Sonntag, 17. Dezember 2023

Giga-Gefahr „Generelle Grumpiness“

Als Helmut Kohl einst beklagte „die Wirklichkeit ist anders als die Realität“, war es nur eins seiner typischen aus Pfälzer Bräsigkeit geborenen Formulierungs-Unglücke.

Unwissentlich hatte er damit ein höchst problematisches Phänomen beschrieben, welches erst Jahrzehnte nach seiner Regierungszeit richtig virulent wurde:

Die Wähler entkoppeln sich von Fakten und halten das, was sie empfinden, für wahr.

Sie konsumieren in ihren Social-Media-Blasen auch nur noch gezielt gefilterte Fake News, die ihre eigenen Fehlwahrnehmungen bestätigen.

(….) Aber; so viel Kulturpessimismus sei angebracht; heute, im Social Media Zeitalter, werden Meinungen nicht mehr aufgrund längerfristiger Grundüberzeugungen und Fakten gebildet, sondern nahezu beliebig durch Algorithmen, AI, russische Bots, Cambridge Analytica erzeugt.

Dadurch ersetzen eigene Empfindungen und „Meinungen“ Fakten.

Das wurde im Januar 2017 eingeläutet, als jede seriöse Zählung, jedes Foto zeigte, wie viel weniger Menschen zu Trumps Amtseinführung als zu der Obamas erschienen. Aber Trumps Empfindung, die zahlenmäßig größte Inaugurationsfeier gehabt zu haben, wurde dem erstaunten Publikum vom Weißen Haus als „alternative Fakten“ präsentiert. Wenn dir die Realität nicht gefällt, denk‘ dir einfach eine Passendere aus. (…)
(Vox populi – Teil II, 16.12.2023)

Der arme Joe Biden hat diese neuen Bedingungen leider nicht verstanden und bewegt sich in der schnöden Real-Welt; It’s the economy, stupid!

Er sah sich die Fakten der Trump-Präsidentschaft an: Beispielloser ökonomischer Absturz, Millionen Job gingen verloren, 25 Millionen Menschen flogen aus ihrer Krankenversicherung, Trillionen neue Staatsschulden aufgetürmt und dazu noch über eine Million Covid-Tote.

Bidens Rezept dagegen lautete, er werde es wirtschaftlich viel besser machen und dann die Taten für sich sprechen lassen, statt weiter politischen Hass zu schüren.

Selbst glühende Demokraten staunten nach zwei Jahren, wie gut das dem alten Mann gelang. Eine Rekord-Jubelmeldung nach der nächsten jagt durch die US-Medien. Während Trump 2020 die schlimmste Börsen-Rezession für eine Biden-Präsidentschaft vorhersagte, passierte – natürlich – das diametrale Gegenteil.

Biden wird mit einer der besten Bilanzen aller modernen US-Präsidenten seinen „term“ abschließen.

Allein; die Wähler bewerten Biden schlecht und findet Trump großartig. Der Urnenpöbel reagiert umgekehrt proportional zur Realität. Die SZ bescheinigt dem orangen Soziopathen ein ausgesprochen gutes Jahr 2023.

Was für ein Dilemma für die Demokraten: Ihr Mann im Oval Office macht nicht nur alles richtig, sondern auch viel besser, als man innerhalb dieser Maxi-Krisen erwarten konnte, aber die Wähler hassen es.

[…..] Der Ökonom Alan Blinder hat schon einiges erlebt. Der Ökonom Alan Blinder hat schon einiges erlebt. Einst unterbrach der "Eigentlich läuft die amerikanische Wirtschaft gerade erstaunlich gut", sagt Blinder und zählt auf: Das Wachstum im dritten Quartal betrug über fünf Prozent, mehr als in den meisten anderen Industrieländern. Die Inflation hat sich seit ihrem Hoch im Sommer 2022 halbiert, während die Löhne beharrlich stiegen. Die Arbeitslosigkeit sank im November nochmals auf nun 3,7 Prozent, eine Fortschreibung des Jobwunders, das die Vereinigten Staaten seit Ende der Pandemie erleben.

Der Federal Reserve, die am Mittwoch ihre letzte Zinsentscheidung in diesem Jahr bekannt gibt, sei ein Kunststück gelungen, glaubt Blinder. Mit ihren Zinserhöhungen habe sie die Inflation erfolgreich bekämpft, ohne das Land in eine Rezession zu stürzen. Eine immaculate disinflation nennt Blinder das, eine unbefleckte Desinflation. Fast so wundersam wie in der Bibel.

Blinder kennt aber natürlich auch diese Zahlen: Drei Viertel der Amerikaner beurteilen die Wirtschaftslage einer Umfrage des Pew Research Center zufolge als "schlecht". Selbst Wähler der Demokraten sind mehrheitlich unzufrieden, fand eine Erhebung der New York Times heraus. Demnach trauen fast 60 Prozent der Befragten dem Ex-Präsidenten Donald Trump mehr Wirtschaftskompetenz zu als dessen Nachfolger Joe Biden - und das, obwohl sie während Trumps Amtszeit eine der schwersten Wirtschaftskrisen in der Geschichte der USA durchgemacht hatten.

Wie Alan Blinder stehen viele amerikanische Ökonomen vor einem Rätsel: Warum blicken ihre Landsleute so pessimistisch auf die eigene Wirtschaft, wenn doch alle Statistiken positiv sind? Wenn der Strom in den USA weniger als die Hälfte kostet im Vergleich zu Deutschland und Joe Biden mit seinem Inflation Reduction Act und anderen Programmen der Konjunktur einen Schub gegeben hat? Haben die Ökonomen etwas verpasst - oder wollen die Menschen in ihrem Land einfach nicht sehen, wie gut es ihnen gerade geht?  […..]

(Ann-Kathrin Nezik, New York, 12.12.2023)

Die US-Ökonomie boomt so sehr, daß der Rest der westlichen Welt voller Neid nach Washington blickt, aber das fanatische rechte Pack sehnt sich nach dem Demokratiezerstörer Trump; möchte lieber eine kollektiven Run der orangen Lemminge über die Klippe unternehmen.

Es gibt zwei Hauptgründe für dieses paradoxe Wahlverhalten: Einerseits die massive Hetz- und Lügenkampagne der GOP und rechten Medien; insbesondere auf Social Media.

Andererseits der generelle Arschloch-Faktor der Menschheit.

[…..] David Wessel von der liberalen Denkfabrik Brookings Institution nennt das, was Gil Teitel beschreibt, ein "Wahrnehmungsproblem". Der Ökonom Alan Blinder hat schon einiges erlebt. Einst unterbrach der Wessel glaubt deshalb, dass es noch andere Gründe für die Unzufriedenheit der Amerikaner gibt, die nur am Rande etwas mit der Wirtschaftslage zu tun haben. "Es herrscht bei den Leuten große Verunsicherung", sagt er. "Die Menschen fürchten zum Beispiel, dass ihre Kinder bei der nächsten Massenschießerei zu den Opfern gehören." Diese Angst würden viele auf die Wirtschaft projizieren.   Der Princeton-Ökonom und ehemalige Clinton-Berater Alan Blinder sieht es ähnlich. In seiner Kolumne für das Wall Street Journal diagnostizierte er kürzlich eine generelle grumpiness seiner Mitbürger. Frei übersetzt: Die Amerikaner seien allgemein missgelaunt. "Sie mögen weder Biden noch Trump, und auch die Wirtschaft gefällt ihnen nicht", sagt Blinder. "Das ist ein Problem, das wir Ökonomen nicht lösen können." […..]

(Ann-Kathrin Nezik, New York, 12.12.2023)

Olaf Scholz und die Ampel haben ähnliche Probleme mit dem Volk, welches in „Genereller Grumpiness“ lieber den SPRINGER/CDU/AfD-Hetzkampagnen folgt, weil sich alarmistische Meldungen und schäbige Memes, die Ricarda Lang als grotesk fette Hauptschuldige an allen Übeln der Welt zeigen, besser verbreiten, als realistische Einschätzungen der Problemursachen.

