Freitag, 11. Juli 2025

Korrupt, verlogen, unfähig.

Wolfgang Janisch, der Verfassungsexperte der Süddeutschen Zeitung, schrieb gestern einen Artikel über die bundesdeutsche Erfolgsgeschichte der Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht.

Über die fachliche Eignung der Richter sei jeder Zweifel erhaben und sie wären bisher bei allen politischen Unterschieden hinter verschlossenen Türen intensiv darum bemüht, ihre Kollegen mit juristischen Argumenten zu überzeugen. Es werde sehr viel diskutiert, weil alle Richter tatsächlich dafür offen wären, ihre ursprüngliche Ansicht zu revidieren, wenn ihnen einleuchtende Argumentationen vorgelegt würden.

[….] Die ehemalige Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff weist in ihrem fantastischen Buch „Beratungskulturen“ auf einen weiteren Punkt hin. In einem Gericht werde überzeugender argumentiert, wenn keine ideologischen Hardliner im Raum sei. Einfach deshalb, weil „mittige“ Richterinnen und Richter bei den einzelnen Themen weniger festgelegt und daher durch gute Argumente zu gewinnen sind. Im polarisierten US Supreme Court muss man nicht mehr beraten und tut es auch nicht. Jeder weiß, wo der andere steht und wie er abstimmen wird.  [….]

(Wolfgang Janisch, 10.07.2025)

Natürlich sei die Auswahl der Richter stets ein Politikum, aber allen daran beteiligten Parteien – CDUCSU, SPD, FDP, Grüne, Linke – wären sich der herausragenden Bedeutung eines funktionierenden Verfassungsgericht bewußt. Geplänkel im Vorfeld ja, aber die heute anstehende Wahl dreier neuer Verfassungsrichter werde nicht scheitern, mutmaßte der alte Fuchs.

[….] Auf Vorschlag der SPD wird [Frauke Brosius-Gersdorf] an diesem Freitag [….] aller Voraussicht nach im Bundestag zur Verfassungsrichterin gewählt. [….]

(Wolfgang Janisch, 10.07.2025)

Wie so viele, unterschätzte Janisch die Unfähigkeit Jens Spahns. Wir alle wissen; er lügt, ist zutiefst korrupt und steht politisch ganz weit rechts außen. Aber er sitzt seit 22 Jahren im Bundestag, bekleidete zahllose Spitzenämter, also würde er dieses eherne Grundprinzip der bundesdeutschen Nachkriegspolitik umsetzen. Weit gefehlt.

Spahn fuhr die Kleiko heute gegen die Wand.

[….] »Peinlich«, tönt es im Plenum aus den Reihen der AfD. Die Rechtsextremisten kommen wohl als einzige Partei gut gelaunt aus diesem letzten Sitzungstag. Die Koalition dagegen geht im Krisenmodus in den Sommer. Von Zuversicht und Aufbruch keine Spur. Stattdessen werden Erinnerungen wach an die zerstrittene Ampel. Die Wut ist groß. Sogar vom Ende des schwarz-roten Bündnisses wird auf den Fluren des Bundestags geraunt.  [….]

(SPON, 11.07.2025)

Zwar verderben meist mehrere Köche den Brei, aber in diesem Fall zeigen alle völlig zurecht auf Jens Spahn. Er kann es einfach nicht.

[…]  Die Unionsfraktion galt in Regierungszeiten meist als pragmatische Machtmaschine. Auf sie konnten sich Kanzler und Koalition verlassen, die Abgeordneten blieben auf Kurs (oder wurden auf Kurs gebracht). Das war unter Volker Kauder so und auch unter Wolfgang Schäuble.

Der neue Unionsfraktionschef Jens Spahn hat nun bewiesen, dass man sich auf ihn nicht verlassen kann: nicht der Kanzler, nicht die Koalition, nicht die beiden Kandidatinnen und der Kandidat fürs Verfassungsgericht.

Spahn hatte noch einmal mehrere Tage Zeit, um die Unterstützung seiner Fraktion abzusichern. Er hat die Zeit nicht ausreichend genutzt.

An diesem Freitag musste die Richterwahl kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags genommen werden, weil der Widerstand in der Unionsfraktion zu groß war. Das ist ein Desaster. Es geht auf Spahns Kappe. Der Schaden ist groß: für die Koalition, für das Verfassungsgericht. Und wie immer, wenn Demokraten sich fahrlässig selbst beschädigen sowie Institutionen dieser Republik gleich mit, feiern die Rechtsextremen im Parlament. […..]

(Sebastian Fischer, 11.07.2025)

Spahn ist die Inkarnation des Desasters. Er hätte nie CDUCSU-Fraktionschef werden dürfen. Fritze war hinreichend gewarnt worden.

Spahn lieferte in seiner kurzen Amtszeit allein mit seinen Masken-Lügen mehr als ausreichende Gründe für einen Rücktritt.

Spahns heutige Episode zeigt vollends, wie gefährlich der Mann ist, der stets den AfD-Nazis in die Hände spielt.

Britta Haßelmann brachte es mit ihrer „Wutrede“ perfekt auf den Punkt.


Die CDU ließ sich ungeheuerlicherweise von rechtsextremen Lügenkampagnen treiben. Spahn und Merz müssen wegen erwiesener Unfähigkeit und ständiger Lügen zurücktreten!

[….] Führungsversagen von Spahn und Merz

In der SPD ist man sauer. Sieht ein Führungsversagen von Spahn und Merz. „Wir werden gerade Zeuge, wie eine hochqualifizierte Kandidatin mit makellosem Werdegang und breiter fachlicher Anerkennung Opfer einer Schmutzkampagne wird, die haltlos ist“, erklärt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Dirk Wiese. „Das Problem heute ist, dass die Unionsführung die nötige Mehrheit in ihren eigenen Reihen nicht sicherstellen konnte.“  [….]

(Taz, 11.07.2025)

Hätten wir doch bloß Olaf Scholz als Kanzler behalten! Die CDUCSU-Fraktion erweist sich, wie zu erwarten, als vollkommen ungeeignet, um Regierungsverantwortung zu übernehmen. Ihr Personal besteht aus rechtslastigen Hallodris.

[…] Die Wahl dieser Kandidatin (und zweier weiterer Personen ans Bundesverfassungsgericht) ist nicht an Gewissensprüfungen, sondern an Hasenfüßigkeit gescheitert. Was sind das für Abgeordnete, denen sensationsheischende, aber oft substanzarme Vorwürfe eines aus Gewohnheit sensationsheischenden Mannes reichen, der sich selber die Berufsbezeichnung „Plagiatsjäger“ verliehen hat? Von einer Minute auf die andere entziehen sie einer respektablen Rechtswissenschaftlerin das Vertrauen und liefern sie so dem Gejohle auf X sowie der AfD aus. Fehlte es ihnen an Urteilskraft? Hatten sie nach einem Vorwand für die Ablehnung der Kandidatin gesucht und waren froh und dankbar, als plötzlich einer zur Verfügung stand?

Schon in den vergangenen Tagen erweckte die Union den Eindruck, ohne inneren Kompass unterwegs zu sein. Bundesverfassungsrichter werden mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Auf die kommen aber Union, SPD und Grüne im Bundestag gemeinsam nicht, weshalb es nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder man trifft Verabredungen mit der Linken. Oder man wird auf Stimmen der AfD angewiesen sein. Letzteres halten CDU und CSU allen Ernstes fürs kleinere Übel. Parteitagsbeschlüsse verorteten die Linke außerhalb des demokratischen Spektrums, daher könne es keinerlei Zusammenarbeit geben. Also weigerte die Union sich, für den ihrigen der drei Richterkandidaten bei der Linken zu werben. Lieber nahm sie Stimmen aus der AfD in Kauf.

Staatstragender als die Linke kann man kaum sein

Das Festhalten an diesem Beschluss ist mittlerweile bestenfalls albern, im konkreten Fall sogar empörend. Wo sie regiert oder regiert hat, erweist sich die Linke als demokratisch verlässliche Kraft. [….]

(Detlef Esslinger, 11.07.2025)

Mein ganzes Leben lang schwanke ich; ist es peinlicher US-Amerikaner oder Deutscher zu sein? Unter der Trump-Präsidentschaft schien die Frage entschieden zu sein; für meinen blauen Pass schäme ich mich mehr, als für den Roten. Aber das was Reiche, Merz, Dobrindt, Söder, Klöckner und Spahn unter dem großen Jubel weiter Teile der Presse in den letzten Monaten abziehen, bringt meinen deutschen Pass wieder in Richtung des Peinlichkeitsolymps.

