Mittwoch, 19. Februar 2020

Pädo-Toleranz


Vielleicht ist es nur ein Klischee aus amerikanischen Krimiserien; verifizieren kann ich es nicht: Pädophile gelten selbst im Knast als Abschaum, rangieren ganz unten in der Kriminellen-Hierarchie.
Möglicherweise handelt es sich dabei auch nur um einen Ausweg für minderbegabte Drehbuchschreiber, um halbgare Stories abzurunden. Kommt ein schmieriger Typ wegen Kindesmissbrauch in Untersuchungshaft, kürzt es für den Zuschauer das Verfahren elegant ab, wenn der Pädophile dort schnell, still und leise von anderen Gefangenen getötet wird.

Seit 15, 20 Jahren erwachsen leise Zweifel in mir, ob pädosexuell übergriffige Männer wirklich allgemein so gehasst werden.
Seit im Jahr 2002 noch unter Papst Johannes-Paul II die erste große Pädosex-Enthüllungswelle aus den USA über die Katholische Kirche rollte, konnte man klar beobachten welche Toleranz die Gläubigen gegenüber ihren kinderfickenden Priestern aufbringen.
Das zeigt schon die Tatsache, daß es überhaupt bis ins 3. Jahrtausend dauerte, daß diese Fälle Medienaufmerksamkeit bekamen.
Wir wissen inzwischen aus breiten Untersuchungen in vielen Ländern, daß von katholischen Geistlichen vergewaltigte Kinder natürlich auch schon in den Jahrzehnten zuvor versuchten sich zu beschweren, aber oft sogar von ihren eigenen Eltern verstoßen wurden, die lieber zum Priester als zu den Opfern hielten. Für die 4.000 Bischöfe weltweit galt das ohnehin: Das Ansehen der Kirche und der sadistischen Vergewaltiger in Soutane war stets höher zu bewerten als das Leid der missbrauchten Kinder.
Ganz offensichtlich galten pädosexuelle Attacken als vergleichsweise tolerabel und damit viel weniger schlimm als zum Beispiel Fremdgehen oder gar homosexuelle Liebe.

In extremer Weise bekam ich diesen Zusammenhang im Fall Pfarrer Peter H. aus Bad Tölz vorgeführt.
Vor nun genau zehn Jahren im Zuge der Canisius-Enthüllungen machte der Fall des aus Essen stammenden verurteilen Kindersex-Straftäters Schlagzeilen, weil er ins Erzbistum München-Freising geschickt wurde und der damalige Chef, ein gewisser Joseph Ratzinger, nachdem er vom Essener Bistum informiert wurde, Pfarrer H. gleich wieder als Pfarrer auf Kinder los lies.
Inzwischen wissen wir natürlich auch, wie gut alles zusammenpasste mit dem späteren Ratzinger, der als Römischer Kardinal sogar weltweit unter Androhung schwerster Kirchenstrafen allen Bischöfen verbot kinderfickende Priester an die Staatsanwaltschaften zu melden.
Es war jener Präfekt Ratzinger, dessen eigenen Bruder ebenfalls seit Jahrzehnten als besonders grausamer und jähzorniger Sadisten-Priester auf Vorschulkinder in Regensburg einschlug. Georg Ratzinger geriet beim Verprügeln acht- oder neunjähriger Jungs so sehr in Ekstase und Rage, daß ihm dabei schon mal das Gebiss aus dem Maul quer durch den Klassenraum flog. Loving Christians, also.