Die Ampel hat uns bisher viel besser, als erwartet durch die Krisen geführt. Angesichts der destruktiven gelben Pest funktioniert sie sogar sensationell gut. Niemand musste, wie befürchte, im Winter frieren. Die Projekte des Koalitionsvertrages werden zuverlässig umgesetzt.

Aber es mangelt den Ampelanern an prahlerischer Selbstdarstellung, so daß ein allgemeines mediales Bashing-Narrativ eingerissen ist. Alle hassen sie Grünen und sind zutiefst verunsichert.

Der Urnenpöbel setzt nun ganz wie sein US-Pendant lieber auf den Mann der Vergangenheit, der das Desaster, mit dem sich die gegenwärtige liberale Regierung rumschlägt, erst angerichtet hat.

Er will Hass, Ausgrenzung und Bosheit in der Regierung sehen.

[….] Der Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms markiert einen epochalen wissenschaftlichen Durchbruch: Es beweist die praktische Möglichkeit, in die Zukunft zu reisen. Eine in der Zeitschrift »Nature« veröffentlichte physikalisch-politische Analyse kommt zu dem Schluss, dass es sich bei dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz höchstwahrscheinlich um den ersten Zeitreisenden der Menschheitsgeschichte handelt. Nur so, erklären die Wissenschaftler, ließe sich etwa die erneute Forderung einer deutschen »Leitkultur« im CDU-Programmentwurf erklären. Die »Leitkultur«-Debatte, erläutern die Forscher, sei bereits mehrfach geführt und abgeschlossen worden, sogar ihr Urheber, der verstorbene CDU-Politiker Jörg Schönbohm, habe bereits 2006 erklärt, diesen Begriff vermeiden zu wollen. […]

(Stefan Kuzmany, 15.12.2023)

Es ist zum Verzweifeln mit diesen Wählern.

(….) Ja, Scholz-Politik aus einem Guss, ohne das ganze Ringen und Kompromisse schmieden, wäre schöner. Aber dafür hätte der Urnenpöbel der SPD und den Grünen bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 je fünf Prozentpunkte mehr einschenken müssen. Stattdessen zwangt er aber Scholz und Habeck die destruktive Lindner-FDP auf, die zu jeder sinnvollen Maßnahme erst mal „Nein!“ sagt und nur danach trachtet, die Superreichen zu verwöhnen.  Angesichts dieser denkbar schlechten Bedingungen, liefert die Scholz-Regierung verblüffend konsequent ab und packt die Dinge an, die 16 Jahre lang im CDU-Kanzleramt sträflich verbummelt wurden. Die Bertelsmann-Stiftung hat genau hingesehen und attestiert der Ampel zur Halbzeitbilanz, konsequente Einhaltung ihrer Versprechen.

[…..] Änderungen, die die Ampel zum Wohl der Bürger durchgebracht hat (natürlich geht immer mehr, in der Zeit der Union ging GAR NIX  FÜR DIE BÜRGER) und man kann immer noch ein wenig mehr rumheulen und "aber aber" schreien und die Tatsachen ignorieren.

Man kann aber auch einfach mal anerkennen, dass diese Regierung in dieser kurzen Zeit mehr für die Menschen getan hat, als die Union in 16 Jahren.....:

2021 Mindestlohn auf 12 Euro

2021 höheres Kindergeld   

2021 höheres Wohngeld   

2022 Tötungsverbot von 1-Tages-Küken

2022 Lobbyregistergesetz   

2022 LNG-Terminals   

2022 Energiepreisentlastung I 15 Mrd.  

2022 Energiepreisentlastung II 17 Mrd. 

2022 Energiepreisentlastung III 35 Mrd. 

2022 Energiepreispauschale 300 Euro (in Energiepreisentlastung II) 

2022 Sondervermögen Bundeswehr 100 Mrd. 

2022 Nord Stream 2 Moratorium   

2022 9-Euro-Ticket (in Energiepreisentlastung II)   

2022 sofortiger Hartz IV Bezug für Ukraineflüchtlinge   

2022 Gasumlage   

2022 Corona-Schutz-Regeln  

2022 Heizkostenzuschuss Rentner, Studierende, Wohngeldempfänger  (in Energiepreisentlastung III) 

2022 Energieabwehrschirm 200 Mrd.  

2022 AKW-Restlaufzeit bis 15. April 2023  

2022 Mindestlohn für Azubis   

2022 Bürgergeld, Grundsicherung 

2023 Selbstbestimmungsgesetz   

2023 Gebäudeenergiegesetz   

2023 Staatsangehörigkeitsgesetz  

2023 49-Euro-Ticket   

2023 Zuverdienstgrenze bei Renten aufgehoben 

2023 Wohngeldreform (plus 1,4 Mio. Haushalte – insgesamt 2,0 Mio.)   

2023 CO2-Kostensufteilung   zwischen Mieter und Vermieter  

2023 Gebäudeeffizienzgesetz   

2023 Gesetz zur erleichterten Planung (2020) verlängert  

2023 Förderung beim Kauf von E-Autos 

2023 Mehrwegverpackungsgesetz 

2023 mehr Flächen für Getreideanbau  

2023 Strom- Gas- und Wärmepreisbremse   

2023 EEG (2023 – bis 2030 mindestens 80% Erneuerbare)  

2023 Offshore-Windenergie-Gesetz

2023 vorgezogener Braunkohleausstieg (NRW)  

2023 Triage-Gesetz  

2023 BRAO-Reform   

2023 Tabaksteuererhöhung   

2023 Transparenzregister Geldwäsche Terrorismus erweitert   

2023 Gesetz gegen Steueroasen  

2023 Patentrechtsreform 

2023 Recht auf Ganztagsschule für Grundschüler (ab 2026) 

2023 Mindestfrauenquote in Vorständen 

2023 ESM-Reform

2023 Sicherungsfonds für Pauschalreisen 

2023 Pflegereformgesetz inkl. Tariftreue   

2023 Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts 

2023 Tattoo-Farben-Gesetz  

2023 ÖPNV-Förderung 1 Mrd. 

2023 Lkw-Maut-Erhöhung

2023 Lieferkettengesetz   

2023 Chancen-Aufenthaltsgesetz für gut Integrierte 

2023 Asylbeschleunigungsgesetz 

2023 Gesetz zur Modernisierung des Verkündungs- und   Bekanntmachungswesens   

2023 Wahlrechtsgesetz – EU-Wahlen ab 16  [….]

(Bunte Seite, 14.09.2023)

Die Regierungsrealität steht im grotesken Gegensatz zu der Stimmung im Wahlvolk, welches zu drei Vierteln unzufrieden mit der Regierung ist.

Schon Helmut Kohl wußte: „Die Wirklichkeit ist anders als die Realität“.

Wie es zu diesem extremem Missverhältnis kommt, ist wenig überraschend:

Der ganz große rechtspopulistische Schulterschluss aus CDU, Hubsi Aiwanger, SPRINGER, Julian Reichelt, rechten Hetzblogs, CSU, AfD, FW, trägen Talkshowmoderatoren, Weidelknechten, TERFs und renitenten freidrehenden FDP-Geronten!

Sie überziehen ganz Deutschland mit einer massiven Lügenkampagne über nicht existente „grüne Verbotsorgien“ und schüren absurde Enteignungsängste bei Immobilienbesitzern. (….)

(Hoffnungslos rechts, 14.09.2023)

Samstag, 16. Dezember 2023

Vox populi – Teil II

Diese Civey- und Forsa-Umfragen, an denen ich teilnehme, machen mich fertig.




Sicher; Meinungen sind wir Analöffnungen: Jeder hat eine und glaubt, nur die der anderen stinken.

Aber; so viel Kulturpessimismus sei angebracht; heute, im Social Media Zeitalter, werden Meinungen nicht mehr aufgrund längerfristiger Grundüberzeugungen und Fakten gebildet, sondern nahezu beliebig durch Algorithmen, AI, russische Bots, Cambridge Analytica erzeugt.

Dadurch ersetzen eigene Empfindungen und „Meinungen“ Fakten.

