialen Netzwerken beobachte ich, daß CDU-affine Geronten wie Baring, Broder oder Biermann als Prototypen der unangenehmsten Rechten gebrandmarkt werden.
Um nicht nur Männer mit „B“ zu nennen, erwähne ich noch den gruseligen Giordano, der gemeinsame Sache mit der braunen Erika von den Vertriebenen machte. Oder den Merkel-Fan und Arbeitgeberlobbyisten Klaus von Dohnanyi.

Den jungen Leuten sage ich, ja, ihr ärgert euch zu Recht über diese Omen und Open.
Es ist aber nicht richtig diese Personen deswegen in Bausch und Bogen zu verdammen.
Ich hatte das Privileg mich als 15, 16-Jähriger Schüler mehrfach mit Wolf Biermann unterhalten zu können. Er kam auf Einladung unserer Deutschlehrerin in unsere Schule und diskutierte mit uns über Hölderlin.
Er nahm uns ernst, ließ sich lange Zeit und kam mehrfach zu uns.
Damals war Biermann eher als der Regimekritiker bekannt, weniger als Barde, Dichter oder Liedermacher.
Als Student, kurz nach dem Fall der Mauer erlebte ich Biermann dann neu als SPIEGEL-Kolumnist. Diesmal als Essayist. Der Mann schrieb damals einige der besten Prosatexte des Jahrzehnts. Es war eine Wonne diesen scharfsichtigen Mann zu lesen.
Niemals hätte ich damals geglaubt, daß der schärfste Kohl-Kritiker eines Tages für Angela Merkel schwärmen könnte und in der Springerpresse verbreitet CDU zu wählen.
Auch Baring und Broder waren einmal links und ich stehe weiterhin dazu, daß Broder einige bedeutende, intelligente Bücher geschrieben hat.
Giordano erst Recht („Die zweite Schuld“, „Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte“).
Klaus von Dohnanyi war als Hamburger SPD-Bürgermeister ein bedeutender Versöhner, dem es gelang gegen die geifernde Presse den Hafenstraßenkonflikt zu befrieden, weil er als erster Politiker überhaupt die Hausbesetzer akzeptierte und ihnen vertraute.
Als es noch die Mauer gab, erzählte mir einmal ein guter Grufti-Freund von seiner besten Fahrt nach Hamburg.
Damals gab es an der Westberliner Stadtgrenze nach der Autobahnzufahrt Reinickendorf eine kleine Standspur, die immer von lauter zwielichtigen Tramper-Gestalten bevölkert wurde. Ich habe keine Ahnung, wie erfolgreich Trampen heute im Zeitalter der Mitfahrzentralen ist. Damals aber war die Transitstrecke durch die DDR ein kleines Abenteuer. Ohne Auto kam man da nicht durch und so fühlte man durchaus Solidarität mit den Trampern. Die mußten meistens nicht sehr lange warten.
Richard, der Grufti mit cool geschminkten Augen, stand also auch dort, als wider Erwarten eine große Limousine anhielt und ein distinguierter Herr auf dem Fahrersitz sagte „stiegt mal alle ein.“
Der Mann war Klaus von Dohnanyi, der seinen neuen leicht eingeschüchterten Grufti- und Punkerfreunden bedeutete ihn duzen zu können und im Übrigen hätten sie nun drei Stunden Zeit sich mal alles von der Seele zu reden, was sie bedrücke. Von Dohnanyi war immerhin ein amtierender Ministerpräsident damals und war so unprätentiös wie unvoreingenommen.
Kaum vorstellbar, daß das derselbe Mann war, der heute weißhaarig bei Günter Jauch sitzt und gegen Linke und Gewerkschafter agitiert.

Man kann sich immer ändern und nur wer sich ändert, bleibt sich treu. (Biermann).
Helmut Schmidt wird mit knapp 96 Jahren immer freigeistiger und verteidigt in einer großen Kirche seinen Atheismus.
Andere werden im hohen Alter offenbar immer verbohrter.
Broder und Biermann und natürlich insbesondere Baring haben dabei ein Niveau erreicht, daß man ihnen wirklich nicht mehr zuhören sollte.
Bei einigen kippt es irgendwann schlagartig, andere, wie Sarrazin werden ganz kontinuierlich immer extremistischer.

Albern wird es allerdings, wenn man als meinungsstarrer Geront behauptet man habe schon immer diese Thesen verbreitet, wenn allzu offensichtlich ist, daß man früher das Gegenteil gesagt hatte.
Wozu diese Peinlichkeit? Mit einem lockeren Spruch – man wird im Alter eben klüger – kommt man über Widersprüche hinweg.
Und sei es auch Straußsche Selbstironie à la „was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“.

Hier liegt auch der Kardinalfehler von Crazy Horst, der zu jedem Thema drei Meinungen vertritt und dennoch behauptet verlässliche Politik zu machen.

Und dann gibt es noch Päpste.
Die haben als die einzigen Menschen des Planeten, die ex cathedra Unfehlbarkeit für sich reklamieren natürlich ein Problem, wenn sie ihre Meinung diametral um 180° ändern.
Da muß man schon tiefer in die dialektische Trickkiste greifen, um das verständlich zu machen.
Der senile Ratzinger Sepp spart sich allerdings die Mühe.
Bei der Publikation seines Gesamtwerkes läßt er Texte, die er in den 1970ern als bedeutender Theologieprofessor verfasste so umschreiben, daß sie mit denselben Argumenten heute zum gegenteiligen Schluß kommen.
Damit übertrifft der Ex-Papst Broder, von Dohnanyi und Biermann um Längen.
Ohnehin ist Ratzinger inzwischen als recht unseriöser Wissenschaftler enttarnt, aber nun gibt er sich völlig der Lächerlichkeit preis.

