Freitag, 17. Januar 2025

Die Bedeutung von Äußerlichkeiten.

Heute bin ich öde. Aber als Teenager und Twen war ich längere Zeit damit beschäftigt, verschiedene Spielarten des Lebens auszuprobieren. Man muss einige Dinge mal gemacht haben, um zu wissen, daß sie einem nicht gefallen.

Rauchen, Trinken, Drogen kam sehr früh und dann musste ich natürlich auch meinen Kleidungsstil finden.

Wie ich schon mehrfach schrieb gefallen mir a posteriori die 1980er Jahre am besten, weil sie so divers waren.

(….) In meiner Jugend war es ein großer Fauxpas Frisuren von Mitschülern nachzumachen und die gleichen Moonboots zu tragen.

„Wenn all von einer Klippe springen, tust du das dann etwa auch?“

Individualität war gefragt.

In der Abi-Zeitung gab es Bilder von Individuen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Mods, Popper, Punks, Ökos, Langhaarige, Grufties, Edel-Punks, Goths, Müslis und auch die zwei, drei Anzugsträger aus der JU.

Heute sind die Abi-Zeitungen meiner ehemaligen Schule online. Sie haben sich alle hübsch zusammen zu einem Gruppenfoto vor der Aula aufgestellt. (Schon das wäre vor 30 Jahren unmöglich gewesen, weil sich die meisten so einem Massenbild verweigert hätten).

Der nivellierende Effekt der sozialen Medien ist sagenhaft: Alle Mädchen tragen die gleiche Jennifer Aniston-Frisur und alle Jungs tragen streng einheitlichen Dreitage-Bart und Anzug.

Die Jugend wurde sanft gehirngewaschen und vermutlich ohne es selbst zu bemerken optisch in eine Lemming-Armee verwandelt. (….)

(Pimmel-Problematik 10.02.2019)

Die männlichen Twens der Gegenwart sehen hingegen alle gleich aus.   Und alle eint der Wahn rund um die Uhr am Klugtelefon kleben zu müssen. (….)

(Veränderungen, 07.09.2019)

Ich konnte, anders als die Jugend von heute, weder Internet, noch Klugtelefon vermissen, weil sie nicht erfunden waren und bei niemanden die Vorstellung existierte, man könne so etwas benötigen. Auf der Suche nach „abgefahrenen Klamotten“ stöberte man also zunächst einmal im elterlichen Kleiderschrank – in meinem Fall dem Mütterlichen, da ich ohne Vater aufwuchs. Zum Glück mochte sie schwarze Unisex-Mode, so daß ich mit etwa 15 Jahren einen ihrer Blazer klaute. Ein ganz gerade und schmal geschnittenes Ding ohne Revers. Ich war damals schon einen guten Kopf größer, als meine Mutter, aber extrem schmal. Dadurch passte das Ding perfekt und ich war begeistert, weil so ein Sakko im Gegensatz zu „Jugendmode“ jede Menge Taschen besaß. Ein enormer Vorteil in den Zeiten, als noch kein Junge auf die Idee gekommen wäre, wie heute mit Louis Vuitton-Handtäschchen rumzulaufen, man aber durchaus allerlei Zeug immer „bei der Hand“ haben musste: Portemonnaie, Monatskarte, Labello, Schlüsselbund, Zigaretten, Feuerzeug, ein Döschen mit Gras, noch eine Packung Zigaretten.

Wie praktisch. Der einzige Nachteil war beim Ausgehen, daß meine Freundin mir immer ihr Geld und ihre Zigaretten auch noch in die Hand drückte „du hast doch Taschen“. Ich bemerkte schnell weitere Vorteile: So ein Sakko kann man tagelang anziehen; niemand bemerkt es und spricht einen drauf an, immer dasselbe zu tragen. Ich erinnere mich immer noch an einen Morgen im Deutsch-LK, als mein damaliger bester Freund, der neben mir saß, plötzlich sagte: „das ist eine coole Jacke, hast du die neu?“, obwohl ich das Sakko da schon mindestens ein Jahr fast jeden Tag trug. 1. Praktisch, 2. unauffällig und der dritte Vorteil eines schwarzen Sakkos lautet: Man ist automatisch immer schick, muss sich nicht erst verkleiden, wenn man mal zu einem offizielleren Anlass muss.

Durch puren Zufall hatte ich also schon mit 15 meinen Kleidungsstil gefunden und blieb ihm bis heute treu. Wenn man jung und dünn ist, sieht es natürlich besonders gut aus, wenn solche Dinger eng auf Figur geschnitten sind. Als Twen besaß ich auch Varianten, die zwar uni schwarz waren, aber mit verschiedenen Stoffen, Mustern und Schnitten aufwarteten. Gehröcke liebte ich sehr. Im Alter sind die Dinger wieder unauffälliger, weiter, sollen kaschieren, statt betonen. Aber die schwarzen Sakkos sind meine tägliche Uniform geblieben, weil sie neben all den genannten Vorteilen auch meiner Bequemlichkeit entsprechen. Ich musste in den letzten Jahrzehnten nicht eine Minute Zeit verschenken, um zu überlegen, was ich anziehe, was zusammen passt; sondern kann immer einfach das Erstbeste aus dem Schrank nehmen. Dabei bekleide ich kein öffentliches Amt und treffe beruflich kaum jemals auf Menschen, bei denen ich auf eine bestimmte Weise gekleidet sein müsste. Eine der wenigen Ausnahmen ist mein Schöffenamt. Da gibt es sogar eine Broschüre, die darauf verweist, welche Klamotten ungeeignet sind, wenn man auf der Richterbank sitzt. Aber auch da bin ich selbstverständlich fein raus. Ein schlichtes schwarzes Sakko geht immer.

Das diametrale Gegenteil von mir ist Angela Merkel, die nicht nur einen Job hat(te), bei dem sie immer von der halben Welt gesehen wird, sondern auch noch als Frau der Ungerechtigkeit unterliegt, anhand ihrer Kleidung und äußerlichen Erscheinung bewertet zu werden.

Das kann sicher brutal sein, wie „Kohls Mädel“ Claudia Nolte (ab 1994) und Angela Merkel (ab 1990) erlebten, als Ossi-Frau der CDU ins Bundeskabinett eintraten und ganz offensichtlich noch von niemanden beraten wurden. Noch nach 30 Jahren erinnert man sich an Noltes grausame weiße Rüschenbluse, die sie zur Amtseinführung als Familienministerin trug. Merkel erging es noch schlimmer, weil sich ihr eigener Kabinetts- und Parteichef Kohl gern öffentlich über ihr Erscheinungsbild mokierte.

 Er habe ihr erst mal beibringen müssen, ordentlich mit Messer und Gabel zu essen, erklärte der dicke Pfälzer feixend über Ministerin Merkel.

Ein ungeheuerlich sexistisches und misogynes Verhalten, das natürlich nicht nur die CDU-Frauen aus der DDR über sich ergehen lassen mussten. Insbesondere die Grünen Frauen, die 1980 in die Bundespolitik kamen, wurden mit sexistischer Häme aus den Reihen der CDUCSU überschüttet.

Nolte vertrieb es vollständig aus der Politik. Nach dem Ende der Kohl-Regierung 1998 bekam sie nie wieder ein wichtiges Amt. Bei Merkel verlief es bekanntlich ganz anders. Nach acht Jahren schlechter Witze über ihr Ministerinnen-Outfit, beschloss sie offenbar, sich nicht davon runtermachen zu lassen, sondern nach Kohls Ende umso entschlossener weiter an ihrer Karriere zu arbeiten. Allerdings schleppte sie drei Nachteile in der Andenpakt-CDU von 1998 mit sich herum. Sie ist 1. eine Frau, 2. unfotogen und 3. mit einer kompakt-pyknischen Figur versehen. Für alle drei Punkte kann sie nichts. Es ist grob unanständig, sie für einen dieser Punkte zu kritisieren. Insbesondere wenn man bedenkt, daß häßliche Fettsäcke wie Kohl oder Strauß nie ob dieser Äußerlichkeiten beurteilt wurden.

