Donnerstag, 28. März 2013

Vorsicht Linksextremismus!


Es ist intelligent, wenn politische Parteien ihre bisherigen Konzepte evaluieren.
Das sollte prinzipiell getan werden.
Prognosen sind bekanntlich schwierig – insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen.
 Viele politische Konzeptionen und Gesetze wirken nicht ganz so, wie man es sich vorgestellt hat.
Das liegt in der Natur der Sache, weil speziell ökonomische Dinge extrem komplex geworden sind.
Beispiel:
Die Idee über Leiharbeit, also geringeren Lohn, flexiblere Arbeitszeiten und den Verzicht auf Kündigungsschutz Arbeitnehmer in reguläre sozialversicherungspflichtige Jobs zu bekommen, ist an sich überzeugend.
Unternehmer würden sich viel eher dazu entschließen erst einmal jemanden auf Leiharbeit-Basis einzustellen und ihn dann anschließend übernehmen, wenn sie sich kennengelernt hätten.
Müßte ein Unternehmer von Anfang an vollen Kündigungsschutz und hohes Gehalt gewähren würde er stattdessen gar nicht erst jemanden beschäftigen – so die Logik eines der Hartz-Gesetze.

Nach zehn Jahren wissen wir aber, daß diese an sich überzeugende Konzeption nicht funktioniert. 
Im Gegenteil, offensichtlich wurde eher der umgekehrte Weg gegangen. 
Unternehmer feuerten ihre langjährigen Festangestellten und setzten anschließend auf Leiharbeiter. Vielfach sogar DIESELBEN Menschen, die ihren alten Job nun ohne Schutz und für ein Drittel weniger Gehalt machen müssen.
Die Kirchen machen das über Caritas und Diakonie im großen Stil. Sie gründen eigene Leiharbeitsfirmen und pressen ihre Mitarbeiter, die ohnehin kein Streikrecht haben, in diese neuen prekären Verhältnisse.
Leiharbeit ist nicht zur kurzfristigen Ausnahmeerscheinung geworden, sondern zur Regel. 

Da hatte man doch tatsächlich die Gier und die Skrupellosigkeit der Manager noch unterschätzt.
Während Unternehmensgewinne explodieren und Manager zweistellige Millionengehälter einstreichen, fristen an die acht Millionen Deutsche ihr Dasein in Billigjobs und können sich schon mal auf ein Rentnerdasein in echter Armut einstellen.

Allein durch die BMW-Beteiligung hat die Familie Quandt im letzten Jahr 703 Millionen Euro Dividende eingestrichen.
 Johanna und ihre beiden Kinder sind um 703 Millionen Euro reicher, ohne dafür einen Finger gerührt zu haben. 
Und zum Dank dafür wird ihnen auch noch mit 25% Kapitalertragssteuer sehr viel weniger davon abgezogen, als Schäuble es bei einem durch echte Arbeit verdienten Lohn tut.

Das kann offensichtlich nicht richtig sein und so ist es nur konsequent, wenn SPD und Grüne heute einen einheitlichen Mindestlohn und eine Eindämmung der Billigjob-Flut verlangen.

Das hat wenig mit den Kategorien „konservativ“, oder „Links“ zu tun, sondern es ist einfach eine ökonomische Notwendigkeit diesem Trend entgegen zu wirken.
Die SPD erinnert sich nun an einen der wahren Sätze Gerd Schröders: „Es gibt keine linke oder rechte Wirtschaftspolitik, sondern nun Richtige oder Falsche!“

Deregulierungen und exzessive Steuersenkungen bei maximaler Lohnzurückhaltung, haben zwar kurzfristig einen Boom ausgelöst, können aber nicht auf Dauer bleiben, da zwischenzeitlich die Infrastruktur vermodert, die Schulen verfallen, das Volk verdummt und ein gigantisches Zukunftsproblem aufgetürmt wird – nämlich Abermillionen Renter, die in ihrem Arbeitsleben so knapp bei Kasse waren, daß sie keinerlei Altersvorsorge treffen konnten.

Es muß mal wieder ein bißchen das Ruder herumgerissen werden.

Die SPD hat diesen Erkenntnisprozeß vollzogen und kündigt in ihrem Wahlprogramm einen 49%-Spitzensteuersatz an.
Der SPD-Chef gibt schon lange  die Richtung vor.

Mehr als 40 Prozent der Haushalte in Deutschland zahlen keine Einkommenssteuer, weil sie so wenig verdienen oder Kinder haben. Das ist ein Erfolg sozialdemokratischer Steuerpolitik. […]  Wir wollen, dass die Verantwortung für unser Land gerechter verteilt wird. Aber auch wir Sozialdemokraten wollen nicht zurück zum Spitzensteuersatz von Helmut Kohl. Da lag er bei 53 Prozent! Wir bleiben garantiert deutlich darunter.