Intensiv strickt der Pontifex auch an seinem Renommee als Spitzenwissenschaftler, der als hochseriöser Theologe auch ohne das geistliche Amt Weltgeltung errungen hätte.

Nun ja, auch wenn seine professionellen Claqueure von Focus und BILD, wenn seine persönlichen Liebesdiener Paul Badde, Alexander Kissler und Matthias Matussek diese Saga immer wieder drucken - stimmen muß das nicht.

Angeblich soll seine erheblich begabtere Kommilitonin Uta Ranke-Heinemann ihm während des Studiums mit Altgriechisch und Hebräisch geholfen haben, weil das in die zukünftige Papstbirne einfach nicht hineinging.
Der Papst-Biograph Alan Posener („Benedikts Kreuzzug. Der Angriff des Vatikans auf die moderne Gesellschaft“ Ullstein Verlag, Berlin 2009, ISBN 3550087934, Gebunden, 268 Seiten, 18,00 EUR) hält Benedikt für wissenschaftlich unseriös. Ratzinger ist alles anderes als wissenschaftlich korrekt, er fälscht Zitate und presst sich bei seinem großen Thema „Vernunft und Glaube“ Immanuel Kant auch mal so hin, wie es ihm gerade passt.
Offenbar kommt aber kaum einer der bei Papst-Vorträgen andächtig Lauschenden überhaupt auf die Idee mal Zitate nachzuschlagen und auf Korrektheit zu überprüfen.

Einen Haufen Lügen verbreitet der Papst auch zu den zahlreichen Missbrauchsgeschichten; so will er vom Fall Murphy nichts gewußt haben, obwohl er seit Jahrzehnten mit dem Fall beschäftigt ist und auch vor der Kamera von Journalisten darauf angesprochen wurde.

Ratzinger ist ein Lügner und ein unseriöser Theologe.
Nun ist er auch noch eine Witzfigur, der sein 1972er Plädoyer für die Kommunion von Geschiedenen einfach nachträglich fälscht, statt zuzugeben, seine Meinung geändert zu haben

Ja, die Ehe bleibe grundsätzlich unauflöslich, schreibt der Theologe. Wenn aber "eine zweite Ehe über eine längere Zeit hin" sich "als sittliche Größe bewährt" habe und "im Geist des Glaubens gelebt" worden sei, wenn es in der neuen Beziehung "moralische Verpflichtungen" gegenüber Kindern und Ehefrau gebe, dann scheine "die Eröffnung der Kommuniongemeinschaft nach einer Zeit der Bewährung nicht weniger als gerecht und voll auf der Linie der kirchlichen Überlieferung zu sein". Ganz schön mutig, dieser Joseph Ratzinger aus Regensburg. 1972 jedenfalls, als er diesen Aufsatz schrieb.
Jetzt kann man den Beitrag wieder lesen. Gerade ist Band vier der gesammelten Werke jenes Professors erschienen, der Erzbischof, Präfekt der Glaubenskongregation und schließlich Papst Benedikt XVI. wurde. Der Aufsatz beginnt auf Seite 600 - und ist völlig anders als 1972. Der emeritierte Papst hat den Schluss überarbeitet, er hat ihn ins Gegenteil verkehrt, obwohl die Argumente zuvor die gleichen geblieben sind.
Der Satz über den Kommunionempfang von Geschiedenen, die wieder heiraten, fehlt. Stattdessen empfiehlt Benedikt, dass die Kirche das Ehenichtigkeitsverfahren ausbaut - das könnte feststellen, dass eine Ehe wegen psychischer Unreife von Anfang an ungültig war, einer zweiten Heirat stünde dann nichts im Weg. Auch ohne dieses Verfahren sollten Geschiedene in kirchlichen Gremien aktiv und Pate werden können.   [….]

Sonntag, 16. November 2014

Fortschreitende Degeneration.


Wie ich schon mehrfach beklagte, bin ich beim Versuch Margot Käßmanns Doofheit zu beschreiben an die Grenzen meiner verbalen Möglichkeiten gelangt.
Die enthemmte BILD-Blödblinze haut inzwischen ihre morialogischen Maxima in so kurzen Abständen raus, daß ich gar nicht mehr zwischendurch mit Nitrospray wieder meinen Riva-Rocci runterregeln kann.

Ich meine allerdings ein retrogrades Element in den Käßmann-Texten festzustellen. Selbst für ihre Verhältnisse retardiert sie noch, indem sie ihre frühere peinliche Plattheit und sukzessive Selbstüberschätzung zunehmend von einem Messiaskomplex überlagern läßt.
Es genügt ihr nicht mehr als Botschafterin von dubiosen antisemitischen Lehren einer primitiven Hirtenkultur omnipräsent zu sein.
Sie begann einst als Jesus-Groupie, stellte dann eher Luther als Jesus in den Mittelpunkt ihres Denkens und ist mittlerweile dazu übergegangen sich zunehmend selbst für einzig maßstabgebend zu halten.

