Montag, 25. Juni 2018

Arbeitsministerinnen


Mein Gemüsemann sucht seit Jahren einen Mitarbeiter, der morgens zur Kommissionierung der Ware kommt, sowie einen Ausfahrer.
Die sind ein sehr nettes Team; ein echter Familienbetrieb mit lauter sonnigen Gemütern. Das ist natürlich körperliche Arbeit, aber dafür geht man da mit schönen Dingen um: Frischen Früchten und Obst. Es duftet sehr gut und man kann ständig naschen.
Mitarbeiter zu finden ist aber nahezu aussichtslos.
 Die, die dürfen wollen nicht, weil die Arbeitszeiten natürlich extrem sind.
Einer muss morgens um vier Uhr mit dem Chef zum Markt fahren und die anderen müssen ab sechs Uhr im Laden sein, um die die Ware auszupacken und zu dekorieren, die Kisten für die Lieferungen zu bestücken.
Und die, die wollen, dürfen nicht, weil sie als Migranten der verschiedensten rechtlichen Situationen keine Arbeitserlaubnis bekommen.
Ein weiteres Problem ist oft der bei Flüchtlingen fehlende Führerschein.
Die Firma würde zwar die Fahrschule und sonstigen Kosten übernehmen, aber natürlich nur gegen die Garantie, daß derjenige anschließend auch wirklich bei ihr arbeiten darf und nicht doch plötzlich abgeschoben wird.
Ein unlösbarer Problem; der Laden hält sich nur noch über Wasser, weil alle rund um die Uhr arbeiten und die 81-Jährige Mutter weiterhin den Verkauf übernimmt.

Seit einer Woche warte ich auf einen Friseurtermin gegenüber von mir.
Eine ganz ähnliche Situation; die Inhaberin macht auch komplizierte Damenfrisuren, die Stunden brauchen. Da ist ein einfacher Herrenschnitt nicht dazwischen zu klemmen, so lange sie allein ist, aber sie findet einfach keine Mitarbeiterin.
Frisur ist einfach zu unattraktiv und zu schlecht bezahlt im reichen Hamburg.

Jeder, der mal einen Handwerker braucht, weiß was Arbeitskräftemangel bedeutet. Es gibt kein Gewerk, das nicht Monatelange Wartezeiten vor sich herschiebt, weil die Auftragsbücher überquellen.
Kein Handwerker-Kombi auf Hamburgs Straßen, an dem nicht ein „Mitarbeiter gesucht“ prangt.
Vor einem halben Jahr überlegte ich ein kleines Badezimmer fliesen zu lassen. Ich kenne einen sehr guten Fliesenleger, mit dem ich schon ein paarmal zu tun hatte, rief den an und wurde glatt abgelehnt. Selbst als ich sagte, es wäre nicht eilig, sagte Igor er nähme überhaupt gar keine Aufträge mehr an.
Auf meine Frage, ob er mir irgendeinen anderen Menschen empfehlen kann, der mir ein Bad kachelt, lachte er laut los: Wenn ich so einen wüßte, würde ich dir das nicht sagen, sondern den sofort selbst einstellen.
In Zukunft wird der Handwerkermangel  noch gravierender werden. Für die Verbraucher wird es schlimmer.
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) sieht schwarz, und zwar dunkelschwarz:

[…..]  Hans Peter Wollseifer: Wir haben eine extrem hohe Nachfrage, dazu sehr niedrige Zinsen. Das begünstigt die Auftragslage. Die Auftragsbücher sind prall gefüllt. Doch es gibt nicht genügend Fachkräfte. Über viele Jahre haben sich zu wenig Jugendliche für eine Lehre im Handwerk entschieden. Jedes Jahr fehlen 15.000 bis 20.000 Azubis und Lehrlinge.
[…..]  Derzeit könnten wir 200.000 bis 250.000 zusätzliche Handwerker sehr gut in unseren Betrieben unterbringen.
[…..]  Ganz besonders bei den Bäckern und Fleischern. Auch bei Klempnerbetrieben, Sanitär- und Heizungsbetrieben und in der Haustechnik ist der Mangel an Auszubildenden und Fachkräften gravierend.
[…..]   Das Problem mit den langen Wartezeiten im Handwerk wird sich noch verschärfen. Rund 200.000 Betriebe mit rund einer Million Mitarbeitern stehen in den kommenden fünf bis sechs Jahren vor einem Generationswechsel. Nachfolger werden gesucht.
[…..]  Es gibt weder in den Familien selbst noch von außen genügend Nachwuchs. Wenn ein einzelner Handwerksbetrieb seine Tür schließt, dann fallen im Schnitt vier bis sechs Arbeitsplätze weg. Das hört sich erst mal nicht so viel an. Wenn aber 50.000 Betriebe nicht übernommen werden, dann sind das rund 250.000 bis 300.000 Arbeitsplätze, die dadurch wegfallen. Das trifft oft Betriebe auf dem Land – wodurch neue Versorgungsengpässe entstehen. Aber dieser drohende Schwund scheint kaum einen zu kümmern, auch nicht in der Politik. [……]

Rund 100.000 Stellen sind in der Pflegebranche unbesetzt, so daß Senioren und Demente in ihren Exkrementen rumliegen müssen.
Der maximal ungeeignete Gesundheitsminister Jens Spahn kann dafür keine Empathie aufbringen, kündigte aber an, 13.000 Stellen zu schaffen. Also gerade mal ein Zehntel der Benötigten. Und auch das ist eine reine Luftnummer, denn bezahlen wird es nicht das Ministerium, sondern das sollen die Krankenkassen selbst machen und wo sie die 13.000 Menschen für die Jobs finden sollen, weiß Spahn auch nicht.

[….] Bei "Hart aber fair" verteidigt Gesundheitsminister Spahn wenig einfühlsam seinen Plan, 13.000 Pflegestellen zu schaffen. Die Betroffenen in der Runde sind kaum begeistert - und begründen dies teils sehr persönlich. […..] Von der Politik fühlen sich Pfleger alleingelassen - genauso wie Angehörige, die bis zum Ende ihrer Kräfte zu Hause pflegen, und dabei um finanzielle Unterstützung kämpfen müssen. Dazu die Zahlen: Rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, 2030 könnten es schon 3,5 Millionen Menschen sein. […..] Wie es sein könne, dass private Investoren dicke Gewinne mit Pflegeeinrichtungen machen, in denen sie das Personal immer noch weiter zusammenstreichen? Für Spahn kein Grund zum Handeln: Das müsse man sich erst einmal genauer anschauen. Vielleicht könnten private Anbieter ja auch "effiziente Strukturen" in den Heimen schaffen?
Jedem, der sich vielleicht jetzt schon vor der Pflegebedürftigkeit fürchtet, dürfte es bei solchen Formulierungen kalt den Rücken hinunterlaufen. Denn "effiziente Strukturen" sind so ziemlich das Letzte, woran es nach Aussagen der Betroffenen in der Pflege mangelt. Der Pflegenotstand wird nicht beseitigt werden, indem man nach den billigsten Lösungen sucht. [….]

Schwere zeitaufwändige Arbeit billig zu bezahlen, ist auch eine Methode steinreicher Sylter, die inzwischen unter so eklatantem Arbeitskräftemangel leiden, daß sie Einbußen in der Tourismus-Industrie befürchten.

(…..) Der Reichtum boomt, also boomt auch Sylt.
Nur ein paar Tage Urlaub dort zu machen, gilt schon als großer Luxus.
Kein Wunder, beginnen doch die Hotelpreise in der Saison mit 300 Euro pro Nacht.
Zwei Wochen mit Frau und Kind kosten dann leicht 10.000 Euro für die Übernachtung. Mal ganz abgesehen von den unfassbar hohen Preisen für das Leben dort.

