Sonntag, 17. Juni 2018

Raus mit der Kohle.

Steuern sind gut, weil sie steuern.
Mit sinnvoll eingesetzten Steuern, kann man die kapitalistischen Exzesse in geordnete Bahnen lenken, einen handlungsfähigen Staat schaffen, die Umwelt schützen, auf Nachhaltigkeit setzen, für Chancengleichheit sorgen und in die Zukunft investieren.

Der Bürger als Individuum steht da in einem natürlichen Konflikt mit dem Bürger als Teil des Staates und des Gemeinwohls.

Ich möchte unbedingt, daß der Staat über ausreichend Mittel verfügt, um die Armen zu unterstützen, die Grundversorgung zu sichern und überhaupt all das zu erhalten, wovon ich profitiere: Funktionierende Straßen, kostenlose Schulen, Kulturangebote, schöne öffentliche Parks, gepflegte Straßenbäume, Krankenhäuser, etc pp.
Wenn ich hingegen Steuern bezahlen soll, gefällt es mir gar nicht.

Da beides nicht zusammen passt – also von einem finanziell gesunden Staatswesen profitieren und selbst nichts zur Finanzierung beizutragen – muss der Stärkere, also der Staat, sich gegen den Einzelnen durchsetzen.
Niemand mag es, wenn der Staat etwas von einem will. Man kann es aber gelassener hinnehmen, wenn man sich vor Augen führt, was man alles dafür bekommt und wie ungern man irgendwo leben möchte, wo staatliche Strukturen kollabiert sind. Libyen oder Somalia.

Zum Beispiel vorgestern, als ich auf einer großen sechsspurigen Straße von einem Motorradpolizisten überholt wurde, der dann mit einer albernen bunten Kelle fuchtelte und wild unter seinem Hintern blinkend („POLIZEI!“ „ANHALTEN!“) vor mir immer langsamer wurde.
Man bekommt in solchen Situationen immer einen Schreck. Ist mein Auto jetzt ganz kaputt? Kann der mein Nummernschild nicht mehr lesen, weil ich nie in eine Waschanlage fahre? Hat er bemerkt, daß ich nicht angeschnallt bin? Oder ist das ein Plot aus einem schlechten Schwulenporno der 1970er Jahre?
Ich fühlte mich ein bißchen wie in so einem amerikanischen You-Tube-Video und war froh über eine recht weiße Hautfarbe zu verfügen, als der Mensch in seiner schwarzen Leder-Uniform, dem martialischem Helm und der verspiegelten Sonnenbrille breitbeinig zu mir stampfte; immer schön die rechte Hand am Revolver.
„Führerschein und Fahrzeugpapiere; sie fahren seit Monaten ohne TÜV; ich kann sofort ihr KfZ stilllegen!“
Also erstens, wie konnte der durch sein Helmvisier und eine zentimeterdicke Schmutzkruste auf meinem Nummernschild die winzige TÜV-Plakette beim Hinterherfahren erkennen? Und zweitens ist „April 2018“ doch noch nicht „seit Monaten“. Das kann ja wohl mal passieren.
Jetzt bin ich natürlich schwer genervt, weil ich mein Uralt-Auto morgen erst mal irgendwo zum TÜV bringen muss und die kleine Werkstatt nebenan, die sich bisher darum kümmerte, aufgeben musste.
Abgesehen davon nun persönlich betroffen zu sein, begrüße ich es natürlich, daß grundsätzlich die Verkehrstauglichkeit der hier rumeiernden Karren garantiert wird. Es ist schon besser zu wissen, daß die funktionierende Bremsen haben und nicht kurz davor sind, zu explodieren.

Besonders ärgerlich ist es in eine dieser neuen Blitzfallen zu fahren; man sieht die nicht vorher, wird anschließend mit Bürokratie überzogen, muss bezahlen und das auch noch für eine saudumme Geschwindigkeitsregelung. Wer fährt denn bitte sehr wirklich 50 km/h auf einer großen breiten Straße?

Wäre ich hingegen Anwohner so einer Straße, litte ich unter dem Lärmpegel und den Abgasen. Dann wäre ich erfreut über einen Blitzer, der alles runterregelt und auch noch die kommunalen Kassen, zum Wohle aller füllt.

Steuern sind gut, der Staat ist gut und sogar Schulden sind gut.

(…..) Bekanntlich hat Deutschland aber auch schon wieder weit über zwei Billionen neue Schulden angehäuft.
Es gibt verschiedene Berechnungen; meist wird auf die des Bundes der Steuerzahler verwiesen.
 Demnach wachsen Deutschlands Schulden PRO SEKUNDE um 175 Euro und betragen derzeit rund 2.050 Milliarden Euro = 2.050.000 Millionen Euro = 2.050.000.000.000 Euro.
Das entspricht rund 25.000 Euro pro Kopf.
Zurückgezahlt wird das sicherlich nie, denn Schulden sind auch etwas Gutes. Darauf werden Zinsen gezahlt und von den Zinsen leben diejenigen, die behaupten ihr Geld arbeite für sie. Von den Schulden leben auch diejenigen, die eine kapitalgedeckte Rentenversicherung oder eine Lebensversicherung abgeschlossen haben. (….)

