Mittwoch, 31. Oktober 2012

Anstand, was ist das?



Es gibt diese regionalen Krätz-Meldungen, die verglichen mit “Sandy” oder Syrien vollkommen lächerlich sind, aber dennoch das Potential haben, mich in Rage zu versetzen.

Die Straße, in der ich ständig einkaufe, die in den letzten drei Jahren zweimal komplett neu gemacht wurde und nun so aussieht, daß man vom Boden essen könnte, soll ein drittes Mal umgebaut werden.
 Wie immer in der Innenstadt gibt es natürlich viel zu wenige Parkplätze. Das treibt Anwohner und Leute, die da shoppen wollen regelmäßig zur Verzweiflung.  
 Da bietet es sich doch an, wieder ein paar Millionen Euro in die Hand zu nehmen, um noch mal zwei Dutzend Parkplätze wegzunehmen.
Auch die [xxx] Straße könnte von drastischen Umbauten betroffen sein. Der Bezirk prüft hier, nur noch Längsparkplätze einzurichten - 22 Stellplätze würden damit wegfallen. [….]
Ziel des Busbeschleunigungsprogramms ist die Schaffung zusätzlicher Fahrgastkapazitäten auf den wichtigsten Metrobuslinien. Dieses Ziel soll durch eine konsequente Bevorzugung an Ampeln, die Einrichtung von Busspuren und den Umbau von Haltestellen erreicht werden.
 Warum ärgert einen sowas so sehr?

Ich nehme an, weil es einem mal wieder aufzeigt, daß in diesem Land irgendwas mit der Verteilungsgerechtigkeit nicht stimmt.
„Bund, Länder und Gemeinden steuern in diesem Jahr auf Steuereinnahmen in der Rekordhöhe von 602,4 Milliarden Euro zu. Das sind 5,9 Milliarden Euro mehr als zuletzt erwartet, wie der Arbeitskreis Steuerschätzung mitteilte.“
 Scheinbar sprudelt es ja nur so rein, während Millionen Deutsche in „prekären Jobs“ des Niedriglohnsektors ausharren und man anfängt demente Omen und Open nach Osteuropa abzuschieben, weil der Staat ja leider kein Geld hat, um ihnen in Deutschland eine adäquate Betreuung zukommen zu lassen.

Heute kann man es sich nicht mehr leisten sich nicht für Politik zu interessieren. 
Denn dieser Luxus ist nur verfügbar, wenn man einen Funken Vertrauen zu den handelnden Personen generieren konnte.
Glaubte ich Merkel wäre eine grundlegend anständige Person und wüßte was sich gehört, müßte ich mich nicht mehr mit Details des politischen Streits rumplagen.


Jakob Augstein hat dazu diese Woche anlässlich des Grünen Durchmarsches in Stuttgart (und BW) ein paar treffende Sätze formuliert.
Die Grünen sind für die Moderne zuständig, die CDU für das Ressentiment. Darum siegt die Öko-Partei in Stuttgart. Und die Union führt Wahlkampf auf dem Rücken von Asylbewerbern.
Die Nächte sind jetzt kalt. Aber die Berliner Polizei ist noch kälter: Sie hat den Asylbewerbern, die seit Tagen vor dem Brandenburger Tor ausharren, die Decken weggenommen. Nach Polizeiangaben verstoße der "Einsatz von Übernachtungs-Utensilien" gegen geltendes Recht. So geht eine CDU-geführte Behörde gegen die Ärmsten der Armen vor. Das passt. Gleichzeitig hat Merkels Innenminister Friedrich den Kampf gegen angeblichen Asylmissbrauch entdeckt. Er will Sinti und Roma daran hindern, nach Deutschland zu flüchten. Trotz allen Geredes von der modernisierten Union: CDU und CSU sind immer noch die Parteien des Ressentiments.
[…] Die Grüne Claudia Roth musste nicht übertreiben, als sie am Wochenende sagte: "Zur Union fällt mir Mappus ein, fallen mir Plagiate ein, fällt mir die Art und Weise ein, wie sie mit Griechenland in der Euro-Krise umgehen. Das ist alles andere als bürgerlich und anständig." Das ist das Problem der Union: Vom Plagiator Guttenberg über den Schnäppchenjäger Wulff bis zum Innenminister Friedrich, der seinen Wahlkampf auf dem Rücken von Sinti und Roma führen will, hat die Union vergessen, was sich gehört.
 (J. Augstein 29.10.12)

Dienstag, 30. Oktober 2012

Christliches Menschenbild Teil III



Vor ein paar Jahren wurde eine Freundin von mir 65 und bekam pünktlich zu ihrem Geburtstag einen Anruf eines lokalen Kabelanbieters.
Nun wäre sie doch im richtigen Alter, um zu ihnen zu wechseln. Man habe ein spezielles Seniorenprogramm mit viel Volksmusik und volkstümlicher Unterhaltung, da man sich doch jetzt verstärkt an die gute alte Zeit erinnere.

