Gegen Unternehmertum ist nichts zu sagen, da der
kapitalistische Unternehmergeist durchaus motivierend und hilfreich ist.
Verantwortungsvolle Unternehmer gehen große persönliche
Risiken ein, sorgen für ihre Angestellten und bieten Sicherheit.
Das unterschätzen viele Kleinstselbstständige.
Immer wieder höre ich von Angehörigen meiner Alterskohorte,
die 25 Jahre lang als Maler, Friseur oder Gärtner angestellt waren und irgendwann
doch noch den Schritt in die Selbstständigkeit wagten, wie bitter sie die
Entscheidung bereuen.
Man hat zwar keinen Chef mehr vor der Nase, aber muss dafür
alle Katastrophen selbst ausbaden. Wenn einem der Anhänger mit den
Gartengeräten geklaut wird oder der Lieferwagen einen Motorschaden hat, kann
man schon in Existenznot geraten. Insbesondere werden aber die laufenden
Unkosten – Miete, Privatversicherung und vieles mehr – nicht bezahlt, wenn man
krank ist.
Da wünschen sich viele den Chef mit den breiten Schultern
zurück, der die Risiken abpuffert.
Nach meiner Erfahrung sind die eben beschriebenen „guten
Chefs“, die in ihren Mitarbeitern ihre wichtigste Ressource sehen gleichzeitig
auch die radikalsten Kritiker der Shareholder-Value-Mentalität. Sie ärgern sich
die Pest über die global agierenden Manager, die keine Rücksichten kennen und
selbst keinerlei Verantwortung übernehmen, wenn sie den Karren gegen die Wand
gefahren haben.
Die parasitären Unternehmer, die alles dafür tun ihren
eigenen Reichtum zu mehren, dabei aber keine Rücksicht auf die Umwelt, das Klima,
ihre soziale Verantwortung nehmen; die ihre Mitarbeiter ausbeuten, ihren Erfolg
in Börsenkursen und Renditen messen; die sich in Steueroasen flüchten und ihre
Interessen über rigorose Lobbyunternehmen und Politikerbestechung durchsetzen,
sind leider auffälliger.
Mein politischer Einfluss ist leider sehr begrenzt; umso
mehr lege ich Wert darauf meine Macht als Konsument sehr bewußt einzusetzen.
Im 21. Jahrhundert muss man sein Kaufverhalten nicht nur an
Verpackungsmüll, ökologischem Fingerabdruck und Nachhaltigkeit ausrichten,
sondern auch bedenken wer finanziell profitiert.
Niemals würde ich einen Mercedes oder BMW fahren;
schließlich würde dadurch ein Teil meines Geldes in den Taschen konservativer Multimilliardäre wie Susanne Klatten
landen, die damit die CDU cofinanziert und Industrielobbyisten aus Merkels
Kanzleramt kauft.
Niemals würde ich bei Lidl einkaufen und damit den
ultrakonservativen Multimilliardär Schwarz noch reicher machen, damit er
weiterhin Steuern durch Stiftungsmodelle verweigert und seine Angestellten mies
behandelt. Obst, Gemüse und Brot kaufe ich bei inhabergeführten Familienfirmen,
die persönlich haften. Fruchthaus
Bescherer liefert, bietet Service seit 93 Jahren in einem
kleinen Winterhuder Laden und geht in die vierte Generation.
Niemals hätte ich Klopapier bei Schlecker gekauft, während
doch in Hamburg die Familienfirma
Budnikowski existiert, heute von den Wöhlkes geführt, die sich
sozial engagiert.
Ich kaufe mein Eau de Toilette sich nicht bei Douglas, um
damit eine Aktienholding reicher zu machen, sondern gehe zu den Jebe oder einer Filiale der Lübecker Familienfirma Schuback, die
Ausbildungsplatzgarantien gibt und ihre Mitarbeiter umsorgt.
Niemals würde ich eine Armbanduhr bei Juwelier Christ
kaufen, weil die Kette nach 20 Jahren im Besitz der Douglas Holding, die wiederum
der Advent International Corporation gehört und vor einigen Jahren an das
Private-Equity-Unternehmen 3i verscherbelt wurde. Stattdessen gehe ich zu
Wempe, dem Hamburger Juwelier in vierter Generation, der nach wie vor der
Familie gehört, die gar nicht dran denkt an die Börse zu gehen. Hellmut und Kim-Eva-Wempe haften persönlich
und erhöhten auch im Corona-April 2020 wie jedes Jahr die Gehälter aller Mitarbeiter.
Niemals würde ich beim internationalen Mega-Discounter Aldi
einkaufen, der Bauern und Zulieferer brutal unter Druck setzt. Dafür gibt es in
Hamburg beispielsweise die neun Filialen des 1965 von Dieter Niemerszein gegründeten
Edeka-Filialen. Die Familie ist stark sozial engagiert und bezahlt alle Mitarbeiter
über Tarif.
Niemals würde ich bei Jeff Bezos, dem reichsten Mann der
Erde Bücher bestellen, damit er noch reicher wird, seine Angestellten brutal
ausbeutet, ganze Staaten erpresst, Myriaden Kleinstunternehmern in die Pleite
treibt und natürlich auch keine Steuern in Deutschland zahlt. Ich bin stolz
kein Amazon-Konto zu unterhalten, sondern kaufe Bücher und CDs beim kleinen
Buchladen um die Ecke.
Es gibt Situationen, in denen man schlecht auf E-Commerce
verzichten kann, aber warum dann Amazon?
Geht lieber zu Otto.de – die haben auch fast alles, kaufen aber strikt nachhaltig ein und gehören nach wie vor zu 100% der Gründerfamilie Otto, die zu den ganz großen Spendern Hamburgs gehört.
