Dienstag, 16. Oktober 2018

Andrea Mauschel.


Der Legende nach wollte die deutsch-britische Richterin Katarina Barley, die als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sowie ab September 2017 geschäftsführende Bundesministerin für Arbeit und Soziales nach der Bildung der neuen Groko ohne Parteichef Schulz gern Außenministerin werden.

Es spräche sehr viel dafür. Die 49-Jährige Volljuristin besitzt zusätzlich einen englischen Pass, da ihr Vater Brite ist und schloss nach ihrem deutschen Jurastudium auch in Paris eine akademische Laufbahn mit dem Diplôme de droit français (Diplom des französischen Rechts) ab.
Barley wäre also die perfekte Kandidatin für schwierige Verhandlungen auf der Welt- und Europabühne, da sie nicht nur verschiedenen Rechtssysteme studierte, sondern auch fließend englisch und französisch spricht.
Nachdem die politische Nichtsmerkerin Nahles in einem Hinterzimmerdeal Martin Schulz erst ins Außenamt mauscheln wollte und ihn dann aber stattdessen aus dem Amt des Parteivorsitzenden mauschelte – nach Franz Müntefering schon der zweite SPD-Bundesparteivorsitzende, den sie auf dem Gewissen hatte – war das Außenministerium gewissermaßen tatsächlich für die SPD vakant.
Barley wäre endlich die erste SPD-Frau in einem ganz großen Kernministerium geworden. Bisher hatte die SPD die prestigeträchtigsten Positionen – Kanzlerkandidatur, Bundespräsident, Außen-, Verteidigungs- und Finanzministerium, sowie Parteivorsitzen zu 100% mit Männern besetzt. (Nahles wurde erst später Parteivorsitzende)
Zudem wollte Heiko Maas als leidenschaftlicher Jurist gern Justizminister bleiben und Barley hätte als Partei-Linke dem Seeheimer-Übergewicht bei den Bundesregierungstopjobs entgegen gewirkt.
Barley scheiterte aber wieder an einer Nahles-Hinterzimmermauschelei.
Die SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende hat sich nämlich in den Kof gesetzt nach der Ära Merkel als erste SPD-Frau Kanzlerkandidatin und möglichst auch Kanzlerin zu werden.
Um voll auf die Karte „Frau“ setzen zu können, müsste sie bei der nächsten Bundestagswahl die beliebteste SPD-PolitikerIN sein. Weil (außer dem Totalversager Westerwelle) alle Außenminister extrem populär werden, durfte Barley nicht ins sonnige Außenamt. Nahles sorgte sich, ihr könne die Show gestohlen werden und womöglich würde man im Jahr 2020 eher Barley statt Nahles die Kanzlerkandidatur antragen.
Das durfte natürlich nicht sein – eine beliebtere Sozi-Politikerin als Nahles selbst.
Denn sie würde abgehoben von der schnöden Kabinettsdisziplin ähnlich wie eine Außenministerin die demoskopischen Hitparaden stürmen, da war sich die fromme Katholikin aus der Eifel durch die Hilfe des Herrgotts sicher.
Also schob sie den widerstrebenden Maas ins Außenministerium. Dem fehle der Ehrgeiz zur absoluten Macht und als Mann könne er auch nicht gegen den Wunsch einer starken Frau PR machen.
So landete Katarina Barley schließlich im Justizministerium, welches heute gar nicht mehr so glanzvoll, wie noch vor 20 Jahren ist.

Der Plan selbst ganz ungeheuer beliebt zu werden hat bekanntlich nicht so geklappt für Frau Nahles, weil sie außer Acht ließ, daß man dazu auch einen IQ über Zimmertemperatur benötigt.

Nach der Bayernwahl, bei der die SPD auf Platz 5 weit abgeschlagen im einstelligen Bereich aufschlug, hat die Partei- und Fraktionsvorsitzende Nahles eine brillante Idee wie es wieder bergauf gehen könnte:
Nichts ändern, keine Personaldiskussion und tumb so weitermauscheln wie bisher.

