Donnerstag, 31. Januar 2013

Wir fallen zurück.


Als Herr Gysi in den 1990er Jahren im Bundestag saß und über Lauschangriff, Einschränkung des Asylrechts und Videoüberwachung diskutiert wurde, trat er einmal ans Rednerpult und stellte fest, in seiner bundesrepublikanischen Zeit hätten sich 100% der Gesetzesentwürfe zu den Bürgerrechten nur mit der EINSCHRÄNKUNG derselben beschäftigt. 
Noch nie sei es um die Ausweitung von Bürgerrechten gegangen.

Hihi, da war aber was los.
 Den Konservativen ist fast der Kopf geplatzt vor Empörung.
Bebend vor Wut deklinierten sie ihre Gysi-Konnationsliste runter:
„Stasi, SED, Kommunismus, Überwachungsstaat,…“
Die Vorwürfe kämen ja gerade von der richtigen Seite!

So ist das eben in Bundestagsdebatten. 
Daß Gysi RECHT HATTE, mit dem was er sagte, spielte keine Rolle, weil es eben der Falsche war, der es sagte.

Besser geworden ist es nicht seitdem.
Dazwischen waren noch die Antiterrorgesetze, Innenminister Schäuble, Bundestrojaner, Zensursula, großflächige Videoüberwachung in allen Innenstädten, Nacktscanner, verschärfte Abschiebungen etc pp.

Bürgerrechtlich betrachtet nähern wir uns Russland und China an.

Eine kleine Ausnahme gibt es bei den Homorechten, die von RotGrün ein bißchen angehoben wurden (aber nicht etwa auf das Hetero-Niveau).
Eine gewisse Christin namens Angela Merkel ging auf Fundamentalopposition, klagte gegen die „Homoehe“ und stellt sich auch 2013 hartnäckig gegen Steuersplitting und Adoption für gleichgeschlechtliche Paare.

Anderswo geht man in eine andere Richtung.

Norwegen ließ sich demonstrativ nicht von Herrn Breivik ins Bockshorn jagen und verteidigte nach Utøya ostentativ seine pluralistische, multikulturelle und offene Gesellschaft.

Und dann ist da noch Island.
 Island liebe ich natürlich sowieso.
Nicht wegen der blöden Elfen- und Trolle-Assoziationen, sondern wegen der Natur, wegen des Klimas, wegen der Musik, wegen der Kultur und wegen der Extravaganz der Bewohner.

Als die Isländischen Banken 2007/2008 unter Zudrückung aller Augen der Regierung das ganze Land in den Ruin führten, machten die Bürger Putz. Aber ernsthaft!
Sie gingen nicht nur auf die Straße, sondern wurden so energisch, daß sie gleich mal die gesamte Regierung zum Teufel jagten und die sozialistische Lesbe Jóhanna Sigurðardóttir zur Ministerpräsidentin bestimmten. 
Die Banken wurden verstaatlicht. 
  In der Hauptstadt Reykjavík (dort leben 40% der Gesamtbevölkerung Islands) wurde die anarchistische „Spaßpartei“ Besti flokkurinn (die beste Partei) stärkste Kraft. Ihr Initiator, der Komiker, Musiker und Schriftsteller Jón Gnarr wurde Bürgermeister.
 Das Parteiprogramm der Besti flokkurinn hatte überzeugt:
1. Offene statt heimliche Korruption. 2. Kostenlose Handtücher für alle Schwimmbäder. 3. Ein Eisbär für Reykjavíks Zoo.
Und es funktioniert!
Mit Island geht es nicht nur bergauf, Island steht weltweit an der Spitze des Human Development Index (HDI).

Gestern beschloß das Isländische Parlament die Gleichstellung für säkulare Verbände und ist damit dem christlich indoktrinierten, antihumanistischen deutschen Parlament um Lichtjahre voraus.
 Als einen historischen Wendepunkt bezeichnete Hope Knutsson, Präsidentin des humanistischen Verbandes Sidmennt, den jüngsten Beschluss des isländischen Parlaments, den säkularen Verbänden den Weg zur Gleichberechtigung mit den Kirchen und anerkannten Religionsgemeinschaften zu bahnen.
Dem neuen Gesetz nach ist es für nichtreligiöse Weltanschauungsgemeinschaften nun möglich, auf Antrag die rechtliche Gleichstellung zu erhalten. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, rechtlich wirksame Trauungen vorzunehmen und Zuschüsse aus dem öffentlichen Haushalt für die eigene Arbeit zu erhalten.

Von den internationalen Dachverbänden und in anderen europäischen Ländern wurde das Ereignis begrüßt. Sonja Eggerickx, Präsidentin der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union, gratulierte den Mitgliedern von Sidmennt und sagte, der isländische Verband nehme eine aktive Rolle in der Arbeit für einen Wandel wahr.  „Sie reden nicht nur über Humanismus und verweisen auf Vorfälle der Diskriminierung, sondern betreiben aktiven Lobbyismus, arbeiten mit den Parlamentariern und anderen an der Reform der Gesetze im Sinne der Gleichstellung.“
 (Diesseits 31.01.13)

Mittwoch, 30. Januar 2013

Noch ein schöner Erfolg für Merkel.



