Der richtige Spin ist der
Casus Knacktus.
Wenn die VERöffentlichte
Meinung jemanden liebt, dann kollektiv.
Alle Zeitungen und
Magazine bejubelten Karl-Theodor Baron von und zu Guttenberg.
Alle jazzen
Ursula von der Leyen zur möglichen Kanzlernachfolgerin hoch, jeder plappert dem
anderen nach, daß Ratzinger ein hochintelligenter bedeutender Wissenschaftler
wäre. Alle halten Vroni Ferres für eine der bedeutendsten Schauspielerinnen.
Jeder schreibt von Schäubles unbestrittener Finanzkompetenz.
(Ich vertrete in allen
Punkten die diametral entgegengesetzte Meinung, aber auf mich hört ja keiner)
Die einhelligen
Charakterisierungen führen dazu, daß sich die öffentliche Meinung der veröffentlichten
Meinung irgendwann anpasst.
Die Öffentliche ist ein Tanker. Sie geht viel
langsamer auf Kurs, behält aber die einmal eingeschlagene Richtung erstaunlich
lange bei.
Als Guttenberg schon seit
Wochen der massiven Lügen und Täuschungen überführt war, hielt die große Mehrheit
der Deutschen ihn immer noch für gradlinig und grundehrlich.
Einhellig senkt die
veröffentliche Meinung derzeit über Peer Steinbrück die Daumen.
Seine unbestrittene
Fachkompetenz wird gar nicht mehr zur Kenntnis genommen.
Daß er Deutschland mit
hoher Wahrscheinlichkeit aus der Mehltau-artigen Paralyse reißen könnte, die
die Nichtpolitikerin und Lobbyisten-Wunscherfüllerin Merkel der Nation antut,
interessiert nicht.
Stattdessen berauscht man sich
an „echten Steinbrücks“ - also sprachliche Fauxpas, die dazu geeignet sind in dieser Neidkultur einen Popanz aufzubauen.
Der Urnenpöbel hat längst
das Gespür für die wirklich wichtigen Punkte verloren.
Ob Merkel 40 Milliarden
Euro oder 400 Milliarden Euro an die Banker verteilt, spielt für den Wähler gar
keine Rolle, weil er sich den Unterschied ohnehin nicht vorstellen kann.
Dabei
ist genau das der alles überlagernde Megaskandal des frischen Jahrtausends:
Sozialisierung der Verluste, Privatisierung der Gewinne. Gigantische
Umverteilung von unten nach oben, Abkopplung einer superreichen Elite, die sich
ihren Einfluß problemlos erkaufen kann und nicht den lästigen Umweg über
Demokratie und Wahlen gehen muß.
Das alles nimmt der Urnenpöbel klaglos hin.
Aber wehe wenn Steinbrück seine Bundestags-Jahresbahncard einmal für eine
private Zugfahrt benutzt.
Das ist so wie mit den Dienstwagen, die für eine Extratour ein paar
Hundert Euro kosten. Darüber regen sie sich fürchterlich auf, weil das
Größenordnungen sind, in denen sie selbst denken.
Wenn aber Politiker ein paar
Milliarden verschleudern oder wie CDU und FDP an Lobbyisten weiterreichen stört
das demoskopisch gar nicht, weil das eh außerhalb des Horizonts des Urnenpöbels
liegt.
Dass Steinbrück völlig Recht hat damit, daß Kanzler im Vergleich zu jedem Landeschef einer
Kassenärztlichen Vereinigung unterbezahlt sind, spielt keine Rolle mehr.
Ein
Kandidat soll sich dem Neid-Pöbel anpassen.
Am schlimmsten finde ich,
zu suggerieren er verlange nach mehr Geld, damit ER SELBST dann mehr verdiene!
Dabei ist bei kaum einem besser
nachgewiesen als bei Steinbrück, daß er wesentlich mehr verdienen kann und zwar
bei 1% des Aufwands, wenn er eben NICHT Kanzler würde. Ginge es ihm ums Geldverdienen,
würde er sich ja nicht bewerben.
Kürzlich diskutierte ich
in der Uniklinik mit einer Putzfrau. Sie setzte das Bundeskanzlergehalt
auch sofort in Relation zu IHREM Gehalt und meinte es sei ja wohl unverschämt,
daß Merkel 15 mal so viel wie sie im Monat verdiene.