Das wurde im Januar 2017 eingeläutet, als jede seriöse Zählung, jedes Foto zeigte, wie viel weniger Menschen zu Trumps Amtseinführung als zu der Obamas erschienen. Aber Trumps Empfindung, die zahlenmäßig größte Inaugurationsfeier gehabt zu haben, wurde dem erstaunten Publikum vom Weißen Haus als „alternative Fakten“ präsentiert. Wenn dir die Realität nicht gefällt, denk‘ dir einfach eine Passendere aus.

In den folgenden (fast) sieben Jahren schufen die US-Republikaner ihre eigene Phantasiewelt, die allerdings nicht dazu führte, die Lügen-Titanen medikamentös gegen Schizophrenie und Wahnvorstellungen zu behandeln, sondern so vielen zig Millionen US-Wahlschafen übergestülpt wurde, daß die Realität, die faktische Welt, für 70 bis 80 Millionen Menschen, endgültig abstarb. Sie glauben nicht nur den Unsinn von Trumps gestohlenen Wahlsieg 2020, sondern sind bereit dafür zu kämpfen, ins Gefängnis zu gehen und zu sterben.

Deutschland war vor 90 Jahren durch den perfiden Intellekt des Joseph Goebbels und das filmische Genie Leni Riefenstahls, Vorreiter des Agitprop; ließ nach 1945 allerdings einige Jahrzehnte davon ab, das Volk gezielt von oben zu manipulieren.

Sicher, ein bißchen einschläfern und in Sicherheit wiegen, war schon unter Kohl und Merkel das Mittel, um Wahlen zu gewinnen. Der offizielle Terminus Technicus für diese Methode aus der Demoskopie lautet „asymmetrische Demobilisierung“; oder einfacher gesagt: Verblödung. Deswegen schuf die Kohl-CDU in den 1980ern das bunte Privatfernsehen mit den mental debilisierenden fröhlichen Tittenshows. Ab 23.00 Uhr spielte Kohls Großspender und Busenfreund Leo Kirch seine berüchtigte Trashpornosammlung in seiner SAT1-Sendergruppe ab: „Es jodelt in der Lederhose“, „Wenn die prallen Möpse hüpfen“, „Ach jodel mir doch einen - Stoßtrupp Venus bläst zum Angriff“, „Dirndljagd am Kilimandscharo“, „Urlaubsgrüße aus dem Unterhöschen“, „Wenn Frauen Ding Dong spielen“, „Der Mann mit dem goldenen Pinsel“, „Im Gasthaus zum scharfen Hirschen“, „Graf Porno bläst zum Zapfenstreich“, „Das turboscharfe Spannermotel“, „Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd“, „Das Lustschloss im Spesshart“, „Alpenglühn im Dirndlrock“.

Das freute die Wähler der Partei, welche „die geistig-moralische Erneuerung“ versprochen hatte. So wurde er nicht mehr mit Fakten der ARD-Politmagazine verwirrt, sondern konnte sich gemächlich abends bei den Kirch-Sendern in den Schlaf masturbieren und Sonntag sein Kreuz bei der „CDU“ machen.

Der Wille zur Volksverdummung war da, die thematische Saat gesät. Allein, es fehlten noch die technischen Möglichkeiten, die erst 30 Jahren später durch die sozialen Medien zur Verfügung standen. Erst Trumps fortgesetzte rassistische Superlügenshow gab aber den letzten Anstoß für die deutschen C-Parteichefs. Inzwischen trauen sich Söder und Merz ganze Kampagnen loszutreten, die auf frei erfundenen Wirrologien beruhen: Ausländer, die Deutschen Zahnarzttermine wegnehmen, Genderzwang und die Grüne Alleinschuld an allen Missständen Deutschlands:

Haben die Grünen denn etwa nicht den Gaza-Krieg und Putins Einmarsch in die Ukraine angezettelt, den Brexit befohlen, Erdogan und Orban als Regierungschefs ernannt, die Wehrpflicht abgeschafft, das Weltklima ruiniert, den Syrischen Bürgerkrieg begonnen, persönlich jedes deutsche Kind verblödet, alle heterosexuellen Ehen aufgelöst, Millionen Wohnungen weggezaubert, die Todesstrafe für das generische Maskulinum verhängt, alle Autos durch Eselskarren ersetzt, Fleischesser in Gulags gesperrt, Nordstream gesprengt, Jan Ullrich mit Dopingmitteln vollgepumpt, den Fukushima-Tsunami ausgelöst und alle Fußballspieler zwangsgeschlechtsumgewandelt? Und außerdem darf man ja nichts mehr sagen!

Das Wahlvolk frisst den Quatsch, hält beispielsweise die 80 Jahre alte, pannenanfällige, nicht zu versichernde und nur mit Putins 235-Uran laufende Fukushima-Tschernobyl- Energiegewinnung für eine moderne Spitzentechnologie, die von den bösen Grünen aus ideologischer Verbohrtheit blockiert werde.

Im superatomophilen Frankreich liefe es bekanntlich viel besser mit der Energieversorgung, prügeln Merz Linnemann und Lindner in uns hinein.

[….] Frankreich erhöht Preise für Atomstrom um über 60 Prozent und setzt auf Offshore Windenergie[….]  Darauf haben sich offenbar der französische Staat und der staatliche Energieversorger Electricité de France (EDF) geeinigt. [….] Die französische Regierung hat den kriselnden Energieversorger EDF 2023 komplett verstaatlicht und bestimmt zukünftig die Geschicke des Unternehmens selbst. [….]

Wie Le Monde weiter berichtet, habe der massive Ausfall französischer Kernkraftwerke im Jahr 2022 zu der „katastrophalen“ Situation geführt, dass zur Kompensation des fehlenden Atomstroms teurer Strom am europäischen Markt gekauft werden musste. Nach den veröffentlichten Daten von EDF fiel die Atomstromproduktion 2022 um 82 Mrd. kWh auf 279 Mrd. kWh gegenüber dem Vorjahr 2021 (361 Mrd. kWh) und damit auf den niedrigsten Stand seit über 30 Jahren. Alle französischen Nachbarländer mussten Frankreich mit Stromlieferungen aushelfen, das Land wurde 2022 zum Netto-Stromimporteur.

Zudem hatte die französische Regierung auch noch die Arenh-Obergrenze auf 120 Mrd. kWh erhöht, um die Verbraucher vor Strompreissteigerungen zu schützen. Dadurch wurde EDF gezwungen, einen noch höheren Anteil seiner ohnehin niedrigen Atomstromproduktion im letzten Jahr an Konkurrenten zu einem Preis abzugeben, der deutlich unter dem Marktpreis lag. Mit den gestiegenen Strompreisen am Markt, die auf über 20 ct/kWh kletterten und teilweise Spitzenwerte von über 40 ct/kWh erreichten, schnellten die Schulden von EDF in die Höhe. So stieg der Schuldenberg von EDF binnen eines Jahres von 43 Mrd. Euro (2021) um 50 Prozent auf 64,5 Mrd. Euro Ende 2022.[….] Neben der Nutzung der Atomenergie baut Frankreich als weitere Säule die Offshore Windenergie kräftig aus. Im Jahr 2025 plant die französische Regierung unter Berücksichtigung von Umweltkriterien die Ausschreibung von Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 10.000 Megawatt (10 GW). Damit kann Frankreich bis 2035 das Ziel erreichen, die Offshore-Windenergie auf eine Kapazität von 18.000 MW (18 GW) auszubauen. Bis 2050 soll die installierte Offshore-Windkraftleistung dann auf 45.000 MW (45 GW) steigen.

Frankreich setzt beim Ausbau der Offshore Windenergie auf konventionelle und auf schwimmende Offshore-Windparks (Floating Offshore), zudem werden Konzepte zur Produktion von grünem Wasserstoff direkt an Offshore Windkraftanlagen umgesetzt. [….]