Merkel war aber klug genug, um zu wissen, daß sie dieses Thema in der ersten Reihe der Politik nie loswerden würde und unternahm mit ihrem Machtzuwachs um 1999 auch ein großes Makeover. Schminke und Frisur wurden ein für alle Mal festgelegt und nie mehr verändert. Sie legte sich die Raute zu, um ihre Haltung vor den Mikrofonen zu stabilisieren und fand zu ihren inzwischen so bekannten bunten Hosenanzügen. Ein zugegeben genialer Schachzug. Denn durch die unterschiedlichen Farben konnte sie ihr Outfit täglich verändern, ohne aber der Presse Anlass zu geben, ihre Kleiderwahl zum Thema zu machen, weil es immer die gleiche Kombination war. Es wurde ihre Uniform.

Die Hamburger Schneiderin Bettina Schoenbach aus der ABC-Straße machte ab Anfang der 20zehner Jahre alle Kanzlerinnen-Kostüme. Vorher ließ Merkel bei der Berliner Designerin Anna von Griesheim anfertigen, aber dort gab es offenbar Indiskretionen. Es wurde über ihre berühmteste Kundin getratscht und Merkel kam nie wieder. Schoenbach hingegen verlor nie ein Wort über Merkel.

Ähnlich soll Merkel auch mit Friseuren und Visagisten verfahren. Sie ist eine unkomplizierte Kundin, die selbst den Termin macht, kaum Extrawünsche hat, aber nie wieder kommt, sobald irgendetwas Privates von ihr ausgeplaudert wird.

Als Hamburger ist mir das sympathisch, aber mutmaßlich ist es einfach knallhartes Kalkül Merkels: Sie weiß, daß ihre solche Storys nur schaden und sie unnötig Angriffsfläche böte. Also würgt sie alles im Keim ab, was Boulevard-tauglich sein könnte.

Ich habe selbstverständlich keine Ahnung, welchen Kleidungsstil Merkel rein privat bevorzugt, halte es aber ihre Methode, sich optisch zu präsentieren, für intelligent. Sie akzeptiert die Gegebenheiten und macht das Beste draus. Es ist ihre individuelle Uniformität.

Brigitte Macron ist ein ganz anderer Fall. Sie kann als Französin ohnehin schlecht Modefragen komplett ignorieren. Glücklicherweise hat sie eine phantastische Figur, ist hochgradig fotogen und hat einen legendär guten Modegeschmack. Die Frau sieht immer perfekt aus und kann sich so gut kleiden, daß sie auch in extravagantesten Outfits nicht kritisiert wird. Dieser Stil, diese Klasse, ist offensichtlich vielen Französinnen „angeboren“ und nicht erlernbar, wie das Beispiel Melania Trump zeigt, die als Ex-Model natürlich ebenfalls eine perfekte Figur hat und bei der Wahl ihrer Kleidung über unendliche Mittel verfügt. Anders als Macron, ist sie aber eine im Grunde ihres Wesens eine Proletin, sieht oft verkleidet aus, greift schwer daneben. Ihre Umdekorierungen im Weißen Haus sind allesamt legendär misslungen. Sie ruinierte Jacky Kennedys Rosengarten und ließ grotesk scheußlichen Weihnachtsdekorationen aufstellen.

Melania Trump fehlt es an der Merkelschen Selbsterkenntnis „Mode nicht zu können“ und entsprechend ihre Finger davon zu lassen. Das beweisen auch ihre übertriebenen Plastic Surgerys die inzwischen für alle Frauen des Mar A Lago-Universums Pflicht sind: Aufgespritzte Lippen, kleine Nase, Schlitzaugen, boob-job.

Donald Trump liebt offensichtlich diesen Typ und so lassen sich Laura Loomer, Kristie Noem, Lara Trump, Ronna Romney McDaniel oder Kimberly Guilfoyle alle einheitlich umoperieren. Gut für Merkel, daß sie nie in den OP-Wettkampf einstieg und rational blieb.

So nachvollziehbar ich Merkels äußerliche Entscheidungen finde, so unverständlich bleibt mir, wieso Bettina Schoenbach die Kanzlerinnen-Kostüme nie in der richtigen Größe anfertigt. Immer sind die Oberteile zu kurz und zu eng. Das konterkariert leider Merkels Bemühungen, ihre Mode nicht zum Thema zu machen.

Als dicker Mensch ist es schwierig, Anzüge, bzw Kostüme „von der Stange“ zu finden, die gut sitzen. Das Problem entfällt aber, wenn man über die Mittel verfügt, maßschneidern zu lassen. Dann kann man auch als Moppel ausgezeichnet angezogen sein. Der genau vor 20 Jahren ermordete Rudolf Moshammer bewies es mit seinem enormen Wanst: Trotzdem saßen seine Hemden und Blazer immer absolut perfekt, waren aus schicken hochwertigen Stoffen gefertigt. Andere bekannte Dickerchen, wie Helmut Kohl, der natürlich auch einen privaten Schneider beschäftigte, mangelte es einfach grundsätzlich an Stil. Seine Anzüge saßen immer schlecht und waren peinlich schlabberig. In diese Kategorie fielen auch seine Minister Rühe und Kinkel, die mit sagenhaft zerknitterten und zerlotterten Klamotten auftraten.

Das muss nicht sein! Joschka Fischer (in allen Körperformen), Gerd Schröder, Heiko Maas, von Dohnanyi oder auch, ganz aktuell Felix Banaszak sind stets in auffällig perfekt sitzenden Klamotten zu sehen, auch wenn Letzterer durchaus mal legerer daherkommt, kaum Krawatten trägt und unter dem Sakko nur ein krangenloses Shirt oder einen Rolli anzieht. Es passt aber immer gut zusammen und sitzt richtig.


Gegenbeispiel Donald Trump, der sich sicher auch Schneider und beste Materialien leisten kann, aber in den letzten zehn Jahren noch nie mit passenden Hosen gesehen wurde. Es sind eher viel zu lange Hosenröcke mit grotesk überlangen Krawatten. Der Mann ist eben auch in der Hinsicht geschmacklos.

Generell haben es leptosome Typen wie Merz einfacher. Ein Anzug in seiner Größe findet sich leicht.

Möglicherweise ist die in dem letzten halben Jahr auffällig schlanker werdende Ozempic-Bitch Söder trotz seiner auf Instagram inszenierten Dauerfresserei daher auch erpicht, so dünn wie Merz zu werden. Es nützt nur nichts, da Söder noch geschmackloser als Trump ist und in unfassbar ausgebeulter, teilweise regelrecht schlampiger Rentner-Funktionskleidung auftritt. Offenkundig ist das bei dem Kamera-verliebten MP Strategie. Er will sich beim Wahlvolk als einer der ihren einschmeicheln. Einer, der genauso verlumpt und haltungslos in Opas Kord-Janker auf dem Sofa rumlungert. Als Söders Altersgenosse frage ich mich, was bei dem Mann schief gelaufen ist. Ich mag ein Sozi und zwar ein linker Sozi sein, aber ich bin zu konservativ, um zu akzeptieren, daß Spitzenpolitiker so peinlich angezogen öffentlich rumstolpern.



Donnerstag, 16. Januar 2025

Deutsche Dystopie

Unglaublich, aber wahr; als ich in der weit zurückliegenden „Damals-Zeit“ Antidepressiva verschrieben bekam, regelrecht entsetzt über das Ansinnen des Neurologen war, mochte ich das zunächst niemanden erzählen. Was sind das für Leute, die „Happy-Pills“ nehmen müssen? Die dann dick werden, immer müde sind und ihre Libido verlieren. Was hatte ich in der Schublade verloren?

Fast Forward zu 2025: Wer lebt denn bitte sehr im Social Media-Zeitalter während des Durchmarsches der faschistischen Autokraten und behält sein sonniges Gemüt? Wer kann das tägliche Weltgeschehen verfolgen, ohne zu Psychopharmaka zu greifen oder zumindest ernsthaft zu wünschen, diese Affenkugel zu verlassen?

Es ist so ungeheuer frustrierend, machtlos zusehen zu müssen, wie die Lüge, wie der Irrsinn, wie die Dummheit, wie die Destruktivität Erfolg haben. Wie ungeniert und boshaft AfDP, BSW, FW, CDUCSU auf den Zug aufspringen und in Toto riesige Mehrheiten für „Schluß mit Klimaschutz“, „Zurück zur Atomkraft“, „Genderzwang abschaffen“ bekommen, obwohl sie durchaus laufend in Factchecks der Lüge überführt werden.