[….] Schwarz-Rot ist mit dem Versprechen angetreten, störungsfrei zu regieren. Davon ist nach ein paar Wochen nicht mehr viel übrig. Die gescheiterte Wahl von drei BundesverfasssungsrichterInnen zeigt, dass diese Regierung planlos in eine Selbstblockade taumelt. Schwarz-Rot ist nicht in der Lage, Mehrheiten für die Ernennung von VerfasssungsrichterInnen zu organisieren. Bei der Ampel trieb die FDP die Koalition gezielt in Krisen. Das schwarz-rote Debakel hat keinen Autor, keinen Regisseur, keine Strategie, nur stammelnde Unfähigkeit.

Rechte Medien, die AfD und Teile der Union haben eine Kampagne gegen die linksliberale Juristin Frauke Brosius-Gersdorf inszeniert. Die SPD hätte diese Kampagne offensiver kontern sollen. Aber das ist nur ein Seitenaspekt. Versagt haben Friedrich Merz und vor allem Jens Spahn. [….] Das Versagen Nummer drei war der Tiefpunkt dieser Affäre. Spahn und Merz versuchten Freitagmorgen mit Verweis auf einen dubiosen Plagiatsjäger die SPD-Kandidatin endgültig zu demontieren – und damit ihren Wortbruch und ihr politisches Scheitern zu kaschieren.  Anstatt nach einem Ausweg zu suchen, warf Spahn die Dreckschleuder an. Dieses Manöver moralisch abgründig zu nennen, ist untertrieben. Dass der Plagiatsjäger ein paar Stunden später erklärte, von Plagiat sei eigentlich keine Rede, illustriert, dass Spahn die miesen Tricks, die er anwendet, noch nicht mal beherrscht. Man muss nicht nur bösartige Absichten haben, sondern auch unfähig sein, sie umzusetzen.  [….] In einer funktionierenden demokratischen Kultur wäre nun der Rücktritt von Spahn fällig. Die SPD würde der Union mit dem Ende der Regierung drohen. Aber die Zeiten sind nicht normal. Die Angst vor der AfD sitzen allen im Nacken.  […]

(Stefan Reinicke, 11.07.2025)

Diese Union kann es nicht nur nicht, sie sollte auch nicht! Diese Menschen blamieren sich schließlich nicht nur selbst, sondern bemühen sich nach Kräften, Deutschland zu ruinieren.

[…] Was für ein Desaster! Für Jens Spahn, den Vorsitzenden der Unionsfraktion, für Bundeskanzler Friedrich Merz, […] Spahn hat versagt. Er hat völlig falsch eingeschätzt, wie seine Fraktion denkt. Er hat eine Kandidatin der SPD öffentlich unterstützt, die eine große Zahl von Abgeordneten der CDU und CSU nicht wählen wollte. […] Noch schlimmer: Spahn besitzt in den eigenen Reihen nicht die Autorität, eine Entscheidung, die er gemeinsam mit der SPD-Fraktionsspitze getroffen hat, durchzusetzen. Damit ist er als Unionsfraktionschef angeschlagen. Und Merz, der sich am Mittwoch im Bundestag für die Richterkandidatin ausgesprochen hatte, steht da wie ein begossener Pudel. Ein Kanzler, der sich nicht auf getroffene Absprachen in seiner Koalition verlassen kann, ist ein geschwächter Regierungschef. Dafür kann er sich bei Spahn bedanken. […] Merz sollte nicht unterschätzen, wie schlecht die Stimmung innerhalb seiner Regierungskoalition ist - nach gerade einmal zwei Monaten. Die SPD liegt waidwund am Boden. […]  Wie will diese Koalition die nächsten Jahre überstehen, wenn sie bereits jetzt so wackelt? Ich weiß es nicht. […]

(Dagmar Pepping, Tagesschau, 11.07.2025)

Aber wohin soll man auswandern? Nirgendwo auf der Welt scheint es besser zu sein. Man kann das nur extraterrestrisch angehen.

[…] Der Bundestag hat Frauke Brosius-Gersdorf nicht zur Verfassungsrichterin gewählt. Es ist ein Erfolg der Rechten. Ganz vorne dabei: die Union. […] Es tobt ein Kulturkampf von ganz rechts – und die Union hat sich zur Erfüllungsgehilfin gemacht.

Schon seit Tagen brodelte es in der Unionsfraktion. Die Spitzen von SPD und Union hatten sich auf die Kandidat*innen verständigt. Doch die Abgeordneten verweigerten Jens Spahn und Friedrich Merz die Gefolgschaft. Der Grund: Brosius-Gersdorf war Mitglied der Kommission, die in der vergangenen Legislatur eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts angemahnt hatte.

Seit ihre Kandidatur bekannt wurde, läuft eine Kampagne organisierter Abtreibungsgegner*innen gegen die Juristin. Massenweise E-Mails fluteten die Posteingänge von Bundestagsabgeordneten, Unterschriften wurden gesammelt, eine Welle aufgebaut. […] Auch die AfD mischte kräftig mit. Die in der Szene der Abtreibungsgegener*innen seit Jahren umtriebige Beatrix von Storch attackierte den Kanzler im Plenum und verbreitet nun, die Juristin sei für „straffreie Abtreibung bis zum 9. Monat“ – eine Position, die Brosius-Gersdorf überhaupt nicht vertritt, mit der sich aber prima Stimmung machen lässt – gegen die Juristin, aber auch ganz allgemein gegen Frauen und ihr Recht auf Selbstbestimmung.

Der Angriff auf reproduktive Rechte, auf das Recht von Frauen, über ihren Körper und letztlich ihr Leben selbst zu bestimmen, ist zentrales Element rechter bis rechtsextremer Ideologie. Für die einen vermischt er sich mit christlichem Fundamentalismus, für die anderen mit rassistischen Ideen eines vermeintlich homogenen Volkskörpers. Ihnen allen gemein ist die reaktionäre und patriarchale Idee einer vermeintlich natürlichen, zweigeschlechtlichen Ordnung – in der die Frau dem Mann ganz klar untergeordnet ist. […]

(Dinah Riese, 11.07.2025)

Donnerstag, 10. Juli 2025

Demokratieproblem

Sofern es in 100 oder 200 Jahren überhaupt noch eine Zivilisation in Deutschland geben wird, existieren vielleicht auch noch akademische Bildungsanstalten. Möglicherweise scrollen KIs durch Datensätze über das frühe 21. Jahrhundert und versuchen zu ergründen, was die klimapolitischen und demokratischen Kipppunkte waren. Was wurde an den entscheidenden Punkten falsch entschieden? Was wurde nicht erkannt, so daß es zu den Katastrophen kommen musste, die im späten 21. Jahrhundert die Menschheit fast aussterben ließ?

Die „bürgerliche Mitte“ die aus Verblendung, Lethargie und Raffgier auf das falsche Pferd, also das Rechte, setzte, wird in diesen Betrachtungen sehr schlecht wegkommen. Denn schon damals, 2025, mangelte es nicht an Erkenntnis. Die Wissenschaftler der verschiedenen Disziplinen hatten längst ergründet, was die Polkappen schmelzen lässt, wie Medieninkompetenz des Demokratie zerstört. Linke, ökologisch und humanitär orientierte Parteien verstanden durchaus die Dramatik, warnten, zeigten Alternativen auf. Sie konnten aber keine Mehrheiten mehr für die Vernunft generieren.

Im 23. Jahrhundert wird man es nicht verstehen, aber tatsächlich bildeten sich in mehreren großen demokratischen Industrienationen Regierungen, die so von Egoismus und Ignoranz getrieben waren, daß sie sich sehenden Auges dafür entschieden, die Zukunft ihrer eigenen Kinder und Enkel hemmungslos zu ruinieren. Die Weltdurchschnittstemperaturen waren bereits um 1,5°C gestiegen und dennoch gaben sie den Klimaschutz auf, setzten auf Gaskraftwerke und „drill, baby, drill!“

Ein Kanzler der damaligen Zeit, Friedrich Merz hieß er, stellte in jedem Politikfeld die Weichen so katastrophal falsch, daß ihn einige Historiker des 22. Jahrhunderts für einen bösartigen Scherz der herrschenden Ostasiatischen Zentral-KI hielten. Es galt als unergründlich, wieso die Erdenbewohner ausgerechnet zur Zeit ihrer größten Verbreitung – damals gab es 100 mal so viele Individuen wie im 23. Jahrhundert, nämlich fast neun Milliarden – gleichzeitig an ihrem intellektuellen Minimum anlangten. Dabei graben Historiker immer abstrusere Details aus der Merz-Zeit aus.

So versuchten die Bürgerlichen damals nicht etwa den entstehenden faschistoiden Parteien, deren Gewaltherrscher in der Mitte des 21. Jahrhundert den nuklearen Holocaust auslösten, zu widerstehen, sondern sie kopierten sie. Sie kooperierten.

