Mittwoch, 18. Juni 2025

Gerontokratie

Ajatollah Ali Chamenei, seit 36 Jahren im Amt, ist 86, Trump 79 und Bibi 75. Putin, nach einem Vierteljahrhundert Amtszeit, „erst“ 72. Recep Tayyip Erdoğan, 71, klammert sich mit seit 22 Jahren als Ministerpräsident, bzw Präsident an den türkischen Chefposten.

Der frische neue Bundeskanzler ist (fast) 70, aber ganz offensichtlich auch schon so senil, daß er dauernd irgendeinen hanebüchenen Unsinn von sich gibt.

Als gerade noch GenX, hege ich natürlich haufenweise Vorurteile gegen Millennials, GenZ und GenAlpha, aber diese weißen, religiösen, cis-hetero Pimmel-Geronten fahren die Karre mal richtig in den Dreck.

Es gibt +90er, die geistig beeindruckend auf der Höhe sind, ihre Weisheit nutzen, um ständig dazu zu lernen und flexibel bleiben. Helmut Schmidt blieb genial bis er fast 97 Jahre alt war, Egon Bahr war noch mit 93 ein wichtiger SPD-Vordenker.

Margarete Mitscherlich praktizierte noch mit 94 Jahren, Hildegard Hamm-Brücher blieb gesellschaftlich engagiert bis sie 95 Jahre alt war, Charlotte Knobloch ist mit ihren 92 Jahren seit vier Dekaden die streitbare, aber beeindruckende Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Meine Lieblingsintellektuelle Marion Gräfin Dönhoff schrieb noch im Alter von 92 Jahren. Als der quirlige höchst unterhaltsamen Talkshowgast Peter Scholl-Latour 2014 überraschend starb, war man verwundert, weil er doch erst 90 war.

Jürgen Habermas prägt mit seinen 96 Jahren nach wie vor Debatten. Klaus von Dohnanyi wird in vier Tagen 97 Jahre und analysiert geostrategisch komplexe Fragen, wobei er zu dem Schluß kommt, der Klimaschutz sei das alles überragende globale Topthema. Die weltberühmte Cellistin, Aktivistin, Kettenraucherin und Mahnerin Anita Lasker-Wallfisch kündigt zu ihrem im Juli 2025 anstehenden 100. Geburtstag an, nun aus der ersten Reihe der Aktivisten zurückzutreten.

[…] Es ist eine ziemlich hoffnungslose Situation. Let’s face it. Ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels.“ Sie macht eine kurze Pause. „Der Antisemitismus ist heute stärker, als er es jemals war. Die Situation ist schrecklich. Die Situation in Gaza ist schrecklich.“

Sie nestelt eine Zigarette aus der Packung, auf der mit einem drastischen Raucherbein vor den Folgen des Konsums gewarnt wird, nimmt einen tiefen Zug, ist sichtbar aufgebracht. Es ist ihre dritte Zigarette, seitdem man mit ihr im Wohnzimmer sitzt. „Ist es wichtig, ob jemand Jude ist? Man ist einfach ein Mensch. Wer hat sich ausgesucht, was er sein will? Ich wusste nicht, dass ich jüdisch bin, bis man mich angespuckt und dreckiger Jude genannt hat.“  [….]

(SZ, 13.06.2025)

Esther Bejarano, eine der von mir meistbewunderten Hamburgerinnen, starb 2021 mit 96 Jahren, hatte bis zuletzt, noch im Mai 2021 öffentlich ihre Forderung bekräftigt, daß der 8. Mai in Deutschland ein Feiertag werden soll. Die Widerstandskämpferin Freya Gräfin von Moltke engagierte sich intensiv bis fast zu ihrem 99. Geburtstag in der „Freya-von-Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau“ und  der Stiftung „Kreisau für Europäische Verständigung“. Am 13. April 2007 verstarb die Widerstandskämpferin Marion Gräfin Yorck von Wartenburg im Alter von 102 Jahren, die nach dem Ende des Nazi-Regimes 1952 als erste Frau in Deutschland Vorsitzende eines Schwurgerichts wurde und streng urteilte.

Henry Kissinger war mit 100 Jahren als gefragter Intellektueller in China unterwegs, Margot Friedländer beindruckte uns noch mit 103 Jahren als wichtige moralische Ikone. Georg Stefan Troller ist ebenfalls 103.

Aber das ist nun einmal nicht die Regel.

Deswegen faszinieren uns derart Hochbetagte so sehr. Viele Menschen haben Angst vor dem Tod und noch viel mehr haben Angst vor einem beschwerlichen Alter.

Anders als in den oben genannten Beispielen, sieht die Biologie für die allermeisten von uns einen sehr viel früheren Tod vor. Sofern doch nicht eine Pandemie oder ein Atomkrieg der ganzen Menschheit den Garaus machen sollte und wir über 70 oder gar über 80 Jahre alt werden sollten, wird das mit höchster Wahrscheinlichkeit physischen und/oder mentalen Verfall bedeuten. Alzheimer, Demenz, Immobilität und Abhängigkeit stehen uns bevor. Höchstwahrscheinlich auch üble Schmerzen. Das Ende wird eher „lange und leidend“, als „kurz und schmerzlos“. Weder „geistig fit, aber körperlich kaputt“, noch die Variante „physisch aktiv, aber gaga“ erscheinen attraktiv. Dem kann man nur durch einen sehr frühen Tod entgehen, oder man klammert sich an die mikroskopisch kleine Hoffnung, selbst zu denjenigen zu gehören, die noch hoch in den 90ern geistig fit und autark sind.

Tatsächlich kann man aber auch bei bester Pflege und optimaler medizinischer Versorgung, wie Joe Biden mit Mitte 70 schon schwer verwirrt sein, wie Einhundertundvier aussehen und dann mit knapp über 80 von schwersten Krankheiten getroffen sein. Donald Trump ist angesichts seiner extrem ungesunden Ernährung mit 79 Jahren noch erstaunlich gut auf den Beinen, wirkt physisch gelegentlich recht dynamisch. Mental ist jedoch seit Jahren Feierabend unter seinem platinbond-toupierten Schopf. Allerdings lässt sich das Einkicken der Senilität in seinem Fall schwer diagnostizieren, da er schon immer extrem borniert und dumm war.

Wenn alte garstige Männer, trotz ihrer offensichtlichen Unterqualifikation und globalen Schädlichkeit, an ihren Posten kleben, weil sie wie Bibi, Recep und Donnie anderenfalls in den Knast kämen, wie Putin ein Ende in Den Haag befürchten, oder wie Fritze Merz einfach ein persönliches Merkel-Ego-Trauma bewältigen müssen, haben wir ein offensichtliches Problem.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit steckte die Welt in deutlich weniger Schwierigkeiten, wenn statt der verbohrten Geronten Netanjahu und Chamenei, junge Frauen, wie Jacinda Ardern oder Sanna Marin amtierten. 

Aber die Wahrscheinlichkeit, daß im Iran eine junge liberale Frau als Oberbefehlshaberin und oberste Religionsführerin eingesetzt wird, ist sogar noch kleiner, als eine Frau als US-Präsidentin.

Und so hockt ein 86-Jähriger Greis in einem iranischen Bunker, von dem aus er tausende Oppositionelle hinrichten lässt und fürchtet sich vor einem 79-Jährigen Greis in Washington, der wegen seiner ausgeprägten Senilität und seines Small-Penis-Syndroms mit seiner MOAB prahlt.

Dienstag, 17. Juni 2025

Get educated or shut the F up

Herzlichen Glückwunsch, Merz!
Das Kriechen im Weißen Haus und das debile Schweigen zu Trumps Lügenparade im Oval Office haben sich ja gelohnt.

Anschließend konnte der Bundeskanzler gar nicht mehr damit aufhören, dem orangen Faschisten und Demokratiezerstörer in den Hintern zu kriechen.

Liebesdienerisch machte er Trumps Lieblingssender, der rechtsextremen Verschwörungstheorie-Schleuder FOX, seine Aufwartung und erklärte schließlich in Deutschland seinem staunenden Volk, wie grandios er mit Trump zusammenpasse.

[….] Bundeskanzler Friedrich Merz wirbt nach seinem Besuch bei Donald Trump für einen anderen Umgang mit dem US-Präsidenten. „Hören wir mal auf, mit erhobenem Zeigefinger und gerümpfter Nase über Donald Trump zu reden. Man muss mit ihm reden und nicht über ihn reden“, sagte der CDU-Chef bei einer Unternehmertagung in Berlin. [….]

(Stuttgarter Zeitung, 06.06.2025)

Die konservative Presse feierte ihren Wunschkanzler. Toll, er überstand ein White-House-Treffen, ohne rausgeschmissen zu werden.