Da mußte ICH
(ausgerechnet!!!) Merkel verteidigen und antworten „bei aller Liebe, aber die
Jobs - Putzfrau und Regierungschefin eines 82-Mio-Volks - sind eben NICHT
vergleichbar“.
Daraufhin war sie
natürlich beleidigt und meinte so schwer sei der Kanzler-Job ja nun auch nicht,
schließlich hätte Merkel doch für alles ihre Leute!
Also, ich hasse Merkel nun
wirklich wie die Pest, aber daß ein Regierungschef einen anstrengenden Job
mit Dauerarbeit und wenig Schlaf hat, kann man ja nun nicht abstreiten.
Wenn
man nur eine ruhige Kugel schieben will, ist das jedenfalls nicht das Richtige.
Das Gespräch endete dann
damit, daß ich sagte „Wenn sie der Ansicht sind Bundeskanzler ist so easy und
man verdiene so viel, dann werden sie doch selbst Bundeskanzlerin!“
Steht doch jedem frei.
Schröder hat gezeigt, daß
das auch geht, wenn man aus allereinfachsten Verhältnissen kommt.
Aber daß man sich dafür 30
Jahre lang vorher buckeln und fleißig sein muss, jedes Wochenende auf dämlichen
Parteiortsvereinssitzungen hocken muß, unendlich viele Hintern küssen muß, war
ihr wohl nicht so gegenwärtig!
Es gibt tausende Leute,
die ungerechtfertigt zu viel verdienen.
Insbesondere solche Typen wie die
Quandts, die GAR NICHTS tun und zufällig geerbt haben und dann bei einem
25%-Kapitalertragssteuersatz 600 Mio im Jahr verdienen dafür, daß sie zu Hause
sitzen und Däumchen drehen.
Ich glaube auch, daß viele
Verbands- und Sportfunktionäre sich nicht unbedingt todarbeiten für ihre hohen
sechsstelligen Jahresgehälter.
Man könnte sogar noch um
die hohen Beamten in den Ministerien streiten.
Aber ausgerechnet
BUNDESKANZLER wird man nicht wegen des Geldes.
"Mega-schwierig" bis "total beschissen", so beschreiben viele Sozialdemokraten derzeit die Stimmung. Peer Steinbrück und sein schwer lädiertes öffentliches Image zieht die ganze Partei nach unten. Selbst hartgesottene Genossen fragen, wie man unter diesen Bedingungen einen halbwegs anständigen Bundestagswahlkampf überstehen soll.
Die SPD ist in ihrer wechselvollen Geschichte Unbill gewohnt. Die katastrophale Wahlniederlage 2009 war der vorläufige Tiefpunkt der jüngsten Zeit. Aber viel besser ist die Stimmung derzeit nicht. Eigentlich wollte sie im Sommer selbstbewusst ihren 150. Geburtstag feiern und im Herbst dann mit etwas Glück den Kanzler stellen.
Von Selbstbewusstsein ist dieser Tage aber wenig zu spüren, von Glück kann keine Rede sein. Namhafte und gemeinhin wohltemperierte Sozialdemokraten beschreiben den Zustand der Partei in überraschend drastischen Worten. "Mega-schwierig" ist der höflichere, "total beschissen" der gängigere Begriff.
Sollte Steinbrück gefürchtet haben, ihm schlügen in Berlin aus den eigenen Reihen Wogen der Entrüstung entgegen - er hätte nicht bangen müssen. Von Wut und Erregung ist nichts zu spüren, wer im vertraulichen Gespräch das Parteibefinden erkundet, spürt stattdessen Resignation, Ratlosigkeit und Anzeichen von Defätismus, Stimmungen also, die für eine Partei im Bundestagswahljahr gefährlicher sein können als Ärger und Zorn.
[…] Ein Kandidatenwechsel im Wahljahr wäre eine Katastrophe, sagen erfahrene Sozialdemokraten: "Das wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod." Stimmt.
Sachlich ist aber schon
längst nicht mehr.
Die Zeitungen überschlagen
sich mit Horrormeldungen über den ungeschickten Peer.
Linke sitzen mit dampfenden,
vollen Hosen wie paralysierte Kaninchen vor der Niedersachsenwahl und erklären
Steinbrück a priori zum Sündenbock und falschen Kandidaten.
Dabei hatte es gar
keine Alternative gegeben.
