Mittwoch, 6. November 2013

Patriotismus, nein Danke.



Vorhin grübelte ich wie eigentlich das Antonym zu „Patriotismus“ lautet.
Ich bin nämlich so gar kein Patriot und kann für patriotische oder gar nationale Gefühle (gegenüber Deutschland ODER Amerika) einfach kein Verständnis aufbringen.
Auch das Wort „Stolz“ liegt mir nicht. Insbesondere könnte ich keinen Stolz auf eine Nation empfinden, da ich Stolz immer mit einer eigenen Leistung verbinde.
Was aber ist weniger ein eigener Verdienst als der Zufall wo man geboren wurde?
Wie nennt man aber nun Menschen, die keine Patrioten sind?
Im Zweifelsfall googlen. Eine Internetsuche spuckt folgende Begriffe aus:

Vaterlandsverräter, Fahnenflucht, Verrat, Unzufriedenheit, Untreue, Falschheit, Wankelmut, Unbeständigkeit, Perfidie, Nestbeschmutzer, „Jemand der sich ganz schnell verpissen sollte. Er mag sein Land nämlich nicht“, Landesverräter, Idiot, Zecke,..

Nun bin ich noch unpatriotischer, nachdem ich sehe welche Konnotationen aktiviert  werden, wenn man Menschen nach dem Gegenteil von Patriotismus fragt.
Das Abstoßende am Patriotismus ist also nicht nur das penetrante Sich-mit-fremden-Federn-schmücken, sondern die mehr oder weniger latent damit einhergehende Abwertung anderer Nationen, bzw der Nicht-Patrioten im eigenen Land.
Es stimmt eben, daß die Grenzen vom Patriotismus zum Nationalismus fließend sind und Letzterer ist einer der destruktivsten Ismen, den die Menschheit hervorgebracht hat.

Immer wenn die Patriotismuskarte gespielt wird, folgt etwas Ekelhaftes.

Jüngstes Beispiel ist die Eröffnungssitzung des aktuellen Bundestags.
Die erstarkte, fast absolute CDU/CSU-Fraktion drückte eine Neuerung durch und setzte zum Ende der Sitzung das Singen der deutschen Nationalhymne an!
Zum Mitschämen! Davon bekommt man außerdem Ohrenbluten.

Seit dem November 2011 liegen meine PERSÖNLICHEN PROBLEME nicht nur auf meinem Schreibtisch, sondern auch in diesem Blog vor.

Genauer gesagt mit meiner nationalen Identität, die schließlich eindeutig festgestellt sein will.


Ich rekapituliere:

Rot/Grün wurde 1999 nämlich von der Hessen-CDU dazu gezwungen ein modernes, sinnvolles Staatsbürgerschaftsrecht zurück zu nehmen.
Ein modernes Recht, wie es in fast allen Ländern der Welt gilt.
Nur die Deutschen mit ihrem völkischen Blutrechtsvorstellungen hängen manisch am Ius Sanguinis ( lat. Recht des Blutes); jenem Prinzip, nach dem ein Staat seine Staatsbürgerschaft an Kinder verleiht, deren Eltern oder mindestens ein Elternteil selbst Staatsbürger dieses Staates sind.
Dieses Abstammungsprinzip sieht auf den ersten Blick gar nicht so verkehrt aus, bedeutet aber eben auch, daß es komplett irrelevant ist, WO und in welchem Umfeld man geboren wurde.
Ist man vor 1974 in Deutschland geboren worden und hatte sogar eine deutsche Mutter, die sich aber bedauerlicherweise von einem Ausländer schwängern ließ, hat man dessen Staatsbürgerschaft!
Auch wenn man den Vater nie gesehen hat, das Land aus dem er stammt nie besucht hat, die Sprache nicht spricht und als in Deutschland geborener Mensch bei seiner rein deutschen Familie aufgewachsen ist!
So sagte es einst das Abstammungsprinzip - die MÜTTERLICHE Abstammung war irrelevant.
Ein Kasache, dessen Vorvorvorfahren einst unter Katharina der Großen mal nach Russland eingewandert waren, konnte hingegen nach Deutschland kommen, obwohl seit Generationen niemand mehr deutsch gesprochen hatte, niemand mehr in Deutschland gewesen war und bekam noch am ersten Tag - eingefädelt von Helmut Kohls legendären Staatssekretär Horst Waffenschmidt (1982 bis 1997 Parlamentarischer Staatssekretär beim Innenminister und von 1988 bis 1998 Aussiedlerbeauftragter Kohls, zur Zeit tot) sofort einen deutschen Pass.

