Mittwoch, 25. Dezember 2024

Ende Dezember Spaß

Für mich, Atheist und Verächter aller Rituale, sind die Weihnachtstage natürlich immer ein Grund zu großer Freude. Weil nahezu alle anderen schwer beschäftigt sind und ich völlig in Ruhe gelassen werde. Ein paar Tage, an denen absolut nichts passiert, sind mir stets hochwillkommen. Zudem freut es mich diebisch, in den Wochen zuvor die mannigfachen Klagen über den Weihnachtsstress und das Geschenke-Kaufen zu hören. Alles selbst eingebrockte Probleme, derer ich mich schon vor Jahrzehnten völlig entledigt habe. Keine meiner Wohnungen sah je auch noch den geringsten Hauch einer Weihnachtsdekoration oder hörte ein Weihnachtslied.

Mit großem Amüsement lese ich die Leitartikel und Kolumnen zum „Heiligen Abend“ und bedaure die Journalisten, die teilweise seit Jahrzehnten immer wieder vor der unlösbaren Aufgabe stehen, sich irgendetwas Neues zum Thema aus den Fingern zu saugen, das in den hunderten Weihnachtskolumnen ihrer Zeitung zuvor noch nicht geschrieben wurde. Natürlich kann das gar nicht gelingen und so scheitern sie allesamt. Sichtlich müde werden die Halbseiter aus dem immer gleichen Bausteinen zusammengerührt:

-      Alle Menschen sehnen sich nach Gemeinschaft, fürchten Alleinsein

-      Weihnachten ist so viel mehr als Konsum

-      Ja, das letzte Jahr war scheiße, umso wichtiger ist die Hoffnung

-      Jesus war ein Kind, Weihnachten ist für alle Kinder, Kinder sind so wichtig

-      Großzügig denken wir auch an die armen Tropfe, die Weihnachten arbeiten

Noch schwieriger gestaltet sich die Angelegenheit für Päpste, Staatschefs und Bischöfe, die öffentliche Weihnachtsansprachen verfassen und verlesen müssen.

Kirsten Fehrs, die Hamburger Bischöfin und Vorsitzende der EKD, rührte aus dem oben genannten Zutaten dieses Jahr einen besonders abstoßend banal-pathetischen Brei, dem keine Metapher zu peinlich geraten konnte.

[….] Die Wahrheit des Kindes - sie steht Weihnachten im Mittelpunkt. Zuerst natürlich die des kleinen  zarten, jüdischen Kindes in der Krippe.  Aber auch die aller anderen Kinder. Jedes Kind ist Gottes Kind, und in  jedem dieser kleinen Menschen  können wir Gottes Zukunftsvision  für die Welt erkennen  Dabei lässt sich viel von den Kleinen lernen, gerade in diesen verunsichernden Zeiten. Etwa mit Mut  und unverzagt Zukunft zu denken  Denn Kinder nehmen mit offenen  Augen Dinge wahr, die wir als Erwachsene niemals entdeckt hätten  Mit ihren unzähligen ,Warums"  treiben sie uns bisweilen in die Enge  und stellen die ganze Erwachsenenwelt infrage, Ist tatsächlich alles gut  und richtig, was wir gerade tun und  denken? Und wir werden gewahr,  wie wichtig es ist, einen Raum der  Liebe zu hüten, der das Fragen zulässt, Und den Dialog, Einen Raum wie eine Herberge, in dem man einander schützt und manchmal  auch zumutet, In dem man zärtlich bleibt.  [….]  Sich nicht irre machen lassen vom Irrsinn der Welt - das ist die  Botschaft des kleinen Kindes in  Bethlehem. Geboren in Armut, die  Todesschwadronen des Herodes  schon im Anmarsch - all dieses  Elend tritt in der Heiligen Nacht zurück hinter die Verheißung, die wie  ein heller Schein über 2000 Jahre  hinweg die Herzen der Christenmenschen erreicht hat: ..Fürchtet  euch nicht!" steht da mit großen  Lettern. ..Euch ist heute der Heiland geboren!"  Wo heute eine hoffnungsverstörende acht Meter hohe Mauer das von Gewalt gezeichnete Heilige  Land teilt und zu zementieren scheint, genau an  diesem Ort Bethlehem hat damals  die Hoffnung Beine bekommen  Vielleicht haben Sie schon einmal  ein Bild dieser uralten Geburtskirche gesehen: Ihr Haupteingang  wurde im Mittelalter verkleinert auf  1,20 Meter Höhe. Erwachsene müssen sich bücken, um hineinzukommen. Nur Kinder können aufrecht  hineingehen.  Gibt es ein passenderes Symbol  für das Himmelreich? Ganz klein werden sollen die Unterschiede. […..]

(Weihnachtsansprache Fehrs 2024)

Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der Hunderttausenden Kinder, die von ihrer Kirche in den letzten Jahrzehnten missbraucht, gequält, geschlagen und gedemütigt wurden.

Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin, die immer noch die Aufklärung über die Massenverbrechen an Kindern in ihrer Kirche blockiert.

Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der Zehntausenden Kinder, die gerade in Gaza und dem Jemen massakriert werden oder verhungern.

Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der Myriaden Opfer unter 14 Jahren für die jede Hoffnung des Heilands nie gekommen ist.

Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der mehr als fünf Millionen Kinder unter fünf Jahren, die jedes Jahr auf der Welt verhungern, während die christlichen Kirchen auf gewaltigen Vermögen hocken.

Wenig überraschend ist das Ansehen der evangelischen Kirche in Deutschland auf dem absoluten Tiefpunkt angekommen.

[….] Die Reputation der christlichen Institutionen ist gering. Das Ansehen der evangelischen Kirche ist 2024 auf ein Rekordtief gesunken. Das ist ein Ergebnis des Rankings des Vertrauens zu Institutionen, das Forsa seit fast zwei Jahrzehnten für stern, RTL und ntv ermittelt. Während der evangelischen Kirche 2005 noch 42 Prozent der Deutschen vertrauten und 2017 zwischenzeitlich sogar 48 Prozent, ist der Wert nun auf 27 Prozent gesunken. Das ist zum bisherigen Tiefstand von 28 Prozent im Jahr 2023 nochmal ein Verlust um einen Prozentpunkt. Die evangelische Kirche stand zuletzt wegen ihres zögerlichen Umgangs mit Missbrauchsfällen in der Kritik.

Das Vertrauen in die katholische Kirche ist deutlich geringer, aber hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert. Der Wert ist gegenüber dem bisherigen Tiefstand im vergangenen Jahr leicht von 10 auf 11 Prozent gestiegen. 2005 dagegen vertrauten der katholischen Kirch noch 24 Prozent. Der höchste Wert wurde 2017 mit 29 Prozent erreicht. Damit hat sich das Ergebnis im Lauf der Zeit mehr als halbiert. Das Ansehen des Papstes ist mit 16 Prozent nur geringfügig höher. [….] Vergleichsweise hoch ist mit 36 Prozent das Ansehen des Zentralrates der Juden. [….]

(STERN, 23.12.2024)

Wohl verdient, Fehrs!

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