Sie hatten ja
nun mal de facto nur Steinmeier, Steinbrück und Gabriel zur Auswahl und von
denen geht nur Steinbrück, weil Gabriels persönliche Sympathiewerte zu schlecht
sind; Steinmeier wollte nicht und hat 2009 bewiesen, daß er Merkels
Einlull-Wahlkampfstil absolut NICHTS entgegen zu setzen hat.
("Asymmetrische Demobilisierung")
Steinbrück hingegen ist klug, eloquent und kann auch im bürgerlichen Lager Stimmen holen.
Er ist aber beratungsresistent und haut gerne zur Unzeit Sprüche raus, die beim Wähler schlecht ankommen.
Daß er IN DER SACHE recht hat, interessiert dabei gar nicht mehr.
Steinbrück hingegen ist klug, eloquent und kann auch im bürgerlichen Lager Stimmen holen.
Er ist aber beratungsresistent und haut gerne zur Unzeit Sprüche raus, die beim Wähler schlecht ankommen.
Daß er IN DER SACHE recht hat, interessiert dabei gar nicht mehr.
Nun steht die
ganze Journaille gleichgeschaltet gegen ihn.
Und gegen so eine Kampagne hat man
natürlich kaum Chancen. Insbesondere wenn die gesammelte Medienmacht in Form
von Friede und Liz Merkel massiv hochschreiben läßt, obwohl sie NICHTS auf die
Reihe bekommt und alle Versprechen gebrochen hat.
Klartext wollen die Wähler aber nicht mehr. Das erschreckt sie ganz fürchterlich.
Beliebt ist nur noch derjenige, der seichtes Geschwurbel ohne Inhalt absondert.
Wulff und Guttenberg sind so auf Platz 1 der Beliebtheitsskala aufgestiegen: Bloß keine politischen Positionen beziehen, niemanden verärgern, zu allem freundlich grinsen.
Klartext wollen die Wähler aber nicht mehr. Das erschreckt sie ganz fürchterlich.
Beliebt ist nur noch derjenige, der seichtes Geschwurbel ohne Inhalt absondert.
Wulff und Guttenberg sind so auf Platz 1 der Beliebtheitsskala aufgestiegen: Bloß keine politischen Positionen beziehen, niemanden verärgern, zu allem freundlich grinsen.
Der Urnenpöbel sehnt sich
geradezu danach verarscht zu werden. ER will nur hören, daß es irgendwie
weitergeht, ohne von der lästigen Realität aufgeschreckt zu werden. 16 Jahre
Einlull von Kohl und acht Tranquilizer-Merkeljahre und der Verstand des Wahlvolkes
ist erfolgreich ausgeschaltet
In der aktuellen ZEIT (von
gestern) ist dazu ein interessanter Artikel - leider noch nicht online:
„Die Rhetorik der Macht.
Über weniges regen sich die Medien derzeit mehr auf als über Peer Steinbrücks Interviews. Sollte er vielleicht lieber reden wie die Kanzlerin?“
Journalisten beklagen sowohl politische Nullaussagen als auch unkluge Antworten. Unkluge Antworten sind zumeist konkret
[…] Steinbrück habe, wie der Spiegel in seiner aktuellen Titelgeschichte noch einmal herausstellt, »den Eindruck« erweckt, sich ein besseres Einkommen verschaffen zu wollen, da er in einem Interview darauf hingewiesen habe, dass das Kanzlergehalt verhältnismäßig niedrig sei. Nun hatte Peer Steinbrück keineswegs gesagt, dass er aufgrund eines finanziellen Vorteils Bundeskanzler werden möchte, er hatte vielmehr stets das Gegenteil behauptet, zum Beispiel im November in der Bild am Sonntag: »Meine Bewerbung um die Kanzlerkandidatur zeigt, dass mir dieses politische Engagement wichtiger ist als Geld. Denn sonst würde ich mehr verdienen, wie ja jetzt jedermann weiß.« Das weiß natürlich auch jeder politische Kommentator, genauso wie er allerdings auch weiß: Darauf kommt es gar nicht an. Es kommt nicht in erster Linie auf die Aussage selbst an, es kommt darauf an, ob sich aus der Aussage ein zweifelhafter Eindruck ableiten lässt, der zu einer öffentlichkeitswirksamen Erzählung taugt. Die Erzählung lautet: Ausgerechnet ein Kanzlerkandidat der SPD, der für seine Vorträge hohe Honorare kassierte, hinterlässt den Eindruck, sich über sein mögliches zukünftiges Gehalt zu beschweren. Nach Steinbrücks Vorgeschichte, so der Spiegel, »wirkte es seltsam«, dass Steinbrück auf das Kanzlergehalt zu sprechen gekommen sei. Seltsam ist allerdings auch, dass die seltsame Wirkung einer Aussage ein Politikum sein soll.