Natürlich blicke ich jetzt mit einem besonderen persönlichen Interesse auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin. Wird es der SPD gelingen die Union von ihrer diskriminierenden Optionspflicht abzubringen, so daß Menschen wie ich endlich zwei Staatsbürgerschaften erhalten können?
Tatsächlich würde ich so ein großzügiges Angebot der Regierung annehmen, wenn ich dafür nicht meinen US-Pass schreddern lassen müßte.
Wie so ein Gesetz konkret aussähe, weiß ich natürlich noch nicht.
Im Moment wäre es aber höchstwahrscheinlich unmöglich für mich Deutscher zu werden, selbst wenn ich aufhörte Ami zu sein, da meine finanziellen Verhältnisse nicht üppig genug sind, um zu beweisen, daß ich kein Sozialfall werden kann.

Unterdessen macht sich meine lokalpatriotisch geliebte Heimatstadt Hamburg unter ihrem erfolgreichen Bürgermeister Scholz daran systematisch hier lebende Ausländer zur Einbürgerung einzuladen.
So einen Scholz’schen Brief habe ich selbstverständlich auch schon erhalten; kann aber aus o.g. Gründen nicht darauf eingehen.
Viele andere Ausländer in Hamburg haben offenbar mehr Zaster als ich.

Rekord: Hamburg hat die höchste Einbürgerungsquote.
Die Zahl der Einbürgerungen in Hamburg hat einen Höchststand erreicht. Im vergangenen Jahr haben 5736 Menschen in der Hansestadt die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Zum Vergleich: Im Jahr 2008 waren es noch 2800 Einbürgerungen. Die Zahlen des laufenden Jahres deuten darauf hin, dass dieser Wert Ende 2013 noch einmal übertroffen wird. Bis Ende Juni wurden 3747 Einbürgerungen gezählt. [….] So versendet Scholz monatlich rund 3700 persönliche Anschreiben an Einwanderer, um diese zu Einbürgerungsanträgen zu ermuntern. Seit Dezember 2011 sind 72.173 dieser Briefe versendet worden. Die nun seit sieben Jahren laufenden Bemühungen der Stadt machen sich auch im bundesweiten Vergleich bemerkbar. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden in Hamburg, gemessen an der Einwohnerzahl, die meisten Menschen in Deutschland eingebürgert. Die Quote betrug im Jahr 2011 – neuere Zahlen sind noch nicht veröffentlicht – 2,28 Prozent. Es folgen die Flächenländer Schleswig-Holstein (2,03 Prozent) und Hessen (1,84 Prozent). Berlin etwa hinkt mit einer Quote von 1,41 Prozent deutlich hinterher. Bundesweites Schlusslicht ist Sachsen (0,77 Prozent).
 (HH Abla, 06.11.13)

Ich würde Olaf Scholz den „Erfolg“ gönnen seine Einbürgerungsquote durch mich noch zu erhöhen – wenn ich reich genug dazu wäre.
Das war eine Konjunktiv-Formulierung.
Der Leitartikel des stellvertretenden Abendblatt-Chefredakteurs Iken löst bei mir allerdings wieder so einen antipatriotischen Brechreiz aus, daß ich mit solchen Typen wirklich nicht meine Staatsbürgerschaft teilen möchte – selbst wenn man mich ließe.