[…..]  […..]  Ein Hotel auf Sylt ist wie die Lizenz zum Gelddrucken. Kein Wunder, denn die nordfriesische Insel mit gerade mal 16.000 Einwohnern ist klein, gerade mal fünf Kilometer breit. Fast kein neues Bauland, aber umso begehrter als Statussymbol der Megareichen.

[….] Auf Sylt wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche große neue Häuser im Vier- und Fünfsternesegment eröffnet: 2007 das TUI Dorfhotel in Rantum mit 159 Appartements, 2009 das Hotel Budersand in Hörnum mit 77 Zimmern und Suiten, 2010 das A-Rosa in List mit 177 Zimmern und Suiten. Im Dezember 2014 folgte das Luxushotel Severin's mit 62 Zimmern und Suiten sowie 27 Appartements in Keitum. Im Sommer 2017 begrüßte das Easy Living Hotel in List die ersten Gäste in den 38 Doppelzimmern. In List soll 2020 auch der Lanserhof mit 67 Zimmern eröffnen. [….]

Aber nun droht Ungemach beim Geldscheffeln.
Die Luxusboutiquen, Edelrestaurants und Sternehotels finden kein Personal mehr.
Nicht unbedingt, weil keiner den Job machen möchte, sondern weil keiner sich den Job leisten kann.
Der Verdienst als Zimmermädchen, Butler oder Putzfrau reicht nicht aus, um sich eine Unterkunft auf Sylt zu leisten.
Die Domestiken sind also gezwungen vom Festland aus zu pendeln. Und auch dort werden die Unterkünfte teurer.
Die Multimillionäre schlagen Alarm! Was sollen sie tun? Etwa selbst niedere Dienste verrichten?
Geschickt spielen sie den Ball weiter und beklagen, der Personalmangel ginge zu Lasten der Feriengäste.
Wie uneigennützig und edel von ihnen.
Altruistisch denken sie nur an das Wohl ihrer Gäste und Kunden.
Dem Hamburger Abendblatt kommen fast die Tränen.

[…..] Personalmangel wird auf Sylt immer problematischer [….] Die Sommersaison auf Sylt hat begonnen, zahlreiche Hotels sind im Juli und August bereits ausgebucht. In den Buchungsportalen im Internet sind nur noch wenige freie Zimmer zu finden – und wenn, dann meist zu horrenden Preisen. Es ist durchaus üblich, dass in der Hochsaison Viersternehäuser um die 300 Euro pro Nacht für ein Doppelzimmer aufrufen.
[….] Sylt ist wohl die teuerste deutsche Insel, doch es kommen immer mehr Gäste: Die Zahl der Übernachtungen ist im vergangenen Jahr auf 7,093 Millionen gestiegen. Das waren rund 166.000 mehr als noch im Jahr 2016.
Aber es gibt ein Problem auf der Lieblingsinsel der Schönen und Reichen: Es fehlt das Personal. "Die Lage wird immer dramatischer. Nach unseren Schätzungen gibt es auf der Insel Sylt in der Hotellerie und Gastronomie zurzeit etwa 300 freie Arbeitsstellen", sagte der Vorsitzende des Dehoga Sylt, Claas-Erik Johannsen, dem Abendblatt. "Das stellt unsere Branche, besonders aufgrund der bevorstehenden Sommersaison, vor große Herausforderungen. Die Leidtragenden sind unsere Gäste."
[….] Seit Jahren gebe es auf Sylt zu wenige Arbeitskräfte, doch in diesem Jahr habe sich die Situation noch einmal verschärft. Gründe dafür gebe es viele, ein Hauptgrund sei aber weiterhin, dass bezahlbarer Wohnraum für die Mitarbeiter fehle, so Johannsen weiter. Und das Pendeln vom Festland auf die Insel sei aufgrund der Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn für die Arbeitskräfte immer weniger eine Option. […..]