(IWR, 04.12.2023)

Freitag, 15. Dezember 2023

Rechts – links, Religiös – atheistisch

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert stellten sich die US-Amerikaner ihr Zweiparteiensystem als ein unideologisches Vernunftskonstrukt vor. Eine Realo-Gruppe etwas links der Mitte und eine Realo-Gruppe etwas rechts der Mitte. Man betrachtet die Probleme aus etwas anderen Perspektiven, findet im Wettstreit der unterschiedlichen Argumente, die beste Lösung für das ganze amerikanische Volk.

Aber mit Ronald Reagan wurden die Rechten immer religiöser und fanatischer.

Damit verloren sie den Gedanken der Gemeinsamkeit aus den Augen; setzten statt Solidarität immer mehr auf Exklusion. Republikaner kämpfen nicht für alle, sondern gegen einzelne. Gegen Schwule, gegen Schwarze, gegen Frauen, gegen Immigranten. Rechts und Links sind nicht zwei Seiten einer Medaille, sondern fundamental unterschiedliche Kräfte.

Es sind auf den ersten Blick viele verschiedene Anliegen, die gesellschaftspolitisch konservativ Tickende verfolgen, aber die Stoßrichtung ist immer gleich: Stark gegen Schwach.

[….] Die angeblich neue Rechte ist die alte. Der lärmende Aufwand, den sie betreibt, um ihre Ansprüche, Antriebe und Ziele zu rechtfertigen oder zu verschleiern mag andere Formen haben als vor 85 Jahren, seine Stoßrichtung führt jedoch genau wie damals ins Antizivilisatorische nach unten. Tatsächlich bietet die Rechte – auch wie damals – keine wirklich politischen Ziele, nichts Konstruktives, keine Bewältigungsversuche der sozialen, politischen, ökonomischen und ökologischen Probleme der Gegenwart, sondern nur Destruktion: Zerstörung, Gewalt, gigantische Fresssucht und letztendlich todessehnsüchtige Vernichtung dessen, was die Rechten nicht verstehen, geschweige denn meistern können. Die neue wie die alte Rechte legen eine barbarische Dummheit und ein gewalttätiges Unvermögen an den Tag, dessen End-Ziel die Beseitigung der Gegner, der „Anderen“, die mörderische Lust, der Lust-Mord ist. Das Pauken-Getöse um angeblich alte Werte, Traditionen, Patriotismus und Nationalismus ist nur Tarnung. Es geht tatsächlich um das primitive „Wir oder sie“, eine Maxime, vor deren endgültiger Konsequenz ihre Vertreter immer weniger zurückschrecken. [….]

(Wolfgang Brosche, 21.05.2017)

Rechtsextremisten suchen sich die Schwächsten als Opfer, Linksextremisten die Stärksten.

(….) Da Rechtsextrem im Gegensatz zu Linksextremen grundsätzlich amoralisch und feige agieren, sind ihre Opfer ausschließlich unter den Schwachen zu finden:
Schwule, Flüchtlinge, Behinderte, Obdachlose. (…..)

(Werte im wahrsten Sinne, 25.09.2016)

Vergleicht man Linksextremismus und Rechtsextremismus, gibt es sehr klare Unterschiede. Während sich die Rechten gewalttätig gegen Minderheiten, Schwache, Verletzliche, Ausgegrenzte und Friedliche wenden, versuchen Linke eben diesen Personenkreis zu schützen und wenden sich, wenn überhaupt, gegen die Starken.  (…..)

(CDU unterirdisch, 30.08.2015)

Der Trumpismus löste das rechte politische Spektrum endgültig aus der ohnehin schon gelockerten Verankerung in die Realität. Der orange Messias führte die republikanische Masse in die debile Nebelwelt der „alternative facts“, in der man sich nicht zur Tatsache eine Meinung bildet, sondern sich erst eine (zumeist sehr bösartige) Meinung aneignet und anschließend dazu passende „Fakten“ erfindet.

In dieser rechten Wahnwelt gibt es die Guten - sich selbst – und viele Schuldige; nämlich alle, die anders sind, aussehen, glauben, lieben.

Das US-amerikanische Christentum ist die symbiotische Ergänzung der politischen Hass-Ideologie; nämlich eine exkludierende Hass-Religion, die auf Xenophobie, Sexismus und Rassismus fußt.

[….] Zwei Großtrends kennzeichnen derzeit die christliche Welt und die globale Religionslandschaft: die Flucht aus den Kirchenorganisationen  und die Politisierung religiöser Bekenntnisse. Was klingt wie ein Gegensatz, gehört doch eng zusammen. Das zeigt sich derzeit besonders am Beispiel der Vereinigten Staaten. Die Gesellschaft dort unterschied sich von Westeuropa lange dadurch, dass mehr Menschen an Gott und an ein Leben nach dem Tod glaubten und regelmäßig an Gottesdiensten teilnahmen. Doch auch dort steigt stetig die Zahl der religionslosen Agnostiker und Atheisten – umgangssprachlich »Nones«, also Bekenntnislose. Ihr Anteil hat seit den frühen Neunzigerjahren von 5 auf knapp 30 Prozent zugenommen. Immer mehr Menschen dort wenden sich von den christlichen Kirchen ab und keiner anderen Glaubensgemeinschaft zu. »Dechurching« nennt man das Phänomen. [….], sondern als Eckpfeiler von Staat und Nation. Um die christliche Nation zu retten, haben sie sich mit rechtsradikalen und demokratiefeindlichen Gruppen verbündet, die sich als Verteidiger des Glaubens profilieren. [….] Seite an Seite mit den rechten Gruppen kämpfen die fundamentalistischen Christen nicht mehr länger nur um ihre religiösen Überzeugungen. Sie führen auch einen Kulturkampf gegen die Befürworter der Homo-Ehe, liberale Abtreibungsgesetze und LGBTQIA+, und das in einer Intensität, die inzwischen an die europäischen Religionskriege der Reformationszeit erinnert.

[….] So ließ er beispielsweise zum Terroranschlag vom 11. September 2001 den geistesverwandten Pastor Jerry Falwell sagen, schuld daran seien »die Heiden, die Abtreiberinnen, die Feministinnen, die Schwulen und Lesben«.

Auch den Wirbelsturm Katrina und das Erdbeben in Haiti erklärte Robertson zur Strafe Gottes; Hinduismus, Buddhismus und Islam waren für ihn unamerikanisches Teufelswerk. [….] Vor allem weiße Evangelikale verwechseln inzwischen Religiosität mit Rassismus und drängen auf die Wiederherstellung der »White Christian Supremacy«, der politischen wie zahlenmäßigen Überlegenheit der weißen Christen in den USA, denn die sei einst von Glaubensflüchtlingen wie etwa den Mayflower Pilgrims begründet worden. Sie warnen vor einem angeblichen »Great Replacement« (»Großen Bevölkerungsaustausch«) und fühlen sich durch die Einwanderung ethnischer Minderheiten bedroht. [….] Sie wollen die Rassensegregation und propagieren einen autoritätshörigen Schulunterricht (gegen Raubtier-Kapitalismus haben sie nichts).  Für genau dieses Programm steht Donald Trump. Er verkörpert und bedient die rechtsradikal-rassistische Agenda weit authentischer und aggressiver als die religiöse. Für letztere hat er kaum mehr zu bieten als ein diffuses, ganz offensichtlich opportunistisches Glaubensbekenntnis. [….] Nicht rassistische Rechtsradikale sind in seiner Bewegung mit ihrer Ideologie auf einen längst fahrenden religiösen Zug aufgesprungen. Vielmehr hat eine immer noch mächtige und ressourcenstarke Religionsgemeinschaft sich den alt-weißen Rassismus zu eigen gemacht, um sich selbst vor dem befürchteten Niedergang zu retten. »Race«, nicht Religion ist die wahre Mobilisierungskraft, die nun die Partei der Republikaner von der Basis bis zur Spitze durchzieht. [….]

(Claus Leggewie, 25.11.2023)

Den Anständigen, Solidarischen, denen, die inkludieren, statt exkludieren wollen, die lieber Gemeinsamkeiten, als „Wir sind besser als Die“ denken, fällt natürlich eine Alternative aus. Sie können nicht mehr GOP, CDU wählen; müssen die Kirche verlassen.

