Freitag, 6. Oktober 2017

Quellenangabe



Manche dubiosen Verschwörungstheoretiker-Plattformen klingen genauso unseriös wie sie sind.
„Netzfrauen“, „Info Wars“, „Russia Today“, „Philosophia Perennis“ oder „Politically Incorrect“ sollten jeden sofort abschrecken, selbst wenn man noch gar nicht weiß, wer dahinter steckt.

Ein sehr schlechtes Zeichen ist es, wenn diese der Realität völlig Entrückten nur von Ihresgleichen zehren.
Der rechtsradikal-klerikal-islamophobe Hassblogger David Berger verbreitet beispielsweise über seine PP-Plattform weiterhin die Lüge, daß Las-Vegas-Attentäter Stephen Paddock ein Fall von „Allahu-Akbar-Terror“ wäre und im Auftrag des IS gehandelt habe.
Der Urinduscher belegt das dreifach seriös, indem er sich

1.) Auf den ehrlichste Präsidenten der Welt, nämlich Trump,
2.) Dessen angeblichen Ex-Berater James Brower, den außer Berger keiner kennt und
3.)  Einen Tweet von Alex Jones‘ „Infowars“-Mitarbeiter Paul Joseph Watson

bezieht.

Die lächerliche Auflistung bekommt das endgültige Trottelzertifikat aber auch durch die Verwendung der klassischen Pegioten-Trigger-Begriffe wie „Nannymedien“ und „Allahu-Akbar-Terror“ in Kombination mit Rechtschreibfehlern „IS-Propaganvideo“.

[….] „Die Krampfhaftigkeit, mit der Sicherheitsbehörden und Nannymedien jeden Zusammenhang des LasVegas-Massenmörders mit der Isis zurückwiesen, die Aggressivität, mit der deutsche Journalisten auf die bloße Bekanntmachung der IS-Stellungnahme zu Las Vegas reagierten, war bereits höchst auffällig.
Nun kommen sie in besondere Bedrängnis. James Brower, einer von Donald Trumps bekanntesten „Campaign Officials“ hat in mehreren Tweets der vergangenen Nacht behauptet, dass Paddock kurz vor dem Massaker ein Video aufgenommen hat, in dem er sich zum „Islamischen Staat“ bekennt.
Zu den Informationen aus Sicherheitskreisen ließ er wissen: „Ich habe erfahren, dass das Video grundsätzlich von einem Netzwerk spricht, man wollte mir nicht direkt sagen, ob es ISIS war, aber sie gaben kleine Hinweise darauf, dass es IS war“, sagte Brower zu dem Portal „Infowars„. [….]

Das sind die einfachen Fälle.
Das sind offensichtlich keine glaubhaften „Informationen“.

Schwieriger ist es bei Unsinns-Verbreitern wie „Deutsche Wirtschaftsnachrichten“.
Der Name klingt zunächst einmal seriös. Dennoch ist „DWN“ eine Verschwörungstheoretiker-Plattform.

Grundsätzlich seriös wirken Magazine der großen Verlage, die über alle Kanäle verbreitet werden.
Der Focus aus dem Hause Burda kommt als gedrucktes Heft mit einer Auflage von 440.000 Exemplaren, Focus TV auf SAT1 und natürlich Focus-online.

Auch Sozialdemokraten, Linke und Grüne verbreiten guten Gewissens Focus-News über die sozialen Medien.
Aber Achtung, der Herausgeber und Gründungschefredakteur Helmut Markwort geht für seine rechtskonservative Weltsicht weit über die Fakten hinaus, verbreitete immer wieder Falschmeldungen. Schon vor 22 Jahren wurde er dafür von Roger Willemsen böse auseinandergenommen.
Besser geworden ist es nicht; so verbreitete Markwort in seiner eigenen Talkshow im Mai 2016 Gabriel werde in wenigen Tagen zurücktreten, damit Olaf Scholz neuer SPD-Vorsitzender werden könne, er wisse das aus sicherer Quelle.
Blanker Unsinn, wie wir heute wissen.
Der Focus recherchiert nicht sauber. Focus-Online geht noch einen Schritt weiter und verbreitet nicht nur unseriöse Artikel, sondern verbindet das mit einer dezidiert ausländerfeindlichen Grundstimmung.
Im Herbst 2015 steigerte Focus Online seine Präsenz in auf Facebook und Twitter so sehr, daß sogar BILD-Online überholt wurde, indem fast nur noch flüchtlingskritische Berichte verbreitet wurden.

Rechte klassische Medien kann und soll man aber auch konsumieren, wenn man weiß welche Absicht dahinter steckt.