56% Spitzensteuer war die gute alte Zeit unter Schwarzgelb. 
Kohl wäre am liebsten bei 56% geblieben und ließ sich nur widerwillig auf eine Senkung runter auf 53% ein.
So war es in der Tat, als FDP und CDU im Bund regierten, mit Frau Merkel als Ministerin und einer deutlichen CDU/FDP-Mehrheit im Bundesrat.

Es ging um den seit Wochen schwelen den Streit über die Steuerreform der 90er Jahre. Ob es denn nicht möglich sei, sondierte der Kanzler, die Forderung der CSU und der FDP nach einer massiven Senkung des Spitzensteuersatzes aufzugeben? Kohl mühte sich vergebens, die beiden blieben hart.    Kurz darauf, im Koalitionsplenum, wurde deutlich, wie sehr sich die Regierungsbildner verhakt haben. Stur beharrte CDU Generalsekretär Heiner Geißler darauf, den geltenden Spitzensteuersatz von 56 Prozent beizubehalten. Als über einen Kompromiß von 53 Prozent geredet wurde, blockte Otto Graf Lambsdorff ab. Der FDP-Graf hart: "Unsere Zahl heißt 48."
Betroffen registrierte Kohl: "Da rasen ja zwei Lokomotiven aufeinander zu." Lambsdorffs Antwort: "Bei einer vernünftigen Bahn gibt es in solchen Situationen im richtigen Moment einen Weichensteller."   Jeder am Tisch wußte wem das galt. Mit zunehmendem Ärger beobachten die Vertreter aller drei Parteien, wie Helmut Kohl die Diskussion meinungslos treiben läßt. Franz Josef Strauß bissig über den Kanzler: "Je länger die Ungewißheiten bestehen, desto mehr geht das zu seinen Lasten."

Jetzt wirft die SPD die Zahl 49% für Millionäre auf den Markt und die Konservativen drehen durch. 
Das sei Sozialismus und würde den Job-Markt zusammen brechen lassen!

Üble Hetze des neuen DIHK- Präsidenten gegen Rot-Grün.
Zu den Äußerungen des neuen DIHK-Präsidenten Schweitzer über die steuerpolitischen Pläne von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß:
Herr Schweitzer ist erst wenige Tage in seinem Amt als Präsident des DIHK.   Als Präsident eines großen bundesweiten Interessenverbandes sollte er sich  um eine gewisse parteipolitische Neutralität bemühen und massive Eingriffe  in den beginnenden Bundestagswahlkampf unterlassen. Was Herr Schweitzer aber  gleich zu Beginn seiner Amtszeit tut, ist nichts anderes als üble und  gezielte Hetze gegen Rot-Grün. Seine Behauptung über das vermeintliche  Ausmaß von Jobverlusten als Folge der von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen  für notwendig erachteten Anhebung des Einkommensteuer-Spitzensatzes ist  fachlich durch nichts zu belegen.  Der forsche Herr Schweitzer hat  offensichtlich noch nicht realisiert, dass die von ihm geführte Organisation  in vielen Städten, Regionen und demnächst auch auf Bundesebene auf eine  gute Kommunikation auch mit Sozialdemokraten angewiesen ist. Bereits nach  wenigen Tagen stellt sich somit die Frage, ob sich der DIHK mit der Wahl  Schweitzers einen Gefallen getan hat.

3 Kommentare:

  1. Teil 1

    Zitat Tammox: "Es muß mal wieder ein bißchen das Ruder herumgerissen werden."

    Ich glaube nicht, dass das reicht. Wir drehen an den Stellschrauben den Kapitalismus immer wieder mal herum. Dann passen sich die Banken, Versicherungen oder Arbeitgeber an und schon wird das System erneut Ertragslastig.

    Ist eine Anpassung unmöglich, kauft man einfach ein paar Parlamentarier, die immer wieder dieselben Gesetzesänderungen fordern. Parallel dazu, unterhält man eine Schar an Lobbyisten, die Gebetsartig widerholen, was die ewigen Partizipanten fordern. Steuererleichterungen, Deregulierung, Verbraucherrechte aufweichen oder den Kündigungsschutz lockern.

    Mittlerweile hat wohl jeder kapiert, dass das nur partiell gegen Probleme hilft. Geht man wie hier in Deutschland auf die Forderungen ein, erhöht sich die Zahl der prekär Beschäftigten dramatisch, die - wie du ja schon feststelltest - sich auf ein Alter in Armut vorbereiten dürfen. Überdies wird Arbeit woanders abgebaut. Nämlich dort, wo Arbeiter durch Gesetze vor dieser Ausbeutung noch geschützt werden. Deutschland steht wegen Lohndumpings zurecht in der Kritik.

