Angela Merkel ist keine amerikanische Wahlkämpferin, daher
äußert sie niemals direkt, was sie von Donald Trump hält, behandelt ihre
Telefonate mit ihm vertraulich.
In den vergangenen dreieinhalb Jahren ist aber immer wieder
von amerikanischer Seite durchgesickert wie unflätig er sie beschimpft, wie
desinformiert er ist, wie ungehalten er ist und mit welcher Ignoranz er
reagiert.
Es ist auch bekannt, daß sie stets die Ruhe behält und seine
verbalen Attacken an sich abtropfen lässt.
Möglicherweise ist das einer der Gründe dafür weswegen IQ45
die Bundeskanzlerin ganz besonders verachtet und daher, um sie persönlich zu
strafen 10.500 US-Soldaten aus Deutschland abziehen lässt.
Aus deutscher Sicht ist es aber recht unbefriedigend ihn
immer wieder über die nicht eingehaltenen NATO-Verpflichtungen ätzen zu hören.
Bei jeder Gelegenheit pöbelt er, die Deutschen bezahlten ihre NATO-Beiträge
nicht. Offenbar glaubt er, es handele sich dabei um einen festen
Mitgliedsbeitrag, der in Brüssel entrichtet werden müsse, so wie die
Einzelstaaten auch für UN-Programme wie die WHO einzahlen.
Das ist natürlich blanker Unsinn und beruht einmal mehr auf
Trumps Borniertheit.
Richtig ist aber, daß es eine Selbstverpflichtungszusage
gibt. Demnach strebt Deutschland an zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für
die Verteidigung, also das deutsche Militär auszugeben.
Zu gern weisen konservative deutsche Journalisten darauf
hin; hier habe Trump einen Punkt. In der Tat gebe die Bundesrepublik zu wenig
für das Militär aus.
Von konservativer Seite lässt sich besonders gut auf der
Zusage herumhacken, weil sie 2002 unter Schröder (SPD) und Struck (SPD)
angedacht und schließlich 2014 in Wales mit dem Segen Merkels (CDU) und
Steinemeiers (SPD) festgeschrieben wurde.
[….] Aber nicht Trump dachte sich die Zwei-Prozent-Vorgabe aus. Es handelt
sich um ein Ziel, das sich die NATO-Staaten gemeinsam setzten - lange vor Trump
und in einer Zeit, als der SPD-Politiker Peter Struck Verteidigungsminister war:
zum NATO-Gipfel 2002 in Prag.
Damals wurden die baltischen Staaten, Bulgarien, Rumänien und die
Slowakei eingeladen, Mitglieder der Allianz zu werden. Eine Bedingung war es,
"genügend Ressourcen" in die Verteidigung zu investieren. Der
Richtwert für jeden Aspiranten lautete zwei Prozent seines BIP. Der Gerechtigkeit
halber sollten aber auch jene Staaten, die der NATO bereits angehörten, dieses
Ziel anstreben.
Festgeschrieben wurde das Zwei-Prozent-Ziel noch einmal 2014 beim
NATO-Gipfel in Wales. Das war nach der Annexion der Krim und dem Kriegsausbruch
in der Ukraine. Als Bundesaußenminister anwesend war auch SPD-Politiker
Frank-Walter Steinmeier.
Konkret wurde in Wales beschlossen, dass die NATO-Staaten "darauf
abzielen, sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent
zuzubewegen" und mindestens 20 Prozent davon in "neues Großgerät
einschließlich damit zusammenhängender Forschung und Entwicklung" zu
investieren.
Für Deutschland bedeutet dies, bis 2024 die Verteidigungsausgaben von
derzeit etwa 1,2 Prozent des BIP fast zu verdoppeln. Dann käme - abhängig von
der wirtschaftlichen Entwicklung - ein Betrag von etwa 60 Milliarden Euro
zustande. […..]