Das größte Problem stellen Quellen dar, die als unabhängig, wissenschaftlich und sehr seriös daherkommen.

Sehr lange wurden die Analysen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) als Stimme der Vernunft von allen Medien verbreitet.
INSM-Propaganda trug maßgeblich zur Kanzlerschaft Merkels bei, indem Anfang der 2000er Jahre systematisch von SPIEGEL bis FAZ auf RotGrün geschossen wurde.
Damals war noch nicht allgemein bekannt, daß die INSM eine vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanzierte schwarz-gelbe Lobbyvereinigung ist, die sich von Michel Glos, Edmund Stoiber, Lothar Späth, Wolfgang Clement, Paul Kirchhoff, Martin Kannegießer, Arnulf Baring, Roland Berger und Co vertreten ließ/läßt.

[….] Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ist eine marktliberale Lobby-Organisation, die von den Unternehmerverbänden der Metall- und Elektroindustrie (Gesamtmetall) finanziert wird. Sie will u.a. erreichen, dass der Arbeitsmarkt und das Bildungswesen stärker an den Bedürfnissen von Unternehmen ausgerichtet werden.
Das operative Geschäft wird von der INSM GmbH betrieben, deren Alleingesellschafter das Institut der deutschen Wirtschaft ist. Die INSM verfügt 2017 über einen Jahresetat von sieben Millionen Euro, die von Gesamtmetall zur Verfügung gestellt werden. [….]

Noch weniger kritisch wird bis heute die FDP-Lobbyorganisation „Bund der Steuerzahler“ (BdSt) gesehen.

Stellt der Verein ein neues „Schwarzbuch der Steuerverschwendung“ vor, verbreiten fast alle Medien diese Informationen, als handele es sich um streng wissenschaftliche Erkenntnisse.

[….] Der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Berlin, welcher als Lobbyakteur in der Verbändeliste des Deutschen Bundestages registriert ist und als Vereinszweck Steuersenkungen, den Abbau von Bürokratie und Staatsverschuldung sowie eine sparsame Verwendung von Steuergeldern angibt.
Der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. wurde 1949 u.a. von dem Finanzwissenschaftler Karl Bräuer gegründet. Der Gründung des Vereins auf Bundesebene war die Gründung von Landesverbänden in den drei westlichen Besatzungszonen vorausgegangen. Die Lobbytätigkeit des BdSt ist auf eine Beeinflussung der Fiskal- und Wirtschaftspolitik im Sinne des Neoliberalismus gerichtet. Heute ist der BdSt eine der größten Steuerlobbyorganisationen der Welt. [….]

Bevor man sich also alljährlich über die schlimmen Steuerverschwendungen rotgrüner Politiker empört, sollte man die Fälle genau prüfen und sich bewußt sein, mit welcher Absicht das „Schwarzbuch“ erstellt wird.

Besonders hohe Wellen schlägt heute die BdSt-Kritik am Hamburger „Goldhaus“ auf der Veddel.
Dabei handelt es sich um ein meiner Meinung nach großartiges Projekt, das für vergleichsweise sehr wenig Geld enorme Aufmerksamkeit auf einen multikulturellen, sehr armen, aber auch bei seinen Bewohnern beliebten Hamburger Stadtteil lenkt.
Zudem handelt es sich um Kunst.
Der Staat soll und muss Kultur fördern. Was genau Kunst ist und wieviel sie kosten darf ist grundsätzlich nicht zu definieren. Das ist ja gerade das Wesen der Kunst, daß sie „überflüssig“ ist und uns auf nicht materielle Weise erquickt.

Zum Glück habe ich immer noch mein MoPo-Abo. Gelegentlich kommt es vor, daß die kleine, unwichtige Regionalzeitung mal einen richtig guten Kommentar schreibt, den ich gern auch bei den großen überregionalen Medien lesen würde.
Heute wird dort die eigentliche Tätigkeit des BdSt beschrieben: Sich wichtigmachen und populistisch Politikerbashing betreiben

[….] Na klar, wird wieder auf dem goldenen Haus rumgehackt. So, als wäre der BdSt berufen zu entscheiden, was Kunst ist, was nicht.
  Der BdSt hat keinen öffentlichen Auftrag.   Er verfolgt nicht einmal die Interessen der Mehrheit der Steuerzahler. Im Gegenteil.   Im Grunde  ist er eine „Tarnorganisation, die knallharte neoliberale Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit im Interesse von mittelständischen Unternehmen und besser Verdienenden betreibt“, so der Publizist Wolfgang Lieb.
 Der BdSt spielt gerne den Saubermann. Und reagiert empfindlich, wird er an seine Vergangenheit erinnert. Etwa daran, was für dubiose Geschäfte er einst mit der Hamburg-Mannheimer (später Ergo) machte. Die komplette Mitgliederwerbung des BdSt wurde jahrzehntelang von getarnten Versicherungsvertretern durchgeführt. Als Gegenleistung durften Ergo-Leute BdSt-Mitglieder in Versicherungsfragen „beraten“… Ja, da ging’ s um richtig viel Kohle. Doch davon steht nix im Schwarzbuch. [….]