Es gibt keinen und gab nie einen "Gender-Zwang"

Nichts von dem, was Merz und Söder und Weidel behaupten, stimmt. Die seriösen Quellen, die das täglich eindrücklich belegen, sind für jedermann zugänglich, dringen aber nicht durch, weil die Musks dieser Erde, Hetze und Fake News wesentlich schneller verbreiten, als man sie dementieren kann.

Und weil die Masse der Wähler intellektuell zu träge lebt. Tumb in ihren kleinen Trug-Blasen verharrt, BILD liest, NIUS guckt und AfD-TikToks konsumiert.

Spreche ich denjenigen, der seine Informationen ausschließlich über ein BILD-Online-Abo bezieht, auf die hanebüchene Qualität seiner Quelle an, bekomme ich eine von drei Antworten:

a)   Na und, die lügen doch ALLE!

b)   Ich arbeite schließlich und habe nicht den ganzen Tag, wie Du, Zeit, Zeitungen zu lesen.

c)   Ja, die schreiben schon viel Mist, aber ich kann damit umgehen und genau erkennen, was wahr ist.

Es fällt mir schwer zu sagen, welche ich davon am wenigsten verstörend finde.

Ähnlich deprimierend ist es zu beobachten, wie die rechtspopulistischen Merzsöderlindners den Diskurs kontinuierlich jeden Tag weiter in Richtung AfD verschieben.

Und wie soll man ohne Antidepressiva ertragen, daß TV-Sender in Gestalt ihrer Lanze und Miosgas den Lügnern und ihrer Lügenstories immer wieder den Roten Teppich ausrollen, um sie unwidersprochen und ohne Factchecks ihre toxische Ideologie unters Volk bringen zu lassen?

Wozu AfD-Urban 75 Minuten bei Lanz? Wozu Merz interviewen, der auch ein erwiesener Münchhausen ist?

[….] Merz lügt. Wiederholt. Das „Gute“ daran: Er ist sehr ungelenk darin, diese Lügen zu verbergen. Seine #Körpersprache verrät ihn stets und ständig. Das ist jener Teil der #Kommunikation, der oft ohne willentlichen Einfluss einfach so passiert - vor allem, wenn es emotional wird. Wenn also zum Beispiel jemand getriggert wird.

Und #Merz ist von dem Thema A*D natürlich getriggert - eiert er doch da sehr herum, weil er eigentlich will, aber nicht darf. Während die CDU in zig Kommunen, zig Bundesländern und sogar auf EU-Ebene mit den Rechtsextremen in zig Dingen kooperiert, bemüht sich Merz (vorerst noch!) auf #Bundesebene, so zu tun, als sei er der Garant, dass die CDU nichts mit der A*D tun wird. Dabei ist laut Umfrage klar, dass nahezu jedes zweite #CDU-Mitglied mit der A*D zusammenarbeiten möchte - ungeachtet der menschenverachtenden und verfassungsfeindlichen Ausrichtung der A*D. Das spricht Bände und lässt erahnen, wie hoch der Druck innerhalb der CDU ist, sich zur A*D zu öffnen.

Wir, die wir am 23.2. bei der #Bundestagswahl wählen dürfen, sollten deshalb neben der A*D auch die CDU maximal schwächen, damit sie keine starke #Position in Koalitionsverhandlungen einnehmen kann. Denn je stärker sie ist, desto eher kann sie diktieren, wer mit ihr unter welchen Bedingungen koalieren kann.  [….]

(Marc Raschke, 16.01.2025)

Während der CDUCSU-Bundestagsfraktionsvorsitzend und Kanzlerkandidat noch so spricht, breitet seine CDU die Arme aus, um die Nazis an ihr Herz zu drücken.

[….] Im Sächsischen Landtag ist am Mittwoch ein Abgeordneter der AfD in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) gewählt worden, die den Verfassungsschutz des Bundeslandes kontrolliert. Der Landtag wählte in offener Abstimmung den AfD-Abgeordneten Carsten Hütter als Mitglied des Gremiums.  Neben der AfD stimmte die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten von CDU und BSW für Hütter; gegen ihn votierten die Parlamentarier der Regierungsfraktion SPD sowie der oppositionellen Fraktionen von Grünen und Linken. Damit ist erstmals ein Parlamentarier einer Partei in dem Gremium vertreten, die vom sächsischen Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft wurde. [….] Notwendig für die Wahl der Mitglieder ist die Mehrheit der Parlamentarier des Landtags, die 61 Abgeordnete ausmacht. Die AfD selbst verfügt derzeit über 40 Sitze. Die CDU, die mit 41 Sitzen im Landtag vertreten ist, hatte zuvor angekündigt, den AfD-Abgeordneten zu wählen, weil man das Wählervotum grundsätzlich respektiere. [….] Scharfe Kritik daran kam von den Grünen. „Wenn ein Mitglied der Partei, die als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft worden ist, in das Kontrollgremium des Verfassungsschutzes gewählt wird, dann bedeutet das einen erheblichen Schaden für die wehrhafte Demokratie“, sagte der Grünen-Abgeordnete Valentin Lippmann, der selbst in der PKK sitzt, der F.A.Z. Als Mitglied der PKK habe der AfD-Abgeordnete Zugang zu hochsensiblen Informationen und bestimme unmittelbar mit, was der Verfassungsschutz tue. Ein AfD-Vertreter im Kontrollgremium sei deshalb „die größte Sicherheitslücke für den Verfassungsschutz“. [….]

(FAZ, 15.01.2025)

Und es hat, wie immer, gar keine demoskopischen Konsequenzen. Die Lügen-CDU paktiert mit den Nazis, ohne daß es irgendeinen Einbruch in der Wählerzustimmung gibt.

Die Wähler wurden schon längst moralisch in den Bankrott geplappert. Wie kann man da nicht deprimiert sein?
Nur indem man selbst rechtsradikal tickt, oder total verblödet ist.

[….]  Nun hat die CDU #Sachsen also dafür gesorgt, dass Merz zurücktreten muss. Wie das? Merz hatte ja erst vor wenigen Tagen bekräftigt, dass er sein persönliches #Schicksal damit verknüpft, dass die CDU nicht mit der A*D kooperiert. Nun hat die #CDU Sachsen ausgerechnet den Politiker Carsten Hütter der gesichert rechtsextremen A*D in das #Gremium gewählt, das den Verfassungsschutz von Sachsen kontrolliert.

Man kann also sagen: Die CDU hat den Verfassungsfeinden den Zugang zum #Maschinenraum der #Verfassung geöffnet - wohlgemerkt gegen die Stimmen von #SPD, Linke und #Grüne, die sich gegen Hütter ausgesprochen haben.

Damit aber noch nicht genug. Nach Informationen von TableBriefings übernimmt die A*D von der CDU die Vorsitze für Innen- und Justiz-Ausschüsse in Sachsen. Genau, richtig gelesen: Innen und Justiz. Auch das geht also auf das Konto von CDU-#Ministerpräsident Kretschmer, der ja bereits in die Schlagzeilen geriet, weil er sich während der #Koalitionsgespräche vertraulich mit der A*D zu Gesprächen traf. Für Inneres setzt die A*D übrigens ausgerechnet den früheren Polizisten Lars Kuppi ein, der 2022 an Protesten des #Querdenker-Milieus teilgenommen hat.

Ich frage mich inzwischen wirklich, ob uns die CDU vergackeiern will? Und: Wann tritt dann #Merz jetzt zurück? - Ach, er wird das gar nicht? Weil er das gar nicht ernst gemeint hat mit seinen persönlichen Schicksal als CDU-Vorsitzender?

Wir merken daran, dass die CDU von Beginn an nicht im Entferntesten verhindern wollte, dass die Rechtsextremen an die Macht kommen. Im Gegenteil: Die CDU ebnet den Rechtsextremen den Weg. Wo bleibt der Aufschrei? [….]

(Marc Raschke, 16.01.2025)

Mittwoch, 15. Januar 2025

Das Merz-Missverständnis.

Die politische Großwetterlage ist so günstig für die CDU. Die Ampel am Boden, der Sozi-Kanzler historisch unbeliebt, die Grünen von weiten Teilen der Presse und den Faschisten zum General-Buhmann herabgewürdigt. Das Wachstum bleibt auch 2024 wieder aus. Das Volk sorgt sich um Migration und Wirtschaft - die angestammten Kernthemen der Christen-Union.