Schulden sind der Kraftstoff für die internationale Wirtschaft.
Ökonomie funktioniert nicht, wenn der eine immer nur spart und kassiert.
Die „schwarze Null“ ist ein deutscher Wahlkampffetisch, der Schäuble und die CDU sehr beliebt gemacht hat, aber Europa und unserer Wirtschaft schwer schädigt.
Olaf Scholz ist erst sehr kurz im Amt; ich nehme an, er will sich deswegen nicht offensiv zu einer Ausgabenpolitik bekennen, weil er einen großen Imageschaden für die SPD vermutet.
Als Sozialdemokraten sind wir ja immer damit beschäftigt uns vor Furcht in die Hose zu machen, statt offensiv für eine andere Politik zu werben.

Da Olaf Scholz nun Staatsmann in Berlin geworden ist, brauchten wir in Hamburg neues Personal. Das ist, für meinen Geschmack, sogar ausgezeichnet gewählt worden.
Neue SPD-Landeschefin ist die äußerst kluge Historikerin und Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard, 41, die aus außerordentlich bescheidenen Verhältnissen in HH-Wilhelmsburg stammt und als erste in ihrer Familie akademische Weihen erhielt.
Sie wurde am 24. März 2018 mit 94,6 Prozent der Delegiertenstimmen SPD-Landesvorsitzende und macht ihre Sache bisher ausgezeichnet.
Neuer Bürgermeister ist der langjährige Finanzsenator Peter Tschentscher, der bisher in bester hanseatischer Tradition sehr zurückhaltend und bescheiden daherkommt. Der Asket ist in jeder Hinsicht das Gegenteil von „schillernd“ und daher auch trotz seines bedeutenden Regierungsamtes erstaunlich unbekannt.
Der 52-Jährige ist wie sein Vorgänger ein „Quiddje“ und gilt ebenfalls als geradezu unheimlich intelligent.
Bevor er hauptberuflicher Politiker wurde (Finanzsenator seit 2011), war der habilitierte Humanmediziner, Molekularbiologe und klinische Chemiker Privatdozent und Arzt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Peter Tschentscher ist aber auch Finanzfachmann, der wie kein anderer darüber Bescheid weiß, was sich Hamburg leisten kann.
Der neue Bürgermeister vollzieht keinen Bruch mit seinem erfolgreichen Vorgänger, setzt aber doch erstaunlich deutlich auf ein Ende der Sparsamkeit.
In den nächsten beiden Jahren werden durchschnittlich 10,2% (sic!) mehr investiert, als in 2018 – verteilt auf alle Ressorts.

[….] „Der Doppelhaushalt 2019/2020 ist nachhaltig, solide und zukunftsorientiert. Wir haben den Hamburger Haushalt seit 2011 strukturell konsolidiert und seit 2014 Überschüsse im Gesamthaushalt erzielt. Die gesetzliche Schuldenbremse wird übererfüllt. Wir tilgen alte Schulden und stärken die Investitionen in wichtige Zukunftsprojekte wie die U5, den Hafen und die Hochschulen. Die Haushalts- und Finanzplanung ist sorgfältig aufgestellt. Alle Behörden und städtischen Einrichtungen können ihre Aufgaben damit gut erfüllen. Das Wachstum an Einwohnern, Unternehmen und Arbeitsplätzen hat unsere Wirtschafts- und Finanzkraft deutlich verbessert. Wir nutzen die zusätzlichen Einnahmen, um mit dem Wachstum der Stadt auch ihre Attraktivität zu erhöhen und die Lebensqualität für alle Hamburgerinnen und Hamburger zu verbessern – mit bezahlbaren Wohnungen, guter Bildung, leistungsfähigen Bussen, U- und S-Bahnen, Lärm- und Umweltschutz, Wissenschaft und innovativer Wirtschaft und einer gut ausgestatteten Polizei. Die Sanierung von Straßen und öffentlichen Gebäuden wird fortgesetzt und in ein systematisches Erhaltungsmanagement überführt. Wir schaffen neue Quartiere, Parks und Grünflächen und investieren in den Wohnungsbau, den öffentlichen Nahverkehr, den Hafen und die Standortbedingungen unserer Wirtschaft.“ [….]

Alle Hamburger Senatoren bekommen also in den nächsten beiden Jahren erheblich mehr Mittel in die Hand und können kräftig investieren.

