Samstag, 27. Februar 2016

Man sieht sich immer zweimal im Leben - Teil II

So wie Rechte eher egoistisch und national denken, agieren Linke solidarischer und internationaler.

Was passiert, wenn lauter Rechte international zusammenarbeiten müssen erleben wir gerade bei dem Stück, welches Sebastian Kurz (ÖVP), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), David Cameron (Conservative Party), Viktor Orbán (Fidesz) und Beata Szydło (PiS) aufführen:
Nach uns die Sintflut. Lieber reißen wir alles in den Abgrund, als daß wir jemand den kleinen Finger reichen.
Mit diesen Typen an der Spitze reißt sich die EU ihre ohnehin winzigen Hoden ganz aus dem Körper.

Europa verschanzt sich hinter Stacheldraht und Volksabstimmungen. Die Anti-Flüchtlingskoalition, allen voran Ungarn und Österreich, zeigen Merkel und Juncker, wie skrupellose Flüchtlingspolitik aussieht. Eine solche EU braucht niemand.
[….] Wenn die EU nicht nach unserer Pfeife tanzt, dann veranstalten wir eben ein Referendum und lassen das europamüde Volk sprechen - so lautet die neue Devise. Nicht nur in Großbritannien, sondern jetzt auch in Ungarn.
[….] Macht Orbans Beispiel Schule, dann wird über die Flüchtlingspolitik der EU nicht mehr bei Gipfeltreffen in Brüssel entschieden, sondern durch populistische nationalstaatliche Referenden. Und durch eine neue Koalition der Aufnahmeunwilligen, an deren Spitze Österreich und die Länder der Balkanroute stehen.
Bei ihrem heutigen putschartigen Treffen haben sie die beiden wichtigen Flüchtlingsaufnahmeländer Griechenland und Deutschland ebenso gezielt ausgeschlossen wie das Spitzenpersonal der EU-Kommission. Die Anti-Flüchtlingskoalition, und allen voran Österreichs Außenminister Sebastian Kurz, will der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker demonstrieren, wie skrupellos-entschlossenes Handeln in der Flüchtlingsfrage aussieht.
[….] Griechenland wird zum gigantischen Flüchtlingshotspot Europas. Die humanitäre Katastrophe ist programmiert. Und der Rest der Europäischen Union verschanzt sich hinter Volksabstimmungen und Stacheldraht. [….]  Die EU-Gegner von London bis Budapest können sich ihre nationalistischen Hände reiben: Eine solche Union braucht niemand.

Und in der Tat, nach diesem Drehbuch bekommt Griechenland eindeutig den Schwarzen Peter zugeschoben – wieder einmal.

 [….] Griechenland bekommt auf einmal zu spüren, was es heißt, Flüchtlinge tatsächlich aufzunehmen. Das bedeutet noch eine Krise im geschundenen Krisenstaat Griechenland. Eine humanitäre Katastrophe bahnt sich an.
[….] Österreich und die Balkanländer haben sich gegen Athen verschworen, Mazedonien hat die Grenze fast komplett dichtgemacht. Am Grenzübergang in Idomeni können nur noch einige Hundert Glückliche am Tag passieren. Afghanen verweigert Mazedonien die Einreise. Auch Syrer und Iraker ohne gültige Papiere sitzen fest. [….]
Vergangenes Jahr haben nur 14 368 Migranten Asyl in Griechenland beantragt. Es hat sich bis zu den Verzweifelten herumgesprochen, dass es kaum ein ungeeigneteres Ziel gibt, wenn man in dieser Krise Sicherheit sucht. Griechenland hat genug Probleme mit sich selbst. [….] In der Flüchtlingskrise haben die Griechen den Eindruck, Europa habe sie schon fallen gelassen. Absprachen wie jene, keineswegs im Alleingang Grenzen zu schließen, werden ignoriert.
"Verträge sind einzuhalten. Wir können nicht vergessen, wie das andauernd wiederholt wurde. Aber das gilt nicht für alle", empört sich Premier Alexis Tsipras. Sein Land könne nicht zu Europas Warenhaus für Flüchtlinge werden. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist in Griechenland nicht mehr willkommen. [….]
Aber das Land steht vor einer Zerreißprobe: Griechenland soll weitere 1,8 Milliarden Euro einsparen. Das bedeutet Aufruhr. Tsipras bittet nun ausgerechnet die Frau um Hilfe, die Griechenlands Probleme jüngst aus den Augen verloren hatte: Angela Merkel. [….]

Im Gegensatz zu Griechenland hat Deutschland volle Kassen.
 I8 Milliarden Euro Überschuss haben Bund und Länder 2015 erwirtschaftet.
Im Gegensatz zu Griechenland braucht Deutschland unbedingt Zuwanderung. 500.000 Menschen müssen Studien zu Folge jährlich einwandern, wenn Merkels Bürger dauerhaft ihren Lebensstandard halten wollen.
Im Gegensatz zu Griechenland sind die allermeisten Kommunen in Deutschland auch keineswegs überfordert mit den Flüchtlingen.

Deutschlands Regierung unternimmt nur deswegen radikale und restriktive Maßnahmen gegen flüchtende Menschen, weil alle vorm braunen Osten und der wachsenden AfD zittern.

Natürlich wäre es schön, wenn es nun einen EU-Solidarmechanismus gäbe, der dazu führte kurzfristigen Lasten einigermaßen gerecht zu verteilen.