Ein überzeugender CDUCSU-Kanzlerkandidat sollte da eigentlich spielend eine absolute Mehrheit bekommen.

Da trifft es sich leider schlecht für die CDU, nicht über so einen Kandidaten zu verfügen, sondern stattdessen auf ein fast 70-Jäheriges Greenhorn zu setzen, das nicht nur über keine Regierungserfahrung verfügt und durch drastische ökonomische Unkenntnis auffällt, sondern zu allem Übel auch noch mit persönlichen Beliebtheitswerten von Fußpilz oder Mundfäule aufwartet.

Merz ist charakterlich zutiefst abstoßend und gibt sich große Mühe, diese Tatsache jeden Tag erneut unter Beweis zu stellen.

[….] Es gibt frische Umfragen von ARD und ZDF vor der Bundestagswahl – für Friedrich Merz sind die Zahlen allerdings höchst besorgniserregend. Zwar führt die Union weiter deutlich vor den anderen Parteien, doch besonders seine persönlichen Zustimmungsraten stürzen bedenklich ab. [….] Vor allem bei Infratest dimap für die ARD zeigt sich ein klarer Trend seit Oktober. Dabei waren noch 34 Prozent der Befragten mit Merz zufrieden, nun sind es nur noch 25 Prozent. Ein anderer Kanzlerkandidatin wird derweil immer beliebter.

Merz auf Laschet-Tiefpunkt – dabei hat Wahlkampf noch nicht richtig begonnen  Doch zunächst weiter zu Merz: Der Wert von 25 Prozent bei der ARD ist deckungsgleich mit den 25 Prozent, die Armin Laschet 2021 bekommen hat. Die Zufriedenheit ist also auf demselben Tiefpunkt wie beim damaligen Kanzlerkandidaten nach seinem Lacher-Eklat im Hochwassergebiet! Nun aber beginnt die heiße Wahlkampfphase erst und Merz ist bekannt dafür, in Fettnäpfchen zu treten. [….] Auch die ZDF-Zahlen zeigen, dass Merz immer unpopulärer wird. So verlor er in der ersten Januar-Umfrage zwei Prozentpunkte bei der Frage zur Kanzler-Direktwahl. Nur noch 27 Prozent würden ihn bei einer fiktiven Direktwahl wählen wollen. All das hat auch Auswirkungen auf die Zustimmung zur Union bei der Sonntagsfrage. Wäre nun Bundestagswahl würden CSU/CDU bei ARD und ZDF jeweils auf 31 Prozent kommen – bei beiden Sendern ein Minus von zwei Prozentpunkten. [….]

(Der Westen, 15.01.2025)

Als Sozialdemokrat hämisch über eine Partei, die bei 30% steht, zu lachen, wirkt zwar verzweifelt. Aber natürlich müsste Merz eigentlich viel besser dastehen. Er hat es so viel leichter als Scholz, musste noch nie Verantwortung übernehmen, sich nicht mit realen Problemen beschäftigen oder gar garstige Koalitionspartner dirigieren. Spätestens vor gut drei Jahren zu seinem Amtsantritt als CDU-Chef und CDUCSU-Fraktionschef, hätte er aber Strategien und Konzepte entwickeln müssen, um alternative Politik zur Ampel vorzustellen; Antworten auf die vielen Probleme zu haben.

Das versäumte er aber auch ganzer Linie, weil es gar nicht möglich ist, zu seiner modernitätsfeindlichen, wissenschaftlich widerlegten Trickledown-Ideologie der einseitigen finanziellen Bevorzugung der Superreichen ein realitätstaugliches Konzept zu erstellen. Auf einen 1.000-Milliarden-Investitionsstau und eklatanten Fachkräftemangel, mit nicht gegenfinanzierter 100 Mrd. Euro Steuersenkung für die Topverdiener, Schuldenbremse, Ausländer raus-Polemik, sowie der Kriminalisierung von Cannabis und Transsexualität zu antworten, kann in keinem Universum funktionieren. Daher drischt Merz nur auf Grüne und Rote ein, bleibt aber wirr und vage, wenn es um die eigene Programmatik geht.

[….] Im Sommer 2023 forderte die CDU ein Fünf-Punkte- Programm und Anfang 2024 ein Sofortprogramm, die vor allem eine Abschaffung der Erbschaftsteuer und Steuererleichterung für Unternehmen beinhalteten. Ein großer wirtschaftspolitischer Widerspruch für Merz besteht in seinem Ausschließen sowohl einer Veränderung der Schuldenbremse als auch von Steuererhöhungen. Er kritisiert den Bundeshaushalt 2025 und fordert weitere Einsparungen, vor allem bei den Sozialausgaben. Wissenschaft und Wirtschaft fordern ein großes Investitionsprogramm, um eine Deindustrialisierung zu vermeiden. Ein Kanzler Merz wird die öffentlichen Investitionen jedoch weiter kürzen oder seine eigenen Worte schlucken müssen und eine Kehrtwende bei Steuern und Schuldenbremse vollziehen müssen.

Merz lehnt eine Stärkung Europas bei der Wirtschaftspolitik vehement ab. So attackierte er kürzlich die Vorschläge von Ex-EZB-Chef Mario Draghi für eine gemeinsame Industriepolitik und mehr europäische Investitionen. Deutschland soll von Europa profitieren, mehr gemeinsame Verantwortung lehnt er jedoch ab – auch dies ist ein Widerspruch, den er auflösen muss.

Bei der Arbeitsmarktpolitik will Merz zusätzliche Beschäftigte durch die Steuerbefreiung von Überstunden und eine Reform des Bürgergelds schaffen. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass keine dieser beiden Maßnahmen mehr Menschen in Arbeit bringen wird. Das große Potenzial bei der Erwerbstätigkeit von Frauen und Geflüchteten dagegen sieht er kritisch. Viele Maßnahmen zur schnelleren Integration von Ausländern –wie eine klare Bleibeperspektive – lehnt er genauso ab wie Reformen von Minijobs, Ehegattensplitting und Mitversicherung. [….]

(DIW-Präsident Marcel Fratzscher, 20.09.2024)

Grüne und Sozis werfen Merz oft vor, als Blackrocker einseitig die Interessen der Reichsten zu vertreten. Das ist insofern richtig, als Merz tatsächlich nur an die Wohlhabenden und nicht an die Gesamtgesellschaft denkt.

Aber es ist insofern unrichtig, als Merz automatisch zugestanden wird, über ökonomische Kompetenz zu verfügen, weil er bei Blackrock war.

Sicher haben Unternehmer, insbesondere Familienunternehmer, die aus der Praxis kommen und automatisch langfristig denken, weil sie Arbeitsplätze und die Substanz für ihre Nachfahren erhalten wollen, eine gewisse Kompetenz, weil Wirtschaft nun einmal ihr Metier ist. Das betrifft aber offenkundig nicht Risikomanager; beispielsweise in der Autoindustrie, die Milliarden verschieben, ohne irgendwelche persönliche Haftung zu übernehmen und an ihre Jobs gekommen sind, weil sie auf den entsprechenden Elite-Einrichtungen waren und gelernt haben, sich bei den Mächtigen einzuschmeicheln. Deutschlands Wirtschaft krankt ganz wesentlich am Totalversagen der Manager der Großindustrie. Blackrocker Merz wurde aber nicht in dieser Szene reich, weil er auf internationalen Business-Schools war oder Erfahrungen hätte, Firmen zu leiten. Nein, er ist bloß ein Provinz-Jurist als Brilon, der in der Bonner-Republik zum CDU-Fraktionsvorsitzenden der Opposition wurde und anschließend sein Adressbuch versilberte. Blackrock wollte ihn haben, weil er die Kontakte in Ministerien und den deutschen Beamtenapparat hatte. Er wurde als Kontakt-Dummerle benutzt und nicht für seine ökonomische Expertise bezahlt.

Selbstverständlich hofieren die Wirtschaftslobbyisten Friedrich Merz und freuen sich, wenn ihr Useful Idiot Multimilliarden Steuergeschenke ankündigt, weil diese in ihre Taschen fließen.

Ganz anders sieht es aber aus, wenn Merz über allgemeines „Umverteilen von unten nach oben“ hinaus, seine ökonomischen Ansichten ausplaudert.

In dem Fall sind diejenigen in der Wirtschaft, die etwas von Wirtschaft verstehen, stets entsetzt.