[….] Mittelfristig sollen sich die Investitionen von 868 Millionen Euro in diesem Jahr auf 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2022 mehr als verdoppeln. Die Stadt wachse und habe seit 2011 rund 100 000 Einwohner gewonnen, ebenso Betriebe und Arbeitsplätze, sagte Tschentscher. Dadurch habe sich auch die Wirtschafts- und Finanzkraft deutlich verbessert. "Wir nutzen die zusätzlichen Einnahmen, um mit dem Wachstum der Stadt auch ihre Attraktivität zu erhöhen und die Lebensqualität für alle Hamburger zu verbessern."
Deutlich steigen mit zweistelligen Steigerungsraten sollen die Etats für Wissenschaft, für Schule und Berufsbildung und für die Innenbehörde. So sei die Einstellung von 300 zusätzlichen Polizeibeamten geplant. Ebenso investiere die Stadt mehr in den Wohnungsbau, in Kitas und in Zukunftsprojekte wie die U5. Die Sanierung von Straßen, Schulen, Gebäuden und sonstiger öffentlicher Infrastruktur werde vorangetrieben mit einem Erhaltungsmanagement. "Auch das ist Schuldenabbau", sagte Tschentscher. Wenn Infrastruktur vernachlässigt werde, verliere sie an Wert. Die Stadt Hamburg verfüge über ein gut gefülltes, aber auch notwendiges Investitionskonto. [….]
(HH Abendblatt, 13.06.2018)

Recht so! Immer raus mit dem Geld. Das hilft den Menschen in der Stadt und sichert unser aller Zukunft.

Man muss jeden Tag dafür dankbar sein, daß die katastrophale CDU-Finanzpolitik in dieser Stadt vorbei ist.

Samstag, 16. Juni 2018

Let’s go crazy


Franz-Josef Strauß, 1915-1988, war 27 Jahre CSU-Vorsitzender, ab 1953 Bundesminister, 1980 Kanzlerkandidat der CDU/CSU und von 1978 bis zu seinem Tod legendärer bayerischer Ministerpräsident.
Franz-Josef Strauß, Wehrmachtsoffizier an der Ostfront, Rottenführer des Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK), Referent beim NSKK-Sturm 23/M 86 und Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds (NSDStB). Strauß war notorisch unehrlich, stolperte durch unzählige Sex- und Bestechungsaffären. Er war so gierig und korrupt, daß er es aufgrund seiner politischen Funktionen zum Multimillionär brachte. Firmen wie Daimler-Benz, Bertelsmann, BMW und Dornier überwiesen kontinuierlich Geld auf das Konto einer FJS-Briefkastenfirma.

[….] Die Liste der Unternehmen, die Strauß über das Büro Geld zahlten, reicht von BMW und Bertelsmann über Daimler-Benz und Dornier bis hin zu Firmen aus dem Flick-Imperium und der Taurus-Film GmbH des Medien-Moguls Leo Kirch. Allein in den Jahren 1964 bis 1968 addierten sich die Zahlungen auf insgesamt 490.892 Mark. Eine für die damalige Zeit immense Summe: Das Jahresgehalt eines Bundesministers betrug seinerzeit etwa 90.000 Mark. [….]

Er war nicht nur der Rechtsaußen der Bundesrepublik, sondern weltweit Förderer und Freund der faschistischen und rassistischen Regime in Südamerika und Südafrika.
Der FJS-Bundestagswahlkampf 1980 war der erste, den ich bewußt miterlebte. „Stoppt Strauß“ war nicht bloß irgendein Slogan, sondern die Furcht vor einem Bundeskanzler Strauß war damals so real und bedrückend, daß viele (Nord)-Deutsche, unter anderem meine Mutter, in dem Fall ausgewandert wären.
Ich war Student und hockte nachts in einer schummerigen Kiez-Kaschemme, als die Musik abgedreht und das Radio aufgedreht wurde: Der bayerische Ministerpräsident liege im Sterben bei den „barmherzigen Brüdern“. Es brandete spontan Applaus auf, wir tranken alle auf die gute Nachricht.
Er starb seinem Leben entsprechend.
Seine Adlaten Stoiber und Tandler hatten ihm wie üblich zu seinen Jagdausflügen nach dem Ballern zwei Nutten und sehr viel Alkohol besorgt.
Ficken, fressen, volltrunken – nach dem Motto krepierte er an seiner eigenen Kotze.
Im Zeitalter vor dem Internet und der sozialen Medien galt Strauß Millionen Menschen als die Inkarnation des Bösen, als ebenso gefährlich wie hässlich.

Nur moralisch völlig Verkommene erwärmten sich für FJS, aber daran herrschte in Bayern nie Mangel.


Ebenso wie bei George W. Bush fehlte es mir bei Strauß schlicht und ergreifend an der Phantasie, daß es noch schlimmer kommen könne.
Aber ebenso wie bei GWB habe ich mich offenbar geirrt.

