Freitag, 31. Januar 2025

Franz von Merz auf Laschets Spuren.

Er hätte doch wirklich nur abwarten müssen. Wenn Linnemann seinen Chef im Wahlkampf, wie Biden 2020, einfach im Keller weggeschlossen hätte, wäre Merz locker am 23.02.2025 als zukünftiger Kanzler durchs Ziel gelaufen.

Bidens Auftritte sind immer gefährlich für seine Anhänger, weil er als Stotterer nie ganz sicher in seinen Formulierungskünsten war und er zudem mit 82 schon deutliche Anzeichen von Senilität zeigt.

Merz ist noch nicht senil und weist auch keine Sprachfehler auf. Sein Problem ist grundsätzlicher: Er ist ein bißchen doof und kann seinen Brausekopf nicht unter Kontrolle bringen.

Und so kam, was kommen musste: Das Briloner Dummerle polterte los, wie Armin Laschets Lachmuskeln bei der Flutkatastrophe in Erftstadt am 21.07.2021.

Völlig ohne Not, blies sich der 2025er Unions-Kanzlerkandidat voller Emphase auf und setzte an, zu einem dynamischen Kopfsprung direkt in Alice Weidels Mastdarm! Die Risiken und Nebenwirkungen konnte er, ob seiner unterkomplexen Denkfähigkeit, natürlich nicht richtig einschätzen und richtete schon am Mittwoch, dem Tag des zusammen mit den Nazis gewonnenen Entschließungsantrages einen gewaltigen Scherbenhaufen an. Aber das war nichts, das sich noch verschlimmern ließe. Nachdem Merz vorgestern schon die Juden aus seiner Partei vertrieb und für Entsetzen in allen christlichen Kirchen sorgte, legte er heute noch Volksverhetzung oben drauf.

[….] Merz begründet seine Gesetzesvorschläge mit „täglich stattfindenden Gruppenvergewaltigungen aus den Asylmilieu“. Das ist Desinformation auf höchstem AfD Niveau. Die AfDlerin Kaiser wurde wegen Volksverhetzung verurteilt, weil sie Afghanen pauschal als Gruppenvergewaltiger beschimpfte. Hintergrund: Marie-Thérèse Kaiser, AfD-Politikerin und Kreisvorsitzende in Rotenburg/Wümme, wurde wegen Volksverhetzung verurteilt. Anlass war ein Facebook-Post von 2021, in dem sie afghanische Ortskräfte der Bundeswehr pauschal mit Gruppenvergewaltigungen in Verbindung brachte.

Das Landgericht Verden bestätigte 2024 das Urteil des Amtsgerichts Rotenburg/Wümme und verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro. Das Gericht bewertete den Post als Hass schürend und menschenwürdeverletzend gegenüber einer klar abgrenzbaren Gruppe. [….]

(Jean Peters, 31.01.2025)

[….]  Es ist erschütternd, wie Friedrich Merz das Horrormärchen der angeblich "täglich stattfindenden Gruppenvergewaltigungen aus dem Kreis der Asylbewerber" im Bundestag verbreitet. Und es ist mindestens genauso erschütternd, dass ihm die CDU-Fraktion für diese Hetze zujubelt. Pfui Teufel! [….]

(Lorenz Meyer, 31.01.2025)

Auf seinem rechtsradikalen Kurs verrennt sich Friedrich Merz inzwischen so sehr, daß er wie pures AfD-Doping wirkt. Seit seiner Ankündigung, die 11%-AfD zu halbieren, schaffte er es bereits, die Nazis zu verdoppeln. Nach dieser Woche wird der CDU-Chef die AfD auf sehr deutlich über 20% pushen. Die interessante Frage aber ist, ob und wie sehr er damit der CDUCSU schadet. Merz selbst, begriffsstutzig wie immer, wird es nicht bemerken, weil er nur von rechten Claqueuren umgeben ist, aber er motiviert gleichzeitig natürlich auch die Abscheu und Empörung gegen ihn. Wenn Linke, Grüne und Sozis (wie ich) deprimiert und angewidert von Merz sind, kann ihm das völlig egal sein; weil wir ohnehin niemals das Kreuz bei der CDU gemacht hätten. Aber gibt es nicht auch ein paar dieser ominösen „Unentschlossenen“, notorisch Polit-Fernen, die möglicherweise CDUCSU gewählt hätten und nun ob der gewaltigen Empörungswelle gegen die Nazi-Freunde im Konrad-Adenauer-Haus, kalte Füße bekommen?

Sogar unter den fanatisierten gelbbraunschwarzen Bundestagsabgeordneten gab es heute mehr Gewissen, als vor zwei Tagen.

12 Abgeordnete der CDUCSU wollten nicht für Merzens AfD-Initiative stimmen. Die Linocchio-Bande brachte zwei Nein-Stimmen, fünf Enthaltungen und 16 Nein-Stimmen auf die Waage. Das Merz-Weidel-Gesetz scheiterte schon vor dem Bundesrat, in dem es ohnehin gestoppt worden wäre, deutlich mit 349:338. Merz kann es einfach nicht.

[….] Der erste Tabubruch hatte bereits am Mittwoch stattgefunden, als ein Antrag der Union mit den Stimmen der AfD beschlossen worden war. CDU-Chef Friedrich Merz hatte sein Versprechen gebrochen, Mehrheiten nur mit Parteien der demokratischen Mitte zu suchen. Er hat das als Gewissensentscheidung bezeichnet, eine ungewöhnliche Begründung.

Bis zuletzt versuchten SPD, Grüne und FDP am Freitag, eine Verabschiedung des Gesetzes zu verhindern. Sie forderten, es wieder an den Innenausschuss zu überweisen, um Zeit für Verhandlungen zu gewinnen. Doch Merz widersetzte sich, und das hat seine innere Logik. Er hatte angekündigt, in der Migrationsfrage keine Kompromisse einzugehen. Hätte er einen Rückzieher gemacht, dann wäre seine Glaubwürdigkeit vollends dahin gewesen. Die AfD hätte das als Beleg dafür verkaufen können, dass nur sie entschieden gegen Zuwanderung vorgeht.

Nach der Abstimmungsniederlage ist die Situation für ihn noch schlimmer. Merz hat höchstpersönlich einen tiefen Riss in die Brandmauer zur AfD gehauen, und er kann dafür noch nicht einmal etwas vorweisen. Seine Strategie ist gescheitert.  [….]

(SPON, 31.01.2025)

Selbst die Fans aller xenophoben Gesetzesverschärfungen, die sich nicht um Moral und internationale Vereinbarungen scheren, weil es ihnen nur darum geht, weniger Dunkelhäutige in Deutschland zu sehen, könnten aus der vergangenen Woche gelernt haben, wie unfähig Merz ist, auch nur symbolisch irgendetwas durchzusetzen und welchen Schaden er bereits anrichten kann, bevor er Macht hat. Wie gefährlich kann die Loose Cannon Merz erst als Kanzler werden?

Offensichtlich ist er intellektuell minderbemittelt, sonst würde er nicht, nach Lehrbuch, die Fehler der anderen großen europäischen christdemokratischen Parteien wiederholen, die sich schon, wie in Frankreich oder Italien, in Aus geschossen haben.

[….]  Und alle diese Konservativen haben den gleichen Fehler gemacht: Sie haben sich rhetorisch, insbesondere in der Migrationspolitik, nicht von den Rechtsextremisten abgegrenzt. Sie haben die Forderungen und Feindbilder der Rechtsextremen übernommen und damit legitimiert. Sie konnten aber nicht erklären: Was ist eigentlich konservativ, abgesehen von der gleichen populistischen Migrationspolitik, wie es die extremen Rechten haben? Denn die kann man ja in “strenger” auch von den Rechtsextremisten haben. Sie haben alle geglaubt, sie könnten die extremen Rechten schwächen, indem sie sie kopieren.

Es gibt also gleich mehrere europäische Länder, die Friedrich Merz zeigen sollten, wohin sein aktueller Kurs führt. Wir alle wissen ganz genau, wohin das führen wird. Die Wissenschaft warnt seit Jahren eindringlich davor, dass die Union den gleichen Weg gehen wird. Nur die Union will es stur trotzdem versuchen. Merz hatte einst angekündigt, die AfD zu halbieren. Mit dieser Politik wird er mittelfristig die Union halbieren.

Die Strategie von Merz sieht so aus: Merz wollte der AfD das Migrationsthema nach Aschaffenburg nicht überlassen. Die Logik geht so: Es wäre so oder so darüber diskutiert worden. Und es ist besser, wenn Merz das federführend tut als die Faschisten. Im Antrag der Union, der gestern mit den Stimmen der AfD beschlossen wurde, sieht man das Ausmaß der Zwickmühle, die das Migrationsthema für die Union hat. 

Denn: Die Union hat jetzt einen vom Bundestag beschlossenen Antrag an der Backe, den sie, wenn überhaupt, nur in einer Koalition mit der AfD durchsetzen kann, und selbst das ist zweifelhaft. Denn: Er verstößt gegen das Europarecht, ist reine Symbolpolitik und wäre nicht mal geeignet, die Migration nach Deutschland zu reduzieren, was sich ja so viele AfD- und CDU-Politiker wünschen. Das werden wir im Folgenden auch mit Quellen belegen.   [….]

