Freitag, 14. Februar 2020

Opferinszenierung ins Ekelhafte


Wenn man sich ausgerechnet kurz vor der Landtagswahl so richtig tief ins Braune geritten hat, hilft nur noch ein öffentliches Mea Culpa. Gibt man sich ordentlich zerknirscht, kann man darauf hoffen, daß die ehrliche Reue positiv angenommen wird.

In den USA funktioniert das wunderbar bei all den extrem homophoben religiösen Eiferern unter den GOP-Senatoren und TV-Predigern wie Ted Heggard, nachdem sie mit Koks und Strichjungen erwischt wurden:

Man tritt heulend mit der Ehefrau im Arm vor ein Pult mit Mikrofonen, erzählt ausführlich davon wie viel man gebetet habe und daß Gott ihnen verziehen habe.

Christian Lindner war nicht koksend mit einem Mann im Bett. Das wäre in Deutschland auch relativ unproblematisch, zumal sich Lindner nie homophob äußerte. Und mal ein paar Drogen zu nehmen, kann man durchaus politisch überleben, wie Michel Friedmann und Volker Beck beweisen.
Nein, Christian Lindner tat etwas gewaltig viel Schlimmeres!
Trotz eindringlicher Warnungen Tage vorher, gab er letztendlich das Go für den Pakt der Thüringer FDP mit dem Nazi Bernd Höcke.
Lindner war mitschuldig an dem Bild, das am nächsten Tag auf fast allen Titelbildern war: FDP-Ministerpräsident Kemmerich reicht AfD-Höcke die Hand.
Spätestens da hätte Lindner zurücktreten müssen.
Aber er machte es laufend schlimmer. Während selbst die konservativen Politiker Merkel, Söder, Ziemiak und AKK sofort begriffen welche Katastrophe angerichtet wurde, den Rücktritt Kemmerichs und Neuwahlen verlangten, eierte Linder vor der Presse rum, forderte SPD und Grüne auf mit AFDP-Ministerpräsident Kemmerich zusammen zu arbeiten.
Ein hochgradig hanebüchenes Ansinnen: Sollte nun Rotgrün die Nazi-Kooperation der 5%-FDP absichern?
Es ging aber weiter, noch Tage später, als schon Dutzende Sondersendungen ausgestrahlt, hunderte empörte Leitartikel erschienen und bundesweite Demonstrationen gegen die FDP stattgefunden hatten, verschlimmbesserte der Parteichef die Situation erneut, indem er die Katastrophen-Metapher von „Kemmerichs Übermannung“ als Erklärung heranzog.

[….] Im ersten Moment klang es fast, als würde Christian Lindner sein altes Konzept gefühlsbetonter Männlichkeit wieder herausholen, wie damals im Wahlkampf lässig mit T-Shirt und Dreitagebart auf dem Sofa. Thomas Kemmerich sei halt einfach "übermannt" gewesen von der Situation, erklärte der FDP-Chef, als Marietta Slomka ihn im "heute journal" am Abend nach der vergurkten Ministerpräsidentenwahl interviewte: [….] Wie verzweifelt die FDP sein muss, wird klar, wenn ihr als Lösung nur einfällt, die Legende von der eigenen Hilflosigkeit zu spinnen - nach über 24 Stunden Nachdenken: letzte Ausfahrt Ohnmacht. Und sich dann bezeichnenderweise ausgerechnet einen Begriff dafür aussucht, der diese These ad absurdum führt.
Denn "Übermannung" ist ein Terminus vom Schlachtfeld, erklärt schon Grimms Wörterbuch: Wenn die Mannstärke der Feinde das eigene Heer überrennt. Der einzige Moment aller Weltgeschichten, in dem es Männern als positiv ausgelegt wird, zu unterliegen. Außerdem, so Lindner in dem Slomka-Gespräch, habe die AfD "handstreichartig" für Kemmerich gestimmt – noch so ein Kriegsheldenmoment des Überrumpeltwerdens.
Schaut, will dieses Narrativ uns vormachen, ich bin wehrlos, ausgeliefert. Meinen Emotionen (Siegesdurst, Herrschsucht, Machttrunkenheit). Und den "anderen", sie haben mich überwältigt, mich gegen meinen Willen genommen. Die Horden der CDU und AfD gegen uns, die fünf Sitze starke FDP. Schaut, mein einziger Schutz ist ein wackeliger Backshop-Stehtisch für meine Pressekonferenz. Dass schon die Grimms notieren, "übermannen" stehe "euphemistisch" auch für Vergewaltigung, dreht diese Opferinszenierung ins Ekelhafte.
Es ist übrigens die gleiche FDP, für die Thomas Kemmerich mit seinem Glatze-und-Stiefel-Wahlkampf in Beton gegossene Männlichkeitsbilder inszenierte: der Bruce-Willis-Gladiator, der Versuch der ironischen Brechung mit dem militaristischen Nazi-Klischee. [….]

Das anhaltende Christian-Lindner-Debakel war eine einzige Variation des Projektes „Postenrettung“.
Kaum jemals klebte jemand so an seinem Stuhl wie der FDP-Chef.
Das wird umso frappierender, als inzwischen eine ganze Reihe weniger Schuldiger ihre Karriere beendeten.
Hirte, Kemmerich, Kramp-Karrenbauer, Kardinal Marx und jetzt Mohring – alle weg.

[….] Politische Ämter verlangen denen, die sie ausüben, viel ab. Ein Amtsverzicht ist ein Akt der Demut. Aber er dient nur dann wirklich der demokratischen Kultur, wenn er nachvollziehbare Gründe liefert, wenn er dem Amt hilft und nicht bloß dem Ego. Um so viel verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, braucht Politik mehr Ehrlichkeit und eine Fehlerkultur, die es zulässt, über Scheitern offen zu reden. Theresa May hatte die Größe, bei ihrem Rücktritt einzugestehen, dass sie "nicht fähig" gewesen sei, den Brexit zu liefern. [….]

Aber Lindner ist noch nicht mal bereit mit falschen Gründen zurückzutreten, geschweige denn aus den Richtigen.
Er klebt am Amt und tut nun zur Schadensbegrenzung das einzige, das wirklich nichts kostet und keinerlei Konsequenzen für ihn bedeutet:
Eine Entschuldigung vor dem Bundestag, als ob nichts gewesen wäre.