Die neue braune Troika aus Bayern – Söder, Dobrindt, Seehofer – ist gefährlicher als FJS. Den drei Radikalen fehlt es ganz offensichtlich an intellektueller Substanz, um zu begreifen was ihr zersetzender Egotrip anrichtet.
Ich kann es genauso wenig glauben das zu schreiben, wie ich mir angesichts Trumps gewahr wurde mit GWB noch Glück gehabt zu haben; aber auch Strauß war immerhin klug genug, um zu begreifen wie wichtig Europa und friedliche außenwirtschaftliche Beziehungen für Deutschland sind.
Er war sich durchaus bewußt darüber, daß es noch eine Welt außerhalb der deutschen Grenzen gab.
Sein einstmals junger Fan Markus S. ist noch erheblich skrupelloser als das korrupte Mitglied der NSDAP-Studentenverbindung.
Anders als sein Vorvorvorvorvorgänger ist Söder bereit aus purer Machtgier den ganzen Kontinent zu sprengen.

[….]  Vor dem Plenarsaal des Bayerischen Landtags steht am Donnerstag eine an sich bedächtige Frau, sie sagt: "Ich könnte so kotzen, das kann ich gar nicht sagen." Die Frau ist Abgeordnete der Grünen, doch in diesem Moment steht sie Angela Merkel näher als jeder Christsoziale. Alles, was die CSU da in Berlin veranstalte, mache sie doch "nur wegen dieser blöden Landtagswahl" am 14. Oktober. Die milliardenschweren neuen Projekte des Ministerpräsidenten Markus Söder, das harte Polizeigesetz, der Kreuzerlass - und dennoch verharrt die CSU in Umfragen bei gut 40 Prozent. "Denen fällt nichts mehr ein", vermutet die Grünen-Frau. Deshalb jetzt diese unglaubliche Eskalation in Berlin.
Die Unionsschwestern CDU und CSU haben im Streit um die Zurückweisung von Flüchtlingen das Stadium maximaler Zerrüttung erreicht. Seit Donnerstag steht der Bruch der Fraktionsgemeinschaft im Bundestag im Raum. Und das Ende von Merkels Kanzlerschaft. [….]

Die CSU des Jahres 2018 ist zu einer ausschließlich destruktiven, debilen und dämonischen Kraft retardiert. Verglichen mit den grenzdebilen Gestalten, die derzeit die Parteiführung in München stellen, wirkt Strauß wie ein besonnener weiser Mann.

[…..] Es gab eine Zeit, da war die CSU eine große Europapartei, konservativ und weltoffen zugleich. Sie arbeitete kraftvoll an der Einigung des Kontinents, und Franz Josef Strauß, ihr bedeutendster Politiker, sagte: "Ein geeintes Europa soll die Vorstufe zu den Vereinigten Staaten von Europa sein."
In diesen Tagen fordert kein Führungspolitiker der CSU mehr den europäischen Bundesstaat, jedenfalls nicht vernehmlich. Im Gegenteil. Die Partei legt unter dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, Bundesinnenminister Horst Seehofer und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Axt an den Baum, den sie selbst mit gepflanzt hat. Und nun verarbeitet sie den Stamm zu Schlagbäumen. Das ist Kahlschlagpolitik.
[….] Multilateralismus ist ein sperriges Wort für eine einfache Idee: Probleme lassen sich eher miteinander als gegeneinander lösen. Und Konflikte bereinigt man besser durch Kompromisse als durch Konfrontation. Die Geschichte Europas gibt dieser Idee recht. [….] Seither erleben die Europäer, trotz aller Probleme im Einzelnen, die längste und reichste Friedenszeit ihrer Geschichte.
Das alles wird gerade von einer Allianz der Zerstörer angegriffen, deren Paten in Moskau und Washington sitzen, deren Mitglieder aber auch bereits in Warschau, Budapest und Rom regieren. Und womöglich auch schon in München. Diese Kräfte nähren sich - so wie der Monsterclown in Stephen Kings Horrorroman "Es" - an den Ängsten der Menschen. Sie greifen diese auf und verstärken sie, um dann den starken Nationalstaat als Lösung zu präsentieren, der die vermeintlichen Interessen des Volkes kraftvoll gegen die anderen Länder durchsetzt. Das Problem ist nur: Wenn alle so handeln, gibt es am Ende wieder Krieg. [….]
Noch freie Staaten wie Deutschland und die anderen EU-Länder stehen heute mit dem Rücken zur Wand. Sie werden von den USA unter Handelskrieger Trump, vom Sowjetnostalgiker Wladimir Putin und der totalitären Weltmacht China bedrängt. In dieser Lage die Bundesregierung aufs Spiel zu setzen, Europa kaputtzureden und auf nationale Alleingänge zu setzen, ist verwerflich. Markus Söder und Horst Seehofer sind zum Sicherheitsrisiko für die Zukunft Deutschlands geworden. [….]