(VVP, 30.01.2025)

Wenn man als prinzipiell den Christdemokraten zugeneigte Person schon nicht aus moralischen Gründen, wie Michel Friedman Oder Pfarrer Jörg Niesner aus Protest gegen Merz, sein CDU-Parteibuch abgibt, muss der Merzsche Weg in die strategische Sackgasse, alle Alarmglocken schrillen lassen. Seine Doofheit und Erkenntnis-Unfähigkeit macht fassungslos.

[…..] Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat indirekt die Politik der früheren Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert. "Wenn wir das damals besser gemacht hätten, wäre die AfD 2017 nicht in den Bundestag gekommen", sagte er in Dresden. Er wolle dafür sorgen, "dass die Politik auch meiner Partei" so weit korrigiert werde, dass die AfD "nicht mehr gebraucht" werde. [….]

(Augsburger Allgemeine, 30.01.25)

Der CDU-Chef will mit seiner CDU die AfD soweit kopieren, bis alle AfD-Fans die Kopie wählen! Völlig irre!

Auch wenn man, wie ich, wahrlich kein Kohl- oder Merkel-Fan war, muss man anerkennen, daß die beiden Rekordkanzler sich nie ohne Not in so eine selten beschissene Lage manövriert hätten. Und das im deutschen Bundestag unter prinzipiell koalitionsbereiten demokratischen Kollegen. Wie soll das denn erst werden, wenn es der Brilon-Fritze als Bundeskanzler womöglich einst mit wahrlich feindlichen Playern auf internationaler Ebene zu tun hat? Nicht auszudenken, in was für einem Desaster es geendet wäre, wenn der minderbemittelte Hitzkopp an Stelle von Helmut Schmidt mit der Schleyer/Landshut-Entführung hätte umgehen müssen!

[….] Selten hat ein einzelner Mann so viel Chaos gestiftet im Bundestag wie in dieser Woche Friedrich Merz. Ohne Not hat er das Parlament zum Schwur gezwungen und ohne Plan hat er seine eigene Partei in den moralischen Morast der gemeinsamen Mehrheit von Gnaden der Rechtsextremen geführt. Die Tat von Aschaffenburg hatte Merz noch richtig als Wendepunkt im Wahlkampf erkannt und darauf mit der Ankündigung reagiert, nach seiner Wahl zum Bundeskanzler die Grenzen für Asylsuchende faktisch zu schließen. Hätte er es dabei belassen, hätte Merz sich, seiner Partei und dem Land viel Unheil erspart. Sein spontaner Entschluss, SPD und Grüne mit zwei Anträgen und einem Gesetzentwurf unter Druck zu setzen, war ein verhängnisvoller Fehler. [….] Für Friedrich Merz endete das in einer doppelten Niederlage. Die Abgeordneten seiner Union und der FDP stimmten mit der AfD, aber sie erreichten keine Mehrheit. So hat die Brandmauer zu den Rechten  Schaden genommen, ohne dass Merz in der Sache irgendetwas erreicht hätte. Es ist gut, dass kein Gesetz mithilfe der AfD beschlossen wurde. Dennoch ist der  Wahlkampf an einem Tiefpunkt angelangt, der Wirkung zeigen wird bis lange nach dem 23. Februar. Die AfD darf sich freuen. [….]

(Daniel Brössler, 31.01.2025)

Liebe CDU-Freunde, wenn Ihr Eurer christdemokratischen Lieblingspartei einen Gefallen tun wollt, dann wählt am 23.02.2025 Links, Grün oder SPD, um wenigstens Merz schnell wieder in aus dem Parlament zu jagen. Er wird die CDU definitiv so kaputt machen, wie als Kanzler die deutsche Ökonomie. Der Mann stellt, ob seiner generellen Unfähigkeit und Uneinsichtigkeit, eine Gefahr für alles dar, das er anfasst.

Selbst nach dem heute auf ihn zugeströmten Desaster, findet er sich selbst unverändert einfach fabelhaft und bekundet im ARD-Brennpunkt, frei von Ironie, alles genau so noch einmal zu machen, wenn er denn könnte.

Aber wollen den Konservativen zuneigende Wähler wirklich einen kopflosen impulsgesteuerten Bundeskanzler, der sich immer wieder unversehens in Situationen wiederfindet, die er nicht antizipierte?

[…..] Statt um Merz’ restriktive Migrationspolitik, die sich immer weiter nach rechts verschiebt, beginnt der Mann nun auch noch die Brandmauer zur AfD einzureißen? Hat er wirklich einen Plan? Oder geschieht hier etwas, was niemand zu Ende gedacht hat? [….] In seiner Regierungserklärung unterstellt der Kanzler Letzteres. Merz habe „im Affekt“ den Konsens aller Demokrat*innen im Parlament aufgekündigt, das sei „ein unverzeihlicher Fehler“. Scholz’ Formulierung vom Handeln im Affekt verfängt [….], weil Merz den Ruf hat, seine Impulse nicht unter Kontrolle zu haben. So sind ihm schon zahlreiche Fehler passiert: der Vorwurf des „Sozialtourismus“ an Geflüchtete aus der Ukraine etwa, die Falschbehauptung, die eingesessene Bevölkerung würde keine Termine beim Zahnarzt bekommen, weil sich Asylsuchende die Zähne machen lassen, oder dass er die Abgeordnete Serap Güler am Rande des Plenums vor aller Augen zusammenstauchte. [….]

(Sabine am Orde, 31.01.2025)

Donnerstag, 30. Januar 2025

Merz im Scherbenhaufen

In der unterkomplexen Gedankenwelt des Fritze M. gab es drei Aspekte, die ihn gestern in die Arme der AfD trieben:

1.) Privat denkt er tatsächlich so misogyn und xenophob, wie die AfD-Nazis. Er verfügt über keinen menschlichen Anstand. Das zeigt schon seine Wortwahl.

[….] Falsch ist vor allem das, was Friedrich Merz inhaltlich fordert. Und falsch ist seine Sprache. Denn sein Vorschlag, die deutschen Grenzen dicht zu machen und Geflüchtete ohne Prüfung einfach zurückzuschicken, verletzt deutsches, europäisches und internationales Recht.

Es ist ein Grundgedanke des Flüchtlingsrechts, dass jeder, der an eine europäische Grenze kommt, ein Recht darauf hat, dass sein Fall zumindest geprüft wird. Geprüft, ob ein anderer Staat im Dublin-System zuständig ist. Geprüft, ob bei einer Zurückweisung eventuell Menschenrechtsverletzungen drohen. Das Asylrecht ist ein Recht für den Einzelfall. Der Einzelne, der vor Verhältnissen flieht, die ihn als Menschen gefährden. Dieser Einzelne hat Rechte.

Und es ist vor allem die Sprache von Friedrich Merz, die zeigt, dass seine Politik dieses Grundverständnis angreift. Die Geflüchteten werden hier statt zur Rechtsperson zur Masse, die abgewehrt werden muss - mit einem "Zustrombegrenzungsgesetz".

"Kompromisse" seien bei "diesen Themen nicht mehr möglich". Und überhaupt sei "das, was im Monat abgeschoben wird, in drei Tagen wieder da". "Das", was da abgeschoben wird, sagt Merz - und meint wohlgemerkt Menschen. Mit einer solchen kompromisslosen Sprache der Entmenschlichung hat auch die AfD angefangen. [….]

(Max Bauer, ARD, 30.01.2025)

2.) Merz hasst Scholz und Habeck persönlich, wie die Pest, weil er ihnen ihre Posten neidet. Posten, die sie seiner Ansicht nach, nicht verdienen. Die nur ER verdient.

3.) Merz glaubt; in diesem Fall leider zu Recht; die Mehrheit des Urnenpöbels auf seiner Seite zu haben, wenn er xenophobe Gesetze fordert, die zwar ohnehin nicht umsetzbar sind und keinerlei Effekt auf psychisch kranke Gewalttäter, wie den von Aschaffenburg hätten, die aber das wohlige Abwehrgefühl gegen alles Fremde bedienen.

Da der CDUCSU-Kanzlerkandidat bekanntermaßen ein bißchen blöde ist, war er natürlich nicht in der Lage, den toxischen Fallout seines Nazi-Kuschelkurses einzukalkulieren und gibt sich nun überrascht.

Er hat gar nicht verstanden, wie sehr er seine Koalitionsverhandlungsposition nach dem Wahltag schwächt. Daß er Olaf Scholz ein großes Wahlkampfthema auf dem Silbertablett präsentiert. Wie sehr seine Glaubwürdigkeit ramponiert ist.

In einer besseren Welt, würde sich der Souverän gruselnd abwenden. Die CDUCSU verlöre noch zehn Prozentpunkte bis zum Wahltag; SPD, Grüne und Linke legten je fünf Prozentunkte zu und es könnte endlich eine RRG-Reformregierung geben, die nicht von der hepatitisgelben Pest talibanisiert wird. Bei dem real existierenden Urnenpöbel, hoffe ich zwar auch auf ein bißchen demoskopische Bewegung, bin aber selbstverständlich äußerst pessimistisch.

