Die „New York Times“-Journalistin Maggie Haberman ist vermutlich die beste Trumpkennerin der Welt. Sie begleitet den „orange Jesus“ schon seit über 20 Jahren, studierte ihn genau, als noch niemand im Entferntesten daran dachte, der TV-Prolet könne Politiker werden. Sie reiht Scoop and Scoop; alle anderen Journalisten staunen im Stundentakt, woher die NYT-Kollegin das nun wieder wissen konnte.
Ihre Kontakte sind legendär. Unter den seriösen Reportern verfügt sie aber über ein Alleinstellungsmerkmal. Sie bekommt ihre Informationen direkt von Trump, der sie immer und immer wieder zu langen Gesprächen empfängt. Er hasst sie natürlich auch wie die Pest, weil sie wenig Schmeichelhaftest über ihn schreibt. IQ45 beschimpft Haberman, diffamiert sie als „drittklassig“, „overrated“ und „failing“. Mit ihr spreche er nie. So muss Trump reden, weil er ein pathologischer Lügner ist und niemals die simple Wahrheit zugeben könnte: Haberman, die aus einer Reporter-Dynastie stammt und die NYT, mit ihrem Ruf als „beste Zeitung der Welt“, repräsentieren die New Yorker Antipoden zur Trumpfamilie. Sie genießen echtes Ansehen, während er zwar vor seiner Präsidentenzeit durchaus reich und berühmt war; darüber hinaus aber in der echten High Society bestenfalls als „amüsant“ galt. Wirklich ernst genommen wurde er nicht. Der alte Geldadel wollte keine Geschäfte mit ihm machen, die Intellektuellen verachteten ihn für seine Grobheit, die mangelnden Umgangsformen und die fehlende Allgemeinbildung. Der Mann, der nie ein Buch gelesen hat und keinen Tweet ohne Rechtschreibpanne herausbringt, verfügt über ein Heer rechter Politiker und eine Armada konservativer Medienanstalten, die ihm zu Füßen liegen, lobpreisen und nach seinem Belieben hofieren.
Aber obwohl er es zum mächtigsten Mann der Erde brachte, blieb ihm stets die Anerkennung der besten New Yorker Kreise (für die Habermann steht) verwehrt.
Aus Hass und Verachtung für diese liberalen und intellektuellen Eliten, verließ er New York, ließ sich in Mar A Lago nieder und veranstaltet einen kontinuierlichen Beschimpfungsschwall gegen jene Kreise.
Darin zeigt sich die frappierende Infantilität seines Charakters. Mit 76 Jahren sehnt er sich immer noch so sehr danach von den alteingesessenen New Yorker Eliten, für die in seinen Augen als Apotheose die NYT steht, akzeptiert zu werden, daß er wie ein garstiges Balg, das sein Essen durch die Küche wirft, um Habermanns Aufmerksamkeit buhlt. Wie wir seit den Jan6th-Hearings wissen, wirft Trump tatsächlich wutentbrannt sein Fastfood an die Wand, bis im Oval Office der Ketchup von den Wänden tropfte. Anschließend starrt er stundenlang auf Newsmax, FOX und AON, um zu genießen, wie ihm die servilen Hetzer Honig ums Maul schmieren. Aber die letzte Befriedigung verschafft es ihm nicht, auch wenn Hannity, Tucker, Ingraham und Graham noch so intensiv seine Arschbacken küssen. Dann ruft er Habeman an. Sie ist für ihn die Schnittstelle in die seriöse Welt, die er mit all seinen Milliarden und seiner präsidentiellen Macht nie erreichen konnte.
Und so fütterte Trump die Starjournalisten auch für ihr neuestes Buch mit langen Hintergrundgesprächen.
[….] Dass die in der amerikanischen Fassung mehr als 600 Seiten starke neue Trump-Biografie (Originaltitel: Confidence Man, in der deutschen Übersetzung: Täuschung) der New York Times-Reporterin Maggie Haberman kontroverse Reaktionen hervorrufen würde, dürfte die Autorin daher kaum verwundern. Schon Wochen vor der Veröffentlichung des Buches am Dienstag waren Details durchgestochen und berichtet worden. "Das ist das Buch, das Trump am meisten fürchtet", schrieb die Nachrichtenseite Axios. Das Magazin The Atlantic druckte vorab das Schlusskapitel. Amerikanische Fernsehsender überschlagen sich gerade mit Interviews. [….]