Geht lieber zu Otto.de – die haben auch fast alles, kaufen aber strikt nachhaltig ein und gehören nach wie vor zu 100% der Gründerfamilie Otto, die zu den ganz großen Spendern Hamburgs gehört.
Seniorchef
Michael Otto ist Hamburger Ehrenbürger und wurde bereits 1991
als „Ökomanager des Jahres“ ausgezeichnet.
Der Mann ist natürlich auch Milliardär, aber eben ein
vergleichsweise Guter im Gegensatz zu Quandt, Schwarz, Klatten oder Klaus-Michael Kühne.
Zumindest ein großer Teil der negativen Seiten des
Kapitalismus existiert nur deswegen, weil es die Konsumenten tumb und gierig möglich
machen, obwohl sie durchaus Alternativen hätten.
Wer leider noch nicht wie ich bereit ist vegetarisch zu
leben, sollte doch wenigstens in der Lage sein, das Aas, das er verzehrt von
Biobauern zu kaufen, die nicht den Boden verseuchen, das Futter mit Anabolika
und Antibiotika versetzen und die Tiere maximal quälen.
Ein linke, eine soziale Finanzpolitik berücksichtigt
soziales Engagement und persönliche Haftung des Unternehmertums.
Man muss den Grupps, Wöhlkes, Wempes, Ottos, Niemerszeins,
Schubacks nichts wegnehmen, da sie verantwortungsvoll und nachhaltig handeln,
in Deutschland Steuern zahlen und sich fürsorglich für ihre gesamte Mitarbeiterschaft
einsetzen.
Umso härter muss man aber den Heuschrecken, den DAXlern auf
die Finger klopfen, sich Steuerflüchtlinge vorknöpfen.
Amazon, Google oder Facebook, die keinen Cent Steuern in
Deutschland zahlen soll es unmöglich gemacht werden Sozialdumping zu betreiben.
VW, BMW und Daimler dürfen der Politik nicht mehr ihre
Wünsche diktieren.
Ich halte es also für unterkomplex, wenn die Linke pauschal
gegen alle Millionäre wettert und schlicht eine Neiddebatte anzettelt.
Reich zu sein ist noch kein Ausweis dafür asozial zu sein.
Wenn man aber wie Frau Klatten in 12 Jahren neun Milliarden
Dividende aus dem Unternehmen zieht, dafür Millionen an die CDU spendet und
nach Kaufprämien für fette Verbrenner mit 300 PS schreit, ist das allerdings
asozial.
Es muss Schluss sein mit dem Prinzip „Gewinne privatisieren
und Schulden sozialisieren“.
Multimilliardäre, die sich der Solidarität entziehen, indem
sie ihre Gewinne in Briefkastenfirmen auf den Caymans parken, haben in einer
Großkrise wie 2008 oder 2020 nicht bei der Bundesregierung die Hände
aufzuhalten.
Andere können und sollen das zum Wohle aller durchaus tun
dürfen.
Eine schriftliche kleine Anfrage der Linken in Hamburg zielt
darauf ab die „wohlhabenden Hanseaten“, deren Anzahl immer mehr zunehme, aus
der Verborgenheit zu zerren und zur Finanzierung der Corona-Folgen heran zu
ziehen.
Eine populistische Formulierung; viele reiche Unternehmer
haften ohnehin mit allem, das sie haben für ihre Corona-Verluste und engagieren
sich noch mehr als sonst für ihre Mitarbeiter.
Wer aber wie der Milliardär Kühne seinen Wohnsitz in die
Schweiz verlegt, weil er nicht in Hamburg versteuert sein will, darf keine
Solidarität des Steuerzahler für ausfallende Buchungen seines Luxushotels „The
Fontenay“ erwarten.
Völlig richtig liegt die Linke aber damit den bE-Fällen mal
ganz genau auf die Finger zu gucken.
[…..] Im Fokus der Linken stehen dabei Einkommensmillionäre, die als
Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen
oder Vermietung und Verpachtung von mehr als 500.000 Euro im Jahr als Fälle mit
besonderen Einkünften (bE-Fall) eingestuft werden.
Statt die Kosten der Corona-Krise auf dem Rücken der finanziell
Schwächeren über Kürzungen im sozialen Sektor oder allgemeine Steuern
auszutragen, will Die Linke genau diese bE-Fälle zur Kasse bitten. […..] „Die allermeisten Einkommensmillionäre und
-innen werden in Hamburg schlichtweg nicht geprüft“, empört sich David Stoop,
der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion. […..] In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Einkommensmillionäre in
Hamburg auch noch um mehr als 300 Fälle an. Das zeigt eine Statistik des
Senats, die die Anzahl der bE-Fälle von 2015 bis 2019 nach Hamburger
Finanzämtern aufschlüsselt. [….]
Als Soloselbstständiger falle ich ohnehin durch alle
Corona-Hilfsraster und muss dennoch Miete, private Krankenversicherung und
Bankkredite abzahlen.
Aber ich beklage mich nicht, da ich glücklicherweise keine
Angestellten habe, deren Gehälter ich garantieren muss.
Das würde mich jetzt sehr belasten. Aber ich habe mir nie
Illusionen über meine Fähigkeiten gemacht. Ich bin ein lausiger Kaufmann und
habe nicht das geringste unternehmerische Talent. Dafür fehlen mir alle Instinkte,
der Antrieb, der Ehrgeiz und die Freude am Verdienen.
Im Gegenteil; für das finanzielle Wohl Dutzender, Hunderter,
Tausender Mitarbeiter verantwortlich sein zu müssen, ist für mich eine einzige
Horrorvorstellung.
Aber so eine bE-Existenz fände ich sehr angenehm.
Rumsitzen, nichts tun und von ganz allein jährlich Millionen
dazu bekommen.
Das wär’s.
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