Montag, 21. Juli 2025

Pure christliche Bösartigkeit

Wenn es eins gibt, das mich in der Social-Media-Welt ärgert, dann sind es die kontinuierlichen Postings/Memes von der linksliberalen Seite, die danach trachten, rechte Politiker als Scheinchristen zu entlarven. Es wird eine abscheuliche menschenfeindliche Aktion angeprangert und dann der ach so gute Jesus dagegen gestellt, der das doch sicher nicht gewollt habe.

Diese unausrottbar positive Konnotierung des Wortes „christlich“ empfinde ich als drastische Form der Denkfaulheit. 2.000 Jahre Gehirnwäsche wirken nach. Dabei sind schon die zehn Gebote (darin enthalten Religionszwang und Sippenhaft) keineswegs mit Menschenrechten und demokratischen Verfassungen vereinbar.

Deschner brauchte zehn dicke Bände, um die „Kriminalgeschichte des Christentums“ nachzuerzählen: Es ist die tödlichste Ideologie, die es je auf diesem Planeten gab. Die Bibel, Gott und Jesus selbst propagieren Sklaverei, Homophobie, Antisemitismus, Sadismus gegen Kinder, Misogynie und Völkermord. In den letzten Jahrzehnten geriet zudem mehr und mehr die Rolle der christlichen Religion, als größter pädosexueller Täterschutzverein der Erde, ins allgemeine Bewußtsein. Die Kirche stand historisch fast immer an der Seite der Mächtigen und der Verbrecher wider die Menschlichkeit.

Adolf Hitler wurde nie exkommuniziert. Er war ein Katholik. Nach seinem Tod, der völligen Zerstörung Europas, 6 Millionen ermordeter Juden und 60 Millionen Toten insgesamt, ordnete Breslauer Kardinal Adolf Bertram ein feierliches Requiem für Hitler an. Aber wehe, wenn eine Krankenschwester sich als lesbisch zu erkennen gibt, oder jemand den Mitgliedsbeitrag nicht bezahlen kann, oder er zur Roten Armee gehört, die das KZ Auschwitz befreite – da kennt Rom keine Gnade und exkommuniziert.

Das „Wording“ muss endlich umgekehrt werden:

Christlich ist schlecht; Unchristlich ist gut.

Es muss auch endlich Schluss damit sein, Politikern, die sich wie der brutale menschenhassende Sadist Mike Johnson auf ihre Bibel stützen, mit Respekt zu begegnen. Diese Christen haben keinerlei Respekt verdient.


Die Bibel ist ein über Jahrhunderte zusammengetragenes Sammelsurium aus sehr viel Brutalität, offenkundigen Lügen und jeder Menge Widersprüchlichkeit. Es gibt längst Apps, mit der man für jede noch so abwegige Handlung und ihr Gegenteil, den passenden Bibelvers zur Rechtfertigung findet.

SPIEGEL-Leitartikler Schult versucht es besser zu machen, indem er konkreter wird und die Bergpredigt als Maßstab heranzieht, um die CDUCSU zu entlarven.

Netter Versuch, aber schließlich bleibt es das alte Muster: Die Heuchel-Union behaupte nur christlich zu sein, verstoße aber in Wahrheit gegen die „Christlichen Werte“ – Gähn.

[….] Christlich? Nur, wenn es passt

CDU-Politiker wie Jens Spahn berufen sich gern auf die Bergpredigt, aber ihr Umgang mit Frauke Brosius-Gersdorf hat mit christlichen Werten nichts zu tun. Der jüngste Eklat zeigt an, wohin die Partei wirklich steuert. Es ist an der Zeit, die CDU an ihr Grundsatzprogramm zu erinnern. »Unser Kompass ist das christliche Bild vom Menschen«, heißt es auf Seite eins. »Wir sehen immer zuerst den einzelnen Menschen mit seiner unantastbaren Würde und seinen individuellen Fähigkeiten. ... Wir begegnen der Welt in Demut, weil wir wissen, dass wir nicht die letzte Wahrheit kennen.«

Erst im vergangenen Jahr verabschiedeten die deutschen Christdemokraten das neue Programm, aber die Partei tritt dieser Tage auf, als hätte sie ihre christlichen Wurzeln vergessen. Wie führende Politiker der CDU mit Frauke Brosius-Gersdorf, der Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, umgehen, hat nichts mit Nächstenliebe und Demut zu tun.

Begründet wurde die Absetzung der Richterwahl von der Union mit Plagiatsvorwürfen, von denen der Plagiatsjäger selbst sagte, sie seien nicht erhoben worden. Trotzdem forderte die CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig die Professorin auf, ihren Potsdamer Lehrstuhl ruhen zu lassen. Auch Ludwig beruft sich gern auf ihr Christentum, die christliche Tugend der Wahrhaftigkeit spielt für sie aber offenbar keine Rolle.

Kanzler Friedrich Merz, bekennender Katholik, äußerte in seiner Sommer-Pressekonferenz zwar Bedauern über die aufgeheizte Atmosphäre und die Diffamierungen, die Brosius-Gersdorf in den sozialen Medien erlebt hat. Eine Mitverantwortung wollte der Kanzler aber nicht sehen.

Die C-Parteien tun so, als hätten sie mit der Hexenjagd gegen die Juraprofessorin nichts zu tun. Dass sie eine Mitverantwortung tragen, weil sie Brosius-Gersdorf als linke Aktivistin bezeichneten und ihre Aussagen aus dem Zusammenhang rissen, gestehen sie nicht ein. Nicht einmal die Gewalt- und Morddrohungen erregen bei Vertreterinnen und Vertretern der C-Parteien Mitgefühl oder Betroffenheit. Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) sagte, sie erwarte von Brosius-Gersdorf angesichts der Kritik »ein bisschen Resilienz«.[….] Auch der Hauptverantwortliche für die gescheiterte Wahl, Unionsfraktionschef Jens Spahn, inszeniert sich gern als christlicher Politiker. »Christliche Texte wie die Bergpredigt sind für jeden Christen, dem sein Glaube wichtig ist, eine Richtschnur im Leben«, schrieb Spahn 2018 in einem Gastbeitrag für die »Welt«: »Christ und Politiker zu sein, heißt für mich, die Augen und das Herz offen zu halten, sich die eigenen Schwächen und Fehler einzugestehen.« [….] In der Flüchtlingspolitik entfernen sich CDU und CSU gleichermaßen von ihren christlichen Wurzeln. Unvergessen ist Merz’ Behauptung, abgelehnte Asylbewerber »sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine«. Unter seiner Kanzlerschaft werden staatliche Gelder für private Seenotrettung im Mittelmeer gestrichen. Selbst das Kirchenasyl, für viele Flüchtlinge die letzte Hoffnung, ist den C-Parteien nicht mehr heilig.

Sich auf die Religion nur dann zu berufen, wenn es politisch opportun ist, hat nichts mit gelebtem Christentum zu tun, sondern ist Rosinenpickerei. [….] (Christoph Schult, 21.07.2025)

Nein, Schult, die CDU macht es ganz richtig und orientiert sich an den zutiefst bösartigen menschenfeindlichen Werten, die man in der Bibel findet und die 2000 Jahre christliche Kriminalgeschichte ausmachten.

Ob nun Juden abschlachtende deutsche Soldaten mit dem „GOTT WILL ES“ auf dem Koppelschloss, Martin Luthers zutiefst eliminatorischer Antisemitismus, genozidale Conquistadores, kirchliche Inquisitoren, Hexenverbrenner, Kreuzritter – es gibt so viele christliche Vorbilder für die xenophob wütende CDU und CSU. Auf Widersprüche zur Bergpredigt hinzuweisen, zeigt ja gerade, wie erbärmlich das Christentum ist – denn dafür diente die Bibel immer: Im Namen des Guten, der gerechten Sache, Gottes, das wirklich Böse zurechtfertigen.

[….] Agreement that spanking may be needed is much higher among those who attend religious services weekly, at more than 6 in 10, than among those who attend seldom or never, at more than 4 in 10.

Nearly 62% of liberals don’t believe spanking is needed, while nearly 68% of conservatives agree to some extent that it may be. In the middle, 47% of moderates agree.  [….]

(Deseret, 28.10.2021)

Das ist der Signature Move überzeugter Christen, die ihre Kinder schlagen, mit weißen spitzen Kapuzen PoCs lynchen, Ehefrauen vergewaltigen, schwule Söhne aus dem Haus prügeln, Folter und Todesstrafe enthusiastisch befürworten: Sie empfinden sich selbst deswegen gerade eben NICHT als „böse“, sondern besonders gut, weil sie den Willen des Gottes, so wie sie ihn in der Bibel verstehen, ausführen.

Klöckner, Spahn, Dobrindt, Söder und Merz verstoßen nicht gegen „christliche Werte“; im Gegenteil, sie leben christliche Werte sehr konkret aus.

Christliche Werte sind es, wenn die christliche Johnson/Trump-Regierung, lieber 500 Tonnen Notfall-Lebensmittel verbrennen lässt, statt zu versuchen, damit die täglich verhungernden Kinder der Welt zu ernähren.


Christliche Werte sind es, die Menschen in Not noch einen Tritt in den Hintern dazu geben, die sie fortjagen, foltern und abschieben lassen.

[….]  Die katholische Kirche in der Demokratischen Republik (DR) Kongo lehnt die Fortsetzung des Schulbesuchs schwangerer Schülerinnen ab. Die Bischöfe begründen ihre Entscheidung mit Disziplin und Moral.

Das geht aus einem Schreiben der katholischen Bischofskonferenz hervor, aus dem der Sender Radio France Internationale am Donnerstag zitierte. Den Schülerinnen werde der Wechsel an eine staatliche Schule nahegelegt.

