Montag, 30. Juni 2014

Rechte Blätter


Ob sich wohl die  Studentengeneration von heute noch darüber bewußt ist, daß der ewige Bundeskanzler Helmut Kohl ebenso wie viele seiner Minister „STERN“ und „SPIEGEL“ als „Linke Kampfpresse“ bezeichneten und bei jeder Gelegenheit betonten diese Organe nicht zu lesen?
Kohl gab auch keine Interviews mit den linkssozialistischen Hetzblättern.
Zudem galten auch noch fast alle ARD-Anstalten, insbesondere aber RB, NDR und WDR als unverbesserlicher „Rotfunk.“ Das war ein wesentlicher Grund für Kohls entschiedenen Einsatz für Leo Kirch und das Privatfernsehen. Das CDU-freundliche ZDF reichte dem schwarzen Riesen nicht. Und Kirch lieferte. Sein SAT1 unterstützte Kohls CDU bedingungslos und dafür schuf Kohl maßgeschneiderte Gesetze, die Kirch zum Milliardär werden ließen.
Eine echte Symbiose entwickelte sich. Nach der Wahlpleite von 1998 bekam Kohl jährlich von Kirch eine Apanage von 600.000 DM und als er in den Spendentrubel geriet, schob Kirche gleich noch mal eine Million nach. Man mag sich gar nicht ausdenken, was für ein Aufschrei durch das Land gegangen wäre, wenn Schröder so gehandelt hätte. Aber Kohl hatte es ja ohnehin nie so mit Moral und Ehrlichkeit.
Vor 20 oder 30 Jahren wußte man noch welcher Sender und welche Zeitung für welche Partei stand.
Rückblende.

Der Programmdirektor von Sat 1, Heinz Klaus Mertes, trimmt den Privatsender zum Superwahljahr 1994 auf totalen Kohl-Kurs.
Auf den Kanzler läßt Heinz Klaus Mertes, 50, nichts kommen. Helmut Kohl sei ein "großer Mann", schwärmt der Programmchef Information des TV-Senders Sat 1. In seiner Jugend hat Mertes den Unionspolitiker sogar als eine Art "Rudi Dutschke der Konservativen" verehrt.
[…]  Mertes, selbst CSU-Mitglied, hofft, daß sein Idol in Bonn noch lange regiert. An ihm soll es nicht liegen: Der vom konservativen Axel Springer Verlag sowie von Kohl-Freund und Medienmogul Leo Kirch beherrschte Privatsender Sat 1 wird von Mertes rechtzeitig zum Wahljahr auf Kohl-Kurs eingeschworen.
Der schwarze Kanalarbeiter, einst Moderator des ARD-Magazins "Report" aus München und bis Ende 1992 TV-Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, ist dabei, das Informationsprogramm seines Senders umzubauen.
Liebling Kohl wird in Sat 1 mehrmals im Wahljahr exklusiv zu erleben sein. "Zur Sache, Kanzler" ist der Titel der Show, in der Helmut Kohl schon viermal aufgetreten ist, zuletzt in einer Bauernstube in St. Gilgen am Wolfgangsee, seinem Urlaubsort. […]
Von Jahresende an strahlt Hofberichterstatter Mertes zudem jeden Sonntag um elf ein Magazin aus. Der konservative Katholik glaubt: "Nach der Kirche wird in Deutschland politisiert - im Wirtshaus und anderswo. Das gehört zum Biorhythmus der Gesellschaft."
[…] Im "Nahkampfmedium Fernsehen" (Mertes) half dem TV-Mann stets sein CSU-Parteibuch. Er hat es seit 1968. Damals veranlaßten ihn Münchner Apo-Krawalle, den Christsozialen beizutreten. […]

Eigentlich schade, daß das Leben auf der linken Seite des politischen Spektrums nicht so einfach ist. Da wird immer gemeckert.
Natürlich schrieben STERN und SPIEGEL gegen Strauß und Kohl. Aber sie schrieben eben auch kritisch gegen SPD-Regierungen; schon allein um ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren.