Damit habe er eine Basis für künftige Treffen mit dem Rassisten-Cultleader geschaffen und könne zukünftig Deutschlands Interessen bei ihm durchsetzen. Genau. Denn wenn Trump für eins bekannt ist, dann für seine Verlässlichkeit. Der Mann steht ja zu seinem Wort und ändert seine Meinungen nicht.

[….] Dass der US-Präsident gerne mal seine Meinung ändert, ist bekannt. Aber in solch einem atemlosen Tempo trat diese Eigenschaft schon länger nicht mehr zutage. [….]  Das stilprägende Element seiner Zeit ist nicht etwa dieser oder jener Tabubruch, sondern die Flatterhaftigkeit. Das ewige Hin und Her. Die Gewissheit, dass nichts mehr gewiss ist.

Es kann sein, dass Trump heute mit Elon Musk bestens befreundet, morgen Früh mit ihm verfeindet, aber morgen Nachmittag schon wieder mit ihm versöhnt ist. Dass er ausgesetzte Strafzölle schon wieder einsetzt, bevor alle Betroffenen mitbekommen haben, dass sie ausgesetzt waren. Ob er Wladimir Putin als Schurken oder Genie betrachtet, hängt offenbar davon ab, mit wem er zuletzt telefoniert hat. Und aktuell rätseln alle, wie Trump jetzt eigentlich zum israelischen Militärschlag gegen Iran steht. Und wenn ja, für wie lange?

Auch am Morgen des vierten Tages nach dem Überraschungsangriff kann wohl niemand mit Gewissheit sagen, ob der US-Präsident das nun vorab gebilligt hat oder ob er nachträglich so tut, als ob er zumindest teilweise eingeweiht war. Ob er da irgendwo mitspielt oder vom Spielfeldrand hineinruft. Puzzelt man alles zusammen, was er dazu bislang gesagt hat oder verlautbaren ließ, dann erhält man einen einzigen großen Widerspruch.

Nur wenige Stunden, bevor die ersten israelischen Bomben auf iranischem Boden einschlugen, sagte Trump zu Reportern im Weißen Haus, er wolle nicht, dass Israel angreife, denn das würde alle Bemühungen um einen neuen Atomwaffen-Deal mit Teheran zerstören. Nachdem Israel in der Nacht zu Freitag dann dennoch angegriffen hatte, nannte Trump den Angriff plötzlich „exzellent“.  Während sein Außenminister Marco Rubio in einem ersten offiziellen Statement der US-Regierung klipp und klar gesagt hatte, dass die Amerikaner damit nichts, aber auch gar nichts zu tun hätten, legte Trump in seiner anschließenden Stellungnahme Wert auf den Hinweis, dass ihn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sehr wohl vorab eingeweiht habe. Und dass er auch wisse, dass die israelischen Angriffe bald „noch brutaler“ werden würden.

In dem Moment klang das fast nach Anfeuerungsrufen aus dem Bibi-Fanblock. [….]

(Boris Herrmann, 16.06.2025)

Beim G7-Gipfel im kanadischen Kananaskis nahm sich Trump 15 Minuten Zeit für den Bundesfritze, der es aber nicht einmal fertigbrachte, auch nur das für Deutschland so entscheidende Thema „Zölle“ überhaupt anzusprechen. Anschließend beleidigte Trump noch Merz‘ wichtigsten Partner Macron und setzte sich frühzeitig ab. Merz blieb als begossener Riesenpudel mit einer großen Hand voller Nichts zurück.

Dafür also hatte sich Meister-Diplomat Merz extra sein Rückgrat entfernen und die Testikel amputieren lassen. Die EU-Führer im kollektiven Weinerliche-Würstchen-Modus. Niemand traute sich, dem orangen Irren zu widersprechen.

[….] In Kanada hat der G7-Gipfel begonnen. Zu Beginn erklärt US-Präsident Trump, es sei ein Fehler gewesen, Russland aus der Gruppe auszuschließen. Auch bei anderen Themen zeigt sich das Bündnis gespalten.

Zu Beginn des G7-Gipfels in Kanada präsentieren sich US-Präsident Donald Trump und seine europäischen Verbündeten gespalten in ihrer Haltung zu Russland. Während Trump noch vor der ersten Arbeitssitzung den Ausschluss Russlands aus der Gruppe führender Wirtschaftsmächte als "großen Fehler" bedauerte, drängten die Europäer auf härtere Sanktionen, um die Kriegsmaschinerie von Präsident Wladimir Putin zu stoppen.

"Trump bei Laune halten"

"Klar ist: Alles dreht sich hier um Donald Trump", berichtet ARD-Korrespondentin Gudrun Engel aus Kananaski. Es gehe darum, den US Präsidenten möglichst bei Laune zu halten und ihn nicht zu reizen. "Und so bleiben einige Falschaussagen von ihm, etwa zur Ursache des Ukraine-Kriegs, vollkommen unwidersprochen."

Die anderen Staats und Regierungschefs machten höflich gute Miene zur US-Inszenierung, denn sie wüssten, dass der US-Präsident eine Schlüsselfigur ist, so Engels. "Sie brauchen die Schutzmacht Amerika, wenn es um die Unterstützung der Ukraine oder auch jetzt um die Eskalation des Konflikts zwischen Israel und Iran geht".[….]

"Es gäbe jetzt keinen Krieg, wenn Russland dabei wäre"

Trump erklärte bei einem Treffen mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney weiter: "Ich glaube, es gäbe jetzt keinen Krieg, wenn Russland dabei wäre." Es mache die Sache deutlich schwieriger, dass Putin nicht mehr mit am Tisch sitze.

Putin sei sehr beleidigt gewesen, als er aus der Runde verbannt worden sei, sagte Trump weiter. "So wie ich es wäre, so wie Sie es wären, so wie es jeder wäre." Der Kremlchef spreche deshalb mit niemandem außer mit ihm. [….] Trump machte seine Sympathien für Putin auch noch auf andere Weise deutlich. In einem Interview des Fernsehsenders ABC äußerte er, dass er sich Putin als Vermittler im Krieg zwischen Israel und dem Iran vorstellen kann: "Ich wäre offen dafür." [….]

(Tagesschau, 16.06.2025)

Merz erreichte keins seiner Ziele, bleibt aber auch Trump fixiert, will ihm gefallen. Man fragt sich, wie naiv Merz wirklich ist, daß er sich in Kanada beim G7 so irrsinnige Mühe gibt, Trump ins Boot zu holen. Im Beste Case, hätte er es geschafft, Trump dazu zu bringen, im EU-Sinne etwas freundliches über die Ukraine zu sagen. Oder Israel zur Mäßigung aufzufordern. Aber wozu? Schon im Flugzeug auf dem Rückweg nach Mar A Lago würde er wieder das Gegenteil behaupten.

Es kam aber zum Worst Case. Merz erreichte nichts. Das hoffnungsvoll erwartete Trump-Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj kam gar nicht erst zustande und Putin, der Lieblings-Leader Trumps, bombt immer intensiver Zivilisten in der Ukraine tot.

[…] Krieg in der Ukraine „Das ist nichts anderes als Völkermord“

Zeitgleich zum G7-Treffen feuert Putin hunderte Drohnen ab. Es ist der schwerste Angriff seit Kriegsbeginn – und der Zeitpunkt wohl kein Zufall. [….] Ein Mann und eine Frau knien mit schmerzverzerrten Gesichtern vor den Trümmern, die vor wenigen Stunden noch ein Zuhause waren. In einer der Wohnungen des neunstöckigen Hauses, das durch den direkten Einschlag einer russischen Marschflugrakete des Typs X-101 zerstört wurde, lebte ihr Sohn.  Der gesamte Aufgang vom neunten Stockwerk bis zum Keller wurde getroffen– dort befanden sich mehr als 30 Wohnungen. Wie viele Menschen sich zum Zeitpunkt des nächtlichen Angriffs in ihren Wohnungen aufhielten, ist bislang nicht genau bekannt – auch nicht, wie viele unter den Trümmern begraben wurden. Bislang haben Rettungskräfte fünf Leichen sowie Überreste von einer oder mehreren Personen geborgen.  Dieses Wohnhaus im Solomjanskyj-Bezirk Kyjiws, einem dicht besiedelten Gebiet, war eines von Dutzenden, die in der Nacht zum Dienstag, dem 17. Juni, durch russische Angriffe beschädigt wurden. Insgesamt setzten die russischen Streitkräfte fast 500 Mittel des Luftangriffs gegen die Ukraine ein – Kamikaze-Drohnen, Marschflugkörper und ballistische Raketen.

Hauptziel dieses Angriffs war Kyjiw, wo bis Dienstagmittag 15 Tote und über 139 verletzte Zivilisten gemeldet wurden.   [….]