Ein Spiegel-TV-Bericht aus dem Jahr 2010 zeichnete den Weg des pädophilen Peter H. in seinen bayerischen Pfarreien nach und dort sah ich zu meiner (damaligen!) Verblüffung, wie sich wütende Gläubige gegen das Kamerateam und vor ihren Pfarrer stellten.
 Peter H. flößte im Jahr 1979 einem Elfjährigen und mindestens drei weiteren Kindern Alkohol ein und zwang sie dann ihn oral zu befriedigen. Die Kinder berichteten ihren Eltern, die sich beim Gemeindepfarrer beschwerten. Die Angelegenheit landete beim Generalvikar, der die Eltern so lange unter Druck setzte, bis sie von einer Anzeige absahen. H. sollte nicht bestraft werden, sondern einfach ins nächste Bistum geschickt werden – allerdings, so viel brüderliche Solidarität herrscht unter Bischöfen – nicht ohne daß Essen den Münchnern ausführlich erklärt hätte was sie da für einen Typen bekommen.
Pfarrer H. kam im Jahr 1980 zu Erzbischof Ratzinger, der den Fall intern regelte, ohne Polizei, ohne Staatsanwaltschaft, ohne Prozess. An die vergewaltigten Kinder verschwendete Ratzinger keinen Gedanken.
Der Ordinariatsrat unter Vorsitz von Erzbischof Ratzinger beschloss Peter H., "für einige Zeit um Wohnung und Unterkunft" in einer Münchner Pfarrgemeinde zu geben und "Kaplan H. wird sich einer psychisch-therapeutischen Behandlung unterziehen".
Gerade einmal zwei Wochen nach seiner Ankunft in München wurde Kinderficker Peter H. in der Gemeinde St. Johannes Evangelist bei Grafingen als Pfarrer eingesetzt.
Dort missbrauchte H. sofort wieder mehrere Schüler, die er auch beim Sex fotographierte und die Bilder an andere Pädophile verschickte.
Das Amtsgericht Ebersberg verurteilte ihn 1986 zu einer geringen Geldstrafe und anderthalb Jahren Bewährungsstrafe.
Für Ratzingers Bistum immer noch kein Grund sich von dem Pfarrer zu trennen. Es verschob ihn von Grafing nach Garching an der Alz.
Auch dort hagelte es sofort Beschwerden, weil Pfarrer H gar nicht daran dachte aufzuhören Kinder sexuell zu belästigen. Warum sollte er auch? Er hatte ja gelernt, daß seine allmächtige Kirche ihn immer beschützt.
Im Jahr 2008 schließlich wandte sich eins von Hs ersten Opfern von 1979 aus Essen an seine aktuelle Gemeinde und wieder verschob in das Erzbistum einfach weiter; diesmal nach Bad Tölz.
Ratzinger, seit 1981 Chef der Glaubenkongregation verfügte weltweit alle Kinderfickerfälle zu vertuschen. Er weigerte sich, sich damit zu beschäftigen. Schließlich hatte er in dem Vierteljahrhundert bis zu seinem Aufstieg zum Papst wichtigeres zu tun: Theologen wie Ranke-Heinemann, Küng, Galliot und Drewermann mussten abgesetzt werden, weil sie es wagten selbst zu denken und insbesondere kämpfte Ratzinger leidenschaftlich gegen die südamerikanischen „Befreiungstheologen“, die es wagten sich gegen die faschistischen Killerregime auf die Seite der Armen zu stellen. Ratzinger merzte sie alle aus und brachte die südamerikanische Kirche auf stramm faschistenfreundlichen Kurs.

Die Schäfchen in Bad Tölz gingen mit Ratzinger d’Accord.
Auf die Frage, ob sie denn nicht wüßten, daß es sich um einen verurteilten Kindersex-Straftäter handelte, ätzten sie empört zurück „Na und? Wer denn nicht?“

[…..] Reichenwallner, 60, graue Haare, Brille, ist ein gebürtiger Bayer mit sonorer Stimme. Seit 18 Jahren ist er Bürgermeister von Garching an der Alz im oberbayerischen Landkreis Altötting. Mehr als 16 Jahre davon war Peter H. der Pfarrer der Gemeinde mit 8500 Einwohnern. Im Spätsommer 2008 musste er die Pfarrei verlassen. Der offizielle Grund, erinnert sich Reichenwallner: das Rotationsprinzip. […..] Andererseits sagen auch viele, was für ein "guter Pfarrer" Peter H. doch war. […..]

Pfarrer Peter H. ist ein dickleibiger, jovialer Mann, der seine Pfarrei in Garching 21 Jahre lang straff führte. […..] "Er war ein glänzender Prediger, ein glänzender Rhetoriker, der die Leute anzog", sagt Bürgermeister Reichenwallner. […..] Den "beliebten Pfarrer" gehen lassen zu müssen, war ein Schock für die kleine Gemeinde zwischen Chiemsee und Waginger See. "Das kam für uns aus heiterem Himmel. […..] In einer Mitteilung des Pfarrverbands Garching-Engelsberg wurde Peter H. als "Pfarrer zum Anfassen" gelobt. Der Abschied im September 2008 war in der Gemeinde von Wehmut geprägt - Bürgermeister Reichenwallner erinnert sich an eine "melancholische Veranstaltung". Eine Garchingerin sagt, sie habe weinen müssen damals. Sie war nicht die einzige.
"In Bayern sind die Kirche und die Gemeinde noch eng miteinander verwoben", sagt Reichenwallner. Auch daher rührt das enge freundschaftliche Verhältnis zwischen Bürgermeister und Pfarrer. […..] Reichenwallner nimmt ihn in Schutz: "Jeden Tag tauchen neue Verfehlungen auf, warum wird jetzt ausgerechnet dieser Fall so groß gespielt?", fragt der Bürgermeister. "Er ist rechtskräftig verurteilt und hat sich seither soweit bekannt und von der Diözese bestätigt nichts mehr zu Schulden kommen lassen - und eine gute Arbeit in unserem Pfarrverband geleistet." […..]