Einbürgerung ja, Doppelpass nein!
Die Einbürgerung ist ein wichtiges Ziel, die doppelte Staatsbürgerschaft ist es nicht
[….]  Es ist so gut wie richtig, Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft zu verleihen, die seit Langem in der Bundesrepublik zu Hause sind. Wer den deutschen Pass bekommt, bekennt sich zu seiner neuen Heimat; er genießt fortan dieselben Rechte – allen voran das aktive wie passive Wahlrecht – und dieselben Pflichten wie früher den Wehrdienst. Wichtiger noch als der formale Akt aber ist die Symbolik: Deutschland, dieser Schmelztiegel im Herzen Europas, der sich lange Zeit gewehrt hatte, "Einwanderungsland" zu sein, und Zuwanderer als "Gastarbeiter" behandelte, baut endlich Brücken und bezieht die Ausländer von gestern als Deutsche von morgen ein.
Wer am tieferen Sinn dieser Politik zweifelt, sollte eine Einbürgerungsfeier im Festsaal des Rathauses besuchen: Der Festakt mit der Verleihung der Einbürgerungsurkunde durch den Bürgermeister und dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne ist ein Hochamt der bürgerlichen Demokratie.
Die Staatsbürgerschaft ist ein Bekenntnis – und dieses Bekenntnis ergibt Sinn. Bei allem Verständnis für die Betroffenen und ihre Schwierigkeiten, sich zu entscheiden, der Staat darf ein eindeutiges Bekenntnis verlangen – und er sollte es tun. [….] Zu Recht haben die Gesetzgeber seit 2000 ein Optionsmodell geschaffen – Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren werden, erhalten automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, müssen sich aber zwischen dem 18. und 23. Lebensjahr für den bundesrepublikanischen Pass oder den ihrer Eltern entscheiden. Das ist, anders als die SPD derzeit in den Koalitionsverhandlungen glauben macht, eben nicht zu viel verlangt.
Eine doppelte Staatsbürgerschaft schafft doppelte Probleme. Diese beginnen bei einem theoretischen Mehrfachwahlrecht etwa bei Europawahlen, erstrecken sich über Schwierigkeiten im Privatrecht und hören bei der Frage nach den Pflichten, etwa dem Wehrdienst, nicht auf.
(Leitartikel Iken 06.11.13)

Was bildet sich dieser Iken eigentlich ein?
Ich lebe schon länger in Deutschland als er und dennoch meint er von mir erst einmal verlangen zu müssen mich zu bekennen und gemeinsam die Nationalhymne zu singen, bevor es überhaupt möglich ist dieselben Rechte zu erhalten, die Iken schon seit seiner Geburt im Jahr 1970 innehat?
Wer ist er, daß er sich einbildet etwas von mir „verlangen“ zu dürfen?
Und weiß er nicht, daß multiple Staatsbürgerschaften in allen anderen westlichen Ländern die Regel sind? Jeder, der beispielsweise in Amerika geboren wird, ist sofort automatisch Amerikaner- vollkommen unabhängig davon, ob er noch andere Staatsbürgerschaften bekommt, oder nicht.
Und das soll „doppelte Probleme“ bringen?
Nein, ich glaube, daß ich gar nicht die Staatsbürgerschaft eines Landes haben möchte, in dem man sich mit so anmaßenden Blutrechtsvorstellungen aufbläst.