Mit der Entscheidung reagiert die Kirche auf ein am Montag veröffentlichtes Rundschreiben des kongolesischen Bildungsministeriums. Aus diesem zitieren mehrere lokale Medien: „Das Ministerium für nationale Bildung ist der Ansicht, dass es keine Rechtfertigung dafür gibt, schwangere Mädchen vom Bildungssystem auszuschließen, wenn sie kein Interesse an einem Schulabbruch bekundet haben.“ Alle Bildungseinrichtungen müssten deshalb den weiteren Schulbesuch ermöglichen. Sanktionen oder ein Ausschluss würde nicht akzeptiert. [….]

(ORF, 18.07.2025)

„Christianity is back“ lobt sich die Trump-Regierung unter dem Jubel der 80 Millionen christlichen Trumpanzees selbst. Christliche Wertvorstellung ermöglichen erst eine Brutalität, zu der Atheisten gar nicht fähig wären.

[….] Pregnant Mother in Tennessee Denied Care for Being Unmarried

The 2025 Medical Ethics Defense Act allows physicians to deny care to patients whose lifestyles they disagree with. [….] Last Thursday, at a town hall in Jonesborough, Tennessee, a 35-year-old woman shared her story: she was denied prenatal care by her physician because they objected to the fact that she wasn’t married, nor did she plan to be. She’d been with her partner for 15 years and they have a 13-year-old child.

While going through her medical history, the physician told her that because she was unwed, they didn’t feel comfortable treating her, because it went against their values and she should seek care elsewhere. At the time of the appointment, the woman believed she was about four weeks into her pregnancy. […]

(Nashville Banner, 20.07.2025)

Sonntag, 20. Juli 2025

Gesundheit!

Das Leben ist nicht fair. Sich gesund ernährende, sportliche, freundliche Menschen fallen mit 40 oder 50 tot um, Kinder sterben an Krebs oder Mukoviszidose, richtig gute Parteigeneralsekretäre werden unter dem enormen Stress psychisch so krank, daß sie mit 35 Jahren die Politik verlassen müssen.

Andererseits sind da die undisziplinierten Fettsäcke, die saufen und rauchen, aber mit einer geradezu übermenschlichen Gesundheit gesegnet sind, so daß sie bis weit hinein in ihr achtes Lebensjahrzehnt nahezu ungehindert aktiv sind.

Der amtierende Ministerpräsident Franz Josef Strauß war 73 Jahre alt, als er volltrunken zechend an seiner eigenen Kotze erstickte. Der Dreizentner-Mann Helmut Kohl fühlte sich bei seinem Abschied als Kanzler mit 68 Jahren noch viel zu fit und war bis zu einem fatalen Sturz nach einer Knie-OP im Jahr 2008 (mit 78 Jahren) noch topfit.

Wladimir Putin, seit 25 Jahren „Chef von Russland“, wird im Oktober 73 Jahre alt und scheint trotz immer wieder auftauchender Gerüchte, geistig absolut auf der Höhe zu sein. Der Fastfood-Fresser Trump ist bekanntlich 79 Jahre alt.

 

Auch die stark übergewichtige Angela Merkel blieb zwar nicht ungezeichnet von ihrem stressigen Job, galt aber auch noch bei ihrem Amtsabschied im Alter von 67 Jahren als physisches Wunder, weil sie mit extrem wenig Schlaf auskam und fähig war, endlosen Sitzungen hinter verschlossenen Türen beizuwohnen, ohne auf Klo zu müssen oder unkonzentriert zu werden. Andere nimmt der zweifellos physisch und psychisch enorm fordernde Job viel mehr mit.

[….]  Bei WILLY BRANDT zum Beispiel gab es während seiner Amtszeit Spekulationen über mögliche Depressionen, da er sich regelmäßig für einige Tage zurückzog. Kurz vor seinem Rücktritt war dann offiziell von einer «fiebrigen Erkältung» die Rede. Im Nachhinein gab der 1992 verstorbene Altkanzler zu: «In Wirklichkeit war ich kaputt.»

Brandts Nachfolger HELMUT SCHMIDT antwortete in einem Interview der «Zeit» 2014 auf die Frage, ob Brandts Depressionen kaschiert worden seien: «Wir haben darüber nicht geredet, wir haben es stillschweigend zur Kenntnis genommen. Und er hat seine Arbeit doch fabelhaft gemacht.»

Schmidt selbst litt regelmäßig unter Ohnmachtsanfällen, die während seiner Kanzlerschaft nicht offiziell publik wurden. «Wir haben darüber nicht geredet, sondern es war klar, dass wir nichts sagen würden. Das Entscheidende ist, dass die Umgebung des Politikers, dass die die Schnauze halten», sagte er im selben Interview. «Ich bin wahrscheinlich an die hundert Mal besinnungslos vorgefunden worden. Meistens nur wenige Sekunden, manchmal aber auch Minuten. Das haben wir mit Erfolg verheimlicht - und es hat mich nicht daran gehindert, meine Pflicht als Regierungschef zu tun.» [….]

(DPA, 10.07.2019)

Ganz offensichtlich spielen die richtigen Gene eine Rolle. Trump und Kohl hatten Glück mit ihrer Pferdenatur geboren worden zu sein.

Hilfreich ist aber auch eine gewisse Denkfaulheit. Trump empfängt seine Geheimdienstchefs nicht einmal mehr. Die exklusiven Informationen interessieren ihn nicht.

Es ist bekannt, wie dramatisch Helmut Kohl bei seiner Amtsübernahme die Expertenbriefings aus der Schmidt-Zeit ausdünnte. All das, was der vorherige Kanzler immer wissen wollte, interessierte Kohl nicht. Er war vor der Kamera fleißig, absolvierte alle notwendigen Auftritte, hatte aber wenig Bedürfnis hinter verschlossenen Türen noch lange Akten zu lesen und sich Detailwissen anzueignen.

In dieser Hinsicht waren Helmut Schmidt und insbesondere Bill Clinton legendär. Sie schliefen beinahe gar nicht und saugten ununterbrochen detaillierte Informationen auf, so daß sie mit jedem erdenklichen Fachpolitiker mithalten konnten. Sie waren, bzw sind, echte Universalgenies. So viel zu wissen und zu antizipieren, während man selbst ein derartig wichtiges exekutives Amt innehat, führt zwangsläufig zu enormen psychischen Stress. Diese Leute müssen sich ja Sorgen machen und wurden dementsprechend von ihrer Amtszeiten physisch extrem gezeichnet. Fischer, Obama, Clinton, Schmidt alterten in ihren Regierungsjahren deutlich sichtbar.

Kohl und Trump waren aber nie von Selbstzweifeln geplagt. Sie machten sich nie Sorgen um andere. Grübelten nicht, ob sich die richtigen Entscheidungen für die Zukunft trafen. Von beiden ist außerdem bekannt, daß sie die beneidenswerte Fähigkeit hatten, auf der Stelle einzuschlafen, wenn die Kamera ausging. Kohl soll nach dem Einstieg in einen Hubschrauber schon, zufrieden wie ein Baby, geschlafen haben, bevor die Maschine abhob. Trump schläft nicht nur in Flugzeugen sofort ein, sobald er die Gangway erklommen hat. Seit seinen Gerichtsprozessen, wissen wir auch, daß er in wichtigen Sitzungen, gar bei seiner heiß ersehnten Militärparade schläft.

Es erfordert eine extrem Portion Borniertheit, wenn man so von sich und seinen Taten überzeugt ist, daß man im mächtigsten Amt der Welt nicht nur, nicht unter Stress gerät, sondern gemütlich durch den Tag schlummert, um beim gelegentlichen nächtlichen Erwachen, Hassparolen in grottiger Rechtschreibung über Social Media abzulassen.

Angela Merkel ist damit nicht zu vergleichen. Sie amtierte zwar auch 16 Jahre als Kanzlerin, war 31 Jahre in der absoluten Spitzenpolitik, aber sie ist selbstverständlich nicht annährend so dumm wie Trump. Ihr Gesundheitsgeheimnis scheint mir ein anderes zu sein: Ihr fehlt es an Temperament. Ich weiß nicht, ob das angeboren, oder antrainiert ist, aber sie besitzt die Fähigkeit, nicht beleidigt zu sein und sich nicht aufzuregen, wenn etwas schief geht, oder sie ungerecht behandelt wird von Machos wie Berlusconi oder Seehofer, die sie öffentlich durch Missachtung zu demütigen versuchen.

(….) Wehe einer zeigte nicht endlich den Respekt, von dem Guido immer geträumt hatte! Dann wurde er fuchsteufelswild und teilte aus.

Mit dieser Methode kann man viel Aufmerksamkeit generieren und es womöglich weit nach oben bringen; das zeigt gegenwärtig auch Donald Trump.

Nicht so hilfreich sind solche Charaktereigenschaften, wenn man sachpolitisch vorankommen will und sich auch länger an der Macht halten will.

Angela Merkel ist zwar bezüglich ihrer kaum vorhandenen politischen Überzeugungen ganz ähnlich wie Westerwelle, aber dafür habituell das diametrale Gegenteil von ihm.

Abgesehen von der Grundeitelkeit, die jeder Spitzenpolitiker haben muß, ist Merkel nicht dafür bekannt Glamour anzustreben und auf Statussymbole erpicht zu sein.

Ihre ganze äußere Erscheinung ist eher unauffällig und man kann sich bei ihr kaum vorstellen, daß sie wie einst Westerwelle täglich bei Yellowpress- und BUNTE-Events auftaucht, wenn sie nicht muß.

Merkel kann man nicht beleidigen.

Größtmögliche Demütigungen, die Trump oder Westerwelle vor Zorn beben lassen würden, nimmt sie stoisch und regungslos hin.

Wir haben das zuletzt auf dem CSU-Parteitag im November 2015 erlebt, als Seehofer sie öffentlich vorführte.

Aber Merkel war schon immer so.