Ende der 90er Jahre begann mit Jörges beim STERN und Steingart beim SPIEGEL der neoliberale Umschwung. Am Anfang des Jahrtausends waren die Hamburger Magazine die schärfsten Kritiker von RotGrün. Sie versuchten alles, um Schröder und Fischer zu verdrängen; schrieben geradezu schwärmerisch von Merkel, Stoiber und Westerwelle, die endlich den sozialen Mief ausmisten müßten und die Bundesrepublik durch Thatcherismus in den ökonomischen Himmel führen würden.
Auch die SZ begann mit Marc Beise einen FDP-freundlichen Wirtschaftskurs; allerdings ohne jemals für Schwarzgelb zu schwärmen.
Nach 2002 wurde das Schröder-Bashing so extrem, daß es außer in FR, ZEIT und im Politteil der SZ nur noch Generalverrisse hagelte.
Es war die Hochzeit des journalistischen Gleichklangs. Der „Zeitgeist“ war neoliberal und die Sozialdemokraten sollten aus allen Europäischen Regierungen vertrieben werden.
Ab 2008/2009 begann eine gewisse Unsicherheit bei den seriösen Medien. Die radikale Marktfreiheit, das Shareholder-Value-Denken hatte allerdings auch zu offensichtlich versagt. Daß CDU und FDP so gar keine Antworten fanden, wurde langsam auffällig.

Es soll nur vage irgendwie so weiter gehen. Änderungsbedarf sieht man nicht.

Handlungsbedarf bricht höchstens von außen über die CDU-Kanzlerin ein. Das strategische Denken ist im Kanzleramt längst abgeschafft.
Das beklagen interessanterweise in erster Linie konservative Medien.

Es folgte der Herausgeber der stramm konservativen F.A.Z. Frank Schirrmacher.

Bürgerliche Werte: „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“
Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der größten Gegner zuzutreffen scheinen.

Das zutiefst bürgerliche Manager-Magazin empört sich in der aktuellen Ausgabe über die totale Denkfaulheit und intellektuelle Unterbesetzung des Merkel’schen Kanzleramtes.

Wie die Merkel-Regierung Politik simuliert
Strategische Fragen werden geräuschlos verwaltet - bestenfalls. Der Euro? Eine Großbaustelle ohne Bauplan. Die Energiewende? Ein Projekt mit desaströsem Vollzugsdefizit. Die drohende Vergreisung der Gesellschaft? Die alles umwälzende Digitalisierung der Wirtschaft? Themen für "Gipfel" genannte Konferenzen, mit denen die Merkel-Regierung Politik zu simulieren pflegt - schöne Bilder, keine Folgen.
[….]   Im Kern plagen das Kanzleramt zwei Defizite: ein personelles und ein strukturelles. Zum einen mangelt es an straffer Leitung; dem Amt fehlt Führung an der Spitze, auch wichtige Abteilungen waren schon stärker besetzt.
Zum anderen ist die Organisation der Regierung überholt: Nach wie vor dominiert das Ressortprinzip. Gemäß Grundgesetz ist die Regierungsgewalt geteilt zwischen den Ministerien. Das Kanzleramt soll kontrollieren und koordinieren. Doch in einer Zeit, in der viele Probleme Ressortgrenzen sprengen, steigt zwangsläufig die Bedeutung der Zentrale.
So erscheint das Merkel-Amt als real existierendes Paradoxon: An der Spitze steht eine Kanzlerin mit Richtlinienkompetenz, die aber, wenn irgend möglich, keine Richtlinien vorgibt. Ihr assistiert ein Kanzleramtschef, der Konflikte ausräumen und Entscheidungen beschleunigen soll, stattdessen aber Streit schürt und Beschlüsse ausbremst.
[…]    Der eigentliche Hebel einer Kanzlerschaft besteht in der Deutungshoheit. Wirkmächtig agieren kann der Regierungschef, wenn er Strategien formuliert - indem er Volk und Welt eine Idee davon vermittelt, wohin man gemeinsam will, und diese Idee dann konkretisiert. Verfassungsrechtler nennen das Richtlinienkompetenz.
Im Zentrum der Macht herrscht inhaltliche Leere
Ideen? Konzepte? Strategien? All das ist Merkels Sache nicht. Im Zentrum der Macht herrscht eine bedrückende inhaltliche Leere.
Das beklagen auch Topentscheider des Regierungsapparats selbst, die die Stiftung Neue Verantwortung kürzlich befragen ließ. Um in einem immer unsichereren Umfeld managen zu können und den Ereignissen seltener hinterherzurennen - "vor die Lage" zu kommen, wie Ministeriale das nennen -, wünschen sich die meisten Befragten mehr strategisches Denken und mehr Koordination.