Entgeistert fragte meine Freundin zurück was das mit ihrem Alter zu tun habe?

„Als ich jung war hörten wir die Rolling Stones und Elvis Presley, tanzten Rock n‘ Roll. Was habe ich mit Volksmusik zu tun?“

 Das ist eben das Pech, wenn man etwas älter wird. 
Automatisch nimmt die Umwelt an, daß man geistig retardiert ist.

Dieser äußere Druck ist so enorm, daß erstaunlich viele Rentner sich bereitwillig anpassen. 
Selbst wenn sie ihr Leben lang schicke Klamotten getragen haben, fangen sie mit 70 schlagartig an beige oder weiße Gesundheitsschuhe, hüftlange Steppwesten und Sophia-Petrillo-Einheitsfrisuren zu tragen.
 Der Mann jenseits des Rentenalters schlüpft entsprechend in Sandalen, hellblaue Anoraks und bindet sich eine Bauchtasche um.

Mit dieser äußerlichen Metamorphose scheint auch ein gewisser Hang zu Konservatismus und Frömmigkeit einherzugehen.

Mir kommt da die Causa Bettina Schardt in den Sinn. Die 79-Jährige hatte sich im Jahr 2007 mit Hilfe Roger Kuschs das Leben genommen.
 Darüber war Plappermäulchen Margot Käßmann so empört, daß sie gar nicht mehr aufhören konnte die kranke und inzwischen tote Frau noch a posteriori zu verdammen.



Da hat die alte Dame dann noch schneller zu den Pillen gegriffen - die Vorstellung, daß sie dereinst im Pflegeheim läge und von predigenden Pfaffen im Zimmer heimgesucht würde - unfähig sich gegen diese Zwangsbebetung zu wehren - war der letzte Sargnagel.

Wer könnte Bettina Schardt nicht verstehen?

Nur weil man alt ist, soll man auf einmal den ganzen Kirchismus-Humbug über sich ergehen lassen?

Seniorenheime werden nun mal sehr oft von kirchlichen Trägern geführt und das Tagesprogramm, welches beispielsweise die Caritas bietet, ist nicht jedermanns Sache.

Ich habe mal rein willkürlich ein solches Heim ausgegoogelt. Das St. Cyriak-Altenheim in Furtwangen im Schwarzwald bietet den Bewohnern:


Gottesdienst
mit Pater Hettel und Margarethe Dold

Märchen im Kaffeetreff
mit Christa Leber

Zitherspiel
mit Siegfried Enz

Bibelgespräch
mit Schwester Wilma

Evangl. Gottesdienst
mit Pfarrer Lutz Bauer Kapelle

Tanz im Pfarrsaal
mit Helmut Winterhalder Pfarrsaal

Singen
mit Schwester martinella


Und all das läuft wieder unter der Überschrift des menschenverachtenden „Christlichen Menschenbildes“


Grundsätze (aus unserem Leitbild)