Daher möchte ich Herrn Merz, stellvertretend für seine Partei, alle CDUCSU-Bundestagsabgeordneten (außer Antje Tillmann), die CSU, die FDP und das BSW ein paar Fragen stellen. Rhetorische Fragen natürlich. Denn die Antwort lautet in allen Fällen ohnehin „Nein“!

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, dem Zentralrat der Juden ein Messer in den Rücken zu rammen?

[…..] Empört zeigte sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. "Ich finde es enttäuschend, dass die demokratischen politischen Kräfte in unserem Land - auch in Zeiten des Wahlkampfs - nicht in der Lage waren, sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen und damit der AfD diese Bühne bereitet haben", sagte Schuster der Jüdischen Allgemeinen. [….]

(Tagesschau, 29.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, dem Zentralrat der Katholiken ein Messer in den Rücken zu rammen?

[….] Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, warf Merz vor, aus Wahlkampftaktik den Grundsatz der Menschenwürde zu verletzen. "Friedrich Merz verlässt wissentlich in der Frage des Asylrechts den Boden des Grundgesetzes", sagte sie der Augsburger Allgemeinen. [….]

(Tagesschau, 29.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, der evangelischen Kirche ein Messer in den Rücken zu rammen?

[….]  Die aktuellen Unions-Anträge zur Begrenzung von Migration stoßen bei der evangelischen Kirche auf starken Widerspruch. „Sie sind aus unserer Sicht nicht dazu geeignet, die Probleme zu lösen, weil sie einen deutschen Alleingang darstellen“, sagte die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs im Gespräch mit dem „Focus“ (Freitagsausgabe). „Wir können die Probleme aber nur gemeinsam in der EU lösen.“ [….]

(dts, 29.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, evangelische Geistliche aus Ihrer Partei zu treiben?

[….] Pfarrer Jörg Niesner hatte bereits Mittwochabend mit einem Video auf dem Social Media Kanal Instagram auf die Geschehnisse am Mittwoch im Bundestag reagiert und seinen Austritt aus der CDU am Mittwoch erklärt: "Ich bin raus nach 25 Jahren. Ich verdanke der Partei viel, aber das was ihr heute abgezogen habt, macht es mir unmöglich zu bleiben. Ausdrücklich würdige ich alle Kräfte der Mitte, die mit teilweise extrem viel Engagement Politik vor Ort machen. Für mich ist der Weg mit der Union aber nun leider endgültig zu Ende." Jörg Niesner ist Pfarrer in Laubach und unterwegs auf Instagram und tellonym.me. Dort nimmt er sich als @wasistdermensch Zeit für die Lebens- und Sinnfragen, aber auch politische Fragen werden von ihm angegangen. Dass sich Kirche in Politik einmischen sollte, dieser Meinung ist auch Bischöfin Christiane Tietz. In einem Interview mit hessenschau.de hatte die neue Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) bereits am Montag gesagt: "Das Evangelium, also die Überzeugung, dass für Gott alle Menschen gleich wertvoll sind, hat politische Auswirkungen.

Man könne nicht ausblenden, was das für Auswirkungen auf den Umgang miteinander hat. Insofern müsse Kirche politisch sein. Dieser Ansicht schließt sich auch Christian Spangenberg vom evangelischen Magazin indeon.de an, der in einem Kommentar die CDU auffordert, das "C" zu streichen.   [….]

(epd, 30.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, deutschen Juden Angst zu machen und Michel Friedman aus Ihrer Partei zu treiben?

[….] Nach der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im Bundestag verlässt Michel Friedman die CDU. Der Publizist jüdischen Glaubens sprach von einer "katastrophalen Zäsur" und einem "unentschuldbaren Machtspiel".

Es ist erst gute drei Monate her, da rechnete ein zorniger Michel Friedman im Landtag mit den anwesenden AfD-Abgeordneten ab. "Geistige Brandstifter" nannte er sie. Zu bestimmen, wer ein Mensch, wer Deutscher sei – das maßten sie sich als "billige Imitationen" jener Nazi-Herrenmenschen an, vor denen der Unternehmer Oskar Schindler einst 1.200 Juden gerettet habe.

Nun geht der Frankfurter Publizist jüdischen Glaubens mit einer Partei ins Gericht, deren Abgeordnete ihm damals mit anderen im Stehen applaudierten. Es ist seine eigene, die CDU. Oder besser: Es war sie. Der 69-Jährige ist am Donnerstag aus der Union ausgetreten, wie er dem hr sagte. [….] Grund ist, dass die CDU/CSU-Fraktion in Berlin mit Hilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfungen des Asylrechts durchgebracht hat. Friedman nennt das "eine katastrophale Zäsur für die Demokratie der Bundesrepublik" und ein "unentschuldbares Machtspiel".[….] Friedman wörtlich: "Die Naivität derjenigen, die bei der CDU uns erklären wollen, dass das alles ja nicht gewollt war, dass man deren Stimmen gar nicht haben wollte, ist so unterkomplex, dass man da gar nicht mehr hinhören kann." [….] 

Tagesschau, 30.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, als neuer Franz von Papen zu gelten und Myriaden Menschen entsetzt und abgestoßen von Ihnen vor den CDU-Gebäuden demonstrieren zu sehen?

[….] Zehntausende Menschen haben bundesweit gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD sowie gegen einen Rechtsruck protestiert. In Berlin versammelten sich am Abend mehrere Tausend Menschen vor der CDU-Parteizentrale. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf etwa 6000. In München demonstrierten demnach etwa 7000 Menschen vor der CSU-Parteizentrale. [….] In Düsseldorf nahmen laut Polizei rund 2500 Menschen an einer Protestaktion teil. In Münster demonstrierten nach Polizeiangaben rund 2800 Menschen. Auch in Köln, Dortmund, Duisburg und Essen sollten am Donnerstag und in den nächsten Tagen Demonstrationen stattfinden, die sich gegen die AfD und eine Zusammenarbeit der CDU mit ihr richten.

In Hannover versammelten sich nach Polizeiangaben rund 7000 Menschen. Auf der Kundgebung sprachen auch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne).

In Freiburg gingen ebenfalls mehrere Tausend Menschen auf die Straße. Die Polizei ging in einer ersten Schätzung von bis zu 11 000 Demonstrantinnen und Demonstranten aus. Unter dem Motto „Brandmauer verteidigen“ versammelten sie sich am Platz der Alten Synagoge in der Altstadt.  [….]

(SZ, 30.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, ausgerechnet am Tag der Bundestagsgedenkveranstaltung 80 Jahre Befreiung des KZ Auschwitz, im ehemaligen Reichstag wieder die Nazis zu ermächtigen?


Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, daß Holocaustüberlebende so entsetzt von Ihnen sind, daß sie ihre Bundesverdienstkreuze zurück geben?

[…..] Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg will sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben. Grund ist die gestrige Zustimmung des Bundestags zu einem Fünf-Punkte-Plan der Union für eine Verschärfung der Migrationspolitik. Ein entsprechender Antrag fand unter anderem mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit.

Weinberg zeigte sich schockiert über das gestrige Ergebnis. Es sei eine spontane Entscheidung gewesen, das Bundesverdienstkreuz zurückzugeben, das eine hohe Ehre für ihn sei. "Es ist zu schwer geworden, es zu tragen, wenn man solche Nachrichten hat. Furchtbar", sagte der 99-Jährige der Nachrichtenagentur dpa.

Auch der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano, der sich wie Weinberg für ein NS-Gedenken engagiert, möchte es ihm gleichtun. Er werde die ihm 2021 verliehene Ehrung zusammen mit Weinberg bald an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurückgeben.   […..]

(Tagesschau, 30.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, daß die die Nazis im Bundestag nicht nur buchstäblich ermächtigen, sondern zu Jubelstürmen veranlassen?


Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, mit Ihrer Hetze, nach dem Vorbild der AfD das Land zu spalten und die Menschen gegeneinander aufzubringen?

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, von rechtsradikalen und antisemitischen Autokraten und Putin-Fans, wie Viktor Orbán „im Club“ willkommen geheißen zu werden?

[….] Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat sich süffisant zu dem mit AfD-Hilfe im Bundestag beschlossenen Migrationsantrag der CDU geäußert. „Guten Morgen, Deutschland“, schrieb der Rechtspopulist in deutscher Sprache auf X. In Englisch fügte er hinzu: „Welcome to the club!“ (Willkommen im Club!)

Orban betreibt seit 2015 eine Abschottungspolitik gegenüber Geflüchteten und Migranten. Die Errichtung eines Grenzzauns zu Serbien sowie Abschiebungen direkt an der Grenze ohne Prüfung von Asylgründen hatten ihm viel Kritik eingebracht. Auf Verschärfungen der Asyl- und Migrationspolitik in westlichen Ländern wie Deutschland reagiert er mit Genugtuung.   [….]