(….) Für mich ist der Unterschied zwischen links und rechts die generelle Stoßrichtung. Links kämpft für die Schwachen, Rechts kämpft für die Starken.  Das gilt nicht nur politisch, sondern beispielsweise auch für den Terrorismus. Rechte Terroristen ermorden die Schwächsten der Gesellschaft, rechte Hetzer pöbeln gegen Minderheiten: Schwule, Flüchtlinge, Behinderte, Obdachlose.

Linke Terroristen legen sich mit den Stärksten der Gesellschaft an, dem Militär, Bankdirektoren, Toppolitiker. Von einer linken Partei wie der SPD erwarte ich, daß sie sich im Zweifelsfall immer für die Schwächsten einsetzt und mit ihnen gegen die Mächtigsten kämpft. (….)

(Frau, gläubig, rechts, 17.02.2018)

(……) Der rechte Terrorismus hat neben der schon genannten größeren Quantität aber auch eine andere Qualität. Es sind Hass-Verbrechen, die niedersten Instinkten entspringen. Begangen von zutiefst sadistischen Personen, die sich daran erfreuen Schwache zu quälen, niederzuringen, zu demütigen, ihnen Leid zuzufügen. Während die RAF tötete in dem Wahn damit etwas Gutes zu erreichen, wollen Rechtsextremisten etwas Böses erreichen, um dann nach Herzenslust zu töten. Allein die von Mordphantasien besessene Mecklenburg-Vorpommersche Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ plante Myriaden Menschen zu töten, erstelle eine Liste mit 25.000 Namen. (…..)

(Massenmord aus Leidenschaft, 08.07.2019)

Man kann kein moralischer Mensch sein und Mitgliedsbeiträge an die pädophobe adultistische Kirche zahlen. Man kann kein moralischer Mensch sein und Merzens Hetz-Partei wählen, die perfide und bösartig gegen Minderheiten wettert; auf den Schwachen der Gesellschaft herumtrampelt. In Warschau trafen sich Christ*innen, Evangelikale, Katholik*in­nen am 27.10.2023 zur neunten jährlichen Konferenz der International Foundation for Therapeutic and Counselling Choice. Die IFTCC ist eine christliche Lobbyorganisation mit Sitz in London und schürt weltweit Hass auf Schwule und Trans-Menschen. Wieso hassen diese Minusmenschen Minderheiten so sehr?

Weil sie konservativ und chr*stlich sind.

[….] Die IFTCC arbeitet so intensiv wie keine andere evangelikale Organisation daran, ihre Methoden im Kampf gegen queere Menschen unter ein europäisches Publikum zu bringen. Sie trifft Po­li­ti­ke­r*in­nen in Großbritannien, organisiert online Kampagnen und veranstaltet internationale Konferenzen. [….]  Wer sich unter ihren Mitgliedern und Verbündeten umhört, stößt schnell auf ein breites Spektrum an Ablehnung von queerem Leben. Es reicht von Mitleid bis zu Vernichtungsfantasien. [….] [….] Die Ärztin [….] Vonholdt [….]  schreibt gegen das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare an und warnt vor der gleichgeschlechtlichen Ehe. Trans Identitäten führt sie in einem Text auf „soziale Ansteckung“ zurück. In einem älteren Text wurde sie in Sachen Konversionstherapie sogar expliziter: Jugendliche sollten über „die Möglichkeiten der Veränderung einer homosexuellen Neigung hin zur Heterosexualität“ informiert werden, hieß es da. [….] Als Vater der Konversionsbehandlung gilt der Psychologe Joseph Nicolosi, der mit seiner sogenannten reparativen Therapie seit den 1990er Jahren für die „Heilung“ von Homosexualität warb. [….] Nach der medizinischen Diskreditierung Nicolosis gründete sein Sohn, Joseph Nicolosi Jr., 2018 die Reintegrative Therapy Association in Kalifornien. Pa­ti­en­t*in­nen sollen sexuelle Schlüsselfantasien besprechen, die angeblich durch Traumata in der Kindheit entstehen. Dies erzeuge einen Aha-Moment, der „spontane“ Heterosexualität auslöse, sozusagen als unintendierten Nebeneffekt der Traumatherapie. [….] Die Anwältin sagt es mehr oder weniger deutlich: Wenn es nach ihr ginge, gehörte Homosexualität verboten. Weil sie Strategin ist und Christin [….] (taz, 13.12.2023)

Donnerstag, 14. Dezember 2023

Krieg ist schlecht

Darüber staune ich noch selbst; vorgestern habe ich indirekt Waffenproduktion gutgeheißen.

Beklagt, wie unfähig NATO und EU sind, der Ukraine die zugesagten eine Million Artilleriegranaten zu liefern.

Dabei bin ich habituell bis in die Haarspitzen antimilitaristisch veranlagt. Ich sehe das Leid, welches von Waffen verursacht wird, die destruktive Wirkung der Politik des Stärkeren.

Ich hasse Uniformen; vom grünfleckigen Tarnzeug der US-Ranger bis zu den kreischbunten Wamsen der Karnevalsspielmannszüge.

Niemals würde ich eine Waffe abfeuern; genauso wenig als Jäger auf der Tann mit dem Luftgewehr auf Rehkitze feuern, wie als Grenadier einer Panzerhaubitze auf 40 Kilometer entfernte russische Pioniere.  Krieg ist so verwerflich, daß ich mich über jeden freue, der sich verweigert, der sich drückt oder desertiert. Der doofste Kriegsdienstverweigerer ist mir lieber als der schlaueste Soldat.

Die Uniformität, die Hierarchie, der Gehorsam, der Drill, die Befehlskette, der Patriotismus – am Soldatentum stößt mich jeder Aspekt ab.

In jeder Endzeitserie und jedem Hollywoodkampffilm – und davon gibt es sehr Gute, wie „Full Metal Jacket“ oder „Apocalypse Now“ oder „Black Hawk Down“ oder „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ oder „Dances with Wolves“ oder „Lawrence of Arabia“ oder „Band of Brothers“ oder „Le vieux fusil“ oder „Birdy“ oder „Tigerland“ – bewundere ich durchaus die mutigen Figuren. Ich weiß aber, was für ein fürchterlich schlechter Soldat ich wäre. Ich stelle sogar den so extrem positiv konnotierten Begriff „Kameradschaft“ in Frage, weil ich in ihm eine blinde Form des „wir gegen die“ sehe. Ein System, in dem das Töten anderer mit einem Ansehensbonus verbunden ist.

So abartig und abstoßend der Krieg ist, so pazifistisch und antisoldatisch ich auch immer eingestellt bin: Es lässt sich nicht bestreiten, daß es menschengemachte Extremsituationen gibt, in denen Krieg nicht nur das kleinere Übel ist, sondern sogar notwendig ist. Ohne Krieg wäre Hitler nicht aufgehalten worden, ohne Krieg konnte man die „ethnischen Säuberungen“ der Serben in Bosnien nicht stoppen, ohne Krieg konnte man die Jesiden nicht vor dem IS retten, ohne Krieg ist Putins autokratische Expansion nicht zu stoppen, ohne Krieg kann Israel seine Bürger nicht davor bewahren, von der Hamas abgeschlachtet zu werden.

Das bedeutet nicht, daß diejenigen, die gerechtfertigt Krieg als Mittel einsetzen, selbst völlig unschuldig an der Situation sind, die sie in den Krieg zwingt, aber man darf manchmal nicht mehr pazifistisch-tatenlos wegsehen, wenn beispielsweise 1994 in Ruanda die Hutu-Mehrheit etwa 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit; insgesamt 800.000 bis 1.000.000 Menschen; massakriert.

Ich hasse den Gaza-Krieg, ich hasse den Ukraine-Krieg. Aber ich sehe keine realistische Chance, damit aufzuhören.

Aber auch „gerechte Kriege“ sind in anderer Hinsicht schlecht.