Dirk Hautkapp, der Funke-Medien-Mann in Washington, erklärt voller Bewunderung die Crux:
[…] Die wichtigste Erkenntnis des Buches kommt beiläufig daher. Trumps Motivation, Präsident werden zu wollen, hatte nichts mit Politik, Ideologie oder dem Drang nach Weltverbesserung zu tun. Sondern allein mit Geltungssucht. „Ich kenne viele reiche Männer, die niemand kennt“, diktierte Trump seiner Lieblingschronistin in den Block. Ein seltener Moment der Ehrlichkeit. […]
Die Charaktereigenschaften Trumps lernte die ganze Welt zur Genüge ab 2015/2016 kennen. Haberman belegt nun ausführlich, wie lange dieses Wesen schon in ihm verankert ist.
[….] Schon der skrupellose Geschäftsmann habe Jahrzehnte vor der Präsidentschaft zwei Seiten gehabt: Dem "guten Trump", der großzügig, unterhaltsam, charismatisch und sogar charmant sein und damit auf Menschen einnehmend wirken konnte, stand früh der "böse Trump" gegenüber, der seiner obsessiven Gier nach Geld, Macht und Dominanz eiskalt alles andere unterordnet, cholerisch gegen Kritiker wütet und Regeln nur als Einschränkung seines Egos sieht. Trumps Allmachtsfantasien, sein extremer Narzissmus und seine Verachtung für das Gesetz wurzeln für Haberman in seiner Zeit als Immobilienmogul mit halb kriminellen Kontakten. [….]
Zwei weitere ausgezeichnete Trump-Kenner sind Susan Glasser, 53, (»New Yorker«) und Peter Baker, 55, (»New York Times«), die zusammen gerade das 700-Seiten-Werk „The Divider“ vorlegen.
Glasser, Baker und Haberman sind alle von einer dritten Präsidentschaftskandidatur Trumps überzeugt. Die Partei würde sich niemals gegen ihn stellen, auch wenn sein Wahlkampf 2020 gegen einen uralten Demokraten mit einer dreifachen Niederlage endete: Mehrheit im House erneut verpasst, Mehrheit im Senat futsch, Weißes Haus verloren. Aber Trump ist kein Politiker, sondern ein religiöser Führer, dessen 75 Millionen Sektenmitglieder für ihn sterben würden und für keinerlei Fakten zugänglich sind.
[….] Glasser: Trump ist eine historisch einzigartige Figur der amerikanischen Politik. Die republikanische Partei wurde von Trump umgeformt und radikalisiert. Er ist wie eine Droge, von der der Kern der Partei und Millionen Amerikaner nicht lassen kann.
Baker: Wenn man den Republikanern im Kongress eine Wahrheitsdroge verabreichte, dann würden meiner Einschätzung nach zwei Drittel sagen, Trump sollte verschwinden. Sie tun aber nichts dafür, und zwar aus zwei Gründen: Erstens haben sie gesehen, was mit den Leuten passiert, die sich gegen Trump wenden. Von den zehn Abgeordneten, die dafür gestimmt haben, Trump des Amtes zu entheben, wird kaum einer dem nächsten Kongress angehören. Entweder sie haben ihre Vorwahlen verloren, wurden zum Rückzug gedrängt oder haben von sich aus aufgegeben. Ich habe einen republikanischen Senator interviewt, der Trump nicht mag. Er sagte: »In meinem Bundesstaat stehen 88 Prozent der Republikaner hinter Trump. Was soll ich da tun?«
SPIEGEL: Hat Trump die Republikaner zu einer Partei gemacht, die die US-Verfassung nicht mehr respektiert?
Glasser: Es ist schwer, zu einem anderen Schluss zu kommen. Die Partei hat es abgelehnt, sich von Trump zu distanzieren, als dieser die Legitimität der Präsidentschaftswahl 2020 in Zweifel gezogen und versucht hat, Joe Biden den Wahlsieg zu stehlen. Kein anderer Präsident hat dies jemals getan. Das ist ein fundamentaler Bruch unserer Verfassung. [….]
SPIEGEL: Wie würde sich eine zweite Amtszeit Trumps von der ersten unterscheiden?
Baker: In der ersten Amtszeit hat sich Trump mit Leuten umgeben, die beeindruckende Titel und Lebensläufe vorzuweisen hatten oder mit Militärs, die viele Sterne auf der Schulterklappe trugen. Es waren Leute, die sich häufig widersetzten, wenn Trump etwas Verantwortungsloses, Unethisches oder manchmal sogar Rechtswidriges tun wollte. In einer zweiten Amtszeit würde Trump solche Leute nicht mehr zu sich holen. Die Einzigen, die bereit wären, für ihn zu arbeiten, wären überzeugte Anhänger. Insofern wäre eine zweite Amtszeit ganz anders: sozusagen Trump auf Steroiden. [….]
(DER SPIEGEL, 07.10.2022)
Meine Landleute bringen es fertig, den Wahnsinnigen noch einmal zu wählen.
Dann aber endgültig, GUTE NACHT, MENSCHHEIT!
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