Robert Ménard gründete vor knapp 30 Jahren in Montpellier die „Reporters sans frontières" (Reporter ohne Grenzen, ROG bzw. RSF) und formte sie zu einer international tätigen bedeutenden NGO.
Weltweit werden zunehmend Journalisten drangsaliert, verfolgt, eingesperrt, gefoltert und getötet. 
Überall sitzen Machthaber, die großes Interesse daran haben ihre Aktionen zu verheimlichen und zu verschleiern.
Merkel zum Beispiel.
Sie ist die Inkarnation der Auskunftsverweigerung. Bei all den Gipfeln gibt sie wolkige Allgemeinplätzchen ab, ohne daß irgendjemand wirklich erfährt, was mit der Schweiz ausgeklüngelt wird, wieso Deutschland Zypern mit seinem Steuerdumping durchkommen lässt, wohin wie viele Waffen exportiert werden, weshalb Deutschland in Brüssel Klimaschutz und Elektroautos blockiert, oder wieso eigentlich fünf Jahre nach dem Lehmann-Zusammenbruch nach wie vor keine Regulierungen auf dem Finanzmarktsektor eingeführt wurden.

Genau weiß man nicht wer wo und wann die Strippen zieht, wenn die Lobbyorganisation FDP auf die Privatisierung der Wasserversorgung dringt oder Landwirtschaftssubventionen nur geheim verteilt werden.

Das wäre eigentlich eine schöne Aufgabe für die Journalisten.
Rechtlich hätten sie dazu alle Möglichkeiten; wie sich schon aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Resolution 217 A (III) der Generalversammlung vom 10. Dezember 1948) ableiten läßt.
Artikel 19
Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.
Natürlich, es gibt deutsche Journalisten, die vorbildlich und akribisch recherchieren.
Aber zu viele Skandale werden einfach schulterzuckend akzeptiert.
40.000 Menschen sterben jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern an nosokomialen Keinen, weil die Landesgesundheitsminister sich weigern Hygienestandards durchzusetzen? 
Macht ja nichts.
 Erstaunlich ist insbesondere, daß gewisse Skandale durchaus von einzelnen Journalisten aufgedeckt werden und dennoch vollkommen folgenlos bleiben.
So deckte ZAPP schon im Februar 2009 zum Amtsantritt von und zu Guttenbergs als Wirtschaftsminister auf, daß sein Lebenslauf gefälscht war und Tätigkeiten bei einem Guttenberg-Baustoff-Unternehmen suggerierte, mit dem KTG gar nichts zu tun hatte.
Es wußten auch einfache Blogger seit vielen Jahren von kinderfickenden Pfaffen, die von ihren Bischöfen geschützt wurden.
Aber solche Themen werden über Jahre nicht aufgegriffen, weil die Journaille ein Herdentier ist. Man einigt sich auf eine gemeinsame Meinung, die dann von absolut allen vertreten wird. 

So haben beispielsweise sämtliche Wirtschaftsjournalisten bis Anfang der 2000er Jahre unisono rein neoliberal argumentiert. Es müsse endlich dereguliert werden, Regelungen abgeschafft werden und das freie Unternehmertum gefördert werden. 
Privatisierung war das Zauberwort. Von der Müllentsorgung über Bahn bis zu Telefon und Strom sollte sich der Staat zurückziehen.

Ähnlich einig war man sich drei Jahre lang bezüglich Herrn Guttenberg, der von BILD bis SPIEGEL über den grünen Klee gelobt wurde.

Diese Einheitlichkeit beruht nicht nur auf Phlegma, sondern auch auf einer beispiellosen Fusionitis und Redaktionszusammenlegung.
Laufend werden regionale Redaktionen aufgelöst und Artikel aus einem gemeinsamen Pool bezogen. Unabhängigere Verlage gehen pleite.
Zeitungen wie „die Woche“, FTD oder FR werden einfach eingestellt.
Bald wird es so sein, daß alle Informationen nur noch aus einem der großen stramm auf CDU-Kurs liegenden Megazeitungshäuser kommen.
Hubert Burda, Heinz Bauer, Friede Springer und Liz Mohn sind vier konservative Merkel-Freunde, die weite Teile der Medien kontrollieren.

Die Reporter ohne Grenzen sehen es mit Sorge. Im jährlich erstellten Index der Pressefreiheit sinkt Deutschland kontinuierlich ab.