So läuteten die Merz-Parlamentarier das Ende der freien Justiz ein, indem sie bei den relevanten Richterwahlen demonstrativ das Gespräch mit den demokratischen Linken verweigerten und stattdessen den antidemokratischen AfD-Faschisten Einflussnahme gewährten.

[….] Wie die Union fahrlässig die AfD stärkt

Die Unionsführung will partout nicht mit den Linken reden. Bei der Wahl der neuen Verfassungsrichter könnten deshalb die Rechtsextremen profitieren. [….] Die Union scheint es aus der Hand zu geben, ob und wie der von ihr unterstützte Kandidat fürs Bundesverfassungsgericht am Freitag die Zweidrittelmehrheit im Bundestag erreicht: mithilfe der Linken? Ohne die Linken? Oder gar mit Unterstützung der AfD? [….] Strategisch wäre es gewesen, frühzeitig mit der Linken zu sprechen, sie einzubinden. Aber das hat die Führung der Unionsfraktion um Jens Spahn bislang ausgeschlossen. Stattdessen wird nun wohl Vabanque gespielt: Lieber Mehrheiten mit den Rechtsextremen riskieren als mit den Linken reden. Aber ein Verfassungsrichter, der mithilfe einer rechtsextremen Partei ins Amt gewählt wird – was für ein Signal wäre das? Wie würden sie in den Reihen der AfD feixen, feiern?

Es wäre die Wiederauflage der Situation im Januar, als die Rechtsextremen einem Antrag zur Verschärfung der Asylpolitik des damaligen CDU-Oppositionsführers Friedrich Merz zur Mehrheit verhalfen. Nur dass es damals um einen folgenlosen Entschließungsantrag ging, an diesem Freitag geht es um die Integrität des höchsten deutschen Gerichts. Das wird noch dadurch verstärkt, dass der Kandidat Spinner von den Richtern des Verfassungsgerichts selbst vorgeschlagen wurde, die Unionsfraktion hat sich diesen Vorschlag nur zu eigen gemacht. [….] [Es] gilt, dass demokratische Parteien untereinander gesprächsfähig sein müssen, um Angriffe auf Verfassung und Rechtsstaat gemeinsam abzuwehren.  Dass die Union das bislang nicht einsehen will, schwächt das demokratische System. [….]

(Spiegel Leitartikel, Sebastian Fischer, 10.07.2025)

Schwer zu glauben, aber tatsächlich reichten die Christdemokraten damals freiwillig den Henkern der Demokratie ihre Hand.

Eine besonders abstruse Rolle spielte die damalige Nummer Zwei im Staat, eine gewisse Julia Klöckner, die ihren Einfluss ebenfalls für die AfD-Agenda einsetzte und manisch gegen Homosexuelle vorging.

[…]  Sie hat, und zwar ausgerechnet am Osterwochenende, in einem Interview mit der Bild am Sonntag die Kirchen gerüffelt und ihnen mehr tagespolitische Zurückhaltung angeraten. Sie hat verhindert, dass zum Christopher Street Day die Regenbogenfahne am Bundestag gehisst wird. Sie hat mit der Kraft ihres Amtes unterbunden, dass es schnelle Sondersitzungen der zuständigen Bundestagsausschüsse zur Corona-Masken-Affäre um den früheren Gesundheitsminister und heutigen Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn gab, wohlgemerkt ihren langjährigen Parteifreund. Und sie hat nach dem Scheitern von Friedrich Merz im ersten Durchgang der Kanzlerwahl nicht für Orientierung gesorgt. Stundenlang war unklar, ob noch am selben Tag ein zweiter Wahlgang stattfinden kann.

Das ist keine Liste, die Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sie setzt fort, was man schon im Wahlkampf erleben konnte. Als Klöckner zum Beispiel auf Instagram postete: „Für das, was ihr wollt, müsst ihr nicht AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU.“ Sie wollte sicher nicht sagen, dass die CDU die AfD light sei. Aber es klang so. Klöckner hat diesen Post später gelöscht, aber man konnte sich schon fragen: Ist sie eine Politikerin, die zwar sagt, man müsse wie die frühere Kanzlerin Angela Merkel alles vom Ende her denken, die dabei aber manchmal nicht über den Anfang hinauskommt? […]  

 Die Regenbogenfahne? „Die Regenbogenfahnen-Debatte hat an Maß und Mitte verloren. Man kann nicht bei jedem guten und wichtigen Anlass Fahnen hissen. Es gibt zum Beispiel den Orange Day gegen Gewalt gegen Frauen – ein wichtiges Anliegen, aber da hissen wir auch nicht die dazugehörige Fahne“, sagt Klöckner. [….] Bei den Linken und den Grünen ist Klöckner, vorsichtig gesagt, nicht die beliebteste Unionspolitikerin. Die haben auch ihren Umgang mit dem Nestlé-Konzern nicht vergessen. Vor sechs Jahren hatte sie als Agrarministerin über den Account ihres Ministeriums ein Video twittern lassen, in dem sie zusammen mit dem Nestlé-Deutschland-Chef die Zucker-, Fett- und Salzreduktionsstrategie des Konzerns lobte.

Die Linken-Chefin Ines Schwerdtner klagt, Klöckner habe bei vielen Entscheidungen parteipolitisch agiert und nicht neutral als Bundestagspräsidentin. […..] In der vergangenen Legislaturperiode sei sie eine Beißerin gewesen. Abgesehen von Jens Spahn habe niemand Robert Habeck so hart kritisiert wie Julia Klöckner. „Sie haben Tag und Nacht gewütet gegen meinen Minister. Habeck kriegt schon einen Mörder-Puls, wenn er ihren Namen nur hört“, sagt der Grüne.

Klöckner und Spahn, sie waren so etwas wie die Terrier von Merz, die der CDU-Chef ständig auf Habeck und die Ampelkoalition gehetzt hat. Unter anderem hatte Klöckner Habeck vorgeworfen, einen Scherbenhaufen zu hinterlassen, Unternehmen gingen wegen seiner Politik pleite oder ins Ausland. Ein anderes Mal sagte sie, Deutschland brauche keinen „Bundes-Schamanen, der auf gutes Wetter hofft“. Das war der Ton, Monat für Monat. Vielleicht hat Merz auch deshalb Spahn und Klöckner aufsteigen lassen, den einen zum Fraktionschef, die andere an die Spitze des Bundestags. [….]

(SZ, 10.07.2025)

Aber nichts bringt Klöckner so in Rage, wie Regenbogenfahnen. Sie lässt auch kleine private Fahnen einzelner Abgeordneter in ihren Büros abhängen.

[…] Mehrere Bundestagsabgeordnete sind von der Bundestagsverwaltung aufgefordert worden, Regenbogenflaggen zu entfernen, die an oder in ihren Büros hängen. Betroffen waren unter anderem Stella Merendino, Abgeordnete der Linken, und Lina Seitzl von der SPD.

Die Bundestagsverwaltung betont, dass sich die Anordnung nicht speziell auf queere Symbole beziehe. Das Anbringen von Fahnen sei "grundsätzlich und unabhängig von der konkreten Symbolik nicht gestattet", sagte ein Sprecher des Bundestags. "Es geht nicht konkret um die Kontrolle von Regenbogenfahnen."

Seitzl, die selbst nicht zur queeren Community gehört, hatte laut Tagesspiegel anlässlich des Berliner Pride Month zwei Regenbogenfahnen in ihrem Büro aufgehängt - als Zeichen für Vielfalt und Respekt. Sie sei telefonisch aufgefordert worden, die Flaggen abzuhängen. "Ich bin mir nicht sicher, ob man die Flaggen von außen sehen konnte, aber das war wohl der Grund", sagte Seitzl der Zeitung. [….]

(Tagesschau, 10.07.2025)

Zu Linken und Schwulen brach die CDU des frühen 21. Jahrhunderts die Kontakte ab und suchte aktiv die Nähe zu den Nazis.

[….] Bei dem Sommerfest der AfD in Mecklenburg-Vorpommern feierten auch eine FDP-Landtagsabgeordnete und ein CDU-Politiker mit. Bilder, die der AfD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns, Nikolaus Kramer, auf Facebook teilte, zeigen: Thomas Diener (CDU) und Sandy van Baal (FDP) sitzen bei dem AfD-Sommerfest am 4. Juli neben dem Rechtsaußen-Mann. Landtagsabgeordnete anderer Parteien sind schockiert.

Auf dem Bild zu sehen sind außerdem die AfD-Landtagsabgeordneten Jens Schulze-Wiehenbrauk, Horst Förster und Michael Meister. Auf Instagram löschte Kramer das Bild laut der Ostsee Zeitung kurz nach der Veröffentlichung wieder, doch auf Facebook blieb es online.