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Mitleid



Manchmal geht ja ordentlich was schief im Leben eines Politikers. Natürlich ist auch nicht alles planbar.
Man denke an den armen François Hollande, der oft Pech mit dem Wetter hatte, triefnass gefilmt wurde.
Je mehr seine Umfragewerte sanken, desto mehr Spaß hatten die Journalisten daran ihn wie einen begossenen Pudel abzulichten.

[….] Kein französischer Staatschef wurde so oft im Regen fotografiert wie François Hollande. Von seinem Amtsantritt im Mai 2012 bleibt das Bild eines frisch gewählten Präsidenten, der im offenen Wagen über die Champs-Elysées fährt – im nassen Anzug und mit beschlagener Brille. Solche Szenen haben sich inzwischen unzählige Male wiederholt, das Fotoalbum der Legislaturperiode ist voll mit Regenbildern. Im Pariser Politbetrieb amüsiert man sich schon lange darüber, und auch Hollande versucht, es mit Humor zu nehmen. [….]

Der Mann konnte einem leidtun, weil die Regenbilder eine perfide Methode waren ihn immer mehr der Lächerlichkeit preiszugeben.
Andererseits war er französischer Präsident und damit Inhaber eines sehr mächtigen Amtes, das er einfach nicht zu nutzen wußte. Er konnte seine Politik nicht durchsetzen und blieb auf völlig unerklärliche Weise blass und ratlos.
Bei einem erfolgreichen Präsidenten hätte die schreibende Zunft schnell die Lust verloren ihn immer wieder klatschnass zu zeigen.

Zuletzt schien Mrs. May geradezu vom Pech verfolgt. Ihre Minister debakulieren bei jeder Gelegenheit, für ihre Brexit-Vorstellungen wird sie in Europa ausgelacht und nun sägt auch noch ihre eigene Partei an ihrem Stuhl. Beim Parteitag wollte sie sich mit einer großen Rede stärken, aber dann ging alles schief.

[….] Die Rede der britischen Premierministerin May auf dem Tory-Parteitag verlief katastrophal. [….]
Ein Komiker hat die Rede der britischen Regierungschefin Theresa May beim Parteitag der Konservativen in Manchester unterbrochen. Der Mann überreichte May während ihrer Ansprache am Mittwoch ein P45-Formular, das in Großbritannien üblicherweise bei einer Entlassung ausgehändigt wird. Er wurde von Sicherheitsleuten aus dem Saal geführt.
May, die während der Rede immer wieder mit einer trockenen Kehle zu kämpfen hatte und der mitunter die Stimme versagte, ignorierte den Zwischenfall weitgehend. [….] Die kurze Unterbrechung war nicht der einzige kuriose Vorfall bei den Tories während Mays Rede. Hinter der Premierministerin bildeten Buchstaben an der Wand den Slogan der Partei "Building a country that works for everyone" (deutsch: "Ein Land aufbauen, das für jeden funktioniert"). Kurz vor dem Ende von Mays Rede fielen mehrere dieser Buchstaben zu Boden. [….]

Man möchte die arme Frau bemitleiden.
Allerdings ist sie keine unschuldige vom Pech Verfolgte, sondern die vermutlich schlechteste Premierministerin aller Zeiten.
Sie fügt ihrem Land schweren Schaden zu, belügt ihr Volk, verhält sich unsolidarisch und verantwortungslos gegenüber dem Rest Europas und ist zudem auch noch von persönlicher Machtgier zerfressen. Ihre Entscheidung den Brexit-Prozess über Monate zu blockieren, weil sie ohne Not Neuwahlen ansetze, war sicherlich ein Meisterwerk der Morialogie. Ihre Partei verfügte über eine absolute Mehrheit, die May in völliger Verkennung der Realität durch die vorgezogenen Wahlen verspielte, so daß sie nun in einer Koalition mit Ultrarechten regieren muss.

Mitleid empfinde ich langsam auch mit Martin Schulz.
Der Pech-Magnet versemmelte erst vier Wahlen in Folge und nun schießen sich die alten Parteigrößen Franz Müntefering, Gerd Schröder und Klaus von Dohnanyi auf ihn ein.

