Mir fehlt es garantiert an Gier, unternehmerischen Geschicks
und kaufmännischer Raffinesse, um jemals durch selbstständige Tätigkeit
wohlhabend zu werden.
Glücklicherweise benötige ich auch keine Statussymbole und
fröne keinen teuren Hobbys. Ich bin seit Jahrzehnten nicht mehr geflogen oder
verreist, mein Auto ist wertlos, meine Wohnung zu klein. Keine Kinder, keine
Haustiere, kein Ausgehen.
Ein Asket bin ich aber nicht; wie fast alle anderen Normalos
stelle ich mir auch gelegentlich vor wie es wäre Lottomillionäre zu sein und
über Nacht in unverdientem Reichtum zu schwelgen. Mir fällt eine Menge ein
wofür ich Geld ausgeben könnte. In meinem Alltag würde sich aber äußerlich wohl
nicht viel ändern. Einen Haufen Geld ließe ich auf dem Girokonto liegen.
Einfach, damit es da ist und nicht mehr dieser unangenehme Zustand von „das
Geld ist alle, aber es ist noch so viel Monat übrig“ eintritt.
Tahiti-Vanille-Schoten von Safran-Pütter. Die kosten 18,50 Euro
pro Stück, oder günstig im 25-Schoten-Glas für 430 Euro. Oder die
Raritäten-Sorten von Speicherstadt-Kaffee.
Jamaika Clifton Mount Estate für 290 Euro/Kilo.
Lebensnotwendig ist das nicht, aber ich fände es schon schön
mir diese Gaumenschmeichler leisten zu können, falls ich gerade Lust habe und
nicht nur alle Jubeljahr mal eine Kleinstmenge davon zu probieren.
Das sind nachhaltige Produkte, die nicht auf Kosten der
Natur und unter Auspressung der Arbeiter entstehen.
Auf beim Prassen würde ich auf nachhaltige Quellen achten,
niemals mein Geld jemand in den Rachen schieben, der dann wie Apple, Bezos, BMW
oder den Verdienst der Steuerpflicht entzieht und an die CDU spendet.
Nein, ich würde zu inhabergeführten Firmen mit persönlich haftenden
Gesellschaftern gehen und auch bei ihnen nicht kaufen,
unter dem Dritte leiden müssen.
(…..) Die Sache mit den hochwertigen mechanischen
Uhren werde ich nie verstehen.
Wieso ausgerechnet diese kleinen
mechanischen Zeitnehmer wohl so viel Hass- und Neidgefühle triggern?
Es handelt sich dabei nämlich um
Luxus und jeder Luxus ist dadurch definiert, daß es sich um irgendeine Art des
Überflusses handelt. Luxus ist gerade das was man nicht unbedingt braucht.
Aber Luxus ist eben nicht
exklusiv. Jeder genehmigt sich selbst in irgendeiner Weise Luxus.
Es gibt den Luxus, den man nur
aus persönlicher Vorliebe schätzt, den Luxus, der nur dafür da ist andere zu
beeindrucken, Luxus, der irgendetwas überkompensiert und natürlich auch alle
Mischformen.
Kaum einer lebt von neutraler Astronautennahrung, sondern bevorzugt
Lebensmittel, die ihm persönlich gut schmecken. Auch das ist Luxus, da er
unnötig ist.
Luxus sind Markenklamotten,
überteuerte Apple-Produkte, Autos, Wohnungen, Reisen, Friseurbesuche, Musik,
Kunst. Aber auch Puffbesuche, Drogen oder Restaurants. Mountainbikes,
Gleitsichtbrillen, Kreuzfahrten, Flachbildfernseher oder Spielekonsolen.
All das ist überflüssig. Und
natürlich braucht auch niemand eine Uhr, die 10.000,- oder 100.000,- oder
1.000.000,- Euro kostet.
Aber wenn ich mir die
verschiedenen Formen des Luxus unter ökologischen und sozialen Aspekten ansehe,
stechen hochwertige mechanische Armbandchronometer dadurch hervor, daß sie
nachhaltig sind und keinen Schaden anrichten.
Fast alle anderen Formen des
Luxus sind eine Pest für die Umwelt, verbrauchen unnötig Ressourcen und Energie
und beuten zudem auch noch meistens irgendwo Menschen aus.
Jeder Flug ruiniert das Klima,
jedes Auto stößt Schadstoffe aus, für iPhones werden Billigarbeiter
ausgebeutet, für fast alle Kleidungsstücke gibt es am anderen Ende der Welt
Menschen im Elend. Für einen Strauß Rosen aus Kenia, werden landwirtschaftliche
Flächen ausgetrocknet und jeweils ein Liter Kerosin in die Atmosphäre geblasen.
Jeder Computer und jede Spielekonsole hinterlässt Plastikmüll. Auf Reisen
werden Tiere gequält, wird Fleisch gefressen.
Yachten sind durch ihren
Schwerölverbrauch abartig, Großwildjagden sind amoralisch, PS-Protz-Autos sind
Klimasünden.
