1989
ging es auf einmal ganz ganz schnell; der eben noch allmächtige
DDR-Staatsapparat implodierte einfach.
Die fünf
Parteien des „Demokratischen Blocks“, die zuvor alle Pfründe untereinander
aufteilten, zerfielen in Rekordtempo.
SED Sozialistische Einheitspartei
Deutschlands
CDU Christlich-Demokratische Union
Deutschlands
LDPD Liberal-Demokratische Partei
Deutschlands
DBD Demokratische Bauernpartei Deutschlands
NDPD National-Demokratische Partei
Deutschlands
CDU und
DBD wurden von der West-CDU wegfusioniert; LDPD und NDPD riss sich die FDP
unter den Nagel.
Vier von
fünf tragenden Säulen ersparten sich also jede Aufarbeitung der
DDR-Vergangenheit. Die Namen verschwanden, das Parteivermögen kassierten
West-CDU und West-FDP.
Der
schwarze Peter verblieb allein bei der SED, die sich die nächsten 25 Jahre
Vorwürfe anhören mußte.
Eine der
größten Witze der Vereinigungsgeschichte ist die Kritik an der Umbenennung in „SED-PDS“,
bzw später „PDS“, sie würde sich darum drücken die Vergangenheit anzuerkennen.
Ihr ginge es nur darum, das Vermögen zu behalten.
Das
Geschrei kam ausgerechnet von den „Bürgerlichen“, die selbst das komplette Parteivermögen
von vier Blockparteien abgegriffen hatten und überhaupt gar keine Vergangenheit
vor 1989 anerkannten.
Die
einzige Partei, die sich nicht aus der DDR-Konkursmasse bediente, die keine
Immobilien, Bankkonten und Parteimitglieder an sich raffte, war die SPD. Und diese
SPD wurde von der CDU über 20 Jahre mit einer Rote-Socken-Kampagne überzogen.
Gregor
Gysi war mutig und ehrlich den undankbaren Job anzunehmen, sich den geballten
Anfeindungen aller West-Parteien und fast der gesamten Presse über so lange Zeit
zu stellen.
Ich erinnere
mich noch sehr gut an die höhnischen Sprüche der CDU/CSU- und FDP-Politiker
nach der Bundestagswahl von 1990, als die PDS dank einer einmaligen
Sonderregelung von der 5%-Hürde befreit mit 2,4% im Bundestag saß.
Man war
sich ja so sicher „gewonnen“ zu haben und spätestens bei der Wahl 1994, wenn
die 5% erreicht werden müßten, um in den Bundestag einzuziehen, wäre die PDS
endgültig Geschichte.
Heute
liegt die Linke bundesweit recht stabil um die 10%, war in mehreren
Landesregierungen beteiligt und stellt sogar einen Ministerpräsidenten.
Das ist
in erster Linie Gregor Gysi und seinen bekannten rhetorischen Fähigkeiten zu
verdanken.
Man kann
natürlich einwenden, daß er es mit der Einbindung Oskar Lafontaines wesentlich
verbockt hat ein besseres Verhältnis zur SPD aufzubauen und somit der CDU das
Regieren zu ermöglichen.
Aber
außer seinen enormen Verdiensten für die Anerkennung seiner Partei im Westen,
die im Wesentlichen durch seine TV-Auftritte erreicht wurde, bleibt von Gysi,
daß er in sozialen, gesellschaftlichen, finanziellen und insbesondere
außenpolitischen Fragen oft die richtigen und wichtigen Dinge im Parlament
gesagt hat.
Die
Ansichten der Linkspartei wurden oft erst verachtet, aber später gelegentlich
durchaus übernommen. Man denke nur an Gysis Kritik der Militäreinsätze, seine
Forderungen nach Gesprächen mit außenpolitischen „Gegnern.“
Sich
nach 25 Jahren freiwillig zurück zu ziehen, ist ebenfalls eine Leistung Gysis.
Etwas
wohlfeil nörgeln immer noch die großen Zeitungen im Westen herum; auch wenn es
sich um die wenig verbohrte „Süddeutsche Zeitung“ handelt.
[…]
Mit Gysi geht aber auch einer, der fürs
Gestern steht, der es nie gewagt hat, Tacheles zu reden über Irrwege und
Verstrickung in der DDR. Das können seine Leute jetzt nachholen, weshalb der
Abschied auch Befreiung ist.
Schade nur, dass jetzt
kein Neubeginn kommt, sondern der nächste Schlingerkurs. Sahra Wagenknecht hat
ihre kommunistische Sekte zwar verlassen. Bei ihrem Lieblingsthema Euro aber
laviert sie gefährlich nah an Positionen nationalistischer Europa-Verächter. […] Dietmar Bartsch, der schon vom Gestus her den Apparatschik in sich nie
ganz bezwungen hat, wird seine Not haben mit dem Furor der roten Sahra. […]
Gähn,
Gysi als denjenigen darzustellen, der die Verstrickungen in die DDR nicht
aufgelöst hätte, ist wirklich so was von Peter Hintze 1994.
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