Dienstag, 5. November 2013

Politischer Klimawandel



 Von den guten 70% Zustimmungsraten Ende 2008 ist Barack Obama auf blamable 40% abgestürzt.
Dafür daß er dennoch 2012 wiedergewählt wurde, schickt er vermutlich immer noch regelmäßig Dankschreiben an die GOP, die mit unterirdischer Performance und grenzdebilen Herausforderern (Cain, Bachmann,…) ein Klima schaffte, in dem auch Lothar Matthäus als mit Abstand intelligentester Kandidat gute Wahlchancen gehabt hätte.
Eigentlich wird man in Amerika mit solch einer langen Liste von unerfüllten Wahlversprechen nicht wiedergewählt, aber zu Recht befanden ihn die Amis immer noch als das geringere Übel.
40% Zustimmungsrate sind für einen amtierenden Präsidenten  ein Armutszeugnis.
Aber in der Relation kann man auch damit noch glänzen. In Umfragen liegt die Republikanische Partei bei 20%.
George W. Bush fuhr seine Maximalzustimmungsrate von 90% (kurz nach den WTC-Anschlägen 2001) kontinuierlich auf bis zu unter 30% zum Ende seiner Amtszeit herunter.
Das ist das Problem der GOPer; es gelingt ihnen zwar durch ihr beständiges Mit-Dreck-bewerfen Obama nachhaltig zu diskreditieren und politisch zu blockieren, aber sie selbst stürzen dabei noch mehr ab.
Der parteipolitische Nutzen in einem Mehrheitswahlrechtsystem ist mit einer Totalblockade im Gaga-Stil nicht zu erreichen.
Die „politischen“ Argumente der Rechten sind für jeden auch nur halbwegs geistig Gesunden nicht ernst zu nehmen. Daß Obamas Wiederwahl da als Zeichen von Gott für den Untergang Amerikas gewertet wurde, gehört zu den Standardansichten der Republikaner.
Einer der fanatischsten Irren der GOP und potentieller Präsidentschaftskandidat, Senator Ted Cruz, stammt aus der richtigen Familie. Sein Vater, Pastor Rafael Cruz, erkannte daß der US-Kongress vom Satan kontrolliert wird.

After denouncing evolution and gay rights as Marxist lies, Rafael Cruz told a Texas Christian men’s group in June that Satan controls the US government. While quoting Second Great Awakening evangelist Charles Grandison Finney, he said that the US has fallen into a state of moral decline.
“‘If the world loses its interest in religion,’ does that sound like today?” Cruz said, “‘If Satan rules in the hall of legislation,’ man this sounds like he’s talking about right now.’”

Der 2012er Präsidentschaftskandidatenkandidat Rick Santorum erkannte kurz zuvor, daß auch die US-Filmindustrie vom Satan persönlich regiert wird.

Rick Santorum is asking you to do your part to free movie theatres from the Devil’s clutches by purchasing tickets to his upcoming movie, The Christmas Candle. [….]
Santorum, who has previously said that Satan has control over mainline Protestantism and universities, thanked viewers in advance for seeing the movie.
“This is a tough business, this is something that we’re stepping out,” Santorum said, “and the Devil for a long, long time has had this, these screens, for his playground and he isn’t going to give it up easily.”

Bradlee Dean, Moderator der Radio talk show, “The Sons of Liberty” und Gründer der in Minnesota beheimateten christlichen Jugendorganisation You Can Run But You Cannot Hide International (YCRBYCHI) klärte die Nation darüber auf, daß Obama heimlich schwul sei, 225 Tunten in die wichtigsten Positionen der US-Regierung gebracht hätte, damit Heterosexuelle diskriminiere und zudem die Scharia einführen wolle.

Bradlee Dean, who has entertained the notion that President Obama is secretly gay, thinks that the president is practicing “discrimination towards heterosexuals” and “advocates Shariah law.”
“Look at who President Barrack Hussein Obama and this current administration have appointed to key positions in government–over 225 homosexuals,” Dean writes in a WorldNetDaily column published yesterday. “Talk about discrimination towards heterosexuals.”

Für Michael Moore, Bill Maher und Jon Stewart sind das beruflich rosige Zeiten.

Den GOPern bleibt eigentlich nur noch übrig mit Tricks die demokratischen Wähler am Wählen zu hindern, erklärt Rachel Maddow hier sehr schön.


Bei richtigen Wahlen sieht es allerdings für die politische Rechte zunehmend düster aus.
Der Bogen ist überspannt. Das Land rückt in seiner Mehrheit offenbar tatsächlich nach links. Heute findet die Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt der Hauptstädte statt. Und alles andere als ein Erdrutschsieg des Linken de Blasio wäre eine riesige Überraschung.