Die freie Berichterstattung gerät in der Bundesrepublik nach Ansicht der Organisation Reporter ohne Grenzen ökonomisch immer mehr unter Druck. „Problematisch ist hier vor allem die abnehmende Vielfalt der Presse. Aus Geldmangel arbeiten immer weniger Zeitungen mit eigener Vollredaktion, mehrere Redaktionen wurden 2012 komplett geschlossen“, erklärte die Vereinigung anlässlich der Vorstellung ihrer Rangliste der Pressefreiheit. Stattdessen würden Unternehmen und Lobbyisten immer mehr Geld in Stellung bringen, um ihre Interessen in den Medien unterzubringen.
Deutschland rangiert auf der Liste nur auf Platz 17, gegenüber 2011 rutschte die Bundesrepublik um einen Rang ab. An der Spitze der jährlich veröffentlichten Übersicht nehmen Finnland, die Niederlande und Norwegen ein. Am schlechtesten ist die Lage der Pressefreiheit nach Ansicht von Reporter ohne Grenzen in Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan.
Bye bye Pressfreiheit in Deutschland. 
So umfassend informiert wie die Jamaikaner, die Esten oder Tschechen werden wir nicht!
Hier werden sogar Lokalreporter in Sachsen mit Strafverfahren überzogen, wenn sie unter Steine sehen, deren Geheimnisse nicht gelüftet werden sollen.
"In Anbetracht der oben skizzierten Situation ist diese Strategie ausgesprochen erfolgreich, denn Redakteure haben immer weniger Zeit zu recherchieren und Informationen zu prüfen", erklärte ROG. […]

Fünf Bundesländer haben noch kein Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet, kritisierte ROG weiter. Auch dort, wo solche existierten, würden sie von den Behörden unterschiedlich umgesetzt. Anfragen würden mitunter nur sehr langsam oder gegen hohe Gebühren bearbeitet. Damit würde aktuelle Berichterstattung erschwert oder ganz unmöglich gemacht, monierte die Organisation. Hinzu käme die steigende Bedrohung nach kritischen Berichten durch Rechtsextreme oder radikale Islamisten gegenüber Reportern.
 Es gibt Länder, in denen die Regierung die Pressevielfalt sehr konkret fördert. 
In Frankreich (Platz 37) werden die fünf großen überregionalen Zeitungen sogar direkt vom Staat alimentiert.

Von Schwarzgelb ist diesbezüglich aber nichts zu erwarten.
 Das Zeitungs- und Verlagssterben ist schließlich erwünscht.
 Je verdummter der Urnenpöbel, desto angenehmer für die Politik.
Deutschland ist nur Mittelmaß in Europa, wenn es um Pressefreiheit geht. Das ist erschreckend und kann nicht unser Anspruch sein. Eine der Hauptursachen, warum sich Deutschland wieder im Ranking verschlechtert hat, ist die abnehmende Pressevielfalt. Wenn es vor Ort keine Lokal- oder Regionalzeitung mehr gibt, die berichten kann, gefährdet das auch die Pressefreiheit.
Die Zeitungen haben es aufgrund sinkender Abozahlen, sinkender Werbeeinnahmen und sinkender Auflagen zunehmend schwerer, sich zu finanzieren. Der Bunderegierung fällt außer einem Leistungsschutzrecht nichts ein.
[…] Journalistinnen und Journalisten sind außerdem immer wieder der Ermittlungspraxis von Strafverfolgungsbehörden ausgesetzt, zuletzt in Augsburg. Auch dadurch wird die Pressefreiheit in Deutschland gefährdet. Das 2012 von der Koalition beschlossene Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht war nur ein Minimalkonsens und blieb weit hinter den Möglichkeiten zurück. Mit einer schwarz-gelben Regierung ist so auch in Zukunft nicht damit zu rechnen, dass Deutschland andere Länder wie Finnland, Österreich oder auch Jamaica jemals überholen wird.
(PM der Grünen Bundestagsfraktion Nr. 80/13 vom 30.01.2013)

Dienstag, 29. Januar 2013

Der Christ des Tages - Teil LXXIII


Ach die armen Katholen! Als sie noch das Glaubensmonopol hatten, war es irgendwie einfacher. Das Produkt mußte gar nicht attraktiv sein. Wenn man der einzige Anbieter ist und Verweigerer einen Kopf kürzer machen kann, wird man seine Botschaft schon los.

Wie das ist, wenn die Katholische Kirche die alleinige Macht hat, wissen wir ja; im englisch-sprachigen Raum nennt man es „The Dark Ages“. 
Damit ist je nach Auslegung das ganze Mittelalter gemeint.
 Also Folter, Wissenschaftsunterdrückung, Hexenverfolgung, Willkür, Sklaverei, Genozide, Kreuzzüge, Leibeigenschaft, Seuchen, Hungersnöte, Reliquienkult, Ablasshandel, Orgien im Petersdom, Kriege und unfassbare Brutalität überall.
Man könnte also meinen, die Katholiken hätten ihre Chance gehabt.

Unglücklicherweise wird man so eine ideologische Krake, die sich 15 Jahrhunderte festgesaugt hat, Unmengen Macht und Reichtum hortete, nicht so leicht wieder los.
Die Aufklärung ist immer noch im Gang - alle Menschenrechte mußten mühsam und unter großen Verlusten der Kirche abgetrotzt werden.