[…..] Man werde jetzt über alles reden, sagt mancher aus der SPD. Aber wann? Und wer mit wem? Und will man das überhaupt? Andrea Nahles jedenfalls klingt am Tag nach der Landtagswahl eher so, als wolle sie gerade nicht über alles reden. […..] Was für ein düsterer Tag. […..] In Bayern ist die SPD jetzt nur noch fünftstärkste Kraft. Wer sich jetzt denkt, dann soll die SPD in Berlin doch in die Opposition gehen, bevor gar nichts mehr von ihr übrig ist, und sich dort regenerieren, sollte sich vorstellen, wie sich Opposition anfühlt. Wie lange muss man als fünftstärkste Kraft warten, bis man etwa zur Ferkelkastration gefragt wird?
[…..][…..] "Also, die Frage, ob diese große Koalition funktioniert, auch im Sinne dessen, was wir gemeinsam verabredet haben im Rahmen des Koalitionsvertrags, entscheidet sich nicht alleine vom Ergebnis, so schmerzlich das ist, einer Landtagswahl." Die nächsten Monate würden zeigen, wie sehr es gelinge, Versprochenes einzulösen, "durch Realpolitik, die wir dann auch umsetzen".
So hört sich große Koalition an, wenn Nahles darüber spricht. […..]

In Gedanken hat die SPD-Chefin Bayern schon abgehakt und stürzt sich auf ihr altes Lieblingsprojekt: Möglichst intransparent im Hinterzimmer Personalien ausmauscheln zu Wohle von ihr selbst.
Am 26. Mai 2019 finden die nächsten bundesweiten Wahlen statt, die EU-Wahl.
Dafür braucht es einen SPD-Spitzenkandidaten. Leider wurde der Letzte, Martin Schulz, unter kräftiger Mithilfe einer gewissen Frau Nahles zum echten Urnengift herabgestuft. Und nun?
Wer hilft Nahles aus der Patsche? Wer will den Fußabtreterjob machen, während das Image der SPD irgendwo zwischen Fußpilz und Rheumadecke changiert?
Kaum zu glauben, aber wahr; es ist wieder Katarina Barley, die sich den Wünschen der Partei- und Fraktionsvorsitzenden beugt.

 […..] Justizministerin Katarina Barley hat jetzt ihren Widerstand aufgegeben: Sie ist nun doch bereit, als nationale Spitzenkandidatin für die SPD nächstes Jahr in die Europawahl zu ziehen. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass es für die Juristin nicht wirklich viel zu gewinnen geben wird.
Von den 27 Prozent, die 2014 Martin Schulz für die SPD holte, wagt heute niemand mehr zu träumen. […..] Barley hilft Parteichefin Andrea Nahles aus großer Not. Über Wochen und Monate war es ihr nicht gelungen, jemanden von Format zu finden, der noch bereit ist, für die SPD etwas zu wagen und zudem nicht von vornhinein chancenlos ist. Die Spitzenkandidatur klärt Nahles nun auf dem letzten Drücker. Alles andere hätte einen erschreckenden Autoritätsverlust der Chefin offenbart.[….]

Montag, 15. Oktober 2018

Hoffnung für Deutschland?


Ein interessanter Aspekt der gestrigen Bayern-Wahl war die Tatsache, daß alle nicht rechtsradikalen Parteien, die mit vollen Hosen auf die AfD starrten und sich deswegen für rigidere Flüchtlingspolitik aussprachen, verloren haben.
Plumpes Nachplappern xenophober AfD-Rhetorik (CDU/CSU/FDP/Linke) nütze ebenso wenig wie verdruckstes Verschweigen (SPD).
Einzig die Partei, die mutig für ein buntes Europa eintrat und deren Spitzenkandidaten fröhlich an der Spitze von #Unteilbar- und #Refugeeswelcome-Demos marschierten, nämlich die bayerischen Grünen, gewannen kräftig hinzu.