(FR, 30.01.2025)

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, selbst die extrem politabstinente Angela Merkel gegen sich in Stellung zu bringen?

Herr Merz, schämen Sie sich eigentlich gar nicht, hunderte Intellektuelle und Kulturschaffende, in Rage zu versetzen?

[….] Offener Brief an Friedrich Merz, die Abgeordneten von Union, FDP und BSW: “Zum Fall der Brandmauer - gegen jede Zusammenarbeit mit der AfD”

Am vergangenen Wochenende sind wieder Hunderttausende auf den Straßen zusammengekommen, um für ein wahrhaftes und politisch gelebtes “Nie wieder ist jetzt!” einzustehen und gegen die AfD und jegliche Zusammenarbeit mit ihr zu demonstrieren. Umso entsetzter sind wir über eine Zäsur in der deutschen Geschichte:

Denn die Union, gefolgt von FDP und BSW, droht, die ohnehin bröckelnde Brandmauer gänzlich einzureißen, indem sie für ihre Pläne zur Sicherheits- und Migrationspolitik die Zustimmung der AfD und eine faktische Zusammenarbeit mit dieser in weiten Teilen rechtsextremen Partei in Kauf nimmt.   Dieser Pakt mit der AfD bedeutet einen historischen Tabubruch. Menschen Asyl zu gewähren, ist ein in der Verfassung verankertes Grundrecht und darin auch eine der zentralen Lehren aus den Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Union ist bereit, diese Rechte mit den ideologischen Erben der Täter zu beschließen und mit dem historischen Konsens des “Nie wieder” zu brechen. In der Woche des Holocaustgedenktages.

Sie, die Adressaten dieses Briefes von Union, FDP und BSW, Sie alle haben so oft gesagt: “Nie wieder ist jetzt!” So oft haben Sie gesagt: “Die Brandmauer steht.” Doch nein, Sie sind es nicht, die sie stützen, Sie destabilisieren Sie auf dramatische Weise und wir stellen fest: Wir, die Zivilgesellschaft dieses Landes, müssen nun diese Brandmauer sein und Sie an Ihre Versprechen erinnern. Sie drohen, Grundrechte mithilfe von Rechtsextremen auszuhöhlen und verhelfen der AfD so zu Einfluss und Macht - sogar auf gesetzgeberischer Ebene, sollte auch am Freitag bei der nächsten Abstimmung gemeinsame Sache mit ihr gemacht werden.

Wir, die Unterzeichnenden dieses offenen Briefes aus Kunst, Kultur, Medien und öffentlichem Leben, fordern die Abgeordneten von Union, FDP und BSW auf, von ihren verfassungswidrigen Plänen und jeglicher Art der gemeinsamen Sache mit der AfD umgehend Abstand zu nehmen. Stimmen Sie gegen den Entwurf oder bleiben Sie der Abstimmung fern.  Wir verurteilen zudem die Form der Spaltung und Hetze, die durch den aktuellen rassistischen, antisemitischen, diversitäts- und klimafeindlichen Diskurs geschürt wird und einem Abdriften der Gesellschaft ins rechte Spektrum zuspielt. Geschichte wiederholt sich und wir schauen dieses Mal nicht weg.  [….]

(Vogue, 30.01.2025)

Mittwoch, 29. Januar 2025

Gibt es noch Demokraten in CDU und FDP?

Eine Sache kann man mir wirklich nicht vorwerfen: Optimismus! Schon vor Jahren habe ich jede Form der Hoffnung auf die Zukunft begraben. Meine antinatalistische Weltsicht vertrete ich offensiv und weine dem Homo Sapiens keine Träne nach, wenn er von dieser Affenkugel verschwindet. Aber ich wundere mich gelegentlich über mich selbst. Daß ich mich immer noch wundern kann, wenn eine durchaus antizipierte Katastrophe schneller und schlimmer eintritt.

Fritze Merz ist dafür ein gutes Beispiel. Den Mann verachte und verabscheue ich seit Jahrzehnten; beblogge ihn seit seines Wiedereintritts in den Parlaments-Orbit gnadenlos.

 An seiner ökonomischen Inkompetenz, Ehrlosigkeit, Unehrlichkeit und rechtsradikalen Gesinnung bestand für mich nie der Hauch eines Zweifels.

Natürlich würde er letztlich mit den AfD-Nazis ins Bett gehen. Aber selbst ich empfand seine vehementen Distanzierungen als zu drastisch, um schon 2025 den Höcke-Bottom zu geben.

(….) Ich gehe mit dem polnischen Journalisten Jan Opielka d’Accord, der im letzten „Internationalen Frühschoppen“ mutmaßte, Bundeskanzler Merz werde die Brandmauer zur AfD nach dem 23.02.2025 noch einmal aufrecht erhalten. Aber sie werde bei der nächsten Bundestagswahl fallen.

Im Gegensatz zu Opielka, halte ich es aber für keineswegs sicher, daß die übernächste Bundestagswahl erst 2029 stattfinden wird. CDUCSUFDP haben sich so extrem radikalisiert, sich so weit nach rechts bewegt und so fern der ökonomischen Realität positioniert, daß vernünftig arbeitende Koalitionen mit SPD oder Grünen nicht möglich sind. Sie werden zusätzlich durch die extreme Unbeherrschtheit des Fritze Merz massiv belastet. Der Mann hat sich nicht im Griff, muss stets seine eigene Eitelkeit streicheln und wird hinter den Kulissen von kontinuierlichen Wutanfällen geplagt. (…)

(Von rechts aufgerollt, 11.01.2025)

Natürlich, es ist seit jeher sein Signaturemove, sich selbst korrigieren zu müssen und am Folgetag das kassieren zu müssen, das er heute sagt. 

Aber nur gute zwei Wochen, nachdem ich eine AfD-CDU-Koalition für 2025 noch verwarf, muss ich diese Ansicht revidieren. Merz könnte wesentlich schneller mit der AfD im Koalitionsbettchen landen. Der historische Tabubruch von heute beweist zweierlei: Erstens ist Friedrich Merz bereit, fast auf den Tag genau 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz den Nazis wieder Macht zu geben. Zweitens gibt es dagegen in CDU, CSU und FDP keinen Widerstand, auch wenn Verfassung und EU-Recht gebrochen wird. Auch wenn damit schwerer ökonomischer Schaden angerichtet wird.

[….] Wahrlich ein historischer #Dammbruch! Friedrich Merz hat sich heute an dem vergangen, was seit Gründung der Bundesrepublik #Deutschland unausgesprochen „Common Sense“ war: Demokrat:innen machen es nicht mit Rechtsextremen! Niemals! Nicht im Land der Täter! - Das ist seit heute anders. Besonders bizarr ist das, weil wir dieser Tage einmal mehr an die Befreiung des KZ #Auschwitz gedenken.

Merz ist „all in“ gegangen, wie er sagte, als sei die politische #Kultur in diesem Land ein #Zocker-Paradies. Er hat wissentlich den politischen Diskurs vergiftet, auch wenn er nach der #Abstimmung winselnd ans Rednerpult tritt und beteuert, er habe ja eine Mehrheit in der Mitte gesucht. - Für wie bescheuert hält uns dieser Typ eigentlich?

Auch wenn die Abstimmung erst mal keine rechtlichen Folgen haben wird, zeigt sie doch, wie #skrupellos #Merz vorgeht und wie sehr er auf den #Gemeinsinn in Deutschland pfeift. Die A*D jubelte im #Bundestag, lag sich in den Armen, als das Ergebnis verlesen wurde. Sie kann jetzt vor Kraft kaum gehen - dieses Geschenk hat Merz ihnen gemacht. Wenn jetzt nicht dem letzten Idio… klar geworden ist, dass Merz mit seinem #Kurs die in großen Teilen rechtsextreme A*D salonfähig macht, dann zweifele ich echt an der allgemeinen Wahrnehmung.

Dieses Land ist seit heute ein anderes. Die Union paketiert mit den Rechtsextremen, wenn es ihr passt. Ein „Nie wieder ist jetzt“ tritt ausgerechnet jene Partei mit Füßen, die sich einst das „Christlich“ in den Parteinamen geschrieben hat. Welch #Donnerschlag für alle, die Migrant:innen in diesem Land sind. Und Minderheiten angehören, die die A*D auf dem Kieker hat. Denn nun steigt die Gefahr deutlich, dass sie zum Opfer von #Gewalt werden, weil die Rechte einmal mehr Auftrieb erfährt. - Und es wird ja nicht bei diesem einen Mal der gemeinsamen Abstimmung bleiben. Ich bin geschockt.  [….]

(Marc Raschke, 29.01.2025)

[…..] Unions-Kanzlerkandidat Merz übernimmt ein zentrales Narrativ der AfD und will nun Abschiebungen vorantreiben. Er tut es aus freien Stücken. […..] Indem Merz das zentrale Narrativ der AfD übernahm, dass Migration zu Verbrechen führt, und indem Merz EU-Recht, das ihm nicht passt, nicht mehr anwenden will, machte er das völkische und nationalistische Denken der AfD erst richtig hoffähig.