Arbeitskräfte importieren?
Visaerteilung für Billiglöhner aus Übersee?
Wohngeldzuschüsse für die Putzfrauen vom Land? Oder vom Bund?
Werbekampagnen, um gezielt Hotelangestellte aus Rumänien und Griechenland anzulocken?

Es gibt viele Ideen.

Nur eine Möglichkeit wird gescheut und noch nicht mal ausgesprochen, weil das viel zu frevelhaft wäre:
Die Concierges, Kellner, Gärtner und Reinigungskräfte so anständig zu bezahlen, daß sie sich selbst eine Wohnung irgendwo leisten können und womöglich – jetzt wird es aber linksradikal von mir: sogar noch ein paar Euro für ihr eigenes Leben übrig haben. (…..)

Absolut schockierend auch die Zustände in der deutschen Landwirtschaft.
Während täglich rund 20.000 Kinder auf der Welt verhungern, verrotten in Deutschland zehntausende Tonnen Lebensmittel auf den Feldern, weil wir es nicht schaffen die Ernte zu organisieren.
Gerd Schröder und Walter Riester hatten vor 15 Jahren die durchaus sehr populäre Idee Arbeitslose auf die Felder zum Spargelstechen und Erdbeeren pflücken zu schicken. Statt sich zu Hause zu langweilen und sich die Decke auf den Kopf fallen zu lassen, könnten sie doch mit einem kleinen finanziellen Aufschlag Arbeit tun, die ohnehin getan werden muss. Das wäre billiger für den Staat und würde die Arbeitslosen aktiv halten und auch dazu führen, sich besser zu fühlen, weil sie gebraucht würden.
Klingt theoretisch gut, war aber praktisch nicht umsetzbar.
Statt kostenlosen deutschen Arbeitskräften, die einem „das Amt“ schickt, wollten die Bauern sehr schnell lieber selbst Löhne zahlen und damit Polen und Rumänen einsetzen: Deutsche sind nämlich a) viel zu unzuverlässig, b) zu wehleidig und c) zu unwillig.
Deutsche können diese schwere Arbeit gar nicht mehr; dazu sind sie viel zu bequem und degeneriert.
Ich sage das ganz ohne Häme und bin mir voll darüber bewußt auch nicht körperlich dazu in der Lage zu sein zehn Stunden am Tag in gebückter Haltung pro Stunden 15-18 Kilo Spargel aus der Erde zu ziehen.
Die nächsten zehn Jahre half man sich also weiter mit osteuropäischen Saisonkräften.
Inzwischen funktioniert das aber nicht mehr, weil das Billiglohnland Deutschland überholt wurde.

[….] „Man merkt, dass der Wohlstand in Osteuropa Stück für Stück wächst“, sagte Hans Lehar, Geschäftsführer der Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft Nordbaden (OGA). „Sobald sich die wirtschaftliche Situation in ihren Heimatländern verbessert, sehen viele Arbeiter nicht mehr die Notwendigkeit, für mehrere Wochen ihre Familien zu verlassen.“ In diesem Jahr seien viele Helfer gar nicht erschienen, obwohl sie im Winter ihre Verträge unterzeichnet hatten - in einigen Betrieben fehlen 40 bis 50 Arbeiter.
Dass die Erntehelfer mittlerweile den gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde bekommen, hat für die Landwirte einen unerwünschten Nebeneffekt: Viele Rumänen reisten schon vor Ende der Saison wieder ab, da sie bereits ausreichend Geld verdient hätten, beklagte VSSE-Geschäftsführer Simon Schumacher.
Noch bis 2020 ermöglicht eine Sonderregelung, auch Helfer vom Westbalkan zu beschäftigen. Dies scheitere jedoch oft daran, dass diese monatelang auf ihr Visum warten müssten, sagte Schumacher. Wie Burkhard Möller vom landwirtschaftlichen Arbeitgeberverband GLFA spricht er sich dafür aus, wirksame Abkommen für Erntehelfer aus anderen Ländern zu schließen - etwa mit der Ukraine. [….]