Man konnte das deutlich sehen, als sie zuletzt ihre private Lebensgestaltung mit den eigenen vier Leibesfrüchten als Schablone für alle anderen Menschen hochjazzte.
Sogar Springers Welt erklärte die BILD-Bischöfin daraufhin für „verrückt“.
Offenbar zu Recht, denn nun wird ganz deutlich, daß Käßmann sich selbst für maßstabgebend hält. In ihrem Triumvirat aus Jesus, Luther und Margot scheint sie inzwischen ganz deutlich die erste Geige zu spielen.
In ihren Bild-Kolumnen geht es ihr kaum noch um die Sache, sondern sie phantasiert sich selbst zum Mittelpunkt der Gedanken aller Deutschen hoch.
Die Kebse Käßmann versucht erst gar nicht mehr Argumente und Fakten sprechen zu lassen, sondern kontert a priori Gegenmeinungen damit, diese würden ihr widersprechen. Ganz so, als ob es sich dabei um Blasphemie handelte, weil man der göttlichen Margot von Hannover nicht widersprechen dürfe. Wer also anderer Meinung ist, hat schon deshalb Unrecht, weil er es überhaupt wagt ihr zu widersprechen.

Käßmann ist damit vom morialogischen Fall zum Psychiatrischen degeneriert.

Als Aushängeschild des rechtslastigen Titten- und Lügenblattes BILD blamiert sich Käßmann heute mit einem moralischen Zeigefinger.
Mitten aus dem BILD-Misthaufen ragend empört sie sich über die Moral der ehemaligen Springer-Tochter Sat1.
Das ist so, als wenn Abu Bakr al-Baghdadi sich beklagte, daß Osama bin Laden zu rabiat vorgegangen wäre.

Wir erinnern uns, Sat1 ist der ehemalige katholische Kirchsender, dem wir folgende Filme im deutschen Free-TV verdanken:

„Es jodelt in der Lederhose“


„Drüber, drunter und rauf“

„Fun - süße Früchtchen zum Vernaschen“

„Mutti, Mutti, er hat doch gebohrt“


„Dirndljagd am Kilimandscharo“


„Wenn Frauen Ding Dong spielen“

„Der Mann mit dem goldenen Pinsel“

„Drei Schwedinnen auf der Reeperbahn“

„Im Gasthaus zum scharfen Hirschen“

„Robin Hood und seine lüsternen Mädchen“


„Rasputin - Orgien am Zarenhof“

„Graf Porno bläst zum Zapfenstreich“

„Das turboscharfe Spannermotel“

„Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd“

„Nackt und kess am Königssee“

„Das Lustschloss im Spesshart“

„Alpenglühn im Dirndlrock“

Offenbar lagen diese Produktionen aber eher auf der geistigen Linie der Blamage-Bischöfin.
Was Sat1 aber jetzt verbricht, kann die Geschiedene nicht dulden: Eine Ehe-Show, bei der das heilige Sakrament der Ehe herabgewürdigt wird.
Donnerknilch! Und ich dachte immer, bei Sat1 und RTL-II liefen nur keusche EKD-konforme Gottesdienste!
Käßmanns Argumente gegen die Hochzeitsshow sind wieder einmal nur ihre eigenen Erlebnisse und Empfindungen, die sie ohne Umschweife als allein seligmachend annimmt. Paare ohne Trauschein, Schwule, Lesben, Geschiedene, Getrennte, Wiederverheiratete – all das ist minderwertig, weil Käßmann schließlich auch verheiratet war. Natürlich stellt sie bei der Gelegenheit noch mal ihre Karrierehighlights raus: Sie war Landesbischöfin (sic!) und das sogar ganze elf Jahre (sic!) und die Leute schickten ihr Dankbriefe (sic!!!).

Dieses Jahr habe ich zwei Hochzeiten als wunderbare Familienfeste erlebt. Die Paare hatten alles intensiv vorbereitet: Wer sitzt wo, kümmert sich jemand um die Großeltern, und was ziehen wir an? Familien und Freunde haben geplant: Wer redet, lassen wir Luftballons steigen, wer stellt Fotos zusammen? Alle kommen zusammen und freuen sich, dass zwei den Mut gefunden haben, vor allen Ja zueinander zu sagen. […]  
Als Landesbischöfin habe ich in elf Jahren unzähligen Paaren Urkunden zur Goldenen, Eisernen oder Diamantenen Hochzeit geschickt.
Oft haben sie einen Dankbrief geschrieben und sehr nachdenklich erzählt von den Höhen und Tiefen der Ehe. Überwogen hat die Dankbarkeit, so vertraut miteinander alt werden zu können.

Oh wie erstaunlich, diejenigen, die tatsächlich Goldene Hochzeit feierten, fanden die Ehe gut?
Das ist in etwa so überraschend wie die Befragung
zum Thema Glücksspiel derjenigen, die eben einen Sechser im Lotto hatten.
Wie andere aber zum Thema Ehe stehen, dürfen sie nicht etwa selbst bestimmen, sondern hier will auch Käßmann allein sagen wie es zu sein hat. Spontan-Ehen, der „coup de foudre“, Heiraten aus Übermut – all das darf nicht sein, weil Käßmann das „nicht gut findet“. Man soll sich eine Ehe gut überlegen – aber auch nicht zu lang. Nur die angemessene Zeit, die auch Käßmann selbst überlegte ist richtig.