Trotz gesichtert rechtsextremistischer AfD: CDU- und FDP-Abgeordnete besuchen Sommerfest

Im Landtag war Kramer immer wieder aufgefallen. Wie der Spiegel berichtete, hatte der Greifswalder 2018 mehrfach das N-Wort genutzt und 2024 einem SPD-Abgeordneten vorgeworfen, er wolle Kramer und die AfD in ein „Internierungslager“ stecken, wenn er könne. Der AfD-Politiker ruderte später zurück und unterschrieb eine Unterlassungserklärung. Im Juni erinnerte Kramer auf Facebook an die Sommersonnenwende als angebliche deutsche Tradition. Der Tag wird besonders in rechtsextremen und völkischen Szenen, die sich in eine Tradition mit den Germanen stellen, groß gefeiert.  [….]

(Lisa Mahnke, 10.07.2025)

Mittwoch, 9. Juli 2025

Vorsichtige Presse

Meine Zeit“ waren die 80er, weil ich damals Teenager war und die Kultur der Adoleszenzphase besonders prägend ist. Deswegen mögen wir „Coming of Age“-Bücher/Filme so sehr. Aber es gab auch ein Leben vor den 80ern. In den 70er Jahren war ich Kind und absolvierte die Interessens-Phasen, die viele Blagen der Zeit damals durchmachten. Lesen, Fahrradfahren, Lego, Playmobil, draußen spielen. Ganz toll fand ich einen kleinen Emaille-Ofen. Mein Kinder-Teeservice aus der Zeit habe ich, nach einem halben Jahrhundert des Einstaubens, tatsächlich erst vor ein paar Wochen endgültig weggeworfen.

Besonders gern fuhr ich mit dem Fahrrad „ins Dorf“; also den Ladenzeilen, die zwei km weiter von unserer reinen Wohngegend entfernt angesiedelt waren.

Am Bahnhof war nämlich „die Post“ und in der heißen Phase meiner Briefmarken-Sammelleidenschaft wußte ich genau, wann Sondermarken herauskamen, die ich versuchte zu bekommen. Natürlich waren die nicht immer vorrätig und so musste man oft dahin, um in der Warteschlange zu hoffen. Dabei studierte ich immer die RAF-Fahndungsbilder und prägte mir die Namen ein. Baader, Meinhof, Ensslin, Klar, Mohnhaupt, Möller. Ehrfürchtig gruselte ich mich vor den Terroristen.

So sahen also Verbrecher aus. Sogar die Vornamen Gudrun, Brigitte und Irmgard deuteten für mich schon auf die kriminelle Energie hin. Die Allerschlimmsten von ihnen sah man in der Tagesschau auch in bewegten Bilder. Das waren die „Mutmaßlichen“. Lange bevor mir die wahre Bedeutung des Wortes bewußt wurde, hielt ich „mutmaßlich“ für die maximale Steigerung des Teuflischen. Das waren keine normalen Räuber oder Schläger. Nein, „mutmaßlich“ wurden nur die Allergefährlichsten in den Nachrichten genannt. Vor denen fürchtete sich die ganze Welt.

Wer das Missverständnis aufklärte, weiß ich nicht mehr, aber ich erinnere mich noch an das unbefriedigende Gefühl. Wieso wurde so vorsichtig von ihnen geredet und wieso durfte man so einen Fahndungsaufwand betreiben, wenn die Leute nur vielleicht irgendwas getan hatten?

Als wir in der Oberstufe Uwe Johnsons „Mutmaßungen über Jakob“ lasen (im Anschluss an Wolfs „Nachdenken über Christa T.“ – seltsame DDR-Literatur), stolperte ich immer noch über das böse Wort „mutmaßlich“, weil es extrem negativ konnotiert wird:

Anführer Attentäter Betrüger Brandstifter Dealer Dieb Drahtzieher Drogendealer Drogenhändler Einbrecher Entführer Erpresser Extremist Haupttäter Islamist Kinderschänder Komplize Kriegsverbrecher Mitglied Mittäter Mörder Opfer Schütze Spion Terrorhelfer Terrorist Täter Täterin Unterstützer Vergewaltiger.

Heute freue ich mich hingegen, wenn ich in Artikeln über aktuelle Geschehnisse ausdrücklich lese, es handelte sich um Mutmaßungen.

Denn damit geht nicht nur ein juristischer Schutz der bis zum Beweis des Gegenteils Unschuldigen einher, sondern es deutet auch auf verantwortungsvollen Umgang mit Quellen hin. So sollte Journalismus eigentlich funktionieren: Nur wenn eine Tatsache gründlich recherchiert und gegengecheckt wurde, kann über sie als Fakt berichtet werden. Alles, das man nur hört, das irgendjemand anders gesagt hat, das bei Wikipedia steht, ist lediglich möglicherweise eine Tatsache. Vielleicht. Eventuelle. Ein konkreter Verdacht, ist eine Mutmaßung. Mutmaßlich hat Ministerin Warken gelogen, der CDUCSU-Fraktionsvorsitzende Spahn ist mutmaßlich ein Lügner.

Ein Internetblog liegt auf der Seriositätsskala unter dem Profi-Journalismus. Hier wird nicht scharf zwischen Reportage und Meinung unterschieden.

Hier verlinke ich zwar immer die Fakten, damit jeder selbst nachprüfen kann, aber es wird mit meiner Meinung angereichert und die Sprache darf auch derber sein. Die CDU folgt bei Frauke Brosius-Gersdorf mutmaßlich einer radikal misogynen Agenda. So muss es in der Zeitung heißen. Im Blog kann ich auch schrieben „die CDU ist eine frauenfeindliche Partei“ oder „Merz ist ein dummerhafter Prahlhans“.

Die Tagesschau wird zum Glück vom Beitragszahler finanziert und muss hohe journalistische Standards einhalten, um ihrer ohnehin schwer angeknacksten Gatekeeper-Funktion gerecht zu werden.

Die ARD darf nichts behaupten, dessen sie sich nicht absolut sicher ist. Es sei denn, sie kennzeichnet es ausdrücklich als Spekulation, bzw Mutmaßung.

Es ist nicht hinnehmbar, daß jemand, der so häufig wie Markus Söder lügt, immer leichter damit durchkommt, weil „seriöse“ Medien ungeprüft seine Bullshittereien nachplappern.

[…..] Markus Söders Fleischlüge. […..] Immer wieder behauptet der CSU-Chef, die SPD habe bei den Koalitionsverhandlungen „nur veganes Essen“ serviert – und Medien berichten das. Aber kann das wirklich sein? Wir haben mal nachgefragt. […..] Vermutlich braucht Markus Söder einfach ein neues Feindbild. Das ständige Schimpfen auf die Grünen wird halt irgendwann langweilig.  Also ist jetzt die SPD dran.

Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident macht sich aber nicht einmal die Mühe, sich etwas Neues auszudenken. Was beim Lästern über die vermeintliche „Verbotspartei“ funktioniert, zieht auch beim Sticheln gegen die Genossen. Und so fokussiert sich Söder auch hier auf das Thema Fleisch. Genauer gesagt: auf angeblichen Fleischverzicht.

Seit Wochen tourt Markus Söder durchs Land und behauptet bei verschiedenen Veranstaltungen öffentlichkeitswirksam, bei den Koalitionsverhandlungen im Hause SPD sei die Stimmung stets am schlechtesten gewesen. Der Grund? Es habe immer nur „veganes Essen“ gegeben. Ein Thema, mit dem sich leicht Politik machen lässt. Und Schlagzeilen. […..] Beim „Schweinefest“ im bayerischen Viechtach sagte Söder im Mai:

    „Bei der SPD gab es immer veganes Essen, immer miese Stimmung. Bei der CDU gab es ordentliches, aber zu wenig Essen. Aber wir: Ich habe immer auftischen lassen! Es ging in der Früh mit Weißwurst los. Dann gab es Schweinsbraten, Leberkäs.“

[…..] "Focus"-Schlagzeile: Söder spottet über SPD: "Da gab's immer veganes Essen, immer miese Stimmung"[…..] Vergangene Woche wiederholte Söder die Behauptung im Gespräch mit „Welt“-Chefredakteur Jan Philipp Burgard und nannte es: „Saskia-Esken-Küche“. Und auch beim CSU-Bezirksparteitag in Oberfranken gab es großen Applaus, wie der „Fränkische Tag“ berichtet:

    „Bei der SPD gab es immer veganes Essen“, berichtete Söder von den Koalitionsverhandlungen. Die Folge: „miese Stimmung.“ Applaus im Saal. […..] Alle lassen Söder reden und berichten munter drüber, aber niemand fragt sich, ob das denn überhaupt stimmen kann: Kein Fleisch bei der SPD? […..] Wir haben beim SPD-Parteivorstand nachgefragt, ob die Koalitionsverhandlungen tatsächlich so fleischlos waren, wie Söder behauptet. Die Antwort der Pressestelle – wenig überraschend: Nein, zu den Verhandlungen im Willy-Brandt-Haus wurde auch Fleisch serviert. […..] Doch das interessiert Markus Söder wenig. Hauptsache, er kann Stimmung machen. Seine Fans lieben ihn dafür. Und Journalisten fressen die kleine Fleischlüge brav aus der Söder-Hand. […..]