Die Bürgermeisterwahl in New York scheint längst entschieden: Siegen dürfte der Links-Demokrat Bill de Blasio. Mit seinen Klassenkampf-Parolen signalisiert er eine Zeitenwende - nicht nur in der Millionenmetropole.
[….]    Der Aufstieg des progressiven Ex-Aktivisten zum designierten Nachfolger des Multimilliardärs Michael Bloomberg, der New York City zwölf Jahre lang mit harter Hand managte wie einen Großkonzern, signalisiert eine Zeitenwende - nicht nur für die Stadt, sondern, so hoffen manche, für die gesamten USA. Denn mit seinen Parolen gegen ökonomische Ungleichheit und für eine fairere Gesellschaft, mit seinen Steuerplänen für die Reichen und seiner multikulturellen Familie verkörpert de Blasio eine "neue Linke".
So jedenfalls beschreibt der Kolumnist Peter Beinart ("Daily Beast") das Phänomen: Finanzkrise, Rezession und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich hätten die jüngste US-Wählergeneration "nach links gedrückt". Ähnlich sieht es Chrystia Freeland in der "New York Times": "Nie waren die Plutokraten reicher" - was wiederum eine neue Gegenbewegung befeuere.
Und nirgends ist der Nährboden dafür besser als in New York City, der Stadt mit den zwei Gesichtern. Auf der einen Seite die Wall Street, die VIP-Herbstauktionen, die 95-Millionen-Dollar-Luxusimmobilien - auf der anderen Seite ein vergessenes Obdachlosenheer, das so groß ist wie seit Jahrzehnten nicht und mehr als 12.000 Familien mit Kindern umfasst. Fast 400.000 Millionäre leben hier, plus 70 Milliardäre, angeführt vom Tea-Party-Finanzier David Koch und Bloomberg. Zugleich darben 1,7 Millionen New Yorker unterhalb der Armutsgrenze - 21 Prozent aller Einwohner. Das von Touristen und Oligarchen überlaufene Manhattan ist für Normalsterbliche kaum mehr erschwinglich. Die fliehen zunehmend nach Brooklyn und Queens, wo sie bald ebenfalls zu Opfern der Gentrifizierung werden.
[…]  Dagegen hat de Blasios republikanischer Rivale Joe Lhota keine Chance. Dabei vereint dessen Lebenslauf die zwei Pole New Yorks fast noch besser: Sohn eines Cops aus der Bronx, Investmentbanker, Vize-Bürgermeister, Chef der Verkehrsgesellschaft MTA.
Hilft alles nichts: In letzten Umfragen lag de Blasio 45 Prozentpunkte vor ihm.

Außerdem finden zwei Gouverneurswahlen statt, bei denen sich die Zimmertemperatur-IQ-Teebeutler gründlich ins Abseits manövriert haben dürften.

Tea Party droht Doppelschlappe
Es geht gegen Amerikas Radikalinskis: Die Wähler von Virginia und New Jersey entscheiden am Dienstag über ihre Gouverneure. […]  In Virginia gilt Demokrat Terry McAuliffe als Favorit für den Posten des Regierungschefs.
[…]  McAuliffe […] hat einen entscheidenden Trumpf: seinen Gegenkandidaten Ken Cuccinelli. Der ist Virginias Generalstaatsanwalt und Vertreter der Tea Party. Cuccinelli kämpft an allen Fronten gegen das 21. Jahrhundert: gegen das Recht auf Abtreibung, gegen die Homo-Ehe, gegen spanische Sprache am Arbeitsplatz, gegen den allgemeinen Krankenversicherungsschutz. Das volle Programm. Als einen "vollkommen Irren" hat ihn das Magazin "The New Republic" beschrieben.
Und seitdem Rechtsaußen-Abgeordnete die US-Regierung im Oktober für zwei Wochen lahmlegten, ist die Tea Party in den Umfragen eingebrochen. Das gilt umso mehr für Virginia, da hier viele Bundesangestellte sowie Militärs leben, die der Shutdown empfindlich traf. Ganz Amerika schaue jetzt auf den Acht-Millionen-Einwohner-Staat, rief Hillary Clinton bei einem Wahlkampfauftritt: "Werden Virginias Wähler der spalterischen Politik den Rücken kehren und den Weg zurück zu gesundem Menschenverstand weisen?" […] Das würde auch Chris Christie nutzen. Der Republikaner und Gouverneur von New Jersey hat sich von seinen nach rechts driftenden Parteifreunden abzusetzen gesucht, wo er nur konnte. Die Bürger scheinen das zu goutieren: Stimmen die Umfragen, dann könnte der 51-Jährige an diesem Dienstag sogar mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gegen Herausforderin Barbara Buono wiedergewählt werden - in einem strukturell demokratischen Staat.
Christie hat sich beim Krisenmanagement von Supersturm "Sandy" im vergangenen Jahr an der Seite von Barack Obama als Volkstribun inszeniert; zuletzt hat er seinen Widerstand gegen die Home-Ehe aufgegeben. Ideologie? Nicht mit dem "Boss", wie das "Time-Magazin" Christie einst titulierte.
Der gleichermaßen für seine Körperfülle und seine konfrontative Art bekannte Christie hatte schon vor Monaten das republikanische Agieren im Haushaltsstreit als "enttäuschend und ekelerregend" bezeichnet. […]  