[….] Einen massiven Klimaschaden, den Russlands Krieg in der Ukraine angerichtet hat, errechnet die zivilgesellschaftlich organisierte internationale "Initiative on GHG accounting of war". Das schlimmste Einzelereignis ist für die Wissenschaftler die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Juni 2023. Vor dem internationalen Strafgericht in Den Haag, der gegen Russlands Präsident Wladimir Putin einen Haftbefehl erlassen hat, könnte das noch zusätzlich als "Ökozid" verfolgt werden.

Der Bruch des Damms führte zu einer zerstörerischen Flut und einem Totalverlust dieses Wasserreservoirs. Weitere Großereignisse sind die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines und die dadurch verursachten Treibhausgasemissionen, die ebenfalls in der Studie berücksichtigt wurden.

Insgesamt kommt die zivilgesellschaftlich organisierte Initiative in ihrer nunmehr dritten Studie über die Umweltfolgen des Ukraine-Kriegs zu dem Ergebnis, dass der Klimaschaden einem Äquivalent von 150 Millionen Tonnen CO2 entspricht, soviel wie die jährlichen CO2-Emissionen Belgiens.

Die Studie, die unter anderem sowohl vom ukrainischen Staat als auch von der European Climate Foundation und vom deutschen Wirtschafts- und Klimaschutzministerium gefördert worden ist, wird am Abend auf der UN-Klimakonferenz in Dubai vorgestellt.

Verursacht werden die Klimaschäden durch die Kriegshandlungen an sich, durch Truppentransporte und Fluchtbewegungen, aber auch zum Beispiel durch die Folgen von Gebäude-, Wald- und Landschaftsbränden und andere Naturzerstörungen. Den größten "Schadensposten" stellen nach Berechnungen der Autorinnen und Autoren der Studie jedoch die absehbaren Wiederaufbau-Emissionen dar.

Um zerstörte Häuser, Energie- und Industrieanlagen sowie Straßen- und Schienenwege wieder instand zu setzen, werden Zement und Stahl benötigt. Diese Baustoffe sind besonders energieintensiv, ihre Herstellung verursacht nach den Berechnungen der Initiative fast 55 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.

Im Wiederaufbau sehen die Forscher aber auch eine Chance: wenn es der Ukraine gelänge, die Kriegsschäden ressourcenschonend und klimafreundlich durch die Reduktion von energieintensiven Materialien und die Verwendung klimafreundlicher Baustoffe zu beseitigen, ließe sich ein CO2-Einsparvolumen von bis zu 30 Prozent generieren.  [….]

(Tagesschau, 04.12.2023)

Mittwoch, 13. Dezember 2023

Die Gretchenfrage der Frauen

Im Jahr 2023 haben es Frauen schwer, die in Ländern leben, die ihre Kultur und Justiz nach den Regeln einer abrahamitischen Religion ausrichten.

Ultraorthodoxe Jüdinnen dürfen nur das Allernötigste lernen, müssen ihre Haare verdecken, ihrem Ehemann total gehorchen und massenhaft Kinder bekommen.

Ein Ehemann, der übrigens nicht arbeitet, sondern nur in seiner Torah-Schule rumgammelt. Frau muss also nicht nur ein Dutzend Kinder und den Haushalt versorgen, sondern auch den Lebensunterhalt für Pascha verdienen.

Evangelikale Christinnen dürfen nicht über ihren eigenen Körper bestimmen. Alte Männer entscheiden über ihr Leben (das Weib schweige in der Gemeinde, 1.Korinther 14:34). Natürlich, denn so hat es Jesus verfügt. Die Frau muss sich dem Mann total unterordnen. („Die Frauen seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde.“ Eph. 5,22; siehe auch: Kol. 3,18; Tit. 2,5; 1.Petr. 3,1).

(…..) Die Ansichten der bedeutendsten christlichen Kirchenlehrer sprechen eindeutig nicht dafür, daß Weibsbilder Führungsrollen übernehmen sollten.


"...der Gang, wie sich die göttliche Lehre verbreitet: Von Gott zu Christus, von Christus in den Mann und von diesem in das Weib hinab. Umgekehrt verbreitet sich die teuflische Lehre: Sie kommt zuerst in das Weib, denn dies besitzt weniger Unterscheidungsvermögen."
(Alexander von Hales, 1185-1245, Lehrer des Thomas von Aquin)

"Das Weib ist ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem Ebenbilde geschaffen wurde. Es entspricht der natürlichen Ordnung, daß die Frauen den Männern dienen."

(Kirchenvater Augustinus, hl., 354-430)

 

"...wer mag alle leichtfertigen und abergläubischen Dinge erzählen, welche die Weiber treiben...es ist ihnen von der Mutter Eva angeboren, daß sie sich äffen und trügen lassen."
(Martin Luther)

 

 

"Der wesentliche Wert der Frau liegt in ihrer Gebärfähigkeit und in ihrem hauswirtschaftlichen Nutzen. Die Frau ist ein Mißgriff der Natur... mit ihrem Feuchtigkeits-Überschuß und ihrer Untertemperatur körperlich und geistig minderwertiger...eine Art verstümmelter, verfehlter, mißlungener Mann...die volle Verwirklichung der menschlichen Art ist nur der Mann."
(Thomas von Aquin, hl., Kirchenlehrer, 1225-1274)

 

Offensichtlich ist das „Christliche Menschenbild“ soweit eindeutig.

Der Frauenanteil unter katholischen Päpsten, Bischöfen und Kardinälen liegt bekanntlich bei NULL. Diese Religion ist besonders beliebt in den USA, wo den Frauen gegenwärtig weiter Rechte entzogen werden.

[…..] Lawyers representing Kate Cox, a Texas woman seeking an abortion, say Cox is now seeking care out of state after what they call “legal whiplash and threats of prosecution from Texas Attorney General Ken Paxton.”

Doctors for Cox say her fetus has a genetic abnormality that will likely result in a stillbirth or death shortly after birth. They also say continuing the pregnancy puts Cox, a mother of two, at risk for serious health complications. After a judge granted Cox’s request for an abortion last week, AG Paxton appealed to the Texas Supreme Court and threatened hospitals and doctors who might give Cox care.

#MorningJoe host @MikaBrzezinski slammed Paxton saying while he has a choice, Cox does not. She adds “Our daughters are growing up in a world where… people like Ken Paxton will have more of a say in their health care decisions. They will fear they will suffer and even die… this is where we are NOW.” […..]

(MSNBC, 12.12.2023)

In der dritten großen Abrahamitischen Religion; dem Islam, haben es Frauen deutlich besser. Hier sind sie nicht völlig wertlos, müssen nicht komplett schweigen, sondern sie haben im Scharia-Recht immerhin den halben Wert eines Mannes.

[….] Die muslimische Apologetik zum Rollenverständnis von Mann und Frau steht unter dem Grundsatz, dass nur die Scharia Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und der Frau wahre Würde und Ehre verleihen kann. Die Gleichberechtigung der Geschlechter geht nach dieser Ansicht aus dem koranischen Schöpfungsbericht (Sure 39,6; 49, 13) und der Verpflichtung von Mann und Frau zur Erfüllung der Gebote des Islam, in der die Frau dem Mann in nichts nachstehe, hervor. Männer und Frauen seien „aus einem einzigen Wesen“ erschaffen worden (Sure 4, 1) einander zu „Beschützern“ oder „Freunden“ (Sure 9,72) und beiden werde gleichermaßen das Paradies verheißen, wenn sie „Gott demütig ergeben“ seien (Sure 33, 35) und „glauben und das Rechte tun“ (Sure 16,97).