Wir sehen unseren Dienst und unsere Dienstgemeinschaft auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes. Wir wissen um die Begrenztheit, die uns als Menschen ständig begleitet. Deshalb vertrauen wir darauf, dass der Glaube uns Kraft für den Dienst geben kann. Das Leben eines jeden Menschen verstehen wir als Geschenk Gottes. An jedem Einzelnen liegt es, dieses Leben zu achten und den uns anvertrauten Menschen auch bei Krankheit, physischen und psychischen Veränderungen die Würde zu erhalten. Wichtige Elemente für unseren Dienst sind: Zuwendung, Achtung, Zeit für Gespräche und das Angebot für Gebete und Gottesdienstbesuche.
Der individuelle Wunsch nach seelsorgerlichem Beistand wir selbstverständlich erfüllt. Wir helfen den Bewohnern und ihren Angehörigen mit der Endlichkeit des Lebens umzugehen. Auch Sterben und Tod sind für uns untrennbarer Teil des Lebens. Wir lassen Sterbende nicht allein, sondern begleiten und stützen sie. Die katholische und evangelische Gemeinde und die Ortsgruppe der Deutschen Hospizbewegung unterstützen uns dabei auf eine wunderbare und unschätzbar wertvolle Weise.
Die Seelsorger der katholischen und evangelischen Gemeinden und die Patres der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos in Furtwangen sorgen in unserem Hause für eine kontinuierliche seelsorgerische Begleitung. In unserer Kapelle des Altenheimes finden wöchentlich mehrfach Gottesdienste statt. Drei Ehrwürdige Schwestern vom Kloster Hegne am Bodensee begleiten dabei unsere Bewohner und sind darüber hinaus sehr engagiert im gesamten Bereich der Altenbetreuung und der Seelsorge.


Typisch Christen. 
 An Wehrlose, die zu alt oder zu jung sind und deshalb nicht weglaufen können, machen sie sich ran. Sobald man bettlägerig ist, geht die Zwangsbebetung los.

Und wenn man noch intensivere Pflege braucht wird man von den dem Christlichen Menschenbild Verpflichteten noch weiter gen Osten abgeschoben.

Dies passierte auch dem 88-jährigen Österreicher Emil Bergmann, der in die Slowakei verschoben wurde.

Früher, zu Zeiten des Kommunismus, beherbergte der u-förmige Plattenbau noch das Kreiskrankenhaus. Nun steht der eine Teil leer und verfällt langsam. Im anderen Teil ist ein privates Altersheim untergebracht. Die Kunststofffenster sind frisch eingesetzt, die Böden blank geschrubbt, die Betten neu. Aber sonst wirkt das karge Mobiliar billig und abgewohnt.
Tut mir leid, dass ich zur Begrüßung nicht aufstehen kann, sagt Herr Bergmann. Um zu verhindern, dass er womöglich umkippt, hat man ihn mit einem improvisierten Sicherheitsgurt aus Stoffresten an seinen Fauteuil gebunden. Vor zwei Jahren hatte er eine schwere Gehirnblutung, wurde über Nacht zum Pflegefall.
[…] Heimbetreuung in Österreich oder Deutschland, das kann sich doch keiner mehr leisten, legt der deutsche Geschäftsmann Artur Frank seinen Finger in die tiefste Wunde unseres Sozialsystems. 1.500 bis 3.500 Euro pro Monat bezahlt man in Österreich für die Unterbringung in einem öffentlichen Pflegeheim, in den privaten Residenzen können die Kosten auf bis zu 7.000 Euro steigen. […]
Rein rechtlich spricht nichts gegen den organisierten Rentner-Export, ethisch ist das Modell aber höchst umstritten. Pionierarbeit nennt es Frank, Vermögensschonung für Angehörige Johannes Wallner, Präsident des Bundesverbands der Pflegeheime. Ein Grenzgang zwischen Geld und Gewissen.
Sechs hochbetagte Österreicher hat Frank, meist auf Betreiben der Angehörigen, bereits in den alles andere als nahen Osten transferiert, weitere sollen bald folgen. Ein Betroffener aus Klagenfurt ist sogar in der Grenzregion zur Ukraine untergebracht, fristet seinen Lebensabend somit 800 Kilometer von zuhause entfernt.
Drei der von mir vermittelten Österreicher sind zwar körperlich mobil, leben aber psychisch in ihrer ganz eigenen Welt, erzählt Frank. Bei denen sei es ja letztendlich egal, wo sie untergebracht sind.

In den Tagesthemen von gestern wurde ein weiterer „Fall“ beschrieben.
 Gerti Ludl, 82, aus Bayern wurde in ein Heim in Zlatna na Ostrove (Slowakei) verfrachtet. 
Dort kostet die Pflege der vergesslichen Frau nur rund ein Drittel. Die Heimleiterin räumt zwar gegenüber der ARD ein, daß keiner der Pfleger deutsch spreche, aber wen kümmert das schon? 

Aus den Augen, aus dem Sinn. 