Als sie 2011 auf dem Weg nach Indien stundenlang im Iranischen Luftraum aufgehalten wurde, weil Teheran sie ärgern wollte, nahm sie ihre Verzögerung mit einem Achselzucken hin. Westerwelle wäre an ihrer Stelle ausgerastet und hätte sofort den Iranischen Botschafter einbestellt.

Die Kanzlerin sparte sich die Energie und freute sich darüber ein, zwei Stündchen länger schlafen zu können.

Es ist schlau von Merkel sich nicht von unnützen Cortisol-Ausschüttungen irritieren zu lassen; das wird ihr manchen Verhandlungserfolg ermöglicht haben.

Ihre Methode stößt aber auch an Grenzen, denn in ihrem Job geht es ganz ohne Machtwort nicht.

Typen wie Erdogan und Obama nutzen Merkels stoisches Wesen aus, um ihr auf der Nase herumzutanzen. Immerhin so viel Rückgrat zu haben, daß sie zur Armenienresolution stünde, wäre schon nett. (…)

(Umarmungsstrategie am Ende, 09.09.2016)

Realpolitisch erfolgreich war Merkels stoisches Modell nicht; im Gegenteil. Sie hat uns, nach 16 Jahren, Deutschland als so einen Trümmerhaufen hinterlassen, daß er kaum wieder aufzubauen ist. Aber es war natürlich machtpolitisch höchst effektiv. Acht Jahre Bundesministerin, drei Jahre Fraktionsvorsitzende, 18 Jahre Bundesvorsitzende und 16 Jahre Kanzlerin. Mehrfach als mächtigste Frau der Welt ausgezeichnet. Damit dürfte sie, die Unwahrscheinlich aus Mecklenburg, die erfolgreichste Machtpolitikerin seit 1945 in Deutschland sein.

Intellektuell wird davon nichts bleiben. Merkel wird, genauso wenig wie Kohl, nach ihrer Amtszeit eine bedeutende internationale Rolle spielen, nicht das Interaction Council leiten, nicht eine hochgeachtete Herausgeberin einer intellektuellen Zeitung werden, keine bedeutenden Lehrstühle innehaben und auch keine dutzenden faszinierenden Bücher schreiben. Eine Denkerin ist sie nicht. Ein Helmut Schmidt oder Egon Bahr steckt nicht in ihr.

Sie war aber eben auch wegen ihrer physischen Konstitution und ihres unerschütterlichen Gemüts so erfolgreich.

Der Sadist und Psychopath Trump ist ein Sonderfall. Echte Soziopathen sind oft überdurchschnittlich klug. Er ist aber ganz sicher tatsächlich sehr dumm und borniert. Ich will an dieser Stelle nicht die eine Millionen Gründe nacherzählen, die ihn an die Spitze der USA brachten, aber es spielte selbstverständlich auch seine physische Konstitution eine Rolle. Ja, er leidet an Inkontinenz und Flatulenz, ist adipös und psychisch extrem instabil. Aber andererseits ist er auch groß, kräftig, kann diesen schraubstockartig starken Händedruck ausführen und stolpert auch nicht ganz so viel ungeschickt umher, wie Joe Biden.

Aber mit 79 wird das Alter doch sehr sichtbar. Merkwürdige Flecken an den Händen, schlurfender Gang, geschwollene Knöchel – seit Jahren wird beispielsweise über eine verschleppte Syphilis spekuliert.

[…] Ist Ex-US-Präsident Donald Trump krank? In sozialen Medien überschlagen sich die Spekulationen wegen roter Flecken an der Hand. […] James Carville sorgt sich vor einer erneuten Präsidentschaft Donald Trumps. […] Ihm missfällt, dass viele Medien auf die Aussetzer und Versprecher des nur vier Jahren jüngeren, aber deutlich vitaler wirkenden Republikaners nicht so akribisch gucken wie auf Bidens Fehltritte. Darum ist Carville jetzt selbst als Schlagzeilen-Erzeuger tätig geworden. […] Als Donald Trump am Mittwoch in New York auf dem Weg zu einem seiner vielen Gerichtsprozesse in typischer Siegerpose die rechte Hand zum Gruß an die Fotografen erhob, wurde mehrere rote Flecken sichtbar, die aus der Ferne wie kleine Wundmale nach Verbrennungen aussahen.

Carville muss sich eines sieben Jahre alten Berichts im linksliberalen Magazin New Republic erinnert haben. Damals breitete der Arzt Dr. Steven Beutler vorsichtig aber doch dezidiert die Theorie aus, dass Trump möglicherweise an den Folgen einer Syphilis-Erkrankung leide. Äußerliche Anzeichen dafür, so steht es in einschlägigen Medizi-Ratgebern, kann roter Ausschlag an Händen und Füßen sein.

Die extreme Gesichtsschminke Trumps ist im Moment nicht mehr das Thema. Es geht um die Frage, ob der Ex-Präsident womöglich ernsthaft krank ist.

[…] Carville machte sich die schon damals heftig kritisierte Fern-Diagnose zu eigen und sagt in einem auf dem Portal X (früher Twitter) zu sehenden Video, er habe mit mehreren Medizinern gesprochen, die allesamt die gleiche Auskunft gegeben hätten. Carvilles Schlußfolgerung. „Es ist gut möglich, dass dieser Mann Syphilis zweiten Grades hat.“ [….]

(Dirk Hautkapp, HHAbla, 18.01.2024)


Trumps Sprecherin erklärte Trumps geschwollene Beine mit einer altersbedingten Venenschwäche. Das ist möglich.

[….] During a regular news briefing, Press Secretary Karoline Leavitt revealed that Trump, 79, had noticed swelling in his legs, prompting a check-up with his doctor who diagnosed him with the condition.

Trump had also been recently photographed with patches of make-up on the back of his hand. The White House has said it is unrelated to the vein condition but is instead bruising as a result of frequent handshaking.  [….]

(BBC, 18.07.2025)

Aber Leavitt ist genauso so eine chronische Lügnerin, wie ihr Chef. Glauben sollte man ihr erst einmal gar nichts.

Samstag, 19. Juli 2025

Kirchen und Faschos

Die konservativen Kirchen, (aber auch Moscheen und Synagogen), gehen weltweit wieder einmal ein Bündnis mit rechtsautoritären, antidemokratischen Kräften ein.

Das ist Jahrhunderte eingeübte Praxis. Bischöfe an der Seite absoluter Monarchen, bestialischer Kriegsherren, faschistischer Staaten in Europa, rechtsextremen Militärdiktaturen Südamerikas und nun wieder Hand in Hand mit Trump, Orban und Putin.

Sie beefeuern gegenwärtig maßgeblich den Aufstieg rechtspopulistischer Kräfte, weil sie im Schatten Putins oder Orbans a) ihre Pfründe sichern und b) ihre menschenrechtswidrigen Amoralvorstellungen durchdrücken können, die in aufgeklärten Gesellschaften keine Mehrheiten mehr finden.

In der Causa Frauke Brosius Gersdorf zeigt sich das widerliche Agieren der Dunkelkatholiken in Reinkultur. Sie vermögen es, gemeinsam mit der AfD, die CDUCSU vor sich her zu treiben. Auf diese Weise setzen sie beispielsweise ihre illiberale und heuchlerische Schwangerschaften-Position durch, die von über 80% der Bevölkerung nicht (mehr) geteilt wird. Ähnlich funktioniert es mit der drastischen menschenhassenden Homophobie der US-Kirchen, die sie mit den Trumpanzees in praktische Politik umsetzen, obwohl die Mehrheit der US-Amerikaner längst ihren Frieden mit schwulen und lesbischen Paaren gemacht hat.

Man darf nie vergessen, wie völlig moralisch verkommen und verlogen, rechtsextrem schwurbelnde Periodika, wie z.B. die katholische Tagespost, sind. Sie erscheint wöchentlich mit einer gedruckten Auflage von 11.000 Exemplaren.

Daraus beziehen Gössl, Oster, Woelki und die CDU-Katholidioten ihre Fehlinformationen.

Putin und Kyrill, Trump und Dolan, Merz und Woelki, Orbán und Erdö, Kaczyński und Wojda verstärken sich gegenseitig. So können sie ihre Macht sichern und ihrem Hass auf Arme und Minderheiten frönen. Sie sind symbiotische Parasiten.

Ultrarechte Homohasser-Kleriker bekommen Aufwind und hetzen unter dem Jubel der Online-Kommentatoren.

Dankenswerterweise zeigt die österreichische Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl diese Mechanismen anschaulich auf und erklärt, wie man sich wehren kann.

[….] Seid schnell, seid scharf [….] Konservative tappen immer wieder in dieselbe Falle. Sie rennen Rechtsextremisten hinterher und betreiben Kulturkampf. Fünf Regeln, um das zu verhindern.

Wieder einmal bricht die Union die politischen Gepflogenheiten und stößt die anderen Parteien vor den Kopf. Wieder einmal gibt es tagelang aufgeregten politischen Zirkus. Deutschland drohen nun lang anhaltende österreichische Verhältnisse. Doch Deutschland muss nicht dieselben Fehler machen.  [….]

(Natascha Strobl, 19.07.2025)

Der Durchmarsch der Rechtspopulisten in den Demokratien der Welt scheint also für die Religiotischen Institutionen sehr lohnend zu sein.

[….]  SZ: Viele Religionswissenschaftler halten die Abkehr vom Glauben für ein speziell westeuropäisches Phänomen.

Detlef Pollack: Säkularisierungsprozesse gibt es auch in vielen Ländern Lateinamerikas, Nordafrikas und Asiens, sogar in Ländern wie den USA, Iran oder Polen, die bislang als religiöse Hochburgen galten. Umfragen zufolge verstehen sich in Iran nur noch 40 bis 50 Prozent der Menschen als Muslime, 22 Prozent bezeichnen sich als religionslos, neun Prozent sogar als Atheisten.

SZ: Dabei regiert in Iran ein Regime, das alle Mittel nutzt, um den Islam durchzusetzen.