Menschenrechte, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Rechtsstaat, Frauenemanzipation, Folterverbot, Abschaffung der Sklaverei, Abschaffung der Todesstrafe, Freiheit der Kunst, Abschaffung der Prügelstrafe, Tierrechte, Ächtung von Antisemitismus, Schwulenrechte, Abschaffung des Verbots gemischtrassiger Ehen, Abschaffung des Verbots gemischtkonfessioneller Ehen, Verbot von Vergewaltigungen in der Ehe, etc pp - all das mußte gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen erkämpft werden.

Die Kirchen waren dagegen und verschwendeten damit sinnlos über Dekaden ihre Kraft.
Matthäus 10,37: Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert.

Jeremia 17,5: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm und weicht mit seinem Herzen vom Herrn.

1Mose 17,1: Ich bin der allmächtige Gott; wandle vor mir und sei fromm.
Wer es also ernst meint mit der Menschenwürde, der sollte dringend die Finger von der Bibel lassen – alle modernen Menschenrechte wurden GEGEN den erbitterten Widerstand der Kirche und gegen die Bibel erkämpft.
Die reizenden Christen stemmten sich immer am längsten gegen die Abschaffung der Sklaverei, gegen die Leibeigenschaft, gegen das Frauenwahlrecht. Etc.
Ein Jünger steht nicht über seinem Meister und ein Sklave nicht über seinem Herrn.
(Jesus, MT 10,24)

Die Sklaverei ist ein Gottesgeschenk.
(Kirchenlehrer Ambrosius) 
    
 Aktuell erleben wir die Dark-Ages-geprägte Einstellung der Kirchen am deutlichsten bei ihrer Hetze gegen Schwule und Lesben.
Ob Österreich, ob Italien oder Russland - stets sind die Christen an vorderster Front des Menschenhasses.

Die Aufklärung verläuft aber etwas schneller als vor 100 oder 200 Jahren, weil die Christen den Informationsfluß nicht mehr kontrollieren können.
Ihnen spielt zwar immer noch die geistige Apathie der Kirchenmitglieder in die Hände, aber man KANN sich über die Bigotterie und Brutalität der Kirche informieren.

An der PR-Front läuft es gerade ziemlich schlecht für beiden Großkirchen in Deutschland. Kindesmisshandlungen, Raffgier, miese Behandlung ihrer Angestellten, der Rauswurf Professor Pfeiffers, Abweisung von Hilfsbedürftigen und natürlich die Homophobie der Röckchenträger kommen nicht mehr so gut an.

Die Kirche entwickelt sich immer mehr zum Verkünder schlechter Nachrichten.

Sie steht für ewig-gestrige Verbote, Vorurteile und weltfremdes „Du darfst nicht!“

PID, Kondom oder Homoehe - für offiziöse Christen ist das alles bähbäh.

Sie sind diejenigen, die mit erhobenen Zeigefingern in den Talkshows sitzen und sich zum Affen machen.

Der Christ des Tages Nr. 73 ist da eine löbliche Ausnahme. 
Er verkündet nur Positives. Die gute Botschaft! Seht, ich bringe Euch frohe Kunde.