Seine Lieblingsstellvertretern Katja Suding, im Nebenberuf Hamburger FDP-Chefin und Bürgerschaftsabgeordnete, die zusammen mit ihrer Partei in der vergangenen Legislaturperiode 49 mal gemeinsam mit der AfD stimmte und sich 44 mal zu AfD-Anträgen enthielt, machte diesen erbärmlich konsequenzlosen Schritt nach, aber immerhin wortreich.

[….] „Wir haben damals als FDP den Versuch unternommen, die AfD als eine Partei, die im Parteienspektrum gewählt wurde, wahrzunehmen und zu gucken, was sind die Inhalte – genauso wie wir es mit den Linken machen, mit jeder anderen Partei. Rückblickend muss man sagen, nach dem, was wir jetzt auch sehen, was die AfD macht, wie sie die Demokratie nicht nur aushöhlen will, sondern zerstören will – würde ich nie, nie wieder machen!" [….]

Mama, ich will es auch nie, nie, nie wieder tun – willkommen in der FDP-Kindergartenversion von Landespolitik.

Selbst dieses Niveau unterbot Christian Lindner aber noch locker.

Zunächst betonte er, persönlich gar nicht wirklich verantwortlich zu sein.

[….] „Ja – aber wie gesagt: Ich bin nicht Mitglied des Thüringer Landtags. Ich kann nur mit der Krise umgehen wie wir alle. Ich kann mich nur namens der FDP insgesamt entschuldigen.“ [….]

Hier lügt Lindner gleich mehrfach. Natürlich ist er als FDP-Bundeschef politisch verantwortlich und er ist auch persönlich verantwortlich, weil er von AKK vorgewarnt war und seit Monaten Briefe der AfD öffentlich vorlagen, die genau diese Taktik ankündigten.
Insbesondere ist es aber gelogen, daß er nur die Entschuldigung aussprechen kann; er könnte schließlich auch endlich zurücktreten.

Lindner erreichte aber erstaunlicherweise eine weitere Verschlimmbesserung am Bundestagsrednerpult.

[…..] "Dafür entschuldige ich mich namens der Freien Demokraten." [….]

Morallehre für Grundschüler: Man kann sich niemals SELBST entschuldigen, sondern immer nur um Entschuldigung bitten. Es obliegt dem Geschädigten die Entschuldigung zu gewähren oder nicht.
Bei dieser erbärmlichen Formulierung ohne das persönliche Schuldeingeständnis, ohne persönliche Reue, mit dem vagen Hinweis „namens der FDP“, gewähre ich ihm jedenfalls keine Entschuldigung.

Donnerstag, 13. Februar 2020

Franz outet sich – Teil XXIII


Kein Wunder, daß Franz von seinem „Georg il bello“ (Gänswein) so genervt war, daß er ihn vor einer Woche endgültig absägte und als Präfekt des Päpstlichen Hauses entließ.
Gänsi ist zwar hübsch und hat diese wichtigen engen persönlichen Kontakte zur erzkonservativen Milliardärin Prinzessin Gloria in Regensburg, aber er ist eben auch ein unverbesserlicher Intrigant, der seinem zweiten Papst ständig in den Rücken fällt.
Zuletzt eskalierte „Georg il bello“ weltöffentlich den Gerontenzickenkrieg zweier Päpste, um einen erfundenen Dissens.
Ratzinger wurde als Erzbewahrer kirchlicher Tradition gegen einen vermeidlich ideologisch ungefestigten Spaßpapst Bergoglio inszeniert, bevor dieser Zölibat und männerexklusives Priestertum abschaffen könnte.
Das war alles großer Blödsinn, denn auch Ratzis Nachfolger ist stockkonservativ bis zur tiefen Frauenverachtung.

(….) Am frühen Abend des 13. März 2013 einigten sich 115 stockkonservative Kardinäle, darunter kein Verheirateter, keine Frau und nur fünf unter 60 Jahren, die meisten im Alter zwischen 70 und 80, im fünften Wahlgang auf einen neuen Boss.
50 der wahlberechtigten Kardinäle wurden von dem Kinderfickerfreund Johannes Paul II. und 67 von Kinderficker-Vertuscher Benedikt XVI. ernannt.
Gewählt wurde – Überraschung – ein konservativer alter Mann: Der Erzbischof von Buenos Aires, 76, zukünftiger Franziskus.

Franz tat vor Allem das nicht, das er nicht tun sollte: Frauen die gleichen Rechte wie Männern zu gewähren, Schwule zum Priesterseminar zuzulassen oder den Zölibat zu lockern. (….)

Ratzinger, Sarah, der Urinduscher, Müller und Gänswein hatten sich aber ganz umsonst gesorgt.
Franz ist ganz auf ihrer Seite.
Endlich erschien heute sein Apostolisches Schreiben "Querida Amazonia" indem er noch mal ganz klar stellt wie minderwertig er Frauen findet.

[….] Ein solcher Reduktionismus würde uns zu der Annahme veranlassen, dass den Frauen nur dann ein Status in der Kirche und eine größere Beteiligung eingeräumt würden, wenn sie zu den heiligen Weihen zugelassen würden. Aber eine solche Sichtweise wäre in Wirklichkeit eine Begrenzung der Perspektiven: Sie würde uns auf eine Klerikalisierung der Frauen hinlenken und den großen Wert dessen, was sie schon gegeben haben, schmälern als auch auf subtile Weise zu einer Verarmung ihres unverzichtbaren Beitrags führen.
[….] Jesus Christus zeigt sich als der Bräutigam der Eucharistie feiernden Gemeinschaft in der Gestalt eines Mannes, der ihr vorsteht als Zeichen des einen Priesters. Dieser Dialog zwischen Bräutigam und Braut, der sich in der Anbetung vollzieht und die Gemeinschaft heiligt, sollte nicht auf einseitige Fragestellungen hinsichtlich der Macht in der Kirche verengt werden. Denn der Herr wollte seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria. Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben. [….]  In einer synodalen Kirche sollten die Frauen, die in der Tat eine zentrale Rolle in den Amazonasgemeinden spielen, Zugang zu Aufgaben und auch kirchlichen Diensten haben, die nicht die heiligen Weihen erfordern, und es ihnen ermöglichen, ihren eigenen Platz besser zum Ausdruck zu bringen. Es sei daran erinnert, dass ein solcher Dienst Dauerhaftigkeit, öffentliche Anerkennung und eine Beauftragung durch den Bischof voraussetzt. [….] (Papst Franziskus, 13.02.20)

Der Bergoglio ist schon tricky. Da zwingt er mich ganze 99 Kapitel seines Schreibens zu lesen bis er endlich zum eigentlichen Thema kommt:
Frauen sind ja ganz nützlich, um in Orten ohne männliche Priester die RKK-Strukturen zu erhalten – natürlich nur, wenn der Bischof es ihnen vorher erlaubt hat! Aber sie bleiben natürlich zu minderbemittelt, um selbst Priesterinnen zu werden. Überhaupt könnte man die Weiber gar nicht mehr als billige Putzkräfte und Köchinnen würdigen, wenn sie auf einmal anfingen auch zu predigen. Und Jesus mochte sie auch nicht, ätsch!