Der heutige Tag dürfte für Cruz, Bachmann, Palin, Ryan, Paul und Co ein Alptraum werden.
Aber wenn wundert das? Immerhin hatten sie ja schon länger erkannt, daß Satan die USA regiert.

Montag, 4. November 2013

Die Snowden-Causa


Das ist schon lustig; normalerweise changiert Christian Ströbeles Ansehen in der Unionsfraktion irgendwo zwischen „linksradikaler RAF-Sympathisant“ und „vertrottelter Öko-Geront.“
Ernst genommen wird er jedenfalls nicht auf der rechten Seite des Parlaments.
Vermutlich sehen das sogar einige seiner grünen Fraktionskollegen ähnlich, aber als der Mann mit dem einzigen Direktmandat ist er natürlich sakrosankt.

Sein Coup, mit zwei Journalisten nach Moskau zu reisen um dort Snowdens Gesprächsbereitschaft und den Wunsch nach Deutschland zu kommen, auszuloten, war allerdings so beeindruckend, daß selbst einige CDU’ler Respekt bekunden.
Hätte Deutschland eine normale Regierung, wäre auch längst ein offizieller Emissär zu Snowden geschickt worden. Bedauerlicherweise haben wir aber nur die Politsimulantengang mit Friedrich, Westerwelle und Co. Daher gab es selbstverständlich keinerlei Initiative aus Berlin.

Die jetzt im Raum stehende Idee Ed Snowden Asyl in Deutschland zu gewähren, unterstütze ich ausdrücklich. Die Gründe dafür zu erklären, erübrigt sich in diesem Blog, da ohnehin fast alle Medien breit darüber berichten. So lautet etwa die aktuelle SPIEGEL-Titelgeschichte „Asyl für Snowden“ und greift damit eine Idee des SZ-Innenpolitik-Chefs Heribert Prantl auf.

Ich zitiere heute extra nur eine Stimme.