In ihrer ängstlichen Verdruckstheit ähneln die Sozialdemokraten den US-Demokraten, die auch immer Angst haben nicht Militär-, Gottes-, Nationen-freundlich genug zu sein.
Bloß nicht zu den vaterlandslosen Gesellen zählen, bloß nicht in den Verdacht kommen die Army nicht genügend zu lieben, bloß nicht die tumb-nationalen Rednecks auf dem platten Land verärgern.

Dabei ist es für liberale Demokraten ohnehin unmöglich evangelikale Südstaatler mit ihren Konföderierten-Flaggen zu überzeugen.
Rassistische Schwulenhasser, die den ganzen Tag mit ihren Knarren spielen und nebenher Kinder machen, die sie nicht zur Schule schicken, sind aber ohnehin als Wähler verloren.
Das gilt genauso für die Volksverräter- und Haut-Ab-grölenden Pegidioten auf Dresdens Straßen.
Sigmar Gabriel hätte nicht dahin gehen sollen. Das generiert keine Wählerstimmen und demütigt nur. Am Ende musste der damalige Vizekanzler dem Nazi-Parolen skandierenden Mob, der kleine Galgen mit Gabriel-Puppen mit sich führte, buchstäblich den Stinkefinger zeigen.
Die Erfahrung hätte er sich sparen können; sie richtete viel mehr Schaden bei den demokratischen Anhängern der SPD an, als sie jemals hätte nützen können.

Beim abscheulichen „lock-her-up“-Pöbel, der marodierend zu Trumps Rallys marschiert verhält es sich genauso. Das sind lost people, deren Hirne vom Hass endgültig zerfressen sind.

Vernünftige Politiker haben nur die Chance durch umfangreiche Ausgaben für Bildung und Sozialprogramme dafür zu sorgen, daß zukünftige Generationen nicht genauso schlimm werden.

Die größte politische Fehlleistung des Jahres stammt ausgerechnet vom deutschen Innen- und Verfassungsminister, der die kruden AfD-Ansichten zur „Mutter der Probleme“ adelte.
Die Münchner Grünen gingen den umgekehrten Weg und riefen der braunen Bande ein kräftiges „So nicht!“ entgegen. Und sie waren damit erfolgreich
In Amerika gibt es offensichtlich eine neue Generation demokratischer Kandidaten, die nicht wie die noch amtierende Geronten-Generation, ängstlich vor den GOP-Themen zurückweicht.
Jahrzehnte lang konnten die Republikaner mit dem Todschlagargument „Das Ist Sozialismus!“ fast jede demokratische Initiative abblocken. Bei dem Vorwurf knicken die Blauen üblicherweise leise jammernd sofort ein, statt endlich mal aufzustehen und zu sagen „Ja, verdammt, und Sozialismus ist gut. Öffentliche Straßen und Militär sind auch Sozialismus. Die werden auch zentral von taxes bezahlt!“

Vielleicht ändert sich das nun ein wenig.

Der bis vor Trump rechtsradikalste und idiotischste US-Politiker war Ted Cruz.
Der Texanische Senator haderte als GOP-Teebeutler so sehr mit seinem Latino-Geburtsnamen „Rafael Edward Cruz“, daß er der xenophoben Stimmung in seiner Texanischen Zweitheimat folgend den ultra-amerikanischen Namen TED annahm.

Lange Zeit war es undenkbar, daß ein Demokrat im stramm konservativen Texas, wo George W. Bush und Rick Perry als Gouverneure regierten, eine Chance hätte. 2018 könnte sich das ändern durch den Irishamerican Robert O’Rourke, dessen Familie seit vier Generationen in El Paso, Texas lebt. Da er als Kind und Teenager ebenso viel Zeit in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez verbrachte, hörte er schon früh hauptsächlich auf die spanische Version des Namens Robert, nämlich „Beto“. Politisch kennt man den Kongressabgeordneten nur als Beto O’Rourke.
Die Kampagne des  fließend spanisch sprechenden Abgeordnetem heißt „Beto for Texas“ und rückt Ted Cruz auf die Pelle.