(taz, 17.06.2025)

Bei so einer Kaskade außenpolitischer Desaster, will Merz nun markig klingen und dem Urnenpöbel etwas Zackiges zum Israelischen Angriff auf den Iran mitgeben.

[…]  Merz über Angriff auf Iran: »Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle«

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat Israel Respekt für den Angriff auf Iran gezollt und sieht darin einen Dienst für die westlichen Verbündeten. »Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle«, sagte Merz am Rande des G7-Gipfels in Kanada in einem Interview mit dem ZDF. »Wir sind von diesem Regime auch betroffen.«

Das »Mullah-Regime« habe Tod und Zerstörung über die Welt gebracht, mit Anschlägen, mit Mord und Totschlag, mit der Hisbollah, mit der Hamas. Der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober wäre ohne das Regime in Teheran nicht möglich gewesen, sagte Merz. »Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen.« Andernfalls »hätten wir sonst möglicherweise Monate und Jahre weiter diesen Terror dieses Regimes gesehen und dann möglicherweise noch mit einer Atomwaffe in der Hand«. [….]

(SPON, 17.06.2025)

Die Proletensprache und die Empathielosigkeit des Bundeskanzlers sind das eine. Das andere ist wieder einmal seine generelle Unkenntnis.

[….] Nein, Herr Merz, SIE sind von diesem Regime überhaupt nicht betroffen. Betroffen sind zuallererst 80 Millionen Menschen im Iran, die seit 46 Jahren unter der tödlichen Unterdrückung dieses Regimes leben müssen. Einem Regime, mit dem Ihre Partei, das nur nebenbei, seit Jahrzehnten herumkumpelt, während genau diese Menschen Sie anbetteln, nicht mehr auf das Regime zu hören, sondern auf die Menschen.
Nicht die israelische Regierung macht die „Drecksarbeit“, sondern die vielen Menschen, die sich den islamistischen Machthabern widersetzen. Auf diese Menschen hagelt es im Übrigen gerade Bomben.
Get educated or shut the F up.
  [….]

(Gilda Sahebi, 17.06.2025)

Merz scheint gar nicht zu begreifen, was diese Angriffe für die Zivilbevölkerung bedeuten. Er hat offenbar noch keinem der mutigen iranischen Regimegegner zugehört, die alle meinen, diese Angriffe stärken eher das Mullah-Regime, welches nach über 45 Jahren an der Macht, so sehr die Strukturen verfestigt hat, daß es eben nicht plötzlich führungslos kollabiert, wenn einige Top-Leute ermordet werden.

Merz ist einfach zu dumm, ignorant, borniert und zu plump, um Bundeskanzler zu sein.

[….] Unzählige Einwohner sind in den vergangenen Stunden aus der 15-Millionenmetropole mit ihrer Fläche von 615 Quadratkilometern geflohen. Andere haben sich bewusst dafür entschieden, zu bleiben. Wieder andere verfügen nicht über die finanziellen Mittel oder Zweitwohnsitze, um zu fliehen. Viele ältere Einwohner sind zu gebrechlich, um eine endlose und strapaziöse

Noch am Freitag, dem ersten Tag des israelischen Militärangriffs auf Iran, waren viele in Teheran davon ausgegangen, dass Israel keine zivilen Gebiete angreifen würde. Die iranische Regierung gab keine Warnung heraus. Es ertönten keine Sirenen. Es gab keine offiziellen Anweisungen, keine Schutzräume für die Menschen. [….] Doch am Montag änderte eine direkte Warnung der israelischen Regierung die Lage. Plötzlich bildeten sich an den Tankstellen kilometerlange Schlangen, die Kraftstoffverteilung kam fast zum Erliegen. Viele Tankstellen gaben an, ihnen sei der Kraftstoff ausgegangen. Innerhalb weniger Stunden wurde das Benzin rationiert: nur noch 15 Liter pro Fahrzeug. [….] Bald darauf kam der Verkehr in der Hauptstadt zum Erliegen. Wer sich innerhalb der Stadt fortbewegen wollte, stand selbst für kurze Strecken drei bis vier Stunden lang im Stau. Alle Ausfahrten zu den nahe gelegenen Autobahnen waren verstopft. Auch der öffentliche Nahverkehr bietet keine Alternative: In Iran ist er notorisch unterentwickelt und verfügt nicht über die moderne Infrastruktur anderer Hauptstädte. Die meisten Menschen sind auf private Fahrzeuge und informelle Taxinetze angewiesen.

Einige Stunden nach der Warnung Israels, Teheran zu evakuieren, erfasste eine weitere Panikwelle die Stadt – diesmal ausgelöst durch inoffizielle Meldungen aus den USA, in denen die Zivilbevölkerung implizit zur Flucht aufgefordert wurde. Viele Einwohner, die bislang gezögert hatten, beeilten sich nun, leichte Taschen zu packen und zu fliehen. In vielen Haushalten drängten jüngere Familienmitglieder ihre älteren Verwandten – oft die am schwierigsten zu evakuierenden Personen – ebenfalls, die Stadt zu verlassen. [….]

(Mahtab Gholizadeh, 17.06.2025)

Montag, 16. Juni 2025

Starker Mensch

Es begann in Afrika. Dort entwickelten sich die Humanoiden. Über zwei Millionen Jahre latschten sie in mehreren Migrationswellen über den Nahen Osten in die ganze Welt. Auch der Homo Sapiens tat das vor rund 100.000 Jahren. Die nackten Affen störten nicht besonders. Es waren wenige, die bestenfalls in kleinen Gruppen jagten. Mutmaßlich aßen sie hauptsächlich Aas. Wenn sich unterschiedliche Gruppen begegneten, schlugen sie sich gleich die Köpfe ein und schleppten die Frauen der anderen mit, um sie zu vergewaltigen.

Falls jemand irgendwo auf der Erde auf die Idee kam, ein anderes Leben zu führen, war das zum Scheitern verurteilt. Bis vor 10.000 Jahren. Als die letzte Eiszeit zu Ende ging, wurde das Klima milder und es gab Gegenden, in denen es zwar nachts kalt wurde, aber über Monate tagsüber 20 bis 25 Grad Celsius erreicht wurden, die keine Wüsten und kein Regenwald waren. Mesopotamien war ideal, weil es dort Gräser gab, die man als Urformen des Getreides anbauen konnte und sich so erstmals eine stetige Energiequelle erschuf. Neben der Glücksfälle Klima und Gräser, gab es dort zufällig auch domestizierbare Herdentiere. Dafür eignen sich erstaunlich wenige Tierarten. Sie müssen die Eigenschaft haben, einem Leittier zu folgen, dessen Rolle Homo Sapiens imitiert.

Nachdem die Energieversorgung gesichert war, musste man auch nicht mehr umständlich, wie der letzte Heckenpenner, den großen Herden in den Steppen der Welt hinterherziehen, um deren Alte und Nachgeburten zu fressen. Ohne diesen Zwang zur Wanderschaft, begann die Sesshaftigkeit.

Und damit begann das Elend.

Menschen verfeinerten die Methoden zur Energiegewinnung so sehr, indem sie Bewässerungssysteme schufen, Flusswasser auf Felder leiteten, Ochsen zum Pflügen einsetzten und zudem durch Auslese zu immer ertragreicheren Gräsern kamen, daß sie zum ersten mal seit Millionen Jahren Überfluss erlebten.

Sie mussten nicht mehr 100% ihrer Zeit zur Nahrungsbeschaffung aufwenden.

Und wenn die Menschen zu viel Zeit haben, geht das nicht unbedingt gut aus.

Die Philanthropen sehen hier den Wendepunkt, an dem die Menschheit sich spezialisieren konnte. Es entstanden Berufe und Kunst. Es war die Geburtsstunde der modernen Kultur.


Misanthropen sehen hier den Beginn der Hybris. Indem man mehr hatte, damit handelte, sich zu diesem Zweck in immer größeren Siedlungen niederließ, bildete sich Gier und insbesondere Machtgier aus. Menschen leben von Natur aus nicht friedlich zusammen. Sie sind moralisch schlechter als Herdentiere. Es kommt zu Chaos und Gewalt, die entweder alles zerstört, oder durch noch mehr Gewalt gebändigt werden muss. Kleine Usurpatoren sorgen in den Ansiedlungen für Stabilität, indem sie ein Gewaltmonopol ausüben, Gesetze erlassen und Strafen verhängen. Da beruhigt die Lage, hält Homo Demens von Dummheiten ab, führt zu mehr Wachstum. Aber mehr Reichtum erzeugt auch mehr Gier. Eliten bilden Machtgier aus und empfinden Freude daran, andere Menschen zu besitzen und auszunutzen. Gier nach Macht übertrifft die Gier nach materiellem Besitz oftmals.