[…..]  Papst Franziskus erlaubt die Weihe verheirateter Männer zu Priestern vorerst nicht. Auch Frauen sollen keine Weiheämter in der Kirche zukommen. […..]  Zu den besonderen Aufgaben zählen die Eucharistie und die Beichte, diese Amtsgewalt könne nur im Weihesakrament empfangen werden. Die Mehrheit der Teilnehmer der Synode, die sich mit den spezifischen Problemen der Amazonas-Region beschäftigte, hatte sich für die Weihe sogenannter "Viri Probati" (bewährter Männer, die auch verheiratet sein dürfen) ausgesprochen sowie dafür zu prüfen, ob man Frauen zu Diakoninnen weihen könne.
In den abgelegenen Amazonas-Gemeinden herrscht ein eklatanter Priestermangel, sodass viele Gemeinden teilweise monatelang keinen Priester sehen und weder die Eucharistie feiern noch beichten können. Franziskus geht in seinem Schreiben nicht auf verheiratete Männer für diese besondere Region ein. Stattdessen fordert er alle Bischöfe zu mehr Gebet um Priesterberufungen auf. Außerdem sollten die Bischöfe diejenigen, die eine "missionarische Berufung" zeigten, dazu bewegen, sich für das Amazonasgebiet zu entscheiden.
Franziskus würdigt zwar "die Kraft und die Gabe der Frauen", die die Gemeinden im Amazonasgebiet mit "bewundernswerter Hingabe und leidenschaftlichem Glauben" aufrechterhielten. Weiheämter für Frauen - und damit verbunden mehr Macht - lehnt er dennoch ab. Dies würde zu einer "Klerikalisierung der Frauen hinlenken und den großen Wert dessen, was sie schon gegeben haben, schmälern".[…..]  Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) […..]  sprach von einem "herben Schlag für alle Frauen, die auf ein starkes Signal zur Gleichberechtigung in der katholischen Kirche gehofft haben". Es sei "unerträglich, dass die Amtskirche weiterhin Frauen gleiche Rechte abspricht und sie aus biologistischer Argumentation heraus zu Dienstleisterinnen degradiert", sagte die stellvertretende kfd-Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt der Katholischen Nachrichten-Agentur. […..]  Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, hatte sich mehr erwartet: "Wir bedauern sehr, dass Papst Franziskus hier in seinem Schreiben keinen Schritt nach vorne wagt. Vielmehr befestigt er sowohl in Bezug auf den Zugang zum Priesteramt, wie auch die Beteiligung von Frauen an Diensten und Ämtern der Kirche, die bestehenden Positionen der römischen Kirche", sagte er. […..]   

An dieser Stelle sage ich Bergoglio meinen aufrichtigen herzlichen Dank für seinen neuerlichen Schlag ins Gesicht der Majorität der Gläubigen.
Hardcore-Katholikiotinnen wie Kramp-Karrenbauer und Nahles wird es nicht davon abhalten jedes Jahr Zehntausende Euro Mitgliedsbeiträge (vulgo „Kirchensteuer“) an den Verein zu zahlen, der ihnen nun wieder einmal sagt „ohne Penis seid Ihr wertlos!“

Aber die beiden Päpste werden damit den Trend zum Kirchenaustritt weiter befeuern.
Insbesondere weil sie ausgerechnet diejenigen, die ihr wichtigstes Fundament sind, nämlich die Myriaden unbezahlten Laiinnen an der Basis, so nachhaltig frustrieren, daß sie ihr Engagement für die RKK langfristig aufgeben werden.

Es tut immer wieder gut so einen wichtigen Propagandisten für den Atheismus an der Kirchenspitze zu wissen.

[…..] Eine Ohrfeige für die Reformer
[…..]  Peng, die Tür ist zu. Zugeschlagen hat sie Franziskus, der Papst, den viele bislang für den Türöffner der katholischen Kirche hielten. Er ist nicht dem Votum der Amazonas-Synode im Oktober gefolgt, die wünschte, dass in Ausnahmefällen auch verheiratete Männer der Eucharistie vorstehen können. Nichts da: Nur der geweihte und damit zölibatäre Priester kann das, sagt Franziskus. Seine Antwort auf den Priestermangel: tapfer um mehr Priester beten.
Ähnlich geht er mit dem Wunsch um, ein Weiheamt für Frauen zumindest zu diskutieren. Das sei eine "Klerikalisierung der Frauen"; zugespitzt: So eine Weihe tut denen doch gar nicht gut - es ist Paternalismus pur. […..]   Das Schreiben ist ein hartes Nein zum Hoffen der Reformer. […..] 

Mittwoch, 12. Februar 2020

Positive Botschaften.

Derzeit gehe ich mit vielen Meinungsartikel der von den Rechtsextremen so genannten „Mainstreampresse“ d’Accord: Die CDU definiert ihre „Position der Mitte“ mit der äquidistanten Abgrenzung  nach rechts (AfD) und links (Linke).
Die Hufeisentheorie des gesamten Parteipräsidiums, die selbstverständlich bösartiger Schwachsinn ist, wird aber von dem liberaleren Parteiflügel, der Ramelow zumindest nicht als verfassungsfeindlichen Kommunisten ansieht, wie von dem Werteunionflügel, der große Schnittmengen mit den Höcke-Nazis sieht, in Frage gestellt.
Der potentielle AKK-Nachfolger wird nach seiner Position zwischen den beiden Hufeisenpolen bewertet.
Wird es ein Günther-Typ, der die Linke inzwischen als eine normale demokratische Partei ansieht? Ein Merkel/AKK-Zentrist wie Ziemiak, der weiterhin auf Äquidistanz besteht, oder gar ein Parteirechter wie Merz und Spahn, die selbst immer wieder mal wie Gauland klingen?
In allen drei Fällen bleibt aber die CDU selbst ein inhaltliches Vakuum, das selbst für nichts steht, sondern lediglich das hohle Gebilde zwischen den beiden Außengrenzen ist.
Keiner definiert wofür die CDU eigentlich genau stehen soll im dritten Jahrzehnt dritten Jahrtausends.