Der bürgerlich-Intellektuelle CICERO beklagt währenddessen den Jubeljournalismus, der unkritische Merkelbelobigungen abliefert.

Insgesamt lief es medial aber 2013 noch sehr gut für die CDU. Fast alle Zeitungen und Fernsehsender schrieben und berichteten extrem wohlwollend über Merkel, während sie Steinbrück grundsätzlich lächerlich machten.
Schwer für die CDU bei so einem Umfeld die Bundestagswahl NICHT zu gewinnen.

Aber es reicht nicht sich darauf zu verlassen, wie die vielen verlorenen Landtags- und Bürgermeisterwahlen beweisen.
Der Düsseldorfer CDU-Bürgermeister Dirk Elbers verließ sich darauf, daß sein Hausblatt, die ultra-CDU-treue Rheinische Post, ihm den Sieg herbei schreiben würde.

Rülpser der Arroganz
[…] [Dirk Elbers‘] Abwahl ist auch eine Niederlage für die Rheinische Post. Bei der SPD hielt man deren Berichterstattung über Elbers in etwa für so kritisch wie die der Pyongyang Times in Nordkorea über den jeweiligen Kim. Vor dem ersten Wahlgang veröffentlichte die Zeitung eine Umfrage, die nach gängigen Standards als manipulativ gelten kann, in der ein dubioses Institut ein paar hundert Wähler befragt haben will und den Amtsinhaber mit 57,3 Prozent vor SPD-Mann Geisel sah, der auf 31,9 Prozent kam.
"Elbers klar vorne", titelte die Zeitung, auch die hauseigenen TV- und Radiostationen verbreiteten die Nachricht tagelang. Die RP hatte wie Elbers übersehen, dass weite Teile des bürgerlichen Lagers und der Leser keine Lust mehr auf den Oberbürgermeister hatten. Man schrieb an der Stimmung in der Stadt vorbei. Das hat früher geklappt, jetzt konnte man in den sozialen Netzwerken lesen, wie groß der Frust über Elbers wirklich war.  [….]

Noch schlimmer sieht es bei der FAZ aus. Erst kam Schirrmacher, dann die Übernahme der linken FR und nun können sich gestandene CDU-Politiker noch nicht mal mehr die Artikel bestellen, die sie haben möchten.
Schlimmer, die FAZ-Fritzen lassen sich nicht mal mehr einschüchtern und schreiben kritische Artikel über CDU‘ler, ohne sich zu schämen.
Skandal!

Dieser Artikel soll nicht erscheinen: Das lässt uns Philipp Mißfelder gleich vorab durch seine Anwälte ausrichten. Er hat auf viele Fragen nicht geantwortet, sich wochenlang verleugnen lassen und schließlich zwei Anwaltskanzleien in Marsch gesetzt. Der Mann ist nicht irgendwer. Sondern außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. CDU-Präsidiumsmitglied. Vorsitzender der Jungen Union. Er wollte verhindern, dass über ihn, seine Russland-Verbindungen und seine Geschäftstätigkeit geschrieben wird. Da muss man sich schon dafür interessieren, was ihn bewogen hat, nach Sankt Petersburg zu einer russischen Rubel-Party zu fliegen. Angeblich eine Privatreise. Während Russland einen unerklärten Krieg gegen die Ukraine anzettelt.
Mißfelder will sich nicht näher erklären. Oder er kann es nicht. Der außenpolitische Sprecher spricht nicht, er schweigt. Wer ihn nach Russland fragt, seinen Reisen und Vereinsmitgliedschaften, nach Gasprom oder nach seinen Geschäften, der bekommt keine Antworten, sondern es mit Anwälten zu tun. Die wurden von Mißfelder und der Jungen Union mit dem Einschüchtern beauftragt. Man fordert auf, „von weiteren Rückfragen zu dieser Thematik Abstand zu nehmen“. Vorsorglich wird uns auch für den Fall gedroht, dass wir es wagen, über die Drohung zu berichten. Eine ziemlich russische Art, mit der Presse umzuspringen. [….]
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist aber nicht zu sprechen. Zu treffen ist er auch nicht. Sein Büro teilt Anfang Mai mit: „Leider klappt es in absehbarer Zeit nicht. Fragen Sie gerne ein andermal erneut an.“ Drei Wochen später wird Mißfelder abermals um einen Termin gebeten. Eine Mitarbeiterin antwortet: „Aktuell können wir Ihnen keine Terminvorschläge unterbreiten.“ [….] Mißfelder ist abgetaucht, so tief wie das Schwarze Meer. Für seine Fraktion ist das unangenehm, besonders in diesen außenpolitisch turbulenten Wochen. Ein Abgeordneter sagt: Mißfelder könne nichts mehr zum Osten sagen und nichts mehr zum Westen – es blieben Skandinavien und Afrika. [….]