Detlef Pollack: Am Beispiel Iran zeigt sich die Ambivalenz einer Theokratie. Als Chomeini 1979 theokratische Machtverhältnisse einführte und die Massen ihm zujubelten, konnte er die Religion zur Stabilisierung seiner Herrschaft nutzen und mit ihr das Nationalbewusstsein stärken. Ähnlich funktioniert das derzeit in Russland, wo die Russisch-Orthodoxe Kirche nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine enge Allianz mit dem Staat eingegangen ist und erfolgreich Identität stiftet. Russland ist deshalb eines der wenigen Länder, in denen Religion in den letzten Jahrzehnten wichtiger geworden ist. Das Blatt wendet sich, wenn Religion zur Repression eingesetzt wird. Dann richtet sich der Protest der Bevölkerung oft nicht nur gegen das autoritäre Regime, sondern auch gegen die Religion.

SZ: Unzufriedenheit mit der Politik schadet dann auch der Religion?

Detlef Pollack: Das sehen wir sogar in den USA, wo die Evangelikalen eine enge Verbindung zum rechtspopulistischen Lager eingegangen sind. Das löst bei religiös moderaten Bürgern eine Gegenbewegung aus. Viele gehen nun nicht nur zu den konservativen politischen Einstellungen auf Distanz, sondern auch zu dieser Art von Religiosität. In den USA haben wir es mit einem Anstieg der Konfessionslosen von fünf Prozent in den 90er-Jahren auf jetzt ungefähr 30 Prozent zu tun. [….]

(Pollack-Interview, SZ, 19.07.2025)

Der Teufel kommt, er hilft uns aus, und sagt uns:
„Gott ist tot
The Lord ist fort
Gott ist tot
The Lord ist fort

Der gläubige Religionswissenschaftler Pollack macht dem hohen Klerus also wenig Hoffnung. Ja, sie haben derzeit ihren Zugang zur Macht gesichert, indem sie sich mit den rechtspopulistischen, xenophoben Strömungen verbünden.

Ihre kontinuierlichen weltweiten Niedergang kann das aber nur scheinbar aufhalten, da sich aufgeklärte Menschen in halbwegs gesicherten Verhältnissen immer von dem religiösen Bullshit abwenden werden.

[….] Detlef Pollack: Das Gegenteil ist der Fall. Die Religion erfährt derzeit einen dramatischen, historisch beispiellosen Bedeutungsrückgang. Wir waren äußerst erstaunt, als wir die Daten sichteten für die Neuauflage unseres Buches „Religion in der Moderne“, das vor zehn Jahren erstmals erschien. Inzwischen ist Säkularisierung unübersehbar zum zentralen Trend geworden.  [….]

(Pollack-Interview, SZ, 19.07.2025)

Es ist einer der wenigen Lichtblicke dieser Jahre, daß die Kirchenaustrittswelle nicht mehr auf Westeuropa beschränkt zu sein scheint, sondern entgegen des oberflächlichen Eindrucks, auch auf den anderen Kontinenten an Fahrt aufnimmt.

[….] SZ: In Deutschland gehört nur noch die Hälfte der Bevölkerung einer der großen Konfessionen an. Der Kirchgang gilt mittlerweile als leicht skurril. Wieso ist Deutschland so kirchenfern?

Detlef Pollack: Deutschland ist eher der Standardfall der Säkularisierung als ein Ausnahmefall, [….] Ansonsten tragen bei uns wie in den meisten Ländern Westeuropas vor allem Prozesse der Modernisierung zum Bedeutungsverlust der Religion bei.

SZ: Was verstehen Sie unter Modernisierung?

Detlef Pollack: Mehr als nur Industrialisierung, Urbanisierung oder Wohlstandswachstum. Modernisierung bedeutet auch kulturelle Pluralisierung, Relativierung von Wahrheitsansprüchen, Toleranz, ein größeres Vertrauen in das Individuum, Autoritätskritik, Institutionenskepsis. In modernen westlichen Gesellschaften legen die Menschen Wert auf ihre Entscheidungskompetenz und wehren alle Bevormundungsversuche ab. [….] Noch vor 50 Jahren waren die Kirchen im Westen in den antitotalitären Grundkonsens der Gesellschaft eingebunden und mit politischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen eng verflochten. Diese Verbindung hat sich gelockert. Für den Kontakt mit der Kirche bedarf es heute rein religiöser Motive. Dass man aus Gründen der politischen Opportunität oder um Kundenkontakte zu knüpfen zur Kirche hält, spielt immer weniger eine Rolle. [….]  Wir haben gesamtgesellschaftlich eine Tendenz zu liberalen, postmaterialistischen Werten, zu Selbstbestimmung, zur Gleichberechtigung der Geschlechter, zu Akzeptanz von Homosexualität. Wenn die Kirche nicht mit der Zeit geht, würde sie noch mehr Menschen verlieren und nur wenige gewinnen. [….] Trotz aller Probleme und Krisen leben wir in relativ gesicherten Verhältnissen. Die moderne Gesellschaft hält viele Partizipations- und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten bereit, nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Beruf. Unmerklich verschiebt sich so die Aufmerksamkeit von der Frage nach den ersten und letzten Dingen unseres Lebens zu der Frage, was man im Hier und Jetzt tun möchte. [….]

SZ: Evolutionspsychologen argumentieren, dass es ein Grundbedürfnis nach Religion gibt.

Detlef Pollack: Wenn über 50 Prozent der Menschen in Deutschland sagen, dass ihnen religiöse Fragen nichts bedeuten, ist es schon ziemlich gewagt zu behaupten, alle Menschen seien von Natur aus religiös veranlagt.

SZ: Wie geht es weiter mit der Religion?

Detlef Pollack: Der Tendenz nach geht es weiter nach unten. Wie wir wissen, nimmt zuerst die Bedeutung der religiösen Praktiken ab, die Zeit und Kraft kosten, also Gebet und Kirchgang. Dann folgen die Kirchenmitgliedschaft und der Glaube. [….]

(Pollack-Interview, SZ, 19.07.2025)

Freitag, 18. Juli 2025

Vogel Strauß Umweltpolitik

Angesichts der Pfeifen der heutigen FDP - Dürr, Lindner, Kubicki - mag man es kaum glauben, aber das Thema Umweltschutz wurde in den 1970ern von der FDP entdeckt und als ihr Anliegen in die Bundespolitik eingeführt.

Als sich diese Ideen 1980 in Form der Grünen in den deutschen Parlamenten inkarnierten, war die SPD skeptisch. Die Schwarzgelben hingegen entsetzt. Die Ökopaxe in den Strickpullis triggerten die fetten Konservativen Kohls über alle Maßen. Die damals neu in die Politik eingebrachten Themen, fielen in meine Gymnasial- und Uni-Zeit, so daß mir Waldsterben, Saurer Regen, Dünnsäureverklappung, Abgasgrenzwerte, Ozonschicht/FCKWs, Katalysator in prägender Erinnerung blieben.

Ich saß in Vorlesungen zur Analytischen Chemie und beschäftigte mich auch mit sehr praktischen Fragen, wie beispielsweise der „Probennahme“ in der Umwelt. Darin liegt nämlich eine der größten Fehlerquellen bei der Bestimmung kleinster Schadstoffkonzentrationen. Wir schüttelten oft den Kopf über politische Debatten, wenn es beispielsweise um Schadstoffgrenzwerte in „ppm“ ging. Eine hanebüchene Methode, nur eine maximale Konzentration, statt einer maximalen Stoffmenge zu nennen. So mussten die Industrieschlote nur größer gebaut werden und mehr Luft dazu mischen, um beliebig viel Schadstoffe in die Luft zu blasen. Wie man überhaupt Grenzwerte der Giftigkeit bestimmte, war höchst umstritten.

Charakteristika chemischer Verbindungen sind der Geruch und Geschmack. Wir prüften immer noch Gerüche im Labor. Ich erinnere mich gut an eine Vorlesung im Grundstudium in organischer Chemie, als der Prof in einem riesigen Hörsaal über die Fruchtigkeit von Estern sprach, einen Minikolben mit Erdbeerester dabei hatte, den Stopfen entfernte und ich in maximaler Entfernung, mindestens 20 m weiter auf dem höchsten Rang, sofort den intensivsten Erdbeergeruch roch.

Frühe Chemiker probierten die Substanzen, um etwas Neues nachzuweisen. Das ist nicht etwa verrückt, sondern wissenschaftlich. Insbesondere, wenn noch keine Massenspektrometer oder Gaschromatographen erfunden waren. Dabei stellte man zum Beispiel fest, daß die Laboranten, die immer die Quecksilberverbindungen ablecken, bald darauf starben und schloss daher richtigerweise auf die Giftigkeit derselben.

Derartige Menschenversuche waren in den 1980ern und 1990ern, als ich an der Uni war, natürlich nicht mehr üblich und so mussten beispielsweise Tierversuche herhalten, die aber nur bedingt auf Menschen übertragbar sind. Zudem bekam man es mit organischen Verbindungen zu tun, die derartig toxisch und krebserregend sind, daß man sie quasi nur angucken musste, um zu sterben.

DDT, Dioxin, Seveso 1976, Bhopal 1984 mit 25.000 Toten und 500.000 Verletzten, Sandoz/Basel 1986 waren Wegmarken, an denen wir sehr konkret erfuhren, wie giftig es werden kann.

Ein Professor, bei dem ich Nuklearchemie hörte, echauffierte sich über Grenzwerte von Radioaktivität.

Der Grenzwert für die effektive Dosis zum Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung beträgt 1 Millisievert im Kalenderjahr ( § 80 (1) Strahlenschutzgesetz).“

Was soll sowas bei Alpha- oder Beta-Strahlung, wenn es um karzinogene Wirkung geht? Da reicht ein Ion, um eine Krebszelle entstehen zu lassen, die sich dann, wie es ihr Charakteristikum ist, bösartig vermehrt.