Missbrauchte Messdiener? Dafür konnte der Vatikan kein Mitleid aufbringen. Für Papst Ratzinger schon.

"Den Papst und die gesamte Kirche in die Missbrauchsskandale hineinziehen zu wollen ist ein Zeichen von Gewalt und Barbarei"
(Erzbischof Rino Fisichella, Chef der päpstlichen Akademie für das Leben, 2010)                                                                                                         

In den folgenden zehn Jahren gab es in Rom nicht nur keinen Lernprozess, sondern Papstnachfolger Bergoglio ist sogar noch Kinderfickerfreundlicher als Ratzinger. Er reduzierte das Strafmaß mehrerer Pädo-Geistlicher, beförderte verurteilte Kinderficker wie Kardinal Pell demonstrativ und sprach gar den größten Kinderfickerförderer Johannes Paul-II heilig.

Und warum auch nicht. Immer noch wächst die RKK weltweit, sie wird jedes Jahr reicher und 25 Millionen deutsche Katholiken halten dieser Kirche ihre Treue.
Es führt kein Weg dran vorbei: Deutsche, aber auch alle anderen katholischen Gläubigen sind sehr Pädosex-tolerant. Sie akzeptieren es nicht nur, sondern spenden eifrig Milliarden Euro, um genau diese Strukturen weiter zu fördern.

Vor wenigen Tagen bekräftigte Papst Franz ex cathedra, daß an den Kinderficker-anlockenden Strukturen der RKK nichts geändert werden dürfe und breitete weit seine Arme aus für all jene Männer, die gern Kleider anziehen und kleine Jungs vergewaltigen.
Natürlich sage ich nicht, daß jeder Katholik so etwas befürwortet, daß alle Priester pädosexuell sind.
Es mag Dinge geben, die Menschen zumindest subjektiv betrachtet an der Kirche sehr schätzen.
Aber sie müssen sich alle den Schuh anziehen pädosexuelle Verbrechen immerhin zu tolerieren.

[…..] Einer der größten Missbrauchsfälle der katholischen Kirche um den ehemaligen Pfarrer Peter H. könnte strafrechtlich neu aufgerollt werden. "Wir prüfen, ob es weitere Taten gibt und ob Ermittlungen aufzunehmen sind“, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II Frontal21 und dem Recherchezentrum CORRECTIV mit. Der Priester soll in Bottrop, Essen, Grafing und Garching an der Alz insgesamt mindestens 28 minderjährige Jungen sexuell missbraucht haben, teilten das Bistum Essen und das Erzbistum München-Freising auf Anfrage mit.
[…..] Im Jahr 2000 soll Kardinal Ratzinger in seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation bei einem Besuch der Gemeinde auch auf Pfarrer H. getroffen sein. Das berichtete H. damals Mitgliedern des Pfarrgemeinderates. Das Bistum bestätigte Ratzingers Besuch bei dem inzwischen verstorbenen Weihbischof Heinrich von Soden-Fraunhofen. […..]

Correctiv rekonstruiert wieso Pfarrer H. sich in Bayern so sicher fühlte. Weihbischof von Soden-Fraunhofen, ein enger persönlicher Freund Joseph Ratzingers, also dem ursprünglich Verantwortlichen für Pfarrer Hs weitere Kinderfickerkarriere, hielt stets seine schützende Hand über ihn.
So muss das pädophile Schlaraffenland sein: Arbeit bei einer Organisation, die einem kontinuierlich neue kleine Jungs zuführt und der Stellvertreter Gottes persönlich segnet es ab!