(Lisa Kräher, 08.07.2025)

Söders Lügen nachzuäffen, ist nicht bloß eine journalistische Nachlässigkeit, sondern Puzzlestein zum Untergang der Demokratie. Söder und Merz sind gefährlich. Da dürfen TV-Nachrichten und Zeitungen niemals leichtfertig sein.

Dienstag, 8. Juli 2025

Unser größtes Problem

In den Umfragen, nach den größten Bedrohungen oder wichtigsten Themen, die den deutschen Michel quälen, werden üblicherweise die Antwortmöglichkeiten „Mieten, Klimawandel, Krieg, Migration, Arbeitsplätze, Wirtschaft“ vorgegeben. Gelegentlich auch „Renten, Gendern oder Digitalisierung“.

Entsprechend der meistgezeichneten Narrative unserer Medien- und Parteienlandschaft, landen Wirtschaft und Migration ganz vorn und Klima hinten. Der deutsche Urnenpöbel hält den Klimawandel immer noch mehrheitlich für ein Partikularthema der Grünen. Dabei werde man, wie beim  (ausgedachten) Veggieday und Wärmepumpenzwang, nur gegängelt. Daher also die Erleichterung, das Problem nun mit Merz und Reiche hinter sich gelassen zu haben. Schluss mit den häßlichen Wundrädern und Elektroautos, die so unmännlich leise surren.

Ich kann auf solche Umfragen kaum antworten. Wenn ich Migration anklicke, weil ich es für ein wichtiges Thema halten, wird es automatisch von den Schwarzen als AfD-affine Grenzen-zu-Position gewertet. Ich werde als Argumentationshilfe für einen „Ausländer-raus-Kurs“ missbraucht.

Dabei verstehe ich unter dem „Problem Migration“, daß Pushbacks enden müssen, es legale Einreisewege zu geben hat, nicht mehr tausende Migranten im Mittelmeer ertrinken, daß die EU-Landwirtschafts- und Fischerei-Politik nicht afrikanische Länder ruinieren darf und wir selbstverständlich viel mehr Integration und erst Recht mehr Einwanderung brauchen. Stichwort Fachkräftemangel und Demographiekatastrophe. Geben Civey oder Forsa das Stichwort Migration vor, wird es als ZU VIEL Migration verstanden. Jemand, der wie ich „zu wenig Migration“ damit verbindet, ist gar nicht vorgesehen in diesen tendenziösen Erhebungen.

Die Themen, die ARD-Rechtsaußen Jörg Schönenborn an Wahltagen als Belege für CDU-Wahlerfolge anführt, werden also offenbar völlig unterschiedlich interpretiert.

Ich empfinde Rechtsextreme und Kirchen als Bedrohung, fühle mich in Gegenwart von Migranten und Queeren wohl.

Die meisten Ossis sehen es genau umgekehrt. Wir können also die gleichen Themen nennen; diese aber völlig unterschiedlich konnotieren.

Die politischen Themenblöcke lassen sich nicht einheitlich definieren und sie lassen sich auch nicht von einander trennen. Klimapolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Integration hängt mit Pflege zusammen. Bildung mit Digitalisierung.  Migration mit Europa und Entwicklungshilfe und Krieg. Alle Themen werden durchzogen von Lobbyismus und finanziellen Fragen. Überall spielt die Frage der sozialen Gerechtigkeit eine Rolle.

Auf die Frage nach dem wichtigsten politischen Thema gibt es für mich zwei Antworten.

Die Kurze lautet: „Klimaveränderung“. Das Thema wird die Zukunft und das wahrscheinliche Ende der Menschheit bestimmen. Die Reiche/Merz/Trump-Fossilpolitik wird uns alle töten; simple as that.

Die längere Antwort bezieht sich auf die Unfähigkeit Problemlösungen umzusetzen, obwohl Homo Sapiens intellektuell durchaus in der Lage ist, taugliche Konzepte zu entwickeln. Wir müssen keine Kriege führen, wir müssen nicht täglich tausend Kinder verhungern lassen, wir müssen nicht Tierarten ausrotten oder mit Schleppnetzen den Ozeanboden zerstören. Wir müssen nicht an Infektionskrankheiten dahinsiechen, oder bittere Armut akzeptieren, während 3.000 Milliardäre der Welt in atemberaubender Weise ihre Reichtum vermehren.

Wir müssen nicht rechten Rattenfängern nachlaufen und Demokratien in Autokratien transformieren. Wir müssen nicht Minderheiten diskriminieren und umbringen.

Warum also wählt die Menschheit die falschen Wege? Warum wählen gerade die finanziell Schwachen so extrem gegen ihre eigenen Interessen? Wieso begeistern sich die Menschen in Sachsen-Anhalt erst für die antidemokratische Hitler-Diktatur, dann für die antidemokratische SED-Diktatur, fremdeln dann mit der demokratischen BRD und begeistern sich nun wieder für die antidemokratische  AfD?

Das grundliegende Problem ist meistens die mangelnden Medienkompetenz. Ossis haben nach zwei Diktaturen ohnehin kaum Medienkompetenz entwickelt und waren mit der Informationsfülle ab 1989 vollkommen überfordert. Ihre regionalen Zeitungen wurden ausnahmslos von rechten westdeutschen Konzernen übernommen. Der noch größere Klotz war aber das Internet und die sich darin entwickelnden Sozialen Medien.

Damit starb die Gatekeeperfunktion seriöser Tageszeitungen, der TV-Nachrichten und politischer Wochenmagazine aus. Niemand filterte mehr die Informationsflut.

Wenn im Internet 1.000 Meldungen auftauchen, von denen nur ein Prozent, also zehn wahr sind, wäre es schön, wenn ein Durchschnittsmensch den Ausleseprozess gern bezahlt und dann in seiner Zeitung oder Nachrichtensendung mindestens neun wahre Meldungen von insgesamt Zehn erhält. Die Faktenquote von 1% auf 90% (und idealerweise 100%) zu erhöhen, gelingt aber nicht mit Gratismentalität. Das erfordert gut ausgebildete und gut bezahlte Journalisten und Dokumentare. Die große Mehrheit der deutschen ist aber von rechts so weit weichgeklopft, daß sie den Rundfunkbeitrag rundweg ablehnt.

Teens und Twens und Thirtysomethings wollen kein Geld mehr für Abonnements ausgeben. Wozu auch, wenn man gratis in seinen Social-Mediablasen informiert wird? (Faktenquote 1%, aber 99% angenehme Lügen)  Dadurch gerieten die klassischen Medien unter enormen finanziellen Druck. Die Auflagen/Einschaltquoten schrumpften ebenso, wie die Werbeeinnahmen. Werbekunden zahlen nicht für Periodika mit homöopathischer Auflage, sondern gehen dahin, wo die meisten Menschen zugucken. Die Algorithmen der großen Techkonzerne gaben uns an dieser Stelle den Rest, indem sie unsere Aufmerksamkeit so steuern, daß wir unabhängig vom Wahrheitsgehalt auf Meldungen stoßen, auf die wir emotional am stärksten reagieren.

Diese Entwicklung von Gatekeepermedien wie der Tagesschau, (die zu meiner Jugendzeit jeder guckte und jeder weitgehend glaubte), hin zu Bubbles, in denen nur die eigene Meinung ventiliert wird, öffnet die Tür zu Manipulation („Camebridge Analytica“) und lässt vor allem die Medienkompetenz weiter schrumpfen. Man kann nicht nur, nicht einschätzen, was seriös ist, sondern bemüht sich auch immer weniger darum. Zu allem Übel, sind die Redaktionen dadurch so ausgedünnt und unterfinanziert, daß ihnen immer mehr Fehler passieren. Springer hat seine gesamte über 100-Köpfige Dokumentationsabteilung schon vor Jahren aufgelöst. Wozu Fakten überprüfen lassen, wenn man auch schnell bei Wikipedia nachsehen kann und es die Leser ohnehin nicht interessiert, ob es wahr ist?