Gewähren Sie Asyl, Frau Bundeskanzlerin!
Politiker und Prominente fordern im SPIEGEL Asyl für Edward Snowden. Tatsächlich liegt das Schicksal dieses modernen Helden jetzt in Merkels Hand. Denn in Europa wäre nur Deutschland stark genug, dem Zorn der USA zu widerstehen.
Asyl für Edward Snowden? Die Frage stellte sich schon im Sommer, und damals hat die Bundeskanzlerin abgelehnt. Sie versteckte sich hinter einer Floskel: "Das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt sind nach ihrer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für politisches Asyl oder eine Aufenthaltsgewährung aus anderen Gründen nicht vorlagen."
Das war schon damals falsch.
Aber heute lässt sich das gar nicht mehr halten. Wir wissen jetzt, dass es den Amerikanern bei unserer Überwachung nicht um Sicherheit geht, sondern um Macht. Angela Merkel sollte also dem Mann Schutz und Asyl gewähren, der uns die Augen für das wahre Verhältnis von Sicherheit und Macht im digitalen Zeitalter geöffnet hat. Asyl für Snowden, das wäre ein mächtiges Signal dafür, dass wir unsere Rechte nicht der amerikanischen Herrschaft unterordnen - und überhaupt nicht der digitalen Herrschaft, denn das läuft heute auf dasselbe hinaus.
Wir stehen in Snowdens Schuld. Er hat uns die Augen geöffnet. Wir können jetzt die Wirklichkeit besser erkennen. […]
Deutschland sollte Edward Snowden Asyl gewähren - und durchaus nicht nur als symbolische Handlung. Denn eines Tages wird dieser Edward Snowden Nachahmer haben. Der ungeheure Überwachungsapparat der USA wird sie hervorbringen. Wenn wir Snowden schützen, wissen sie, dass sie auf unsere Hilfe zählen können. Darin liegt für die US-Dienste, die unsere Freiheit bedrohen, die schlimmste Gefahr.

Natürlich wird es nie dazu kommen, daß Snowden in Deutschland vor den US-Häschern geschützt wird. Wenn Putin ihn im Sommer 2014, wie angekündigt des Landes verweisen wird, werden wir aus bequemer Entfernung einfach zugucken, wie er untergeht.

Es spricht nämlich eine Sache gegen Asyl in Deutschland: Das ginge nur, wenn Deutschland eine Bundesregierung und einen Regierungschef mit Rückgrat hätte.
Und wir haben eben bloß Merkel. Causa Finita.

Interessant ist die Wortwahl der Regierungschefin mit dem politischen Amöbenkurs:

Das transatlantische Verhältnis habe eine „überragende Bedeutung!“
Nun erkennen wir auch weswegen sich Merkel den extrem frommen ZDF-Mann Seibert als Regierungssprecher hält. Er findet offenbar diese Verschleierungsbegriffe, die politisch und juristisch keinerlei Bedeutung haben, keine Konsequenzen nach sich ziehen und eine allgemeiner Tranquilizer-Funktion haben.
Mit „überragender Bedeutung“ scheint in diesem Fall aber zunächst einmal ein Freifahrtschein für jede Internationale Sauerei der Amis gemeint zu sein: Guantanamo, illegale Angriffe auf souveräne Staaten, Nichtanerkennung internationaler Konventionen. Blockade von Klimaschutz und Abrüstung. Milliardenfacher Mißbrauch an den Persönlichkeitsrechten.

Die Enthüllungen über die US-Spionage zeigen: Die USA sind ein Regime der Angst. Die Überwachung des Handys der Kanzlerin sowie von Oppositionspolitikern sind nur die Spitze des Eisbergs. Ein »Weiter So!« in den deutsch-amerikanischen Beziehungen ist inakzeptabel. Es geht um die Sicherheitsinteressen Deutschlands, nicht um eine Privatsache von Merkel & Co.
Der eigentliche Skandal ist die Überwachung von Millionen Bundesbürgern, die selbst die Fantasie Orwells übertrifft und totalitäre Systeme vor Neid erblassen lässt. Die Aktivitäten der National Security Agency (NSA) sowie der Satellitendienste in Europa strafen auch die Illusion von der freien Welt des Internets Lügen: Konzerne wie Facebook, Yahoo und Google kooperieren mit den Geheimdiensten bzw. werden angezapft.
Wir verdanken die Enthüllungen dem Mut des jungen Mannes und einstigen CIA-Mitarbeiters Edward Snowden. Er ist der wichtigste Zeuge gegen diesen Angriff auf unsere Freiheit. Gerüchte, er befinde sich an Bord des bolivianischen Regierungsfliegers, veranlassten die EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Spanien, Italien und Portugal auf Geheiß der USA, dem Präsidenten Evo Morales im Juli die Überflugrechte auf dem Rückweg von Moskau zu verweigern. Mit anderen Worten: Es wurde mit dem Abschuss der Präsidentenmaschine gedroht. Das ist eine unvorstellbare Aggression und Verletzung des Völkerrechts bzw. der Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und zeigt die Angst der USA vor der Wahrheit. Die Vereinten Nationen verurteilten die erzwungene Landung von Morales in Wien. Die Botschaft des US-Präsidenten an Snowden lautete: Du bist außerhalb Russlands nicht sicher.
Snowden wird aber offenbar auch von Angela Merkel gefürchtet. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages im Auftrag der Linksfraktion zeigt: Deutschland könnte ohne Probleme Snowden sicheres Geleit und Asyl gewähren, insbesondere um vor einem NSA-Untersuchungsausschuss auszusagen. Die Bundesregierung hat jedoch kein Interesse an einem solchen Ausschuss geschweige denn einem Auftritt Snowdens. Sie müsste sich folgende Fragen gefallen lassen: Was wusste der Bundesnachrichtendienst (BND) und was wusste die Kanzlerin wann? Genau das muss aufgeklärt werden. Und der Bundestag sollte die US-Regierung auffordern, die Strafverfolgung Edward Snowdens sowie des Whistleblowers Chelsea (Bradley) Manning umgehend einzustellen. Das wäre eine Sternstunde des Parlaments.
Deutschland muss das Verhältnis zu den USA neu ordnen: [……]