Bei Kirch hätte es das nicht gegeben!

Sonntag, 29. Juni 2014

Heuchel-Horst


Wenn in einer postdemokratisch-obrigkeitshörigen Partei wie der CDU oder CSU auch nur eins von Hunderttausenden Mitgliedern einen im entferntesten Sinne kritischen Satz formuliert, macht sich Entsetzen in der Parteiführung breit.
Journalisten sprechen sofort von „Rebellion“, „Aufstand“ und „Endzeit“.

Dabei waren es doch nur Ferber, Huber und Friedrich, die es wagten mal nicht vor Seehofer in den Staub zu fallen.
Ferber hatte da aber schon seine Mega-Klatsche bei der EU-Wahl abgeholt und die anderen beiden sind ohnehin schon vom CSU-Chef geschasst worden und auf dem Karriere-Abstellgleis gelandet.

In der Einmeinungspartei CSU war es leicht wieder die alte Ordnung herzustellen.

Alles super bei der CSU, findet die CSU
[…]  "Geschlossenheit" und "Harmonie" waren in der CSU in den vergangenen Wochen nicht gerade die am häufigsten verwendeten Begriffe. Das änderte sich spürbar, als es am Samstag nach manchem Streit schließlich zur lang erwarteten Krisenklausur der CSU kam. Stundenlang debattierte der Vorstand in der Parteizentrale in der Nymphenburger Straße, Stunde um Stunde musste die Abschluss-Pressekonferenz von Parteichef Horst Seehofer verschoben werden. Und während oben auch nach 18 Uhr noch getagt wird, verlassen diejenigen Parteigrößen mit Anschlussterminen schon das Gelände. "Geschlossenheit", meint Ilse Aigner. "Konstruktiv", findet Staatskanzleichefin Christine Haderthauer. "Teambuilding gelungen", sagt Finanzminister Markus Söder. Alles super.
[…]  Der CSU-Chef ist zwar einerseits weitgehend unangefochten. Andererseits war er hochgradig verärgert über die Kritik der Parteifreunde, vor allem über die Anmerkungen, die er als ungerecht empfindet. Und er war entschlossen, sich vieles nicht länger bieten zu lassen.
[…]  Dafür, dass praktisch jeder vor der Sitzung Befragte beteuert, es gebe keinerlei Personaldiskussion, sondern es gehe nur um Inhalte, wird also ziemlich viel übers Personal und dessen Verhalten geredet. Das bekommt auch Markus Ferber zu spüren. Der CSU-Spitzenkandidat bei der Europawahl hat in den vergangenen Tagen mit massiver Kritik an Seehofer die Debatte erst richtig angeheizt. Nun läuft er eher kleinlaut in die Nymphenburger Straße ein. "Wenn's a bisserl schwül wird, hilft ein Gewitter, dann sieht man wieder klar." Viel mehr will er nicht sagen. […] 

Keiner, der noch etwas in der CSU werden will, würde es wagen den Mund aufzumachen. Söder, Aigner, Herrmann und Haderthauer  lächelten brav und devot.
Wie willenlose Messdienerchen waren sie am Anfang der Woche in Crazy Horsts Schlepptau zum Papst gepilgert.


Das war lustig bei Franzi. Der Oberbayer, dessen reiches Bundealand als einziges unter 16 Bundesländern kein eigenes Programm zur Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen ins Leben gerufen hat, spendet dem Papst 5000 Euro für die Lampedusa-Flüchtlinge – und damit gerade mal einen Bruchteil dessen, was der Flug nach Rom gekostet hat.

Man staunt dann doch immer mal wieder, wie schamfrei einige Politiker sein können.

