In so einer extrem kritischen politischen Lage arbeiten die Regierungsparteien rund um die Uhr. Schon zu normalen Zeiten, ist der Stress für Ministeriale oft so groß, daß Partnerschaften zu Bruch gehen, die Protagonisten physisch gefährlich belastet werden, indem sie beispielsweise fett werden, weil sie keinen normalen Tages-Nacht-Rhythmus aufrecht erhalten können, unter Schlafmangel leiden, keine Zeit für Sport haben und immer nur endlos sitzen.
Um die Ampelaner muss man sich in gesundheitlicher Hinsicht ernsthaft Sorgen machen.
[….] Wohl nie zuvor seit Bestehen der Bundesrepublik überlagerten sich so viele schwerwiegende Krisen: die Klimakrise. Der russische Angriffskrieg. Die daraus resultierende Energiekrise. Die dadurch verstärkte Inflation. Und die siebte Coronawelle läuft auch durchs Land. [….] In drastischen Worten wies Wirtschaftsminister Robert Habeck vor Kurzem auf die enorme Arbeitsbelastung seiner Mitarbeiter hin. »Es ist jetzt kein Scheiß, den ich erzähle: Die Leute werden krank. Die haben Burn-out, die kriegen Tinnitus. Die können nicht mehr.« Ähnlich sieht es im Finanzministerium, im Gesundheitsministerium und im Kanzleramt aus, den weiteren Powerhäusern dieser Krisenzeit. Fast überall in der deutschen Politik gibt es Anzeichen von Überlastung und Überforderung. [….] Bis Ende Juli hatten sich in Habecks Ministerium 102.458 Überstunden angesammelt. [….] [….] »Die können nicht abschalten«, sagt Peter Tauber über die Minister von heute. Der frühere CDU-Generalsekretär hat sich vor Jahren aus der Politik zurückgezogen, weil ihn der Stress und die Arbeitsbelastung krank gemacht haben. Man müsse sich mal vorstellen, was los wäre, wenn Olaf Scholz im Kanzleramt bei einer Krisensitzung sagen würde: »Es ist 22 Uhr. Wir gehen nach Hause. Schlafen eine Nacht drüber. Morgen früh mit klarem Kopf finden wir eine Lösung.« Das wäre zwar richtig, findet Tauber, »aber Medien und andere würden empört aufschreien. Die Krisensitzung bis zwei Uhr in der Früh ist doch inzwischen Teil des Rituals.« [….]
In anderen außergewöhnlichen politischen Krisensituationen gab es einen Grundkonsens der politischen Parteien, die es ermöglichte, Kräfte zu bündeln und auf alle Ressourcen zurück zu greifen.
Die RAF ermordete in den 1970ern Industrielle, Militärs, Politiker, Staatsanwälte und Polizisten. 1977 erpressten sie im „deutschen Herbst“ den Staat. Bundeskanzler Helmut Schmidt war zwar entschlossen, den Entführern nicht nachzugeben, wollte aber alles Erdenkliche tun, um die Geiseln (Arbeitgeberpräsident Schleyer und eine Lusthansamaschine voller Touristen) zu retten. Zu dem Krisenstab im Kanzleramt lud er neben den Fachministern und Spezialisten auch die Oppositionsführung. Schmidt, Brandt, Kohl und Strauß waren alles andere als Freunde, aber die damalige CDU/CSU verstand, daß es nun wichtigeres als Parteipolitik gab. Schmidt forderte in diesen Runden, aus denen damals nichts nach Außen drang, alle Anwesenden auf, auch das Undenkbare auszusprechen. Der CSU-Chef schlug vor, RAF-Gefangene zu erschießen. Justizminister Vogel und Kanzler Schmidt ließen das selbstverständlich nicht zu, aber alle hielten sich an die vereinbarte Vertraulichkeit.
CSU-Rechtsaußen Friedrich Zimmermann, 1925-2012, der als späterer Bundesminister unter Helmut Kohl für hanebüchene rechtsextreme Positionen bekannt wurde, verlor bis an sein Lebensende kein schlechtes Wort mehr über Helmut Schmidt, weil er derartig beeindruckt von der Arbeitsweise des 1977er Krisenstabs war.
2022 ist die Welt eine völlig andere. Die CDUCSU-Opposition ist zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Regierung in dieser Multikrise weder fähig, noch willens.
CSU-Großsprecher Alexander Dobrindt, als ehemaliger Bundesverkehrsminister einer der Hauptverantwortlichen für die total vergeigte „Verkehrswende“ und die katastrophale deutsche Infrastruktur, beschäftigt sich verbal schon wieder mit der RAF, der „Klima-RAF“. So wettert der Bayer gegen Klima-Aktivisten. Sich mit Superkleber auf die Straße zu heften, um auf dem Klimawandel aufmerksam zu machen, erinnert ihn an Terroristen der „Rote Armee Fraktion“, die bei Anschlägen 34 Menschen ermordete und über 200 schwer verletzte.