Wie sich die Zeiten ändern. Der eine tilgte sorgfältig alles mexikanisch klingende, der andere wirbt damit.
Noch 2012 weigerte sich der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hartnäckig öffentlich ein einziges Wort französisch zu sprechen, obwohl er die Sprache aus seinen zwei Jahren als Mormonen-Missionar in Paris beherrscht. Aber überhaupt eine andere Sprache als englisch zu verstehen galt unter den Republikanern als Makel.
Sechs Jahre später wirbt Beto O’Rourke sogar damit polyglott zu sein.

Ich halte das für richtig, da die Hardcore-Hillbillies, die alles hassen was sie für unamerikansich halten, ohnehin als Wähler vernünftiger Politiker verloren sind.
Es nützt den Demokraten nichts ihnen nachzulaufen.
Man mache es lieber so wie die bayerischen Grünen und sage offensiv „welcome multikulti!“

Trumpmerica hat sich schon lange aus der Realität verabschiedet. In den tiefen Sumpf, in dem die hocken, sollte man ihnen nicht nachlaufen.
Die frönen ihrer geistigen Morbidität und sind unrettbar verblödet.


Beispiele:

1.)


[….]  In einem ausführlichen Interview mit dem US-Sender CBS hat Donald Trump seine Meinung zu zahlreichen brisanten Themen kundgetan: über eine mögliche Verstrickung Wladimir Putins in Attentate, den Klimawandel, die Russlandaffäre, Nordkorea - und über den Handelsstreit. Dabei attackierte der US-Präsident erneut die Europäische Union. Diese sei nur gebildet worden, "um uns beim Handel auszunutzen", sagte Trump. "Und das ist, was sie getan haben."
Er fügte hinzu: "Niemand behandelt uns viel schlechter als die Europäische Union." [….] "Wissen Sie, was feindselig ist? Wie sie uns behandeln." Der Präsident sagte weiter, er möge die Nato. "Aber wissen Sie was? Wir sollten nicht für fast die gesamten Kosten der Nato aufkommen, um Europa zu beschützen. Und zusätzlich nutzen sie uns beim Handel aus. Das werden sie nicht mehr tun. Sie verstehen das." [….]

2.)


3.)

[….]  Everybody in the White House Considers Trump an Idiot
[….] It is relatively easy to get White House staffers to leak mind-blowing anecdotes about President Trump’s various derangements, and for that very reason, it is hard to find new anecdotes that register on the crazy-Trump scale. [….] After security officials tried fruitlessly to explain to Trump the importance of American defenses in South Korea, including a system that reduces the warning time of a North Korean missile attack from 15 minutes to seven seconds, Secretary of Defense James Mattis told associates that Trump “acted like — and had the understanding of — ‘a fifth- or sixth-grader.’[….] Chief of Staff John Kelly has called Trump an idiot and also crazy:


    “He’s an idiot. It’s pointless to try to convince him of anything. He’s gone off the rails. We’re in crazytown,” Kelly is quoted as saying at a staff meeting in his office. “I don’t even know why any of us are here. This is the worst job I’ve ever had.”
Trump’s lawyer John Dowd has likewise called his client an idiot. Somewhat more audaciously, he has argued that Trump should not have to testify to Special Counsel Robert Mueller, because the transcript would leak, and foreign leaders would see that Trump is an idiot:
    Dowd then explained to Mueller and Quarles why he was trying to keep the president from testifying: “I’m not going to sit there and let him look like an idiot. And you publish that transcript, because everything leaks in Washington, and the guys overseas are going to say, ‘I told you he was an idiot. I told you he was a goddamn dumbbell. What are we dealing with this idiot for?’”
Another Trump lawyer, Jay Sekulow, tried to argue to Robert Mueller that Trump could not be asked to give an interview because he is a compulsive liar. They literally explained to Mueller how they conducted a mock interview with Trump, and he was so unable to tell the truth that they considered him mentally disqualified from testifying:
    Jay Sekulow went to Mueller’s office and re-enacted the mock interview. Their goal: to argue that Trump couldn’t possibly testify because he was incapable of telling the truth. 