[….] Es passiert auch nicht alle Tage, dass ein Ministerpräsident beim Papst einen Scheck abgibt. [….]  Teure Gastgeschenke verbietet der sich, einen Korb mit bayerischen Spezialitäten durfte Horst Seehofer am Montag allenfalls mitbringen, vor allem aber eine Spende über 5000 Euro für ein vatikanisches Hilfsprojekt für syrische Flüchtlingen im Libanon. Wie passend, denn schließlich sei dem Papst großzügige Hilfe für die Flüchtlinge auch ein besonders wichtiges Anliegen, erzählte Seehofer.   Pikant ist freilich, dass Flüchtlingsorganisationen ausgerechnet dem Freistaat vorwerfen, weniger großzügig zu sein als andere. Der Grund: Als einziges Bundesland hat Bayern keine eigenes Aufnahmeprogramm für Kriegsflüchtlinge beschlossen. Im Rest der Republik wird damit etwa der Nachzug von Familienangehörigen geregelt, teilweise auch Krankenversorgung über das Sozialamt ermöglicht.
Im Freistaat sieht man dafür keinen Bedarf: Es sei politischer Aktionismus.[….]

Bayern und BW sind übrigens auch die Bundesländer, in denen die meisten Rüstungsbetriebe zu Hause sind. Sie werden von der Landesregierung großzügig gefördert. Die mittelbaren Konsequenzen – Tod und Elend – sollen aber andere ausbaden.

Keiner heuchelt so gut wie Crazy Horst, also kennt auch nach dem Papstbesuch seine Selbstzufriedenheit keine Grenzen. Die Revolte der Ferbers und Hubers ist beendet. Sie werden zusammen mit Gauweiler zu Buhmännern erklärt, während Seehofer weiterhin unangefochten König sein darf.

[…] Es war von Anfang an klar, dass die diffuse Revolte in der CSU ihren Chef nicht ernsthaft in Schwierigkeiten bringen würde. Dazu war sie zu erkennbar getragen von Parteimännern, die eine Rechnung mit Horst Seehofer offen hatten. Dazu kam, dass sie im Fall von Markus Ferber aus einem obskuren Konglomerat von halbdurchdachten Attacken bestand. […] Eine Partei wie die CSU reagiert auf solche Angriffe üblicherweise mit der Schließung ihrer Reihen und einem autoritären Durchgriff von oben. […]
 Zum anderen beruht vieles am internen Gejammer über Seehofers ach so fiese Umgangsformen auch am weit verbreiteten Mittelmaß in der Partei. Hätte nicht Seehofer viele Kohlen aus dem Feuer geholt, hätte die Partei ihr 40-Prozent-Debakel womöglich schon bei der Landtagswahl erlebt. Und nicht erst bei der für die Partei weit weniger bedeutenden Europawahl. […]

Die blöden Flüchtlinge werden unterdessen im reichen und größten Bundesland in Zelte gestopft. Die Staatsregierung hatte mal wieder versagt.

Lange hat Bayern es als "katastrophales Signal" abgetan, Asylsuchende in Zeltstädten unterzubringen. Nun haben die Behörden keine Wahl mehr. In München werden die ersten Zelte für Flüchtlinge aufgebaut.
[…]  "Die Zahlen explodieren", sagte die bayerische Sozialministerin Emilia Müller. "Der Zustrom übersteigt all das, was wir an Prognosen haben."
Am Freitag wurde schließlich klar: Es gibt keine Alternativen zu Zeltstädten. Am Samstag schon werden in der Bayernkaserne die ersten Zelte stehen. "Vorübergehend", wie es heißt, was bedeutet: längstens bis es im Herbst so kalt wird, dass niemand mehr im Zelt nächtigen kann.
[…] Nicht nur in München, auch bei der Erstaufnahmestelle Zirndorf wird wohl eine Zeltstadt entstehen. […] Wenn es dann kalt wird, wird die Not an Unterkünften immer größer. Wie dieser Engpass behoben werden kann, weiß momentan noch niemand. […]

Leben Flüchtlinge in Bayern bald unter Plastikplanen?
[….] Flüchtlinge in Entwicklungsländern wie Jordanien oder Kenia kennen diese Form der Unterbringung schon, nur müssen diese Ländern den Zuzug Hunderttausender verkraften. Doch auch im reichen Bayern könnten zukünftig Asylsuchende in Zelten untergebracht werden. [….] Grund für die Maßnahme seien gestiegene Flüchtlingszahlen. Vor allem die Erstaufnahmeeinrichtung in München sei überfüllt. Allein in München seien am Donnerstag 200 Flüchtlinge angekommen und am Freitag bis zum Mittag nochmals 150. [….] Zum Vergleich: Nach Angaben des UNHCR nahm das Vier-Millionen-Einwohner-Land Libanon im März dieses Jahres täglich rund 10.000 syrische Flüchtlinge auf. Im vergangenen Jahr kamen in beiden bayerischen Erstaufnahmeeinrichtungen zusammen im Schnitt etwa 50 Asylsuchende pro Tag an.