Fakten, die nicht ins eigene Weltbild passen, werden nicht mehr zur Kenntnis genommen. Auf abweichende Meinungen wird aggressiv reagiert. Man dringt nicht mehr durch.

Der Prozess ist zu weit fortgeschritten, um ihn umzukehren. Die Menschen schieben ihr Geld bereitwillig zu den Tech-Oligarchen, die obszön reich werden, weil sie bei ihnen bequem die Scheinrealität bekommen, die ihnen gefällt. Wozu 1.000 Euro im Jahr für ein SZ-Abo ausgeben, wenn die dort präsentierte Sicht einerseits so unangenehm detailreich und kompliziert ist und anderseits so unerfreulich dem eigenen simplen Weltbild widerspricht?

Jahrelang war ich der Meinung, es sei wichtig, auf Facebook und Co, niemanden zu blockieren, auch die „Feindpresse“ zu lesen, um nicht in seiner eigenen Blase gefangen zu werden. Wenn jemand Unsinn über Klimawandel, SPD-Steuerkonzepte oder kriegerische Auseinandersetzung schrieb, mischte ich mich ein, nannte Quellen und versuchte, immerhin die Fakten richtig zu stellen, wenn ich schon keine Meinungen ändern kann.

Spätestens mit dem Aufkommen der Covidioten wurde mir aber klar: Der Kampf ist verloren. Man kann Trump-Fans, AfD-Ossis, Flacherdler, Chemtrailer, Grünen-hassende CSUler, Brexiteers, ultraorthodoxe Siedler, Reichsbürger, Identitäre, Homohasser, Verbrennerfanatiker nicht mehr erreichen. Sie glauben einem nicht; ganz egal wie viele Quellen man ihnen vorliegt, die glasklar ihren Irrtum belegen.

Heute werden Kompromisse als Schwäche ausgelegt. Wissenschaftler mit Schwurblern auf eine Stufe gestellt, Hate-Groups als Menschen mit anderer Meinung dargestellt.

Daß Typen wie Merz und Dobrindt Rechtsbrecher sind, daß Spahn lügt, wie gedruckt und Milliarden Schaden anrichtete, stört gar nicht mehr. Im Gegenteil, die CDUCSU steigt in Umfragen.

Wir haben verloren. Die Menschheit hat fertig.

 

Montag, 7. Juli 2025

Trumps Christen

Kylie Jane Kremer, 36, „Southern Belle in NYC | Exec Dir: @womenforamericafirst & March for Trump | Fmr Prod Sean Hannity | Official Host Save America Rally J6 at WH Ellipseversteht sich, genau wie ihre noch prominentere Mutter Amy Kremer, 54, als Hardcore-MAGA-Girl. Sie hat ihr Leben vollkommen Donald Trump verschrieben. 

Sie feiert ihn als neuen Messias und fungiert als Co-Vorsitzende der 2016 von ihrer Mutter gegründeten Aktivistengruppe Women for Trump.

In ihr kulminieren alle Georgia-Klischees, wie in MTG: Platinblond gefärbt, zahlreichen Schönheitschirurgische Eingriffe, grotesk gebleachte Zähne, rosa Schminke, dumm wie Bohnenstroh, rassistisch, ungebildet, radikal homophob, fundamentalistisch christlich und Anhängerin so ziemlich jeder Verschwörungstheorie. 

Die Erde ist 6.000 Jahre alt und mutmaßlich flach, Impfungen töten, Klimawandel gibt es nicht und selbstverständlich gewann ihr oranges Idol auch die Präsidentschaftswahl von 2020 mit gewaltigen Abstand vor Biden. Kremer hasst Umweltschutz, hält Erdöl für die einzig richtige Energiequelle und preist ihr Idol dafür, aus dem Pariser Klimavertrag ausgestiegen zu sein.


Dem lieben Gott geht so viel Anbiederung auf seinen Propheten Donald wieder einmal auf den Zeiger und so spülte er gleich mal ein paar Dutzend Pilgerblagen weg.

[…..] Bei der Sturzflut wurde unter anderem ein christliches Ferienlager für Mädchen zerstört. Dem Sender „CNN“ zufolge werden noch 27 Personen von 750 registrierten Teilnehmerinnen und Betreuern vermisst. Die Familien von vier Teilnehmerinnen haben deren Tod bisher bestätigt. […..] In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sorgte heftiger Starkregen dafür, dass Fluss Guadalupe anschwoll und weite Teile des Bezirks Kerr County überschwemmte. Der Pegel stieg in kürzester Zeit über acht Meter. Der Bürgermeister des betroffenen Ortes Kerrville, Joe Herring Jr., erklärte laut „Spiegel“: „Bitte beten Sie für unsere Gemeinde.“ US-Präsident Donald Trump erklärte am Samstagvormittag auf der Plattform „Truth Social“: „Melania und ich beten für alle Familien, die von dieser furchtbaren Tragödie betroffen sind.“ Weiter schrieb er: „Gott segne die Familien, Gott segne Texas!“

Derweil bieten christliche Kirchen in Texas spezielle Gottesdienste anlässlich der Tragödie an und beten für die Betroffenen, wie die Zeitung „Christian Post“ berichtet. Papst Leo XIV. kondolierte.  Das christliche „Camp Mystic“ für Mädchen am nun über die Ufer getretenen Guadalupe River ist eigenen Angaben zufolge keiner Denomination zugeordnet und findet seit 1926 statt. Die Kinder und Jugendlichen feiern dort mehrere Tage lang gemeinsam Gottesdienste, singen christliche Lieder und lesen in der Bibel. […..]

(Anna Lutz, 06.07.2025)

Atheisten leben sicherer. Pilgerfahrten sollte man dringend vermeiden. Fräulein Kremer versteht es nicht.

(….) Man sollte also Gott einfach nicht so mit der Beterei auf den Sack gehen, obwohl er natürlich schon weiß, daß ihm auf sein Gehänge getreten wird, weil es vorbestimmt ist. Vermutlich nerven ihn daher Gebete, Gottesdienste und Pilgerreisen umso mehr.

Diese ganze Pilgerreiserei ist dem Allmächtigen möglicherweise ohnehin zu penetrant.  Wenn Christen in Busladungen anrücken, fühlt sich der Mann im Himmel gestört.  Muß man verstehen. In seinem Alter. Dank seiner Superkräfte, kann er sich aber auch mal dieser lästiger Bittsteller entledigen, wenn sie zu sehr nerven.

[….] Tragisches Ende einer Pilgerfahrt: Bei einem schweren Busunglück am ungarischen Plattensee sind in der Nacht zu gestern 19 Reisende aus Polen ums Leben gekommen, unter ihnen zwei Kinder. [….]  Der Reisebus aus Lublin war auf dem Weg zum Marien-Wallfahrtsort Medjugorje in Bosnien-Herzegowina. […..]

(HH Abla, 02.07.2002)

[….] Mindestens 13 Menschen sind am Freitag beim Zusammenstoß eines Busses mit einem Lastwagen nahe dem ostpolnischen Bialystok ums Leben gekommen.

Elf der Opfer sind Jugendliche, die auf Pilgerfahrt unterwegs zum Wallfahrtsort Tschenstochau waren. [….]

(FAZ, 30.09.2005)

[….]  [….] Die jetzt verunglückten 49 polnischen Pilger und zwei Busfahrer waren auf der Rückreise von einer Tour zu katholischen Pilgerorten in Frankreich und auf der iberischen Halbinsel. Sie hatten die Nacht in Notre-Dame-de-la-Salette etwa 50 Kilometer südlich von Grenoble verbracht. Dort findet gerade eine Begegnung von Priestern und Gläubigen aus Polen, Russland, der Ukraine, Großbritannien und Frankreich statt. [….]

(dpa, 22.07.2007)

[….] Tödliches Ende einer Pilgerfahrt. Auf dem Rückweg von dem portugiesischen Marien-Wallfahrtsort Fátima sind bei einem Busunglück im Osten des Landes 15 Rentner getötet und 23 verletzt worden, 5 von ihnen schwer. Die 60 bis 75 Jahre alten Opfer, allesamt Portugiesen, gehörten der Seniorengruppe einer Erwachsenen- Universität an. [….]

(Handelsblatt, 06.11.2007)

[….] Tödliches Ende einer Pilgerreise. Ein voll besetzter Reisebus rast auf einer Autobahn in der Nähe von Neapel in ein Stauende und stürzt von einer Brücke. Mindestens 38 Menschen kommen ums Leben.

[….] Die Reisegruppe hatte eine Pilgerreise in den Ort Pietrelcina unternommen und befand sich auf der Rückreise nach Neapel. [….]

(taz, 29.07.2013)

Aber auch die Kirchen selbst sind nicht gerade sicher. Gott ist berüchtigt für seine Launen.