In den sozialen Netzwerken steht die SPD-Basis noch zu ihrem Vorsitzenden; Nörgler (wie ich) werden weggebissen.

Natürlich verstehe ich die Frustration und den Trotz der Parteimitglieder. Man glaubt (zu Recht), daß Merkel und Lindner den Sieg nicht verdient haben, weil sie keine Inhalte transportierten.
Da freute man sich an Schulz in der Elefantenrunde, als er der geschockten Kanzlerin entgegenwarf, daß sie zukünftig nur noch Widerstand aus der SPD erwarten können. Von uns gibt es nicht noch mal die fehlenden Stimmen zur Kanzlermehrheit. Ätschi.
Je mehr das Ergebnis der Bundestagswahl aber sackt, desto klarer werden die enormen Versäumnisse des SPD-Chefs.
Der Wahlkampf war unprofessionell, thematisch arm und Schulz war nicht willens oder nicht fähig die Diskussion zu bestimmen.

Der Würselener Seeheimer tut mir inzwischen auch schon Leid, weil sich erwartungsgemäß langsam auch die Journaille gegen ihn wendet.

 [….] Der Rückhalt in der Partei für den als Kanzlerkandidaten krachend gescheiterten Vorsitzenden bröckelt. Schon vergangene Woche mehrten sich die Zweifel, ob Schulz der Richtige für die versprochene Erneuerung der Partei ist – oder ob er nicht besser beim Parteitag im Dezember den Weg freimacht.
Jetzt nimmt das interne Gemurre zu, weil Schulz ungeahnt peinliche Einblicke in seinen Wahlkampf erlaubt hat: Eine "Spiegel"-Reportage belegt, dass Schulz schon seit Juli die Bundestagswahl verloren gegeben hatte und von großen Selbstzweifeln geplagt war. Der Text ist ein Dokument der Hoffnungslosigkeit, aber auch eines bizarren Wahlkampf-Theaters, mit dem der Kandidat die eigenen Anhänger täuschte.
[….] Immer wieder äußert Schulz Wut und Selbstzweifel, weil die Umfragewerte für die SPD weiterhin sinken. Wenige Tage nach dem TV-Duell Anfang September sagt er im kleinen Kreis: "Ich muss jeden Tag erklären, dass ich Kanzler werden will, und jeder weiß: Der wird niemals Kanzler. Die Leute finden mich peinlich. Die lachen doch über mich." Nicht nur auf den Marktplätzen erzählte Schulz etwas anderes, auch bei SPD-Funktionären nährte er Illusionen. [….] Insgesamt liegt jetzt ein schonungsloses Protokoll von monatelanger Ratlosigkeit, Unprofessionalität und Wehleidigkeit vor. Schulz mag nun menschlicher erscheinen, aber er hat rapide an Autorität verloren. [….]

Die Selbstzweifel und Sensibilität machen ihn sympathisch.
Aber können wir uns einen Parteichef leisten, der einem Leid tut, weil er nach all der Wahlkampfschufterei nun auch noch um sein höchstes Parteiamt kämpfen muß?
Kann ein Aufbruch gelingen mit einem Chef, der generell mit Begriffen wie „Niederlage“, „Absturz“ und „freier Fall“ konnotiert wird?
Es ist nicht falsch, wenn Schulz nach seiner Mega-Niederlage Gabriel und Nahles eine Mitschuld zuweist, weil diese in den letzten Jahren zu viel versäumt hätten.
Aber es wirkt schon sehr verzweifelt, wenn der Kandidat und Parteichef es nun nötig hat mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Schulz, der arme kleine Mann, der ein Opfer der Umstände wurde und jammerig auf Tu quoque und weiter so setzt?
Mitleid ist eine sehr wichtige menschliche Eigenschaft. Die dafür notwendigen Spiegelneuronen ermöglichen erst friedliches Zusammenleben.
Aber in der Politik sind leider breite Rücken gefragt. Ein bemitleidenswerter Parteichef wird wohl nie als kanzlertauglich gelten.

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Blonder Dreikampf.




Von den drei rechten blonden Clowns mit bizarrem Kopfputz ist einer in der medialen Versenkung verschwunden.
Geert Wilders, holländischer Hobby-Goebbels, kommt mit seiner Haarpracht inzwischen Trump recht nahe.
 Nach seinen eher schwachen 13,0% bei den Parlamentswahlen am 15. März 2017, dominiert er aber die Politik weniger als er hoffte. Für die schwierige Regierungsbildung wird er nicht gefragt.