    “He just made something up. That’s his nature,” Dowd said to Mueller.
It seems somehow unfair to let somebody remain on the job as president because he’s such a compulsive liar he can”t be allowed to testify under oath. [….] However dumb and crazy you might think Trump is, reality always turns out to be even worse. [….]

4.)


[….] A Trump surrogate and co-founder of a PAC in support of the president complained about left-wing "mobs" harassing conservatives, noting how a group of witches recently planned a "hex" on Brett Kavanaugh.
Amy Kremer, co-founder of the Women Vote Trump PAC, told MSNBC Sunday she does believe violence has entered into the country's political discourse, pointing blame solely at liberal activists. [….] But Kremer particularly took issue with a Brooklyn bookstore's repeated rituals where witches have planned to place a "hex" on recently confirmed Supreme Court Justice Brett Kavanaugh.
Dakota Bracciale, co-owner of the "metaphysical boutique and occult bookshop," Catland Books, told Newsweek they have already placed several hexes on President Donald Trump. 


[….] Speaking Sunday on MSNBC, Kremer criticized the event as yet another left-wing attack on conservatives. “It is a scary time right now,” she said. “Now you’ve got witches that are placing a hex on Brett Kavanaugh.” [….]

5.)


[….] President Donald Trump has been spreading a lot of misleading statements or flat-out lies about “Medicare for All” — a progressive health policy gaining traction among Democrats.
Most recently, Trump said that providing health insurance to everybody doesn’t work anywhere in the world. He avoided calling the policy Medicare for All — likely because 60 percent of the American public favors the idea. Instead, he referred to it as “socialist” health care.
“By the way, it doesn’t work anywhere in the world,” said Trump during his “Make America Great” again rally in Richmond, Kentucky on Saturday.
“It’s good if you don’t mind waiting for like five weeks to see a doctor. They come from socialist countries — frankly, they come from Canada.” [….]

 

6.)

[….] Der zwei Jahre lang in der Türkei festgehaltene US-Pastor Andrew Brunson hat bei seinem Empfang im Weißen Haus für US-Präsident Donald Trump gebetet. „Wir würden gerne für Sie beten“, sagte Brunson am Samstag im Oval Office, wo Trump ihn nach seiner Rückkehr aus der Türkei empfing. „Wir beten als Familie oft für Sie.“ [….] Brunson kniete vor Trump zum Gebet nieder und legte dem Präsidenten die linke Hand auf die Schulter. Dann betete er: „Oh Gott, ich bitte dich, dass du deinen Heiligen Geist über Präsident Trump ergießt. Dass du ihm übernatürliche Weisheit gibst, um alle Pläne, die du für dieses Land und für ihn hast, zu erfüllen.“
[….] „Ich bitte darum, dass du ihm Weisheit gibst, wie er dieses Land zur Rechtschaffenheit führt. Ich bitte darum, dass du ihm Beharrlichkeit und Ausdauer und Mut gibst, für die Wahrheit zu stehen. Ich bitte darum, dass du ihn vor Verleumdung durch Feinde schützt, vor jenen, die unterhöhlen. Ich bitte darum, dass du ihn zu einem großen Segen für dieses Land machst.“ [….]




Sonntag, 14. Oktober 2018

Blaue Augen in Bayern


Die heutige Landtagswahl in Bayern zeigt vor allem eins sehr klar, nämlich wie sehr die unablässigen Vorwahlumfragen die spätere Analyse beeinflussen.

Wären wir nicht alle jeden Tag mit neuen Erwartungsdaten gefüttert worden, hätten nur das letzte Landtagswahlergebnis gekannt und dann das gesehen, würde der Alpenstaat beben.


Die seit einem halben Jahrhundert allmächtige CSU bei nur noch 37,3%, die SPD zerschmettert auf dem fünften Platz bei 9,6% hinter doppelt so starken Grünen (17,8%), Rotwelsch-Aiwanger (11,5%) und den Nazis (10,6%).