In den 1980ern hörte ich auch zum ersten mal fassungslos, wie amtierende CSU- Minister und Staatssekretäre, den Grünen absprachen, überhaupt ein Thema zu haben. Die angebliche „Umweltverschmutzung“ hätten wir nur den immer mehr verfeinerten Messmethoden zu verdanken. Wer Flüsse zu schmutzig, oder die Luft für zu dreckig befindet, misst nur zu oft oder verwendet zu empfindliche Sensoren.

Unfassbar, aber wahr, diese wissenschafts-antagonistische Sicht wird auch 40 Jahre später noch von CDU und CSU aufgetischt.

Donald Trump fungiert dabei als die ganz große Inspiration. Er schafft Umweltproblematiken und Klimaerwärmung einfach ab, indem alle Menschen, die in staatlichen Behörden oder auch privaten wissenschaftlichen Einrichtungen daran arbeiten, gefeuert werden und der Gebrauch der entsprechende Begriffe öffentlich geächtet wird. Aus den Augen, aus dem Sinn.

[….] Die Republikaner sparen den National Weather Service kaputt, ebenso die Hochwasserprävention. Wo Unwetter bevorstehen und wer sich in Sicherheit bringen muss, wird man wohl vielerorts bald erraten müssen.

[….] Bei dem verheerenden Hochwasser am texanischen Guadalupe River kamen am 4. Juli mindestens 130 Menschen ums Leben. Als der US-Präsident und die First Lady am vergangenen Freitag ins Katastrophengebiet reisten, sagte Donald Trump: „Meine Regierung tut alles, was in ihrer Macht steht, um Texas zu helfen.“ Angesichts dessen, was diese Regierung tatsächlich tut – nämlich den Wetterdienst mutwillig kaputtzusparen, und damit auch das Warnsystem für Extremwetterereignisse –, betrachten viele Amerikaner die Sätze des Präsidenten als blanken Zynismus.

Man wird solche Überschwemmungen auch in Zukunft nicht verhindern können. Aber die Regierung kann etwas dagegen tun, dass sich jedes Hochwasser zu einer tödlichen Katastrophe auswächst. Man kann ein Land auf solche Unwetter vorbereiten und seine Bürger prophylaktisch schützen. Donald Trump tut das Gegenteil.

Als Brian LaMarre vor mehr als 30 Jahren seinen ersten Job beim National Weather Service antrat, in Corpus Christi, Texas, da beschäftigte die Behörde landesweit um die 5500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Heute sind es fast 2000 weniger. Allein seit der Amtsübernahme Trumps im Januar wurden rund 600 Stellen gestrichen, darunter auch die von LaMarre. „Es ist ein Massen-Exodus“, sagt er.

In rund jeder vierten der 122 Wettervorhersage-Stationen der USA ist inzwischen die wichtigste Stelle unbesetzt, nämlich die des „Chef-Meteorologen“. Bei diesen Experten laufen alle relevanten Daten zusammen. Wenn eine größere Unwetterlage heraufzieht, koordinieren sie sich mit den örtlichen Behörden. [….] Die Trump-Regierung will [….] mindestens zehn Labore der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) schließen, einer Forschungsbehörde, dich sich mit den konkreten Auswirkungen der Klimakrise beschäftigt – und mit der Vorhersage von Wirbelstürmen, Hochwasserfluten und Waldbränden. Unter anderem soll eine Dienststelle in Miami dichtgemacht werden, die sogenannte Hurricane Hunters beschäftigt, also Teams von Experten, die im wörtlichen Sinne im Auge des Orkans extrem wichtige Daten sammeln.

Massiv gespart werden soll ferner bei der Hochwasserprävention der United States Geological Survey. Die Behörde sammelt Daten an rund 8000 Staustufen landesweit – um damit Städte und Gemeinden bei der Vorsorge vor tödlichen Überschwemmungen unterstützen zu können. Die Daten aus den Staustufen werden alle 15 Minuten automatisch per Satellitenfunk an den Wetterdienst übermittelt, der sie für seine Hochwasser-Warnungen nutzt. Bislang. Trumps Haushalt sieht vor, der Behörde knapp ein Viertel des Budgets zu streichen. [….] Daran, dass der menschengemachte Klimawandel von den Maga-Bewegten geleugnet wird, hat man sich fast schon gewöhnt. Aber dass nun auch die gute alte Wettervorhersage in den Strudel des rechten Kulturkampfes gerät, das ist relativ neu. Dabei steht außer Frage, dass die USA ein Land der Wetterextreme sind. [….]

(Boris Herrmann, 17.07.2025)

Man hält es instinktiv immer noch für einen Schildbürgerstreich. Aber nein, Trump ist seit neun Jahren bittere politische Realität. Die Amis finden den gut und wählen sowas. Auch nach sechs Monaten seiner zweiten sogenannten „Amtszeit“, hat er zwar keine guten persönlichen Zustimmungswerte, aber die Demokraten profitieren NICHT. Die Mehrheit würde immer noch Republikaner wählen. Amerikaner sind wirklich so dumm! Und ich darf das sagen, da ich bekanntlich selbst die US-amerikanische Staatsbürgerschaft habe.

[….] Das Mauna Loa Observatorium auf Hawaii , bekannt für die Messung von Treibhausgasen und die berühmte Keeling-Kurve, steht vor dem Aus. US-Präsident Donald Trumps Haushaltsentwurf für 2026 sieht die Schließung der Station sowie drei weiterer Standorte vor, die seit Jahrzehnten Messdaten zur Atmosphäre liefern.

Die Forschungsstation Mauna Loa liegt auf dem gleichnamigen Vulkan in Hawaii auf 3.350 Meter Höhe. Weil die Luft an dieser Stelle so frei von menschlichen Einflüssen ist wie nur an wenigen Orten der Welt, ließ Charles David Keeling vor mehr als 60 Jahren dort seine CO₂-Messstation errichten. Im Jahr 1958 begannen die Messungen, die einen stetigen Anstieg des CO2-Gehalts dokumentierten. Daraus entstand die Keeling-Kurve, die den kontinuierlichen Anstieg von Kohlendioxid in der Atmosphäre zeigt und bis heute ein zentrales Werkzeug der Klimaforschung ist.

Neben dem Mauna Loa Observatory wären auch Stationen in Alaska, Amerikanisch-Samoa und am Südpol betroffen. Diese bilden ein globales Netzwerk, das Forschenden hilft, Klimaveränderungen zu analysieren, extreme Wetterereignisse vorherzusagen und die Wirksamkeit klimapolitischer Entscheidungen zu bewerten. [….] Im Jahr 1958, als die Keeling-Kurve begann, lag die CO₂-Konzentration in der Erdatmosphäre bei 313 ppm (parts per million – Teilchen CO₂ pro Millionen Teilchen). Im Jahr 2024 war sie auf 424,61 ppm gestiegen, in diesem Jahr überstieg der monatliche durchschnittliche CO₂-Gehalt am Mauna Loa erstmals die Marke von 430 ppm. [….]

(SPON, 18.07.2025)

CSU und CDU lernen von Trump. Gerade zeigten sie in der Causa Brosius-Gersdorf, wie man effektiv Lügen und hetze einsetzt und damit die nicht genehmen Fakten übertrumpt.

[….] Wenn es um die Klimapolitik in Bayern geht, greifen Opposition und Umweltorganisationen inzwischen zu denkbar harten Worten. Saskia Reinbeck, Klima-Fachfrau bei Greenpeace Bayern, spricht dieser Tage von der „Methode Trump“. Für sie ist inzwischen nicht nur offensichtlich, „dass Ministerpräsident Söder unbedingt den Druck aus dem Klimaschutz rausnehmen will“. Sondern außerdem sei für sie klar geworden, dass er das Ausmaß, das die Klimakrise erreicht hat, gegenüber der Bevölkerung „verschleiern will“. Der Grund von Reinbecks Kritik: Söders Kabinett will im Zuge des Bürokratieabbaus den bayerischen Klimabericht abschaffen.

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig urteilt nicht weniger drastisch. „Die Klimakrise spitzt sich zu“, sagt Stümpfig. „Aber die Reaktion der Staatsregierung sind nicht etwa wirksame Klimaschutzmaßnahmen. Sondern die Streichung des Klimaberichts. Das ist unglaublich!“ Es sei noch nicht lange her, da habe Söder versprochen, dass Bayern „das beste und modernste Klimagesetz bekommen werde“, sagt Stümpfig. Die bisherigen Erfolge des Freistaats beim Klimaschutz seien „jedoch mehr als dünn“. Und nun wolle die Staatsregierung auch noch den Klimabericht abschaffen: „Jetzt sollen die Bürger nicht einmal mehr erfahren können, wo Bayern in der Klimakrise steht.“

Die Kritik von Greenpeace und Grünen geht zurück auf den Entwurf des vierten Modernisierungsgesetzes, den das Kabinett Ende Juni beschlossen hat. Es soll überbordende Bürokratie in Bayern abbauen und sieht die Abschaffung vieler Vorgaben und Regularien vor. Dazu zählt das Kabinett offenkundig auch den Klimaschutzbericht, der erst im Zuge der Überarbeitung des bayerischen Klimaschutzgesetzes Ende 2022 eingeführt worden war. Jetzt soll er schon wieder abgeschafft werden. [….]

(Johann Osel, SZ, 17.07.2025)

Dem Urnenpöbel gefällt es.

Donnerstag, 17. Juli 2025

Die Konservativen und das Geld.

Es ist so in England, es ist so in Deutschland, es ist so in den USA: Die Konservativen können einfach nicht mit Geld umgehen. Sie sind so verrückt, immer noch an die längst wiederlegte Trickle-Down-Theorie zu glauben und häufen stets gewaltige Staatsschulden an.