Tja, da ist offensichtlich jemand sauer.
Merkel kann mit dem Begriff von der „überragenden Bedeutung“ alles zukleistern. Sie meint damit offensichtlich, was der Begriff an sich gar nicht hergibt: Nämlich devotes Buckeln und jeden Rechtsbruch, jede Kriegstreiberei, jede noch so dreiste Lüge stoisch und stumm abzusegnen. Bloß keine Fragen stellen.
Dabei wäre es sicher sprachlich korrekter unter „überragender Bedeutung“ zu verstehen,
daß man sich um solche Beziehungen auch entsprechend intensiv bemüht und dementsprechend Fehlentwicklungen genau und aufmerksam detektiert.
Merkel wird – wieder einmal – ihrem Amtseid nicht gerecht und schadet Deutschland.
Aber dafür liebt sie der Urnenpöbel.

In der Sitzung des CDU-Präsidiums am Montag, so berichten es Teilnehmer, mahnte Angela Merkel, die Asyl-Debatte um Snowden müsse eine andere Facette bekommen - nämlich, was die Aufnahme für das Verhältnis zu den Amerikanern bedeuten könnte.
Vor diesem Hintergrund sei die Botschaft eindeutig gewesen, heißt es: Snowden kommt nicht nach Deutschland. Und eben diese Botschaft ließ Merkel ihren Regierungssprecher Steffen Seibert später unters Volk bringen, diplomatisch verpackt, aber doch klar und deutlich. Eindringlich warnte Seibert vor einem Zerwürfnis mit den USA: "Das transatlantische Bündnis bleibt für uns Deutsche von überragender Bedeutung."
Die Kanzlerin sehe sich dem Schutz der Daten und der Privatsphäre der Bürger vor unerlaubten Zugriffen verpflichtet, so Seibert weiter. "Bei alledem geht es aber auch immer um unsere Sicherheits- und unsere Bündnisinteressen." Kaum ein Land, erinnerte er indirekt an die Hilfe der Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg, habe wie Deutschland von der Freundschaft zu den USA profitiert.
Eine Einschätzung, die auch von anderen in der Regierung und außerhalb geteilt wird. Der derzeit geschäftsführende Außenminister Guido Westerwelle (FDP) appelliert: "Bei allem Ärger, eine gute Partnerschaft mit den USA ist unersetzbar. Auf beiden Seiten des Atlantiks müssen wir jetzt darauf achten, das Verhältnis nicht dauerhaft zu beschädigen." [….]

Tja, wenn Obama das gewußt hätte, als er am 19.06.2013 in Berlin war, hätte er vielleicht auch beherzt nach dem Tafelsilber gegriffen oder an Angela Merkels Schreibtisch uriniert.
Unter Merkel lassen sich Deutschlands Bürger bereitwillig demütigen und veräppeln.