Hier besteht auch ein wesentlicher Unterschied zur SPD, deren „Richtungsstreit“ unabhängig von den Positionierungen anderer Parteien verläuft und sich stattdessen immer mit dem inneren Kern des sozialdemokratischen Selbstverständnisses beschäftigt. Solidarität, soziale Gerechtigkeit, Frieden.
Es gibt von Kahrs bis Kühnert keinen Dissens über diesen SPD-Nukleus, sondern im Grunde nur um Detailfragen mit welchen Rezepten man am besten die Ziele erreicht. Die Sozialdemokratie steht in Angesicht der Thüringen-Krise sehr gut da, weil von Esken bis Scholz alle gleichermaßen antifaschistische Überzeugungen teilen.
Diese eisernen gemeinsamen Werte gibt es innerhalb der CDU eben nicht. Sie zerlegt sich auch deswegen bei der Beschlussfassung über die Partei-Außengrenzen, weil einige CDUler grundsätzlich Neonazis und Antisemitismus ablehnen, während andere wichtige Mitglieder – zB Maaßen, Otte, Mitsch – durchaus selbst für die AfD werben und spenden.

Natürlich ist Abgrenzung gegenüber den Nazis absolut notwendig.
Demokratische Parteien dürfen sich nicht an AfD-Positionen heranwanzen, Journalisten sollen ihn nicht ständig Werbezeit verschaffen.
Aber es reicht auch nicht negativ zu formulieren und lautstark zu erklären was man weshalb alles nicht will.
Der gemeine Lanz-Gucker ist nicht die hellste Kerze auf dem Kuchen und nimmt das schnell als „ständigen Streit“ wahr, wendet sich ab.
Wichtiger ist es ein positives Narrativ zu entwickeln, also nicht immer an die Wand zu malen was schief geht, sondern auch Ängste zu nehmen, indem man durch Erfolgsgeschichten Assoziationen verändert.
Das Thema „Flüchtlinge“ wird beispielsweise quer durch alle Parteien negativ konnotiert. Sie übertreffen sich so sehr mit Bekenntnissen zum „Stopp des Stromes“, dazu sich abzuschotten, Grenzen zu kontrollieren, fordern „2015 darf sich nicht wiederholen“ (AKK), daß positive Gefühle entweder gar nicht mehr gesagt oder sofort diffamiert werden.
Ich habe immer wieder die vielen moralischen Grunde genannt, weswegen Deutschland noch mehr Migranten aufnehmen sollte, erhalte für einige dieser Argumente gelegentlich sogar zähneknirschende Zustimmung. Auch Konservative geben gelegentlich zu, daß sie den Erdogan-Deal für falsch halten, Waffenexport-Rekorde in Krisengebiete kontraproduktiv sind und es auch nicht förderlich für afrikanische Kleinbauern und Fischer ist, wenn extrem hoch subventioniertes EU-Billigfleisch massenhaft auf ghanaischen Wochenmärkten landet und EU-Flotten afrikanische Küstengewässer leerfischen.
Aber dahinter steht der Gedanke, daß eine Änderung dieser Politik den Migrationsdruck verringern könnte und dadurch endlich weniger Ausländer zu uns kämen.
Ich hingegen bekämpfe auch Politik, die Migrationsdruck ausübt und Menschen gegen ihren Willen zwingt ihre Heimat zu verlassen, aber ich mag Migranten und habe sie gern um mich.
Heute habe ich beispielsweise bei meiner Arbeit einen jungen Artisten aus der Ost-Ukraine kennengelernt, der nach einem Engagement in Las Vegas in einem Hamburger Musicaltheater für ein Jahr engagiert wurde.
Er spricht gar kein Deutsch und nur ein paar Brocken englisch. Es ergab sich dann so, daß ich ihn einmal quer durch die Stadt zu seinem Job fuhr, weil ich gerade Zeit hatte und er aufgrund der noch fehlenden Sim-Card kein Taxi rufen und konnte und auch keine Übersetzungsapp starten konnte.
Da saßen wir nun zusammen im Auto, er weniger als halb so alt wie ich, aus einem anderen Teil der Welt, mit völlig anderem Beruf. Wir hatten keine Gemeinsamkeiten. Und genau das war meine spannendste Begegnung seit Wochen. Auch, weil wir erst mal herausfinden mussten, wie man sich verständigt.
Es gibt doch nichts Interessanteres als mal eine ganz andere Lebens- und Weltperspektive zu erleben. Außerdem führt das immer dazu seine eigenen Gewohnheiten in Frage zu stellen.
Es gefällt mir einfach grundsätzlich mit Menschen aus ganz anderen Kulturkreisen zu sprechen. Wenn die litauische Gemüseverkäuferin mir Details aus ihrem heimischen Gesundheitswesen und der neue Physiotherapeut aus Eritrea von den Landschaften und Sitten seiner Jugend erzählt, ist das doch viel schöner als immer nur Ur-Hamburger um sich zu haben, die alle das Gleiche erlebt haben. Und ja, ich gebe zu, es gefällt mir auch meine eigenartigen drei Namen aus drei verschiedenen Ländern zu erklären. Darunter nichts deutsches und nichts amerikanisches, obwohl ich in Hamburg geboren bin und die US-Staatsbürgerschaft habe. Ich bin nicht ganz so „ethnisch schmutzig“ wie es Peter Ustinov immer über sich selbst sagte, aber doch schon deutlich verunreinigt. Und das ist auch gut so.
Ich will nicht nur deutsche Musik hören, ich will gar keine deutschen Fernsehserien gucken, ich erfreue mich am Anblick ganz anderer Kleidungsstile und begrüße selbstverständlich aus vollem Herzen die gewaltige kulinarische Auswahl, die inzwischen jedem Deutschen zur Verfügung steht.
Mich faszinieren aber auch Youtuber aus fernen Ländern, die Urlaube oder auch längere Aufenthalte in einer deutschen Stadt verbringen und aus ihrer Sicht erklären was sie von den Deutschen Sitten halten.
Viele mögen Deutschland sehr, einige wollen für immer bleiben, andere teilen ihr Insiderwissen über das typisch deutsche Essen Döner.
Diese gegenseitige kulturelle Befruchtung ist doch ein Segen für alle Beteiligten!
Ich mag auch gerne einen deutschen Eintopf oder Rotkohl, aber doch bitte nicht ausschließlich und für den Rest meines Lebens!
Ich liebe deutsche Wälder, aber meine Straße wird einmal im Frühjahr rosa-rot, weil eine ganze Allee aus japanischen Kirschbäumen blüht.
Die Japanische Gemeinde Hamburgs hatte nämlich Anfang der 1960er Hamburg 5.000 Kirschblütenbäume geschenkt, die alle als Straßenbäume gepflanzt wurden.
Das ist eine Augenweide; wir alle erfreuen uns jedes Jahr darüber.  Und niemand muss deswegen eine deutsche Eiche oder Pappel weniger gern haben.
Für die hartnäckigen Kulturverächter bleiben natürlich immer noch die ökonomischen Argumente für die Zuwanderung, die ich seit Jahren immer wieder belege.
Die staatlichen Ausgaben für die Flüchtlinge in den Jahren 2015 und 2015 haben als gewaltiges Investitionsprogramm gewirkt, den Handwerkern volle Auftragsbücher beschert und Deutschland gegen den Trend ein kräftiges Wirtschaftswachstum verpasst.
Die zusätzlichen Arbeitskräfte durch Migranten werden in Deutschland nicht nur dringend gebraucht, sondern die Wirtschaftsverbände mahnen nachdrücklich mehr und zusätzliche Migration nach Deutschland an, weil so viele Branchen bedingt durch den Fachkräftemangel ihre Produktion drosseln, bzw Aufträge nicht annehmen können.

