Samstag, 10. September 2016

Nachhaltige Besorgnis.



Nachdem es einige Wochen an der demoskopischen Front so aussah, als ob Hillary Clinton doch sogar recht deutlich gegen Trump gewänne, gab es zuletzt wieder einen Umschwung. CNN kam mit einer landesweiten Umfrage, die Trump zwei Punkte vor ihr sieht.
Das hat bekanntlich wenig Aussagekraft, weil es auf die Zahlen in wenigen Swingstates ankommt, verstört aber schon.
Schließlich hat Trump gerade in den letzten Wochen weiterhin gewaltige Lügen und miese Beleidigungen rausgehauen.
Er behauptete zum Beispiel er sei immer gegen den Irak-Krieg gewesen, woraufhin die Newssender immer wieder ein Telefoninterview mit Trump zeigten, indem er sich für die Invasion aussprach.

Republican presidential nominee Donald Trump on Thursday refused to back down from a widely debunked lie, interrupting his planned education policy speech to reassert that he had opposed the Iraq war from the start.
“I opposed going in, and I did oppose it, despite the media saying, ‘Yes, no, yes, no,’” he said. “I opposed going in.”
Trump re-litigated the issue at length during the speech, citing, among other news reports, a 2004 Esquire magazine interview as proof that he warned against the U.S. invasion of Iraq ― even though that interview took place more than a year after the invasion had already happened.
The real estate mogul frequently cites the Esquire article as proof of his false claim. On Thursday, the magazine republished the article with an editor’s note explaining that “the Iraq War began in March 2003, more than a year before this story ran, thus nullifying Trump’s timeline.” […..]

Es gibt Dutzende Fälle, in denen Trump massive Lügen nachgewiesen wurden.
Kein Wunder; der Mann lügt ja auch wie gedruckt. Es wird zusammengeschnitten wie er sich diametral selbst widerspricht.

(…….) Unverständlich scheint mir auch das was man beinahe täglich in amerikanischen Panels über den Präsidentschaftswahlkampf hört: There is nearly nothing was Trump sagen könnte, um seine Anhänger zu verschrecken.
Immer und immer wieder wird factgecheckt, daß niemand so konsequent und willkürlich lügt wie Donald Trump. Fast 90% seiner politischen Kernaussagen sind schlicht nicht wahr, während Hillary Clinton beste Noten von Factcheckern bekommt.
Natürlich misstrauen Trump-Wähler allen Quellen.
Also ist man dazu übergegangen Trump Trump widersprechen zu lassen.

Trump lügt nicht nur unablässig, er wird auch noch unablässig seiner Lügen überführt. Unablässig weit man ihm zudem kapitale Unkenntnis nach.
Und dennoch wollen nur noch mehr Wähler ihn wählen.

Hier zeigen sich eindeutig die Grenzen des demokratischen Systems.
In der Theorie ist dabei der Wähler der Souverän und entscheidet vernünftig.
Wir wissen, daß viele Wähler gar nicht genügend Faktenkenntnis haben, um kompetent zu entscheiden. Stattdessen wird nach „Gefühl“ gewählt. Wer wirkt eigentlich auf den Wahlplakaten am sympathischsten? Wen kenne ich überhaupt?

Der schwache Informationsgrad und das allgemeine Desinteresse des Souveräns begünstigten schon immer seine Beeinflussung durch Kampagnen und Propaganda.
Auch die NSdAP erhielt in einem demokratischen System Mehrheiten.

Man sollte aber meinen, daß durch die im 21. Jahrhundert durch das Internet so verbreiterte Informationsbeschaffung Propaganda erschweren sollte. Schließlich ist das Internet plural. Auch ein wenig interessierter Wähler wird leicht Gegenmeinungen zu einer bestimmten Position finden.

Es stellt sich aber heraus, daß der moderne Souverän ganz freiwillig seine Informationsbasis radikal schmälert. Bietet man ihm umfassende Kenntnis an, schlägt er missmutig aus und guckt stattdessen Germany Next Topmodel.

Es braucht kein Goebbelsches Propaganda-Ministerium mehr, um die öffentliche Meinung zu formen. Viele fügen sich freiwillig.

Denkbar ist bei einer Richtungsentscheidung, daß Wähler A eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik mit vielen Investitionsprogrammen für vernünftig hält, während Wähler B ganz auf Privatisierungen und Neoliberalismus setzt, weil er das für vernünftig hält.
Beide wollen mit ihrer Entscheidung etwas Positives erreichen, versprechen sich Prosperität.

In Amerika sind gerade diese Fragen ganz vorn auf der Agenda. Glaubt man wie Trump an die Trickle-down-economy, die mit massiven Unternehmenssteuersenkungen und Abbau aller sozialen und ökologischen Schutzrichtlinien zu erreichen ist, oder wurde in den letzten Jahrzehnten hinreichend bewiesen, daß diese Methode gerade nicht funktioniert und man also das Gegenteil tun sollte, wie Sanders meint?