Manche sagen, Merz konnte nicht anders; die AfD habe ihn vor sich her getrieben. Sie konstruieren Merz als Opfer und fordern erst recht ein Verbot der AfD. Doch Merz ist kein Opfer. Es war seine eigene Entscheidung, nach den Morden von Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg die Beschränkung von Migration zum zentralen Gegenmittel zu erklären, inklusive Zurückweisung aller Asylsuchenden.  Politiker mit Anstand, die rechtsextremistisches Denken bekämpfen wollen, verhalten sich so nicht. Die meisten Flüchtlinge und Migrant:innen sind friedliche Leute. Auch abscheuliche Verbrechen Einzelner dürfen nie dazu missbraucht werden, Migration generell als gefährlich darzustellen. Zu Recht aber fordert niemand ein Verbot der CDU/CSU.  [….]

(Christian Rath, 29.01.2025)

In den Fraktionen der CDUCSU und FDP gab es so gut wie gar keinen Widerstand gegen die Ermächtigung der AfD, um mit den Nazis gemeinsam das Recht zu brechen und zutiefst menschenfeindliche Politik anzustoßen.

[….] Die Rechtsextremen haben heute mehr Macht bekommen. Friedrich Merz hat sie ihnen gegeben. Heute ist so viel kaputtgegangen, dass man durchdrehen will. Dürfen wir aber nicht.

In dem Video will ich erklären, was genau passiert ist und wo genau das Problem liegt. Es ist eben mehr, als dass CDU, FDP, BSW und AfD gemeinsam im Bundestag Beschlüsse fassen. Leider unterschätzen noch viele, was das bedeutet.

Überall auf der Welt und in Europa kommen rechtspopulistische und rechtsextreme Regierungen an die Macht. Oft mit der Hilfe konservativer Parteien. Warum sollten wir in Deutschland davor immun sein? Was heute passiert ist, war ein Schritt in genau diese Richtung. Und die Richtung ist abwärts: Es gibt keine rechtsextreme Regierung, die jemals etwas besser fürs eigene Land gemacht hat.

Was mir wichtig ist: Gerade weil so gefährlich ist, was da passiert, ist umso wichtiger, dass wir dem widerstehen und das stoppen. Auch wenn es heute noch schwerer geworden ist. Aber es hilft nichts. Wenn wir es nicht tun, tut es niemand sonst.

Und sind wir konkret: Friedrich Merz darf nicht Kanzler werden. Keine Stimme für ihn. Und keine Stimme für CDU, FDP und BSW. Sie werden auch zukünftig mit der AfD abstimmen. Das müssen alle wissen. [….]

(Robin Mesarosch, 29.01.2025)

Die politische Landschaft Deutschlands ist damit trumpisiert: Drastische Lügen des konservativen Spitzenkandidaten werden nicht mehr sanktioniert, sondern gefeiert.

[….] Dieser Clip [Audio-Clip von Merz] zeigt so offensichtlich, wie wohl kaum ein anderes Video, das ich je von der CDU gesehen habe, wie 1. wenig die CDU die Menschen in diesem Land ernstnimmt und 2. wie unterkomplex sie das Thema innere Sicherheit versteht. Da wird wiederum klar, warum die Partei drängende Probleme weder in 16 Jahren gelöst hat noch wohl in Zukunft lösen kann. Ausgehend davon, dass sie das ernst meint, was Friedrich Merz hier sagt.

1. Die Kriminalität steigt nicht.

2. Die Ursachen für Kriminalität in einer Gesellschaft liegen in sozialen Umständen, Armut, Ungleichheit, Polarisierung. Nicht an einer schlechten Ausstattung der Polizei.

3. Das Letzte, das Frauen sicherer macht - Gewalt gegen Frauen geht in erster Linie von Partnern und Ex-Partnern aus und geschieht im eigenen Heim - ist eine „vernünftig ausgestattete“ Polizei. Es gibt zig Studien und Bücher, die sich mit dem komplexen Thema Gewalt gegen Frauen auseinandersetzen, um zu verstehen, was politisch unternommen werden kann und wie Lösungen aussehen können. Eine bessere Ausstattung der Polizei gehört nicht dazu.

Wie gering muss eine Partei die Menschen im eigenen Land schätzen, um zu glauben, sie derart offensichtlich manipulieren zu können. [….]

(Gilda Sahebi, 29.01.2025)

Es sind eben nicht nur sinistere finstere Führungskreise, wie die Vier Reiter der Faschokalypse des Konrad-Adenauer-Hauses (Merz, Linnemann, Klöckner, Spahn), sondern es ist die gesamte Partei, die Anstand, Wahrheit und Recht hinter sich gelassen hat. Heiner Geißer ist tot, Polenz ausgegrenzt. Sogar die Brücken zum Christentum reißt die C-DU ein und zeigt den dringlichen Warnungen der katholischen und evangelischen Kirche den Mittelfinger.

Zu 99% sehe ich schwarz, und zwar dunkelschwarz für die nächste Bundesregierung.

Aber ganz gegen meine Natur, will ich mich dem letzten einen Prozent Hoffnung zuwenden. Könnte es sein, daß Merz einfach überzogen hat? Die Anständigen mögen aus der Parteiführung der Schwarzgelben verbannt sein, sie mögen nicht mehr für CDUCSUFDP in den Parlamenten sitzen. Aber gibt es vielleicht unter den Wählern doch noch ein paar Prozent, denen es quer im Magen liegt, wenn Merz so dreist lügt und seine eigenen Lehrsätze einreißt? Gib es noch dieses My an Christen, die sich von katholischer Sozial-Ethik und Nächstenliebe, statt Merz/Söderschem Hass und Verachtung für Menschen leiten lassen?

[…..] Ungewöhnlich scharf war dieser Brief formuliert, der am Dienstag allen Abgeordneten des Bundestages zuging. Absender des Schreibens, bestehend aus einem Anschreiben und einer juristischen Stellungnahme, waren die offiziellen Vertreter von evangelischer und katholischer Kirche bei der Bundesrepublik Deutschland, Prälatin Anne Gidion und Prälat Karl Jüsten, und es richtete sich gegen die Migrationspolitik jener Parteien, die das C im Namen führen.  Die CDU/CSU bringe ihren Gesetzentwurf zur Begrenzung der Migration „im Zuge einer aufgeheizten öffentlichen Debatte“ nach den tödlichen Anschlägen von Aschaffenburg und Magdeburg ein, schreiben die Kirchenvertreter und entlarven den Populismus, der in Friedrich Merz’ Vorschlägen steckt: „Die beiden großen Kirchen weisen hiermit darauf hin, dass die nun vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nach aktuellem Wissensstand keinen der Anschläge verhindert hätten.“ Die Attentate seien offensichtlich von psychisch kranken Personen begangen worden, es gebe ein Defizit beim Informationsaustausch von Behörden und einen Mangel an adäquater Versorgung psychisch Kranker. […..] Die nun geführte Debatte sei dazu geeignet, „alle in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren, Vorurteile zu schüren und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der tatsächlich bestehenden Fragen bei“. […..] Unionsfraktionsvize Steffen Bilger reagierte auf X mit achselzuckender Kälte auf das Kirchenschreiben: „Überrascht nicht, interessiert nicht“, schrieb er. Wenn sich die Union da nicht verrechnet. Immer noch wird in christlichen Milieus – katholischen wie evangelischen – überdurchschnittlich oft die CDU/CSU gewählt. Die Union läuft mit ihrem schrillen Kurs Gefahr, christlich-wertkonservative Wähler zu verlieren. Pater Stefan Kiechle, langjähriger Leiter der deutschen Jesuitenprovinz, schreibt auf Katholisch.de, für Christen werde es immer schwerer, die Union zu wählen. „Wann kommt aus dem Inneren der CDU der Aufschrei gegen diese Entwicklung?“, fragt er. „Oder ist die christliche Substanz in der CDU aufgebraucht?“ […..]

(Annette Zoch, 29.01.2025)

Könnte es, wie Albrecht von Lucke sagt, ein schwerer strategischer Fehler sein, der Merz da heute unterlaufen ist? Hat er nicht eine massive Eselei begangen, indem er wenige Wochen vor der Wahl die beiden demokratischen Koalitions-Optionen (schwarz-rot und schwarz-grün) fast unmöglich machte? Ekelt es nicht doch auch jenseits von Linken, Grünen und SPD ein paar Wähler an, was BSW, AfD, FDP, CDU und CSU heute im Bundestag ablieferten?

[…..] Vor allem die verstörende Gleichzeitigkeit macht sprachlos. Um 12 Uhr gedachte der Bundestag der Opfer des Holocausts anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz. Und um 14 Uhr dann begann der CDU-Chef Friedrich Merz mit der Demontage der Brandmauer. Er beharrte darauf, auch Stimmen der extremen Rechten für seine populistischen Migrationsanträge und rechtlich fragwürdige Gesetzesvorhaben zur Abschottung in Kauf zu nehmen und wiederholte: „Eine richtige Entscheidung wird nicht dadurch falsch, dass die Falschen zustimmen.“

Nur ist die Entscheidung erstens falsch und zweitens ist es keine Frage politischer Details, sondern eine grundsätzliche Frage unseres demokratischen Systems, ob man seine Mehrheiten mit einer extrem rechten Partei organisiert. Merz greift mit seinem impulsiven Handeln und seiner Zockerei um Bundestagsmehrheiten frontal den demokratischen Konsens der Bundesrepublik nach 1945 an – während die Union gleichzeitig „Nie wieder“ auf Twitter postet. Es ist eine Schande.