Vor 6.000 Jahren tauchten erste Gewaltherrscher auf. Sargon von Akkad bildete schließlich das erste Imperium.

Sargon war von 2356 bis 2300 v. Chr. König von Akkad mit dem Titel Šar kiššatim; König des Universums.

Er begründete eine familiäre Dynastie, vereinheitlichte Sprache und Schrift und häufte unvorstellbare Macht an.

Imperien überleben lange, wenn sie wie Ägypten durch umliegende Wüsten, oder die Inka durch Ozeane, vom Rest der Welt getrennt sind.

Bis es die Technik zulässt, diese Herrschaftsgebiete zu erreichen.

Dann gibt es Krieg und irgendjemand wird ausgerottet, weil Menschen nicht zu friedlicher Koexistenz fähig sind.

Die monotheistischen Religionen haben die gewalttätige Natur des Homo Sapiens erheblich verstärkt. Sie dienen mit ihrem Regelwerk für primitive Hirtenkulturen einerseits dem lokalen Herrschern, indem sie Abweichlern den Tod befehlen und die Unterdrückung von Frauen und Sklaven garantieren. Andererseits senken sie als „wir sind besser als die“-Ideologien mit göttlichem Plazet – extra ecclesiam nulla salus – jegliche möglicherweise vorhandenen Hemmschwellen. So werden Genozide erst möglich. Mit den christlichen Conquistadores wurden 90% der indigenen Bevölkerung Nord- und Süd-Amerikas ausgerottet, Religion erzwang die Kreuzzüge mit ihrem Völkermord-Auftrag, die Inquisition, Hexenverbrennung, die Kolonialisierung Afrikas und Religion prangte an den Koppelschlössern der Deutschen, als sie sechs Millionen Juden umbrachten.

10.000 Jahre nach der ersten Sesshaftwerdung der Menschheit, ist es immer noch Mesopotamien, wo man sich besonders eifrig gegenseitig die Schädel einschlägt und den Tod wünscht.

Es gibt keine Hoffnung für den modernen Menschen, so lange er von Materialismus und Religion getrieben wird.

Ein Volk in dieser schrecklichen Welt, die von acht Milliarden Individuen dieser destruktiven Spezies befallen ist, kann bestenfalls temporär in Frieden leben.

Frieden, der keineswegs moralisch sein muss. Saddam Hussein war nach bürgerlich-westdeutscher Vorstellung kein netter Mensch, weil er bei seinem Aufstieg in der irakischen Klan-Struktur, Mitglieder anderer Klans abmurxte und schließlich die Machtpositionen nur an Mitglieder seines Heimatdorfes, die ihm absolut loyal ergeben waren, vergab.

Aber genau wie Sargon von Akkad ermöglichte er nach seinem Aufstieg und seine Herrschaft gefestigt war, daß Ruhe einkehrte. Die Machtfrage war geklärt, er setzte tolerante Prinzipien durch. Juden und Christen konnten in seiner Regierung Minister werden und mussten auf der Straße nicht um ihr Leben fürchten.

Es kostete Saddam schließlich den Kopf, daß er nicht das hatte, was ihm die USA und GB vorwarfen: Massenvernichtungswaffen. Auch das ist nämlich wie vor 5.000 Jahren: An der Spitze überlebt der, der die größte Keule hat. Und diese Keule sind heute Atomwaffen. Deswegen wurden die Diktatoren in Syrien, in Afghanistan und dem Irak von außen angegriffen und gestürzt: Sie hatten keine Atomwaffen.

So ein Regimechange von außen funktioniert nicht und führt immer zu viel mehr Gewalt und Chaos, weil mit dem Abschlagen des Kopfes der Schlange, deren Machtstruktur zusammenbricht und die negativen menschlichen Ur-Instinkte hervorbrechen. Die Ayatollahs im Iran müssen sich nur bei ihren direkten Nachbarn im Westen und Osten umsehen, wie es ihnen unter US-Besatzung erging. Und dann gucken sie auf Nordkorea und sehen, wem es nicht so ergeht: Kim Jong-Un, der fest im Sattel sitzt und von Trump geliebt wird.

Er und seine Dynastie sind sakrosankt, weil er Atomwaffen besitzt. Wäre ich der iranische Revolutionsführer, würde ich selbstverständlich auch nach der Lebensversicherung Atombombe streben, zumal Israel mehrere hundert Atomspürengköpfe auf U-Booten besitzt und jederzeit in der Lage ist, den gesamten Iran auszuradieren. Selbstverständlich will Netanjahu einen nuklearen Iran nicht akzeptieren, weil Israel flächenmäßig sehr klein ist und die Mullahs es ausrotten wollen.

Aber wenn Israel der Schlange in Teheran den Kopf abschlagen sollte, wird nicht der Frieden ausbrechen. Dann kommt das Chaos. Dann bricht sich die Gewalt erst richtig Bahn.

Sonntag, 15. Juni 2025

Murmeltier-Trumpismus.

Schon vor der ersten Trump-Wahl im November 2016 gab es diese Todschlag-Skandale, bei denen man sich sicher war: Jetzt ist er erledigt. Er ist aus dem Rennen. Der kann nicht gewählt werden.

Im November 2015 (sic!) hatte er die Behinderung des New York Times-Reporters Serge Kovaleski auf offener Bühne auf mieseste Art nachgeäfft. Wer wählt jemanden zum Präsidenten, der über disabled people herzieht?

Das berüchtigte Access Hollywood tape stammt aus dem Oktober 2016. Ein Video, in dem der Präsidentschaftskandidat der Republikaner ausführlich prahlt, Frauen zu vergewaltigen: "I moved on her actually. You know she was down on Palm Beach. I moved on her, and I failed. I'll admit it. I did try and fuck her, she was married. [….] and I moved on her very heavily in fact I took her out furniture shopping. [….] I moved on her like a bitch. I couldn't get there and she was married. Then all-of-a-sudden I see her, she's now got the big phony tits and everything. [….] Look at you. You are a pussy. [….] I better use some Tic Tacs just in case I start kissing her. You know I'm automatically attracted to beautiful... I just start kissing them. It's like a magnet. Just kiss. I don't even wait. And when you're a star they let you do it. You can do anything. [….] Grab them by the pussy. You can do anything."

Das Erstaunen war also wirklich groß, als dieser Donald Trump zwar 2,5 Millionen weniger Stimmen als Hillary Clinton bekam, aber dennoch die Präsidentschaftswahl gewann, weil ihn die Christen auf dem Land überproportional gewählt hatten. Er ist der Held der Evangelikalen, wird aber auch bis heute von allen anderen christlichen Kirchen verehrt. 

Trumps Ehefrau, die abstoßend umoperierte Mailorder-bride Melania, die genau wie ihre Ehevorgängerinnen kontinuierlich von Trump betrogen wurde und miterlebte, wie er schon während ihrer Schwangerschaft mit haufenweise Prostituierten und Pornostars poppte, verteidigte ihn für das Grab‘em by the pussy-Tape. Schon vor zehn Jahren war sie ebenfalls als rassistische Birtherin bekannt. Heute wissen wir, daß sie ähnlich ungehobelt, proletig und geldgierig, wie ihr Mann ist. Sie behandelt die Angestellten im Weißen Haus grauenhaft, verabschiedete sich im Januar 2021 nicht einmal, zieht mit Fäkalsprache über ihre Pflichten her und lässt sich vollkommen ungeniert  bestechen, indem sie Trump-Krypto-Scam vertickt oder 28 Millionen Dollar „Beratungshonorar“ von Jeff Bezos für eine Fake Netflix-Doku einsteckt.

Während seiner ersten Amtszeit gab es viele dieser „Jetzt hat er es aber wirklich zu weit getrieben“-Momente. So ungeheuerliche Skandale, daß man allerseits erwartete, die Republikaner und seine Wählerbasis müssten sich nun aber wirklich von ihm abwenden. Die gebrochenen Versprechen (Obamacare, Mauer), zwei Impeachments, eine Millionen Corona-Tote, gekrönt mit der Empfehlung, aus dem Weißen Haus, man möge sich doch Desinfektionsmittel injizieren; der Crash der Wirtschaft, die Insurrektion, mehr als 30.000 Lügen im Amt, das internationale Ansehen der USA im freien Fall. Nach der verlorenen Wahl gegen Joe Biden wurde es sogar noch schlimmer: Nun war Trump völlig out of order. Die Momente der „Trump wird niemals wieder Präsident“-Gewissheit häuften sich. Die Strafprozesse, die verlorenen Zivilprozesse, die gestohlenen Akten aus dem Weißen Haus, die offene Verachtung für Demokratie und Verfassung, die Drohungen gegen Richter udnStaatsanwälte, das Missachten des demokratischen Wahlergebnisses, die Warnung von 40 der 44 engsten Mitarbeitern aus seiner ersten Amtszeit, Trump dürfe nie wieder Präsident werden, der drastische Rassismus und die immer häufiger auftretende offenkundige Senilität. 