Blick zurück auf den 28. September 2008, als die CSU bei der Landtagswahl 43,7% bekam. Das kostete blitzschnell sowohl Ministerpräsident Beckstein als auch Parteichef Huber den Kopf.

Heute ist Herr Söder aber bei 37% sachlich und gelassen, richtet den Blick nach vorn.

1997 trat in Hamburg Bürgermeister Voscherau unmittelbar nach der Veröffentlichung der 18-Uhr-Prognose zurück, weil er die 36,2% für seine SPD als Misstrauensvotum interpretierte. So könne er nicht weitermachen.

Heute sagen Frau Kohnen und Frau Nahles bei 9 Komma Prozent, man habe ja geschlossen gekämpft und werde nun mal analysieren.

Wer aber seit Monaten auf Umfragen starrt und diese immer wieder für Realität hält – und den Fehler mache ich selbstverständlich auch – passt seine Erwartungen an alles an.

So hatte ich heute die aktuelle Stärke der CSU-Fraktion – nämlich eine satte absolute Mehrheit, 101 von 180 Sitzen – gar nicht auf der Rechnung, sondern den erfreulichen CSU-Trend, der deutlich unter 35% lag. Zuletzt waren 32,Komma-Werte vom SPIEGEL und der Augsburger Allgemeinen durch CIVEY verbreitet worden. ARD und ZDF jubelten die Grünen auf 19% hoch.

Da spinnt man ganz automatisch den Trend weiter in die Richtung, die man gern hätte.
Um 17.59 Uhr saß ich jubelbereit mit Herzklopfen vor der Glotze, ausnahmsweise mal optimistisch und hoffte auf eine CSU, die bei 32% läge – bei einer Fehlertoleranz von 2-3 Prozentpunkten, könnte das mit viel Glück auch ein 29,komma-Ergebnis werden, bei dem Söders und Seehofers Kopf abgeschlagen worden wären. Die Grünen könnten die 20%-Grenze knacken und eine Regierungskoalition jenseits der CSU anführen, während eine zwar zerrupfte SPD, immerhin FW und AfD hinter sich gelassen hätte (genau das haben nämlich Infratest-dimap und Forschungsgruppe Wahlen letzte Woche prognostiziert).

Aber ganz so doll ist es ja nicht geworden. Im Gegenteil.
Die CSU kommt mit 37-38 Prozent sogar deutlich besser weg als erwartet, die Grünen sind nicht ganz so stark wie gedacht.

Im Gegensatz zu den Worthülsen der Parteigeneräle in der Berliner Runde ist das Ergebnis recht klar und einfach zu analysieren:


1.) abschreckende Wirkung der Groko-Querelen
2.) unbeliebter Söder
3.) frische Grünen-Kandidaten
4.) langweilige, kaum wahrnehmbare SPD-Kandidatin
5.) der xenophob-obstruktive CSU-Kurs gegen Merkel hat genau wie vorhergesagt ihre Anhänger gespalten: Knapp 200.000 ehemalige CSU-Wähler machten rüber zur AfD, weil sie lieber gleich das Original wollten und weitere knapp 200.000 wechselten zu den Grünen, weil ihnen die ausländerfeindliche Rhetorik der CSU viel zu extrem war.


6.) Trotz chaotischer, programmloser und zerstrittener AfD kam die Partei locker über 10%, da Seehofer ihr ununterbrochen Wahlgeschenke bereitete. Wegen Rückführungsabkommen, die drei bis sieben Menschen pro Land betreffen, ließ er die Bundesregierung wanken und erklärte hob den AfD-Wahlslogan „Die Migration ist die Mutter aller Probleme“ auf den Schild, zu einer Zeit als die Zuwandererzahlen so niedrig waren, wie seit vielen Jahren nicht.
7.) Die enorme Strukturstärke der CSU und das sehr gute Wetter halfen der CSU gerade angesichts des drohenden Desasters die Wahlbeteiligung drastisch zu erhöhen, 200.000 ehemalige Nichtwähler bei der CSU ihr Kreuz machen zu lassen und somit die Katastrophe deutlich abzumildern.