Pech für Frau Ludl und der CDU-Pflegeexperte Willi Zylajew findet es super:
„Wir wollen keinen Pflegetourismus, aber wenn Menschen sich aus freien Stücken für das Ausland entscheiden, dann muß es diese Möglichkeit geben!“

Dazu braucht man wohl wieder eine besondere Portion „Christliches Menschenbild“ um bei einem Demenzkranken zu erkennen, daß er/sie aus freien Stücken in die Slowakei will.

Ein Pflegeheim in Deutschland wäre zu teuer gewesen. Das zumindest hat der Sohn, der zu Hause ein Spielwarengeschäft führt, ein paar Tage zuvor am Telefon erzählt. "Meine Mutter hat eine kleine Rente und muss davon auch noch 500 Euro Beitrag für ihre private Krankenversicherung zahlen. Ein deutsches Heim wäre so teuer, dass ich 1000 Euro pro Monat selbst beisteuern müsste."
Die letzte Reise führt für immer mehr Deutsche in ein Pflegeheim im Ausland. In Ländern wie der Slowakei, Tschechien oder Ungarn, aber auch Spanien und Thailand gibt es eine wachsende Zahl an Einrichtungen, die sich speziell an westeuropäische Kunden wenden und häufig von deutschen Betreibern geführt werden. Gemeinsam haben sie, dass die Pflege dort weit günstiger geleistet wird als in deutschen Einrichtungen.
Die Auslandsheime erleben regen Zuwachs. Schuld daran ist offenbar, dass die Heimkosten in Deutschland stetig steigen – knapp 2900 Euro waren es zuletzt für Pflegestufe 3 – die Rentenhöhe gleichzeitig aber stagniert. Eine Folge dessen ist, dass die Zahl an pflegebedürftigen Sozialhilfeempfängern deutlich steigt.
[Gerti Ludl bleiben nur noch ein paar Photos] In der Mitte hängt prominent ein Bild von Ludls "G’schäft", wie sie stolz sagt: Ein Lotto- und Schreibwarenladen in ihrer Heimatstadt, den sie jahrzehntelang geführt hat. Frau Ludls große Liebe. "Jetzt ist mein G’schäft da draußen irgendwo, aber ich kann ja nicht mehr hin", sagt sie und schaut sehnsuchtsvoll aus dem Fenster.
(DieWelt 28.10.12)

Montag, 29. Oktober 2012

Christliches Menschenbild Teil II



Wie ich früher schon ausführte, vertrete ich ein völlig anderes Menschenbild, als das von Angela Merkel.

Ich bin evolutionärer Humanist und lehne die die Leitlinien, nach denen das zu 100 % christliche Bundeskabinett zu handeln vorgibt grundlegend ab.

Was unter Frau Merkels Ägide passiert, halte ich zwar für christlich, aber eben auch für zutiefst amoralisch und verwerflich:

  • -Massiver Ausbau des deutschen Waffenexports
  • -Fernhalten der ärmeren Bevölkerungsschichten von den Universitäten durch Studiengebühren.
  • -Menschenfeindliche Abschiebelager und Arbeitsverbote für Menschen in Not.
  • -Rapider Zuwachs des Reichtums bei gleichzeitiger systematischer Ausweitung des Billiglohnsektors.
  • -Forcierung eines Zweiklassengesundheitssystems
  • -Ruin der südlichen EU-Staaten durch Spardiktate, an denen Deutschland verdient.
  • -Stoische Hinnahme von rechtsextremen und antisemitischen Umtrieben
  • -Verweigerung ehelicher Rechte für Menschen, die Menschen des angeblich falschen Geschlechts lieben.
  • -Behinderungen von selbstständigen Entscheidungen in den intimsten und persönlichsten Dingen wie PID, Patientenverfügung und aktiver Sterbehilfe.
  • -Selektionsschulsystem welches Behinderte, Ausländer und sozial Schwache möglichst schnell auf unterfinanzierte Restschulen abschiebt.
  • Etc.
Die neueste Auswirkung der schwarzgelben Sozialpolitik ist nun die, daß 411.000 Personen sogenannte Hilfe zur Pflege beziehen müssen, weil sie aus eigenen Kräften nicht mehr ihre Pflegeheime bezahlen können.  Mehr und mehr werden sie ins Ausland abgeschoben.

Wer sein Leben lang gearbeitet hat und wenig verdiente, am Ende der Wegstrecke auch noch dement und/oder krank wird, hat im Deutschland der Angela Merkel bald nichts mehr verloren.

