Als Wladimir Putin 2001 im Bundestag auf Deutsch sprach, war das angesichts auch seines persönlichen Schicksals eine ganz große, bewegende Geste.
Die Chirac-Putin-Schröder-Entente war vielversprechend und weltpolitisch effektiv. Es ist ein Jammer, wie nach 2005 russophobe Vorurteile überhandnahmen, wie Merkel (und noch viel extremer Gauck) ihre persönlichen Abneigungen auf Putin projizierten, wie kurzsichtig und unerbittliche sich Nato und EU als Sieger aufführten, Putins ausgestreckte Hand ausschlugen und Russland immer weiter auf die Pelle rückten. Es ist ein Elend, wie plump „Russland, Putin und Moskau“ gleichgesetzt werden und jeder, der die Beweggründe russischer Politik abschätzig als „Russlandversteher“ beschimpft wird.
Ich habe die Gründe für Gerd Schröders Nordstream-Engagement immer wieder dargelegt. Ich verstehe, wieso sich Moskau von Europa abwendete, wieso man der Nato misstraute und weshalb Putin seinen innenpolitischen Kurs sehr stark veränderte; immer autoritärer wurde.
Deswegen finde ich es umso richtiger, daß ein ehemaliger deutscher Kanzler Kontakt hält und abseits der glühenden diplomatischen Kanäle eingebunden ist.
Und ja, er konnte als Kanzler auf Beckmanns berühmte LUPENREIN-Frage gar nicht anders antworten.
So nachvollziehbar ich Putins Wandlungen seit Schröder Abwahl 2005 auch finde; inzwischen kann ich seine autokratischen Verhaltensweisen gegenüber der Presse und Opposition natürlich längst nicht mehr rechtfertigen und ärgere mich die Pest darüber, daß der Mann, auf den ich vor 20 Jahren mal große Hoffnungen setzte, inzwischen zum Idol von Trump und AfD geworden ist und als Finanzier europäischer Rechtsradikaler auftrumpft.
Ich denke, Putin ist kein in der Wolle gefärbter Rechtsradikaler. Er unterstützt den französischen Front National, den Brexit und Trumps Wahl, weil er weiß, daß damit Frankreich, England und die USA geschwächt werden. Das hilft Russland außenpolitisch. Der Mann ist Stratege und kein Ideologe.
Ein weiterer großer Nachteil der Putin-Metamorphose vom Hoffnungsträger der Post-Besoffski-Jelzin-Zeit, als Oligarchen raubend Russlands Ökonomie an sich rafften, zur Masturbationsvorlage Donald Trumps, liegt in der Image-Katastrophe.
Alles was aus Russland kommt, gilt in Europa inzwischen als schlecht.
Russische Sportler dopen, russische Politiker lügen, russische Künstler haben keinen Geschmack, russische Wissenschaftler sind rückständig.
Es ist wieder wie zu Sowjetzeiten: Wir fürchten die Russen und trauen ihnen nicht.
Diese Borniertheit schadet uns gelegentlich selbst am meisten.
(….) Bevor man sich über die radikal verblödeten Amerikaner echauffiert sollte man kurz innehalten und an die grandiose Amtszeit des Verteidigungsministers Scharping von 1998 bis 2002 denken.
Die Panavia 200 Tornado waren nun ein Viertel Jahrhundert alt, fielen immer öfter vom Himmel und es war ob der zunehmenden internationalen Rolle der Bundeswehr wahrscheinlicher denn je, daß man funktionierende Kampfjets benötigen wird.
Da tauchte ein verrückter Gedanke auf: Die Beziehungen zu Russland waren so gut wie nie, Putin rückte so nah an westeuropäische Werte und die EU heran wie nie, hatte aber mit enormen ökonomischen Problemen zu kämpfen.
Und Russland verfügte über eine Wunderwaffe, die Mig 29, Mikojan-Gurewitsch 29, die vermutlich genialste Kampfjet-Konstruktion aller Zeiten. Ein absolut zuverlässiger Flieger, der den ollen Tornados haushoch überlegen war.
[….] Von diesem wendigen und in dieser Hinsicht vielen westlichen Kampfflugzeugen überlegenen Flugzeug – so kann die MiG-29 kurzzeitig auf ihrem eigenen Schubstrahl stehen (so genanntes Kobramanöver) – wurde eine große Anzahl von Varianten gebaut und erprobt. Die Tragflächenkonstruktion mit breiter Flügelwurzel bringt einen großen Teil des Auftriebs durch den Rumpfansatz, was die Langsamflugeigenschaften verbessert. Typisch für die MiG-29 sind die großen Klappen, die die Luftansaugschächte der Triebwerke am Boden abdecken, um ein Eindringen von Fremdkörpern zu vermeiden. Beim Start saugen die Triebwerke Luft über Lamellenschächte auf der Rumpfoberseite an. Am Heck befinden sich die Luftbremse sowie ein Bremsschirm. Die Maschine besitzt einen 16-Bit-Bordcomputer, einen Frontscheibenprojektor (HUD) zuzüglich eines Monitors, eine bordeigene Fehlererkennung (Aekran) und zwei Sensorsysteme. Mit dem Radar können Luftziele (Reichweite 70 km) erfasst werden und mit dem Infrarotzielsystem/Laserentfernungsmesser (Reichweite 7 km, Laserklasse 3 in Deutschland) die Infrarotziele. Bemerkenswert ist auch eine Helmvisieranlage, die es dem Piloten erlaubt, per Kopfbewegung ein Ziel anzuvisieren. Die Zielsuchköpfe der Raketen erhalten dann automatisch die Zielparameter. Dieses Gerät sollte sie gegenüber der sehr wendigen F-16 im Luftnahkampf überlegen machen. [….]