[…..] CDU-Kandidat fordert Steuervorteile: Ökonomen kritisieren Merz' Aktien-Vorstoß.  Friedrich Merz - Chefaufseher beim Milliarden-Investor Blackrock - will Aktienkäufer steuerlich begünstigen. Das soll die Altersvorsorge der Deutschen stabilisieren. Wirtschaftswissenschaftler widersprechen. [….]

(SPON, 03.12.2018)

[….] Merz würde mit seinem Sofortprogramm der Konjunktur mehr schaden als nützen. Denn was für das einzelne Unternehmen und ihre Eigentümer*in gut ist, muss nicht unbedingt förderlich für die ganze Volkswirtschaft sein. Denn zu ihr gehören auch die Beschäftigten. Und die würden unter den Maßnahmen sicherlich leiden. Deshalb sollte Merz nie die Chance bekommen, Kanzler zu werden.  [….]

(Simon Poelchau, 12.02.2024)

[….] Ich vermute, dass sowohl Merz als auch die Partei einem Trugschluss unterliegen und annehmen, dass seine Tätigkeit in Aufsichtsräten ihm wirtschaftspolitische Kompetenz verleiht. Er ist Jurist, er hat keine ökonomische Ausbildung. Das alleine spricht jemandem zwar nicht die Kompetenz ab. Doch in den vergangenen Monaten hat Merz einige Äußerungen gemacht, bei denen man den Eindruck gewinnen konnte, er habe grundlegende ökonomische Zusammenhänge nicht verstanden - etwa beim Begriff der Liquiditätsfalle. Ein anderes Beispiel: Merz sagt, die Zinsen seien zu niedrig. Zugleich lehnt er neue Schulden ab. Wenn er - warum auch immer - höhere Zinsen will, müsste er aber eigentlich für mehr Staatsschulden sein. Es gibt einfache Marktgesetze, die den Zins nach oben treiben. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Zinshöhe und Fiskalpolitik. Das Verständnis dafür scheint mir bei Merz etwas unterentwickelt zu sein.  [….]

(Ökonom Rüdiger Bachmann, 13.09.2024)

[….]  Aus der Wirtschaft kommen bereits die ersten kritischen Stimmen zum frisch gebackenen Kanzlerkandidaten. Eine davon gehört Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaft.

DIW-Präsident kritisiert Friedrich Merz – „massiver und nicht zu behebender Schaden“  Laut dem DIW-Präsidenten Marcel Fratzscher wäre ein etwaiger Kanzler Merz eher ein Hindernis für eine wiedererstarkende Wirtschaft. Fratzscher zufolge sind Merz‘ Vorwürfe, Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ampel-Koalition seien an der schwachen Konjunktur schuld, schlichtweg unglaubwürdig – und die Pläne, die die CDU bereits vorgelegt hat, seien „aus der Hüfte geschossen.“

Mehr noch: Der deutschen Wirtschaft würde es „vermutlich schlechter gehen“, wenn Merz schon Kanzler wäre, zitierte die Neue Osnabrücker Zeitung den DIW-Präsidenten. Als Beispiel zog Fratzscher eine Drosselung vom Tempo der Transformation heran, die Merz versprochen hatte – dies würde die Deindustrialisierungsgefahr steigern und einen „massiven und nicht wieder zu behebenden Schaden“ anrichten. Kurz gesagt: „Aus volkswirtschaftlicher Perspektive stimmen mich Merz‘ Positionen daher sehr besorgt.“ […..]

(FR, 23.09.2024)

[….] Unternehmen kritisieren CDU-Ankündigungen zum Heizungsgesetz

Die Unionspolitiker Friedrich Merz und Jens Spahn wollen das Heizungsgesetz zurücknehmen. Die Branche reagiert mit massiver Kritik – und fürchtet Verunsicherung bei allen Beteiligten. [….]

(Handelsblatt, Catiana Krapp, 21.12.2024)

[….] »Populistische Rhetorik« Mittelstand kritisiert Merz’ Ausbürgerungsidee.

Im Wahlkampf will Friedrich Merz mit Wirtschaftskompetenz punkten. Doch mit seinem Vorschlag, straffällig gewordenen Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, verärgert der CDU-Mann nun Unternehmer.  [….]

(SPON, 09.01.2025)

[….] Ein Auftritt von Friedrich Merz in Bochum hat Streit im Wahlkampf ausgelöst. Der CDU-Chef zweifelte die Pläne für einen raschen Umbau der Stahlindustrie auf eine klimafreundliche Wasserstoffwirtschaft an. "Ich glaube persönlich nicht daran, dass der schnelle Wechsel hin zum Wasserstoff-betriebenen Stahlwerk erfolgreich sein wird", so der Kanzlerkandidat am Montagabend bei einer Betriebsrätekonferenz der CDU-Arbeitnehmerschaft CDA. [….] Die IG Metall reagierte ebenfalls. "Ich lade den CDU-Vorsitzenden ein, ihm die Bedeutung grünen Stahls für Industrie und Arbeitsplätze vor Ort in einem Stahlwerk zu erläutern", sagte Gewerkschafts-Vize Jürgen Kerner. An der Frage, "ob es gelingt, grünen Stahl in Deutschland zu produzieren, hängen Zehntausende Arbeitsplätze". ThyssenKrupp bekräftigte, an der grünen Transformation festzuhalten. Zugleich räumte das Unternehmen "an diversen Stellen Verzögerungen beim Aufbau von Infrastruktur und Produktionskapazitäten für eine zuverlässige Wasserstoffversorgung" ein.  [….]

(Tagesschau, 14.01.2025)

Dienstag, 14. Januar 2025

Wenn es nicht so traurig wäre.

Es gehört zu den drastischen Depressionsverstärkern meiner täglichen Routinen: Computer hochfahren, die aktuellen politischen Umfragen checken, von denen man nach den sagenhaften CDUCSUAFDP-Peinlichkeiten der letzten 24 Stunden nun wirklich einen dramatischen Einbruch bei den Schwarzbraungelben erwartet, weil nach meinem Verständnis auch der hartnäckigste Merz/Lindner-Fan nicht mehr diese Lügen-Deppen in die Regierung wünschen kann, aber NEIN! An den Teflon-Typen bleibt nichts hängen, das sie runterziehen könnte. Im Gegenteil; je dümmlicher und platter, je faktenwidriger, je verfassungsfeindlicher die Herren auftreten, je drastischere Wissenslücken sie offenbaren, je massiver sie sich selbst widersprechen, je plumper sie täglich neue Lügen herausposaunen und je hanebüchener ihre Ankündigungen, desto zufriedener reagiert der Urnenpöbel.

Es gibt unter Fachleuten nicht den geringsten Zweifel, daß Alice Weidels und Fritze Merzes Wahn, bei Amtsantritt die deutschen Windkraftanlagen zu demontieren, schon deswegen nicht möglich ist, weil die sich in Privatbesitz finden und weil beim Ausfall der Windkraft (Anteil der Windenergie an der deutschen Stromerzeugung im Jahr 2024 bei 31,87 Prozent) die gesamte deutsche Wirtschaft schlagartig zusammenbräche.

[…..] Weil AfD (und Union, neuerdings Friedrich Merz) gerne die Windkraft abreißen würden. Der Abriss der „Windmühlen“ würde zehntausende von Arbeitsplätzen kosten, momentan arbeiten 387.000 Menschen im Bereich erneuerbare. Bis 2030 sollen es 600.000 Menschen sein. Diese Beschäftigten werden übrigens von den „Stromkosten“ finanziert. Milliarden, die nicht ins Ausland an autoritäre Staaten fließen. Beschäftigte im Bereich Erneuerbare Energien verdienen in Deutschland durchschnittlich 52.206 € im Jahr. Das entspricht einem monatlichen Bruttogehalt von 4.351 €. Also letztlich mindestens 34 Milliarden €, die im Land bleiben.  […..]

(Solveig Forsthoff, 13.01.2025)

Aber das postfaktische Zeitalter macht es möglich: Man muss nur genug Bullshit streuen, um vom Wähler belohnt zu werden. Parteien, die wie SPD und Grüne, in der Realität verhaftet bleiben und machbare, wahre Pläne vorlegen, werden von den meisten Wählern abgestraft.