Die am Christlichen Menschenbild Orientierten finden es angebracht bettlägerige Omen und Open, die eh kaum Geld haben und nicht mehr wählen können vermehrt nach Tschechien und Rumänien in Billigheime abzuschieben.
400.000 Senioren können Altenheim nicht mehr zahlen.
Hunderttausende Senioren können sich aus eigener Kraft keine Altenpflege mehr leisten - das geht laut einem Zeitungsbericht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Die Krankenkassen diskutieren nun kostengünstigere Modelle, wonach deutsche Pflegefälle im Ausland versorgt würden.
[…] Der Sozialverband VdK wertet die Entwicklung als Alarmsignal: "Das Risiko, durch Pflegebedürftigkeit in Armut abzurutschen, steigt seit Jahren", warnt Präsidentin Ulrike Mascher in der Zeitung. Ein wichtiger Grund für die höhere Zahl an Betroffenen sei, dass die Heimkosten kontinuierlich steigen - zuletzt lagen sie in Pflegestufe 3 bei durchschnittlich knapp 2900 Euro pro Monat - während das Rentenniveau stagniert, so Mascher. […]
Sowohl die Krankenkassen AOK als auch Barmer GEK signalisierten auf Anfrage, man sei grundsätzlich offen für Modelle, in denen deutsche Pflegefälle im Ausland versorgt würden.
Es ist sagenhaft.
 In diesem so ungeheuer reichen Land, in dem riesige Milliardenbeträge zur Bankenrettung rausgehauen werden, in dem Milliarden zur Förderung von Rüstungsbetrieben locker gemacht werden, in dem die reichsten Industriekonzerne der Pharma- und Automobilebranche mit immer neuen Geldgeschenken gepampert werden, können wir uns Menschen leider nicht mehr leisten.

Wer alt und arm ist, fliegt raus. 

Und wer schweigt dazu?

Die katholische und evangelische Kirche - selbst Betreiber vieler Heime.

Nach Merkels Christlichen Verständnis macht es scheinbar auch keinen Unterschied, ob jemand, der ohnehin verwirrt ist von deutschsprechenden Pflegern notdürftig versorgt wird, oder für immer von jedem privaten Besuch abgeschnitten in Tschechisch oder Rumänisch angesprochen wird.

Vielleicht ist das die gerechte Strafe für Egoisten, die sich dem sozialverträglichen Frühableben verweigern - zumindest nach Auffassung der Koalitionssozialpolitiker Bahr, von der Leyen und Schröder.

Es handelt sich hier um eine Frage des politischen Willens. 
Schließlich ist das Thema weder neu noch duldet es weiteren Aufschub. 
Die Schwarzgelben lassen aber seelenruhig Alte und Schwache in ihr Elend rutschen.
Bei einem Heimplatz können laut Experten bis zu 1900 Euro am Bewohner selbst hängenbleiben. Das können sich schon heute viele Rentner nicht leisten. Künftig werden noch viel mehr auf Hilfe angewiesen sein, weil das Rentenniveau sinkt und weil mehr alte Menschen in Deutschland leben werden.
Das ist die eigentliche Herausforderung der Zukunft. Weder gibt es genügend Heimplätze für diese Menschen, noch werden die Pflegekassen ohne dramatische Beitragssteigerungen für alle Bedürftigen zahlen können. Die Pflege braucht mehr Geld; sie braucht aber auch andere Konzepte neben der Heimpflege.
(Nina von Hardenberg, SZ, 29.10.12)
Wir stehen gerade mal am Anfand des Problems. 
Wenn erst einmal die acht Millionen Niedriglöhner ins Rentenalter kommen, wird keiner von ihnen einen Heimplatz in Deutschland bezahlen können.

Wie stellen sich Bahr und Merkel das dann eigentlich vor? 

Wird man dann die zu Armen einfach wie überzählige männliche Küken lebend mit Kohlendioxid begasen und dann zu Nahrungspellets zerhäkseln?