Natürlich, auch Merkels Führungsversagen ist eklatant. Drei Jahre hat sie Däumchen drehend verstreichen lassen, international zu keiner Einigung gefunden, kontinuierlich durch ihre Politik die Fluchtursachen rasant weiter angeheizt – Stichworte Waffenexporte in Krisenregionen, Aufgabe aller Klimaschutzziele, katastrophale EU-Agrarpolitik zu Lasten Afrikas, Leerfischen der afrikanischen Meere, Nichteinhaltung der Entwicklungshilfezahlungen, - und sich schließlich aus Angst vor der AfD sukzessive auf eine völlige Grenzschließung eingelassen.
Drei Jahre zu spät dämmert ihr nun die Erkenntnis endgültig die EU zu sprengen, wenn Deutschland als stärkstes Land wie von Seehofer gefordert alle Flüchtlinge auf die unglücklich im Süden liegenden EU-Grenzstaaten Griechenland, Italien und Spanien abwälzt.
Denn anders als AfD- und CSU-Anhänger kann sich auch ein Grundschüler ausmalen, was passiert, wenn man den Plan der sofortigen Grenzschließung des senilen Bundessuperinnenminister umsetzt:
Schengen stirbt, die deutsche Wirtschaft erleidet massive Schäden, Österreich wird sofort auch seine Grenzen hermetisch schließen, weil die Rechts-Rechtsextrem-Regierung in Wien nicht riskieren will allein alle Flüchtlinge aufzunehmen.
In der Folge würden aufgrund der brachialen Fluchtursachen-verstärkenden Brüsseler und Berliner Politik Griechenland, das so pleite ist, daß die staatlichen Strukturen schon zusammengebrochen sind und außerdem Italien, das bereits von irren Rechtsextremen regiert wird, allein den ganzen Migrationsdruck auf die EU abbekommen und sich verweigern, indem sie die EU lahmlegen.
Die AfD hätte noch mehr Auftrieb.

[…..] Donald Trump zerstört gerade den Westen, wie man ihn seit dem Zweiten Weltkrieg gekannt hat. In Europa breiten sich die Rechtspopulisten aus. Und auch in Deutschland schwindet das Vertrauen in die Demokratie. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat das kraftvoll beschrieben: Längst nicht mehr alle Bürger seien davon überzeugt, dass das westliche, europäische Modell überlegen sei. Stattdessen würden sie sagen: "Ihr kriegt nix hin." Und was machen Merkel und Seehofer in dieser Lage? Sie riskieren ohne Not, dass die Regierung platzt. Denn inhaltlich ist der Dissens zwischen Merkel und Seehofer gar nicht so unüberbrückbar, wie oft behauptet wird. [….]

In Brüssel kann man es nicht fassen was Seehofer und Söder anrichten.
Als Strauß das legendäre Kreuth-Desaster anrichtete, in Windeseile wieder umfiel und vor Helmut Kohl kuschte, war er vermutlich betrunken oder aus sonstigen Gründen kurzzeitig verwirrt.
Er riskierte damals die Existenz der CSU, was er auch sehr schnell einsah. Es wäre aber ein regionales deutsches Ereignis geblieben. Die EG wäre nicht tangiert worden; in Bonn hätten weiterhin europafreundliche CDU/FDP- oder SPD/FDP-Regierungen geherrscht. Strauß hätte seinen Hals und seine Partei auf’s Spiel gesetzt. Heute ist die gesamtpolitische Situation erheblich gefährlicher.

Sollte die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU 2018 platzen, weil sich die drei bayerischen Blöden gegenseitig aufstacheln, würde Merkels CDU bei der bayerischen Landtagswahl im Oktober 2018 antreten und der CSU endgültig den Nimbus der Partei für absolute Mehrheiten nehmen. Söder schlimmster Alptraum; er müsste fortan auch zu Hause auf seine verhasste Schwester Rücksicht nehmen. Er wäre extrem geschwächt und würde auf Dauer die CSU überflüssig machen.


In meinen Augen also ein positives Szenario.
Vorher wäre aber die Bundesregierung implodiert und damit Macron als letzte EU-Kraft der Vernunft übrig bleiben.
Europa wäre womöglich am Ende.

[….] Im Moment ist nur eines klar: Bekäme die CSU ihren Willen, wäre es schnell vorbei mit dem Europa ohne Grenzen. "Den Schaden hätten alle", warnt der niederländische Migrations-Staatssekretär Mark Harbers, "Pendler, Touristen, Lkw-Fahrer."
Außerdem entstünde der befürchtete Domino-Effekt: Wenn Deutschland zusperrt, folgt Österreich, und am Ende bleiben Griechen und Italiener auf den Migranten sitzen. "Deshalb können wir uns nicht nur auf die Außengrenzen konzentrieren", sagt ein EU-Diplomat, "sondern müssen auch die Verteilungsfrage lösen." Das soll auf dem Gipfel gelingen, ist aber höchst unwahrscheinlich. Eine echte Lösung werde es wohl erst nach den Europawahlen im kommenden Jahr geben können, heißt es in Brüssel.
Bis dahin kann alles anders sein. Sollte Merkel stürzen, gewännen die illiberalen Kräfte in der EU, die Grenzschließer und Durchgreifer, wohl endgültig die Oberhand, befürchten viele - nicht zuletzt die französische Regierung, die den Berliner Vorgängen mit offenem Mund zuschaut.
Die andere Sorge ist noch größer, sie bezieht sich auf das gesamte europäische Projekt, das in Gefahr gerät. "Das Letzte, was die EU angesichts der Lage in der Welt gebrauchen kann, ist eine Regierungskrise in Deutschland", sagt ein zweiter EU-Diplomat. "Was gerade passiert, können wir uns nicht leisten." [….]