Ein Gewinner des Merz-Manövers jedenfalls steht fest: Die autoritär-nationalradikale AfD. Die kann ihr Glück momentan kaum fassen. Ihr bester Wahlkämpfer heißt: Friedrich Merz. Ohne Not hat der Unions-Chef seine Versprechen gebrochen, auf „Zufallsmehrheiten“ mit der AfD zu verzichten. Dieser für Deutschland nach 1945 beispiellose Tabubruch war ganz allein die politische Entscheidung der Union – Merz hohe Stirn wird so zur Abrissbirne der Demokratie. Österreich lässt grüßen. […..]

(Gareth Joswig, 29.01.2025)

Selbstverständlich wird die AfD heute auf Fritze Merz anstoßen, ihm ewig dankbar für die Wahlkampfhilfe sein und auch an der Wahlurne profitieren.

Aber nützt es auch der CDUCSUFDP, pure unseriöse AfD-Politik zu machen? Oder werden sie als billige Kopien abgestraft? Zumal Merz hier lauter Dinge verspricht, die in der Praxis ohnehin nicht umsetzbar sind.

[….] Während Merz also vorerst nicht mehr Sicherheit für die Deutschen schafft, könnte ihn sein Vorstoß auch nach der Wahl noch einholen. Zum einen beschädigt der bittere Brandmauer-Streit schon jetzt das Verhältnis der Union zur SPD, also zu ihrem mutmaßlichen Koalitionspartner in der nächsten Regierung. Auch längerfristig könnte Merz’ Glaubwürdigkeit leiden, weil er mit seinen sehr entschlossenen Aussagen eine Erwartung weckt, die er leicht enttäuschen könnte.  [….]

(Nicolas Richter, 29.01.2025)

Dienstag, 28. Januar 2025

Welche Typen spenden bitte sehr für die AfD?

Als ich vor zehn Tagen erstmals dieses Jahr zum Online-Banking aufraffte, um all die Rechnungen zu bezahlen, die sich hier aus unerfindlichen Gründen immer ansammeln, stellte ich fest, daß mein Datumsstempel; genauer gesagt, der „Trodat Printy-Dater, 4817, Datumstempel, mit 12 Lagertexten“ alle war. Der ging nur bis 2024 und als potentiell vergesslicher Geront, stempele ich ganz altmodisch ab, wann ich irgendwas erledigt/überwiesen/erhalten habe.

Nun ist das kein teures Produkt und Stempelkissenfarbe habe ich auch noch reichlich. Blöderweise ging aber nicht nur STAPLES/OfficeCentre GmbH pleite, sondern auch alle anderen Schreibwarengeschäfte in meiner Nähe. Unverständlicherweise. Müssten die Kleinen vor Ort nicht profitieren, nachdem im Mai 2022 rund 50 riesige Staples-Büromärkte aus Deutschland verschwanden?

Normalerweise versuche ich Online-Handel zu vermeiden und stattdessen inhabergeführte Geschäfte vor Ort zu unterstützen. Da aber keins da ist und ich auch keine Weltreisen mit dem Auto unternehmen wollte, habe ich doch eine Internetbestellung aufgegeben. Natürlich bestelle ich niemals beim Trump-Arschkriecher Jeff Bezos, oder gar den GOP-Spendern von EBay und versuche überhaupt die Riesenkonzerne zu vermeiden.

Also googelte ich nach kleineren Versendern in Deutschland. Aber nicht so klein, daß es womöglich nur ein Fakeshop ist, bei dem man im Voraus bezahlt und nie die Ware bekommt. Ich fand einen Büroartikelversand und wie das so ist, bestellt man dann auch noch etwas Tand, den man nicht wirklich dringend braucht, aber doch gern seine Vorräte aufstockt. Der IKEA-Krimskrams-Effekt.

Es kam natürlich die übliche Email-Flut mit Ankündigungen, Status-Updates und kleinen Problemen – DHL wollte nicht an die Packstation liefern.


Aber statt des avisierten Liefertermins am 31.01., bekam ich die Ware schon eine Woche vorher und zwar nach Hause; in meinem Briefkasten.

Sehr schön, dachte ich. Dann habe ich ja eine Alternative zu meinen geliebten Schreibwarenläden und kann derlei Krimskrams zukünftig bei Böttcher bestellen.

Genau einen Tag nachdem ich den Stempel und die Pentel-Filzstifte in Betrieb genommen hatte, las ich von der ominösen 990.000-Euro Spende an die AfD. Die braune Pest wird nun mit Millionen überschüttet.

[….] Extreme Rechte[….] Drei Tage nach dem Erhalt von 1,5 Millionen Euro meldet die AfD eine weitere Großspende: Als Absender der 999.900 Euro gibt die Partei einen Mann aus Thüringen an, den nicht einmal der Schatzmeister kennt. [….] Als Spender gab die AfD einen Mann namens Horst Jan Winter an, dazu dessen angebliche Adresse im thüringischen Blankenhain, einer 6600-Einwohner-Stadt im Landkreis Weimarer Land.  Der vermögende Spender trat offenbar bislang kaum öffentlich in Erscheinung. An der Adresse in Blankenhain befindet sich ein unscheinbares, zweigeschossiges Mehrfamilienhaus [….]

(SPON, 25.01.2025)

Es brauchte nur 48 Stunden, bis der SPIEGEL herausfand von wem die knappe Million stammt.

[….] 999.990 Euro sind es, die am 23. Januar auf einem Konto der »Alternative für Deutschland« eingingen. SPIEGEL-Recherchen zeigten am Wochenende , dass es sich bei dem großzügigen Spender um einen Geschäftsmann aus Jena handelt. Laut einem Handelsregisterauszug aus dem Jahr 2023 sitzt er im Aufsichtsrat der Böttcher AG – einem mittelständischen Versandhändler, der bundesweit bekannt ist. [….]  

Nach SPIEGEL-Recherchen ist der Großspender offenbar nicht allein mit seinen Ansichten. Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Udo Böttcher, zeigt zumindest in sozialen Netzwerken eine inhaltliche Nähe zur AfD. Neben Bildern von luxuriösen Reisen, Freizeitaktivitäten und Luxusjets postete er im November 2024 unter anderem das Video eines rechtsextremen Liedermachers. An anderer Stelle nannte er AfD-Chefin Alice Weidel »meine Kanzlerin« oder riet, am besten keine etablierten deutschen Medien zu lesen. Den rechtsextremen FPÖ-Chef Herbert Kickl lobte er. [….]

(SPON, 27.01.2025)

Offensichtlich habe ich gerade – indirekt – an die AfD gespendet.

Aber wenigstens weiß ich, wo ich nie wieder einen Datumsstempel bestellte.

Montag, 27. Januar 2025

Merz, der Mangel-Mann

Merz kann große Reden halten, energisch wirken, geschickt mit rechten und rechtsradikalen Triggerbegriffen eine vorwiegend männliche, reiche, weiße, konservative Zuhörerschaft in den Bann ziehen. Damit brachte er es weit und wurde sehr reich.

Aber der CDUCSU-Fraktionschef, CDU-Vorsitzende und CDUCSU-Kanzlerkandidat leidet er aber an ein paar Leerstellen. Er hat sein Temperament nicht im Griff, versteht nicht viel von Politik, ist volkswirtschaftlich weitgehend ahnungslos und generell ein bißchen blöd. Er blieb sitzen, schaffte nur gerade eben so das Abitur, so daß er sich im Jahr 2000 als CDUCSU-Fraktionsvorsitzender eine wilde Jugend als Ausrede erfinden musste.

[….] Merz: Ich habe relativ früh Probleme mit meinen Eltern bekommen, ich hatte schulterlange Haare, bin mit dem Motorrad durch die Stadt gerast, mein Stammplatz mit zwei Freunden war die Pommesbude auf dem Marktplatz bei uns um die Ecke, ich habe angefangen zu rauchen und Bier zu trinken.

Tagesspiegel: Mit 13?

Merz: Mit 14, ja. Zu Hause war das streng verboten. Und wie das so ist, was am strengsten verboten ist, fängt man als erstes an. Also haben wir Kinder alle geraucht. Meinem Bruder habe ich es auch früh beigebracht, er hat allerdings schwer gewürgt, weil ich ihm gleich einen Zigarillo verpasst habe.

Tagesspiegel: Ihnen hat die erste Zigarette geschmeckt...

Merz: Oh ja, "Milde Sorte"! Da war ein Kiosk neben der Schule, dort habe ich mir für eine Mark mein erstes Päckchen gekauft und die Verkäuferin - damals waren die Auflagen nicht so streng - hat nur gesagt, ich solle mir die Hose zubinden. Aber das war nicht nötig.