Mir fallen tatsächlich nur
mechanische Uhren als positives Luxusbeispiel ein. Sie sind absolut nachhaltig,
werden quasi gar nicht weggeworfen, weil sie nicht nur ihren Wert behalten,
sondern meistens sogar wertvoller werden. Sie verursachen kaum Müll und
verschwenden so gut wie keine Rohstoffe, außer einer winzigen Menge Stahl und
Edelmetall. (…………)
Vom Lottoreichtum zu träumen ist irrational und naiv.
Das ewig prall gefüllte Bankkonto wird für die meisten
Menschen nie Realität werden.
So werden wir weiterhin bange auf den Ultimo warten und
jeden Monat auf’s Neue feststellen, daß ein paar Einschränkungen notwendig
sind.
Hier steht die soziale Frage als unsichtbarer Elefant im
Raum.
Die wirklich Bedürftigen leiden überproportional, weil es
keine Verteilungsgerechtigkeit gibt und das Volksvermögen kontinuierlich an das
obere 1% der Bevölkerung verschoben wird.
Das ist insofern besonders ärgerlich, weil das zu ändern wäre,
wenn dieses eine Prozent nicht übermäßig viel Einfluss erkaufen könnte. Wenn
die Wähler einfach mal die Tomaten von den Augen nähmen und die Parteien in die
Parlamente schicken, die solche Strukturen nicht noch verfestigen.
Aber das erforderte wieder nachhaltiges Denken und nachhaltiges
Handeln, zu dem Homo Sapiens ganz offensichtlich viel zu dumm ist.
Wenn am 14. oder 17. des Monats das Konto leer ist, spürt man
immerhin den Druck und muss sich strecken, einschränken, begnügen.
Auf einer höheren und noch viel dramatischeren Ebene spüren
wir aber leider noch nicht mal Druck und prassen immer weiter über unsere
Verhältnisse.
Die Menschen dieses Planeten haben am 22.08. sämtliche
erneuerbaren Ressourcen, die in einem Jahr zur Verfügung stehen, aufgebraucht.
Der „Earth Overshoot Day“ wäre sogar schon am
22. Juli gewesen, wenn nicht Corona weltweit die Reisetätigkeit und
Industrieproduktion heruntergefahren hätte.
Wir verbrauchen also doppelt so viel wie wir haben. Die
größten Sünder sind dabei Nordamerika, Europa und die Golfstaaten. Die Zeche
zahlen zunächst Afrika und Südasien. Dort schlägt die Erderwärmung
erbarmungslos zu.
Die globalen Verursacher von Überschwemmungen,
Versteppungen, Überfischungen und Landraub können durch ihr Geld die Konsequenzen
der Ressourcenverprassung kompensieren. Wir bauen Deiche, Klimaanlagen,
importieren Lebensmittel.
[…..] Der
sogenannte Welterschöpfungstag war eigentlich für Ende Juli prognostiziert,
doch 2020 ist alles anders: Durch die Corona-Pandemie und den wirtschaftlichen
Lockdown hat sich der Ressourcenverbrauch in den meisten Ländern schlagartig
verringert. Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland:
„Die Corona-Pandemie hat uns die Verletzlichkeit unseres Zusammenlebens und
Wirtschaftens gezeigt. Der im Kalender 2020 nur kurz verzögerte
Welterschöpfungstag ist keine Trendwende, sondern eine Warnung: Der Verlust von
natürlichen Ökosystemen und biologischer Vielfalt bringt nicht nur die
Gesundheit unseres Planeten, sondern auch unsere eigene Gesundheit in Gefahr.
Wir müssen aufhören, die Natur für unseren verschwenderischen Lebensstil zu
zerstören. Um unsere Lebensgrundlagen besser zu schützen, brauchen wir zügig
Gesetze, die Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz auch
entlang von Lieferketten verbindlich regeln.“ […..]
(WWF)
[…..] Bildlich gesprochen lebt die Weltbevölkerung derzeit so, als hätte sie
1,6 Erden zur Verfügung. Die Menschen nutzen die Natur also 1,6-mal schneller,
als Ökosysteme sich generieren können. Mit vielfältigen Folgen für die Umwelt,
wie u.a. Klimawandel, Artensterben oder schrumpfende Wälder. Noch 1987 fiel der
Earth Overshoot Day auf den 19. Dezember. Durch das hohe Konsumniveau in
Industrie- und Schwellenländern sowie das schnelle Bevölkerungswachstum ist der
Tag im Kalender immer weiter nach vorne gerückt, auch wenn er in dem
Ausnahmejahr 2020 durch die Corona-Pandemie einige Wochen nach hinten verschoben
wurde.
Damit der Earth Overshoot Day zukünftig später im Jahr stattfindet,
sind alle gefragt. Denn jede und jeder Einzelne kann einen Beitrag leisten:
Energie sparen, das Auto öfter stehen lassen, saisonale Lebensmittel und
langlebige Produkte mit Recyclingmaterialien kaufen und Abfälle generell
vermeiden. Würden beispielsweise allein die Nahrungsmittelabfälle weltweit
halbiert, würde der Earth Overshoot Day 11 Tage später stattfinden. Eine
Halbierung des CO2-Ausstoßes würde das Datum um 89 Tage verschieben. [….]
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