Es war so offensichtlich: Der verurteilte Straftäter und Vergewaltiger war pleite und stand mit einem Bein im Knast. Nur mit der Präsidentschafts-Immunität würde er ein freier Mann bleiben und sich durch weltweite Einnahme von Bestechungsgeldern privat sanieren. So irre könnten die Amis ja nun wirklich nicht sein, den Alptraum zurück ins Amt zu holen.

Aber wieder retteten ihn die Christen. Evangelikale, Katholiken, Protestanten stimmten weit überproportional für den Rassisten.

Und wieder wird es nur schlimmer. Trump 2025 ist gefährlicher denn je, zertrümmert die US-Verfassung. Nun kommen die Schock-Auftritte wöchentlich, zu denen weltweit gemutmaßt wird, jetzt habe er aber endgültig dem Fass den Boden ausgeschlagen. Das ließe sich seine Partei nicht gefallen. Da müsse das Volk aufstehen. Aber nichts da. Im Kongress stimmen alle republikanischen Abgeordneten stets, wie ein Mann, für ihn und bejubeln ihn dafür, während er ihre Testikel abhacken lässt.

[….] Beinahe noch interessanter als Trump sind die Leute um ihn herum, ich nenne sie die Trumparounds. Jede Woche könnte ich einen Lieblings-Trumparound küren. Diese Woche ist es Mike Johnson, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses. Als sich das Duell zwischen Trump und dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom in himmlische Höhen geschaukelt hatte, sagte Johnson, man müsse Newsom „teeren und federn“. Das war eine der Lieblingsanwendungen des Ku-Klux-Klan, der brutalen Kapuzenbrüderschaft gegen die schwarzen Amerikaner. Mike Johnson gehörte früher sicher zu den Kindern, die von ihren Schulkameraden nach dem Erdkundeunterricht im Kartenraum eingeschlossen wurden. Aber vielleicht war auch alles ganz anders.  […]

(Hilmar Klute, SZ, 15.06.2025)

Zu seinem gestrigen 79. Geburtstag setzte er noch einen drauf und ließ zu seinen eigenen Ehren eine gigantische Militärparade abhalten, die an Peinlichkeit kaum zu übertreffen war.

[….] Es ist schwer, den Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Amtszeit von Donald Trump in einem Bild zusammenzufassen. Das liegt daran, dass dieser Unterschied wegen seiner schieren Größe in keinen Bildausschnitt passt. Da müssten nämlich hinein: knapp 7000 marschierende Soldaten, Dutzende Panzer, Haubitzen, Kampfjets, Bomber und Hubschrauber im Zentrum von Washington sowie ein salutierender US-Präsident oben auf der Tribüne. Die ganze Bilderstrecke dieser Militärparade steht aber für die Kernbotschaft von Trump, dem Zweiten: Fürchtet euch!

Man kennt solche Machtdemonstrationen mit schweren Waffen sonst eher aus Städten wie Moskau oder Pjöngjang. Ihr Zweck ist es, politische Gegner einzuschüchtern, im Äußeren und im Inneren. Diktatoren machen so etwas gerne, Demokraten in der Regel nicht, es sei denn, es gehört wie in Frankreich zur Folklore. Es gibt auch in den USA eine Tradition im Umgang mit solchen Paraden – nämlich die, dass so etwas hier traditionell eher nicht stattfindet.

Als Trump während seiner ersten Amtszeit die Idee von einer Militärparade in Washington aufbrachte, soll sein damaliger Verteidigungsminister James Mattis zu ihm gesagt haben, eher würde er Gift schlucken, als da mitzumachen. Trumps aktueller Pentagon-Chef Pete Hegseth hat ihm dieses Armee-Spektakel nun gewissermaßen zum Geburtstag geschenkt. Das ist der Unterschied: In Trumps erster Amtszeit hat sein Umfeld versucht, das Schlimmste zu verhindern. Diesmal hilft es ihm dabei, Amerika zu unterwerfen. [….]

(Boris Herrmann, SZ, 15.06.2025)

Die Parade war schwach besucht und so langweilig, daß Trump selbst gelegentlich wegnusselte. Natürlich prahlte Trump von 250.000 Besuchern, aber es dürften eher 25.000 gewesen sein, während USA-weit fünf Millionen Menschen bei den „No King“-Demonstrationen gegen Trumpauf die Straße gingen.

Angesichts dieser Peinlichkeit wittert eine SPIEGEL-Kolumnistin wieder einmal den Punkt, an dem doch endlich die Stimmung gegen Trump kippen müsste. 

[….] Womöglich möchte Trump, dieser Commander-in-Chief, endlich auch Kriege führen und wollte diese Absicht bei geselliger Gelegenheit – seinem Geburtstag – der Nation unterjubeln. Das Vokabular des Geburtstagskindes fiel streitlustig aus: »Eure Niederlage wird gewiss sein, euer Untergang wird endgültig sein, und euer Verderben wird total und vollständig sein.« Davon durfte sich quasi jeder angesprochen fühlen, der nicht auf Trumps Seite steht (es war bestimmt auch eine Warnung an Elon Musk). Vance wiederum richtete sich an die Soldaten und teilte ihnen mit, man würde sie nur in den Krieg schicken, »wenn es unbedingt sein müsse«.

Trump möchte sein Land uniformiert sehen, es soll nicht nur party-, sondern auch kriegstauglich erscheinen. Niemand soll nach diesem Tag daran zweifeln, dass die Armee seinen Befehlen folgt, sogar wenn diese wie ein schlechter Witz wirken. Und genauso erschienen sie. Aber die Rechnung wird wohl nicht aufgehen. Vielleicht wird diese Parade sogar zu einem Warnschuss für das Land, vielleicht lassen die Bilder von Samstag die Stimmung gegen Trump weiter kippen. [….]

(Ulrike Knöfel, 15.06.2025)

Wie schön wäre das.

Aber nachdem das Fass nun 50 mal übergelaufen ist, fehlt mir der Glaube, beim 51. Mal passiere etwas.

Samstag, 14. Juni 2025

Mad King Day

Darüber gibt es keine zwei Meinungen: Trumps zweite Amtszeit wird sehr viel schlimmer, als seine Erste, weil er

1.) Mehr denn je durch Rache getrieben ist

2.) Keinerlei Widerspruch mehr in seinem Stab bekommt und

3.) Mit dem Project 2025 diesmal akribisch vorbereitet ist.

Trumps toxischer Einfluss auf die USA, die Wirtschaft, die Welt manifestiert sich bereits mehr als deutlich

Es ist nur folgerichtig, was jetzt passiert. Wer es wagt, dem Faschismus zu widersprechen, wird wie der kalifornische US-Senator Alex Padilla abgeführt, zu Boden geworfen und in Handschellen gelegt.


Der Mob wird von dem wutschnaubenden Cult-Leader angestachelt, demokratische Politiker zu ermorden. 

[….] Mitten in der Nacht zum Samstag fuhr ein Mann bei demokratischen Politikern in Minnesota vor, gekleidet wie ein Polizist. Es heißt, das Auto habe ausgesehen wie ein Streifenwagen. Dann fielen die Schüsse. Der Senator John Hoffman und seine Frau Yvette wurden in ihrem Haus in Champlin bei Minneapolis schwer verletzt, Ärzte kämpfen in einer Klinik um ihr Leben. Die Abgeordnete Melissa Hortman und ihr Mann Mark, die wenige Meilen entfernt in Brookyln Park wohnten, sind tot. Erschossen.

Als mutmaßlicher Täter gilt laut CNN Vance B., 57, er arbeitet demnach für eine Sicherheitsfirma und wurde von der Armee ausgebildet. [….]  „Es handelt sich offenbar um einen politisch motivierten Mord“, sagte der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, der 2024 der Running mate der demokratischen Präsidentschaftskandidatin gewesen war. „Wir alle, in Minnesota und im ganzen Land, müssen uns gegen alle Formen politischer Gewalt stellen.“

Die Attentate geschahen an einem Tag, an dem die Auseinandersetzung um seine zunehmend autoritäre Regierung von Donald Trump auf einen neuen Höhepunkt zusteuerte. In Washington stand die größte amerikanische Militärparade seit Jahrzehnten an, zum 250. Jubiläum der US Army, nicht ganz zufällig auch zum 79. Geburtstag des Oberbefehlshabers. Gleichzeitig wurde in vielen Städten des Landes gegen seinen Amtsmissbrauch demonstriert, Titel „No Kings“, keine Könige.