8.) Sahra Wagenknechts erbärmliches Heranwanzen an die AfD schadete ihrer Partei genauso wie der CSU. Sowas wollen linke Wähler nicht hören. Die Linke verreckte deutlich unter der 5%-Hürde, während die Grünen den gesamten linken Protest einsammelten.


Die wichtigsten und erstaunlichsten Ergebnisse von heute sind die blauen Augen der C-Größen.

Markus Söder gelingt es sich als völlig unschuldig darzustellen, ohne jemand anders allzu deutlich den Schwarzen Peter zuzuschieben. Immer wieder betont er, erst sechs Monate im Amt zu sein, den klaren Regierungsauftrag zu haben.
Zudem bleibt ihm erspart sich mit den verhassten Grünen oder gar zwei Parteien an einen Tisch setzen zu müssen. Er geht in eine bequeme Zweier-Koalition und hat den Luxus sich den Koalitionspartner aussuchen zu könne. Damit kann er Bewerber gegeneinander ausspielen und hat später gegenüber einer nörgelnden CSU alles, das in der Regierung nicht rund läuft dem Koalitionspartner in die Schuhe schieben zu können.

[….] Die CSU hat eine historische Niederlage erlitten, doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat in dieser schwärzesten Stunde der Partei geradezu unverschämtes Glück. Jeder andere müsste an seiner Stelle sofort zurücktreten. Er aber kann sich trotz zweistelliger Verluste halten und wird eine Koalitionsregierung anführen. Mitte November muss gemäß Bayerischer Verfassung ein Ministerpräsident gewählt werden. Der Zeitplan ist so eng, dass für grundlegende Personal- und Strategiedebatten kaum Zeit bleibt. Auch das dürfte Söder nützen. [….]

Die zweite „Gewinnerin“ ist Angela Merkel, die Ende des Jahres zur CDU-Chefin wiedergewählt werden will und sich nicht innerparteilich das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen will.

Heute Morgen hieß es noch überall, sie befände sich in einer Lose-Lose-Situation.

Würde die CSU brutal auf 29,30,31 Prozent abgestraft, würde womöglich in der Opposition landen, würden die CSU-Bundestagsabgeordneten und die CSU-Bundesminister Amok laufen und ihrer Flüchtlingspolitik die Schuld in die Schuhe schieben. Sie würden dann vermutlich die Kanzlerin aus Wut stürzen.
Was könnte ihnen ihrer Bundesregierungsbeteiligung auch sonst noch nützen, wenn sie in Bayern opponieren, weil sie zuvor als zu rückgratlos wahrgenommen wären?

Hätte die CSU andererseits triumphiert, viel besser als erwartet abgeschnitten, bekäme Horst Seehofer Oberwasser, würde sie im Kabinett noch mehr piesacken und seine Obstruktions-Methode bestätigt sehen. Die Rechten in der CDU um Spahn und Pawel Ziemiak würden viel lauter schreien und womöglich den Angriff beim CDU-Wahlparteitag vom 6. bis 8. Dezember in Hamburg zum Angriff blasen.

37,4% für die CSU sind aber haargenau der Mittelwert, bei dem Merkel all die Kabale womöglich erspart bleiben.
Die CSU wird im Koalitionsausschuss nicht völlig hysterisch, sondern eher kleinlauter werden. Über kurz oder lang wird sie aber den ausgedienten Seehofer auswechseln, an dem dann aber die Zeit verbeigerauscht sein wird, weil sich die CSUler nun um seinen Rivalen Söder scharen.
Ihm wird vermutlich die Macht fehlen die von ihm so sehr gehasste Merkel mit in den Abgrund zu reißen, wenn er stürzt.