Freitag, 15. Juni 2018

Plasberg, go home.


Es geschehen noch Zeichen und Wunder – nach nur drei Jahren xenophober Dauerhetze der CSU, um die AfD demoskopisch aufzupumpen, fällt selbst Andrea-was-geht-Politik-mich-an?-Nahles eine Replik ein.

Die Doppelvorsitzende hatte bisher immer viel zu viel Angst vor den breiten ausländerfeindlichen Mehrheiten im Wahlvolk. Da ließ sie lieber die tausenden Opfer rechtsextremer Gewalt völlig im Stich, schwieg zu den Tätern, ignorierte die Schwächsten.

Noch schlimmer als das Schweigen der Nahles, sind natürlich die ARD- und ZDF-Talkshows, die allwöchentlich Werbung für AfD und Xenophobie machen.

Besonders abscheulich der über alle Maßen selbstverliebte Frank Plasberg, 61, der sich vom einst durchaus neutralen Talkshow-host unter dem WDR-Logo (2001-2007) zum Darling der Rechten transformierte, seit er zur ARD wechselte und insbesondere seit seine eigene Produktionsfirma Ansager und Schnipselmann GmbH & Co KG „Hart aber fair“ produziert.

Plasberg mag keine Ausländer und lädt dermaßen oft weit rechts-außen stehende Journalisten/Politiker ein, daß eine Absicht klar zu erkennen ist.
Ihm wird das seit über zehn Jahren vorgeworfen, so empörte ich bereits im Januar 2008 Marcus Bäcker von der Berliner Zeitung:

[…..] "Jung, brutal und nicht von hier - was ist dran am Streit um Ausländergewalt?", lautete der seltsam krawallige Titel der jüngsten Ausgabe von "Hart aber fair". Hessens Ministerpräsident Roland Koch, der sich angesichts des Wahlkampfs in Hessen zuletzt mit Verve auf dieses Thema gestürzt hatte, konnte sich da gleich in seinem Element fühlen. Gefallen haben dürfte ihm auch ein Einspielfilm, in dem zwei Schauspielschüler mit Migrationshintergrund eine U-Bahn aufmischten. Hernach wurden die genervten Mitreisenden gefragt, warum sie denn nicht eingegriffen hätten. Vielleicht aus Angst? Mit deutschen Schauspielschülern wurde das Experiment nicht durchgeführt. So machen übel beleumdete Privatsender auch gerne Fernsehen. […..] Bei "Hart aber fair" wurden durchaus harte Zahlen genannt - und je nach Gesinnung ignoriert, uminterpretiert oder begeistert in ein fixes Gedankensystem einsortiert. Polemische Einspielfilme und süffisante Bemerkungen Plasbergs trugen da nicht wirklich zur Wahrheitsfindung bei. [….]

Plasberg setzt auch eine Dekade später auf rechten Populismus wegen der Quoten und/oder weil er selbst rechtspopulistisch denkt. Es funktioniert, leider. Mit gut drei Millionen Zuschauern im Durchschnitt liegt Plasberg zwar hinter der auf dem viel besseren Sendeplatz gelegenen Anne Will am Sonntag, aber vor Illner, Lanz und Maischberger.