Libanon: 4,4 Mio Einwohner, 10.452 km² Fläche, Bevölkerungsdichte: 380 Einwohner pro km², Bruttoinlandsprodukt:  24.640 Mio US-Dollar.

Bayern: 12,6 Mio Einwohner, 70.551,57 km² Fläche, Bevölkerungsdichte: 179 Einwohner pro km², Bruttoinlandsprodukt: 665.891 Mio US-Dollar.

Die hektische Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge in München zeigt, dass die Behörden völlig überfordert sind. Manche Lager wirken wie Flüchtlingslager in Krisenstaaten. Gerade im reichen Bayern sollte das besser gelingen.
Also doch keine Zelte. Es sollte vermutlich eine gute Nachricht sein, dass die Asylbewerber in der überfüllten Bayernkaserne nicht in eilig aufgebauten Zelten schlafen müssen und dass sich stattdessen alte Garagen gefunden haben, wo noch ein paar Menschen unterkommen können.
Es hätte nicht gut ausgesehen, wenn der reiche Freistaat im reichen München in Zelten die Menschen unterbringt, die Schutz suchend nach Bayern kommen. […]
Vor zwei Jahren mussten in der zweiten bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf erstmals Zelte aufgestellt werden, weil auch dort längst mehr Menschen leben, als das Lager eigentlich fassen kann. Das war eine Blamage und offenbarte die ganze Härte der rigorosen bayerischen Asylpolitik, deren Ziel lange war, es den Menschen so ungemütlich wie möglich zu machen.
[…]  Sie sollten es nicht zu schön finden im Bayernland und sich bald wieder aufmachen gen Heimat. Dabei, und das darf auch einmal bemerkt werden, waren die Zelte in Zirndorf zwar eine absolute Notlösung ohne jede Privatsphäre, aber nicht schlechter als viele der Bruchbuden, die Flüchtlingen mancherorts als Unterkunft dienen. […]

Das Beispiel Seehofer sagt auch sehr viel über den Papst.
Er posiert freundlich mit dem Mann, der sich so diametral entgegengesetzt den öffentlichen Papst-Worten verhält und liefert ihm auch noch kostenlos PR-Bildchen, indem er ihm dankend einen Geschenkkorb abnimmt.

Ein Papst mit Rückgrat hätte dem Bayerischen MP gesagt, was von so einer Flüchtlingspolitik zu halten ist.

Samstag, 28. Juni 2014

Unverständnis.


Es gibt Dinge, die kann man einfach nicht verstehen.
Warum werden alteingesessene Markennamen wie „Quelle“ oder „Karstadt“ ohne Not in PRIMONDO und ARKANDOR umbenannt?
Wieso werden nachweisliche Versager wie Thomas Middelhoff und Hartmut Mehdorn immer wieder als Topmanager eingesetzt?
Wie kann es angehen, daß die SPD gleich zweimal bräsige vollbärtige Pfälzer an die Parteispitze holte?

Ich rätsele auch immer noch, wieso das Hamburger Abendblatt einem gänzlich irrelevanten Mann eine ganze Seite frei räumen kann. Gestern durfte der Chef der 2%-Partei FDP in Alarmismus machen und den Untergang Deutschland herbeireden.

Ich erkenne unser Land nicht mehr. Wir haben in der Europolitik in den vergangenen vier Jahren für Stabilität und Reformen geworben. Wir haben erreicht, dass 25 Staaten Schuldenbremsen in ihre Verfassung aufgenommen haben. Wir haben erreicht, dass der von Schröder und Fischer aufgeweichte Stabilitätspakt wieder verschärft wird. Und jetzt macht die Große Koalition das Gegenteil von alldem. Sie machen da weiter, wo Rot-Grün aufgehört hat. Sigmar Gabriel fordert mehr Flexibilität beim Defizitabbau, also weniger Reformen und mehr Schulden. Dieser politische Wechsel ist brandgefährlich.  […] Rente mit 63, Mindestlohn, neue Ausgaben – wir sehen, dass die Kanzlerin nicht gezwungen werden muss, die Politik der SPD umzusetzen. Die Union und auch die Bundeskanzlerin haben sich leider von Ludwig Erhard und den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft verabschiedet. Vieles, was Deutschland in den letzten vier Jahren erreicht hat, wird von der Großen Koalition jetzt aufs Spiel gesetzt.

