Donnerstag, 9. Februar 2017

Irre anderswo



Hilfe, ich komme nicht mehr hinterher.
Das Weiße Haus produziert schneller neue Skandale, als man drüber schreiben kann, Dobrindts Gaga-Maut bringt außer einem bürokratischen Wust und der Generierung von antideutschen Gefühlen in der EU ein MINUS von 250 Millionen Euro und in TVEs Ex-Bistum Limburg zieht ein Kinderpornoskandal auf.

Also nur mal zwischendurch ein ganz schneller Blick nach Israel.
Angesichts des Wahnsinns in der Welt, gerät die Gefährlichkeit Bibi Netanjahus leicht mal außer Fokus.

Syrien, der IS, die Flüchtlinge lassen einen fast vergessen, daß es noch diesen seit 50 Jahren ungelösten Kernkonflikt zwischen Arabern und „dem Westen“ gibt: Was wird aus den Palästinensern? Können die irgendwann mal in einem eigenen Staat leben? Oder müssen sie für immer unter absolut erbärmlichen Bedingungen in Ghetto-artigen Zuständen wie in Gaza hausen?

Nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs kann man aus objektiver Perspektive zwar nicht recht sagen, wer angefangen hat, aber inzwischen haben sich beide Seiten so viele Grausamkeiten geleistet, daß es selbst den Friedlichsten schwerfällt der jeweils anderen Seite zu verzeihen.

Die einzige Lösung ist eine sehr Schlechte, die fast unmöglich umzusetzen ist; die Zweistaatenlösung.
Dazu müßten die Bevölkerungsteile ethnisch und religiös räumlich getrennt werden. Das wird schwer, da Israelis und Palästinenser vielerorts Nachbarn sind. Sie sind sogar teilweise miteinander befreundet oder verschwägert.
Beide Seiten sind aber nicht nur persönlich verquickt, sondern auch vielfach wirtschaftlich eng verflochten.
Das alles müßte in strenger Apartheit separiert werden und dann anhand genau festgelegter Staatsgrenzen aufgeteilt werden. Ein völlig unübersichtlicher Flickenteppich entstünde, da radikal-religiotische jüdische Siedler immer wieder auf eigene Faust palästinensisches Land okkupieren und sich dort vermehren wie die Karnickel.

Um überhaupt in die Nähe einer friedlichen Lösung zu kommen, müßte die Israelische Regierung erst mal illegale jüdische Siedlungen räumen lassen.
Heutzutage ist das kaum noch vorstellbar, aber ausgerechnet der Israelische Hardliner Ariel Scharon, der mit seinem Marsch auf den Tempelberg eine neue Intifada auslöste, fuhr einst Bulldozer gegen die eigene Bevölkerung auf.
2004 ließ Ministerpräsident Sharon 21 jüdische Siedlungen im Gazastreifen räumen, um das Gaza vollständig den Palästinensern zu überlassen.
Die Ultraorthodoxen Juden konnten es nicht fassen, daß ihr eigener Kriegsheld dazu fähig wäre. Einige Siedler wehrten sich erbittert.

An die 300 jüdische Siedlungen im Westjordanland und auf dem Golan mit insgesamt bis zu 700.000 Menschen will Israel aber behalten.

Da Barack Obama kein Freund der Siedlungspolitik war, übte selbst Bibi Netanjahu eine gewisse verbale Zurückhaltung.
Das ist seit dem 08.11.2016 vorbei.
Trump mit seiner Jüdischen Tochter und Jared Kushner als Topberater an seiner Seite gilt als bedingungsloser Israel-Unterstützer.

Da wird Bibi immer mutiger.
Die Zweistaatenlösung begrub er mit einem Handstreich. Das bedeutet also; kein eigener Palästinenser-Staat, nie mehr Frieden.

Israel begräbt die Zweistaatenlösung
Illegale Siedlungen im Westjordanland werden legalisiert. Die Folgen für den Nahostkonflikt sind weitreichend. Dahinter steht auch die Euphorie über US-Präsident Trump.

Unglaublich. Selbst die nach Israelischem Recht illegalen Siedlungen, die Ultra-Ultraorthodoxe auf geraubtem Land errichteten, ließ die Knesset a posteriori legalisieren.
Das verschlägt selbst den israel-freundlichsten Regierungen die Sprache.

[….] Die Worte aus Berlin sind für Diplomaten bemerkenswert deutlich: "Das Vertrauen, das wir in das Bekenntnis der israelischen Regierung zur Zweistaatenlösung haben mochten, ist nachhaltig erschüttert", erklärte das Außenministerium. "Viele in Deutschland, die in tiefer Verbundenheit an der Seite Israels stehen, lässt dieser Schritt enttäuscht zurück."
Am Montagabend hatte Israels Parlament ein umstrittenes Gesetz gebilligt, mit dem Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland rückwirkend legalisiert werden. International sorgte das für heftige Kritik - nicht nur aus Berlin.
Das Gesetz stelle einen neuen Angriff auf die Zweistaatenlösung dar, erklärte Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault in Paris. "Es droht, die Spannung in der Region noch zu verschärfen." [….]

Bibi Netanjahu, der gegen alle internationalen Gepflogenheiten in den USA heftig gegen Barack Obama und Hillary Clinton stritt und dafür umso intensiver für die Republikaner Wahlkampf betrieb, macht es wie sein Idol Trump:
Er gießt Öl ins Feuer.
Bellizist Bannon gefällt das.

Israels Parlament legalisiert Landraub
[….] In der Knesset herrscht derzeit Narrenfreiheit.
[….] Wenn Siedler im besetzten Westjordanland ihre Häuser auf palästinensischem Privatgrund gebaut haben, müssen sie diese Häuser künftig nicht mehr abreißen. Bestraft werden vielmehr die Palästinenser, denen das Land gehört. Es wird von der Regierung konfisziert, die Siedler dürfen bleiben.
Schaurig, aber wahr. In der Logik dieses Gesetzes könnte man als Nächstes vielleicht den Ladendiebstahl legalisieren, oder besser noch den Diebstahl durch bestimmte Leute in bestimmten Läden. Der Fantasie sind nach einem solch absurden Gesetz keine Grenzen mehr gesetzt. Am Ende findet sich in Jerusalem vielleicht auch noch eine Mehrheit dafür, die Zehn Gebote zu modifizieren. [….]