[….] Die Meldungen der letzten Zeit:

2024 heißester Sommer jemals

Glob. Temperatur über 1,5 Grad

Nordsee so warm wie noch nie

Neuer CO2-Rekord erreicht

ebenso...

Merz glaubt nicht an grünen Stahl

Merz stellt Kohleausstieg in Frage

Merz will Verbrenner-Aus kippen

Merz will Heizungsgesetz „korrigieren“ […..]

(Ingwar Perowanowitsch, 14. Januar 2025)

Ausgerechnet der Mann mit den allergrößten Chancen, nächster Bundeskanzler zu werden, profiliert sich jeden Tag auf’s Neue auf geradezu abenteuerliche Weise ahnungslos. Er wird sich vermutlich wirklich gut mit Donald Trump verstehen. Beide sind gleichermaßen radikal verblödet.

Man kann nur staunen, wie borniert sich Merz offenbar um jedes Briefing drückt und fernab jedes wissenschaftlichen Standards ungeniert Eseleien ausplaudert.

Inzwischen biegen sich selbst Merzens Kumpel von der Großindustrie die Fußnägel hoch, wenn er losfaselt.

[…..] CDU-Chef Friedrich Merz hat mit Aussagen zu klimaneutralem Stahl Kritik auf sich gezogen. »Ich glaube persönlich nicht daran, dass der schnelle Wechsel hin zum wasserstoffbetriebenen Stahl erfolgreich sein wird. Wo soll der Wasserstoff denn herkommen?«, hatte der CDU-Chef am Montagabend auf einer Betriebsrätekonferenz in Bochum gesagt. »Wenn wir es mit Wasserstoff machen, dann ist die Tonne Stahl immer noch mindestens 300 Euro teurer als so, wie sie bisher konventionell erzeugt wird. Wo soll das Geld denn herkommen? Es wird ja nicht preisgünstiger, es wird nur noch teurer«, sagte Merz.  Die Herstellung von Stahl verbraucht nicht nur viel Energie, die bislang fossil erzeugt wird, die eingesetzte Kohle reagiert auch mit dem Eisenerz, ist also notwendiger Bestandteil der Produktion von Stahl. In neueren Verfahren lässt sich auch Erdgas einsetzen – oder Wasserstoff, der zuvor mithilfe von erneuerbaren Energien hergestellt werden kann. Dann ist Stahl weitgehend emissionsfrei. […..] Deutsche Stahlproduzenten planen teilweise schon mit Milliardeninvestitionen für die Umstellung auf die Herstellung von grünem Stahl mit Wasserstoff. Die Stahlherstellung ist für ungefähr fünf bis sieben Prozent der deutschen Emissionen verantwortlich.

SPD-Chef Lars Klingbeil kritisierte den Vorstoß des CDU-Chefs scharf. Friedrich Merz schüre Zweifel an der Zukunft einer deutschen Schlüsselindustrie: »Nachdem er die E-Mobilität und die Windkraft infrage gestellt hat, ist es jetzt der grüne Stahl. Das ist Gift für Deutschlands Zukunft als Industrieland und ein Schlag in die Magengrube für Tausende Stahlarbeiter, die aktuell um ihre Zukunft bangen. Solche Irrfahrten sind ein Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland.« […..]

(SPON,14.01.2025)

Für Putin muss es ein wahrer Genuss sein, zuzusehen wie der deutsche Urnenpöbel sich ganz freiwillig mit einer demokratischen Wahl ins ökonomische Aus schießt.

[….] Lasst euch nicht verkackeiern durch Scheinlösungen für die Energieversorgung!

E-Fuels brauchen die 7-fache Strommenge im Vergleich zu E-Autos.

Wasserstoff die 5-fache Strommenge einer Wärmepumpe.

Kernfusion gibt's nicht und wird es nicht geben bis wir 2045 klimaneutral sind.  [….]

(Prof. Stefan Rahmstorf, 14.01.2025)



Montag, 13. Januar 2025

Hamburger Spezialitäten

Die regulär anstehende Bürgerschaftswahl in Hamburg steht selbstverständlich im Schatten der eine Woche zuvor stattfindenden vorzeitigen Bundestagswahl.
Die Aufmerksamkeit für die Wahlen in einer Stadt hält sich überregional in Grenzen, aber es ist immerhin eine Landtagswahl, die schon über den Bundesrat bundespolitische Bedeutung hat. Zudem ist Hamburg in mehrfacher Hinsicht ein Sonderfall.  Es ist die Scholz-Stadt, es ist das einzige Bundesland, in dem es deutliche rotgrüne Mehrheiten gibt und es ist das ökonomisch erfolgreichste Bundesland.

Man nenne mich Lokalpatriot, aber es bauchpinselt mich schon, wenn im Zusammenhang mit der überregionalen Empörung über den katastrophalen Berliner CDU-Kultursenator Joe Chialo, seine Kürzungsorgien und seine erbärmliche Unkenntnis der Kulturszene, der Hamburger SPD-Kultursenator Carsten Brosda als leuchtendes Gegenbeispiel genannt wird. Nach der ikonisch verehrten Prof. Barbara Kisseler, die Olaf Scholz 2011 als Kultursenatorin in seine Regierung holte, profiliert sich Brosda schon als zweiter absoluter Glückfall mit bundesweiter Ausstrahlung.

Kissler war zum Entsetzen der gesamten Hamburger Kulturwelt am 7. Oktober 2016 im Amt verstorben und galt als unersetzlich. Ihr Staatsrat Brosda musste übernehmen. Der damals 42-Jährige promovierte Kulturwissenschaftler war ein Nobody, gilt heute aber bundesweit als der beste Kulturpolitiker des Landes, wird in Hamburg genauso geliebt, wie seine Vorgängerin. Der Buchautor und Kolumnist wird gelegentlich als „schlauster Politiker Deutschlands“ bezeichnet.

In meiner Stadt wird das durchaus mit Sorge gesehen, weil damit die Gefahr des Abwerbens gegeben ist. Er könnte Staatsminister im Bund werden.

[….] Wenn es nach der Hamburger Kulturszene geht, darf in der Hansestadt auch nach der Wahl gern das meiste so bleiben, wie es ist. Vor allem an der Spitze der Kulturbehörde: Thalia-Intendant Joachim Lux; der sein Theater zwar im Sommer abgibt, aber als Chef des Harbour Front Literaturfestivals nur kurz darauf wieder zum Akteur des lokalen Kulturlebens wird, hofft für 2025 „vor allem, dass es gelingt, Kultursenator Brosda gegen mögliche Verführungen von anderswo in Hamburg zu halten“.

Das Lob seiner Kollegin Amelie Deuflhard (Kampnagel) beschreibt genauer, warum auch andere Interesse an Brosda haben: „Hamburg hat in Sachen Kulturpolitik aktuell deutschlandweit Vorbildfunktion. Wir haben es mit einer Kulturpolitik zu tun, die die gesellschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur erkennt, gerade in einer Gesellschaft, die politisch auseinanderdriftet.“ Nicht überall sei es so, dass die Politik Kunstschaffende und deren Arbeit für unentbehrlich hält „und auch ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass künstlerische Arbeit auch entlohnt werden muss“. Im Hinblick auf eine nicht nur von zahlreichen Betroffenen (und übrigens auch von Carsten Brosda) als desaströs wahrgenommene Berliner Sparpolitik betont Deuflhard auf dem Neujahrsempfang des Hamburger Abendblatts im Hotel Vier Jahreszeiten: „In Hamburg gibt es keine Kürzungen in Sachen Kulturförderung, eigentlich ist das selbstverständlich, aber in diesen Zeiten geradezu erstaunlich. Ich gehe davon aus, dass diese hoch erfolgreiche Kulturpolitik auch nach der Wahl fortgesetzt werden wird.“ An der Kunst zu sparen lohne einfach nicht. „Der Verlust würde viel größer sein als der Gewinn.“  […..]

(HH Abendblatt, 10.01.2025)

Vorteil Berlin: Sie brauchen sich keinerlei Sorge machen, irgendjemand könnte ihren Chialo abwerben.

Hamburg ist aber auch Opfer seines ökonomischen und kulturellen Erfolges.

In den 1980er Jahren, als ich zur Schule ging, lebten nur 1,55 Millionen Menschen in Hamburg. 40 Jahre später sind wir kurz davor die Zwei-Millionenmarke zu knacken.