Tagesspiegel: Sapperlott, Sie waren ja ein richtiger junger Wilder...

Merz: Es hat auch noch ein paar andere Sachen gegeben.

Tagesspiegel: Erzählen Sie mal.

Merz: Das Briloner Gymnasium und ich haben uns getrennt - wegen einiger unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten, insbesondere in disziplinarischer Hinsicht. Zum Bruch kam es 1971. Mein Vater, der Amtsrichter war, unterrichtete an unserer Schule Rechtskunde und fand es nicht sonderlich angenehm, ständig auf die Verfehlungen des Sohnemanns angesprochen zu werden. Also musste ich wechseln.

Tagesspiegel: Sicher nicht nur wegen eines Vorfalls.

Merz: Das waren schon schwerere disziplinarische Störungen. Meine Freunde und ich saßen in der letzten Reihe, dort haben wir immer einen sehr schönen Doppelkopf gespielt, nicht in den Pausen, sondern während des Unterrichts, dem Lehrer den Rücken zugekehrt. Einen hatten wir, der war unglaublich autoritär. Er war Weltkriegsteilnehmer und behauptete immer, er wäre ganz vorne mit an der Front gewesen; er hat das Klassenzimmer auch mit dieser Front verwechselt. Dieser Lehrer warf einem Freund von mir, weil der eine Kette mit dem Peace-Zeichen trug, voller Wut einen Schlüsselbund an den Kopf.  [….]

(Tagesspiegel, Dez 2000)

Zwar brachte er es mit Mitte 40 zum Fraktionschef im Bundestag, aber zum geschickten Strippenziehen und disziplinierter inhaltlicher Politik, fehlte es ihm an Intelligenz. 2000, wie 2025, ist er intellektuell nicht in der Lage, die Folgen seiner markigen Sprüche abzuschätzen.

[….] Merz [….] bedient eine faktenfreie, alarmistische Notstandsrhetorik. Deutschland erlebe die „größte Migrationskrise“ seiner Geschichte – dabei gehen die Asylanträge drastisch zurück. Zehntausende abgelehnter Asylbewerber in Deutschland seien „tickende Zeitbomben“. Wenn die politische Mitte solche Botschaften sendet, kommt die bei Rechtsextremen oft als Ermächtigung an, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. 

Und er setzt, ähnlich wie Trump gegenüber Kolumbien, auf Erpressung. Genau das ist Merz’ Ansage an SPD und Grüne, dem europarechtlich gelinde gesagt problematischen Fünf-Punkte-Antrag der Union gefälligst zuzustimmen. Keine Kompromisse mehr. Das ist die Sprache der Entscheidungsschlacht.

In der Konsenslogik der alten Bundesrepublik ist dieses Manöver töricht, zumindest ein vermeidbares Risiko. SPD und Grüne sind angeschlagen, der Zeitgeist ist konservativ. Die Union könnte gemütlich am 23. Februar die Wahl gewinnen. Es würde reichen, keine Fehler zu machen. Jetzt klebt an der Union der Verdacht, gemeinsame Sache mit der AfD zu machen. Denn es ist möglich, dass Merz’ Fünf-Punkte-Plan mit Stimmen der AfD den Bundestag passiert. Das wäre die Implosion der politischen Mitte. Ein Geschenk mit Schleifchen an die rechtsextreme AfD. Von den Liberalen in der Union hört man derzeit kein Wort. Mut geht anders.

Merz wirkt kopflos, ungeduldig und affektgesteuert und ohne jeden Weitblick. Er erpresst SPD und Grüne – und wirkt doch wie einer, der sich von der AfD treiben lässt. Merz, der noch nie regiert hat, verstärkt gerade alle Vorbehalte gegen ihn. Kann jemand, der sich zu solcher Panikattacken-Rhetorik hinreißen lässt, als Kanzler mit Trump und Putin verhandeln? [….]

(Stefan Reinecke, 27.01.2025)

2002 kam es zum ersten großen Trauma des einfältigen Sauerländers. Er ließ sich von Angela Merkel – ausgerechnet einer Frau! – ausmanövrieren und verlor sein Spitzenamt. Das kann er ihr niemals verzeihen. In seiner Verzweiflung, beschloss er vor 25 Jahren, wenigstens seine Kontakte trotz völliger ökonomischer Unkenntnis „in der Wirtschaft“ zu versilbern.

Alle Merzschen Wirtschaftsprognosen stellten sich im Nachhinein als völlig falsch heraus.

(….) Daher lautete Loser-Laschets Plan für seine Kanzlerkandidatur, Sexist ‚Friedrich Merz muss ins mein Team‘ und so stand der Mann mit den gesellschaftspolitischen Ansichten aus den 1950ern seinen notorischen ökonomischen Fehlaussagen für den Kanzlerkandidaten. Dabei mangelt es Merz nicht nur an wirtschaftspolitischen Instinkt, indem er seit 20 Jahren Dinge grundsätzlich falsch prognostiziert, sondern dem Juristen vom rechten Parteirand fehlen auch die simpelsten volkswirtschaftlichen Grundkenntnisse. Er ist eine Lachnummer.

[……] Der gefühlte Wirtschaftsexperte.  Friedrich Merz wähnt Deutschland und die EU in der "Liquiditätsfalle" - und erntet Widerspruch von Ökonomen.   Rüdiger Bachmann sagt von sich selbst, er sei jemand, den die CDU "im Prinzip" gewinnen könnte. Der Professor für Makroökonomie lehrt derzeit an der katholischen Privatuniversität Notre Dame im US-Bundesstaat Indiana, die als konservativ gilt. Nur, am Sonntag hat die CDU alles andere als Werbung für sich gemacht. Der Grund? Ein Tweet des angeblichen Wirtschaftsexperten der Partei, Friedrich Merz.  [……] Deutschland und die EU sind mit ihrer Finanzpolitik angekommen, wo sie niemals hätten hinkommen dürfen: in der Liquiditätsfalle", twitterte er am Sonntag. Huch, fragt man sich da, sitzen die Deutschen in der Falle, weil die da in Berlin und Brüssel keine Ahnung haben?  Doch dann rauscht ein Shitstorm durchs Netz. Wirtschaftspolitiker, Ökonomen und Vertreter des Wahlvolkes sind entsetzt von mangelndem Sachverstand oder einfach empört. Er biete Merz "ein kurzes Briefing in Sachen Geldsystem und Staatsfinanzen" an, "sollte nicht länger als ein Jahr dauern, bis wir Sie so fit haben, dass Sie wieder mitreden können", twittert der Ökonom Maurice Höfgen, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag arbeitet. "Ist schon fast lustig, dass der 'Wirtschaftsexperte Merz' keine Ahnung von wirklich grundlegender Ökonomie zu haben scheint", ein anderer. "Die alte Nummer, den Menschen große Angst vor angeblichen Schulden machen", ärgert sich ein Nutzer.  "Ohgottohgott, dieser Mann tritt in meinem Wahlkreis an. @FriedrichMerz, kommen Sie doch mal rüber in die Altstadt, ich leih' Ihnen meinen Bofinger", bietet jemand an. Auf die "Grundzüge der Volkswirtschaftslehre" von Peter Bofinger verweist auch der Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi, er twittert ein Bild des Lehrbuchs. "Ist das die neue Wirtschaftskompetenz?", fragt er. Und, an Merz gerichtet: "Wissen Sie eigentlich, was eine Liquiditätsfalle ist? Sie scheinen da was verwechselt zu haben." - "Oh Lord Keynes!" [……]

(Cerstin Gammelin, 29.04.2021)

Friedrich Merz trägt nicht nur die Last mit sich, daß er sich in ökonomischen Fragen meistens irrt und groteske Fehlprognosen in die Welt setzt, daß er ein erstaunliches Talent an den Tag legt, alle Fettnäpfchen zu treffen und innerparteilich als Serienverlierer dasteht, sondern immer mehr als ewig-gestriger AfD-Opa gegen Schwule und Gendersternchen wettert.

Auch die Merz-typischen grotesken Fehlprognosen vermögen es nicht, seiner angeblichen Wirtschaftskompetenz zu schaden. (…)

(Glück im Unglück - Teil II, 04.03.2022)

Merz mag ökonomisch ein bißchen dämlich sein, aber das ist kein Hindernis für einen Spitzenpolitiker, um Wirtschaftslobbyist zu werden.

(….) Grüne und Sozis werfen Merz oft vor, als Blackrocker einseitig die Interessen der Reichsten zu vertreten. Das ist insofern richtig, als Merz tatsächlich nur an die Wohlhabenden und nicht an die Gesamtgesellschaft denkt.

Aber es ist insofern unrichtig, als Merz automatisch zugestanden wird, über ökonomische Kompetenz zu verfügen, weil er bei Blackrock war.

