Deutschland saß natürlich auch mit Corona in der Scheiße, aber da saßen alle Länder, also auch Deutschlands ökonomische Konkurrenten, in der Scheiße.
Wenn aber die Menschen zwischen Flensburg und Bodensee im Winter heulend und frierend zu Hause hocken, weil kein Strom aus der Steckdose kommt und die Großindustrie komplett in die Knie gegangen ist, weil kein Gas mehr geliefert wird, werden China, Japan und die USA uns herzlich auslachen, weil die sich nicht in einseitige Abhängigkeit von Putins Gas begeben haben und daher deren Ökonomien weiter funktionieren werden. Dann sitzten nur Deutschland und ein paar andere europäische Deppen in der Scheiße.
Die ganze Teutonenmisere wird durch eine Doppeltragik begleitet:
Erstens waren wir mit der rotgrünen Schröder-Regierung schon mal viel weiter, waren führend bei Wind- und Solarenergie. Aber das wurde von CDUCSU (Merkel, Altmaier, Seehofer, Guttenberg) und insbesondere der FDP (Rösler, Brüderle, Westerwelle) alles zerschmettert.
[….] Wenn man sich vor Eisbergen fotografieren lässt, aber vergisst, dass Eisberge schmelzen, wenn man aus allen möglichen Dingen aussteigt – zu Recht –, aber vergisst, dass man dafür eine Infrastruktur aufbauen muss, wenn man klimapolitische Beschlüsse fasst, sie aber nicht mit Maßnahmen unterlegt, dann lässt man Deutschland im Regen stehen. Das haben wir in der Vergangenheit erlebt: immer größere Abhängigkeit von russischen fossilen Energien, mangelnde Diversifizierung, Nichteinhaltung der klimapolitischen Ziele, schleppender, ja zusammengebrochener Ausbau der erneuerbaren Energien, Zerstörung der Solar- und in weiten Teilen auch der Windindustrie, die wir in diesem Land schon hatten, Verlust von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen und einem marktwirtschaftlichen Hochlauf für die Zukunftstechnologien, Bremsen in Europa, kein Plan, kein Überblick. Und Sie sagen, das, was wir jetzt machen, sei Schönwetterpolitik. Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland steht buchstäblich im Regen. Hätten wir diese Pakete vor zehn Jahren durchgezogen, würden wir heute ganz anders dastehen. […]
Zweitens ist der deutsche Urnenpöbel so verblödet, daß er nun schon wieder die CDUCSU in allen bundesweiten Umfragen weit vorn sieht.
Natürlich sitzen wir im Herbst richtig in der Scheiße und haben es aufgrund spezifisch germanischer Volksverdummung auch nicht besser verdient.
Der Gasspeicher Rehden wurde 2015 an Gazprom verkauft.
[….] Zwischen Bremen und Osnabrück liegt im niedersächsischen Rehden der bundesweit größte Gasspeicher. Mit einer Kapazität von 3,9 Milliarden Kubikmetern macht der tief in der Erde liegende Gigant ein Fünftel des deutschen Lagerplatzes aus. Zum Vergleich: Das entspricht dem Jahresverbrauch von rund zwei Millionen Einfamilienhäusern. Mehrere Erdgasleitungen fließen dort zusammen, unter anderem befördert die NEL-Pipeline Gas aus Russland nach Rehden. [….]
Als Putin den Speicher 2021 im Zuge seiner Ukraine-Pläne leeren ließ, verließen sich Wirtschaftsminister Altmaier und Kanzlerin Merkel – beide CDU – auf ihren guten Draht nach Moskau. Der CDU-Minister übernahm die Prognosen über den zukünftigen Gasverbrauch Deutschland ungeprüft von der Nordstream2-AG.
[….] Im Ministerium habe lange die Haltung dominiert, dass Russland ein zuverlässiger Geschäftspartner sei, berichten ehemalige und aktive Spitzenbeamte. Eine enge Energiepartnerschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sei »als zentraler friedensstiftender Faktor angesehen worden«. Selbst Russlands Invasion auf der Krim und der Krieg in der Ostukraine hätten diese Einstellung nicht erschüttert. Der Spruch von »Putins Gasleitung ins Ministerium« machte die Runde. [….] Die Marktgläubigkeit der Union hat daran ebenfalls ihren Anteil. Für sie war die Erdgasversorgung ein reines Privatgeschäft. Auch Peter Altmaier (CDU), der im März 2018 Wirtschaftsminister wurde, habe wenig unternommen, um die Abhängigkeit von Putins Gas zu verringern, erzählen Mitarbeiter. Eine nationale strategische Gasreserve? Galt als zu teuer. Der Bau eines deutschen Terminals zum Import von Flüssiggas? Auch zu teuer und zudem zu kompliziert. Russland habe noch immer genug geliefert, hieß es schlicht, die Pipelines seien günstiger als jeder Flüssiggastanker. [….] Jetzt, in der Energiekrise, rächt sich all das. Die deutschen Gazprom-Speicher sind fast leer, der Füllstand in Rehden beträgt nicht einmal mehr vier Prozent. Ein großer Gazprom-Speicher in Österreich, der die Versorgung Süddeutschlands absichert, hat ebenfalls kaum noch Reserven. [….]
Dieses sagenhafte politische Versagen der CDU in der deutschen Energiepolitik bringt den Wähler angesichts der bevorstehenden Superkrise also auf die Idee, wieder einen CDU-Vertreter ins Kanzleramt zu wünschen.