 Der König der blonden Blöden ist eindeutig Donald Trump, der täglich ein solches Feuerwerk des Wahnsinns abbrennt, daß es niemand mehr möglich ist seine Bösartigkeit und Idiotie verbal zu beschreiben.
Zuletzt sickerte durch, daß Außenminister Tillerson ihn als „Idiot“ bezeichnete, bevor er um seinen Job fürchtend Trump wieder einmal umschmeichelte, daß die Schleimspur noch aus dem Weltraum zu sehen ist.
Unterdessen fiel Trump in Puerto Rico ein, erkannte als erster Mensch der Welt, daß es sich dabei um eine Insel handelt und trug der erstaunten Öffentlichkeit vor, diese sei auch noch von Wasser umgeben. Potzblitz.
Natürlich nutzte er seinen Besuch, um die Hurrikan-Opfer bösartig zu diffamieren und mit einer Bemerkung die Finanzmärke einbrechen zu lassen.

In den letzten 20 Jahren habe ich bezüglich der amerikanischen Politik eins gelernt: „Schlimmer geht immer“.
Mit GWB, Palin und Cruz war noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Aber auch wenn ich mich für einen sehr phantasiebegabten Menschen halte, kann ich mir bisher beim besten Willen nicht vorstellen, daß es einen schlechteren Politiker als Trump auf der Welt geben kann.

Hinter so einer Ikone der Destruktivität gerät auch der dritte Blonde in Vergessenheit, obwohl Boris Johnson im Gegensatz zu Wilders ein sehr wichtiges Regierungsamt innehat und als Außenminister eine der fünf wichtigen UN-Vetomächte vertritt. Täglich arbeitet er daran Großbritannien schwer zu schaden und lächerlich zu machen.


Johnson gibt sich Mühe. Akribisch und fleißig arbeitet er daran bei jedem Auftritt mindestens eine so grobe Peinlichkeit rauszuhauen, daß er es in die weltweiten Schlagzeilen schafft und sich alle normalen Briten mit Herz und Seele für ihre Regierung schämen können.

[….]   Der britische Außenminister hat bei einem Besuch in der einstigen Kolonie Burma beinah einen diplomatischen Eklat provoziert. [….] Als taktvoller Diplomat und Feingeist war Boris Johnson in der Vergangenheit eher selten aufgefallen - aber dieser Fehltritt ist selbst für den britischen Außenminister außergewöhnlich: Bei einem offiziellen Besuch in der ehemaligen Kolonie Burma hat der konservative Politiker das Gedicht des Autors und Kolonialismus-Verfechters Rudyard Kipling (1865 - 1936) zitiert, wie in einem vom britischen Channel 4 veröffentlichten Video zu sehen ist.
Bei dem Auftritt mit lokalen Würdenträgern des südostasiatischen Landes im Januar rezitierte Johnson die ersten Zeilen des Kipling-Gedichts "The Road to Mandalay" deutlich hörbar. Kipling ist vor allem als Autor des "Dschungelbuchs" bekannt - er war jedoch auch vehementer Verfechter des Kolonialismus, was sich in vielen seiner Texte niederschlug.
Johnson sieht sich laut "Guardian" nun dem Vorwurf ausgesetzt, "unglaublich unsensibel" in Burma aufgetreten zu sein. [….] Mark Farmaner, der Direktor der Nichtregierungsorganisation Burma Campaign UK, kritisierte Johnsons Auftritt scharf. "Es macht einen fassungslos, dass er so etwas tut", sagte Farmaner dem "Guardian" zufolge. In Burma trügen noch immer viele Menschen den Briten die Kolonialzeit nach: "Die britische Kolonialzeit wird als Demütigung und Ehrverletzung angesehen." [….]


 [….]  Der britische Außenminister Boris Johnson hat mit einer Bemerkung über libysche Bürgerkriegsopfer für Empörung gesorgt. Auf dem Parteitag der konservativen Tories in Manchester sagte Johnson, Libyen könne zu einem attraktiven Ziel für Touristen und Investoren werden, die Küstenstadt Sirte gar ein neues Dubai. Vorher müssten aber erst "die Leichen weggeräumt werden".
Ansonsten erfülle die Stadt mit ihrem weißen Sandstrand und "wunderschönem Meer" alle Voraussetzungen für ein Touristenparadies, sagte Johnson. [….] Die Schattenaußenministerin der Labour-Partei, Emily Thornberry, kritisierte Johnson. "Dass Boris Johnson diese Toten für einen Witz hält, für eine bloße Unannehmlichkeit, bevor britische Unternehmen die Stadt in einen Badeort verwandeln können, ist unglaublich krass, gefühllos und grausam", sagte Thornberry. Die Außenpolitikexpertin der Liberaldemokraten, Jo Swinson, forderte Premierministerin Theresa May auf, Johnson zu entlassen. Seine "krasse und unsensible Bemerkung" zeige erneut, dass er seiner Aufgabe nicht gewachsen sei. Die Tory-Abgeordnete Heidi Allen empörte sich bei Twitter: "100 Prozent inakzeptabel, egal von wem, nicht zuletzt vom Außenminister. Dafür muss Boris entlassen werden. Meine Partei vertritt er nicht."  [….]