Aber auch die nackten Finanz-Zahlen belegen den segensreichen Einfluss der Flüchtlinge auf den Staatshaushalt.

[….] Die Beiträge von Migranten haben die Gesetzliche Krankenversicherung seit 2012 um acht Milliarden entlastet.
[….] Ohne Zuwanderung wäre die Beitragsbelastung der 73 Millionen gesetzlich Krankenversicherten höher. „Die Zuwanderung seit 2012 bedeutet für die Gesetzliche Krankenversicherung eine Entlastung in Höhe von etwa acht Milliarden Euro im Jahr oder umgerechnet 0,6 Beitragssatzpunkte“, fasst TK-Finanzchef Thomas Thierhoff die Ergebnisse der Datenanalyse zusammen.
[….] Dabei stieg die Zahl der Versicherten nach den nun von der TK vorgelegten Daten von 2013 bis 2019 durch Zuwanderung um 4,7 Millionen. Allein die Zuwanderer der vergangenen sieben Jahre stellen also 6,4 Prozent der aktuell gesetzlich Versicherten in Deutschland.
2019 zahlten diese 6,4 Prozent 16,8 Milliarden Euro an Beiträgen in den Gesundheitsfonds ein, von dem die Beitragsgelder an die gesetzlichen Kassen verteilt werden. Der Anteil der Zuwanderer an den Gesamtbeitragseinnahmen betrug damit 7,9 Prozent.
 [….] Dazu Thierhoff: „Wir vermuten, dass Zuwanderer weniger beitragsfrei mitversicherte Familienangehörige haben und schon deshalb einen etwas überproportionalen Beitrag zur Finanzierung der GKV leisten.“ [….] Auch die Annahme, Zuwanderer würden mehr Leistungen bei den Krankenkassen in Anspruch nehmen, als sie an Beiträgen einzahlen, kann mit den von der TK hochgerechneten Daten widerlegt werden. [….] Zuwanderer aus den Jahren 2013 bis 2019 stellten im vergangenen Jahr 6,4 Prozent der Versicherten. Sie zahlten 7,9 Prozent der Kassenbeiträge, nahmen aber nur 3,5 Prozent der Ausgaben in Anspruch. Sie zahlen also doppelt so viel ein, wie sie für Gesundheitsleistungen entnehmen. [….] (Peter Thelen, 11.02.2020)

Es wäre so schön, wenn wenigstens Sozialdemokraten auch diese Geschichten erzählten, wenn sie schon bei den trotteligen Wills, Plasbergs und Lanzens neben Weidel und Sarrazin sitzen müssen.

Dienstag, 11. Februar 2020

Rechtsextrem gewinnt

Während in der deutschen Gesellschaft das Immunsystem noch so gut funktioniert, daß es nach der Erfurter Kumpanei mit Nazis deutliche Proteste gibt, gibt es leider immer noch genügend Polit-Boulevard, der sich von den Rechtsextremen devot vorführen lässt.
Je brutaler, verlogener und abartiger sich die Faschisten benehmen, desto ungenierter halten die TV-Kameras und Korrespondenten-Mikrophone drauf.
Dieses Generalversagen der amerikanischen Sender, die Donald Trump in den Jahren 2015 und 2016 kostenlose Werbezeit im Gegenwert von bis zu vier Milliarden Dollar schenkten, indem sie sofort ausführlich live übertrugen, sobald er seine Lügentiraden begann, beförderten ihn ins Oval Office.
Nachdem er nun einmal US-Präsident ist, müssen die Newssender über ihn berichten, aber die anderthalb Jahre des Wahlkampfes hätten CNN und Co ihn auch unaufgeregt wie jeden der anderen 17 Bewerber analysieren könnten, statt ihn stets zur Weltsensation aufzubauen.
Möglicherweise wären dann Hillary Clinton #45 und die Welt ein wesentlich besserer Platz.

So brachten auch Lanz, Will, Plasberg und Maischberger die AfD-Faschisten in die Parlamente. Sie bespielten weit überdurchschnittlich oft deren Themen und sobald einer der rechtslastigen Großsprecher irgendetwas ungeheuerlich Skandalöses sagte, kam ein Anruf aus einer ARD- oder ZDF-Talkshowredaktion, um dem Nazi den Roten Teppich auszurollen.