Die Polen sind ökonomisch so weit gesundet, daß sie zu Hause besser verdienen, als auf einem deutschen Spargelfeld und die Rumänen ziehen lieber gleich weiter bis Dänemark, Norwegen und England, weil dort wesentlich bessere Löhne gezahlt werden.

[….] Spargelbauer Jürgen Jakobs hat in dieser Saison Zehntausende Euro verloren - weil er keine Helfer gefunden hat, um die Stangen zu ernten. […..]  Mit kleinen Gesten und modernen Unterkünften hofft Jakobs, Saisonarbeitskräfte zu halten, denn zum ersten Mal seit 17 Jahren hat er Schwierigkeiten, genügend von ihnen zu rekrutieren.
"Die Wartelisten waren immer voll, aber in diesem Jahr sind 85 von 350 Leuten einfach nicht gekommen", sagt er. "Sie haben nicht einmal abgesagt." Jakobs kümmerte sich um Ersatz, aber am Ende fehlten immer noch etliche Helfer. 50 Tonnen Spargel konnte er deshalb nicht ernten - ein Verlust von 50.000 Euro.
[…..]  "Deutsche wollen diese Arbeit auf jeden Fall nicht machen", sagt Jakobs. […..] 
Mit seinem Bruder investiert er inzwischen in Immobilien und erneuerbare Energien, um sich andere Einkommensquellen zu sichern und nicht nur von der Spargelernte abhängig zu sein. Das können aber nicht alle Unternehmen. "Kleinere Betriebe mit weniger Kapital werden in Zukunft Schwierigkeiten bekommen", sagt Burkhard Möller vom GLFA. "Der leer gefegte Arbeitsmarkt wird zu Strukturveränderungen führen." [….]

Bauer Jakobs geht offensichtlich nicht völlig am Bettelstab; er investiert massiv in Erntemaschinen, Immobilien und erneuerbare Energien. Da ist offensichtlich lukrativer für ihn.
Ich bin weder Agrarexperte noch Arbeitsrechtler, aber ich stelle fest, daß Deutschland nach 12 Jahren Merkel, vier Jahren Arbeitsministerin von der Leyen und anschließenden vier Jahren Arbeitsministerin Nahles ganz offensichtlich nichts unternommen wurde, um gegen diesen eklatanten Fachkräftemangel zu wirken.
Allein Bauer Jakobs musste 50 Tonnen Spargel in der Erde vergammeln lassen, 80 Prozent aller Spargelbauern konnten nicht ihre gesamte Ernte einbringen, weil ihnen Arbeitskräfte fehlten.
Nun müssen immer mehr landwirtschaftliche Betriebe aufgeben, weil sie einfach keine Mitarbeiter mehr finden.
Was haben die letzten beiden zuständigen Ministerinnen eigentlich getan in den letzten acht Jahren?
Mal ganz abgesehen von den schlimmen Pfeifen auf dem Posten des Landwirtschaftsministers, Horst Seehofer (2005-2008), Ilse Aigner (2008-2013), Hans Peter Friedrich (2013-2014), Christian Schmidt (2014-2018) – alle CSU – und nun Julia Klöckner (CDU).
Was ist das für eine Politik, wenn man einfach zusieht, wie die Ernte auf den Feldern vergammelt?

Bisher hat man offenbar einfach darauf gesetzt, daß es anderen Ländern so unglaublich mies geht, daß man deren Bürger nach Belieben als Billiglöhner auspressen kann. Nun also das große deutsche Pech: Die Erde dreht sich weiter, andern Ländern geht es besser, während wir uns einfach im Merkel-Stil nicht bewegen.