Immerhin erinnert man sich jetzt wieder wieso die 15%-FDP von 2009 nach zwei Jahren Generalsekretär Linder auf unter 5% abgerutscht war.
Der Mann ist offensichtlich verrückt, wenn er die Schwarzgelbe K.O.alition als Erfolgsgeschichte interpretiert.
 Es wird Zeit, daß auch in Sachsen, dem letzten der 16 Bundesländern, in dem die FDP mitregiert, Lindners Leute in die außerparlamentarische Opposition geschickt werden. In Umfragen liegen die Hepatitisgelben allerdings auch klar unter der 5%-Hürde.
Zeit nervös zu werden.

[…] Was müssen da jetzt auch diese Wolken hängen über Schloss Weesenstein bei Pirna, wo Holger Zastrow, Chef der FDP-Fraktion im sächsischen Landtag, das 9. Liberale Burgfest eröffnet. Dunkle Wolken am Horizont und eine FDP-Fraktion, die um den Wiedereinzug in den Landtag bangen muss - ein stimmiges Bild. […]  Zastrow weiß, dass es seiner Partei nicht gut geht. Bei drei Prozent liegt sie gerade in den Umfragen, wäre somit am Wahltag, dem 31. August, raus aus dem Landtag. "Ich freue mich, dass Sie auch in diesen Zeiten zu uns kommen", begrüßt er die Gäste. […] "Hier in Sachsen ist die FDP eine Volkspartei", sagt ein Mitarbeiter der Fraktion, "also: nicht von den Mitgliederzahlen her. Aber was die Mischung angeht."
[…] Die Stimmung ist gut, was nicht selbstverständlich ist - zumindest in Berlin erinnerten Partys der FDP zuletzt an Kindergeburtstage, zu denen nur die Kinder kommen, die von ihren Eltern dazu gezwungen werden. Nach der verlorengegangenen Bundestagswahl zum Beispiel, oder nach der Europawahl. Der sächsischen FDP könnte es bald ähnlich gehen. Zastrow hat es dort im Wahlkampf mit einer dominanten CDU zu tun und ihm sitzt die AfD im Nacken, die sowohl Protestwähler rechts der Union als auch Verfechter eines freien Marktes anspricht. […]

Die Sachsensumpfpartei sollte lieber gleich aufgeben.
Das Bild, das die FDP abgibt ist einfach zu erbärmlich. Die Partei ist in der Praxis komplett gescheitert, hat ein Image wie Fußpilz und leidet an dramatischen Konzeptions- und Personalmangel.

Da hilft nur noch Notschlachtung.
Es ist absurd das liberale Parteirudiment künstlich am Leben zu erhalten. FDP-Vize Kubicki hatte es schon 2011 richtig erkannt, als er feststellte seine Partei habe als Marke "generell verschissen".
Selbst die Springersche Welt, die mit Ulf Poschardt über den größten FDP-Fan der Welt verfügt, läßt es an Empathie für den jüngsten Vorschlag der Mövenpickpartei fehlen.
Da selbst den FDP-Präsiden beim besten Willen keine Gründe einfallen, weswegen man ihre Partei noch wählen sollte, bringt Lindners Stellvertreterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann die Idee ins Spiel sich einen neuen Parteinamen einfallen zu lassen.

In den sozialen Netzwerken wird schon emsig über die Chancen einer "Aus Raider wird Twix"-Aktion diskutiert. Allerdings kursieren dort eher Namen, die kaum in die engere Auswahl kommen werden. Zum Beispiel DB, Die Bedeutungslosen. Oder UFP, Unter-Fünf-Prozent-Partei.
(Die Welt 29.06.14)

Endlich mal eine Idee, die mich auch wieder bei der FDP aufhorchen läßt!

Wie wäre es mit „BLH“, die bettelnden Lobby-Huren?