Dienstag, 3. Oktober 2017

Ruckeln…



Wie wird man eigentlich Bundespräsident?
Mal abgesehen von der technischen Frage, also der Mehrheitsfindung in der Bundesversammlung, ist man als oberster Deutscher vorzugsweise ehemaliger Parteipolitiker, verfügt über einen guten Draht ins Kanzleramt, eckte in seinen bisherigen Funktionen möglichst nie an, gibt sich immer sehr religiös und gilt allgemein als harmlos.

Frank-Walter Steinmeier gilt als Idealbesetzung. Er war und ist beliebtester Politiker Deutschlands – so wie eigentlich alle Außenminister, wenn sie nicht durch extreme Unfähigkeit auffallen wie Guido Westerwelle.

Mehr Establishment als Steinmeier geht eigentlich gar nicht.

(…..)  Seit zwei Jahrzehnten sitzt er an entscheidenden Hebeln der Macht und führt das fort, was wir fast immer im Amt des Bundespräsidenten hatten:

1.   Alt
2.   Mann
3.   Weißhaarig
4.   Ausgesprochen fromm und christlich.

Ich hatte so sehr gehofft, daß mal kein klerikaler Geront ins Schloß Bellevue einzieht, der einmal mehr die Abgehobenheit des politischen Betriebs repräsentiert.

1.   Mit Steinmeier, der schon als nächster Präsident der Synode der Evangelischen Kirche gehandelt wurde, zieht schon wieder ein hardcore-Religiot ins höchste Amt der Bundesrepublik ein.

2.   Im Juli 2016  erhielt er den „Ökumenischen Preis der Katholischen Akademie Bayern“ für die "Kraft seiner christlicher Überzeugung."

3.   Steinmeier focht engagiert für die diskriminierende „Pro-Reli“-Initiative gegen seine eigene Berliner Partei.

4.   Steinmeier predigte am 12.November 2014 beim Eröffnungsgottesdienst der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.“

5.   Laudator und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm überreichte im September 2016 den Toleranzpreis der Evangelischen Akademie Tutzing an Steinmeier.

6.   Frank-Walter Steinmeier gehört dem Präsidium des Kirchentages an.

7.   Steinmeier forderte beispielsweise 2012 vehement und verfassungswidrig die Einmischung der Kirchen in die Politik.

8.   Steinmeier eröffnete im November 2014 die Synode der Brandenburgischen Kirche.

Zu fromm für meinen Geschmack.

Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, daß er eine Art von Aufbruchsstimmung generieren könnte, die auch bisher Politikferne für unsere Demokratie begeistern wird. (….)

Zeitsprung. Elf Monate später scheint sich meine Prognose mustergültig erfüllt zu haben.
Der gegenwärtige Bundespräsident kommt in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht vor, initiierte keine Debatten und sah teilnahmslos der Radikalisierung im Wahlkampf, der Hetze der AfD zu.
Dem Geschrei des braunen Mobs vorzugweise in Ostdeutschland stellte er nicht entschieden entgegen; er stützte auch nicht die Politiker und Initiativen, die das taten.
Der „BuPrä“ geriert sich als typischer Christ. Christen arrangieren sich mit den Verhältnissen, sehen eine höhere Macht am Werke, glauben an einen versteckten Sinn von Grausamkeiten. Ein echter Humanist hingegen würde sich viel mehr gegen Ungerechtigkeit engagieren, würde aufbegehren und in dem Wissen, daß wir nur dieses eine endliche Leben haben, alles tun, um es zu optimieren, statt still zu beten.

War Steinmeier eigentlich im Amt? Oder verfiel er in einen neunmonatigen Winterschlaf?