[….]  [….] Bei einer blutigen Geiselnahme in einer irakischen Kirche sind in der Nacht zum Montag 55 Menschen ums Leben gekommen. Die ehemalige Umweltministerin und christliche Aktivistin, Pascale Warda, sagte, 50 Christen seien in der Sajjidat-al-Nadscha-Kirche getötet worden. Mit ihnen starben fünf Geiselnehmer und mehrere Angehörige der Sicherheitskräfte. [….]

(Welt, 01.11.2010)

[….]   [….] Tödlicher Unfall in der Kirche Santa Croce in Florenz. Herabfallende Steine haben einen spanischen Touristen in der berühmten Kirche Santa Croce in Florenz erschlagen. Die Kirche wurde nach dem tragischen Unglück geschlossen. [….]

(BR24, 19.10.2017)

[….] Bluttat im Gottesdienst – Texas trauert um 26 Tote

[….] Pastor Frank Pomeroy ist an diesem Sonntag nicht in der Kirche. Aber seine 14-jährige Tochter sitzt im Gottesdienst. Es ist Mittag in Sutherland Springs im US-Bundesstaat Texas. Draußen steigt in diesem Moment ein Mann aus einem Auto. Er ist ganz in schwarz gekleidet, trägt eine kugelsichere Weste. In seiner Hand hält er ein Gewehr. Er schießt. Dann betritt er das Gotteshaus. Er schießt weiter. Mindestens 26 Menschen sterben. Zahlreiche weitere werden verletzt. Das jüngste Opfer ist fünf Jahre alt, das älteste 72. [….]

(dpa, 06.11.2017)  […..]

Was will uns Jesus („Gott ist Liebe“) mit all den Massakrierten im Gottesdienst eigentlich sagen?  Offenbar ist es lebensgefährlich christliche Gottesdienste zu besuchen.  […] [….] G*tt kann aber mit seinen Christenschafen noch froh sein. Denn die Luschis beten immer weniger, gehen seltener auf Pilgerreisen und in Gottesdienste.

Kollege Allah ist komplett am Arsch, weil seine Schafe beten und pilgern MÜSSEN.

Das nervt ja mal richtig! Dabei gibt auch Allah klare Signale, was er vom ewigen Ringelreih-Tanz um die Kaaba in Mekka hält. (……..)

(Der Weg zu Gott, 19.06.2024)

Es ist natürlich ganz dünnes Eis, den Tod von Kindern parteipolitisch zu verwenden. Aber die Republikaner sind eben nicht nur die Partei, die aktiv dafür sorgt, daß weiterhin jedes Jahr 40.000 bis 50.000 Menschen in den USA durch Schusswaffen umkommen, daß es wöchentlich zwei bis drei School-shootings gibt, sondern sie befördern insbesondere in Texas auch massiv Maßnahmen, zur Aufheizung des Planeten und verdammen jede Hilfe (Katastrophenschutz, Meteorologische Forschung, Krankenversicherung) als bösen Kommunismus.

Wie alle Rightwing-Extremisten, behauptet Miss Kremer nun, vollkommen entsetzt, niemand hätte das kommen sehen können, sowas sei noch nie geschehen. Eine glatte Lüge. Denn es gab in den letzten Jahren immer mehr solche Fluten und der nationale Wetterdienst hatte Warnungen ausgesprochen. 

Aber offensichtlich funktioniert die Abstimmung nicht mehr, seit sich die Trump-Bande damit brüstet, die 1979 von Präsident Carter gegründete Federal Emergency Management Agency (FEMA; Bundesagentur für Katastrophenschutz) zu zerschlagen und den der Klimawandel-Gläubigkeit verdächtigten Wetterdienste, die Mittel zu streichen.

Die nationale Koordinationsstelle der Vereinigten Staaten für Katastrophenhilfe wurde mittlerweile der Homeland Security unterstellt und die soll bekanntlich People Of Color verjagen.

[…..] Die Katastrophe aber wiegt schwerer am Ende eines langen Wochenendes, zu dessen Beginn die meisten Amerikaner ihren Unabhängigkeitstag gefeiert hatten. […..] Als die Pegelstände des Guadalupe River am Wochenende zwischenzeitlich sanken, stieg die Zahl der Todesopfer. Am Sonntagabend meldeten die Behörden, 80 Leichen geborgen zu haben. […..] Die Gegend ist beliebt für Sommerlager in den Schulferien, die vor Kurzem begonnen haben.  Eines dieser Lager, Camp Mystic, wurde zur tödlichen Falle, das jüngste Opfer war erst 8 Jahre alt. Man trauere um 27 Mädchen und Betreuer, schrieben die Betreiber am Montagmorgen auf ihrer Webseite. Zehn Mädchen wurden noch vermisst, Familien hofften verzweifelt auf ein Wunder. […..] Bald reichte die Kritik weiter bis nach Washington. Die Gewerkschaft des Wetterdienstes legte Daten vor, wonach in den zwei zuständigen Meteorologen-Büros zehn von 49 Stellen nicht besetzt waren. Ein Angestellter, der Unwetterwarnungen koordinierte, hatte im April seine Frühpensionierung angekündigt – er hatte sich freiwillig gemeldet, nachdem Präsident Donald Trump die Budgets zusammengestrichen und Bundesangestellte aufgerufen hatte, aus dem Dienst zu scheiden.

[…..] Unter Trump hatte der Wetterdienst 600 von rund 4000 Angestellten verloren. Im Juni teilte er mit, er wolle 100 Personen neu anstellen, um die Dienstleistungen zu stabilisieren. Laut Politico forderte Chuck Schumer, Minderheitenführer der Demokraten im Senat, in einem Brief an die Aufsichtsstelle im zuständigen Handelsministerium, mögliche Folgen des Personalmangels für die Warnungen in Texas zu untersuchen. […..]  

Der lokale Ableger der Wetterbehörde des Bundes begann um ein Uhr am Freitagmorgen dann, dringlichere Meldungen abzusetzen, rund zwei bis drei Stunden, bevor die Wassermassen ihre tödlichen Höchstwerte erreichten. Nur ist nicht klar, ob die Meldungen die Menschen in der Gefahrenzone überhaupt erreichten, weil sie schliefen. Katastrophenwarnungen versenden die amerikanischen Behörden via Radio und Fernsehen sowie per Alarmmitteilung an alle Mobiltelefone, die sich in der betroffenen Region befinden. Doch die Mobilfunknetzwerke in ländlichen Gebieten wie Kerr County verdienen oft den Namen nicht, weil sie schwach und voller Lücken sind.


 
Über Evakuierungen entscheiden im komplexen amerikanischen Föderalismus ohnehin in der Regel lokale Behördenvertreter. Diese erkannten offenbar in der Nacht auf Freitag die Dramatik der Lage nicht. Wie hoch der Fluss stieg, konnten die Behörden am Wochenende gar nicht so genau beziffern, weil die Messgeräte vom Wasser mitgerissen wurden. Sie gehen aber von Rekordwerten aus, höher noch als 1987, als der Fluss schon einmal unter ähnlichen Umständen rasch angeschwollen war. Damals kamen zehn Teenager ums Leben.

Der Guadalupe River gilt wegen seines Potenzials für plötzliche Überflutungen als einer der gefährlichsten Flüsse der Vereinigten Staaten, sein Einzugsgebiet ist als „Flutallee“ bekannt. Trotzdem wurde in Kerr County kein Alarmsystem installiert, trotz mehrfacher Diskussionen über Jahrzehnte hinweg. Die Steuerzahler hätten die Kosten gescheut, sagte Bezirksrichter John Kelly, der auch die Verwaltung des Bezirks leitet. […..]

(Fabian Fellmann, 07.07.2025)

Das kann ich den Christen-Trumpisten wie Frau Kremer und Gouverneur Abbott nicht ersparen: Eure totale Verblödung, Euer Trump-Wahnsorgt dafür, daß Menschen sterben.

Sonntag, 6. Juli 2025

Markus goes Donald

Donald Trump liebt Zölle, weil er in seiner gewaltigen Ignoranz nicht die geringste Ahnung von Volkswirtschaft hat und nicht versteht, was Zölle sind.

In unserer Medienwelt stützt man seinen Überzeugung gern auf Experten, Umfragen und Studien. Unglücklicherweise gibt es aber keine ernst zu nehmenden Ökonomen, die den Trumpschen Zollwahn gutheißen. Also beauftragte Donny Sr. Donny Jr., einen passenden Experten zu finden und gelangte so an seinen heutigen Senior counselor for trade and manufacturing der US-Regierung; Peter Navarro, 75.