Während gerade Nordstream1 für Wartungsarbeiten abgestellt wird, kann Putin genüsslich an den deutschen Daumenschrauben drehen. Er hat alle Trümpfe in der Hand.
Im gestrigen Presseclub Alarmstufe Gas: Sind wir auf den Ernstfall vorbereitet? gruselten sich die konservativen Wirtschaftsjournalisten um die Wette.
FAZ-Frau Julia Löhr unkte, die Bundesregierung werde kaum ihr Diktum „die Sanktionen dürfen uns nicht mehr schaden als Russland“ durchhalten können, wenn im Winter Energie das Zehnfache kostete und Millionen Menschen vor Kälte zitterten. Der ultrakonservative WELT/FOCUS-Mann Ulrich Reitz schockte sich selbst mit der Vorstellung, Putin könne in ein paar Wochen, wenn Deutschland angesichts leerer Gasspeicher darum bettele endlich Nordstream1 wieder anzuschalten, mit einem simplen Junktim antworten: „Ihr bekommt wieder russisches Gas, wenn ihr auch Nordstream2 laufen last!“
In der Tat steht Deutschlands Gas- und Russland-Politik auf extrem wackeligen Füßen: Um Putin für den Ukraine-Krieg zu strafen, wurde Nordstream2 als Sanktion stillgelegt und gleichzeitig betteln wir Russland an, aber bitte Nordstream1 laufen zu lassen.
Das wird sicherlich eines Tages in politischen Lehrbüchern als Paradebeispiel dafür stehen, was man geo- und energiepolitzisch keinesfalls machen sollte.
Kann man überhaupt noch dümmere und verantwortungslosere Politik als unter den 16 Jahren CDU-Herrschaft machen?
Nun, auch das geht. Dafür gibt es ja Christian Lindner und seinen Industrie-Fanboy Lars Feld.
Lindner heiratet seine einzige ganz große Liebe |
Was macht man, wenn es an einer Ware wie Gas extrem mangelt?
Da gibt es prinzipiell zwei politische Stellschrauben. Einerseits auf der Angebotsseite für mehr Gas zu sorgen. Das tat Habeck, indem er bei jedem noch so dubiosen und noch so teuren Staat zusätzliches Erdgas einkaufte. Andererseits auf der Nachfrageseite für weniger Gasverbrauch zu sorgen. Hier haben wir die FDP, die ernsthaft Gasverbrauch sogar subventioniert und Milliarden Euro dafür ausgibt, damit die Menschen mehr Energie und mehr Gas verbrauchen.
Drei Beispiele:
1.) Blockade des Tempolimits
2.) Drei Milliarden aus Lindners Kasse für den Tankrabatt, um Porschefahrer wie ihn oder Privatflugzeugflieger wie Fritz Merz zu pampern.
3.) Fünf bis sechs Milliarden Euro Betriebskostenzuschuss für energieintensive Betriebe, damit viel Gasverbrauch belohnt wird. Das sind direkte Energiepreissubventionen für die Industrie – der Steuerzahler löhnt - für Lindners superreiche Industriefreunde.
Das ist FDP-Politik aus der Hölle. Absurder hätte es sich kein Schildbürger ausdenken können.
[….] Hohe Energiepreise belasten derzeit Privathaushalte und Unternehmen - und angesichts des Ukraine-Kriegs und der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland wird sich die Lage eher noch zuspitzen. Gerade erst hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Alarmstufe für die Gasversorgung ausgerufen - unter anderem sollen nun wieder mehr Kohlekraftwerke eingesetzt werden zur Stromerzeugung, um Erdgas zu sparen. [….] Vor dieser Kulisse will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nun die energieintensive Industrie bei den Strom- und Energiekosten in den kommenden zwei Jahren um mehrere Milliarden Euro entlasten. [….] Neben dem Spitzenausgleich sieht das Stromsteuergesetz noch eine allgemeine Steuerentlastung für Unternehmen vor. Die Betriebe erhalten sozusagen je Megawattstunde einen Steuerrabatt, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Genau wie der Spitzenausgleich würde auch diese Regelung eigentlich Ende des Jahres auslaufen. Lindner will nun beides für die Jahre 2023 und 2024 verlängern. Kosten: knapp 2,9 Milliarden Euro im Jahr. "Mir ist es wichtig, die energieintensive Industrie nicht alleinzulassen", sagte der Finanzminister der SZ. [….] Finanzministerium profitieren vom Spitzenausgleich rund 9000 Unternehmen, von der allgemeinen Steuerentlastung auf Energie 33 000 [….]
We’re doomed. Wer solche Leute zu Ministern macht, muss sich nicht wundern, wenn wir im Winter so richtig tief in der Scheiße sitzen. Es ist müßig, zu erklären, was eigentlich getan werden müsste, nämlich ökonomisch das diametrale Gegenteil dessen, was die FDP tut: Energiekostenbeihilfen für die Ärmsten und gerade nicht für die milliardenschwere Industrie. Und auch da nicht per Gießkanne, indem jeder Verbrauch subventioniert wird, sondern das persönliche Grundkontigent für Strom und Heizung. Darüber hinaus müssen, Strom, Gas, Benzin viel teurer werden, um jeden zum Sparen zu zwingen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Feedback an Tammox