In Minnesota warnten die Behörden angesichts der Lage vor einer Teilnahme den Protesten, dennoch versammelten sich Tausende  Menschen vor dem Kapitol in St. Paul. In dem Fahrzeug des Flüchtigen lagen Zettel mit Aufschrift „No Kings“, jedenfalls zeigt das ein Polizeifoto. Außerdem seien dort ein Manifest und eine Liste mit weiteren Zielen des mutmaßlichen Schützen gefunden worden, die Genannten werden jetzt besonders geschützt. Vor allem für Melissa und Mark Hortman kommt die Warnung zu spät. [….]

(Peter Burghardt, 14.06.2025)

Der orange Messias findet alles so großartig, daß er für rund 100 Millionen Dollar eine Militärparade zu seinem heutigen Geburtstag aufmarschieren lässt.

[….] Mehr als 6.000 Soldatinnen und Soldaten, 150 Militärfahrzeuge - einschließlich Panzer - und 50 Flugzeuge und Hubschrauber sollen an der Parade in Washington beteiligt sein. Und der wichtigste Mann im Publikum hat an diesem Tag selbst Geburtstag: Donald Trump wird 79.  [….] Was die jetzige Militärparade besonders umstritten macht: Während in Washington Panzer präsentiert werden, sind in Los Angeles Nationalgarde und US-Marines im Einsatz, um Trumps harte Migrations- und Abschiebepolitik zu untermauern.  Den Politikwissenschaftler Chris Edelson von der American University macht das einigermaßen fassungslos. "An seinem Geburtstag Panzer im Zentrum von Washington - das wirkt wie aus einem Kinofilm", sagt Edelson im ARD-Interview. Der Politologe ist ein besonders scharfer Kritiker des US-Präsidenten. Aus seiner Sicht will Trump sich zum König machen.

"Er glaubt, Regeln gelten für ihn nicht. Er glaubt, er kann machen was er will", sagt Edelson. "Wenn der Präsident das Militär in Los Angeles einsetzen kann, wo es absolut keinen Grund dafür gibt, dann will er sich in dieser Art der Machtausübung zum Diktator machen, zu einem amerikanischen Putin, Orban, Erdogan, vielleicht einem amerikanischen Xi", erklärt er in Bezug auf die Staats- und Regierungschefs Russlands, Ungarns, der Türkei und Chinas.

In zahlreichen Städten der USA sind für heute Proteste geplant, viele unter dem Motto "No Kings" - "Keine Könige". Trump hat angekündigt, Protestierenden im Umfeld der Militärparade in Washington mit "allergrößter Härte" zu begegnen.  [….]

(Tagesschau, 14.06.2025)

[….] Bundeskanzler Friedrich Merz wirbt nach seinem Besuch bei Donald Trump für einen anderen Umgang mit dem US-Präsidenten. „Hören wir mal auf, mit erhobenem Zeigefinger und gerümpfter Nase über Donald Trump zu reden. Man muss mit ihm reden und nicht über ihn reden“, sagte der CDU-Chef bei einer Unternehmertagung in Berlin. [….]

(Stuttgarter Zeitung, 06.06.2025)

Meines Erachtens haben sich die Institutionen der USA als zu schwach erwiesen. Sie versagen vor unseren Augen. Die Presse ist zum größten Teil ein Trauerspiel, die Opposition ohnmächtig, die Richter eingeschüchtert, oder auf Linie gebracht, die Wirtschaft kuscht und das Volk schweigt aus Angst.  Und noch viel schlimmer: Große Teile des Pöbels und die Mehrheit der Parlamentarier jubeln dem Untergang der US-Amerikanischen Demokratie zu. Sie applaudieren dem kriminellen, rassistischen, raffgierigen, permanent lügenden Vergewaltiger dabei, wie er die Verfassung zertrampelt.

Wir müssen also abwarten und hoffen, Trump möge die gesamte US-Wirtschaft so dermaßen in den Abgrund reiten, daß auch die fanatischen Jünger es verstehen.

Etwas Hoffnung kann man aus der sagenhaften Verdummung der Trumpisten schöpfen. Sie sind so unfähig, daß sie noch nicht mal ihr eigenes Drehbuch umsetzen können, wenn sie alle Macht in den Händen halten und nicht mal auf Widerstand treffen.

[….] Die Umsetzung der Pläne aus dem Project 2025 ist massiv beschleunigt worden, aber genau deswegen ist vieles nicht so ordentlich gemacht worden, wie der Leitfaden es selbst fasst. Beispiel Bürokratieabbau: Der ging durch Elon Musk mit DOGE sehr schnell. Umgekehrt sind aber über das letzte Jahr 47.000 Menschen vorrekrutiert worden, um sie – je nach Bedarf – in eine ideologisierte Bürokratie wieder einzuspeisen. Da aber das Edikt zu Sparen plötzlich über der Effizienz stand, sehen wir in vielen Teilen des Apparats absoluten Stillstand, mit den entsprechenden Auswirkungen auf das öffentliche Leben in den USA, von Flugsicherheit, bis Lebensmittelsicherheit, bis zur Veteranenversorgung – mit tiefen Konsequenzen, die sich noch vollständig abzeichnen werden. [….] 

Amerika versteht sich als eine sich selbst korrigierende Demokratie. Diesem Verständnis stehen jetzt regressive Energien gegenüber – die im Übrigen nicht wirklich einen vollständig durchdachten Plan haben, wie zum Beispiel diese vermeintliche Reindustrialisierung der USA wirklich aussehen soll, von der die MAGA-Strategen sprechen – mit eingeschränktem Zugriff auf neue Arbeitskräfte aus der ganzen Welt, mit beschnittener wissenschaftlicher Freiheit. [….]  Die kognitive Dissonanz zwischen den Zivilrechtlichen Errungenschaften einer Verfassungsordnung und den Bildern einer Militärparade sind kognitiv schwer in Einklang zu bringen. [….]

Wenn 32 Prozent der amerikanischen Bevölkerung in einer Umfrage aus dem letzten Februar angeben, sie würden sich eine starke Staatsführung oder die Staatsführung durch das Militär wünschen, dann sind da gesellschaftlichen Bewegungen im Gange, die von den MAGA-Strategen gut gelesen worden sind und für eine längerfristig angelegte politische Machtergreifung instrumentalisiert werden. [….] Die große Sorge, die viele haben, ist, dass das Wahlsystem in der Fläche bis zur Zwischenwahl 2026 so geschwächt und beeinflusst worden ist, dass es nicht mehr zu einer klassisch funktionalen Wahl kommen wird, was dann wiederum Einfluss darauf hat, wie sich bestimmte Mehrheitsverhältnisse weiter gestalten. [….]  Ich mache mir große Sorgen. [….]

(Cathryn Clüver Ashbrook, 14.06.2025)

Freitag, 13. Juni 2025

Diktatoren-Spaß

Dieser elende miese Stephen Bannon. Nun hat er mich mit seiner „flood the zone with shit“-Stragegie auch erwischt. Über 50 mal änderte Trump in vier Monaten die Zollpolitik; setzte so erratisch Zölle rauf und runter, daß ich den Überblick verloren habe, was jetzt eigentlich gilt.

[…] It’s hard to keep track of how many times Trump has ordered or reversed new tariffs, but the Post has helpfully done that math, too:

    Since the inauguration on Jan. 20, Trump administration officials have announced new or revised tariff policies more than 50 times, according to a tally by The Washington Post. (A separate tally by Reed Smith, a law firm, has found about 55 such actions.) Trump has issued more than a dozen tariff-related executive orders, or about one per week — one aimed at Mexican drugs and migration, another aimed at Canada, yet another hitting China, and several that modified previously issued executive orders, among others.

    Some of his plans have been strikingly short-lived: More than a half-dozen of the president’s tariff announcements, such as duties on dairy imports and Colombian trade, didn’t last more than a week before they were altered. Some didn’t last a day. (The White House says this was because they achieved their intended result.)

    Trump has substantially changed tariffs on goods from China, Canada and Mexico at least a half-dozen times each. He has reversed himself at least three times on auto tariffs, on steel and aluminum, and on agriculture and energy. Other sectors are left waiting to see how their production lines might be upended. Trump has announced, but not implemented, tariffs on semiconductors, pharmaceuticals and a range of other critical imports.  […..]

(Chas Danner, 15.05.2025)

Es scheint sich nicht mehr zu lohnen, dem Trumpschen Zoll-Chaos zu folgen. Wozu sollte man sich up to date bringen, wenn ohnehin morgen wieder etwas anderes gelten wird?