[….] Hart aber unfair: Frank Plasberg geht mit flüchtlingsfeindlicher Rhetorik auf Quotenjagd
 […..] Wenn die Sendung mit der Maus demnächst erklären würde, wie man mit Framing eine bestimmte Meinung in die Köpfe des TV-Publikums pressen kann, fände sie ein prägnantes Beispiel im eigenen Sender-Programm. Mit rhetorischen Mitteln vom ganz rechten Rand bedient die vom WDR produzierte Talkrunde Hart aber Fair in einer Sendungsankündigung das Klischee vom kriminellen Flüchtling.
"Flüchtlinge und Kriminalität – Die Diskussion" lautet der Titel der Sendung, die an diesem Montagabend um 21 Uhr ausgestrahlt werden soll. Während der Titel noch Spielraum zur Interpretation lässt, macht die Sendungsbeschreibung klar, welche Ängste man hier gerne triggern möchte:
"Junge Männer, geflohen aus Krieg und archaischen Gesellschaften – für viele hierzulande Grund zu Sorge und Angst. Können solche Flüchtlinge überhaupt integriert werden? Wie unsicher wird Deutschland dadurch?"
Die Ankündigung liest sich, als habe sie Alexander Gauland in sein Tagebuch geschrieben. Dabei stammen die Sätze von einer Talkshow, die im letzten Jahr durchschnittlich 3,05 Millionen Zuschauer hatte.
Dass Flüchtlinge aus vermeintlich "archaischen Gesellschaften" nicht zur Kultur des Abendlandes passen, unterstellt die AfD immer wieder. In den sieben Jahren, die der Krieg in Syrien andauert, scheint nicht nur die AfD vergessen zu haben, dass es ursprünglich die gebildete Mittelschicht war, die in dem entwickelten aber unterdrückerisch regierten Land gegen Baschar al-Assad aufbegehrte. Abgesehen von der politischen Klasse war die syrische Bevölkerung von einer "archaischen Gesellschaft" also weit entfernt. Und wenn Plasbergs Redaktion dann noch von jungen Männern schreibt, die aus dem Krieg geflohen seien, reproduziert sie ein Bedrohungsszenario, bei dem Rechtspopulisten ebenso ein Schauer über den Rücken läuft, wie wenn sie Jean Raspails Angstporno "Das Heerlager der Heiligen" lesen. Darin überrollen eine Million Flüchtlinge aus Indien den europäischen Kontinent. Doch diese Vorstellungen sind schlicht falsch. […..][…..] Die Theorie, dass die Wahrnehmung der Realität bestimmt, wie wir handeln, lernen Medienwissenschaftlerinnen wie Miriam Meckel schon im ersten Semester. Bereits 2010 erklärte die Publizistin im Spiegel, wie Medien bestimmte Meinungen von Menschen verstärken. "Jemand, der von Grund auf schon ängstlich ist, lässt sich natürlich leichter von solchen Themen ansprechen und beeinflussen", sagte sie damals in dem Interview und schlug vor, stattdessen einfach öfter zu erklären, wie die Fakten wirklich aussehen. Genau das hat Hart aber Fair hier nicht gemacht, auch wenn im Text völlig unpräzise die Rede davon ist, "viele" seien besorgt. […..] Denn auch danach geht es suggestiv weiter, wenn der Text die Frage stellt: "Können solche Flüchtlinge überhaupt integriert werden?" Das sei "eine Frage wie aus dem Lehrbuch der schwarzen Dialektik", schreibt Meyer, "denn diese Frage stellt sich doch überhaupt nicht". Tatsächlich wäre es Unsinn, überhaupt noch Integrationszentren, Sprachkurse und andere Bildungsprogramme für Flüchtlinge zu betreiben, wenn wir gar nicht an deren Erfolg glauben würden. […..]

Es ist zu vermuten, daß Kritik von Berliner Zeitung, SPIEGEL, ZAPP oder Vice bei Ansager und Schnipselmann GmbH & Co KG die Sektkorken knallen lässt.
Wenn sich die „Gutmenschen“ empören, freuen sich Plasbergs nationalistisch-islamophobe Lieblingsgäste (Köppel, Spahn, Söder, Weidel, Storch) ebenso wie die AfD-Anhänger.

[….] „Hart aber fair“, ARD Quotenfang mit Populismus
Frank Plasberg lässt im Ersten über Flüchtlinge und Kriminalität diskutieren. Dabei bedient er sich bei den Slogans der AfD.[…..]
Auf Twitter und bei Facebook stören sich zahlreiche Menschen an dem tendenziell fremdenfeindlichen Rahmen, den die beiden Schlagwörter bilden.
Ebenso wie an der suggestiven Stoßrichtung der zwei Fragen, die die Redaktion den Diskutanten mit auf den Weg gibt. […..][…..]
Es ist nicht das erste Mal, dass bei „Hart aber fair“ mit populistischen Titeln auf Quotenfang gegangen wird. Und auffallend häufig geht es dann um Flüchtlinge und Ausländer, wie eine aufmerksame Twitterin in einer eindrucksvollen Auflistung der entsprechenden Sendethemen feststellt.
[…..] Der erste Blick auf die Statistiken, die Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts und erfrischend sachlicher Gesprächspartner, präsentiert, heben die populistischen Ankündigungen der Sendung ganz schnell aus den Angeln.
[…..] In Deutschland werden immer weniger Straftaten begangen, das gilt für Bio- wie für Passdeutsche, für Eingeborene wie für Zuwanderer. Bei letztgenannter Gruppe ist der Rückgang am stärksten, obwohl die Definition, wer wann als Zuwanderer gilt, erweitert wurde und die Gruppe dadurch stark angestiegen ist.
Hier wird ein Aspekt deutlich, den auch Asmen Ilhan, Gruppenleiter eines Gewaltpräventions-Projekts namens „Heroes”, anspricht, den Plasberg aber nicht diskutieren will: Als Zuwanderer gelten in der Statistik wie in der öffentlichen Wahrnehmung Menschen, die hier geboren wurden, weil ihre Eltern aus anderen Ländern kamen. „Das sind Deutsche“, sagt Ilhan und macht damit klar, dass sich die hohe Bereitschaft zur Kriminalität in diesem Milieu gar nicht dadurch erledigen lässt, dass diese Menschen in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Doch bis heute unterschieden wir zwischen deutschem und ausländischem Blut: bei der Passvergabe, bei der Kriminalitätsstatistik und bei Plasberg. „Wir reden immer über die und uns“, sagt auch Shabanyi, selbst Tochter eines Iraners und einer Deutschen. […..]