[….]  Nach der Bundestagswahl ist es jetzt höchste Zeit, dass dieser Präsident zu kämpfen beginnt. Gefragt ist der Mut, hässliche Wahrheiten auszusprechen.
[….] Nach dem vielversprechenden Auftakt droht die Präsidentschaft des Frank-Walter Steinmeier in diffuser Blässe zu verschwimmen. Dabei ist das Staatsoberhaupt, das am Dienstag zum Tag der Deutschen Einheit sprechen wird, weder ein Unsympath, noch fehlt es ihm an Ambition. [….] "Mut zur Demokratie" - mit diesem Motto hat der Bundespräsident seine Antrittsbesuche in den Bundesländern überschrieben. Es taugt aber nicht recht, um die Welle von Verachtung auch nur zu beschreiben, die übers Land geht, die Entfremdung zwischen Ost und West, den Fremdenhass, den Rückzug in Extremismus oder Islamismus und immer neue, gezielte Tabubrüche, um den Nationalsozialismus zu relativieren. [….] Es fehlt nicht an "Mut zur Demokratie" in Deutschland, es fehlt ein Bundespräsident mit dem Mut, hässliche Wahrheiten verständlich auszusprechen und sich dafür notfalls beschimpfen zu lassen. [….] Man wüsste vom Bundespräsidenten zum Beispiel gern, wo er eigentlich in der Flüchtlingsfrage steht. Oder wie er sich erklärt, dass das völkische Denken so populär ist, gerade in postsozialistischen Gesellschaften. Hilfreich wäre auch Wegweisendes zur Frage, warum im reichen, protestantisch geprägten Baden-Württemberg mehr als zwölf Prozent die AfD gewählt haben. Liegt das womöglich gar nicht an Flüchtlingsangst, sondern an der Sorge, den Ärmsten der Welt vom eigenen Wohlstand abgeben zu müssen? Vielleicht könnte mal jemand den autochthonen Sachsen erklären, dass nicht-weiße Menschen mindestens so selbstverständlich zur Bundesrepublik gehören wie sie selbst. Dieser Jemand sollte der Bundespräsident sein, jedenfalls wenn er nicht als Pantoffeltier in Erinnerung bleiben will. Es wird Zeit. [….]

Die Bedeutung der Bundespräsidentenwahlen wird generell überschätzt. Weder hatten wir bisher besonderes Glück mit den Personen, noch deuteten die Amtsinhaber auf künftige Bundesregierungen hin, wie man auch am 24.09. mustergültig sah.

Herzogs berühmte Ruckrede, gehalten vor genau 20 Jahren, ist in Wahrheit ein journalistischer Popanz.
Sie wurde von der veröffentlichten Meinung gefeiert, blieb aber völlig ohne Effekt in der öffentlichen Meinung.
Ich gehe jede Wette ein, daß kein Pegidiot auf der Straße den Begriff „Ruckrede“ kennt.
Es ist geradezu lächerlich wie seitdem jeder Bundespräsident mit der jährlichen „Berliner Rede“ versucht den großen Effekt zu erzielen; wie jeder Journalist nach den folgenden 19 ruckelnden Reden die Worte auf ihre Bedeutsamkeit abklopfte.
Das liegt in der Natur der Establishment-Bundespräsidenten und der minimalen Macht des Amtes.
Es ist auch von den Bundestagsparteien keineswegs gewünscht, daß der Bundespräsident die Demokratie in Deutschland wirklich wachruckelt.
Daher wurden gute und prädestinierte Kandidaten, wie meine große Favoritin gar nicht erst in Erwägung gezogen.

Nach neun Monaten im Schlafwagen, in denen Steinmeier die AfD phlegmatisch geschehen ließ, nie eingriff, wenn zukünftige Bundestagsabgeordnete mit echtem NS-Vokabular den braunen Mob auf den Straßen anheizten, von „Entsorgung in Anatolien“ und „Stolz auf die Vernichtungszüge der Wehrmacht“ faselten, sprach er heute also zum Tag der deutschen Einheit.

Unfassbar, aber wahr – nach 20 Jahren bemühen die politischen Kommentatoren immer noch den ausgelutschten alten Herzog-Begriff, der damals falsch war und heute erst recht falsch ist.

[….] Tag der Deutschen Einheit - Steinmeiers Ruck-Rede
Lange galt Bundespräsident Steinmeier als abgetaucht. Bleibendes hat man kaum vernommen, seit er im Amt ist. Am Tag der Deutschen Einheit fand er aber Worte zu Themen wie Heimat und Flüchtlinge, die nachhallen könnten. [….]

Der heutige Feiertag ist ein Selbstbeweihräucherungstag von Politikern und Journalisten, der für alle anderen entweder zum Ausschlafen taugt, oder da er dieses Jahr auf einen Dienstag fällt gern als vier-Tage-Wochenende für einen Kurzurlaub genutzt wird.
Niemand hört oder liest die Reden, die heute beim zentralen Mainzer Festakt gehalten wurden.