[…..] Die Pfarrnachrichten beschreiben, dass von Soden-Fraunhofen und H. gemeinsam eine Kindersegnung mit Handauflegung im Dezember 1993 feiern wollen. Dort stand: „Bischof von Soden und Pfarrer H. werden nach einem kindgemäßen Wortgottesdienst allen Kindern die Hände auflegen und sie segnen.“ H. rekrutierte die Messdiener. Nach der Kommunion begann für die Jungen und Mädchen der Messdienerunterricht, den H. leitete. Er füllte den Altarraum in Garching und Engelsberg mit über 100 Ministranten. Von einer Abschirmung des Pfarrers von Kindern und Jugendlichen war in Garching nichts zu merken. H. schuf sich Gelegenheiten und von Soden-Fraunhofen griff nicht ein. Auch als beim Pfarrfest die Vorwürfe an der Mauer standen: kein Wort vom Weihbischof.
[…..] Ein Festbuch des Priesterseminars zur Priesterweihe zeugt bis heute von der gemeinsamen Weihe. Als Ratzinger die Erzdiözese in München leitete, war von Soden-Fraunhofen unter ihm Weihbischof. Der Kontakt reißt auch nicht ab, als Ratzinger 1982 nach Rom geht und zum Leiter der Glaubenskongregation aufsteigt. Die beiden Kirchenmänner schreiben sich Briefe, teils mit derben Ausdrücken. Bei einem Disput über eine christliche Sekte, die Ratzinger, kaum in Rom angekommen, rehabilitiert, nennt von Soden-Fraunhofen den Kardinal in einem Brief sogar kumpelhaft „Rindviech“.   Über H. weiß Ratzinger schon lange Bescheid. […..] Kardinal Ratzinger kannte den Fall H. aus seiner Zeit als Erzbischof. Auch später, als Chef der Glaubenskongregation, unternahm Ratzinger nichts, um die Gemeinde in Bayern vor dem Priester zu schützen.
[…..] Und so kommt es im Jahr 2000 zu einer denkwürdigen Begegnung. Nach Informationen von CORRECTIV trifft der spätere Papst mindestens einmal H., als er seinen alten Freund von Soden-Fraunhofen in Engelsberg besuchen will. Ratzinger ist zu der Zeit Chef der Glaubenskongregation in Rom, der zweite Mann hinter dem Papst. […..] Pfarrgemeinderat Mittermeier […..] hat das Gespräch noch plastisch in Erinnerung. Demnach hat Ratzinger vor der Tür des Pfarrhauses in Garching gestanden und bei H. geklingelt. H. habe ihn gefragt, sagt Mittermeier, „stell Dir vor, wer gestern Abend bei mir vor der Tür stand? Ich hatte natürlich keine Ahnung. Er sagte, es war der Ratzinger selbst.“ Ratzinger habe ihm gesagt, „er wolle zu seinem Studienkollegen von Soden-Fraunhofen“, sagt Mittermeier. […..] Ratzinger unternahm nach dem Besuch bei von Soden-Fraunhofen nichts, um H. aus dem Amt zu entfernen. Es gab keine Verwunderung, keine Besorgnis, keine Untersuchung, keine Konsequenz. Im Gegenteil: Acht Jahre arbeitet H. weiter in Garching. Er leitet die Messdienerausbildung, unterrichtet Schulkinder. […..] Auch Dirk Bongartz spricht über die Zeit mit dem Kaplan. Es sei vor der Kommunion passiert. H. habe ihn eingeladen, bei ihm zu übernachten. Doch die Mutter schickt auch den fünf Jahre älteren Bruder und dessen Freund mit. Während die beiden älteren Jungs in einem Zimmer schlafen, will H. mit Bongartz alleine in einem Zimmer die Nacht verbringen. Er zieht sich einen Bademantel an. Schließlich entkleidet er sich ganz und legt sich nackt zu dem Jungen.
„Das war mir unangenehm, das wollte ich nicht“, sagt Bongartz und das habe er auch gesagt. Nur der Bruder und dessen Freund im Nebenzimmer hätten ihn gerettet, sagt Bongartz heute, deshalb habe H. schließlich abgelassen. „Es war eine schreckliche Nacht.“ Er selbst habe mit keinem darüber gesprochen, so Bongartz, aber die Blicke seines Bruders hätten ihm gesagt: „Na siehste, jetzt weißt du, was das für einer ist.“
Dieses Muster zieht sich durch die vielen Jahre, in denen Peter H. straflos und unter dem Schutz der Kirche kleine Jungen missbrauchte. Mit Messwein und kleinen Geschenken machte er sich seine schutzbefohlenen Opfer gefügig. Drohte der Skandal aufzufliegen, versetzte die Kirche H. an einen neuen Ort.
Strafen musste er keine fürchten. Stattdessen deckten ihn Bischöfe und Kardinäle. Und immer wieder bekam er Gelegenheit, sich neue Opfer zu suchen. […..]