    Nun kann man die Schrauben nachstellen, so dass Andere wieder mehr Luft und Deutsche etwas mehr für ihre Arbeit bekommen. Aber mehr als ein flächendeckender Mindestlohn, wird dabei nicht herauskommen. Es wird hinterher weder mehr Arbeit geben, nocht mehr Arbeitsplätze. Und so merklichverbesern, wird sich die Situation der Menschen dadurch auch nicht.

    Schuld ist der Systemfehler. Kapitalisten argumentieren immer damit, dass niemand mehr arbeiten gehen würde, wenn an nicht finanzielle Anreize schafft. Darum beharren sie auf Beibehaltung des Lohnkonkurrenzmodells. Das ist aber nur ein vorgeschobener Grund. Weil jede dramatische Änderung am System, umfassende Folgen hätte. Gäbe es z.b. ein bedingungsloses Grundeinkommen, müsste man Leute zur Arbeit motivieren. Heute gehen die Meisten Menschen arbeiten, weil sie keine Wahl haben. Die müssen sich ausbeuten lassen. Während die Deutsch Poat AG etwa 2,5 Mrd. Euro Gewinne erwirtschaftet, muss ein Paketsklave bei DHL für 1200 Euro Brutto schuften. Den Profit aus seiner Versklavung bei DHL, stecken die Investoren der Deutschen Post AG ganz legal ein.

    Einen Arnreiz hat der Paketsklave gar nicht. Vielleicht Masochismus oder einfach die Erkenntnis, dass Bewegung immer noch besser ist als nichtstun.

    Viele Menschen leisten auch Sozialarbeit. Ehrenamtlich und ohne Bezahlung. Oder für ein Taschengeld. Es gibt so viele 1-Euro-Jobber. Viele arbeiten in Bereichen, wo die Löhne unterirdisch sind, weil mit der Arbeit kein Geld zu verdienen ist.

    Das ist in der Regel Sozialarbeit. Und die ist verpönt, weil sie keine Gewinne ermöglicht. Zumindest keine zählbaren, die man an Investoren abführen könnte. Die Ökonomen haben allein die Gier nach Gewinnen zum Kern der Politik gemacht und es damit ins Zentrum unserer Gesellschaft gebracht.

    Alte pflegen, sich kümmern, Menschlichkeit zeigen, Kinder unterrichten oder betreuen. Das sind Berufe, in denen man heute fast nichts mehr verdient. Aus Sicht der Ökonomen, ist das ein allenfalls notweniger Klotz am Bein des Bundes-Haushaltes.

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  2. Teil 2

    Und so ist es selbstverständlich, dass Volkswagen seinen Chefs einen fetten Boni und den Angestellten eine dicke Prämie zahlt, weil deren Autos derzeit auf dem Markt bestens ankommen. Dass sie selbst ber ohne Busfahrer, Lehrer, Altenpfleger, Krankenhäuser, Bäcker, Köche usw. überhaupt nichts sind, dass sehen sie nicht. Gern auch haben sie das Kurzarbeitergeld genommen, als wir noch unter der Krise litten. Gern nehmen sie auch die liberalen Gesetze in Anspruch, um Zeitverträge abzuschließen. Sie zahlen zwar jetzt ordentlich Steuern, aber das können sie nur, dank der tollen Infrastruktur die sie umgibt. An die erinnern sie sich aber nur dann, wenn sie davon profitieren können. Da ist keine Solidarität zu erkennen. Kein Gefühl für das Bewußtsein, einer Gesellschaft anzugehören, in der ein Viertel der arbeitenden Menschen für einen Sklavenlohn schuften müssen. Nach den mageren Jahren, gönnt man sich was.

    Unsere Gesellschaft ist also in Teilen aufgelöst. Es gibt sie genau genommen überhaupt nicht. Man rangelt um Gesetze, die mal jenen und mal jenen bevorzugen. Letztendlich liegt das Problem aber tiefer. Es ist der Systemfehler, dass alle Menschen um begrenzte Ressourcen konkurrieren. Und wir konkurrieren miteinander. Diese Konkurrenz verbrennt den meisten Wohlstand. Anstatt moderne Techniken zu teilen, lassen wir sie uns patentieren, um mehr Geld daran verdienen zu können. Anstatt soziale Arbeit, also z.b. Altenpfleger genausogut zu bezahlen wie Bankmanager, haben wir ein perverses Lohnsystem, dass die bevorzugt, welche mit Kapital hantieren. Und die genehmigen sich über Gebühr von dem, was sie eigentlich teilen sollten. Denn was wäre der Manager ohne Bildung. Wer operiert deine Gallenblase, wenn die raus muss? Und wer bringt seinen Müll weg? Schuld ist der Systemfehler, dass jeder glaubt, er würde in einem Selbstbedienungsladen leben. Nicht der sozial kompetente bekommt den Job bei der Bank, sondern der mit den kleinsten Skrupeln. Das ist der, der eine hohe Rendite verspricht und Risiken kleinredet. Weil er so mehr verkaufen kann und dadurch eine höhere Prämie bekommt.