Nicht nur ein blaues Auge, sondern arg verprügelt sind Frau Nahles, Frau Kohnen und der heute auch wieder extrem unglücklich in vagen Sprechblasen agierende General Klingbeil.
Dieser hatte in allen Interviews ernsthaft erklärt es wäre nun zu früh für konkrete Folgen, man müsse das Ergebnis, das ja erst ganz frisch sei, erst analysieren. Wie erbärmlich. Als ob man das nicht hätte kommen sehen können wie die SPD abstürzt. Platz 5 in bundesweiten Umfragen wird schon länger vorhergesagt. Und genauso kam es heute auch in Bayern.
Darüber haben Klingbeil und Nahles vorher noch nie nachgedacht?

Einen Satz, den ich heute in jedem zweiten Kommentar gehört habe, der also nicht sehr originell ist, will ich hier wiederholen, weil er nun mal richtig ist:
Frau Nahles‘ Strategie, 2018 mit dem Eintritt in die Groko durch seriöse Sacharbeit der SPD-Minister zu überzeugen und verlorenes Wählervertrauen zurück zu holen, kann man getrost als auf ganzer Linie gescheitert ansehen.
Dabei ist es ebenso Konsens, daß Barley, Giffey, Maas und Scholz tatsächlich sehr gute Sacharbeit leisten. Über Maas freue ich mich jeden Tag. Wenn ich mir einen CSU-Trampel in der Rolle vorstelle, ist das schon allein ein Grund genug, diese Groko zu unterstützen. Sogar der unglückliche Herr Heil setzt konsequent Verbesserungen für die Geringverdiener und Rentner um.
Das ist ein Glück für Deutschlands Bürger, aber Pech für Nahles. Denn wenn es an debakulierenden Minister läge könnte sie diese austauschen.
Sie, die Außendarstellung, das WBH sind die Probleme.
Nahles hat Recht mit ihrem heutigen Statement, daß Merkels mangelnde Führungsstärke und die daraus folgende Eskalation im CDU-CSU-Streit heute allen Groko-Parteien geschadet habe. Großes Pech für die SPD in Mithaftung genommen zu werden.
Aber gleichzeitig beweist Nahles auch damit wieder was sie nicht kann und nicht versteht.
Wenn die SPD nach einem 9,6%-Ergebnis erklärt die CDU-Chefin habe Schuld, ist das ein Fall für Comedy-Shows.

Zwei winzige Joker hat Frau Nahles noch:

Angesichts der bundesweit prognostizierten 15% - und das könnte nach dem Tag heute noch weiter nach unten gehen – gibt es niemand in der SPD, der ihren Job haben will. Wer würde sich das freiwillig antun?

Am 28.10.2018 könnte Schäfer-Gümbel in Hessen bei einer besonderen Verkettung äußerst glücklicher Umstände etwas Ähnliches gelingen wie Söder: Nämlich nach miesen Vorzeichen anschließend als Ministerpräsident zu regieren.

RRG ist dort, anders als in Bayern vorstellbar. Die aktuellste Umfrage der konservativen FAZ prognostiziert 23% SPD, 18% Grüne und 8% Linke. Das wäre eine Sitzmehrheit gegen die CDU und AfD.
Gewänne die SPD in dieser schlimmen Lage tatsächlich ein Bundesland aus den Klauen der CDU, könnte Nahles das als Trendwende verkaufen und der SPD mehr Macht und mehr Selbstbewußtsein einhauen.

Auch das WBH wäre gestärkt, weil man dort schon länger Natascha Kohnens sachlichen Wahlkampfstil, der auf alle Angriffe verzichtete, kritisiert hatte, sich in Bayern nicht sehr stark engagierte und stattdessen auf Wiesbaden und TSG blickte.

Die folgenden Wochen wird also weiterhin das politische Mikado-Prinzip für die Groko in Berlin gelten.
Käme es in Hessen aber zu einem ähnlichen Arschtritt wie heute und würden die bundesweiten Umfragen weiter fallen, halte ich ein Ende der Groko für möglich.
Dann muss Kevin Kühnert ran.
Die SPD wird dann lange in der Opposition sitzen und alle Gering-Verdiener, armen Rentner und Grundsicherungsempfänger werden mittelfristig deutlich schlechter dastehen, wenn eine wie auch immer geartete AfD-FDP-CDU-CSU-Kooperation über sie entscheidet.