Noch drastischer ist das rechtliche Chaos, das der größte Verfassungsfeind der USA anzettelt. Er verklagt alles und jeden, der es wagt, ihm zu widersprechen. Zudem wird er pausenlos wegen seiner eigenen illegalen Methoden verklagt.

Zuletzt erfolgreich von Gavin Newsom. Wenn aber ein Gericht, oder ein Bundesrichter gegen Trump entschiedet, kommt ihm das nur Recht. Das liefert ihm jede Menge Munition, um seine 80 Millionen orangen Jünger gegen den „Deep State“ aufzuhetzen, sich als Opfer zu inszenieren und die nächsten Instanzen zu bemühen.

[….] US-Präsident Donald Trump verurteilte bei einer Kundgebung am Militärstützpunkt Fort Bragg in North Carolina die Demonstrationen in Los Angeles. „Generationen von Armeehelden haben nicht an fernen Küsten ihr Blut vergossen, nur um dann zuzusehen, wie unser Land hier zu Hause durch Invasionen und Gesetzlosigkeit in der Dritten Welt zerstört wird, wie es in Kalifornien geschieht“, so Trump. Die Protestierenden bezeichnete er als „radikale Linke“ und „Tiere“. […]

(FR, 12.06.2025)

[…] Die nächste Entscheidung von US-Präsident Donald Trump ist vor Gericht gelandet. Dieses Mal ging es um die Nationalgarde, die im Zuge von Protesten gegen den Willen von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom nach Los Angeles entsandt wurde. Dies ist von einem Gericht in den USA als »illegal« eingestuft worden.

»Seine Handlungen waren illegal«, hieß es in einem von der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag (Ortszeit) eingesehenen Urteil von US-Richter Charles Breyer in Bezug auf Trump. Der Richter wies den Präsidenten an, die Kontrolle über die kalifornische Nationalgarde »unverzüglich« an den Bundesstaat zurückzugeben. [….]

(SPON, 13.06.2025, 05:01 Uhr)

[…] Trump hat Soldaten der Nationalgarde nach Los Angeles entsandt und damit ein juristisches Tauziehen ausgelöst. Nun entschied ein Berufungsgericht: Die US-Regierung darf vorerst die Kontrolle über die Nationalgarde behalten.

Die US-Regierung darf vorerst die Kontrolle über die Nationalgarde in Kalifornien behalten. Ein Berufungsgericht blockierte am späten Donnerstagabend (Ortszeit) eine nur wenige Stunden alte Anordnung des Bezirksgerichts in San Francisco. Gegen diese hat die Regierung von US-Präsident Donald Trump erfolgreich Widerspruch eingelegt.  [….]

(Tagesschau, 13.06.2025, 10:35 Uhr)

Die Rechtslage ändert sich also alle paar Stunden. Damit funktioniert wieder einmal Bannons Credo – die Welt wird von den Trumnpanzees mit so einer gewaltigen Scheiße-Welle geflutet, daß auch die anständigsten, aufmerksamsten und rechtstreuesten Bürger den Überblick darüber verlieren, wie kriminell die Administration handelt.

Für die Rechten ist Juristerei, wie ein bunter Zauberkasten, aus dem man sich nach Belieben bedient, bis man das gewünschte Ergebnis erreicht hat. Und sollte man jemals in der obersten Instanz scheitern, lässt sich das immer noch in einen moralischen Sieg verwandeln, indem man fürchterlich rumjammert, alles sei „rigged against me“, „deep state“. Finanziell lohnt es sich sowieso, weil die 80 Millionen Trumpanzeejünger bereitwillig ihrem Milliardenschweren Messias jedes Jahr hunderte Millionen Dollar überweisen. Weil er es doch so schwer hat mit seinen Anwaltskosten.

Die Rechtsextremen und Unseriösen in Europa haben diese Methode längst adaptiert. Der Deutsche Bundeskanzler und sein Verfassungsminister biegen sich höchstrichterliche Urteile zurecht, wie sie wollen, ignorieren den internationalen Strafgerichtshof, erklären dem staunenden Volk kackendreist, man habe nicht die Absicht, sich an Europarecht und die drei Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin zu halten. Die passen ihnen politisch nicht in den Kram und eine der Richterinnen soll ja auch Grüne sein. Zudem sind Gerichte in Berlin aus CSU-Sicht ohnehin irrelevant.

Trump, Söder, Merz, Dobrindt sehen geltendes Recht lediglich als Handlungsoption an. Fakten sind bloß eine der möglichen Realitäten. Eine lächerliche Schwäche der Sozis, Grünen und Demokraten, sich sklavisch an die Wirklichkeit zu halten.

[….] Als Innenminister Dobrindt die Gefährdungslage durch Rechts- und Linksextremismus auf zwei Diagrammen präsentierte, war das eher Kunst als Statistik. Und ein PR-Stunt auf Kosten der politischen Realität. [….] Wer sich nicht die Mühe macht, die y-Achsen zu lesen, die beide mit unterschiedlicher Skalierung arbeiten (das Diagramm zum rechtsextremen Personenpotenzial zählt bis 60.000, das zum linksextremen bis 40.000), denkt sich beim Anblick der zwei Infografiken: Bald brennen Dienst- und Einkaufswägen vorm Bundestag. Die Entwicklung des linksextremen Gefahrenpotenzials steigt darauf steiler als Dobrindts wunderliche Karriere in den letzten Jahren. Nur zeigen die realen Zahlen, also genau die Zahlen aus dem von ihm dort vorgestellten Bericht, ein bisschen was anderes.

Auch wenn das massiv gestiegene Rechtsextremismuspotenzial als kunstfertiges Diagramm nur so mittel beunruhigend zu sein scheint: Es ist 2024 um fast 10.000 Personen gewachsen und umfasst nun über 50.000 Rechtsextremisten. Aber gut, viele sitzen ja eh in der AfD, also quasi im Parlament, dann hat man sie ja im Blick. Nein, die wirklich dramatische Entwicklung, auf die wir nun alarmiert blicken sollten – glaubt man Schildbürger Dobrindt – sind: linksextreme Gewaltorientierte. Angeblich »deutlich gestiegen« ... auf exakt dieselbe Zahl wie im Vorjahr: 11.200. Die linksextreme Szene verzeichnet in ihrer Gesamtheit laut Verfassungsschutzbericht in diesem Jahr den besorgniserregenden und kaum einzudämmenden Zuwachs von ganzen 1000 Personen.

Die CSU war ja schon immer Meisterin der politischen Schwarz- bzw. in diesem Fall Rotmalerei, aber dieses visuelle Äquivalent zu »Bad people on both sides« stellt in Anbetracht der tatsächlichen Werte eine eigene Form ideologischen Malen-nach-Zahlens dar. Während Rechtsextreme laut Bericht fast 38.000 Straftaten begangen haben – zum Vergleich: bei den Linksextremen sind es unter 6000 –, die Gesamtzahl rechtsextremer Straf- und Gewalttaten also um fast die Hälfte anstieg, sehen die Grafiken so aus, als würden sich Antifa und Neonazis demnächst in der Mitte treffen, um gemeinsam den Reichstag niederzubrennen. Tatsächlich sind, nur mal fürs Protokoll, politisch motivierte Gewalttaten mit linksextremem Hintergrund um 26,8 % gesunken, die Zahl der Gewalttaten gegen Polizei und Sicherheitsbehörden um 51,6 %. Das Gros der Straftaten, die der Bericht auf linker Seite dokumentiert, sind Sachbeschädigungen. [….]

 (Samira El Ouassil, 12.06.2025)

Die Konservativen verwandeln die Welt immer mehr in eine legal-illegal-scheißegal-Welt, in der die Ihrigen tun können, was sie wollen und nicht dafür kritisiert werden dürfen, nur weil sie etwas Illegales tun. Oder lügen, daß sich die Balken biegen.