Immerhin, Frank Plasberg bekommt in den letzten Wochen mehr Gegenwind.
Gegenwind, der ihm derzeit noch Auftrieb verleiht, aber hoffentlich zukünftig dazu führt seine Sendung so massiv mit Zuschauerschwund zu strafen, bis sie abgesetzt wird.


Es hilft wenig gegen die in ihren rassistischen Filterblasen ausharrenden AfD-Wähler zu argumentieren, weil Argumente sie entweder gar nicht erst erreichen oder von ihnen nicht geglaubt werden.
Aber man kann durch massive Kritik auf allen Plattformen Druck auf die Programmmacher bei WDR und ARD ausüben.
Man kann an Parteien und anderen Vereine mit Vertretern in den Rundfunkräten schreiben.


Juni 2018

Juni 2018

[…..] Lorenz Meyer ([…..] Hochschullehrer) äußert sich öffentlich auf Facebook:
"Derartige Formulierungen, Unterstellungen und Zuschreibungen sind ein Nährboden für Angst, Hass und Hetze. Und da von 'archaischen Gesellschaften' die Rede ist: Wenn etwas archaisch ist, dann ist es das in diesen Worten vermittelte Weltbild."



Er schreibt weiter: "Nein, 'Hart, aber fair' ist an dieser Sendungsankündigung überhaupt nichts!"
In der Sendungsankündigung würde die "Flüchtlingsthematik" wieder auf die "jungen Männer reduziert und damit das Angstbild einer Invasion junger Männer bedient".
Laut BAMF würde der Anteil "junger Männer für 2017 mit gerade mal 21 Prozent" ausgewiesen.
Lorenz gibt weiter zu bedenken: "Weiter heißt es im Text (in der Ankündigung von "hart aber fair"), dass diese jungen Männer hierzulande „ein Grund zu Sorge und Angst“ seien… In der Medienwirkungsforschung ist lange bekannt, dass Medien eine Sache nur lange genug als angsteinflößend darstellen müssen, bis sich irgendwann die Angst tatsächlich manifestiert. Und dann beginnt ein Teufelskreis: Die Medien werden sich bestätigt sehen und sich stärker mit dem Thema auseinandersetzen, was wiederum die Angst noch stärker anheizt usw. usf…[….]

Juni 2018

Glücklicherweise ist auch Georg Diez aus seiner einjährigen Pause in den USA zurück; immer wieder interessant seine Kolumnen zu lesen:

[….]  Jetzt, wo die Redaktionen der großen deutschen Talkshows bald in die Sommerpause gehen und sich auf die Schultern klopfen können für das, was sie in den vergangenen drei Jahren geleistet haben - den Rechtsruck herbeigetalkt, die Spaltungen in der Gesellschaft vertieft, das AfD-Reden im Alarmmodus reproduziert - sollte man mal überlegen, wie es danach weitergeht. Denn das Beste wäre, wenn es nicht ein Jahr Pause gäbe, sondern das Alte beendet und etwas Neues begonnen würde. 
Schluss also mit Anne Will, Maybrit Illner, Sandra Maischberger und Frank Plasberg. Wobei vor allem die letzten beiden in der vergangenen Woche wieder gezeigt haben, wie Ängste für sie vor allem dazu da sind, Quote zu machen. Wie der Islam als mediale Waffe genutzt wird, um Feindbilder zu schaffen. Wie Geflüchtete pauschal abgeurteilt werden im deutschen Talk-Tribunal, wo meistens gestritten wird, ohne dass man sich zuhört, und am Ende niemand klüger ist als zuvor, aber natürlich alle Recht haben. […..]
 Wer stets die ewig gleichen Chef-Schwadroneure einlädt, reduziert Politik auf Politiker und Parteien und einen krawalligen Blick auf die Welt. Er entpolitisiert damit die Gesellschaft, die keine Lust mehr hat, Politik ständig zu delegieren. Und er entmündigt letztlich die Bürger, die nur als Zuschauer und Steuerzahler geduldet sind, aber keine Mitsprache haben, was Themen, Gäste, Argumente angeht.
Im digitalen Zeitalter, und das ist das dritte Problem, ist das fatal. Die digitale Logik hat den Einzelnen emanzipiert. Das spüren die Menschen, das ändert ziemlich viel - für die organisierte Politik, die sich bislang diesem Druck weitgehend verschließt, genauso wie für die etablierten Medien, die so tun, als seien sie diejenigen, die darüber entscheiden, was und wie diskutiert wird. Die Talkshows mit ihrem übersteigerten Diskurs-Anspruch und ihrer destruktiven Gesprächspraxis sind hierfür besonders gute Beispiele. […..]