Donnerstag, 14. Juni 2018

Hamburg kommunal

Taxifahrer mal wieder. „Der verdammte Scholz!“ entfuhr es ihm, als wir auf die mögliche Fahrbahnverengung der Eppendorfer Landstraße zu Gunsten der Radfahrer zu sprechen kamen.

Was soll man noch dazu sagen?

Erstens ist es ein klassischer Fall von „nicht die Frösche fragen“. Da man schwerlich die Häuser auseinander schieben kann, die Straßen also nicht zu verbreitern sind, aber andererseits durch Hamburgs Einwohnerzuwachs immer mehr Verkehr verursacht wird, drängeln sich nun Radfahrer, ÖPNV und Privat-PKW um die wenigen Fahrbahnmeter in der Breite.
Die Mopo erstellte dazu eine Straßenumfrage mit dem total verblüffenden Ergebnis, daß Autofahrer dagegen sind Platz an die Radfahrer abzugeben und Radfahrer dafür.

In diesem Fall bin ich natürlich parteiisch, da ich mit meinem kaputten Körper gar nicht Radfahren könnte, auf das Auto angewiesen bin und es satt habe von der Radfahrerfraktion plump aufgefordert zu werden auf das Rad umzusteigen. Ja, natürlich wäre das ökologischer und gesünder. Es gibt aber auch viele kranke, behinderte und alte Menschen, denen es an physischer Kraft fehlt Rad zu fahren. Überraschung; es sind nicht alle so fit und jung wie ihr!

Anyway, wie ein Taxifahrer über Verkehrsmaßnahmen denkt, die sich zu Ungunsten der Autofahrer auswirken, ist wenig überraschend.
Diese Information ist redundant.
Davon mal abgesehen ist Olaf Scholz nicht mehr Hamburger Bürgermeister, sondern Vizekanzler und Bundesfinanzminister.
Und selbst als er noch Bürgermeister war, hat er sich nicht mit einzelnen Straßenbaumaßnahmen befasst, weil das Bezirksangelegenheit ist.
Die Regierungsfraktionen des Bezirks „Hamburg-Nord, sowie Bezirksbürgermeister Harald Rösler sind in diesem Fall also zuständig.

Aber so geht Meinungsbildung im Urnenpöbel. Das Boulevardblatt „Hamburger Morgenpost“ berichtet über Überlegungen eines Stadtteil eine kleine bestimmte Straße etwas Fahrrad-freundlicher zu machen und  - rattatatatt – hasst ein Taxifahrer den Bundesfinanzminister.

Das sind die täglichen Entscheidungen in der kleinteiligen Kommunalpolitik.

Darf ich ein paar Bäume abhacken, damit 85.000 Düsseldorfer Ed Sheeran sehen können?
Seine Fans, die schon Karten gekauft haben, bejahen das. Umweltaffine Sheeran-Hasser sind dagegen.

Darf man auf der großen Hamburger Stadtparkwiese eine Rolling-Stones-Konzertbühne aufstellen?
82.000 Jagger-Fans waren völlig begeistert, andere beklagen sich bis heute bitterlich über den ramponierten Rasen, der immer noch nicht wieder zu betreten ist, weil die neue Saat ob des trockenheißen Wetters länger braucht.

In diesen Fällen kann ich keinen Sinn in ausführlicher Bürgerbeteiligung sehen.
Da sind Interessenkonflikte vorprogrammiert und je länger man die Diskussion darüber auswalzt, desto mehr echauffiert sich die unterlegene Seite, die am Ende irgendeinen völlig unbeteiligten Bundesminister hasst.

Ich wünsche mir hier weniger Plebiszite und mehr exekutive Gewalt.