Der zur Erzdiözese Wien gehörende Pfarrer Leitner, 50, ist fromm und fröhlich. 
Pfarrer Mag. Martin Leitner ist seit 1. September 2001 in den Pfarren Wimpassing und Dunkelstein-Blindendorf tätig. Er ist Jahrgang 1963, von seiner ersten Ausbildung her Nachrichtentechniker (Technische Universität Wien) und wurde nach Absolvierung des Theologiestudiums an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Heiligenkreuz am 29. Juni 1998 zum Priester geweiht. Seine Kaplansjahre verbrachte er in Wien, St. Brigitta und Mödling, St. Othmar. Neben seiner pfarrlichen Tätigkeit ist er Spiritual im Überdiözesanen Priesterseminar Leopoldinum in Heiligenkreuz.
Der Christ des Tages LXXIII, ehemaliger Bundeskurat der Gruppe „Katholische Pfadfinderschaft Europas“ und Webmaster der Pfadfinderwebsite beindruckte mit einem kämpferischen Blogposting, „Von der Lust, katholisch zu sein… „, das mich so positiv durchdrang, daß ich auf der Stelle in die RKK eintreten möchte.
Ja zu Gott! Ja zu Jesus! Ja zu Maria! Ja zur Katholischen Kirche! Ja zum Papst!
Ganz im Vertrauen: Ich bin hier Optimist! Schauen Sie, seit rund 2000 Jahren gibt es sie – die katholische Kirche - , meistens ein wenig gegen den Zeitgeist. Ihre Grundwahrheiten sind ihre Stärke!
[…] Die katholische Kirche gibt uns eine Richtschnur, die ein Leben lebenswert macht und erhält. Ihre Grundsätze sind erprobt. Sie stammen aus dem Leben. […] Freuen wir uns, dass wir dieser standhaften Kirche angehören dürfen, die ihre Fahne nicht in jeden Wind hält, sondern sich der Wahrheit verpflichtet weiß. […] Ob "Kirchenvolksbegehren", "Wir sind Kirche", "Pfarrer-Initiative", "Aufruf zum Ungehorsam" "Nein-Sager" - es ist und bleibt der "Kanon des Widerspruchs" von dem "ein gewisser Kardinal Ratzinger" bereits im Jahr 1989 gesprochen hat (als wir es noch nicht zu träumen wagten, dass die Kirche ihn als begnadeten Papst Benedikt XVI. geschenkt bekommt!): Auflösung des Zölibats, Frauenpriestertum, Aufhebung der kirchlichen Ehe Moral, Aufhebung der Sexualmoral in Bezug auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften.
Immer dasselbe - immer ein bisschen anders verpackt. Aber letztlich immer verbunden mit einem Nein zur römisch-katholischen Kirche in ihrer konkreten Verfasstheit, mit einem Nein und zum Hl. Vater, dem Stellvertreter Christi auf Erden. Anstatt - gerade in Zeiten, die so gerne als "Krise" gesehen werden - ein freudiges JA zu Gott und zu SEINER Kirche zu sprechen.
[…] JA zu einer klaren Bereitschaft der Hingabe! […] JA zur priesterlichen - ehelosen - Lebensform! […] JA zur Lehre der Kirche, die immer klar - bis hin zum Dekret Ordinatio sacerdotalis - bezeugt hat, dass die Weihe zum Priester für Frauen nicht möglich ist. […] JA zur kirchlichen Ehe Moral. JA zu einer neuen Begleitung der Ehepaare, dass ihr Versprechen haltbar und tragfähig ist. JA zum Ideal der christlichen Familie, […] JA zur kirchlichen Sexualmoral. JA auch zu so unmodern gewordenen Begriffen wie Keuschheit und Enthaltsamkeit. JA zu den klaren Aussagen des Weltkatechismus, der in Bezug auf homosexuell veranlagte Menschen von der Berufung zur Keuschheit spricht. […] JA zu einem demütigen Blick auf den Herrn, ja zum Mut, den Herrn auch zu fragen, wo der Weg des Einzelnen hinführt.
Setzen wir den Nein-Sagern ein klares JA zum Glauben, JA zu Gott und SEINER Kirche entgegen.
(Mag. Martin Leitner, Pfarrer und Spiritual, 29. Januar 2013

Montag, 28. Januar 2013

Schattenminister.



Sinnigerweise stellt Steinbrück nun peu à peu so eine Art Schattenkabinett auf.
Dabei geht es um Arbeitsteilung, so daß sofort klar ist welcher Sozi auf welche Themen antwortet. Dabei kommt es nicht unbedingt auf größte Kompetenz an, sondern auf Proporz und maximale Wählermobilisierung. 
Steinmeier und Schwesig gelten beispielsweise als a priori gesetzt. Ersterer, weil er seit der Nierensache so beliebt ist und letztere, weil sie Multiquotistin (Frau, jung, Ost,..) ist.

Schattenminister sind also prä-elektionäre Steinbrück-Epigonen, die rein virtuell agieren. 
Sie können vor Kameras auftreten, Partei-Propaganda betreiben, haben aber keinen Einfluß, weil sie  keinerlei Befugnisse haben.
Bizarrerweise verwendet die real existierende Bundesmerkel auch im Jahr Dreineinhalb nach Vereidigung ihres Kabinetts Schattenminister.
Die fünf FDP-Pfeifen, aber auch Schavan, von der Leyen, Aigner und Schröder sind aus reinen Proporz-Überlegungen auf ihren Posten, treten in Talkshows auf, haben keinerlei Einfluß.
Zwar hätten sie die Befugnisse, aber sie sind einfach zu unfähig, um irgendetwas sinnvolles durchzusetzen. 
Selbst bei den völlig sinnLOSEN Vorhaben verzettelt und vertüdeln sie sich.


Die ZDF-Politsatiresendung „Neues aus der Anstalt“ wies dankenswerterweise daraufhin, wieso so viele dringend anstehenden Probleme nicht gelöst werden:
Die Kanzlerin hatte sie nämlich zur Chefsache, bzw Cheffinnensache erklärt.
Und so viel ist sicher: Wenn sich Merkel persönlich einem Anliegen verschreibt, geht es im Chaos unter:
„Stuttgart 21, Energiewende, Opelrettung, Klimaschutz, Umwelt, Gebäudedämmung, Milchpreise, IT-Sicherheit, Bildungsgipfel, Afghanistan, gescheiterter Klimagipfel Kopenhagen, Olympiabewerbung München, Demographiewandel, Integration, HartzIV-Reform, bundeseinheitlicher Nichtraucherschutz, Köhler, Wulff, Freilassung Julia Timoschenko,…“
Hinter der medienaffinen Schröders und Schavans, fällt ein Minister kaum auf, dem aber durchaus Aufmerksamkeit gebührt. 

Peter Ramsauer. Konservativer Hardcore-Hetero-Katholiken-Familienvater mit vier Töchtern.
Der CSU-Spitzenkandidat ist insofern relevant, weil er als Bau- und Verkehrsminister einen der größten Etats überhaupt verwaltet.
 Er ist der Mann mit dem Geld und kann viele, viele Baufirmen und Landespolitiker glücklich machen.