Nun gibt es diese Sendung in Sat.1, wo wissenschaftlich herausgefunden wird, wer zueinander passt. In einer Zeit, in der die Ehe zur TV-Show wird, möchte ich für Ernsthaftigkeit plädieren, auch wenn manche mich als Spaßverderberin hinstellen werden.
[….]  Ich finde, zwei Menschen sollten sich in Ruhe kennenlernen. Die Freiheit haben wir in unserer Gesellschaft heute, Gott sei Dank! Und dann können sie sagen: Ja, wir heiraten. […] Jahrelang zögern ist doch auch fragwürdig. Niemand kann sagen, ob eine Ehe ein Leben lang hält. Aber es ist gut, darum zu kämpfen!

Was für ein Nonsens. Wenn die Ehe ein Kampf ist, sollte man sich zum Wohle aller trennen.

Daß man sich überhaupt trennen darf, hat allerdings schon Luther erkannt und was dieser widerliche hasserfüllte Antisemit sagte, ist für Käßmann schon irgendwie verbindlich.

Martin Luther hat gesagt, die Ehe sei ein „weltlich Ding“, kein Sakrament also. Das heißt, der Mensch wird nicht abgrundtief schuldig, wenn eine Ehe nicht zusammenhält, bis sie durch den Tod geschieden wird. [….]


Samstag, 15. November 2014

Mehr Streit!



Einer der Gründe weswegen parlamentarische Demokratie in der deutschen Praxis so schlecht funktioniert, ist die manische Harmoniesucht des Urnenpöbels.

Das ist eine extreme Unsitte.
Eine Partei, die diskutiert, um den richtigen Weg ringt und bei Vorstandswahlen sogar Kandidaten MIT Gegenkandidaten aufstellt, gilt als zerstritten und somit als nicht regierungsfähig.
Wenn hingegen insbesondere im Kanzlerwahlverein CDU und der CSU Vorsitzende mit DDR-sozialistischen Ergebnissen gewählt werden, gilt das als Ausweis der Seriosität.
In Wahrheit sind solche Wahlen allerdings eine Farce. Angela Merkel könnte getrost die Wahlen innerhalb ihrer Partei abschaffen.
Es ist ohnehin völlig unmöglich, daß sie nicht zur Vorsitzenden gewählt würde.
Sie läßt also Wahlen abhalten, bei denen man keine Wahl hat.

Solche Ereignisse wie der Mannheimer SPD-Parteitag vom November 1995, als sich der Parteivorsitzende Rudolf Scharping gemütlich wiederwählen lassen wollte, eine Rede von geradezu Merkelscher Ödnis ablieferte und dann für ihn völlig überraschend vom brillanten Rhetor Lafontaine an die Wand geklatscht wurde, sind in den C-Parteien vollkommen undenkbar.

Es gilt als ganz große Schwäche der SPD, daß es immer mindestens zwei miteinander streitende Flügel gibt.

Dabei ist es doch offensichtlich was passiert, wenn die SPD kleinmütig und devot ihrem Vorsitzenden folgt. Wir erleben das seit einiger Zeit. Harmonie in der Regierung. Allerdings ist die CDU-Chefin Kanzlerin und die SPD dümpelt bei Umfragen in der traurigen knapp-über-20%-Gegend.

In den 2000er Jahren gab es mit dem Forum Demokratische Linke 21 (Nachfolger des „Frankfurter Kreises“) um Andrea Nahles, den Seeheimern um Johannes Kahrs und den dazwischen liegenden Netzwerkern um Gabriel sogar drei Flügel.
Für mich stellten diese Schubladen insofern immer ein Problem dar, da ich mich so schwer tat mich einer von ihnen zugehörig zu fühlen.
Ginge es nach den politischen Positionen, gehöre ich in die linke Schublade der SPD, aber unglücklicherweise ist da auch das dümmste Personal.
Die fromme papstreue Katholikin Nahles ist als Ministerin tatsächlich genauso eine katastrophale Taktikerin wie vorher als Generalin oder Juso-Chefin.
Intellektuell leichtgewichtig ist auch der Linke Niels Annen, der es 2009 vermochte einen der bundesweit sichersten SPD-Wahlkreise, Hamburg-Eimsbüttel, durch extreme Doofheit an die CDU zu verschenken.
Nach 28 Fachsemestern brach er sein Studium der Geschichte, Geographie und Lateinamerikanistik an der Universität Hamburg ohne Abschluß ab.

Vor der Generation Nahles-Annen sah es auch nicht besser aus bei der SPD-Linken, als die Doppelnamen-Frauen noch mächtig waren.
Sigrid Skarpelis-Sperk, von Gerd Schröder „Mrs Njet“ oder „Tripel-S“ genannt, schaffte es immer wieder so unsympathisch und verbiestert zu wirken, daß man ihr von Herzen Misserfolge wünschte, selbst wenn sie sachlich absolut Recht hatte.


Oder man denke an die unglückliche langjährigen stellvertretenden Bundesvorsitzende Heidemarie Wieczorek-Zeul, deren inhaltliche Positionen ich ebenfalls nur loben kann.


Über den 2003er Irakkrieg zog sie ein Jahr später folgende Bilanz:
 „Der Irakkrieg hat entsetzliches menschliches Leid und zahlreiche Opfer bei der Zivilbevölkerung, aber auch bei den Soldaten mit sich gebracht. Das ist ein wirkliches Verbrechen.