Es war zwar vage formuliert, nicht mit konkreten Zeitangaben
und Sanktionen bei Zuwiderhandlungen versehen, aber in der Tat sind die zwei
Prozent nicht erreicht worden.
An dieser Stelle liegt Whataboutism besonders nahe.
Denn die Zielvorgaben bei NATO- und G7/8-Abschlusserklärungen
werden so gut wie nie eingehalten. Die westlichen Staaten zahlen nicht die 1970 verabredete Entwicklungshilfe von 0,7% des BIP,
auch Deutschland verfehlt heute diesen Anspruch.
Deutschland reißt mit Karacho die EU-Ziele zur CO2-Reduzierung
und hält sich genauso wenig an die drei Stabilitätsziele der EURO-Einführung
von 2002.
Zusagen zur Rüstungsexportreduktion und insbesondere zur
humanitären Hilfe werden ohnehin nie eingehalten. Die EU schafft es noch nicht
einmal den Hunger in Flüchtlingslagern einzudämmen, weil die Mittel fehlen.
Unangefochtener König der gebrochenen Versprechen und nicht
geleisteten internationalen Zahlungen ist aber selbstverständlich die USA des
Donald Trump.
Trump war schon sein Leben lang ein Betrüger und
Vertragsbrecher, aber als US-Präsident bereitet es ihm ein besonderes Vergnügen
geltende Verpflichtungen und Verträge zu zerschmettern. Aus tritt aus der WHO,
Iran-Atom-Abkommen, Pariser-Klimaziele.
Im Lichte dieser neuen Vagheit aller Zusagen sollte man doch
wenigstens eine geistigen Evaluierungsprozess der militärischen Zusagen von
2002 durchführen.
Dabei kommt man zu einem klaren Ergebnis: Das 2%-Ziel ist
obsolet.
[…..] Seit vielen Jahren gilt die Devise, jeder Mitgliedstaat solle zwei
Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben. Das leuchtet nicht
ein. […..] Donald Trump hat für
Politik und Diplomatie keinen Sinn. Dass er je ein erfolgreicher
Wirtschaftsboss gewesen ist, wird mit guten Gründen bezweifelt. Sein Denken ist
simpel: Die Nato-Verbündeten sollen mehr Geld für Waffen ausgeben, weil das nur
"fair" sei; auf die amerikanische Führungsrolle in der Welt will er
aber nicht verzichten. […..] Längst
bevor Trump ins Weiße Haus kam, war es ausgemacht: Alle Nato-Mitglieder sollen
zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Aufrüstung ausgeben. Wie man auf
zwei Prozent kam, ist ein Rätsel. Die Ziffer Zwei scheint etwas Zauberhaftes an
sich zu haben: Erfahrene Leute der Europäischen Zentralbank benennen sie als
die gewünschte Inflationsrate. Auch hier stellt sich die Frage, warum es gerade
die Zwei sein soll, die den Sicherheitsabstand zu der von den Zentralbankern so
gefürchteten Deflation leisten soll. Womöglich wurde das, wie man so sagt, Pi
mal Daumen entschieden. Eins, Zwei, Drei? Wir nehmen das gute Mittelmaß: die
Zwei. […..] Seit der Antike ist die
Rede vom Frieden, den es per Aufrüstung zu bewahren gelte. Vermutlich wird die
Menschheit sich eher massakrieren, als dass alle gemeinsam einsähen, wie absurd
dieses Argument ist. […..]
Statt sich also stets peinlich berührt weg zu ducken, wenn
Trump zur Zwei-Prozent-Schelte ansetzt, sollte Angela Merkel offiziell erklären
‚Lieber Herr Trump, wie Sie ja selbst am besten wissen, kommt man nach einigen
Jahren oft zu dem Schluss, daß die von Vorgängerregierungen zugesagten
Verpflichtungen nicht mehr zeitgemäß oder gar ganz falsch sind. Daher ziehe ich
die Zusage zu dem 2%-Ziel zurück.‘
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