    Und egal, wie oft SPD und Grüne noch an dieser Schraube drehen werden. Sie werden dieses perverse System dadurch nicht besser machen.

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  3. Die Systemfrage krankt für mich immer daran, daß mir keiner eine überzeugende Alternative bietet. Zudem ist es doch offensichtlich so, daß die Mehrheiten für grundlegende Änderungen fehlen. Das sieht man doch immer bei den gigantischen Zustimmungsraten zu den Personen um Merkel.

    Ich glaube aber schon, daß eine tatkräftige Regierung mit den entsprechenden Mehrheiten in beiden Kammern erheblich mehr tun könnte, als ein paar Stellschrauben zu verdrehen.
    Ich denke da in Richtung Skandinavien und die gesellschaftlich liberal eingestellten Wohlfahrstaaten, die sehr hohe Steuern, ein gutes soziales Netz und viel höher bezahlte Arbeit kennen. Da verdienen Grundschullehrer und Altenpfleger so, daß sie sich ein schönes Leben leisten können.
    Interessanterweise sind Finnland oder Norwegen nicht etwa pleite, sondern so gesund, daß sie Arbeiter und Immigranten importieren. Dazu zeigen alle Umfragen, daß die Menschen dort viel zufriedener und glücklicher sind, weil es eben nicht diese enormen sozialen Spaltungen gibt wie in Deutschland, wo ganze Landstriche voller verarmten Prekariat leben, während anderswo abgeschottet die Millionärsvillen stehen.
    In diese Richtung könnten wir uns theoretisch auch entwickeln.
    Ich glaube nicht, daß man Gleichheit verordnen kann und habe auch persönlich ncihts dagegen, wenn jemand fürchterlich reich wird.
    Es geht nur nicht, daß die Reichen sich aus der Solidargemeinschaft verabschieden, in Offshore-Gebieten ihr Geld lagern, und von staatlichen Leistungen (kostenloses Schulsystem für ihre Angestellten, Infrastruktur, Sicherheit, einklagbare Rechte,..) profitieren, die die Kleinverdiener aber allein finanzieren.
    Es geht natürlich auch nicht, daß sich jemand, der beispielsweise als Pfleger im Seniorenheim körperlich und psychisch halbtot arbeitet und dann einen regulären Lohn bekommt, der noch nicht mal für die Miete einer 2-Zimmerwohnung ausreichen würde. (Das ist in Hamburg beispielswiese der Fall)

    Gestern konnte man überall vom neuen Rekord-Dividenden-regen lesen:

    „Jubel bei den einen, lange Gesichter bei den anderen: Deutschlands Top-Konzerne wollen in diesem Jahr zwar so viel Geld an ihre Aktionäre ausschütten wie nie zuvor - …“Insgesamt sollen 2013 rund 27,6 Milliarden Euro fließen, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young hervorgeht. Das übertrifft sogar den bisherigen Höchstwert von 2008 mit einer Dividendensumme von 27,3 Milliarden Euro.“

    http://www.mz-web.de/wirtschaft/rekordsumme-fuer-aktionaere--dax-dividenden-so-hoch-wie-nie,20642182,22288194,view,asTicker.html

    Das spiegelt ja Dein Beispiel mit der Post AG und den Paketsklaven wider.
    Ist aber immer noch keine „Systemfrage“. Auch in unserem System könnte beispielsweise eine Rot-rote Bundesregierung Regelungen einführen, die solchen „anstrengungslosen Wohlstand“ (Aktien zu BESITZEN ist ja nicht unbedingt eine Leistung. Und hier bekommen Leute nur dafür, daß sie schon etwas besitzen noch mal 28 Milliarden dazu) zumindest stark einschränken.
    Man könnte beispielsweise einen Ergebnisabhängigen Mindestlohn einführen oder die Gewinne von Unternehmen mit schlecht bezahlten Beschäftigten radikal besteuern.
    Warum man diese 28 Milliarden nicht radikal anzapft ist mir sowieso ein Rätsel.

    LGT

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