Bundeskanzler Ahnungslos zeigt es in Reinkultur. Dreieinhalb Jahre setzte er der Ampel besserwisserisch zu, erklärte, man dürfe keine Schulden aufnehmen, sondern könnte gewaltige Milliardengeschenke an die Superreichen, sowie Sanierung der Infrastruktur und der Bundeswehr durch Einsparungen bezahlen.

Kaum setzte er selbst einen Fuß ins Kanzleramt, machte er gleich mal eine Billion Euro Miese. 1.000 Milliarden geliehen; das können dann seine Enkel abbezahlen.

Die völlige finanzpolitische Ahnungslosigkeit der Schwarzen zeigt sich auf allen Ebenen.

Auch auf der Kommunalen. So fuhren die schwarzen Stadtstaat-Senate Diepgen und Beust ihre Haushalte zig Milliarden tief ins Finanzgrab, zettelten beide jeweils einen Landesbank-Megaskandal an, während sie gleichzeitig das Tafelsilber der Städte verscherbelten.

Die Roten Nachfolger Wowereit und Scholz mussten das Desaster in Berlin und Hamburg wieder sanieren. Das gelang, insbesondere in Hamburg, außerordentlich gut.

CDUler verfügen darüber hinaus zwar oft über ein kriminelles Gen, so daß sie sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Kosten der Allgemeinheit die Taschen vollstopfen.

Aber selbst als Privatpersonen sind sie häufig nicht in der Lage, vernünftig mit Geld umzugehen.

So wie Donald Trump, trotz Milliarden-Erbe, fünf mal sogar Spielcasinos in den Bankrott wirtschaftete, machen es die Kleinen deutschen Schwarzen mit Summen, die einige Stellen weniger haben.

Wir erinnern uns an die Privatinsolvenz und Betrugsprozesse des Hamburger CDU-Schatzmeisters Andreas Wankum.

(….) Beusts Schatzmeister war der vielfach kriminelle Pleitier und Serienbetrüger Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Wankum, der sich schließlich damit zu retten versuchte, den Vorsitz der Jüdischen Gemeinde Hamburgs zu übernehmen, um fortan Vorwürfe gegen ihn als „antisemitisch“ abzuwehren. Kleines Problem am Rande: Wie sich herausstellte, ist Wankum gar kein Jude und flog natürlich im hohen Bogen auch aus dem Amt, als man ihm auf die Schliche kam. Wankums Ziehsohn und Nachfolger im Wahlkreis wurde Christoph Ploß, der es bis zum Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten brachte. Seither gilt er als das CDU-Verbindungsglied zur AfD und treibt sich mit rechtspopulistischen Schwurbeleien bei Nius rum. (…)

(Brauner CDU-Landessumpf, 15.04.2025)

Spektakulär scheiterte auch der prominente CDU-Bundesverkehrsminister Krause an seinen persönlichen Finanzen.

[….]  Ex-Minister Krause vor Zwangsräumung

Erst dubiose Geschäfte, jetzt der Verlust des Wohnhauses: Nach seiner Politikkarriere im Zuge der Deutschen Einheit produziert der ehemalige Bundesverkehrsminister Günther Krause neue Schlagzeilen.  [….]

(DW, 28.02.2018)

Auch eine gewisse Katherina Reiche, deren Name unglücklicherweise auf Merzens Kabinettsliste stand, debakulierte bereits mit dem Vermögen ihrer Familie. Millionen Fördergelder versickerten im Sumpf ihrer Familienfirma Hesco, deren Eigentümer Katherina Reiche sowie ihr Vater Klaus und ihre Mutter Birgitt waren. Später ritten die Drei Hesco in die Insolvenz.

[…] Es ist ein Mammutprozess vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Potsdam, in dem es auch um eine prominente Politikerin geht. Seit September 2009 und mehr als 50 Verhandlungstagen saßen sechs Personen und bis zu neun Verteidiger auf der Anklagebank. Nun steht das Verfahren um Insolvenzverschleppung, Unterschlagung, Bankrott, Untreue und Anstiftung zu diesen Straftaten vor dem Abschluss. Am Mittwoch hielt Oberstaatsanwalt Jürgen Flügel, Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität in der Potsdamer Staatsanwaltschaft, sein Plädoyer in dem Verfahren, in dem es um die Traditionsfirma Hesco Kunststofferzeugnisse Helmut Schulze & Co. GmbH in Luckenwalde (Teltow-Fläming) geht. Die beiden Angeklagten Birgit und Klaus Reiche machten das Unternehmen im Jahr 2003 dicht, die 62 Beschäftigten wurden gefeuert. Unter neuem Namen machte die Firma zwei Monate später weiter, diesmal aber nur mit 35 Beschäftigten. Reiches sind nicht irgendwer, es sind die Eltern der Brandenburger CDU-Politikerin, Bundestagsabgeordneten und parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche. [….]

(Tagesspiegel, 09.06.2011)

Ein weiterer prominenter Insolvenzler der CDU stammt aus Klöckners Landesverband. Schulden, Puff, Untreue.

[…] Das Amtsgericht Mainz hat den ehemaligen rheinland-pfälzischen CDU-Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen unter anderem wegen Untreue zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht befand den heute 44-Jährigen der schweren Untreue in 18 Fällen sowie des schweren Betruges in einem Fall für schuldig. Hebgen hatte zwischen 2003 und 2006 insgesamt rund 80 000 Euro aus der Fraktionskasse veruntreut. Angerechnet wurde bei seinem Urteil auch eine Vorstrafe von neun Monaten auf Bewährung wegen Gelderveruntreuung.

Vor Gericht räumte Hebgen alle Vorwürfe restlos ein. "Ich habe zu lange ein Leben der Täuschung geführt", bekannte er. Er sei nach seiner Scheidung hoch verschuldet gewesen, habe aber trotzdem "als der Macher und Gestalter dastehen" wollen. Sein Handeln sei nicht nur dumm gewesen, sondern auch "ein Zeichen meiner Selbstüberschätzung, Arroganz und Überheblichkeit". Hebgen zahlte auch fünf Besuche in Rotlichtbars mit der Fraktionskreditkarte - angeblich in Begleitung anderer CDU-Abgeordneter.   [….]

(Gisele Kirschstein, 16.03.2010)

Karriere in der Landespolitik machte auch CDU-Mann Wolfgang Fürniß, der als Wirtschaftsminister von Brandenburg in Katherina Reiches Landesverband debakulierte.

[….] Er hat langjährige Freunde und Bekannte um rund 500000 Euro geprellt. Jetzt verurteilte das Heidelberger Landgericht den früheren CDU-Politiker Wolfgang Fürniß zu drei Jahren Haft. Die Strafkammer befand den Ex-Wirtschaftsminister von Brandenburg und langjährigen OB von Wiesloch des Betruges in 20 Fällen für schuldig. Der heute 70-Jährige habe seine „herausragende Stellung“ und das große Vertrauen der Opfer „bedenkenlos und geschickt ausgenutzt“, sagte der Vorsitzende Richter Christian Mühlhoff .

Zuletzt hatte Fürniß einen schwer kranken Mitpatienten in einer Klinik um 18000 Euro angebettelt – um politisch Verfolgten zu helfen, so die Lüge. Der Vorsitzende nannte das „beschämend“.

„Besonders verwerflich“ sei, dass Fürniß mit einer erfundenen Krankengeschichte hausieren ging, um an Geld zu kommen. Er pumpte nicht nur wohlhabende Geschäftsleute an. Ein Handwerker nahm sogar einen Kredit auf, um ihm 40000 Euro zu leihen. Das Geld wird er wohl nie wieder sehen. Den Kredit zahlt er bis heute ab. Hoch verschuldet hätte Fürniß bereits 2008 Privatinsolvenz anmelden müssen, sagte der Richter Mühlhoff. Stattdessen habe er „den Weg in die Kriminalität gewählt“. Warum er dies tat, sei „ein Rätsel, das wir nicht lösen können“.  [….]

(Schwäbische, 24.10.2019)

CDU-Mega-Spender (820.000 Euro) Christoph Gröner rutschte, überraschend, ebenfalls just in die Insolvenz.

[….] Für den deutschen Immobilienunternehmer Christoph Gröner läuft es derzeit wirtschaftlich nicht gut. Wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung ermittelt die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen Verantwortliche des Bauunternehmens. Am Mittwoch war es bei Gröners Unternehmensgruppe zudem zu einer Razzia gekommen.

Dabei wurden Privat- und Geschäftsräume des 56-Jährigen durchsucht, auch um dem verzweigten Unternehmensgeflecht auf die Spur zu kommen.  [….]

(T-online, 18.12.2024)

Desaster-Mann Jens Spahn, der nie die äußerst dubiosen Millionen-Finanzierung der Dahlemer Mega-Villa erklären konnte, scheitert sogar daran, seine CDU-Mitgliedsbeiträge korrekt zu überweisen. Nach 23 Jahren im Bundestag weiß er  immer noch nicht, wie das geht.

[….]  Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) hat 5000 Euro an seine Partei nachzahlen müssen, weil er über mehrere Jahre seine Mandatsträgerabgabe nicht vollständig entrichtet hat. Er habe "die Differenz, die ich als stellvertretender Fraktionsvorsitzender zusätzlich hätte abführen müssen, versehentlich nicht angewiesen", sagte Spahn dem "Handelsblatt" vom Dienstag. "Das ist mir durchgegangen."

Spahn hat zwar die in der Parteisatzung seines Landesverbands festgelegte Grundabgabe für Bundestagsabgeordnete von 730 Euro gezahlt, wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf Rechenschaftsberichte der CDU der Jahre 2022 und 2023 berichtete. Als stellvertretender Fraktionsvorsitzender hätte er aber 870 Euro und damit 140 Euro mehr im Monat zahlen müssen.   [….]

(STERN, 15.07.2025)

Abschließend ein Blick in meine unmittelbare Nachbarschaft.