Den israelischen Angriff auf den Libanon im Juli 2006 „völkerrechtlich völlig inakzeptabel“ und erntete dafür harte öffentliche Kritik, unter anderem von der Jungen Union, der FDP und den Grünen. Seitens des Zentralrates der Juden in Deutschland wurde daraufhin die Frage gestellt, „ob eine solche Entwicklungshilfeministerin im Namen der Sozialdemokraten noch tragbar“ sei.
(Wikipedia)

Auch innerhalb ihrer Partei vertrat die linke Hessin mutig ihre Positionen.
Wäre sie nur nicht taktisch so verdammt unfähig.
Sie war es, die mit ihrer blödsinnigen und aussichtslosen Kandidatur bei der SPD-Urwahl von 1993 Scharping ins Amt brachte und damit de facto Helmut Kohl 1994 die Wiederwahl als Kanzler ermöglichte.
Ähnlich schwachsinnig war ihre Attacke auf den Parteivorsitzenden Müntefering im Oktober 2005, den sie damit mitten in den Koalitionsverhandlungen mit Angela Merkel demontierte und aus dem Amt jagte – zur Freude der CDU.

Während HWZs Intimfeind Gerd Schröder bekanntermaßen in seinem Umfeld beliebt ist, weil er völlig unprätentiös, rücksichtsvoll und kumpelhaft mit Fahrern, Sicherheitsbeamten und Sekretärinnen umgeht, scheint sie eher eine Furie zu sein; jedenfalls wenn man der „WELT“ glauben schenken möchte.

Beleidigungen, Streit, Geschrei: So enden nach Angaben von Mitarbeitern viele Diskussionen mit Heidemarie Wieczorek-Zeul. […] Eine "Sauerei" sei das, empörte sich die Ministerin und feuerte die Unterlagen quer über den Konferenztisch, an dem neben Mitarbeitern auch staunende Gäste einer ausländischen Delegation saßen. Das nächste Mal nehme sie so schlechte Papiere "überhaupt nicht mehr zur Kenntnis", tönte Heidemarie Wieczorek-Zeul nach Auskunft von Anwesenden. Was denn das Problem sei, wagte einer zu fragen. Antwort: In der Mappe habe sie sich auf einer "Teilnehmerliste" gefunden – als Frau aber gehöre sie entweder in eine "Teilnehmendenliste" oder in eine "Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer".
Diese Szene aus dem Büro von Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul soll rund neun Jahre zurück liegen. Aber an der Tonlage der SPD-Politikerin gegenüber ihren Mitarbeitern ("Nicht mal das könnt ihr") hat sich so wenig geändert, dass er demnächst Thema von Personalversammlungen ihres Hauses wird.

So hilft man dem linken Flügel innerhalb der SPD nicht.

Eine meiner Lieblingsgeschichten von HWZ ist ihr Trip nach Mururoa, der filmisch begleitet zu einem der größten PR-Desaster der 1990er Jahre wurde.
Dabei hatte sie auch in dem Fall in der Sache Recht: Die Atomtests waren strikt abzulehnen. Daß sie sich dann selbst auf einem rostigen Seelenverkäufer, nämlich dem Fidschi-Frachter "Kaunitoni" einfand, um hilflos treibend zu kommentieren wie die "Rainbow Warrior II" von der französischen Marine gestürmt wurde, konnte nicht gut ausgehen.

[….]  Heidemarie Wieczorek-Zeul war in Rage. Sie hatte den World Service der BBC gehört und wußte, daß die "Rainbow Warrior II" überrumpelt wurde und daß es Proteste in Paris gab. "Ich finde das französische Vorgehen ungeheuerlich, als zivilisierter Staat und als Mitglied der EU kann man so nicht mit Demonstranten umgehen. Die Regierung verhält sich autoritär", sprach sie.
Dabei hat nach dem Maschinenschaden alles so launig begonnen.
Heidi Wieczorek-Zeul springt alarmiert aus ihrer Koje und fällt fast über ihren SPD-Genossen Reinhard Schultz. [….]  "Reinhard", ruft Heidi Wieczorek-Zeul, "das Schiff steht." Die rote Heidi verflucht den Tag, an dem sie sich zu dieser Friedensfahrt hat hinreißen lassen. [….] Die internationale Harmonie hielt bis zum Ausfall der Maschine an. Da plötzlich formierten sich die Deutschen. Wieczorek-Zeul forderte das Herbeirufen eines Schleppers. [….] So dümpelt das Boot weiter. Die See tobt, die Rettung ist weit.  Wie versteinert blickt Frau Wieczorek-Zeul aufs Meer hinaus. Lieber rote Heidi als tote Heidi.

In Erinnerung blieben dann nur Bilder von HKW, die seekrank und unförmig in Rettungswesten gekleidet in einem Schlauchboot vor sich hin göbelte.
Eine wunderbare Vorlage, um sich über sie lustig zu machen und damit ihr eigentliches Anliegen zu konterkarieren.

Die Seeheimer um Klaas Hübner und Johannes Kahrs sind dagegen geradezu unheimlich professionell.
Kahrs kennt seine Grenzen, hält den Mund, wenn er nichts erreichen kann, wagt aber oft auch die Kritik am politischen Gegner, wenn alle anderen still sind.
Dazu hat er die seltene Fähigkeit druckreif zu sprechen und sich absolut prägnant auszudrücken. Er braucht keine Manuskripte, liest seine Reden nicht ab.
Es ist eigentlich immer eine Freude ihm im Bundestag zuzuhören.