Selbst wenn andere Gäste das Spiel nicht mehr mitmachen wollen und sich weigern Werbezeit für völkische Hetzer zu produzieren, lassen die Talkshowredaktionen nicht von ihrem brown-washing ab.
Am 27.01.2020 lud „Talk im Hangar“ Thilo Sarrazin ein. Immerhin einige andere Gäste reagierten sensibel.

 […..] „Ich habe nicht erwartet, dass ich am Holocaust-Gedenktag zu einer Talk-Show mit Thilo Sarrazin eingeladen werde. (...) Thilo Sarrazin ist für mich nicht besser als ein radikaler Islamist, Erdogan-Anhänger oder ein Grauer Wolf“[….]

Der großartige ehemalige SPIEGEL-Redakteur Hasnain Kazim, der ebenfalls eingeladen war drückte es auf Facebook sehr höflich aus.

[….] Mich hat heute eine Talkshow eingeladen, um mit Thilo Sarrazin über "Diskussion über Debattenkultur: Ausgrenzen und Abwerten: Wie gehen wir mit anderen Meinungen um?" zu diskutieren.

Meine Antwort:
Lieber Herr L.,
danke für Ihre Anfrage. Es freut mich, dass Sie grundsätzlich Interesse an meiner Arbeit und auch an meinen Standpunkten zum Thema Debattenkultur haben. Einer davon ist, dass nicht jede "Meinung" eine Meinung ist. Und auch, dass man nicht jedem Bullshit, jedem Rassismus, jeder Menschenverachtung, die im Deckmantel einer "Meinung" daherkommt, eine Bühne bieten sollte. Man bietet "Identitären" für ihre neonazistischen Ansichten keine Plattform. Man gibt Rechtsextremisten keine Redezeit. Und man lädt auch nicht Thilo Sarrazin in eine Talkshow ein.
Daher muss ich Ihnen leider absagen.
Gerne ein anderes Mal, wenn Sie Menschen einladen, die von mir aus gänzlich gegensätzliche Ansichten zu diesem Thema haben - aber anständig sollten diese Menschen allesamt sein. Herr Sarrazin ist es nicht.
Viele Grüße
Hasnain Kazim [….]

[….] Ich finde, gerade in Österreich sollte man gelernt haben, wie man medial mit Rechtsextremisten umgeht. Nämlich dass man ihnen keine Bühne bietet, dass man ihren Müll nicht uneingeordnet einfach für sich stehen lässt, dass man sie nicht hofiert, sondern ächtet. Dass man nicht einen Jörg Haider ständig auf den Titel hievt, nur weil das die verkaufte Auflage um zehn Prozent steigert. Wenn man so etwas tut, darf man sich nicht wundern, dass Menschenverachtung und Hass zum Mainstream werden.[….]
Das viele Verständnis für die Ängste der Wutbürger mit dem Smallpenis-Syndrom, hat die AfD deutlich radikalisiert; sie viel stärker und viel gefährlicher gemacht; sie zu einem Katalysator für gewalttätige, rechtsextreme Übergriffe gemacht.

[….] Anne Will eingeschaltet. Nazi-Tante Weidel auf dem Sofa hocken gesehen. Anne Will wieder ausgeschaltet. #WirRedenNichtMitNazis [….]

Die Talkshow ging, wie üblich, schief.
Wie sollte es anders sein? Anne Will ist eine desinteressierte und unfähige Gesprächsleiterin, die keineswegs in der Lage ist wie einst Friedrich Küppersbusch, Roger Willemsen, Lea Rosh oder Juliane Bartel ihr Gäste notfalls auf brutal mit Fakten und Ermahnungen einzunorden.

[….]  "Anne Will" zu Thüringen: Ein Trauerspiel, ein Grinsen
Der "Wahl-Eklat" von Erfurt setzt sich bei "Anne Will" fort: Während sich die allermeisten Gäste in der Runde gegenseitig angehen, amüsiert sich eine verhaltensauffällige Alice Weidel prächtig. [….]

Wie immer, wenn sich Lanz, Will und Co Nazis einladen, triumphieren anschließend selbstzufrieden die Nazis, weil sie mit Häme und Lügen jeden Diskurs zerstören und sich daran aufgeilen wie alle anderen sich empören.


Einer der schlimmsten rechtsextremen Hetzer und Verschwörungstheoretiker, der Pipi-Blogger Berger bejubelte denn auch erwartungsgemäß den Auftritt der Hetzerin.

[….] “Anne Will“: Alice Weidel gewann „Eine gegen Fünf“ deutlich überlegen
 „Anne Will“ wartete gestern Abend siegessicher mit der bewährten Zusammensetzung eines Staatsfunktalks („Alle gegen eine(n)“) auf. Und musste sehr rasch einsehen, dass auch eine gegen fünf gewinnen kann. Zumal dann, wenn die fünf weder Argumente haben, noch sonderlich gut bei der Verteilung der Intelligenz bedacht wurden.
Wer gestern „Alice Weidel gegen 5“ verpasst hat, der kann das hier noch einmal nachsehen… [….]
(David Berger, 10.02.2020)

Will, Lanz und Co agieren ohne Scham- und Verantwortungsgefühl, wenn sie AfDler einladen. Eine Partei, deren Spitzenvertreter sich wie folgt äußern:

[….] „Wir denken nicht in Parteiideologien. Wir denken völkisch.”
Emil Sänze, AfD-MdL in Baden-Württemberg,
[….] „Sie haben uns den Krieg erklärt. Wir werden sie töten müssen.”
Gunnar Witzmann, Bundestagskandidat für die AfD [….]
„Was die Partei jetzt bräuchte, ist ein Anschlag, Anis Amri 2. So was darf man sich natürlich nicht wünschen.”
André Barth, Direktkandidat der AfD [….]
„Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.”
Alexander Gauland
[….] „Wir müssen die Grenzen dichtmachen und dann die grausamen Bilder aushalten. Wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen.”
Alexander Gauland
[….] „Ich will, dass Magdeburg und dass Deutschland nicht nur eine tausendjährige Vergangenheit haben. Ich will, dass sie noch eine tausendjährige Zukunft haben, und ich weiß, ihr wollt das auch.”
[….] „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.”
[….] „Und diese dämliche Bewältigungspolitik, die lähmt uns heute noch viel mehr als zu Franz Josef Strauß‘ Zeiten. Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad.”
Björn Höcke
[….] „Die Merkelnutte jedoch lässt jeden rein, sie schafft das. Dumm nur, dass es UNSER Volkskörper ist, der hier gewaltsam penetriert wird.”
Peter Boehringer MdB und Vorsitzender des Haushaltsausschusses,
[….] „Dem kleinen Halbneger scheint einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden zu sein, anders lässt sich sein Verhalten nicht erklären.”
Jens Maier (MdB) über Boris Beckers Sohn Noah Becker,
[….] „Ich möchte wissen, wenn mich in der Nachbarschaft ein Neger anküsst oder anhustet, dann muss ich wissen, ist er krank oder ist er nicht krank.”
Andreas Winhart, Mitglied der AfD-Fraktion [….]
„Ich wünsche mir so sehr einen Bürgerkrieg und Millionen Tote. Frauen, Kinder. Mir egal. Hauptsache es geht los … Tote, Verkrüppelte. Es wäre so schön. Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen. SIEG HEIL!”
Marcel Grauf, Mitarbeiter der baden-württembergischen AfD-Landtagsabgeordneten Heiner Merz und Christina Baum[….]
„Brennende Flüchtlingsheime sind kein Akt der Aggression, sondern eine Akt der Verzweiflung gegen Beschlüsse von oben.”
Sandro Hersel [….] Abgeordneter im Landtag Mecklenburg Vorpommerns,
[….] „Wie der Islam der äußere Feind, so waren die talmudischen Ghetto-Juden der innere Feind des christlichen Abendlandes.”
Wolfgang Gedeon Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg,
[….] „Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk, liebe Freunde.”
Markus Frohnmeier MdB und Sprecher Alice Weidels,
[….] „Da muss man einfach ausrasten und erstmal das ganze rotgrüne Geschmeiß aufs Schafott schicken. Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte kracht!”
Holger Arppe Ex-AfD und ehemaliger stellv. Fraktionsvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern, [….]
„Diese Kameltreiber sollen sich dahin scheren, wo sie hingehören, nämlich weit hinter den Bosporus, in ihre Lehmhütten.”
[….] „Linksextreme Lumpen sollen und müssen von deutschen Hochschulen verbannt und statt einem Studiumsplatz lieber praktischer Arbeit zugeführt werden. (…) Nehmen Sie die linksextreme Bedrohung ernst und beteiligen Sie sich an allen möglichen Maßnahmen, um diese Wucherung am deutschen Volkskörper endgültig loszuwerden.”
André Poggenburg Ehemaliger Landesvorsitzender der AfD und der AfD-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt [….]

Natürlich müssen solche Themen, Parteien und Personen Gegenstand der Berichterstattung sein.
Aber man gibt ihnen keine Plattform. Man fungiert nicht als ihr Multiplikator. Man trägt nicht dazu bei sie einem größeren Millionenpublikum ungefiltert zu präsentieren.
Man setzt nicht werbewirksam ihre Fratzen auf Titelbilder, damit sie von immer mehr Menschen eingeprägt werden.


Premierministerin Ardern gab vor wie es geht.

Jacinda Ardern, die (wie Jens Stoltenberg nach dem Massaker von Utøya) im März 2019 mit Kopftuch bei den Angehörigen des schweren Terroranschlages von Christchurch erschien, produzierte weltweit ikonographische Bilder.
Sie machte alles goldrichtig, verließ ihre Rolle als Regierungschefin und erschien als Freundin, als Trösterin, als eine von den um die 50 Toten Trauernde.
 [….]
Im Gegensatz zur debakulierenden AKK ist Ardern auch ein absolutes Naturtalent, die nicht nur in der Situation brillierte, sondern auch in der Folgezeit optimal agierte. Sie erklärte hart, daß sie den Namen des Attentäters niemals aussprechend werde, initiierte ein gewaltiges Waffenrückgabeprogramm in Neuseeland und vermochte es tatsächlich das multikulturelle Land mehr denn je zu einen. (….)

 Sebastian Kurz ist Bundeskanzler und somit genau wie sein Fan Donald Trump – beide kuscheln mit Rechtsradikalen – selbstverständlich Gegenstand der Berichterstattung.

Deswegen muss aber nicht die Februar-Ausgabe des G&J-Blattes VIEW eine unkritische Bilder-Lovestory über Kurz als Titelgeschichte verbreiten, ohne zu erwähnen, daß Kurz einen stark xenophoben Wahlkampf machte und mit der rechtsextremen FPÖ koalierte, dessen Innenminister Kickl davon phantasierte Asylanten „in Lagern zu konzentrieren.“





Montag, 10. Februar 2020

Die SPD-Führung als Ruhepol der Bundespolitik.

Das sind ja mal ganz neue Sitten. Die Sozis sind gelassen und abgeklärt, der Stabilitätsanker der Groko, während sich CDU und FDP eifrig selbst zerlegen.

AKK tritt also ab, will nicht mehr Kanzlerkandidatin werden, den Parteivorsitz abgeben, aber irgendwie auch nicht gleich, sondern sich noch lange durchwurschteln bis Dezember.
Leider sieht man daran, daß sie tatsächlich als Parteichefin völlig ungeeignet ist.

Erst stellte sie in Leipzig völlig ohne Not die Vertrauensfrage, dann lässt sie es laufen in Thüringen, ohne vorher klar zu signalisieren, was sie eigentlich will, kann sich anschließend nicht gegenüber einem kleinen Landesverband durchsetzen, machte sich selbst immer kleiner, indem sie verzweifelt auf Vorstand und Kanzlerin hinwies, die sie unterstützen und nun auch noch zu allem Übel Christian Lindner das Geschenk machte die Frage nach seinem Rücktritt zu verdecken.
Nein, Annegret Kramp-Karrenbauer gibt nicht auf, weil Merkel ihr keinen Platz ließ oder weil sie als Frau so ungerecht behandelt wird.
Sie musste aufgeben, weil sie eine schlechte Politikerin ist. Sie ist dem Job nicht gewachsen.
Fast könnte einem AKK leidtun, nachdem sie nun von ihren eigenen Stellvertretern und Landesverbänden im Stich gelassen, hinwerfen musste.
Aber bevor die Tränen allzu heiß kullern sei daran erinnert, daß AKK immer noch die Frau ist, die hämische Witze über Transgender reißt, die sich gegen Schwulenrechte positioniert, nach dem Rezo-Video die Meinungsfreiheit in Frage stellt, die ohne Not xenophobe Töne anschlägt, mal eben deutsche Soldaten nach Syrien schicken will und immer wieder mit recht miesen Winkelzügen agiert, indem sie zur Eigenprofilierung Ministerin wurde, nachdem sie ausschloss Ministerin zu werden.