UND er hat perfekt das Merkel-Motto „was ich anpacke, geht schief“ adaptiert.
Was er anfasst, geht in den meisten Fällen schief: Peter Ramsauer (CSU), Minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, ist der „Bruder Leichtfuß“ der Bundesregierung.
(HH Mopo 28.01.13) 
Erst Ramsauers „Krisenmanagement“ stürzte den Berliner BER so richtig ins Chaos.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kommt durch interne Protokolle aus seinem eigenen Ressort in der Affäre um den Berliner Hauptstadtflughafen unter Druck. So kritisiert die von Ramsauer selbst eingesetzte Sonderkommission "BER" das Krisenmanagement des Bundesverkehrsministeriums beim Flughafen. […] Aus den Protokollen geht weiter hervor, dass Ramsauers Sonderkommission spätestens ab Sommer 2012 weniger darauf hinarbeitete, den maroden Flughafen zu retten, sondern vor allem belastendes Material für eine Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz sammelte. "Die Soko kommt zu dem Schluss, dass der Aufsichtsrat über die tatsächlichen Vorgänge falsch bzw. nicht umfassend informiert worden ist", heißt es über die Rolle von Schwarz im Protokoll der Soko-Sitzung vom 12. Oktober.

Anton Hofreiter, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, kritisiert Ramsauers Krisenmanagement mit harschen Worten. "Aus einer Baustelle mit Terminproblemen wurde eine Bauruine", sagt der Grünen-Politiker.
Auch Ramsauers Lieblingsprojekt, die Reform der Flensburger Punkte-Datei, fuhr er zielstrebig gegen die Wand. Der Bundesrat stimmt nicht zu. Nicht weil dort SPD’ler das sagen haben, sondern weil der Gesetzentwurf grottig schlecht ist. Experten schütteln den Kopf über den dilettierenden Minister.

Die geplante Reform des Flensburger Punktekatalogs ist bei Verkehrsexperten glatt durchgefallen. Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung könne nicht zugestimmt werden, beschloss am Freitag der zuständige Arbeitskreis auf dem 51. Verkehrsgerichtstag in Goslar. Verkehrsgerichtstags-Präsident Kay Nehm bezeichnete den Gesetzentwurf aus dem Haus von Peter Ramsauer (CSU) als enttäuschend. Hauptkritik: mangelnde Transparenz. So sei unklar, ab wann welche Punkte zählen oder wieder gelöscht werden sollen. Zudem fehle die Möglichkeit zum Punkteabbau, um einen Führerscheinentzug abzuwenden.
Es ist eigentlich keine einzige politische Aktion des Bayern bekannt, die nicht im Chaos geendet wäre.
 „Stuttgart 21“


Das gegen den Widerstand der Bevölkerung durchgesetzte Bahnhofsprojekt wird immer teurer. Zuletzt war von Mehrkosten in Höhe von zwei Milliarden Euro die Rede – die am Steuerzahler hängen bleiben. Ramsauer und sein Ministerium haben die Fehlplanung maßgeblich zu verantworten und sind auch im Aufsichtsrat der Bahn – dem Bauträger – vertreten.



Jade-Weser-Port



Zwar hat der einzige deutsche Tiefwasserhafen, der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven, kürzlich eröffnet. Die Container rollen. Allerdings ist das Hinterland des Hafens kaum erschlossen. Die Bahnanbindung kommt wohl erst im Jahr 2019. Ein Versäumnis des Verkehrsministeriums.



Pkw-Maut



Ob man eine Maut für Pkw für sinnvoll hält oder nicht – Ramsauer hat wiederholt dafür gekämpft. Und ist immer wieder von der Kanzlerin zurückgepfiffen worden.



Gigaliner



Ramsauer will gegen massiven Widerstand im großen Stil sogenannte Gigaliner auf die Straße bringen – 25-Meter-Lkw, die Kritiker für umweltschädlich und gefährlich halten. In der Testphase beteiligten sich nur wenige Bundesländer und kaum Speditionen.



Elektroautos



Ramsauer hat das Ziel ausgegeben, bis 2020 eine Million Elektroautos in Deutschland fahren zu lassen. Bisher werden aber nur 6.000 im Jahr verkauft. Ramsauer tut wenig, um die Forschung, die Entwicklung oder den Absatz solcher Autos zu fördern.


Ein typischer schwarzgelber Minister also, der zu den demoskopischen Rekordwerten der Union beiträgt.

Der Urnenpöbel liebt sowas.

