Dienstag, 19. Januar 2016

97 Jahre Verfassungsbruch und alle Parteien finden es gut.



Die Dotationen, die jährlich von allen Bundesbürgern ausgeschüttet werden, sind schon viele Jahre Thema dieses Blogs.
Es ist nichts weniger als skandalös, daß sich unter den Volksvertretern so gut wie niemand findet, der sich für die Einhaltung der Verfassung einsetzt.
Bemerkenswert ist nicht nur, daß Bischöfe oder theologische Lehrstühle oder Instandhaltungen von allen Bürgern, also auch der relativen Mehrheit von Atheisten – bezahlt werden, sondern vor allem auch wie ungemein üppig diese Gelder fließen.
Während französische Bischöfe genau wie Priester rund 900 Euro im Monat verdienen – Kost und Logis sind frei – greift ein Erzbischof oder Kardinal in Deutschland mehr als 13.000 Euro monatlich ab, obwohl auch er kaum Unkosten hat, mietfrei im Bischofspalais wohnt, Personal und Dienstlimousine gestellt bekommt und zum Essen eingeladen wird.
Wofür benötigen also Herr Marx und Herr Woelki ihre gewaltigen Gehälter?

Franz Kamphaus in Limburg hatte einst gezeigt, wie ein hochangesehener und beliebter Bischof auch leben kann. Sein gesamtes Gehalt spendete er, ließ im Bischofspalais eine tamilische Flüchtlingsfamilie wohnen und bezog ein kleines Zimmer im Priesterseminar. Lange bevor ein gewisser Bergoglio berühmt wurde, fuhr Kamphaus einen alten VW Golf – und zwar mit sich selbst am Steuer.

Tebarzt van Elst, der direkte Nachfolger Kamphaus‘ zeigte wie sehr es der Kirche schadet, wenn Bischöfe nach persönlichem Luxus auf Kosten der Allgemeinheit streben. Skandale und Massenaustritte folgten.
Aber die Kirchenführung in Deutschland ist unbelehrbar. Der Oberkatholik hierzulande – Reinhard Kardinal Marx – gilt selbst für bayerische Verhältnisse als extrem prunkverliebt.

Immerhin gibt es inzwischen Journalisten, die sich mit der sagenhaften Raffgier der deutschen Kirchen beschäftigen.
Für Marx und seine Brüder im Amte wird es besonders peinlich, wenn man wie in der ARTE-Dokumentation „Die Kirche und das Geld“ die Situation mit anderen Ländern wie Frankreich vergleicht, wo es weder elf Milliarden Euro Kirchensteuer noch eine halbe Milliarde Dotationen obendrauf gibt.


Schwer zu erklären ist auch die inquisitatorische Härte mit der gerade die evangelische Kirche unbescholtene Bürger unter tätiger Mithilfe der Finanzbehörden verfolgt und versucht abzukassieren.       

Nach den Haushaltsplänen der Bundesländer werden die beiden christlichen Großkirchen im laufenden Jahr erstmals mehr als eine halbe Milliarde Euro an Staatsleistungen erhalten. "Verrechnet man dies mit den Zahlungen, die seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 an die Kirchen geflossen sind, kommt man auf die stolze Summe von 16,8 Milliarden Euro an Staatsleistungen – und dies, obwohl die deutsche Verfassung schon seit 1919 die Ablösung dieser Leistungen verlangt", erläutert der Kirchenfinanzexperte Carsten Frerk, Leiter der "Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland" (fowid) und Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs).
Es ist ein bemerkenswertes Phänomen: Parallel zur sinkenden Kirchenbindung der Bevölkerung steigen die Dotationen der Bundesländer für die Kirchen immer weiter an: 1970, als noch rund 93 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung Kirchenmitglieder waren, lagen die sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen bei 122 Millionen Euro. 1990, als die Kirchenmitgliederquote auf 73 Prozent gesunken war, zahlten die Bundesländer 267 Millionen Euro. Inzwischen sind die Staatsleistungen auf die bisherigen Rekordsummen von 499 Millionen Euro (2015) bzw. 510 Millionen Euro (2016) angewachsen, obwohl nur noch 59 Prozent der Bürgerinnen und Bürger den Großkirchen angehören.

Von Grünen, FDP, AfD, CSU, SPD und CDU ist keinerlei Besserung zu erwarten, Sie alle dienen treudoof und verfassungswidrig den Kirchen.
100% der Kabinettsmitglieder Merkels sind Christen.

Nun droht allerdings ein bißchen Ärger aus den Kommunen, denen Herr Schäuble den Gürtel so eng geschnallt hat, daß sie darüber nachdenken müssen die Milliarden-schweren deutschen Kirchen nicht mehr ganz so großzügig mit Geld zu überschütten wie bisher.