[….] Dem Nachkriegsboom folgte ab 1965 eine Phase der Schrumpfung, die insbesondere durch die Abwanderung von Familien ins Hamburger Umland geprägt war. Seit 1987 wächst die Stadt wieder, sieht man von der Korrektur im Rahmen des Zensus 2011 ab. Ende 2022 hat die Einwohnerzahl einen neuen Höchstwert erreicht. Zum Wachstum der letzten Jahre hat vor allem die starke Zuwanderung aus dem Ausland beigetragen. 38 Prozent der Einwohner haben heute einen Migrationshintergrund.  Wie die demografische Entwicklung zukünftig aussehen könnte, hat das Statistische Bundesamt in der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung ermittelt. Sofern sich Geburtenrate, Lebenserwartung und Wanderungssaldo moderat entwickeln (Variante 2), würde die Bevölkerungszahl im Jahr 2048 erstmals zwei Millionen überschreiten und anschließend weitestgehend stagnieren. Im Szenario einer relativ alten Bevölkerung (Variante 4) wird hingegen eine niedrige Geburtenrate, eine hohe Lebenserwartung und ein niedriger Wanderungssaldo angenommen. Im Ergebnis würde die Bevölkerungszahl bis 2050 bei 1,9 Millionen stagnieren und anschließend zurückgehen. Bei einer hohen Geburtenrate, einer niedrigen Lebenserwartung und einem hohen Wanderungssaldo (Variante 5, relativ junge Bevölkerung) würden im Jahr 2070 etwa 2,2 Millionen Menschen in Hamburg leben.  [….]

(Demografie-Portal)

Es wohnen also nicht nur gut 400.000 Menschen mehr auf derselben Fläche; nein, sie sind auch noch reicher, beanspruchen mehr Platz pro Person und haben durchschnittlich mehr Autos und Fahrräder als zu meiner Kindheit.

Da muss verdammt viel gebaut und koordiniert werden. Der Rotgrüne Senat tut das; lässt mehr Wohnung als anderswo bauen; setzt auf ultramoderne neue U-Bahnstrecken. Aber wo so viele Baustellen sind, gibt es Stau und Ärger. Zumal unglücklicherweise ausgerechnet der Grüne Verkehrssenator Tjarks eine der ganz großen Schwachstellen des Senats ist.

Natürlich versucht die CDU, die bei der letzten Bürgerschaftswahl unter ihrem knallhart rechtsextremen Chef Christoph Ploß stolze 11% einfuhr, aus dem Baustellen-Ärger und der Parkplatznot ihren Honig zu saugen. Die Wut der Wähler anzufachen, ist das einzige, das ihr bleibt, weil sie keine eigenen Ideen hat und in der Dekade der CDU/Schill-Regierung (2001-2011) so viel katastrophal falsch gemacht wurde (Verkauf der Netze, der Krankenhäuser, der städtischen Immobilien, Landesbank-Desaster, Einstellung des Wohnungsbaus und der Straßensanierung), daß wir heute noch unter den Folgen leiden.

Klar, Verkehr ist ein Ärgernis, aber niemand glaubt ernsthaft, die einseitig auf Verbrenner-Individualverkehr setzende CDU, könnte das Problem lösen.

Der zweite Angriffspunkt ist, wenig überraschend bei den Parteiführern Merz und Linnemann, die Hetze gegen Migranten.

Aber auch das funktioniert nur so mittel in einer so multikulturellen Stadt, die ihren Reichtum den Migranten zu verdanken hat. Zumal neben der Schulpolitik, auch die Hamburger Flüchtlingspolitik als vorbildlich gilt und die Zahlen deutlich zurückgehen.

[….]  Die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in Deutschland ist deutlich zurückgegangen. Das ist auch in Hamburg spürbar. Rund 16.200 Geflüchtete kamen 2024 in Hamburg an, 2023 waren es noch etwa 23.000.

30 Prozent weniger Geflüchtete, die in Hamburg ankommen - das sorgt für eine leichte Entspannung auch in den Unterkünften. Dort leben inzwischen 1.000 Menschen weniger als 2023, doch noch immer sind 47.000 Flüchtlinge untergebracht.  […..]

(NDR, 10.01.2025)

Der CDU-Spitzenkandidat Thering greift also zum letzten Strohhalm, versucht mit der Angst vor Kriminalität eine Wiederholung des Jahres 2001 zu erreichen, als mit einem künstlich generierten Angstgefühl, der CDU-Bürgermeistermacher Schill in die Bürgerschaft gespült wurde.

Die Zahlen geben es nicht her; die Kriminalität sinkt und ist auf den niedrigsten Stand seit 1990 gefallen. Aber die nicht Hunde und Katzen essenden Migranten in Springfield, Ohio, zeigten es den rechten Parteien: Fakten sind irrelevant, wenn man den Wählern xenophobe Ängste einjagt. Sie fühlen dann nichtexistente Bedrohungen. Also holt nun die CDU den Uralt-Klopfer von den Rotgrünen Laschheit gegenüber Kriminellen hervor.

Zu blöd für die Schwarzbraunen, daß die Kriminalitätsstatistik 2024 insbesondere einen deutlichen Rückgang bei Mord, Totschlag und Einbrüchen ausweist.

[….] In vielen Bereichen ging die Zahl der Straftaten nach Angaben der Polizei zurück, bei Diebstahl oder Wohnungseinbruch jeweils um sechs bis sieben Prozent. Im Bereich Autodiebstahl oder -aufbruch sank sie sogar um 25 Prozent.   […..]

(NDR, 11.11.2024)

Schon im Halbjahr zuvor zeigte die SPD-Politik klare Erfolge mit dem Rückgang der Kriminalität um 5%. Das passt natürlich nicht ins Wahlkampf-Konzept der CDU. Aber da sie auf Ploß-Spahn-Merz-Trump-Pfaden wandelt, greift sie zu einem bewährten Mittel. Sie lügt und wirft denjenigen, die Fakten dagegen stellen, vor zu lügen. Trumpismus pur.

[….] Kriminalität in Hamburg sinkt, bei einigen Delikten ganz besonders. Tschentscher greift Christdemokraten an – und die schlagen hart zurück.

    Kriminalität ging 2024 in Hamburg zurück, ganz besonders die Zahl der sogenannten Straftaten gegen das Leben.

    Bürgermeister Peter Tschentscher wirft CDU vor, gegen Messerverbot am Hauptbahnhof und im ÖPNV zu sein.

    Christdemokraten schlagen zurück und werfen dem Bürgermeister vor, die Unwahrheit zu sagen.

Bürgermeister Peter Tschentscher und sein Innensenator Andy Grote (beide SPD) haben es schon auf dem Neujahrsempfang des Abendblatts angedeutet: Die Kriminalität in Hamburg ist 2024 gesunken. Insgesamt fiel die Zahl der erfassten Straftaten im vergangenen Jahr um rund vier Prozent.

„Die Kriminalitätszahlen sind deutlich zurückgegangen“, sagte Tschentscher im Gespräch mit dem Abendblatt. Das sind zwischen 9000 und 10.000 Straftaten weniger als im Vorjahr. „Natürlich ist jede Straftat eine Tat zu viel“, schickte Tschentscher hinterher, „deswegen gehen wir auch so konsequent dagegen vor.“  [….] Die Kriminalität sei denn auch deutlich niedriger, als sie noch zu CDU-Zeiten gewesen sei, betonte Tschentscher. „Ich wundere mich, wie diejenigen, die diese Entwicklung beklagen, plötzlich das Messerverbot am Hauptbahnhof und im öffentlichen Nahverkehr ablehnen. Da muss ich der CDU wirklich den Vorwurf machen: Man kann nicht einerseits diese Themen immer wieder zu einem Punkt auf der Tagesordnung machen und dann an den richtigen Stellen nicht mitziehen.“ Tschentscher bezog sich damit am Rande des Neujahrsempfangs auf das Messerverbot und das Alkoholverbot, die die Union verhindern wollte.

Das bringt die CDU Hamburg in Rage: Mit diesen Aussagen spreche der Bürgermeister bewusst die Unwahrheit, empörte sie sich postwenden.  [….]

(Abendblatt, 13.01.2025)

Sonntag, 12. Januar 2025

Sollen sie es doch ausbaden.

