Mit großem Amüsement lese ich die Leitartikel und Kolumnen zum „Heiligen Abend“ und bedaure die Journalisten, die teilweise seit Jahrzehnten immer wieder vor der unlösbaren Aufgabe stehen, sich irgendetwas Neues zum Thema aus den Fingern zu saugen, das in den hunderten Weihnachtskolumnen ihrer Zeitung zuvor noch nicht geschrieben wurde. Natürlich kann das gar nicht gelingen und so scheitern sie allesamt. Sichtlich müde werden die Halbseiter aus dem immer gleichen Bausteinen zusammengerührt:
- Alle Menschen sehnen sich nach Gemeinschaft, fürchten Alleinsein
- Weihnachten ist so viel mehr als Konsum
- Ja, das letzte Jahr war scheiße, umso wichtiger ist die Hoffnung
- Jesus war ein Kind, Weihnachten ist für alle Kinder, Kinder sind so wichtig
- Großzügig denken wir auch an die armen Tropfe, die Weihnachten arbeiten
Noch schwieriger gestaltet sich die Angelegenheit für Päpste, Staatschefs und Bischöfe, die öffentliche Weihnachtsansprachen verfassen und verlesen müssen.
Kirsten Fehrs, die Hamburger Bischöfin und Vorsitzende der EKD, rührte aus dem oben genannten Zutaten dieses Jahr einen besonders abstoßend banal-pathetischen Brei, dem keine Metapher zu peinlich geraten konnte.
[….] Die Wahrheit des Kindes - sie steht Weihnachten im Mittelpunkt. Zuerst natürlich die des kleinen zarten, jüdischen Kindes in der Krippe. Aber auch die aller anderen Kinder. Jedes Kind ist Gottes Kind, und in jedem dieser kleinen Menschen können wir Gottes Zukunftsvision für die Welt erkennen Dabei lässt sich viel von den Kleinen lernen, gerade in diesen verunsichernden Zeiten. Etwa mit Mut und unverzagt Zukunft zu denken Denn Kinder nehmen mit offenen Augen Dinge wahr, die wir als Erwachsene niemals entdeckt hätten Mit ihren unzähligen ,Warums" treiben sie uns bisweilen in die Enge und stellen die ganze Erwachsenenwelt infrage, Ist tatsächlich alles gut und richtig, was wir gerade tun und denken? Und wir werden gewahr, wie wichtig es ist, einen Raum der Liebe zu hüten, der das Fragen zulässt, Und den Dialog, Einen Raum wie eine Herberge, in dem man einander schützt und manchmal auch zumutet, In dem man zärtlich bleibt. [….] Sich nicht irre machen lassen vom Irrsinn der Welt - das ist die Botschaft des kleinen Kindes in Bethlehem. Geboren in Armut, die Todesschwadronen des Herodes schon im Anmarsch - all dieses Elend tritt in der Heiligen Nacht zurück hinter die Verheißung, die wie ein heller Schein über 2000 Jahre hinweg die Herzen der Christenmenschen erreicht hat: ..Fürchtet euch nicht!" steht da mit großen Lettern. ..Euch ist heute der Heiland geboren!" Wo heute eine hoffnungsverstörende acht Meter hohe Mauer das von Gewalt gezeichnete Heilige Land teilt und zu zementieren scheint, genau an diesem Ort Bethlehem hat damals die Hoffnung Beine bekommen Vielleicht haben Sie schon einmal ein Bild dieser uralten Geburtskirche gesehen: Ihr Haupteingang wurde im Mittelalter verkleinert auf 1,20 Meter Höhe. Erwachsene müssen sich bücken, um hineinzukommen. Nur Kinder können aufrecht hineingehen. Gibt es ein passenderes Symbol für das Himmelreich? Ganz klein werden sollen die Unterschiede. […..]
(Weihnachtsansprache Fehrs 2024)
Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der Hunderttausenden Kinder, die von ihrer Kirche in den letzten Jahrzehnten missbraucht, gequält, geschlagen und gedemütigt wurden.
Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin, die immer noch die Aufklärung über die Massenverbrechen an Kindern in ihrer Kirche blockiert.
Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der Zehntausenden Kinder, die gerade in Gaza und dem Jemen massakriert werden oder verhungern.
Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der Myriaden Opfer unter 14 Jahren für die jede Hoffnung des Heilands nie gekommen ist.
Was für eine Schamlosigkeit der obersten Deutschen Evangelin angesichts der mehr als fünf Millionen Kinder unter fünf Jahren, die jedes Jahr auf der Welt verhungern, während die christlichen Kirchen auf gewaltigen Vermögen hocken.
Wenig überraschend ist das Ansehen der evangelischen Kirche in Deutschland auf dem absoluten Tiefpunkt angekommen.
[….] Die Reputation der christlichen Institutionen ist gering. Das Ansehen der evangelischen Kirche ist 2024 auf ein Rekordtief gesunken. Das ist ein Ergebnis des Rankings des Vertrauens zu Institutionen, das Forsa seit fast zwei Jahrzehnten für stern, RTL und ntv ermittelt. Während der evangelischen Kirche 2005 noch 42 Prozent der Deutschen vertrauten und 2017 zwischenzeitlich sogar 48 Prozent, ist der Wert nun auf 27 Prozent gesunken. Das ist zum bisherigen Tiefstand von 28 Prozent im Jahr 2023 nochmal ein Verlust um einen Prozentpunkt. Die evangelische Kirche stand zuletzt wegen ihres zögerlichen Umgangs mit Missbrauchsfällen in der Kritik.
Das Vertrauen in die katholische Kirche ist deutlich geringer, aber hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert. Der Wert ist gegenüber dem bisherigen Tiefstand im vergangenen Jahr leicht von 10 auf 11 Prozent gestiegen. 2005 dagegen vertrauten der katholischen Kirch noch 24 Prozent. Der höchste Wert wurde 2017 mit 29 Prozent erreicht. Damit hat sich das Ergebnis im Lauf der Zeit mehr als halbiert. Das Ansehen des Papstes ist mit 16 Prozent nur geringfügig höher. [….] Vergleichsweise hoch ist mit 36 Prozent das Ansehen des Zentralrates der Juden. [….]
(STERN, 23.12.2024)
Wohl verdient, Fehrs!
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