Beispiel Gingen an der Fils. Die Gemeinde in Baden-Württemberg mit gut 4.000 Einwohnern in der Region Stuttgart ist evangelisch geprägt. Als Bürgermeister amtiert Herr Hick von den Freien Wählern und grüßt via „E-Blättle.“
Evangelisch: 2.037 Einwohner, Römisch-Katholisch: 1.314 Einwohner    Sonstige: 1.007 Einwohner

Gingen an der Fils ist ein Ort zum Wohlfühlen und verfügt über eine umfangreiche wohnortnahe Versorgung. Die Gemeinde liegt verkehrsgünstig an der Bundesstraße 10 sowie der Bahnlinie Stuttgart-Ulm und ist zudem ein wichtiger Industrie- und Gewerbestandort mit einer Vielzahl von Arbeitsplätzen. Ich lade Sie gerne ein, auch persönlich vor Ort auf Entdeckungsreise in Gingen an der Fils zu gehen. - Ich verspreche Ihnen, es wird Ihnen gefallen.
Herzlichst grüßt Sie
Marius Hick
Bürgermeister

Dem evangelischen Pfarrer Matthias Krauter gefällt es allerdings gerade nicht so sehr.

Gemäß eines Vertrages von 1890 sollte die bürgerliche Gemeinde Gingen der Kirchengemeinde bei Reparaturen fünf Sechstel der Kosten erstatten.
So soll es nach dem Willen der Kirchen für immer bleiben.

Die Religioten konnten nicht glauben, daß es eine Gemeinde wagen könnte, diese Regelung in Frage zu stellen. Bis jetzt.
Es ging um eine Kirchturm-Sanierung im Jahr 2005, die 600.000 Euro verschlungen hatte.

Bürgermeister Hick fragte angesichts der klammen Gemeindekassen und des gigantischen Reichtums der Kirchen höflich an, ob man sich nicht auf eine 50:50-Aufteilung der Kosten einigen könne, statt wie bisher 83,3% der Gemeinde zu überlassen.
Die Evangelische Kirchengemeinde Gingen war stinksauer und erklärte keineswegs mehr als 25% der eigenen Kosten zu tragen und klagte gegen Bürgermeister Hick.

Wie es weiter ging, ist schnell erzählt:
In der ersten Instanz bekam Pfarrer Krauter Recht, Hick legte Revision ein und gewann in der zweiten Instanz.
Da kam es aber richtig dicke für die Kirche. Sie wurde dazu verdonnert künftig 70% der Kosten für die Reparaturen an Turmuhr und Glocken zu tragen.

Krauter konnte es nicht glauben und ging erneut vor Gericht.

"Mit Begeisterung mache ich das natürlich nicht", stellt der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Gingen, Matthias Krauter, klar. Die Juristen des Oberkirchenrats prüfen derzeit, ob er beim Staatsgerichtshof in Stuttgart Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Mannheim einreichen soll. Letzterer hatte entschieden, dass die bürgerliche Gemeinde künftig nur noch ein Drittel des "Abmangels" zahlen muss, der aus dem Unterhalt des Turms, der Uhren, des Läutwerks und der Glocken der Johanneskirche resultiert; bisher steuerte sie fünf Sechstel (83,3 Prozent) bei. Eine Revision ließ der VGH nicht zu.
Dagegen erhob die Kirchengemeinde "Nichtzulassungsbeschwerde" beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das den Antrag Mitte Juni ablehnte. Als "Rechtsbehelf" steht es Pfarrer Krauter nun allerdings frei, die Sache bis zum 3. August vor das Verfassungsgericht des Landes Baden-Württemberg zu bringen. Und obwohl sich die Landeskirche noch nicht endgültig geäußert hat, steht für ihn schon "mit hoher Sicherheit" fest, dass er "das durchziehen muss bis zum Schluss". Er könne das VGH-Urteil wegen der grundsätzlichen Bedeutung nicht hinnehmen. "Da steht nicht nur für uns, sondern auch für die beiden großen Kirchen im Land zu viel auf dem Spiel", sagte er am Mittwoch gegenüber der GEISLINGER ZEITUNG. [….]

Aber dumm gelaufen, wieder scheiterte die Kirche.

Tja, hätte der raffgierige Pfaff mal lieber das 50:50-Angebot von Bürgermeister Hick akzeptiert.

Der VGH im Mannheim reduzierte diesen Anteil auf ein Drittel. Grund: Die weltlichen Funktionen von Turm, Turmuhr und Glocken hätten sich wesentlich geändert. Eine „ortsbildende Wirkung eines Kirchturms“ rechtfertige nicht eine fortdauernde kommunale Kostenbeteiligung. Hinzukommen müsse, dass der Kirchturm zur Imagepflege genutzt werde. Dies war in Gingen der Fall, das den
Kirchturm in seinem Wappen trägt.
Der Staatsgerichtshof hatte die Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung zu prüfen. Dabei stellten die Richter fest, dass das Urteil weder gegen die sogenannte Kirchengutsgarantie noch die Gewähr der Staatsleistungen an die Kirchen in der Landesverfassung verletzte. Die Kirchengutsgarantie schützt die materielle Grundlage der freien Religionsausübung.

Dadurch daß es sich hier um eine Klarstellung in letzter Instanz handelt, hat Geronten-Priester Krauter nun womöglich allen Kirchengemeinden in Baden Württemberg einen Bärendienst erwiesen.
Denn theoretisch können sich jetzt alle Gemeinden auf dieses Urteil berufen und ebenfalls ihre Finanzierung der Kirchen von 83% auf 30% zusammenstreichen.

Danke Pfarrer Matthias Krauter! Sie haben den Konfessionsfreien sehr geholfen!

1 Kommentar:

  1. 30% sind noch zu viel. Die sollten dafür zahlen, dass sie unsere Städte mit ihrem Glaubensmüll verunstalten.

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