Wenn Oma den Heimplatz nicht zahlen kann, wird sie zu Soylent Green verarbeitet und wird unters Schweinefutter gemischt?
Offensichtlich scheinen die amoralischen Christen in der Regierung zu denken, daß sie selbst von diesem Schicksal nicht betroffen sein werden, weil sie reich genug sind.
Zu den nach Presseberichten getätigten Äußerungen von Willi Zylajew Pflegebedürftige in Zukunft im Ausland versorgen zu wollen, erklärt die stellvertretende Sprecherin der Arbeitsgruppe Gesundheit der  SPD-Bundestagsfraktion Hilde Mattheis:
Die schwarz-gelbe Regierung sollte anstatt den absurden Vorschlag zu verbreiten, Pflegebedürftige im Ausland versorgen zu wollen, endlich ein Konzept vorlegen, dass die Situation für Pflegebedürfte in Deutschland  verbessert. Dazu gehört die Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs sowie  Investitionen in Pflegeberatung und Pflegeinfrastruktur. Es mutet zynisch an,  wenn der Pflegeexperte der Union stattdessen die Forderung erhebt,  Pflegebedürftige aus der Mitte unserer Gesellschaft ins Ausland  „abschieben“ zu wollen.
Eine überwiegende Zahl der Pflegebedürftigen möchte in der eigenen Häuslichkeit alt werden. Der Ausbau ambulanter Strukturen muss deswegen  höchste Priorität haben. Ein „Outsourcing“ von Pflegebedürftigen, so wie es Zylajew vorschlägt, ist einfach nur menschenverachtend.
(29.10.2012 PM Nr. 1174)

Der Vorschlag, Pflegebedürftige ins Ausland abzuschieben, ist ein ungeheures Armutszeugnis. Eine so wohlhabende Gesellschaft wie die unsere muss sich ihrer Verantwortung für ihre hilfebedürftigen Mitglieder stellen - und kann das auch. Offenbar scheuen einige Koalitionsmitglieder diese Mühe und versteigen sich daher auf absurdeste Vorstellungen.
In unserer älter werdenden Gesellschaft steigt die Zahl pflegebedürftiger Menschen. Ohne umfassende Reformen wird die Zahl derer zunehmen, die auf Hilfe zur Pflege angewiesen sind. Die gerade von Schwarz-Gelb eingeführte private Zusatzversicherung - der ,,Pflege-Bahr" ist nicht die Lösung. Der Pflege-Bahr ist unsozial und bürokratisch. Er wird für geringverdienende Menschen viel zu teuer werden und damit denen nicht helfen, die es am dringendsten brauchen.
Wir brauchen erstens eine solide, nachhaltige und sozial gerechte Finanzierung der Pflegeversicherung. Mit unserem Modell der Grünen Pflege-Bürgerversicherung können wir bessere Leistungen dauerhaft zu bezahlbaren Beitragssätzen finanzieren. Dazu gehört, einen neuen Pflegebegriff einzuführen und die Leistungen der Pflegeversicherung regelmäßig an die Lohn- und Preisentwicklung anzupassen. Das wirkt auch dem steigenden Sozialhilfebedarf entgegen. Wir brauchen zweitens ein vernünftiges Rentenkonzept, das wirksam vor Altersarmut schützt. Deshalb fordern wir eine armutsfeste Garantierente. Wir müssen drittens viel mehr für die Stärkung und den Aufbau ambulanter, quartiersnaher Versorgungsstrukturen tun, um die teure stationäre Pflege möglichst zu vermeiden. Hier sind auch die Kommunen gefragt, die besonders unter den steigenden Kosten für die Hilfe zur Pflege zu leiden haben.
Wir Grüne sind bereit, die pflegepolitischen Herausforderungen hierzulande anzugehen. Schwarz-Gelb ist es offenbar nicht.
(Elisabeth Scharfenberg, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Grünen Bundestagsfraktion, PM 0936/12 vom 29.10.2012)
Keineswegs sollte man vergessen, daß diejenigen, die noch nicht nach Thailand oder Moldawien abgeschoben wurden oft mangelhaft versorgt werden.

Der MDK (Medizinische Dienst der Krankenkassen) stellt auf Geheiß der Bundesregierung inzwischen Pflegenoten von 1 bis 5 für die über 10.000 stationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland aus. 
Die Heimbewohner werden dabei allerdings nicht unbedingt gefragt.
Wenn überhaupt, wird die sogenannte „Kundenzufriedenheit“ separat dargestellt.