Sonntag, 27. Januar 2013

Strategie-Problem



Merkels echte Stärke ist ihr Phlegma. 
Das muß man Ironie-frei anerkennen. Man kann die Kanzlerin lange piesacken, ohne daß sie in Erregungszustände gerät.
Sie ist diesbezüglich das diametrale Gegenteil Westerwelles, für den es nur „beleidigen oder beleidigt sein“ gibt.
Auch bei schweren persönlichen Affronts, auf die Guido mit wüsten Warn-Attacken oder Gezeter reagieren würde, winkt Angie nur gelangweilt ab.
Man erinnere sich an das teilweise extrem unflätige Benehmen Berlusconis, der sich über ihre Figur lustig machte, oder die wartende Regierungschefin nicht begrüßte und demonstrativ erst mal telefonierte. 
Auf einen diplomatischen Eklat, den andere nur zu gern geliefert hätten, arbeitete auch Achmadinedschad hin, als er der Kanzlermaschine auf dem Weg nach Asien die Überflugrechte verweigerte und Merkel eine stundenlange Verspätung aufzwang.
Vielleicht ist es nur die Veranlagung der Uckermärkerin. Vielleicht ist es Klugheit, die sie in solchen Situationen stoisch bleiben läßt. Es ist aber ihr Vorteil.

Merkel nutzt diese Fähigkeit aber nicht nur auf dem diplomatischen Parkett, sondern auch in der politischen Taktik.
Das erbärmliche Verhalten des britischen Premiers Cameron, der andere EU-Regierungen zur Weißglut treibt, ignoriert sie. 
Im direkten Zusammentreffen in Davos, weicht sie ihm einfach aus.

Auch das macht ihr das Leben viel leichter. So kann sie auch krachende Wahlniederlagen-Kaskaden achselzuckend hinnehmen. Daß sie wie David McAllister die Fassung verlöre oder gar in Tränen ausbräche, ist ausgeschlossen.

Wenn man die Taktik der allgemeinen Nichterregbarkeit zur langfristigen Strategie erhebt, kann man sogar Bundestagswahlen gewinnen.
Die Rede ist von Merkels viel gepriesener „asymmetrischen Demobilisierung.“ 
Sie bleibt stets unverbindlich und schwammig, vermeidet peinlich genau jede Festlegung und klaut sich ungeniert die Themen der anderen Parteien zusammen.
Man langweilt den Urnenpöbel ins Koma, bis die apathischen Oppositionsanhänger erst gar nicht zur Wahl gehen. 
Ideal eignet sich für diese Merkel-Strategie natürlich ein charismafreier Juniorpartner wie Steinmeier von 2009, der es nie fertigbrachte dem schlafenden Volk zu erklären, was er eigentlich anders machen würde. So holte sich Merkel ganz ohne Programmatik eine satte schwarzgelbe Mehrheit, um dann das zu tun, was sie versprochen hatte: Nämlich nichts.
Als Programmpartei war die CDU bislang nicht aufgefallen. Die Wehrpflicht fiel im Rahmen der Etatberatungen, die Energiewende war das Ergebnis einer Naturkatastrophe in Japan, das Betreuungsgeld Ergebnis eines Koalitionsdeals.
(DIE ZEIT, 24.01.13, s.4)
Thematisch unbestimmt soll es auch nach dem Machtverlust in Hannover weitergehen. 
Von einer »weicheren Ansprache« ist am Tag nach der Niederlage im Konrad-Adenauer-Haus viel die Rede. Die Verunsicherung ist groß: Man könne doch auch wie die Grünen mal »was mit Tieren« machen, soll ein Vorstandsmitglied vorgeschlagen haben. Den anderen die Themen klauen, damit deren Wählerschaft gefrustet zu Hause bleibt, das war Merkels Erfolgsrezept in den vergangenen Jahren. Doch nun sind womöglich die Grenzen dieser »asymmetrische Demobilisierung « genannten Strategie erreicht: In der CDU-Zentrale fürchtet man, dass jeder weitere Schritt nach links in der eigenen Partei auf Widerstand stößt.
 (DIE ZEIT, 24.01.13, s.4)
In der Tat gibt es ein Problem mit Merkels unpolitischer Politik.
Nach und nach schlafen nicht nur die grottenschlecht angesprochenen SPD- und Grünen-Wähler ein, sondern auch die Unions-Fans werden von Wahlmüdigkeit übermannt.
CDU-Ministerpräsidenten großer wichtiger Länder wie NRW und Niedersachsen hatten Merkels Methode plagiiert. Sie zogen grinsend und nichtssagend durchs Land, versuchten alle Schweinereien heimlich auszutüfteln und sonnten sich in ihren hohen Sympathiewerten, die sie als rückgratlose Wählerwunsch-Projektionsfläche erarbeitet hatte.
Dummerweise waren Rüttgers und McAllister am Ende ihre Ämter los.
 Genauso erging es (auch unterschiedlichen Gründen) auch der CDU in Hamburg, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
Wenn kein Wunder geschieht wird auch Kochs U-Boot Bouffier im September 2013 seine Landtagswahl verlieren. In Umfragen liegt Rot/Grün rund 15 Prozentpunkte vor Schwarz/Gelb.
Damit bliebe nur noch Sachsen CDU-gelb regiert - und Bayern CSU-gelb. Also gerade mal zwei von 16 Bundesländern.
Merkel mutiert also zur Dame ohne Unterleib.
Sollte das Bundestagswahlergebnis im Herbst eine Große Koalition erzwingen, wird Merkel das sicher gerne tun, weil sie von der FDP ohnehin die Nase gestrichen voll hat.
Aber Schwarzgelb bliebe eben auch machttaktisch reizlos, da Vermittlungsausschuss und Bundesrat jedes Gesetzesvorhaben stoppen können.
Dies wäre aber auch ein Problem in einer Merkel-geführten CDU-SPD-Koalition. 
Es ist nicht anzunehmen, daß sich die SPD mit dem Bundesratspfund in der Hand noch mal so billig-willig verkaufen würde, wie 2005.
Außerdem regiert die SPD nur in Hamburg allein. Alle anderen Bundesratsstimmen wären durch Grüne und Linke Koalitionspartner neutralisiert.
Und kommt es überhaupt zu dem großen CDU-Vorsprung bei der Bundestagswahl, der jetzt von einigen Instituten mit bis zu 20 Prozentpunkten gemessen wird?
Verlassen sollte sich Merkel nicht darauf. 
Das lehrt McAllister, das lehrt aber auch ihre persönliche Erfahrung.
Grandiose demoskopische Zahlen sechs Monate vor einer Bundestagswahl durch Ziel zu bringen ist Merkels Stärke nicht.
Das Angstdatum der CDU ist der Juni 2005. Damals stürzte die CDU in wenigen Monaten aus der Höhe der Umfragen in die Beinahe-Niederlage ab. 2009 schaffte sie Schwarz-Gelb – wieder mit einem Ergebnis, das weit hinter den Erwartungen zurückblieb.
(DIE ZEIT, 24.01.13, s.4)
Tatsächlich; im Winter 2008/2009 lag die CDU in den Umfragen nur etwas schlechter, aber ähnlich wie jetzt bei rund 40%. Im September erreichte Merkel dann 33,8%