[….] Klima-Protest dürfe „kein Freibrief für Straftaten sein“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der „Bild am Sonntag“. Es brauche „deutlich härtere Strafen für Klima-Chaoten, um einer weiteren Radikalisierung in Teilen dieser Klimabewegung entgegenzuwirken und Nachahmer abzuschrecken“, sagte der CSU-Politiker. Die Entstehung „einer Klima-RAF“ müsse verhindert werden. Damit bezog sich Dobrindt auf die Rote Armee Fraktion (RAF). Die RAF galten in der Bundesrepublik über Jahrzehnte als Inbegriff von Terror und Mord. [….]
Eigene Vorschläge zur Verlangsamung der Erderwärmung oder zur Einsparung von Klimagasen hat er nicht.
Entlastungen für die finanziell schwächeren Deutschen, die unter den hohen Lebensmittel- und Energiepreisen ächzen, will Multimillionär Friedrich Merz nicht akzeptieren und wettert gegen das „Bürgergeld“ der Ampel.
[….] Auch Änderungen am Entwurf ändern nichts: CDU-Chef Merz lehnt das geplante Bürgergeld weiterhin strikt ab. Es sei "paternalistisch". Auch andere CDU-Politiker kritisieren das Bürgergeld. Die Union droht mit der Blockade der geplanten Sozialreform. […]
Bessere Ideen gibt es aber nicht aus der CDU/CSU. Dafür widmen sie sich Deutschlands schlimmsten Problemen voller Verve: 1.) Dem Kampf gegen das Gendern, das sie laut Unions-Rechtsaußen Christoph Ploß unbedingt verbieten lassen wollen, weil sie gegen Verbote sind. 2.) Der geplanten Cannabis-Legalisierung.
[….] Auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisiert das Vorhaben scharf. Seine Argumente sorgen nun allerdings für viel Spott. Konkret geht es um die Aussagen des Ministers in der "Augsburger Allgemeinen" vom Mittwoch. Dort äußert er seine Meinung über die Legalisierung von THC-haltigem Cannabis in Deutschland: "Die Legalisierungspläne der Bundesregierung stellen nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa ein gefährliches Signal dar", sagte Holetschek. Es sei zu "befürchten", dass dies auch Cannabis-Fans aus anderen europäischen Ländern anlocke. Die Bundesregierung müsse daher sicherstellen, "dass keine Anreize für einen Drogentourismus nach Deutschland geschaffen werden", forderte der CSU-Minister. [….]
Die Unionsparteien erweisen sich in dieser Multikrise als höchst unnütz und intellektuell überfordert.
Bei den anderen beiden Oppositionsparteien sieht es bedauerlicherweise genauso finster aus.
Die AfD leugnet Corona, leugnet den Klimawandel und steht fest an der Seite ihres Idols Wladimir Putin. Ihre Parlamentarier sind auf der Deppenloge des Bundestags passend aufgehoben.
Die Partei der Stunde, wäre eigentlich die LINKE. Deutschland in Rezession und Inflation, es gilt der Massenverarmung entgegen zu wirken und hunderte Milliarden staatlicher Hilfsgelder zu verteilen. Das passiert alles, während die Energiekonzerne und Superreichen märchenhafte Gewinne einfahren.
[….] Von den Dax-Konzernen, die bislang ihre Geschäftszahlen fürs dritte Quartal vorgelegt haben, konnten mehr als die Hälfte ihre Gewinne steigern, teils sogar deutlich. Besonders spektakulär schneiden die Autokonzerne ab. Ob Volkswagen, Mercedes oder BMW – die Margen schnellen sportlich nach oben. Aber auch die Logistiker von der Deutschen Post konnten das Ergebnis verbessern, trotz hoher Spritpreise, ebenso der Gasspezialist Linde, die Deutsche Bank, der Konsumgüterhersteller Beiersdorf oder die Duft- und Geschmacksfirma Symrise, um nur ein paar Beispiele zu nennen. [….]
Eigentlich sollte diese Themen Kernkompetenz der Linken sein. Als einzige Opposition links der Regierung sollte sie Sternstunden im Bundestag feiern, Konzepte vorlegen und mit hilfreichen Vorschlägen brillieren. Sie sollte große Erfolge bei den Landtagswahlen einfahren und sich als zukünftige Regierungspartei empfehlen.
Stattdessen verzwergte sie sich freiwillig auf ein unsympathisches putineskes Querfrontlerhäuflein, das an der Verschwörungstheoretikerin Sahra Sarrazin klebt. Bei allen Landtagswahlen seit der Bundestagswahl war die 5%-Hürde für die Linke weit außer Reichweite. Das Überspringen der 2%-Grenze ist schon ein besseres Ergebnis für die Wagenknechte.
Es hängt also alles an der Ampel. An Olaf Scholz.
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