Ich persönlich meine, daß man in diesem Fall nicht mehr beide Positionen vernünftig begründen kann. Trickle-down funktioniert nicht.
Aber ich glaube, daß es Wähler gibt, die daran glauben. Also muß man sachlich streiten.
Das stünde einer Demokratie auch gut an.

Neu ist aber das Phänomen, daß große Teile der Wählerschaft das Grundkriterium „Vernunft“ ablehnen.
Sie wollen etwas Unvernünftiges tun, wählen jemand, von dem sie auch keine konstruktiven Taten erwarten. Sie denken rein destruktiv.

So etwas kann bizarre Blüten haben.

Im südenglischen Cornwall, welches am meisten von EU-Subventionen profitierte, stimmte man klar für den Brexit, sägte also den Ast ab, auf dem man sitzt.

Usedom, zweitgrößte deutsche Insel in der Pommerschen Bucht lebt fast ausschließlich vom Tourismus. Dort gab es die stärksten Ergebnisse für rechtsradikale Parteien. Man stimmte also klar gegen diejenigen, denen man die ökonomische Existenz verdankt.
Dank der AfD- und NPD-Stärke auf der Ostseeinsel, stornieren nun frühere Touristen ihre Buchungen.


Die Lage der Usedomer wird sich also als direktes Resultat ihrer Wahlentscheidung verschlechtern.

Möglicherweise wird es der amerikanische Souverän den Usedomern nachmachen und einen Mann als Präsidenten wählen, der ihrer Nation schwer schaden wird.
Im Gegensatz zur linken Landrätin des Landkreises Vorpommern-Greifswald verfügte ein Präsident über die gewaltigste Militärmaschine der Welt und den „Football“. Es ist also nicht egal wer im Oval Office sitzt.

Drei Gründe, warum Clinton verlieren könnte
Donald Trump kämpft sich in Umfragen wieder vor, im Lager von Hillary Clinton wächst die Nervosität. Kann die Frau, die bis vor Kurzem so souverän dastand, noch verlieren? Aber ja. [….]

Die Trump-Fans könnten es nicht nur besser wissen, sondern vermutlich wissen es viele von ihnen auch besser.
Sie gehen aber mit einem suizidalen Irrsinn in diese Wahlentscheidung. Sie wählen wider besseres Wissens zum Schaden ihrer Nation.

Für so ein Verhalten ist Demokratie nicht ausgelegt.

Im besten Fall könnte Hillary Clinton doch noch gewinnen und würde dann aufgrund ihrer enormen Erfahrung und guter Beratung eine einigermaßen vernünftige Außenpolitik fortführen, womöglich von den Sanders-Fans getrieben, sogar sozialpolitisch links von der Obama-Linie agieren.
Selbst in diesem best-case-Szenario wären aber die zig Millionen Trump-Wähler nicht in die Galaxis hinaus gebeamt, sondern würden in den USA bleiben.
So wie auch die AfNPD-Wähler in MeckPomm wohnen bleiben, wenn die SPD regiert.
Selbst wenn es gut ausgeht, sieht es also ganz schlecht aus.

[…..] Amerika ist im Begriff auseinanderzubrechen. […..] Clintons Weg zur Präsidentschaft und die polarisierende Kandidatur ihres Rivalen Donald J. Trump werden ein Amerika zurücklassen, das tiefer und bitterer gespalten - und geschwächt - ist, als dies in der gesamten Geschichte des Landes seit dem Ende des Bürgerkriegs 1864 der Fall war. […..] Wie eine Nation regieren, die so tief gespalten ist zwischen liberal und konservativ, zwischen Stadt und Land, und gleichzeitig eine Welt beruhigen, die ängstlich auf ein Land blickt, das gerade mit der Idee, einen Präsidenten Donald Trump zu wählen, flirtet - einen Kandidaten, der alles gering schätzt, wofür die amerikanische Demokratie und die Allianzen und Handelsverträge des Westens stehen? […..]
Mit seinen Gerüchten zeichnet Trump das Bild einer Präsidentin Clinton, die es mit einer gefährlich gespaltenen Nation zu tun hat und ihr Amt angeblich nur durch eine rigged election, eine manipulierte Wahl, gewinnen konnte. Das wäre die Antithese zum Grundsatz der Demokratie, den sich jeder amerikanische Präsident nach bestem Vermögen zu eigen machen muss.
Amerikas politische Landschaft besteht in diesem Jahr aus einem irrwitzigen Flickenteppich polarisierender Leidenschaften; die großen Städte und die Vorstädte stehen dabei gegen das Amerika der Farmen und des flachen Landes. […..]