(Wikipedia Mikojan-Gurewitsch)
Und Russland war bereit nagelneue Migs an die Bundeswehr zu liefern.
Die hätte es für einen Spotpreis gegeben. Neun Millionen D-Mark Stückpreis waren im Gespräch. Das hätte nur Vorteile gehabt. Eine radikale Kostenersparnis, das technische Knowhow war bereits vorhanden, da die NVA mit Migs trainiert hatte, die Maschine war technisch ausgereift und hätte in Rekordzeit geliefert werden können, so daß die Bundeswehr sehr schnell international führend gewesen wäre. Noch wichtiger wäre aber die politische Bedeutung gewesen. Eine Europäische-Russische Militärzusammenarbeit hätte womöglich für immer die gegenseitigen Vorbehalte beseitigt und zu einem versöhnlichen Miteinander der ehemaligen NATO und der ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten geführt.
Außerdem hätte es ein sehr starkes Signal an die übernommenen Soldaten der Nationalen Volksarmee bedeutet und das Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschen gefördert, wenn in so einer wichtigen Angelegenheit einmal zu Gunsten eines „Ost-Produkts“ der Westen zurück gesteckt hätte.
Die Anschaffung von Migs für die Bundeswehr wäre eine Win-win-wi-win-win-win-win-Angelegenheit gewesen, ein so genialer Schachzug, daß Scharping nur eins tun konnte: Er entschied sich dagegen, setzte lieber auf die Entwicklung eines europäisches Ersatzes.
Eurofighter sollte das neue Gemeinschaftsprodukt heißen.
Die Dinger kosten etwa 100 Millionen Euro pro Stück – dafür bekäme man 22 Mig29 – sind aber leistungsschwächer und dafür extra unzuverlässig.
Die Bundeswehr schaffte 140 Eurofighter Typhoon an, die aber so unfassbar teuer im Unterhalt und technisch so anfällig sind, daß gegenwärtig genau vier Stück einsatzfähig sind.
[….] Die Bundeswehr hat nach einem Bericht massive Probleme mit der Einsatzbereitschaft ihrer Kampfjets vom Typ „Eurofighter“. Wegen technischer Schwierigkeiten beim Selbstschutzsystem seien nur rund zehn Flugzeuge von 182 für echte Einsätze startklar. Weil die Luftwaffe nur über einen sehr kleinen Vorrat an Luftkampfraketen für den „Eurofighter“ verfüge, könnten derzeit sogar nur vier Eurofighter für reale Missionen eingesetzt werden, berichtet die Zeitschrift „Spiegel“ unter Berufung auf interne Berechnungen der Luftwaffe. Außerdem sei die Bewaffnung nicht schnell nach kaufbar. [….]
Man kann nur staunen zu welchem Irrsinn Nationalstolz führt. (…..)
(Wir sind doch keine Komikernation! 31.01.2019)
In der Pandemie, als es um Leben und Tod ging, handelten EU und Deutschland genauso überheblich wie damals Rudolf Scharping.
Als der russische Präsident stolz lange vor allen anderen Nationen, nämlich im August 2020 erklärte, mit Sputnik V einen wirksamen Impfstoff gegen Corona entwickelt zu haben, nahm ihn kein einziger westlicher Journalist und kein einziger Regierungschef ernst. Russen lügen bekanntlich und schon allein die Tatsache, daß Sputnik ein halbes Jahr vor den größten und mächtigsten westlichen Pharmakonzernen entwickelt worden sein sollte, war Beweis genug: Das Zeug taugt nichts. Damit impfen wir keinen Europäer.
Wir waren dann umso stolzer, als mit Biontech am 21. Dezember 2020 ausgerechnet ein deutsches Unternehmen die erste Zulassung für ein Covid-Vakzin erhielt.
Daß ein Dosis 20 bis 40 Dollar kostet, schert uns nicht. Ebenso wenig wie die Hunderttausenden Covid-Toten seit August 2020.
Inzwischen wissen wir, daß Wladimir Putin nicht gelogen hatte.
[……] Der russische Impfstoff Sputnik V hat laut einer Studie im Fachblatt "The Lancet" eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent. Das ergaben Testergebnisse mit 20.000 Freiwilligen. Der Wert wäre ein ähnlicher, wie ihn die Vakzine von Moderna und BioNTech/Pfizer aufweisen. […..]
Wer hätte das gedacht, die Nation, die als erste im Weltraum
war, die besten Flugzeuge der Welt konstruiert, besteht doch nicht nur aus
Idioten?
Ohne unsere verdammten russophoben Vorurteile, hätten wir längst mit Putin
zusammen Impfpläne entwickelt.
Dann hätten wir schon vor Monaten einen potenten Impfstoff bekommen, der auch noch billiger als die von Moderne und Biontech sind.
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