An anderer Stelle begründet der Koran und dessen islamische Überlieferung eine eindeutige Überordnung des Mannes über die Frau und ihre rechtliche Benachteiligung. In Sure 4, 34 steht geschrieben, dass „Männer über Frauen stehen, weil Gott sie vor diesen ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von ihrem Vermögen gemacht haben. Die rechtschaffenen Frauen sind demütig ergeben.“ Verse wie dieser werden von muslimischen Theologen in aller Regel so ausgelegt, dass Männer und Frauen als Menschen nicht denselben Wert haben. Aus Sure 4, 34 lassen sich außerdem zwei Grundkomponenten des islamischen Eherechts ableiten: Die Überordnung des Mannes über die Frau, weil Gott den Mann über die Frau gestellt hat (Sure 2, 228) und der Mann „Ausgaben“ für die Frau hat (Sure 4, 34). Mit „Ausgaben“ sind nach weitgehend übereinstimmender Auffassung das Unterhaltsrecht der Frau und die Pflicht des Mannes, finanziell für die Frau zu sorgen, gemeint. „Gehorsam“ oder „demütig ergeben“ versteht man in erster Linie im sexuellen Kontext, denn der Mann erwirbt mit Abschluss des Ehevertrages und Aufnahme der Unterhaltszahlungen gleichzeitig das Recht auf den Körper seiner Frau (vgl. Sure 2, 223; 2, 187).  [……] Theoretisch soll ein Mann laut Koran und Überlieferung bei einem Kapitalverbrechen mit demselben Strafmaß bestraft werden wie die beteiligte Frau (Sure 24,3). In der Praxis werden Vergehen wie Unzucht und Ehebruch jedoch fast ausschließlich Frauen zur Last gelegt, wobei das jeweilige Vergehen in den allermeisten Fällen nicht öffentlich vor Gericht, sondern von der Familie geahndet wird. In der islamischen Gesellschaft wird die Frau im Allgemeinen als Verführerin des Mannes betrachtet, deren Einfluss er quasi hilflos ausgeliert ist. Durch ihre Anwesenheit übt die Frau mit ihren Reizen Wirkung auf den Mann aus, wodurch der „rational orientierte und intellektuell überlegene Mann seine Selbstkontrolle verliert und der intellektuell schwächeren, emotional labileren Frau erliegt“. Dabei gilt insbesondere das unbedeckte offen getragene weibliche Haar als unwiderstehlicher sexueller Reiz. Viele Theologen beurteilen die Frau als ein Wesen mit im Vergleich zum Mann wesentlich größerer sexueller Gier, deren unmoralische Absichten kontrolliert und in Schranken gewiesen werden müssen, um die gesellschaftliche Ordnung zu wahren. […..] Auf dem Gebiet des Zeugenrechts legt der Koran in Sure 2, 282 fest, dass die Zeugenaussage einer Frau nur die Hälfte der Aussage eines Mannes gilt. Die muslimische Apologetik sagt, dass eine Frau schon von Natur aus während der Menstruation, während der Schwangerschaft, nach einer Geburt im Wochenbett oder auch nach einem Trauerfall gefühlsmäßig außer Kontrolle sei und keine sachlich verlässlichen Angaben machen könne. Sie könne ein Geheimnis schwerer bewahren und dem Mann in schwierigen intellektuellen Fragestellungen nicht gleichziehen. Die überlegene Rationalität und Unbestechlichkeit des Mannes werden im nahöstlich-islamischen Bereich als bewiesene naturwissenschaftliche Gesetze referiert. [….] Das islamische Erbrecht ist kompliziert, die Summe der Bestimmungen lautet jedoch, dass ein weibliches Familienmitglied stets die Hälfte von dem erbt, was ein männliches Familienmitglied an ihrer Stelle erben würde. [….] Stirbt die Ehefrau ohne Erbberechtigte hinterlassen zu haben, erbt ihr Ehemann ihren ganzen Besitz. Stirbt der Ehemann und hinterlässt keine erbberechtigten Nachkommen, erbt die Frau nur die Hälfte, die andere Hälft geht in die öffentliche Hand über. [….]

(IGFM.de)

Man kann psychologisch und soziologisch erklären, wieso ausgerechnet der verarmte „US-White Trash“ fast ausschließlich die antisoziale Partei der Superreichen, die GOP, wählt. Man kann psychologisch und soziologisch erklären, wieso ausgerechnet Schwarze US-Amerikaner der Südstaaten so extrem gläubig einer Christenreligion anhängen, deren Führer Jesus die Sklaverei fordert.

Man kann psychologisch und soziologisch erklären, wieso ausgerechnet in der extrem homophoben Kurie so extrem überproportional viele Schwule sind.

Ähnlich läßt sich herleiten, weswegen in religiösen Familien, ausgerechnet die Frauen exorbitant engagiert in einer misogynen Ideologie agieren.

Schlau ist das aber alles nicht.

Dienstag, 12. Dezember 2023

Ukraine im Pech

Militärische Prognosen sind immer schwierig; insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen. Da auch echte Militärexperten und hochrangige Offiziere mit sagenhaften Fehleinschätzungen an die Medien gehen, erspare ich mir meine eigenen Laienprognosen. Besser als Brigadegeneral a. D. Erich Emmerich Hugo Vad (*1957), (von 2006 bis 2013 Gruppenleiter im Bundeskanzleramt, Sekretär des Bundessicherheitsrates und militärpolitischer Berater der Bundeskanzlerin Merkel), kenne ich mich sicher nicht aus und der lag nicht nur mit allen Prognosen falsch, sondern schwurbelt nun mit Sahra Sarrazin und Alice Schwarzer.

A posteriori läßt sich allerdings sicher einiges feststellen. Die vor einem knappen Jahr angekündigte und vorab bejubelte Ukrainische Offensive, die Russland vom Ukrainischen Staatsgebiet verjagen werde, weil Putin die Soldaten und die Moral ausginge, war offensichtlich ein totaler Flop.

[….] Die ukrainische Offensive hat ihre Ziele deutlich verfehlt. Die politische Führung in Kiew zeigt sich selbstkritisch und formuliert klare Erwartungen an das Militär. [….] Die ukrainische Offensive blieb ohne durchschlagenden Erfolg. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Im Westen wurde viel und lange diskutiert. Ob, welche und wie viele Waffen geliefert werden können. Auf Zusagen folgten keine sofortigen Lieferungen.

Fakt ist: Das gab Russland ausreichend Zeit, eigene Stellungen auszubauen, massive Minenfelder anzulegen. Die Erwartungen an die ukrainische Offensive waren nach Ansicht vieler Militärexperten überhöht. [….] Fakt ist auch: Die Ukraine selbst hat eindeutig mehr erwartet. Daraus macht niemand mehr ein Geheimnis. Walerij Saluschnyj, Oberkommandierender der ukrainischen Streitkräfte, gesteht in einem viel diskutierten Beitrag für den britischen "Economist" Fehler ein, spricht von einem drohenden Patt und zieht Vergleiche zum Ersten Weltkrieg. [….]

(Vassili Golod, ARD, Kiew, 18.11.2023)

Apropos Vassili Golod; ich empfehle dringend den Internationalen Frühschoppen vom 10.12.2023.

Der letzte Zuschaueranruf brachte auf den Punkt, was ich schon lange sage: Wieso wird so eine wichtige Informationssendung im Phoenix-Morgenprogramm bei homöopathischen Einschaltquoten versteckt, statt das zur Anne Will-Primetime in der ARD auszustrahlen?

Aber die bräsigen deutschen Talker holen sich lieber Wagenknecht, Chrupalla und Precht ins Studio, wenn ein Millionenpublikum zusieht.

Über „den Westen“ kann man nur staunen. Mit der hundertfachen Wirtschaftskraft, der russischen Munitionslieferanten Nordkorea und Iran, schafft er es nicht, auch nur ansatzweise genügend Artilleriegeschosse herzustellen.