[…..] Osteuropas Wirtschaft wächst zurzeit so enorm, dass auch dort vielerorts schon die Arbeitskräfte knapp werden, so warnen die Handelskammern in vielen Ländern. Bulgariens Statistikämter meldeten zuletzt einen Rekordtiefststand bei der Arbeitslosigkeit mit rund sechs Prozent. Rumänien liegt bei rund 4,6 Prozent, Ungarn bei 3,7, in Tschechien herrscht quasi Vollbeschäftigung. Unternehmen in diesen Ländern klagen bereits, dass sie keine Mitarbeiter mehr finden, weil der Arbeitsmarkt leergefegt sei, weshalb sie sich schon gegenseitig die Beschäftigten abwerben.
Wenn sich osteuropäische Arbeiter dennoch auf einen Job in der Ernte einlassen, dann ziehen sie häufig an Deutschland vorbei. In Belgien oder den Niederlanden ist die Landwirtschaft ebenfalls ein wichtiger Sektor – aber der Mindestlohn liegt dort höher, bei rund 9,50 bis 9,70 Euro. [….]

Es betrifft alle genannten Branchen.
Statt wie Spahn auf „billig, billig, Einsparen, effizientere Strukturen“ zu setzen, sind offenbar ganz andere Dinge gefragt:
Wesentlich höhere Löhne, Jobgarantien, die solche Berufe attraktiv machen, Werbeprogramme an Schulen, die darüber aufklären, welche Karrierechancen sich ohne Uni ergeben.
Es muss ein ganz anderes Ansehen für Berufe wie Kindergärtnerin, Altenpfleger oder Grundschullehrer generiert werden. In Skandinavien sind solche Tätigkeiten hoch angesehen und entsprechend bestens bezahlt, während wir in Deutschland immer noch denken, das wären minderwertige Tätigkeiten, die ja „bloß mit Kindern oder Kranken“ zu tun hätten.
Was für ein Schwachsinn.
Wieso stürzen sich Parteien und Politik mit aller Macht auf Auto- und Pharmaindustrie, lesen den Banken jeden Wunsch von den Lippen ab und strafen Hebammen, Maler und Tischler mit Missachtung?
Davon abgesehen ist es natürlich absolut verwerflich den vielen Heimatvertriebenen in Deutschland, die durchaus arbeiten wollen, immer noch mit aller Macht Knüppel zwischen die Beine zu werfen und sie in ein derartiges Netz aus bürokratischen Hindernissen zu verwickeln, daß es selbst mit täglichen persönlichen Einsatz des Arbeitsgeber kaum jemals gelingt einen motivierten Mitarbeiter aus den Krallen der „Ausländer-raus“-Behörden zu entreißen.

Wie ich schon oft erwähnte, kann ich ohnehin keinerlei patriotische oder gar nationalistische Regung empfinden und verstehe daher auch nicht, wieso man Deutsche unbedingt vor den bösen Ausländern, die auf unseren Arbeitsmarkt drängen, schützen sollte.
Aber klar, da bin ich in einer extremen Minderheitenposition; ich glaube so gut wie alle Parteien verlangen Vorrang für deutsche Arbeitssuchende.
Nur kann das Primat für „Biodeutsche“ doch längst keinen Sinn mehr machen, wenn in Dutzenden Branchen schon Betriebe aufgeben müssen, weil sie gar keine Mitarbeiter mehr finden.
Wir sollten und über jeden, der über unsere Grenzen kommt freuen und „die Politik“, um mal populistisch zu pauschalisieren, hat gefälligst aufzuhören Integrationshemmnisse und Abwehrmaßnahmen zu ersinnen, sondern muss ganz im Gegenteil behilflich dabei sein die Neuankömmlinge anzuerkennen, weiter zu bilden und ihnen rechtlich den Rücken freizumachen, um bei meinem Gemüsemann, meiner Friseurin oder irgendeinem Malerbetrieb anzufangen.