Sicher haben Unternehmer, insbesondere Familienunternehmer, die aus der Praxis kommen und automatisch langfristig denken, weil sie Arbeitsplätze und die Substanz für ihre Nachfahren erhalten wollen, eine gewisse Kompetenz, weil Wirtschaft nun einmal ihr Metier ist. Das betrifft aber offenkundig nicht Risikomanager; beispielsweise in der Autoindustrie, die Milliarden verschieben, ohne irgendwelche persönliche Haftung zu übernehmen und an ihre Jobs gekommen sind, weil sie auf den entsprechenden Elite-Einrichtungen waren und gelernt haben, sich bei den Mächtigen einzuschmeicheln. Deutschlands Wirtschaft krankt ganz wesentlich am Totalversagen der Manager der Großindustrie. Blackrocker Merz wurde aber nicht in dieser Szene reich, weil er auf internationalen Business-Schools war oder Erfahrungen hätte, Firmen zu leiten. Nein, er ist bloß ein Provinz-Jurist als Brilon, der in der Bonner-Republik zum CDU-Fraktionsvorsitzenden der Opposition wurde und anschließend sein Adressbuch versilberte. Blackrock wollte ihn haben, weil er die Kontakte in Ministerien und den deutschen Beamtenapparat hatte. Er wurde als Kontakt-Dummerle benutzt und nicht für seine ökonomische Expertise bezahlt.

Selbstverständlich hofieren die Wirtschaftslobbyisten Friedrich Merz und freuen sich, wenn ihr Useful Idiot Multimilliarden Steuergeschenke ankündigt, weil diese in ihre Taschen fließen. (…)

(Das Merz-Missverständnis, 15.01.2025)

Viele (schwache) ehemalige Minister werden nach ihren politischen Karrieren reich, indem sie sich als Türöffner bezahlen lassen. Insofern kann ich Blackrocks Entscheidung verstehen, Merz anzuheuern. Aber die Billionen-Investoren überschätzten seinen Wert.

[….] Merz gilt als Wandler zwischen den Welten von Politik und Wirtschaft. Dabei schuf er einen nützlichen Kreislauf: Für Unternehmen wurde er durch seine politischen Kontakte interessant. Das verschaffte ihm lukrative Positionen, die ihm seit seiner Rückkehr in die Politik helfen, seinen Ruf als Finanz- und Wirtschaftsexperte zu festigen. Doch ist Merz in Wirtschaftsfragen wirklich so kompetent, wie er vorgibt? Bittet man ihn um ein Gespräch zu seinen Wirtschaftsjobs, dauert es zehn Minuten, bis sein Sprecher eine Absage schickt. […] Ein bis zwei Tage pro Woche habe Merz für Blackrock gearbeitet und dabei »niedrig sechsstellig« verdient. Blackrock veröffentlicht die individuellen Bezüge von Aufsichtsratsmitgliedern nicht. Merz habe als Türöffner allerdings deutlich weniger geliefert als erhofft. Recht schnell sei klar geworden, dass der CDU-Mann »viel zu lange raus ist aus der Politik, nicht mehr die richtigen Leute kennt, eine Hassbeziehung zu Merkel pflegt und er uns an der Stelle überhaupt nicht weiterhelfen konnte«, berichtet der Insider. […..]

(Der SPIEGEL 5/2025, 24.01.2025)

Natürlich nützt es so gut wie nichts, die Wähler über Merzens Defizite aufzuklären. Sie glauben hartnäckig und wider die Faktenlage, an das Märchen von seiner Wirtschaftskompetenz.

Dennoch kann ich eine leichte Mescaleroische Freude nicht verhehlen, wenn sich der SPIEGEL in seiner neuesten Ausgabe etwas genauer mit Merzens „Leistungen“ in der Wirtschaft beschäftigt, mit Blackrock-Mitarbeitern spricht und dort (wie zu erwarten) auf Kopfschütteln trifft. Anfänglich versuchte man ihn zur Kunden-Akquise einzusetzen. Merz strengte sich an, war durchaus fleißig in seinem Bemühen den Billionären zu helfen. Allein, er war stets etwas zu dämlich dazu.

[….] Ein lukratives Geschäft, das Blackrock offenbar mit Merz gewinnen wollte, war die Verwaltung des staatlichen Atomfonds, [….] Blackrock hätte gern übernommen und setzte dabei wohl auch auf Mrz. »Das hat nicht geklappt«, sagt der Insider, letztlich ging der Auftrag an verschiedene andere Vermögensverwalter. »Ich kann mich sowieso an kein großes Mandat erinnern, das Merz für Blackrock gewonnen hätte.« [….]

[….] Mit den Details der Vermögensverwaltung habe sich Merz dagegen anfangs schwergetan. Vor einer Veranstaltung zu Beginn seiner Amtszeit musste er sich briefen lassen. »Es hat echt lange gedauert, ihm zu erklären, wie ein ETF funktioniert«, sagt der Insider. Exchange-Traded Funds (ETF) sind Aktienfonds, die die Struktur großer Börsenindizes spiegeln, etwa die des Dax. Sie zählen zu den beliebtesten Anlageprodukten. »Merz wollte den großen Auftritt und sich nicht mit Details belasten.« […..]

(Der SPIEGEL 5/2025, 24.01.2025)

Merz konnte „in der Wirtschaft“ durch seine hartnäckige Unkenntnis keinen finanziellen Nutzen entfalten. Er geriet durch seine Arroganz und Illoyalität auch bei Blackrock in Verschiss. So wurde er Konzern-intern zum Grüßaugust degradiert. Deswegen wandte er sich wieder der Politik zu und blamierte sich auch dort fortwährend mit unsinnigen Aussagen.

[….] Seine Aussagen zur Finanz- und Wirtschaftspolitik allerdings leitete er offenbar vor allem aus seinem Blick auf die großen Konzerne ab – und lag dabei oft gründlich daneben. [….] So sang er nach Ausbruch der globalen Finanzkrise ein Loblied auf sogenannte Private-Equity-Investoren. [….] »Wie man sich doch irren kann«, spottete Merz in seinem 2008 erschienenen Buch »Mehr Kapitalismus wagen« über die Kritiker. Nach der Übernahme mache Grohe mehr Umsatz denn je, die neuen Eigentümer hätten massiv investiert. Der Fall zeige, wie erfolgreich Veränderungen durch Investoren »für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter« sein könnten. Merz’ Fazit: »Gut, dass wir nun auch in Deutschland ›Heuschrecken‹ haben!«

Aus heutiger Sicht ist das von Merz gewählte Beispiel zumindest fragwürdig. Die neuen Eigentümer bürdeten Grohe Schulden von mehr als einer Milliarde Euro auf, schlossen ein Werk in Brandenburg, entließen Hunderte Mitarbeiter und verlagerten Teile der Produktion nach Portugal und Thailand, bevor sie die hoch verschuldete Firma schließlich für rund drei Milliarden Euro weiterreichten. Heute ist Grohe eine von Hunderten Töchtern eines japanischen Baustoffkonzerns und zeigt nach Einschätzung des »Handelsblatts«, was Private-Equity-Übernahmen »im schlimmsten Fall anrichten« können. […..]

(Der SPIEGEL 5/2025, 24.01.2025)

Als Katastrophe endete seine Suche nach einem Käufer für den Bankenrettungsfonds Soffin, dem er schon für 2009 Gewinne prognostizierte. (Gesamtverlust 2023: 22 Milliarden Euro)

 [….]  Er soll sich auch heillos überfordert gezeigt haben mit den Details eines Bankverkaufs. »Er hat sich damals völlig überschätzt und zudem ständig seine Ansicht geändert«, sagt einer der damals Beteiligten. »Irgendwann hat niemand mehr über sensible Sachen gesprochen, wenn er am Tisch saß.« […..]

(Der SPIEGEL 5/2025, 24.01.2025)

Er kann eben nichts. Merkel weiß das. Die Wirtschaft weiß das. Viele Wähler leider nicht. Sie sind immer noch von seinen Dutzenden Mandaten und dem Namen „Blackrock“ geblendet.

[….] Seit Merz als Kanzlerkandidat der Union feststeht, hat er sich häufig über Wirtschaftspolitik ausgelassen – allerdings auch nicht immer sachkundig. Die im Herbst bekannt gewordenen Übernahmepläne der italienischen UniCredit für die Commerzbank etwa bezeichnete Merz als »verheerendes Zeichen für die Stabilität des Industriestandortes Deutschland«. [….] Zu Jahresbeginn brachte Merz die Ausbürgerung von kriminellen Doppelstaatlern ins Gespräch, »spätestens nach der zweiten Straftat«. [….] »Ich fühle mich durch die unreflektierte Äußerung von Herrn Merz zu einem Deutschen zweiter Klasse degradiert«, sagt ein deutscher Bankmanager mit türkischen Wurzeln. Ein Drittel seines Teams habe eine Migrationsgeschichte. »Wie kommen solche Aussagen dort wohl an?« Auch Mittelständler zeigten sich verärgert über Merz, schließlich sind viele auf ausländische Fachkräfte angewiesen.

Anfang vergangener Woche verkündete Merz dann vor Betriebsräten in Bochum, er glaube »persönlich nicht daran, dass der schnelle Wechsel hin zum wasserstoffbetriebenen Stahlwerk erfolgreich sein wird«.[….]

(Der SPIEGEL 5/2025, 24.01.2025)