Tatsächlich ist so viel ungeklärt, daß die CDU vor einem ähnlichen Problem wie die SPD steht. Der Austausch der Personen an der Spitze wird nicht auf wundersame Weise blitzartig die demoskopischen Werte verbessern, solange es keine extrem charismatischen, überzeugenden Spitzenleute wie Brandt, Schmidt, Schröder gibt.
Ein solches Kaliber ist aber weit und breit in keiner Partei in Sicht und so begnügen sich aktuelle Parteichefs meist damit Wähler abzuschrecken.
Das ist Mohring und AKK in Thüringen perfekt gelungen. Der Imageschaden ist gewaltig. Mit einem Paukenschlag haben sie ein Drittel ihrer Wähler verjagt.

 [….] Wenige Tage nach der umstrittenen Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) zum Thüringer Ministerpräsidenten klettert "Die Linke" auf neue Rekordwerte. Die Partei des früheren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow erreicht in einer Blitzumfrage von infratest-dimap im Auftrag von MDR THÜRINGEN 39 Prozent. Das sind acht Prozentpunkte mehr, als bei der Landtagswahl im Oktober. Dagegen stürzt die CDU von 21,7 Prozent zur Landtagswahl auf jetzt nur noch 13 Prozent ab (minus 8,7 Prozentpunkte).
Die AfD bleibt mit 24 Prozent (plus 0,6) in etwa konstant. Die SPD steigert sich leicht auf zehn Prozent (plus 1,8). Die Grünen verlieren leicht (minus 0,2 Prozent) und müssten mit fünf Prozent erneut um den Einzug in den Thüringer Landtag zittern. Die FDP wäre mit aktuell vier Prozent (minus 1,0) nicht mehr in einem neuen Landtag vertreten. Rot-Rot-Grün hätte mit dem Ergebnis eine komfortable Mehrheit in einem neuen Thüringer Landtag. [….] Drastisch angestiegen ist die Unzufriedenheit mit CDU-Chef Mike Mohring und dem neu gewählten Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP), der kurz nach der Wahl zurückgetreten ist und nur noch geschäftsführend im Amt ist. Mit Mohring sind aktuell 65 Prozent der Befragten unzufrieden (plus 23), mit Kemmerich sind es 51 Prozent (plus 40). Die Unzufriedenheitswerte von AfD-Landeschef Björn Höcke liegen stabil bei 75 Prozent (plus/minus 0). [….]

Der Wähler ist ein sich stets im Fluchtmodus befindliches scheues Reh.
Da ist es sehr hilfreich, wenn Walter-Borjans und Esken sich hinter den AKK-Kabalen verstecken und so lange sie nicht gesehen werden, wenigstens keine SPD-Wähler vertreiben können.

Die meisten Kommentatoren wie zum Beispiel Philipp Wittrock schreiben heute, mit AKK sei auch Merkels Plan der Trennung von Kanzleramt und Parteivorsitz zur Nachfolgeregelung gescheitert.
Dem stimme ich bedingt zu. Ja, der Plan scheiterte mit AKK. Vielleicht hätte sich ein anderer Parteivorsitzender aber auch bei einer amtierenden Merkel profilieren können.
Außerdem prophezeien sie die vorzeitige Aufgabe des Kanzleramtes von Merkel, da sich kein künftiger CDU-Vorsitzender mehr bieten lassen werde im Schatten der mächtigen Kanzlerin zu agieren.
Davon bin ich wenig überzeugt, da Merkel gern die EU-Präsidentschaft vom Juli bis Dezember 2020 ausfüllen möchte.
Außerdem bleibt die technische Schwierigkeit einen anderen Kanzler zu wählen. Unter keinen Umständen wird die SPD ohne Neuwahlen ein anderes CDU-Mitglied zum Kanzler wählen, da sie dem politischen Gegner damit den ungeheuren Vorteil des Amtsbonus schenken würde und die Hoffnungen auf die nächste Wahl gleich begraben könnte.
Aber auch Neuwahlen sind schwer herbei zu führen, da alle drei Groko-Parteien massive Verluste erwarten müssen und zudem die echte Möglichkeit eines Bundeskanzler Habecks bestünde.
Wieso sollte Merkel das Risiko eingehen, wenn sie damit noch nicht mal ihrer Partei ins Amt verhelfen kann?
Merkel könnte gegen ihren Willen nur mit einem konstruktiven Misstrauensvotum aus dem Amt entfernt werden. Aber auch das ist faktisch unmöglich, weil die SPD mit 20% keinen eigenen Kandidaten präsentieren kann, keinen CDUler oder CSUler wählen würde und vor allem die CDU nicht gegen Merkel stimmen kann, weil diese nun einmal mit Abstand die  beliebteste Politikerin Deutschland ist und die Wahlchancen der CDU bei der nächsten Bundestagswahl zerstört wären, wenn die Partei gerade ihrer eigenen Kanzlerin in den Rücken gefallen wäre.
Man wird Merkel nicht so leicht los; insbesondere weil der Urnenpöbel das auch ausdrücklich nicht will. Diejenigen, die Merkel nun als „lame duck“ schmähen, sollten nicht vergessen, daß sie nun auch nichts mehr zu verlieren hat und durchaus in der Lage sein könnte sich gegen kleine Merzens und Spahns zu wehren, wenn diese ihr zu offensichtlich Knüppel zwischen die Beine werfen.
Das Desaster in Thüringen ist außerdem noch keinesfalls geregelt. Was passiert eigentlich, wenn sich die CDU dort weiter selbst demoralisiert und verzwergt, aber gar keiner mit Autorität mehr da ist, um die AfD-affinen Ost-CDUler zur Raison zu rufen?
Währenddessen verschärfen sich die außenpolitischen Krisen und ökonomisch sieht auch einiges nach einer Rezession aus.
Sollte Merkel als EU-Präsidentin im zweiten Halbjahr 2020 glänzen und sich immer deutlicher als das Hauptwahlkampfargument der CDU herausstellen, halte ich es eher für möglich, daß sie bekniet wird 2021 noch mal anzutreten und die 20 Jahre als Kanzlerin voll zu machen.