Viele Experten halten das Notensystem für reine Augenwischerei und fordern denn Unsinn auszusetzen.
Nein zu Pflege-Noten
Seit 2009 werden von den Medizinischen Diensten der Krankenkassen (MDK) an Pflegeheime und Pflegedienste Pflegenoten verteilt: zwischen eins und fünf. Sie sollen den Verbraucher informieren, Transparenz schaffen und die Auswahl eines Pflegedienstes und Heimes erleichtern. Auch sollen sie dazu beitragen, die Qualität in den Heimen und Pflegediensten zu erhöhen: Wer kann es sich schon leisten, dass eine schlechte Note über seine Einrichtung veröffentlicht wird? Was auf den ersten Blick einleuchtet – warum soll es nicht auch Verbraucherschutz und Transparenz auf dem Pflegemarkt geben? – löst auf den zweiten Blick Bedenken aus. Ist der Weg der Pflegenoten der richtige? Die Unterzeichner sagen „nein“. Dies nicht, weil sie etwas gegen Transparenz hätten, nicht, weil sie eine schlechte Note fürchten, sondern weil sie den eingeschlagenen Weg für grundlegend falsch halten. Die Argumente gegen Pflegenoten lassen sich – wie folgt – zusammenfassen
(Prof. Dr. Thomas Klie, Dipl.-Volkswirt Franz J. Stoffer, Freiburg und  Köln, 31. März 2011)
Nicht weit von mir entfernt, an der Finkenau, in unmittelbarer Nähe des großen Hamburger Momonentempels gibt es eine moderne Einrichtung des Betreibers „Pflegen und Wohnen.“

Erst i2009 wurde der stattliche Bau mit 210 Pflegeplätzen für die normalstationäre Pflege und 40 Pflegeplätze für die besondere Betreuung bei Demenz (180 Einzelzimmer und 35 Doppelzimmer) errichtet.

Erfahrungen aus vielen Jahrzehnten sind in die neuen Räume eingezogen.
 Ein Ambiente zum Wohlfühlen. Gut betreut und bestens versorgt, vor allem aber zu Hause sollen sich die Bewohner fühlen. Dafür wurde mit vielen liebevoll gestalteten Details eine Atmosphäre geschaffen, die das Wohnen in den Mittelpunkt stellt. Gemütliche Wohnküchen, elegante Pflegebäder, geschmackvoll ausgestattete Zimmer und große Balkone befinden sich in jeder Etage.

Stolz gibt der Betreiber gleich auf der Startseite seine Bestnote preis:
PFLEGEN & WOHNEN FINKENAU wurde am 23.01.2012 
zuletzt vom MDK geprüft und erhielt die Note 1,1
(Pflegenundwohnen)

 Im Einzelnen:


Was der MDK so spitzenmäßig findet und so rosig beworben wird, ist für die Bewohner weniger schön.

 Wenn Bettlägerige es wagen zu oft um Hilfe zu klingeln, wird ihr Bett kurzerhand so weit von der Wand abgerückt, daß sie den Klingelknopf nicht mehr erreichen können. 

 Johannes F. Kamm, Geschäftsführer von „Pflegen und Wohnen“ räumt das sogar vor der Kamera ein.
„Es gibt eben den Bewohner mit der Dauerklingel. Und wenn die Mitarbeiterin auf der Etage sagt: „Jetzt hat er mich zum fünften Mal gerufen“ und die Möglichkeit darin besteht, dass er für eine halbe Stunde nicht klingeln kann oder für 20 Minuten, damit sie einmal zurückgehen kann in Ruhe und wieder vor.“
 Schließlich müssen die Pflegerinnen auch mal Pause vor den Patienten haben.
 Über Pflegemissstände, Beschwerden von Heimbewohnern haben wir schon oft berichtet,- aber dass in einem Heim, das mit der Note 1 bewertet wird, Bewohner im Alltag offensichtlich entwürdigend behandelt werden, das hat uns aufhorchen lassen. Patienten, die fast verdursten, in ihrer eigenen Notdurft liegen, die vom Klingelknopf weg geschoben werden, damit sie nicht zu oft nach dem Pfleger rufen. Geschehen in einer Pflegeheim-Kette, die als sehr renommiert gilt.
Ein Heim der Hamburger Pflegekette „Pflegen und Wohnen“. Luxuriöse Ausstattung - modernes Gebäude. Ausgezeichnet mit Bestnoten.
Trotzdem gibt es Beschwerden. Allein aus diesem Heim zogen Ende Juli gleich fünf Bewohner aus. Sie haben es nicht mehr ausgehalten.
(Susanne Stichler, Panorama 3, 09.10.12)