[….] Nach den Voraussetzungen des Selbstverteidigungsrechts, wie es in Artikel 51 der Uno-Charta normiert ist, ist eine militärische Gewaltanwendung nur dann gerechtfertigt, wenn ein bewaffneter Angriff – eine »armed attack« – des betroffenen Staates stattgefunden hat. In diesem Fall gab es keinen solchen Angriff Irans auf Israel. Israel argumentiert, dass es sich vor einem zukünftigen Angriff schützen müsse, möglicherweise mit Nuklearwaffen. Doch das basiert allein auf hypothetischen Annahmen.  Dieser Angriff Israels auf Iran war völkerrechtswidrig. [….] Nach Historisch betrachtet wurde das Gewaltverbot in die Uno-Charta eingeführt, um die militärische Konfliktlösung zu verhindern. Das war eine historische Errungenschaft der Nachkriegsordnung. Vor diesem Hintergrund wurde das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 – als Ausnahme vom Gewaltverbot – traditionell eng verstanden. Die Diskussion über eine präventive Ausweitung begann 1967 mit besagtem Sechstagekrieg und nahm mit 9/11 an Fahrt auf. Dann wurde die präventive Selbstverteidigung von den USA (die sogenannte Bush-Doktrin, Anm. d. Red.) und den meisten westlichen Verbündeten, auch Deutschland, anerkannt. Doch selbst wenn man dieser weiteren Auslegung folgt, also eine präventive Selbstverteidigung erlaubt, müsste Israel einen unmittelbar bevorstehenden Angriff Irans mit Nuklearwaffen nachweisen. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat kürzlich aber selbst gesagt, dass Iran von einer Nuklearschlagskapazität noch Monate entfernt sei. Damit kann gegenwärtig nicht von einem unmittelbar bevorstehenden Angriff ausgegangen werden. […]

(Rechtsprofessor Kai Ambos, 13.06.2025)

Aber so wie der frühere Amtsrichter Merz den mit internationalen Haftbefehl gesuchten Bibi Netanjahu nicht verhaften lassen würde und damit dem Internationalen Strafgerichtshof den Mittelfinger zeigen will, interessiert ihn auch im aktuellen Fall das Völkerrecht nicht. Legal, illegal, scheißegal.

[….] Viele Gespräche, große Sorge – aber keine Kritik an Israel

Kanzler Merz betont, für wie bedrohlich er das iranische Atomprogramm hält – und verurteilt den israelischen Angriff nicht.  [….]

(SPON, 13.06.2025)

Donnerstag, 12. Juni 2025

CDU, Krähe, Augen

Eine Krähe hackt der anderen nicht die Augen aus. Daher kann sich der rechtsextreme Maximal-Lügner Jens Spahn auf seine Kollegen im Bundestag verlassen.

[….] Union und SPD haben sich darauf verständigt, den vollständigen Untersuchungsbericht über die Masken-Beschaffung in der Corona-Zeit vorerst nicht anzufordern. Doch das sehen nicht alle Sozialdemokraten ein – und die Opposition erst recht nicht. Neue Details zur Corona-Masken-Affäre setzen Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) unter Druck. Nachdem SZ, NDR und WDR Ende vergangener Woche aus einem internen Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof zitiert hatten, fordern nun nicht nur zahlreiche Oppositionspolitiker die Herausgabe des Dokuments. Auch einzelne Sozialdemokraten dringen auf die Offenlegung des vollständigen Berichts, der im vergangenen Jahr von Spahns Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) in Auftrag gegeben und im Januar fertiggestellt worden war. Sudhof hat darin für das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Maskenbestellungen und die Vergabe eines Logistikauftrags durch Spahn in der Corona-Pandemie untersucht. [….]

(SZ, 12.06.2025)


Als Fraktionsvorsitzender der CDUCSU sitzt er an so zentraler Stelle, daß ihm die Milliarden Euro Steuergelder, die er trotz Warnungen verschleuderte, nicht angekreidet werden. Obschon es gerade Spahn, der Mann, mit dem größten Balken im Auge ist, der garstig die Mikrosplitter in den Augen der Bürgergeldempfänger beklagt.

[….] 👉 Der Bundesrechnungshof kritisiert die Corona-Politik Spahns in einem Prüfbericht hart: Der Versorgungsaufschlag sei „planlos und abgekoppelt von Bedarfen“ gewesen. Es geht dabei um 3,1 Milliarden Euro, die der Bund für die Behandlung von COVID-19-Patientinnen an Krankenhäuser gezahlt hatte. Veröffentlich wurde der Bericht der Behörde durch die Plattform FragDenStaat.

👉 Weitere Kritik an Spahn gibt es wegen der Beschaffung von Masken zum Beginn der Pandemie. In einem internen Bericht hat die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof im Auftrag des Gesundheitsministeriums entscheidende Punkte gesammelt.

👉 Laut dem Bericht habe sich Spahn stark für die Vergabe von Aufträgen an das Logistikunternehmen Fiege aus der Nähe seines Wahlkreises eingesetzt – trotz politischer Bedenken. Fiege sei mit der Menge an Masken aber deutlich überfordert gewesen. Das Unternehmen weist das gegenüber WDR, NDR und SZ zurück.

👉 Außerdem geht es um Spahns Entscheidung, u.a. Masken bei der Schweizer Firma „Emix Trading“ einzukaufen – für 749 Millionen Euro, so Sudhofs Bericht. Vermittelt wurde der Deal durch die Tochter eines CSU-Politikers. Der Preis der Masken hätte deutlich über gängigen Marktpreisen gelegen. [….]

(Monitor, 12.06.2025)


Die 3.100 Millionen Euro, die Spahn verplemperte, sind eine ungeheuerliche Summe, die nur final unterstreichen, was wir schon lange wissen: Konservative können nicht mit Geld umgehen.

[….] Bundesrechnungshof: Spahn verpulvert Milliarden

Planlos, unwirtschaftlich, ohne nachhaltige Wirkung: Der Bundesrechnungshof kritisiert Spahns Gesundheitspolitik massiv.   […]

(Frag den Staat, 10.06.2025)

Der finanzielle Schaden mag immens sein, aber der politische und demokratische Schaden, den die rechtsbrecherische Merz-Regierung hier SCHON WIEDER anrichtet, übertrifft ihn bei Weitem. Sie bedient toxische rechtsextreme Narrative. AfD und der braune Nazi-Blog-Mob können ihr Glück mal wieder kaum fassen.

[….] Die Verteidigungslinie Spahns: nichts Neues, alles mehrmals berichtet. Bitte gehen Sie weiter.

Dabei ist das Gegenteil der Fall. Der Inhalt ist neu – und höchst brisant. Der Bericht offenbart erstmals, wie Spahn Ratschläge aus dem Innenministerium ignorierte, interne Widerstände brach und durch persönliche Einmischung zu dem Masken-Drama beitrug, das den Steuerzahler wohl noch Milliarden kosten wird. Es ist daher unerlässlich, den Parlamentariern des Deutschen Bundestags den vollständigen Untersuchungsbericht zur Verfügung zu stellen – und nicht einzelne, unverfängliche Teile, wie es nun offenbar Spahns Nachnachfolgerin Nina Warken (CDU) erwägt.

Allein die Ankündigung erweckt den Eindruck, dass der Union der Schutz ihres Fraktionschefs wichtiger ist als vollständige Transparenz in der Masken-Affäre. Das hilft nur den Demokratieverächtern von der AfD, die seit Jahren das Narrativ verbreiten, „die Politiker“ würden am Ende ja doch zusammenhalten, um einander zu schützen. [….]. Es geht in der Masken-Affäre längst nicht mehr nur um die Zukunft von Jens Spahn. Es geht um das Vertrauen in die Demokratie. […]

(Vivien Timmler, 11.06.2025)

CDUCSU sind gefährlich. Man darf sie nicht wählen.

Niemand kann überrascht sein, welch eine Schmierenkomödie aus Unfähigkeit, Dreistheit und Doofheit sich vor unseren Augen unter Bundeskanzler Merz entfaltet.

Jeder konnte es vorher wissen. Dobrindt, Klöckner, Spahn, Merz, Linnemann und Co würden im Falle eines Unionswahlsieges die Regierung dominieren und debakulieren. Der Urnenpöbel wollte es so.

[…]  Spahn schadet dem Ansehen der Politik [….] Hunderte Millionen Steuer-Euro gingen flöten, weil Jens Spahn als Gesundheitsminister Fehler machte. Hält er an seiner Mauertaktik fest, verspielt er jede Glaubwürdigkeit – und beschädigt Kanzler Merz. [….] Warum hat Spahn im März 2020 mehr oder weniger eigenmächtig einen Preis für Masken festgesetzt, der weit über den Empfehlungen aus dem eigenen Ministerium lag? Wieso hat er sich für einen Logistiker aus seiner Heimat im Münsterland eingesetzt, gegen den Rat des eigentlich zuständigen Innenministeriums? Und weshalb hat er sich überhaupt persönlich so eingemischt damals?

Diese Fragen muss jemand beantworten, der eines der wichtigsten politischen Ämter der Republik bekleidet – und Ambitionen auf mehr hat. Er muss erklären, warum die Bürgerinnen und Bürger ihm vertrauen sollen, obwohl aufgrund seiner Entscheidungen viel Geld verloren ging. [….] Spahn [könnte] auch für Merz zur Belastung werden. Der CDU-Vorsitzende wurde von vielen gewarnt, bevor er den ehrgeizigen Westfalen zum Unionsfraktionschef machte. Dabei ging es vor allem um machtpolitische und charakterliche Vorbehalte. [….]

(Florian Gathmann, 12.06.2025)