Die Netzwerker haben sich scheinbar aufgelöst. Ohne zu googeln fällt mir keine einzige Wortmeldung von ihnen ein.

Erfreulicherweise wagen die Linken in der SPD nun einen Neuanfang. Das Forum Demokratische Linke 21 war seit der Bundestagswahl 2013 völlig untergegangen und überließ Gabriel das Feld.

Nun könnte sich die Phase der duldsamen Gefolgschaft dem Ende nähern. Daraus lässt jedenfalls das Treffen von gut 250 Vertretern der Parteilinken in Magdeburg schließen, die sich am Freitag und Samstag dort zur "Magdeburger Plattform" zusammengeschlossen haben.
Zumindest die Linke innerhalb der SPD will wieder eigene Positionen benennen, will sich abheben von der CDU, erwartet, dass die SPD auch in der Großen Koalition als selbstständige Partei erkennbar wird. Oder wie es ein Genosse formulierte: "Wenn wir nicht an die Strukturfragen herangehen, machen wir uns zur linken Unterabteilung der CDU."
[….] Von einem "massiven Anstieg der Einkommensunterschiede in Deutschland" sprach der Ökonom Fabian Lange, und Parteivize Ralf Stegner nahm den Ball gerne auf: "Ich kenne keine Wahlanalyse, die uns Zuwächse verspricht, wenn wir die DIHK-Geschäftsführer zufriedenstellen", sagte er. Ohne das Profil in ihren Kernthemen zu schärfen, treibe die SPD in den Umfragen "eher in Richtung 20 als in Richtung 30 Prozent". [….] Sigmar Gabriel dürfte das Treffen mit einigem Interesse beobachtet haben, aber nicht nur er. Der Netzwerker-Flügel, ein Zusammenschluss von Genossen mit eher realpolitischem Ansatz, forderte bereits vor dem Konvent in Magdeburg in ungewöhnlicher Schärfe, man solle "gemeinsam und solidarisch an der Weiterentwicklung und Attraktivität der SPD arbeiten". [….]

Der neue starke Mann, Ralf Stegner ist notorisch unbeliebt in der Berliner SPD-Führung.
Insofern gleicht er Tripel-S, Nahles und HWZ, die gerade innerhalb ihrer Partei leidenschaftlich gehasst wurden.
Es ist aber realistisch zu hoffen, daß er deutlich geschickter, kompromissfähiger und klüger als die drei Frauen agiert.

[…]  Stegner und seine Mitstreiter wollen die programmatischen Debatten innerhalb der Partei forcieren, um für 2017 besser aufgestellt zu sein. Denn dann soll die "Lebensabschnittspartnerschaft mit der CDU" enden. Ein Wahlergebnis von 25 Prozent wie bei der letzten Bundestagswahl sei dafür nicht genug. "Und wenn wir besser werden wollen, müssen wir an unserem Profil arbeiten."
Konflikt um die Vermögenssteuer
Ein Profil, das deutlich stärker als bislang linke Positionen betonen soll: "Die SPD ist die Gerechtigkeitspartei", sagte Stegner. "Wenn die Menschen unsere Politik nicht gerecht finden, wählen sie uns nicht." Konkret forderte er größere Investitionen in Bildung und Infrastruktur, zu denen insbesondere die Vermögenden beitragen müssten - ein Widerspruch zu Parteichef Gabriel, der die Vermögenssteuer kürzlich für tot erklärt hatte. […]
Stegner: Es geht nicht um kritisch, sondern es geht darum, dass man Einfluss hat. Einfluss hat man ja nicht, wenn man zufrieden ist, niedergestimmt zu werden auf dem Parteitag und Positionen zu beschließen, die das eigene Herz wärmen, sondern wenn man Einfluss nimmt. Den haben wir genommen, wenn Sie sich unser Wahlprogramm angucken, das, was da zum Thema gute Arbeit, zu Rente oder zu Gerechtigkeitsfragen steht, das ist ja doch auch ein bisschen die Konsequenz aus manchem, was wir zwischen 2003, 2009 falsch gemacht haben und was uns ja dazu gebracht hat, dass wir Hunderttausende Mitglieder und Millionen Wähler verloren haben. […]
Handzahmes gibt es immer nur in der Union, da sagt Mutti, was geschieht. So was gibt es in der SPD nicht. Sondern wir waren immer eine lebhaft diskutierende Partei. Das ist auch nötig. Das ist übrigens gerade nötig, wenn man in der Großen Koalition ist. […]
Wir haben in diesem Koalitionsvertrag mit der Union nicht vereinbaren können, dass die mit den höchsten Einkommen und Vermögen mehr beitragen sollen, mehr Solidarbeitrag leisten, dafür dass wir mehr in Bildung und Infrastruktur investieren können. Das war mit der Union nicht möglich, das war eines der wenigen Ziele, die die hatten. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Aber das bedeutet ja nicht, dass die SPD ihre eigene Programmatik damit beendet. […]
.. in der SPD wird doch diskutiert. Wir sind nicht die katholische Kirche, wo im Vatikan entschieden wird, was geschieht, und keiner räuspert sich dazu, sondern wir diskutieren darüber, wie es weitergehen soll. […]
Mit der Union gibt es eben in bestimmten Punkten nur Kompromisse. Kein Mensch bei uns wäre auf die Idee gekommen, eine Ausländer-Maut zu fordern, und wir hätten die Mütterrente, die richtig ist, nicht aus Beitragsmitteln, sondern aus Steuermitteln bezahlt. Und wir wollen eine Bürgerversicherung. All diese Dinge gehen mit der Union nicht. Aber wenn die SPD jetzt einschläft und sagt, das reicht, wie wollen wir dann 2017 die Wahlen gewinnen? Also, Sie müssen das auch ein bisschen arbeitsteilig verstehen, was wir in der Großen Koalition tun und was wir natürlich auch noch darüber hinaus wollen. Denn es kann ja nicht unser Ziel sein, Juniorpartner zu sein.  […]