Der Hamburger CDU-Ehrenvorsitzende Dirk Fischer, Jahrgang 1943, wurde 1970 erstmals in die Bürgerschaft gewählt, und saß von 1980-2017 ununterbrochen 37 Jahre für die CDU im Bundestag. Er gehört zum Wankum-Ploß-Klüngel in Hamburg-Nord.

[…] Dirk Fischer war 1987, 1990, 1994, 2009 und 2013 direkt gewählter Abgeordneter im Bundestagswahlkreis Hamburg-Nord und zog sonst stets über die Landesliste Hamburg in den Bundestag ein. Sein Nachfolger wurde 2017 Christoph Ploß. [….]

(Wikipedia)

Jetzt ist er pleite und flog aus seiner Wohnung.

[….] Es ist ein ganz tiefer Fall und eine tragische Geschichte: Dirk Fischer, der 81 Jahre alte Ehrenvorsitzende der Hamburger CDU und langjährige Bundestagsabgeordnete, ist trotz seiner hohen Abgeordnetenpension im Grunde pleite. Weil er seit April vergangenen Jahres keine Miete für seine Wohnung mehr gezahlt hat, reichte sein Vermieter eine Räumungsklage ein. Jetzt kam der Gerichtsvollzieher: Fischer und seine brasilianische Partnerin mussten seine Fünf-Zimmer-Altbauwohnung in bester Lage in Winterhude verlassen.

„Ich lebe im Moment in einem Hotel auf der Uhlenhorst“, sagte das CDU-Urgestein im Gespräch mit dem Abendblatt. Seine Partnerin sei bei einer Freundin in Altona untergekommen. Nach Fischers Angaben geht es bei den Mietrückständen um einen Betrag von rund 33.000 Euro. „Ich habe einen Fehler gemacht und die Miete nicht gezahlt und dadurch das Vertrauen des Vermieters verloren“, sagt der Christdemokrat zerknirscht. Jetzt hofft er auf ein nicht näher benanntes finanzielles „Wunder“, das ihm eine Rückkehr in seine Wohnung ermöglichen soll. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über die Räumung berichtet. [….]Fischer steht damit der Höchstsatz der Altersentschädigung für Bundestagsabgeordnete zu: 65 Prozent der Abgeordnetendiäten oder 7691,76 Euro pro Monat. [….]

In der Hamburger CDU war längst bekannt, dass Fischer Parteifreunde immer wieder anpumpte oder um Darlehen bat. Der 81-Jährige ist in der Partei nach wie vor gut vernetzt, und so gab es etliche CDU-Mitglieder, die ihn in gutem Glauben finanziell unterstützten. Zu ihnen sollen Christoph Ahlhaus, der kurzzeitige Erste Bürgermeister Hamburgs, und der langjährige Unions-Bundestags-Vizefraktionschef und Innenpolitiker Wolfgang Bosbach gehört haben. [….] Einer, der Fischer seinen Aufstieg verdankt, ist Christoph Ahlhaus. Fischer holte ihn einst als Landesgeschäftsführer in die Hamburger CDU und förderte den späteren Innensenator und Ersten Bürgermeister. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und maritime Koordinator der Bundesregierung, Christoph Ploß, ist gewissermaßen politischer Ziehsohn Fischers und folgte ihm in seinem Bundestagswahlkreis Hamburg-Nord. Ploß wurde auch Fischers Nachfolger als Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Hamburg-Nord. Der frühere Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) ist ein früher Weggefährte Fischers seit beider Zeiten in der Jungen Union Ende der 1960er-Jahre. [….]

(Hamburger Abendblatt, 17.07.2025)

CDU und Finanzen? Ganz schlechte Kombination! Diese Leute sind zutiefst unseriös und haben von Geld nicht die geringste Ahnung.

Mittwoch, 16. Juli 2025

Auf in die Staatskrise

Als ich am Freitag, über die Causa Frauke Brosius-Gersdorf schrieb, war ich wütend über den Erfolg der Schmutzkampagne und diagnostizierte ein schweres Versagen Jens Spahns.

(….) Wie so viele, unterschätzte Janisch die Unfähigkeit Jens Spahns. Wir alle wissen; er lügt, ist zutiefst korrupt und steht politisch ganz weit rechts außen. Aber er sitzt seit 22 Jahren im Bundestag, bekleidete zahllose Spitzenämter, also würde er dieses eherne Grundprinzip der bundesdeutschen Nachkriegspolitik umsetzen. Weit gefehlt.

Spahn fuhr die Kleiko heute gegen die Wand. [….]

Zwar verderben meist mehrere Köche den Brei, aber in diesem Fall zeigen alle völlig zurecht auf Jens Spahn. Er kann es einfach nicht. [….]

Spahn ist die Inkarnation des Desasters. Er hätte nie CDUCSU-Fraktionschef werden dürfen. Fritze war hinreichend gewarnt worden.

Spahn lieferte in seiner kurzen Amtszeit allein mit seinen Masken-Lügen mehr als ausreichende Gründe für einen Rücktritt.

Spahns heutige Episode zeigt vollends, wie gefährlich der Mann ist, der stets den AfD-Nazis in die Hände spielt. (…)

(Korrupt, verlogen, unfähig, 11.07.2025)

Eine knappe Woche später stehe ich noch zu meinen Aussagen. Außerdem glaube ich immer noch nicht an die (Verschwörungs)-Theorie, Spahn habe das Desaster bewußt inszeniert, um Merz zu schaden und eine CDU/AfD-Koalition unter seiner eigenen Führung anzubahnen, weil er selbst zu sehr beschädigt wurde. Spahn scheint inzwischen selbst in der eigenen Fraktion derartig unbeliebt ist, daß man sich kaum vorstellen kann, wie er sich zum Kanzler aufschwingen sollte.

Allerdings unterschätzte ich völlig, zu was für einem Mega-Desaster sich die Angelegenheit noch für die Koalition ausweiten würde. In den folgen Tagen gab es drei relevante Entwicklungen.

1.   Mehrere seriöse Medien listeten akribisch auf, mit welchen perfiden Mitteln Kräfte von ganz Rechtsaußen die Schmutzkampagne gegen Brosius-Gersdorf von langer Hand angezettelt hatten. „Vorausgegangen war dem Eklat eine orchestrierte Aktion von Abtreibungsgegnern, rechtspopulistischen Medien und dem Umfeld der AfD.“ Es wurde offensichtlich, wie Teile der Union und katholische Bischöfe sich bereitwillig vor den Karren der Nazis spannen ließen.

2.   Spahn verpasste wieder den richtigen Zeitpunkt, um einzulenken; um zuzugeben, daß die CDUCSU sich geirrt hatte. Stattdessen gruben sich die Merzianer derartig tief in ihre rabbit holes, daß sie nun nicht mehr herauskommen können.

3.   Die SPD erkannte unterdessen, an welchem Kipppunkt die deutsche Demokratie auf der Schwelle zum Trumpismus angekommen ist. Kompromisse und Koalitionstreue (wie beim Klimageld und Familiennachzug) sind nicht mehr möglich, weil man damit den feixenden Rechtsextremen bewiese, von ihren erpressbar zu sein.

Der Bundeskanzler stellte sich im Sommerinterview hinter Merz und machte damit eine friedliche Lösung der Koalitionskrise de facto unmöglich. Wieder einmal erweist er sich als intellektuell völlig unzureichend gerüstet für seinen Job. Er begreift weder den Ernst der Lage, noch die Auswirkung seiner Worte.

Nun kann die SPD nicht zurück und die CDUCSU kann es auch nicht, ohne sich als lächerliche Marionetten an den Fäden der Nazi-AfD zu entlarven.

Es gibt keinen Weg zurück.

[…] Nach dem Eklat: Ein relevanter Teil der Union ist dabei, sich von der Mitte zu verabschieden. […] Nach gerade einmal zwei Monaten schwarz-roter Koalition weiß die SPD, dass sie sich auf Zusagen der Union nicht verlassen kann. […] Zum dritten Mal binnen eines Jahres drängt sich der Eindruck auf, dass ein relevanter Teil der Union Kompromisse mit der linken Mitte des politischen Spektrums schlicht nicht will. Die im Nachhinein ebenfalls von vielen als „Unfall“ analysierte gemeinsame Abstimmung mit der AfD zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ im Februar, die fehlenden Stimmen bei der Kanzlerwahl im Mai, nun die verweigerte Zustimmung zu einer gemeinsam von der Koalition vorgeschlagenen Richterin – alle drei Ereignisse zeigen: Wird auf X, bei Nius und in der AfD nur laut genug der Alarm gemacht, dann pfeifen hinreichend viele Christdemokraten auf Koalitionsdisziplin und parlamentarische Tradition. […] Es wäre naiv zu glauben, dass die Untergrundströmungen im konservativen Lager einfach abreißen. Nach der Zufallsmehrheit mit der AfD in Sachen Zuwanderung hat die Union in den Koalitionsverhandlungen angeblich gelobt, dass so etwas nie wieder vorkommen werde. Im Fall Brosius-Gersdorf hat die Partei von Friedrich Merz zwar nicht die Hand mit den Rechten gehoben – aber eine nennenswerte Minderheit doch gemeinsam mit der AfD für eine negative Veto-Mehrheit gesorgt.

Das Erpressungspotenzial ist also da, und zwar in fast jeder beliebigen politischen Frage. Und die Versuchung wird für viele in der Union zu groß sein, um dieses Potenzial nicht wieder und wieder zu nutzen. […] Die SPD sollte nicht darauf vertrauen, dass Merz qua Amtsautorität die Brandmauer aufrecht hält. […]

(Martin Teigeler, 15.07.2025)

Der einzige Weg, dieser Megakrise ein Ende zu bereiten, wäre der Rückzugs Spahns aus der Politik. Er müsste alles auf seine Kappe nehmen und damit den Unionsabgeordneten ermöglichen, doch für Brosius-Gersdorf zu stimmen.