[….] Die EU wird zugesicherte Rüstungsexporte an die Ukraine wohl nicht einhalten können. [….] Seit Beginn der Invasion der Ukraine durch Russland hat die ukrainische Armee täglich Tausende Artilleriegeschosse abgefeuert und damit die Vorräte schneller verbraucht, als die Verbündeten sie hätten produzieren können. Man zweifelt auf ukrainischer Seite gegenwärtig am Versprechen der EU, die Armee des Landes innerhalb der kommenden fünf Monate mit der Lieferung von insgesamt einer Million neuen Artilleriegeschossen zu unterstützen.  Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba betonte gegenüber der Online-Zeitung Ukrainska Pravda, die EU werde es „aufgrund des Zustands der Rüstungsproduktion und bürokratischen Hindernissen“ nicht schaffen, die zuvor versprochenen Artilleriegeschütze bis Ende März 2024 an die Ukraine auszuliefern. Einen mangelnden politischen Willen seitens der EU sieht Kuleba hierfür nicht als Grund – sondern vielmehr den „bedauernswerten Zustand der Rüstungsindustrie“. [….] Die vereinbarten Waffenlieferungen seitens der EU an die Ukraine gehen auf Vereinbarungen vom März dieses Jahres zurück. Damals sicherte die EU der Ukraine zu, das Land für einen Zeitraum von zwölf Monaten mit der Lieferung von Artillerie zu unterstützen. Durchgeführt werden sollte dies durch gemeinsame Beschaffungsverträge und den Rückgriff auf bereits vorhandene Munitionsbestände. [….] Verteidigungsminister Boris Pistorius stellte derweil infrage, ob das Ziel, das sich die EU mit der Unterstützung der Ukraine durch Waffenlieferungen gesetzt hatte, jemals realistisch war. „Die eine Million werden nicht erreicht. Davon muss man ausgehen“, sagte der SPD-Politiker bei einem EU-Verteidigungsministertreffen am Dienstag in Brüssel. Grund seien unzureichende Produktionskapazitäten. Deutschland habe mit dem Abschluss von Rahmenverträgen einen großen Teil dazu beigetragen, dass die Kapazitäten vergrößert werden können, erklärte Pistorius. Die Produktionsprozesse seien aber „wie sie sind“. [….] Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell betonte, das Problem sei seiner Auffassung nach nicht die Industriekapazitäten. [….] Nach seinen Angaben konnten bislang erst etwa 300.000 der in Aussicht gestellten Artilleriegranaten geliefert werden.  [….]

(FR, 15.11.2023)

Dadurch kann die Ukraine an der Ostfront jetzt nicht mehr zurück schießen.  Russland produziert inzwischen die siebenfache Munitionsmenge des gesamten Westens. Putin fertigt im Dreischichtensystem rund um die Uhr, stampft neue Munitionsfabriken aus dem Boden. Die Ukraine hat die G7 und NATO im Rücken. Aber wir als Westen sind offenbar generell verblödet. Alle zusammen schaffen es nicht, auch nur ein Siebtel der Granaten zu produzieren, wie das so isolierte, angeblich kurz vorm ökonomischen Kollaps stehende Russland. Putin braucht Trumps Wahlsieg vielleicht gar nicht. Wir, die  EU und die NATO, sind lächerliche Witzfiguren.

Wenn Putin die Ukraine massakriert hat, kann er gleich weiter bis nach Berlin marschieren. Die Rumpelbundeswehr kann ohnehin keine Gegenwehr mehr leisten, weil alle Waffen schon in der Ukraine geschrottet wurden. Nach 36 Stunden Krieg ist die deutsche Munition aufgebraucht. Mehr haben wir nicht.

Wir können leider auch nicht aufrüsten können, weil unser Beschaffungswesen dafür zu bürokratisch ist. Der Bundeswehr-Wumms ist schon verpufft. Es ist Deutschland hier. Dann werden wir Teil von Großrußland. Sahra Sarrazin und die AfD wird es freuen. Und Lindi auch, weil wir wenigstens die Schuldenbremse eingehalten haben.

[….] Die Ukraine steht vor dramatisch schweren Kriegsmonaten. Die Armeeführung erwartet eine neue Welle von russischen Terrorangriffen gegen die Zivilbevölkerung und die Energieversorgung. Diese Schläge könnten jeden Tag beginnen, warnt Luftwaffensprecher Jurij Ihnat. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagt eine neue düstere Phase des Krieges voraus. Die ukrainische Gegenoffensive ist weitgehend gescheitert, es fehlt an Waffen, Munition und Geld. [….] 1. Russland verfügt über einen großen Raketenvorrat.  Russland hat in den vergangenen Monaten gezielt Marschflugkörper zurückgehalten und einen großen Raketenvorrat aufgebaut, mit dem es die Ukraine im Winter „in Dunkelheit und Kälte schießen will“, sagt Nato-Chef Stoltenberg. Nach Schätzungen westlicher Geheimdienste verfügt die Armee über mindestens 900 Marschflugkörper und hochpräzise strategische Raketen, mit denen gezielt Energieinfrastruktur zerstört werden kann; monatlich kommen knapp hundert Raketen hinzu. [….] Zum Arsenal gehören auch tausende Drohnen. Der Iran hat Putin mindestens 3000 Shahid-Drohnen geliefert, die eine wichtige Rolle bei den Luftangriffen spielen: Das relativ billige, aber effiziente Waffensystem bindet die ukrainische Luftabwehr, im gestaffelten Einsatz folgen dann Marschflugkörper. [….]

2. Russland hat die Produktion von Munition hochgefahren

[….] Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un liefert nach einem Treffen mit Putin Nachschub: Nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes trafen innerhalb von zwei Monaten in Russland eine Million Artillerie-Granaten ein. Damit schickt Kim kurzfristig so viel, wie die Europäische Union für ein ganzes Jahr versprochen hat, aber ziemlich sicher nicht liefern kann: Im März wird abgerechnet, aktuell hat die EU nur rund 300.000 Schuss bereitgestellt. [….] 3. Russland hat trotz hoher Verluste viel mehr Soldaten [….]

4. Russlands Kriegswirtschaft läuft auf Hochtouren

Russland hat seinen Verteidigungsetat für nächstes Jahr massiv auf 112 Milliarden Dollar erhöht, ins Militär gehen jetzt fast 40 Prozent der Staatsausgaben. „Russland hat den militärisch-industriellen Komplex ausgebaut, um einen Zermürbungskrieg zu gewinnen“, sagt Gustav Gressel vom Think-Tank European Council on Foreign Relations (ECFR) in Berlin. Es könne diesen Krieg bis 2027 fortsetzen und auch eine Verlängerung vorbereiten. [….]

5. Die westlichen Sanktionen gegen Russland sind zu löchrig [….]Im ersten Kriegsjahr nahm Russland umgerechnet fast 550 Milliarden Euro aus dem Export vor allem von Öl und Gas ein, dieses Jahr dürften die Erlöse bei 460 Milliarden Dollar liegen – immer noch ein Mehrfaches der jährlichen Kriegskosten. […..]

(Christian Kerl, FUNKE, 6. Dezember 2023)

Die Presseberichte, auch in den Medien, die am lautesten für die unbedingte militärische Unterstützung der Ukraine trommelten, häufen sich. Offensichtlich geht dem Westen der Optimismus aus.

[….]  Russlands neue Stärke auf dem Schlachtfeld

Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass Wolodymyr Selenskyj sich seinem Ziel nahe wähnte. Gerade erst hatten seine Streitkräfte zwei Offensiven erfolgreich zu Ende gebracht, die Großstadt Cherson vom Aggressor Russland befreit. Dies sei, so sagte der ukrainische Präsident, der »Anfang vom Ende«  des Krieges.

Einen Winter später ist die Hoffnung Ernüchterung gewichen. Die neue ukrainische Gegenoffensive blieb aus einer Vielzahl von Gründen selbst hinter den pessimistischsten Erwartungen zurück. Inzwischen sieht es gar danach aus, dass die Russen sich anschicken, wieder das Schlachtfeld zu dominieren.

»Die Russen haben wahrscheinlich Offensivoperationen in mehreren Abschnitten der Front begonnen«, schreibt das Institute for the Study of War  (ISW). »Damit wollen sie die Initiative vor den Präsidentschaftswahlen im März 2024 ergreifen und behalten.« Auch wenn sich die Russen mit dem Ende der Schlammsaison die komplizierteste Jahreszeit für solche Aktionen ausgesucht haben, nannte der ukrainische General Oleksandr Syrskyj die Lage an der Front »schwierig«.

Die Ukrainer sind aktuell von der langen und intensiven Gegenoffensive erschöpft. […]

(SPON, 12.12.2023)