Wie richtig es ist, daß sich die Linken in der SPD neu formieren, zeigt schon das Unbehagen der Parteispitze, die offenbar von Merkel infiziert nur noch Ruhe in der Bude wünscht.
Aber das ist nun einmal kein SPD-Habitus.
In der SPD sollte diskutiert werden und das sollte man nicht verschämt zur Kenntnis nehmen, sondern stolz drauf sein.
Daß Nahles und Gabriel so sehr die Hosen voll haben, wenn jemand androht Argumente aufzuzeigen, daß sie die Bildung einer säkularen Arbeitsgruppe innerhalb der SPD verboten, steht exemplarisch für das demoskopische Desaster der Sozis.
Die Parteiführung sollte lieber stolz sein, daß sich so eine AG gründen wollte und diese unterstützen – auch wenn sie anderer Meinung sind.
Offensichtlich trauten sie aber ihrer eigenen Überzeugungskraft nicht und wollten jeder Diskussion aus dem Weg gehen.
Das kann es nicht sein.
Eierlose wählt niemand gern.

Die SPD war einmal eine Partei, die stolz darauf war, dass sie um Positionen ringt. In dieser Partei wurde debattiert wie wild, es hat gedonnert und geblitzt. Es wurden Programmpapiere geschrieben und wieder zerrissen, Thesen entwickelt, verworfen und neu modelliert. Es war immer was los in der Geschichte dieser Partei; aber das ist schon länger her. Seit geraumer Zeit hat die SPD-Führung schon Angst vor dem Wort "links" und kriegt bei dem Wort "Sozialismus" Gänsehaut. Die lauten roten Lieder singt man nur noch, wenn man besoffen ist. Man will nicht mehr rot sein, sondern rosé. Das Rote überlässt man der Partei, die sich "Die Linke" nennt. Das ist töricht - aber ein Faktum.
Eigentlich könnte sich die SPD-Spitze darüber freuen, dass die Linken in der SPD am Wochenende eine neue Allianz, die "Plattform Neue Linke" gründen wollen. Denn die müde SPD hat Zunder nötig; es schadet ihr gar nichts, wenn ein paar Leute fragen, ob es gut ist, dass sich zwar die CDU sozialdemokratisiert hat, die SPD sich aber entsozialdemokratisiert. Man muss nicht gleich vor "Flügelkämpfen" warnen, wie das der SPD-Fraktionschef Oppermann tut, wenn da die Wiedereinführung der Vermögensteuer gefordert wird. Und wenn die "Plattform Neue Linke" in ihrem Gründungsaufruf meint, dass neoliberale Denkmuster bis heute in die Partei einwirken, ist das kein "Unfug", sondern wahr - seit dem Schröder-Blair-Papier vom 8. Juni 1999.
[….] Es wird der Partei gut tun, wenn eine SPD-Linke solche Fragen stellt.


Freitag, 14. November 2014

Moralinkonservativ.



Beate Uhse war eine tolle Frau, die der Gesellschaft einen enormen Dienst erwies.
Es kann gar nicht hoch genug geschätzt werden, wie wertvoll nach dem Krieg ihre Aufklärungsarbeit war, indem sie Schriften über Verhütung unter das Volk brachte.
Ihr ist außerdem zu verdanken, daß in Deutschland erstmals in Betracht gezogen wurde, daß auch FRAUEN Vergnügen am Koitus empfinden könnten und daß sie nicht lediglich als Triebbefriedigungsobjekt des Ehemannes angesehen wurde.
Tatsächlich wurde ihr allerdings über Dekaden nicht etwa mit Bundesverdienstkreuzen oder Denkmälern gedankt, sondern sie wurde beschimpft, bedroht und vor Gericht gezerrt.
Konservative Politiker sperrten sich noch bis in die 1990er Jahre hinein Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe zu stellen.
Unser Grundgesetz sah nach dem Krieg auch vor, daß Frauen, die einer Beschäftigung nachgehen wollten, dafür die schriftliche Genehmigung ihres Ehemannes benötigten.

Beate Uhse hatte allerdings weitere Ideen, um ihre Auskommen zu finanzieren.
Jahrzehnte vor der Erfindung des Internets zog sie ihren „Ehehygiene“-Versandhandel auf und entwickelte die geniale Idee ihre berühmte „Pakete aus Flensburg“ stets in neutraler Verpackung ohne Absender zu verschicken.