Noch schlimmer sah es 2005 aus. Bis zum Juli 2005 wurde der CDU sogar eine absolute Mehrheit prognostiziert. 49% hatte beispielsweise Forsa im gesamten Juni immer wieder ermittelt. Am 18.09.2005, dem Bundestagswahlsonntag dann der Schock: Gerade mal 35,2 % schaffte Merkel und wurde in die große Koalition gezwungen.

Was nützt also ein deutlicher demoskopischer Vorsprung?

Es wäre Zeit für Merkel ihre Stillhaltemethode zu ändern.
Merkel ist persönlich beliebt und steht einem Haufen Dilettanten gegenüber, die sich wie FDP, Piraten oder Sozis am liebsten selbst zerlegen.
Deswegen liebt man aber noch nicht die CDU.
Nicht die Waffenexport-, Plagiatoren-  und Homoverdammer-CDU, auch nicht die weichgespülte Mindestlohn- und Atomausstiegs-CDU.
Welche CDU der Wähler überhaupt mögen könnte, weiß niemand. 
Von der Parteichefin sind dazu auch keine Antworten zu erwarten.
Diese Antworten brauchte es 2009 zu Zeiten der komfortablen konservativen Mehrheiten im Bundesrat auch nicht unbedingt.
 Überall waren CDU-Ministerpräsidenten, die den Laden schon irgendwie im Gespräch hielten.
2013 sieht es womöglich anders aus.
Nun wird bald der ganze Norden rot regiert. Es wäre ihr nächster Fehler, wenn die CDU sich darüber hinwegtäuschen wollte, dass es für die Malaise Gründe gibt, die im Norden genauso zu spüren sind wie in Düsseldorf.   Sie sind ein Spiegel der CDU-Probleme in fast allen Ländern. Dort bringt der beruhigende Pragmatismus der Kanzlerin zwar Sympathie, aber zieht bei Landtagswahlen nicht genug. Dort wiegt es schwer, wenn die Wähler nicht wissen, wofür diese CDU steht. Ihre Spitze hat die Partei in den letzten Jahren entkernt, vieles über Bord geworfen, was wichtig war, von der Atomkraft bis zur Wehrpflicht. Sie hat viel über ihre Schwäche in den Großstädten nachgedacht, aber sich kaum erneuert. Und wo sie moderne Politik versucht, konterkariert sie das selbst: In Niedersachsen hat McAllisters Regierung viel für den Ausbau von Kita-Plätzen getan. Aber was hilft das, wenn die CDU als Partei des Betreuungsgeldes erscheint. Ständig wirken Christdemokraten in den Ländern wie Gejagte, die - auch bei der Energiewende - vollziehen, was oben entschieden wurde. Halb überzeugt, somit nicht überzeugend. So stehen sie nur noch für politisches Verwalten.

[…] Die Leere macht sie unattraktiv für Leute, die mehr wollen als eine Karriere. Die CDU ist personell ausgebrannt, das merkt sie als Erstes in der Breite. Wo mittelfristig keine Regierungsmacht zu verteilen ist, reicht die Kraft nur zum Kampf um Pöstchen. Nur wer das erträgt, bleibt.
(Jens Schneider, Süddeutsche Zeitung, 25. Januar 2013)