Ich kann leider auch nicht guten Gewissens empfehlen die Rede zu lesen.
Es ist eben Steinmeier und kein Begnadeter Rhetor wie Helmut Schmidt oder eine geniale Analytikerin wie Herta Müller.

Er betont den Minimalkonsens der Politik und zeigt, daß er nicht in der Lage ist out of the box zu denken. Potzblitz, er stellt eine Spaltung der Gesellschaft fest. Nicht nur in Ost und West, sondern auch reich und arm. Diese Zustandsbeschreibung kenne ich seit 20 Jahren. Als sehr frommer Mann garniert er das mit vielen freundlichen Appellen.
Dazu hagelt es so viele Allgemeinplätzchen, daß man förmlich vor sich sieht, wie Steinmeiers Redenschreiber dieses Konglomerat aus Redundanzbausteinen zusammensetzten. Einen Effekt wird die Rede sicher nicht haben.

[…]""Tag der Deutschen Einheit?"" werden Sie fragen: ""Wieso eigentlich nur einmal im Jahr? Deutsche Einheit ist doch jeden Tag"" – 365 Tage im Jahr und das seit 27 Jahren. […]
Liebe Jugendliche, Ihnen gehört die Zukunft dieses Landes! [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
Fragen Sie – gerade in diesem Jahr – nach dem Staatsmann, nach dem deutschen Europäer hier aus Rheinland-Pfalz, der die historische Gunst der Stunde ergriffen und das Einigungswerk politisch ermöglicht hat: Helmut Kohl, der vor drei Monaten verstorben ist.
Das ist das Deutschland, in das Sie geboren wurden – ein Deutschland, das einen weiten Weg zurückgelegt hat. [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
[…] Meine Damen und Herren, unser Weg muss ein Weg in Frieden und Freundschaft mit den europäischen Nachbarn bleiben, und nie wieder ein Rückweg in den Nationalismus sein! [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
[…] Heute, am 3. Oktober stellen wir fest: Ja, die deutsche Einheit ist politischer Alltag geworden. Die große Mauer quer durch unser Land ist weg. Aber am 24. September wurde deutlich: Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen – aber Mauern, die unserem gemeinsamen ""Wir"" im Wege stehen. [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
[…] Nicht alle, die sich abwenden, sind deshalb gleich Feinde der Demokratie. [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
Wir sind ein vielfältiges Land. […][Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
Argumente statt Empörung brauchen wir auch und gerade bei dem Thema, das unser Land in den letzten zwei Jahren so bewegt hat wie kein anderes – Flucht und Migration. […][Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
Die Not von Menschen darf uns niemals gleichgültig sein. Und unser Grundgesetz garantiert den Schutz vor politischer Verfolgung, aus guten, in Deutschland auch historischen Gründen, an die wir uns erinnern müssen. […]
Wir müssen uns ehrlich machen […][Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
 Ich bin sicher, wenn Politik sich dieser Aufgabe annimmt, gibt es eine Chance, die Mauern der Unversöhnlichkeit abzutragen, die in unserem Land gewachsen sind.
[…]  Wenn einer sagt ""Ich versteh mein Land nicht mehr"", dann gibt es etwas zu tun in Deutschland […] Denn verstehen und verstanden werden – das will jeder – und das braucht jeder, um sein Leben selbstbewusst zu führen. Verstehen und verstanden werden – das ist Heimat.
[…]Diese Sehnsucht nach Heimat dürfen wir nicht denen überlassen, die Heimat konstruieren als ein ""Wir gegen Die""; […]  [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!] Die Sehnsucht nach Heimat – nach Sicherheit, nach Entschleunigung, nach Zusammenhalt und Anerkennung –, die dürfen wir nicht den Nationalisten überlassen. [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
[…] Natürlich wurden auch Fehler gemacht in den Jahren nach 1990 – und es gibt keinen Grund, darüber zu schweigen. […][Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
 Wer in Deutschland Heimat sucht, kommt in eine Gemeinschaft, die geprägt ist von der Ordnung des Grundgesetzes und von gemeinsamen Überzeugungen. […]  [Bitte 5 Euro ins Phrasenschwein!]
 was mich so zuversichtlich macht, sind die Millionen anderen, die anpacken, die sich für das Gelingen und den Gemeinsinn in unserem Land täglich einsetzen.
Die – ohne, dass sie’s müssten – nach den kranken Nachbarn schauen, die im Altersheim vorlesen oder Flüchtlingen beim Ankommen helfen. Die Alleinerziehenden vielleicht einen freien Nachmittag schenken […]