Schon bald fand sie heraus: Je konservativer und christlicher die Gegend, desto begehrter war ihr Sexspielzeug.
Als die Menschen in aufgeklärteren, nördlicheren, säkulareren Städten kaum noch Bedarf an Beate Uhse-Paketen hatten, orderten die moralinstrengen katholischen Bayern so viele Dildos, Erektionscremes und nuttige Dessous, daß Frau Uhse zur Multimillionärin wurde.

Das Phänomen ist inzwischen weltweit bekannt.
In den US-Staaten, in denen besonders prüde agiert wird, man Verhütungsmaterialien und Aufklärungsunterricht verbannt, gibt es die meisten Geschlechtskrankheiten und die meisten Teenagerschwangerschaften.
Im stramm katholischen Polen gab es die meisten Abtreibungen und während Franz Josef Strauß auf der Bühne mit katholischer Emphase die sittenlosen Sozis verdammte, waren seine Adlaten Tandler und Stoiber unterwegs, um für ihn Nutten zu besorgen. Der Mann ließ sich abends „sandwichen“, trieb es also stets mit zwei Prostituierten gleichzeitig.

Der Mann, der 1982 die „geistig-moralische Wende“ verkündete, leitete nicht nur ein illegales Schwarzgeld- und Bestechungsimperium, sondern brachte auch die katholische Moral zurück ins TV, nachdem der „Rotfunk“ (=WDR laut Helmut Kohl) und die „linke Kampfpresse“ (=SPIEGEL und Stern laut Helmut Kohl) zu amoralisch für den frommen Kanzler aus der Pfalz wurden.

Ach ja - 1982!
Das waren noch Zeiten, als der Katholik Kohl sich anschickte Deutschland umzukrempeln, nachdem die verräterische FDP ihn Bundeskanzler Helmut Schmidt vorzog!
Kohl, der sich unablässig die Taschen mit Schwarzgeld vollstopfte, ein vorbestrafter Wirtschaftsminister Lambsdorff und Nepotismus in Reinkultur.

Nicht zu vergessen, daß der Kanzler seinem Kumpel Kirch dazu anhielt Privatsender zu schaffen, die dann das geistig-moralische gewendete Deutschland mit Filmtiteln, wie den folgenden zusendete;

„Es jodelt in der Lederhose“

„Wenn die prallen Möpse hüpfen“

„Drüber, drunter und rauf“

„Fun - süße Früchtchen zum Vernaschen“

„Mutti, Mutti, er hat doch gebohrt“

„Ach jodel mir doch einen - Stoßtrupp Venus bläst zum Angriff“

„Dirndljagd am Kilimandscharo“

„Urlaubsgrüße aus dem Unterhöschen“

„Wenn Frauen Ding Dong spielen“

„Der Mann mit dem goldenen Pinsel“

„Drei Schwedinnen auf der Reeperbahn“

„Im Gasthaus zum scharfen Hirschen“

„Robin Hood und seine lüsternen Mädchen“

„Rasputin - Orgien am Zarenhof“

„Graf Porno bläst zum Zapfenstreich“

„Das turboscharfe Spannermotel“

„Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd“

„Nackt und kess am Königssee“

„Das Lustschloss im Spesshart“

„Alpenglühn im Dirndlrock“

etc pp

Endlich MORAL im Deutschen Fernsehen - Kohls Plan ein Gegengewicht zu den Öffentlich-Rechtlichen zu schaffen, hat bekanntlich nachhaltig funktioniert.

Noch heute ist die Moral ausschließlich bei konservativen C-Politikern in Bayern zu Hause.
Seehofer und Söder wissen eben, daß Ehe und Familie heilig sind!
Daher haben sie auch gleich mit mehreren Frauen gleichzeitig Kinder gezeugt. Man kann ja nie wissen, wann die schlimmen Roten die Zwangshomoehe einführen.

Seehofers Kronprinzesschen Ilse Aigner kümmert sich als Wirtschaftsministerin fürsorglich um die heimische Wirtschaft, indem sie den Hardcore-Porno-Vertrieb Larotica.de mit € 18.000 unterstützte.
Beate Uhse steckt schließlich heutzutage in großen Schwierigkeiten und als C-Politikerin weiß Aigner offensichtlich wie dringend ihr Volk Beihilfe beim Rammeln benötigt.

Das Bayerische Wirtschaftsministerium subventioniert einen Vertrieb für Hardcore-Pornos. […] Der Porno-Vertrieb Larotica.de erhielt Zuschüsse in fünfstelliger Höhe durch die Vergabe eines so genannten Innovationsgutscheins – das geht aus einer Recherche des Bayerischen Rundfunks hervor. Dieses Geld half dabei, den Porno-Vertrieb aufzubauen. Es stammt aus den Fördermitteln des Wirtschaftsministeriums.
[…] Im Jahr 2012 erhielt der Familienbetrieb Jakob aus Bayreuth den höchstdotierten Innovationsgutschein, der vergeben wird, im Wert von 18 000 Euro für seine neue Porno-Plattform. Larotica.de funktioniert so: Erwachsene, die ihre Pornofilme loswerden wollen, können diese online und anonym verkaufen. Ähnlich also wie die Portale Rebuy oder Momox – nur, dass es nicht um Bücher oder Computerspiele geht, sondern um Pornos. Und zwar ausschließlich um Pornos der härteren Art. […]
(Dario Nassal und Mike Szymanski, SZ vom 14.11.2014)