Genau besehen, lässt sich aus den Steinbrückschen Interviewsätzen vor allem ableiten, dass er sich den Medienmechanismus nicht zu eigen machen möchte, wonach schon der mögliche Eindruck, den eine Aussage hinterlässt, diese sogleich zu einer kritikwürdigen macht. Eine kluge Antwort im Pingpongspiel eines journalistischen Inter views ist heute eine tautologische oder möglichst selbstverständliche, aus der sich, wenn überhaupt, nur indirekt etwas ableiten lässt. In diesem Sinne kluge Antworten kennt man gut von der Bundeskanzlerin. Nur einige allzu typische Beispiele aus den vergangenen Monaten: Am 2. Mai beantwortete Angela Merkel in der Welt die Frage, welche Bedeutung die Landtagswahl in Schleswig- Holstein für sie und die CDU habe, fol gen dermaßen: »Jede Landtagswahl ist wichtig, weil sie darüber entscheidet, welche Politik in einem Bundesland zum Tragen kommt (...).« Am 3. Mai wurde sie von der Hamburger Morgenpost gefragt, ob sie zur Fußballeuropameisterschaft in die Ukraine fahre: »Ich habe noch keine Reisepläne zu Spielen der EM gemacht, weder nach Polen noch in die Ukraine, so etwas entscheide ich immer kurzfristig (...).« Am 2. Dezember wurde sie in der Bild am Sonntag gefragt, welche Position die Union zur steuerlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit Eheleuten habe: »Der Parteitag ist der richtige Ort für eine solche Entscheidung (...).« Wie ernst nimmt sie ihren Herausforderer Peer Steinbrück? »Ich habe immer jeden meiner Konkurrenten und Herausforderer ernst genommen und respektiert (...).« In Angela Merkels Interviewantworten wird entweder auf ein zuständiges Gremium verwiesen (»Parteitag«), die Fragestellung bis zur Unkenntlichkeit ins Allgemeine verschoben (»Jede Landtagswahl ist wichtig ...«, »Ich habe immer jeden meiner Konkurrenten ...«), oder aber die Frage wird als noch gar nicht beantwortbar deklariert, da eine Entscheidung noch aussteht: »Ich habe noch keine Reisepläne ...« [….](ADAM SOBOCZYNSKI, DIE ZEIT 10.01.13)
Im grossen Ganzen stimme ich zu.
AntwortenLöschenDie allgemeinen Reaktionen auf Steinbruecks Auesserungen haettest du auch preantizipieren koennen und hast sie gegebenermassen eben postanalysiert.
Erfahrung, Wissen, Intelligenz, ... Common Sense! .... und auch ich als mittelmaessiger Hauptschueler, mit einer danach, bis heute, folgenden geradezu militanten Bildungsaversion, haette zB. das, was Steinbrueck da, und schon gar nicht gerade eben, gesagt hat auf keinen Fall nie und nimmer geblubbert!!!
Unnuetz, Bloed, und fahrlaessigst Kontraproduktiv.
"Er ist aber beratungsresistent und haut gerne zur Unzeit Sprüche raus, die beim Wähler schlecht ankommen."
OK, wunderbar, weiter so ...
Gruss
Jake
Ja schon. Allerdings blubbert er rund um die Uhr was und wir hören nur die durch Medien gefilterte Version. Die stellen eben die paar problematischen Sprüche raus und nicht die 99% seiner Sätze, die sinnvoll sind.
AntwortenLöschenAußerdem weißt Du doch wie verweichlicht und anspruchslos ich bin!
Ich werde niemals einen Bundesknazler oder US-Präsidenten bekommen, den ICH gut finde.
Aber wenn er wenigstens etwas weniger schlecht ist, als Guido, Fipsi und Angie, bzw Mitt, Sarah und George W. - dann mache ich schon Sprünge vor Glück!
LGT