Der Ökonomie-Professor war einst Demokrat, bog aber mit Trumps erster Präsidentschaft scharf ins rechtsextreme Verschwörungstheoretikerlager ab, wurde 2020 drastischer Coviot und Anti-Vaxxer.

[…] Navarro behauptete am 13. November 2020, fünf Tage nach der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020, bei Fox News ohne Belege mit Nachdruck, das Weiße Haus (= das Kabinett Trump I) schreite unter der „Annahme einer zweiten Trump-Regierungsperiode“ voran und US-Präsident Trump habe „die Wahl gewonnen“. Er verbreitete damit die von Trump erfundene Big Lie. Er veröffentlichte im Dezember 2020 einen Bericht, der auf widerlegten Annahmen beruhte, und behauptete, dass Trump die Wahl durch Wahlbetrug verloren habe. Über zwei Jahre nach der Präsidentenwahl warb Navarro noch für ein Brettspiel, das Verschwörungstheorien zur Wahl und zur COVID-19-Pandemie vertrat. Man soll laut Navarro das Spiel spielen, um zu lernen, wie die Wahl gestohlen sei und wie Anthony Fauci in chinesischen Labors das Virus entwickelt habe.  Im Juni 2022 wurde er wegen Missachtung des Kongresses angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, dem Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses zum Sturm auf das Kapitol 2021 angeforderte Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt und sich der Vorladung des Ausschusses widersetzt zu haben. Im September 2023 wurde er verurteilt. Im Januar 2024 wurde das Strafmaß auf eine Zahlung von $9500 und vier Monate Haft festgelegt, die er ab März 2024 in Florida antrat. Nur wenige Stunden nach seiner Haftentlassung am 17. Juli 2024 sprach Navarro auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee Donald Trump seine Unterstützung im laufenden Präsidentschaftswahlkampf zu. [….]

(Wikipedia)

Jemand, der so dreist und ausdauernd lügt, ist natürlich genau der Richtige für Trumps Kabinett. Noch irrer als seine verschwörungstheoretischen rechtsextremen Talkingpoints sind allerdings seine ökonomischen Aussagen. Er ist ein kruder Außenseiter; der von ihm verbreitete Unsinn wird von keinem anderen Ökonom geglaubt. Also machte er es wie Trump und dachte sich seine eigenen Fakten, sowie eigenen Experten aus.

[…] Bereits damals nahm es Navarro mit der Realität nicht so genau: In seinen Büchern bezog sich der Ökonom öfter auf einen Wissenschaftler mit dem Namen "Ron Vara". 2019 deckte eine Recherche im "Chronicle of Higher Eduction" auf, dass die Person nicht existiert. Navarro hatte sich die Figur ausgedacht. Der Name entstand dadurch, dass er die Buchstaben aus seinem Nachnamen neu zusammengesetzt hatte.

Sein China-Buch wurde verfilmt, was dann auch Anklang bei Donald Trump fand. In der ersten Amtszeit des Präsidenten ernannte Trump ihn zum wirtschaftspolitischen Berater im Weißen Haus – wo Navarro zahlreiche Wirtschaftsexperten gegen sich aufbrachte.

In einem Brief warnten 370 Ökonomen, darunter 19 Nobelpreisträger, vor der radikalen Zollpolitik Navarros. Bereits in Trumps erstem Wahlkampf hatte er mit dem späteren Handelsminister Willbur Ross einen Essay verfasst. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Simon Johnson schrieb darüber, dass er auf so "unrealistischen Annahmen basiert, dass sie von einem anderen Planeten zu stammen scheinen."

Trump und Navarro interessierte das allerdings wenig: Bis heute bleibt ihr oberstes Ziel der Schutz der heimischen Industrie um jeden Preis. "Die Botschaft lautet: Zölle sind Steuersenkungen, Zölle sind Arbeitsplätze, Zölle sind für die nationale Sicherheit, Zölle sind großartig für Amerika, Zölle werden Amerika wieder groß machen", sagte Navarro jüngst.  […]

(David Schafbuch, 09.04.2025)

In der echten Realität würde ein durchgedrehter Fanatiker, der zum Beleg seiner wirren Thesen, fiktive Anagramm-Phantome verwendet, in einer Gummizelle sitzen.

Aber in der Simulation, in der wir 2025 leben, ist er mächtigster Wirtschaftsberater des mächtigsten Mannes der Welt.

Das Beispiel macht längst Schule. Wenn die lästige Realität nicht zu den eigenen kruden Thesen passt, denkt man sich halt was aus.

So fantasieren CDUCSU-Toppolitiker über die Faulheit der deutschen Arbeiter, obwohl diese mehr arbeiten denn je. Söder, Merz und Linnemann lügen dabei so ungeniert; werden so plump von den Medien multipliziert, daß sie damit Wahlen gewinnen.

Eine besonders beliebte Lüge, der von der Fossil- und Atom-Lobby bezahlten CDUCSUler, ist das Märchen von der ökonomischen und ökologischen Atomkraft. Sie bringen das so nachdrücklich in die Öffentlichkeit, daß inzwischen in allen Umfragen große Mehrheiten des Volkes ebenfalls eine Rückkehr der Atomkraft in Deutschland wünschen – obwohl es die teuerste, gefährlichsten und untauglichste Energieform ist.


 Beim Uran begibt man sich in Putin-Abhängigkeit, kann den Millionen Jahre strahlenden Müll nicht endlagern, lockt Terroristen an und muss, wie Frankreich, wieder einmal zeigt, die AKWs runterfahren, wenn es im Sommer warm wird.

Es schmerzt dem Ego des trumpesken Foodbloggers natürlich sehr, ausgerechnet von dem verhassten Habeck auf die schnöde Realität hingewiesen zu werden, die so gar nicht ins debile Bild des Bayern-MPs passt. Also macht er es wie Navarro und denkt sich die passenden Experten einfach aus.

[…] In der Atomdebatte des Bundestagswahlkampfes hat CSU-Chef Markus Söder nach Ansicht des Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Stümpfig wissentlich die Unwahrheit gesagt.  Konkret geht es um Verweise Söders auf namentlich nie genannte »technische Experten«, etwa am 11. Februar 2025. Söder hatte unter Berufung auf diese behauptet, die Reaktivierung des Atomkraftwerkes Isar 2 sei »in diesem und im nächsten Jahr jederzeit möglich«. Aber trotz diverser Recherchen und Nachfragen sind noch immer keine Namen bekannt. […] I Das für die Atomkraftwerke zuständige Umweltministerium konnte in keiner Anfrage eine Expertin oder einen Experten benennen.

Stattdessen beruft es sich bei der Antwort im Namen der Staatsregierung auf ein Gutachten des TÜV Süd, das aber schon im April 2022 fertiggestellt wurde, im Februar 2025 war es also fast drei Jahre alt. Aussagen über eine Reaktivierung eines abgeschalteten und teilweise bereits rückgebauten Reaktors finden sich in dem Gutachten an keiner Stelle. Das war auch gar nicht möglich, da es zum damaligen Zeitpunkt noch in Betrieb war.

 

[…] Stümpfig sieht das als Beleg, dass es Söders Experten »schlichtweg nicht gab und gibt«.  »Zu lügen, dass sich die Balken biegen, und danach nichts mehr davon wissen zu wollen, ist dem Amt nicht würdig«, sagt er. »So geht Vertrauen verloren, und angelogene Wähler wandern an die Ränder. Es wird höchste Zeit, dass der Ministerpräsident zu einer faktenbasierten Politik zurückkehrt.« [….]

(SPON, 06.07.2025)

Stümpfig mag sich empören, weil Söder so massiv lügt und den Navarro macht.

[…] Seit Monaten suchen wir die #Atom-Expert*innen von Markus #Söder. Bislang keine Antwort. Doch wir bleiben weiter dran

Denn: Die Frage ob der MP wenige Tage vor der Bundestagswahl die Menschen bewusst belogen hat, hat eine andere Dimension als seine bisherigen Fakes. [….]

(Martin Stümpfig, 27.06.2025)

Aber politisch sind Söder Lügen effektiv. Der Urnenpöbel liebt es, verarscht zu werden und wählt mit Vorliebe Politiker, die am meisten lügen. Siehe Trump.

In Bayern liegen Sümpfigs Grüne bei 10%, Söders Schwarze bei 43%. Lügen lohnt. Ehrlichkeit bestraft der Wähler.

Mittlerweile rangiert die CDUCSU schon bei 30%. Dem Urnenpöbel gefällt es. Wähler haben 4 mal Roland Koch, 4 mal Merkel, 4 mal Kohl, 2 mal Trump, Erdogan nonstop seit 2002, 4 mal Berlusconi, 68 Jahre CSU-Ministerpräsidenten, den Brexit und Boris Johnson gewählt. WÄHLER SIND DUMM!