Das widerspräche aber eklatant seinem Ego, beschädigte Merz (der Spahn erst auf den Posten drückte) und würde von der CDUCSU als Einknicken vor den verhassten Sozis gedeutet werden.

Letzten Freitag erschien die Situation peinlich, blamabel und schwer lösbar. Heute, am Mittwoch, wird es hingegen nahezu ausweglos und katastrophal.

 […] Das Wort Clusterfuck kommt aus dem amerikanischen Militär und meint eine Situation, in der mehrere Dinge derart schiefgelaufen sind, dass es keine gute Möglichkeit mehr gibt, da wieder rauszukommen. Was jetzt folgt, wird auf jeden Fall hässlich.

Der Clusterfuck ist also der systemische und vulgäre Bruder des Dilemmas. Systemisch, weil es um ein ganzes Feld von miteinander konkurrierenden Zielkonflikten geht. Vulgär, weil das schöne Wort fuck signalisiert: Hier wird es schmutzig. Das Dilemma wird im Ethikunterricht diskutiert, der Clusterfuck auf der Straße. Oder eben auf dem Schlachtfeld. Und genau auf so einem befinden wir uns ja anscheinend, denn der Kulturkampf wurde sofort aufgerufen, als der ganze Schlamassel um die Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin losging. […] Clusterfuck also. Warum, könnte man fragen. Hat Brosius-Gersdorf nicht, nach Auffassung der meisten Beobachter und Kommentatoren, bei Markus Lanz ihre Position gut und nachvollziehbar verteidigt? Hat sie nicht alle Ängste, hier könnte eine wildgewordene ultralinke Aktivistin ins höchste Richteramt berufen werden, zerstreut? Natürlich hat sie das. Das Problem ist allerdings, dass sie das musste. […] Indem Brosius-Gersdorf nun quasi gezwungen war, sich öffentlich zu äußern, in diesem Fall eben bei Markus Lanz im Fernsehen, ist es jetzt doch noch genau dazu gekommen. Das eine System hat sich über das andere erhoben, hat es überrannt und drückt jetzt seine Mechanismen durch. Gut gemacht! Schlecht gemacht! Seht nur, sie hat alle Vorwürfe entkräftet! Seht nur, sie ist genauso schlimm wie gedacht! So überzeugend! So furchtbar! Wie auch immer das Urteil: Die Öffentlichkeit hebt oder senkt den Daumen.

Was eigentlich abseits der Öffentlichkeit hätte stattfinden sollen, wurde ins Rampenlicht gezerrt. In die Arena. Zur bitteren Wahrheit gehört aber, dass nicht alles ins Rampenlicht und schon gar nicht in eine Arena gehört. Das hat nichts mit Geheimnistuerei zu tun, mit dem berüchtigten »Hinterzimmer«. Sondern mit der Erkenntnis, dass nicht immer alle überall mitreden müssen, damit etwas demokratisch legitimiert ist. Was wäre denn gewesen, wenn Brosius-Gersdorf nicht so gut vor der Kamera gewesen wäre? Wenn sie gestottert hätte? Sich verhaspelt hätte? Im Scheinwerferlicht nervös geworden wäre? Alles eigentlich völlig normal. In ihrem Fall aber hätte der Fernsehauftritt dann das endgültige Aus bedeutet. TV-präsentabel zu sein, gehört aber eigentlich nicht zur Berufsbeschreibung einer Verfassungsrichterin. […]  Der Schaden ist da. Er wird nicht einzuhegen sein. Die Person ist beschädigt. Die Regierung sowieso. Und auch das Gericht. Clusterfuck eben. Ob es das wert war?  [….]

(Xaver von Cranach, 16.07.2025)

Es zeigt sich, daß man Bundeskanzler einer Koalition nicht nach Sympathie und markigen Sprüchen beurteilen darf. Es war fatal, Olaf Scholz stets als maulfaul, nicht charismatisch oder gar Autist zu framen. Dadurch sehnte sich der Urnenpöbel nach einem Sprücheklopfer wie Merz.

Die viel wichtigere Kanzler-Fähigkeitskategorie liegt im Intellekt. Scholz ist wesentlich klüger als Merz und verstand, die Auswirkungen seiner Worte abzuwägen. Er wußte um die Schwierigkeiten, die heterogenen Interessen seiner ungeliebten Zwangskoalition unter einen Hut zu bringen, obwohl er es mit der radikal verlogenen Sabotage-FDP viel schwerer hatte, als Merz, dessen Koalitionspartner prinzipiell alle Interesse am Gelingen haben.

[….] Gerade einmal zweieinhalb Monate ist die neue Regierung im Amt. Und schon steckt Schwarz-Rot wegen der gescheiterten Verfassungsrichterwahl in der Krise. […] Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Die SPD hält an ihrer Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf fest. Das betonten Klingbeil und Miersch am Mittwoch noch mal öffentlich. Und in der Union scheint sich die Ablehnung der Staatsrechtlerin eher noch zu verfestigen. Wie kann die Koalition das Dilemma auflösen?

Es gibt vier Szenarien.

Szenario eins: Die Wahl von Brosius-Gersdorf wird nachgeholt[…] Wahrscheinlichkeit für Szenario eins: gering

Szenario zwei: Die SPD zieht die Kandidatur zurück

Die zweite Option wäre wohl die von der Union favorisierte: Die SPD ersetzt Brosius-Gersdorf durch eine andere Kandidatin. Die Sozialdemokraten halten bisher jedoch an der Rechtswissenschaftlerin fest. Brosius-Gersdorf sei Opfer einer extrem rechten Hetzkampagne geworden, so die Position der SPD. Ihre Kandidatur zurückzuziehen, hieße, diesen Kräften nachzugeben und eine Frau fallen zu lassen, die öffentlich durch den Dreck gezogen wurde. Für die Sozialdemokraten undenkbar. […] Wahrscheinlichkeit für Szenario zwei: sehr gering

Szenario drei: Der Bundesrat übernimmt[…] Auch Friedrich Merz zeigte sich bisher wenig begeistert von der Idee, auf den Bundesrat auszuweichen. »Mein Wunsch wäre, dass wir im Deutschen Bundestag zur Lösung kommen und dass wir nicht den Ersatzwahlmechanismus auslösen müssen, dass der Bundesrat die Wahl vornimmt«, sagte der Kanzler.

Sollte die Situation so verfahren bleiben, wäre der Bundesrat dennoch eine Alternative. Für die Koalition wäre es allerdings ein schlechtes Zeichen. Sie hätte es nicht geschafft, sich in einer grundlegenden Frage zu einigen.

Wahrscheinlichkeit für Szenario drei: mäßig

Szenario vier: Brosius-Gersdorf zieht ihre Kandidatur zurück[…] Wahrscheinlichkeit für Szenario vier: eher hoch  [….]

(SPON, 16.07.2025)

Mir fehlt gegenwärtig die Phantasie, um mir vorzustellen, wie die Kleiko aus dieser selbstgegrabenen extrem triefen Grube wieder herauskommen soll. Die Rechten, insbesondere Kuban, Bär und Söder, setzen auf die legendäre staatsbürgerliche Verantwortung der SPD. Sie möge zum Wohle der Koalition und der deutschen Regierungsfähigkeit, Frauke Brosius-Gersdorf zurückziehen. Es besteht in der Tat die Gefahr, sie selbst könnte diesen Schritt initiieren.

Aber damit brächte sich die SPD auch endgültig in Todesgefahr. Nicht nur verlöre sie jede Glaubwürdigkeit an ihrer Basis, sondern sie würde den Nazis das Plazet überreichen, künftig über die Regierungskoalition bestimmen zu können. Das kann man nicht nur, nichtmachen, sondern das scheinen auch die SPD-Parlamentarier erkannt zu haben, die sich vehement hinter ihre Kandidatin stellen und daran erinnern, daß sie im Richterwahlausschuss einstimmig zusammen mit der CDUCSU auserkoren wurde.

[…] Die Kampagne gegen Frauke Broius-Gersdorf ist maßlos. Sie selbst agiert klug. Die SPD sollte gegenüber der Union auf sie beharren. […] Frauke Brosius-Gersdorf, Kandidatin als Richterin am Bundesverfassungsgericht, hat angekündigt, unter bestimmten Umständen ihre Kandidatur zurückzuziehen. Angesichts der Schmutzkampagne, die seit einigen Wochen über sie hereingebrochen ist, ist das persönlich nachvollziehbar; auch zeugen ihre Argumente – Schaden vom höchsten deutschen Gericht abwenden und nicht zu einer Regierungskrise beitragen zu wollen – von großem Verantwortungsbewusstsein für die Demokratie. Es ist trotzdem das falsche Signal.

Die anerkannte Staatsrechtlerin ist weder dafür verantwortlich, dass das Gericht Schaden nehmen könnte, noch dafür, dass die Bundesregierung in einer Krise steckt. Das hat diese schon selbst verbockt, ganz besonders die Union. Zweitens wäre der Rückzug ein Sieg einer orchestrierten Kampagne, der eine Art Präzedenzfall schaffen könnte: Die Wahl einer Richterin mit einer liberalen Haltung zum Thema Abtreibung wäre künftig deutlich erschwert, wenn nicht unmöglich. Und drittens könnte die Union den gravierenden Fehler, den sie am vergangenen Freitag begangen hat, nicht aus der Welt schaffen. Da ist sie im Galopp in die Falle der rechtsradikalen Kulturkämpfer gerannt und hat die Mitte preisgegeben, in der die Koalition eigentlich stehen sollte. […]

(Sabine am Orde, 16.07.2025)

Ich sehe keine Lösung. Kuban, Söder, Spahn, Woelki, Gössl, Oster, Reichelt und die sonstigen Rechten Christen haben ihre braunen Zähne aber schon viel zu tief in die Beute geschlagen, um den Anstand noch gewinnen zu lassen. Die tanzen nach Trixis Storchenpfeife das Bundesverfassungsgericht in den Abgrund des Trumpismus!