Samstag, 26. April 2014

Der Feind meines Feindes – Teil II



Wenn man so wie ich nicht mit religiösen Traditionen aufgewachsen ist und sich im täglichen Leben nicht nach den vielen uralten Regeln des Korans/Talmud/Bibel richten muß, ist es umso wichtiger darüber Bescheid zu wissen.

Ich bin nicht Atheist, weil ich zufällig in so eine Umgebung hineingeboren wurde, sondern, zumindest als Erwachsener, weil ich mich mit den großen Religionen genau beschäftigt habe und diese aus echter Kenntnis ablehne.

Sehr gerne gucke ich daher Filmchen wie die NDR-Dokumentationen


Oder


Klar, das „Gemeinschaftsgefühl“, des Geborgenheitsgefühl in einer Gruppe, die sich gegen andere abgrenzt und in der es feste Regeln gibt, so daß man nicht allzu viel selbst denken muß, ist für viele Menschen sehr anziehend.
Das Essen scheint bei Juden und Muslimen toll zu sein. Das könnte mich beides reizen. Gegen die Juden spricht, daß die vielen Regeln das tägliche Leben sehr umständlich macht. Aber gegen die Muslime spricht das kollektive Fußwaschen. Dauernd die Füße anderer Männer sehen zu müssen, wäre nichts für mich.
Bei den Christen sind die unfassbar zählen und langweiligen Gottesdienste das Hauptausschlusskriterien. Und was essen Christen eigentlich?

Letztendlich erscheinen mir die drei abrahamitischen Hauptströmungen aber wie Versammlungen von psychisch Labilen, die es nötig haben sich eine Identität ex negativo zuzulegen.

Leidenschaftlich haben sich Juden, Christen und Muslime die längste Zeit der Geschichte gegenseitig gehasst und bekämpft.
Durch die letzten 2000 Jahre der Menschheitsgeschichte zieht sich eine endlose Kette von religiös begründeten Kriegen und Genoziden.
„Wir sind besser als die“, der Kitt jeder Religionsgemeinschaft, rechtfertigt die Aggression gegenüber anderen religiösen Gruppen.

Nirgendwo lässt sich das besser als in der tripel-religiös-symbolischen Stadt Jerusalem und dem „Heiligen Land“ studieren.

Es kann keine Kompromisslösung zwischen Gebietsansprüchen geben, wenn sowohl Juden als auch Moslems direkt von ihrem GOTT legitimiert sind.
Noch nicht einmal die Israelische Regierung kann Jüdische Siedler vertreiben, wenn diese sich direkt auf Gott berufen.
Christen, die als Erfinder des Antisemitismus letztendlich den Holocaust verursachten und als Islamophobe über Jahrhunderte Kreuzzüge und Genozide an Muslimen durchführten, sind verständlicherweise weder die natürlichen Verbündeten von Juden oder Muslimen in Palästina.

Dennoch, auch im Heiligen Land können die drei Religionen zusammen arbeiten. Nämlich dann, wenn sie einen gemeinsamen Feind haben. Vorzugsweise einen Schwächeren, auf den sie gemeinsam einschlagen können.

Als der für August 2005 geplante World Pride unter dem Motto „Ahawah lelo Gwuloth – Liebe ohne Grenzen“ stattfinden sollte, passierte das Unglaubliche:
Angeführt vom Bürgermeister Uri Lupolianski (World Pride ist „eklig, beleidigend, anstößig und provokant“) vereinten sich die führenden Geistlichen aller Religionen und hetzten gegen die Schwulen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwochabend forderten jüdische, christliche und islamische Würdenträger die Veranstalter auf, das zehntägige Fest abzusagen. Der sephardische Großrabbiner von Israel, Shlomo Amar, sagte, Homosexuelle fügten ihren Eltern viele Schmerzen zu. Auch in einer Demokratie dürfe nicht alles erlaubt sein. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, sagte, man respektiere die Freiheit der Anderen, "aber diese müssen wiederum unsere religiösen Gefühle respektieren". Es gebe "genug Spannungen in der Stadt".
Der armenisch-apostolische Patriarch von Jerusalem, Torkom II. Manoukian, betonte, Gott habe die Einwohner von Sodom und Gomorrha für ihre Homosexualität bestraft. Der muslimische Würdenträger Scheich Abdelaziz Boukhari warnte seinerseits, Gott werde die heilige Stadt bestrafen, sollten die religiösen Führer nicht gemeinsam die Veranstaltung verhindern. Auch der Apostolische Nuntius Erzbischof Pietro Sambi schloss sich dieser Ansicht an.

Als die Schwulen abgezogen waren, war die seltene Einigkeit auch schnell vorbei – man hasste sich wieder gegenseitig.

Angesichts der „Arabellion“ kommen sich gegenwärtig aber Juden und Christen in Israel wieder näher. Ihnen missfällt die Demokratisierung in Nordafrika. Die vorherigen Diktatoren konnten sie besser einschätzen.
Nun scheinen die zuvor unterdrückten Muslime stärker zu werden und das schweißt nun die einstigen Todfeinde Juden und Christen zusammen.

Jetzt will der jüdische Staat sich offiziell für diese Minderheit öffnen: Erstmals werden christliche Araber eingeladen, in der Armee zu kämpfen – gegen muslimische Araber. […..]  „Die christliche Gemeinschaft will sich in die israelische Gesellschaft integrieren“, sagt [der griechisch-orthodoxe Priester Gabriel] Nadaf, „mit allen Rechten und Pflichten.“ Doch zugleich ist diese Integration auch ein Bruch und eine scharfe Abgrenzung gegenüber den israelischen Arabern – der Gruppe, der die Christen bislang ganz selbstverständlich zugeschlagen worden waren. Nadaf sagt dazu: „Ich bin ein christlicher Israeli.“
Begrifflich und gedanklich ist da also einiges in Bewegung geraten. Denn diskutiert wird längst nicht nur über den Dienst an der Waffe, der das biblische Diktum von den „Schwertern zu Pflugscharen“ umdreht. Im Kern geht es um eine Identitätsdebatte, bei der die Christen im Heiligen Land – oder zumindest einige von ihnen – eine neue, eigene Rolle suchen. […..]
Knapp zehn Prozent der 1,5 Millionen israelischen Araber sind Christen. Selbst in ihrer Hochburg Nazareth, der größten arabischen Stadt in Israel, sind sie zur Minorität geworden. Meist schwelen die Konflikte mit den Muslimen unter der Oberfläche, doch in Nazareth kam es vor Jahren ausgerechnet zum Osterfest auch schon zu Straßenschlachten wegen eines geplanten Moscheebaus genau neben der Verkündigungskirche. So führen die Christen ein Leben zwischen allen Fronten – für die jüdischen Israelis sind sie Araber, von den Muslimen werden sie bisweilen als „Kreuzzügler“ verhöhnt.
[…..] Auch von christlicher Seite wird Nadafs Kurs teils scharf kritisiert. Der frühere Jerusalemer Patriarch Michel Sabbah nennt Israels Militär eine „Aggressionsarmee“. Die Initiative „Kairos Palästina“ verurteilt den Dienst in der „Besatzungsarmee“ als „unmoralisch und schädlich für die palästinensisch-christliche Identität“. […..]
 (Peter Münch, SZ vom 26.04.2014)

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