Wir brauchen aber nicht die arme Merkel zu bedauern, die so schmählich im Stich gelassen wird von ihren EU-Kollegen.

In Wahrheit bekommt Merkel nur die Quittung dafür, daß sie als Rechte zehn Jahre lang selbst unsolidarisch in der EU aufgetreten war und nur für Deutschland günstige Lösungen durchdrückte.

Seit dem März 2003 ist die „Dublin-II-Übereinkunft“ in Kraft.
Es regelt die Zuständigkeit für Asylverfahren in der EU und besagt, daß der Mitgliedsstaat das Asylverfahren durchführen muss, der die Einreise eines Asylbewerbers erlaubt oder nicht aktiv verhindert hat.
Ein maßgeschneidertes Verfahren für das dicke reiche Deutschland, welches in der Mitte sitzt und keine südliche oder östlichen EU-Außengrenzen hat.
Durch die gesamte Kanzlerschaft Merkels zogen sich Klagen der „Frontstaaten“ Italien, Spanien und Griechenland, die es wenig überraschenderweise ungerecht fanden die gesamten „Migrationslasten“ de facto allein zu stemmen.
Merkels Innenminister Schäuble, de Maizière und Friedrich zeigten sich aber gnadenlos und waren zu keiner solidarischen Geste bereit.

Nachdem sich „das Problem“ dieses Jahr de facto umgekehrt hat, weil die Außenstaaten so überfordert waren, daß sie die Menschen unter Umgehung des Dublin-Verfahrens durchwinken mußten, ist es nun Deutschland, welches die anderen EU-Staaten um Hilfe und Solidarität bittet.
Nachdem diese Länder aber zehn Jahre in genau dieser Frage von Merkel vor den Kopf gestoßen wurden, lassen sie unfreundlicherweise, aber verständlicherweise diesmal Deutschland im Regen stehen.

Ähnlich rigoros antieuropäisch und antisolidarisch ging Merkel bei „Big Data“, der „Southstream-Pipeline“, den CO2-Abgasregeln oder auch der Russland-Politik vor.

Es hat schon seinen Grund, daß alle drei Vorgänger-Kanzler unisono beweinten Merkel habe kein Herz für Europa.
Ausgerechnet ihr Parteifreund und Mentor Helmut Kohl ging vor viereinhalb Jahren am weitesten, beklagte, Merkel mache die Europa „kaputt“ mit ihrer Rücksichtslosigkeit gegenüber der EU.

Helmut Kohl hat für Merkels Linie offenbar gar nichts übrig.
Nach Informationen des SPIEGEL hat Kohl die Europapolitik der CDU-Chefin scharf kritisiert. Ein Weggefährte, der den Altkanzler in letzter Zeit besucht hat, berichtet, Kohl halte Merkels Europapolitik für "sehr gefährlich". Kohl habe gesagt: "Die macht mir mein Europa kaputt", zitiert ein Vertrauter den Altkanzler.

Bei den beiden größten internationalen Krisen – der Syrienkrise und der Flüchtlingskrise braucht Merkel einerseits Russland und die Türkei und anderseits die großen Player der EU, also England und Frankreich, an ihrer Seite.

Mit allen vier genannten Staaten ist die Stimmung aber hauptsächlich durch Merkels Schuld eisig.
Putin und Erdogan hätten sich niemals zu der Art Quasidiktatoren entwickelt, wenn Merkel die ausgezeichneten Beziehungen zu den beiden Ländern im Jahr 2005 weiter entwickelt hätte, dafür gesorgt hätte, daß die Türkei in die EU aufgenommen wird und auch Russland fest an Europa assoziiert hätte, statt es durch schädlichen Einfluss in der Ukraine vor den Kopf zu stoßen.
Der Türkei hatte man Jahrzehnte versprochen in die EU zu kommen und so hatte sich die Regierung in Ankara dafür wirklich gestreckt.
Bis dann Merkel kam und Erdogan unvermittelt in die Eier trat. Nichts da EU, höchstens privilegierte Partnerschaft.
Da waren die türkischen Reformen allerdings so weit gediegen, daß sich das Land auch ohne die EU ökonomisch raketenartig entwickelte. Und Erdogan schmollte – zu Recht.
Wenn nicht mit der EU, dann eben gegen die EU, so seine Devise offenbar.
Ähnliches ging in Moskau vor.
Zudem ist Merkel die erste Kanzlerin seit den Tagen General de Gaulles, die einfach kein Verhältnis zu Frankreich findet.

Einfach erbärmlich, wenn man daran denkt wie ausgezeichnet und persönlich eng freundschaftlich sich die deutsch-französischen und die deutsch-russischen Beziehungen unter Schröder entwickelten hatten.
Die Regierungen arbeiteten so eng zusammen, daß sie international an einem Strang zogen.
Merkel ließ das alles sein, interessierte sich nicht, engagierte sich nicht.
Deutschland war ja auch allein stark und der einzige, den sie wirklich liebte, war George W. Bush, an den sie sich demonstrativ herankuschelte.

In der Finanzkrise verschärften sich die Friktionen gegenüber London und Paris weiter, weil Merkel und insbesondere ab 2009 Wolfgang Schäuble erratisch-besserwisserisch in Brüssel auftraten.
Schäuble wird inzwischen in den anderen Hauptstädten regelrecht gehasst.
Die südeuropäischen Länder sind mehr als verschnupft.

2015 braucht Deutschland mal Solidarität.
Unvernünftigerweise, aber sehr verständlicherweise bekommt es sie aber nicht. Nicht mehr.