Zuletzt hat es der Grünen-Chef Felix Banaszak zutreffend wieder gegeben; aber das weiß jeder, der sich halbwegs seriös mit Politik und Wirtschaft beschäftigt:

[…..] Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Felix Banaszak, sieht "die Dimension der Bedrohung und die Dimension der Veränderungen noch wesentlich größer." Er sprach bei "Lanz" davon, dass der Wohlstand Deutschlands auf drei Säulen aufgebaut war, die alle drei weggebrochen sind.

Erstens das billige russische Gas, zweitens die "wunderbaren Absatzmärkte in China" und drittens die Sicherheitsgarantie der USA. Banaszak forderte, "dass Deutschland sich in gewisser Weise neu erfinden muss und die zentrale Aufgabe wird sein, dass Deutschland sich als zentralen Akteur in Europa begreift." Selbstverständlich immer im Verbund mit den europäischen Partnern.  […..]

(ZDF, 08.01.2025)

Das ökonomische Erfolgsmodel Deutschlands, auf das sich Lindner, Merz und Söder versteifen ist aus und vorbei.

Alle drei von Banaszak genannten Säulen sind weggebrochen. Für immer.

Dazu kommen aber noch mindestens sieben weitere Mega-Probleme:

  1.) Ein gewaltiger Rückstand bei Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung gegenüber anderen Industriestaaten, weil 16 Jahre CDU-Kanzleramt mit 16 Jahren CSU-Vollidioten in den Kernministerien für Verkehr und Internet kaum noch aufzuholenden Schäden hinterlassen haben.

 2.) Der Irrsinn des neoliberalen Merz/Lindner-Ansatzes, nach dem man nur „der Wirtschaft“, also „den Unternehmern“ Geld und Freiheit geben müsse, funktioniert in Deutschland bewiesenermaßen nicht. Schließlich haben die deutschen Autokonzerne im letzten Jahrzehnt Fantastillionen an Gewinnen eingefahren. Es gab also beileibe nicht das Problem, daß sie zu viel Steuern und Abgaben entrichteten. Die totale Misere der deutschen Industrie beruht auf dramatischen Managementfehlern, die entgegen aller Warnungen völlig falsche Entscheidungen trafen, auf veraltete Techniken setzen, nicht innovativ waren und am Kundenbedarf vorbei produzierten. Die Top-Manager können es nicht ohne staatliche Vorgaben. Und ausgerechnet auf diese Totalversager setzen die Merzidioten.

 3.) Überalterte Bevölkerung, demographische Katastrophe.

 4.) Altersarmut

 5.) Fachkräftemangel

 6.) Pflegekatastrophe.

 7. und Schlimmstens) 1,6° Klimaerhitzung im Jahr 2024. Der Welt brennt der Arsch. Es muss sehr viel mehr Geld ausgegeben werden, wenn dieser Planet für Menschen bewohnbar bleiben soll.

Bei allen absolut notwendigen Zukunftsprojekten steht aber insbesondere die CSU auf der Bremse.

[….]  Es gab Zeiten, in denen kämpfte die CSU für die deutsche Wiederbewaffnung oder eine strikte Finanzpolitik in Deutschland und Europa. Die Welt war für ihre Ambitionen gerade groß genug.

Den Preis zahlt ganz Deutschland

Das ist lange her. Das letzte große Projekt der Partei war die Pkw-Maut für Ausländer.  Die Folgen dieser Verzwergung trägt ganz Deutschland. Die CSU legte das Verkehrsministerium mit dem Mautprojekt nahezu lahm, mit dramatischen Folgen für die Infrastruktur. Dass die Energiewende teurer wird als geplant, liegt auch daran, dass die Partei auf unterirdischen Stromtrassen beharrte. Ein Konsens zum Wahlrecht scheiterte an CSU-Partikularinteressen.

Die CDU ertrug die bayerischen Egotrips mit mal mehr, mal weniger Gemütsruhe, weil am Ende die Rechnung für beide Parteien stimmte. Die kleine Unionspartei holte in ihrem Bundesland so viele Stimmen, wie es einer auf Bayern ausgedehnten CDU vermutlich nicht geglückt wäre. Sie sorgte auf diese Weise dafür, dass die gemeinsame Fraktion im Bundestag stärker wurde. Auch das funktioniert nicht mehr wie früher, weil Deutschland seit der Wiedervereinigung größer geworden ist und die rechte Konkurrenz der CSU Stimmen abnimmt. [….]

(Der SPIEGEL-Leitartikel von Ralf Neukirch, 06.01.2025)

Es gab in den letzten Jahrzehnten eine feste Regel für Deutschland und die angelsächsischen Nationen:

Wann immer die US-Republikaner, die UK-Tories oder die CDUCSU den Regierungschef stellten, steuerten sie die Nation in den ökonomischen Niedergang, häuften gewaltige Schuldenberge und den totalen Reformstau an. Die darauffolgenden SPD/Labour/Demokraten-Regierungen mussten die Suppe auslöffeln, das Land durch harte Reformen wieder aufbauen, die Finanzen sanieren.


Sobald es wirklich wieder aufwärts ging, sich die ökonomischen Daten deutlich verbessert hatten und die Arbeitslosigkeit zurückging, wählte der Urnenpöbel wieder die Rechten, die dann bräsig die Früchte der Vorgängerregierung ernten konnten.

Besonders augenfällig im Falle der Angela Merkel, die acht Jahre als Kohl-Ministerin zum Niedergang und Reformstau beitrug, dann sieben Jahre im Bundestag ausschließlich mit NJET stimmte, wenn RotGrün agierte und ab 2005 selbst die Lorbeeren erntete, als Schröders Agenda wirkte.

Dramatisch auch die ökonomischen Bilanzen der GOP-US-Präsidenten, die immer von den vollen Kassen ihrer demokratischen Vorgänger profitieren, alles sinnlos an ihre reichen Buddies verprassen und am Ende ihrer Amtszeit ein Desaster hinterlassen.



2025 wird dieses Muster allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit durchbrochen, da der SPD-Kanzler nur drei Jahre Zeit hatte und in diesen drei Jahren kontinuierlich von der FDP behindert wurde.

Es wurde dennoch angesichts der katastrophalen Weltlage viel erreicht, aber die enormen Herausforderungen, siehe oben, bleiben bestehen.

Merzens wirtschaftliche Ratschläge während der letzten drei Jahre hätten Deutschland in eine schwere Rezession geführt.

[….] Wenn ich 2022 dem Vorschlag von Herrn Merz gefolgt wäre, der nach Kriegsbeginn einen sofortigen Gasboykott gegen Russland forderte, dann wären wir in eine Gasmangellage geraten und hätten eine tiefe Rezession erlebt – mit dem Zusammenbruch von ganzen Lieferketten. Die Wirtschaftslage jetzt ist schwierig, ja, aber von einer Gasmangellage hätte sich die deutsche Volkswirtschaft wahrscheinlich nicht mehr erholt. So viel zu seiner ökonomischen Kompetenz. [….] Wir sind eine Handelsnation und abhängig von offenen Märkten. Das aggressive Vorgehen Chinas trifft uns deshalb hart, genauso wie uns die drohenden Zölle aus den USA gefährlich werden könnten. Als energieintensive Volkswirtschaft leiden wir nach wie vor darunter, dass die Hälfte der Gasimporte weggebrochen ist und Ersatz für viel Geld beschafft werden musste. Und als Volkswirtschaft, die lange zu wenig für die Energiewende getan hat, haben wir damit zu kämpfen, dass es eben bei grünen Technologien international mittlerweile harte Konkurrenz gibt. [….] 


Wir haben seit 2018 kein richtiges Wachstum in Deutschland. Die Wirtschaft macht gerade eine tiefe, strukturelle Krise durch, die ihre Wurzeln in jahrelang unbearbeiteten Problemen hat: Fachkräftemangel, zu viel Bürokratie, geringe Investitionen. Dazu kommen die massiven geopolitischen Machtverschiebungen. Und da wir gerade bei gefühlig oder harten Wahrheiten waren: Nur wenn wir diese Dimension voll annehmen, können wir die Antworten geben, die nötig sind. Schluss mit Kindergarten. Und deshalb war mein größter Fehler, dass wir nicht gleich zu Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein großes Konjunkturprogramm aufgelegt haben, verfassungsrechtlich fundiert. Damals deuteten die Analysen auf eine steigende Inflation, höhere Preise, höhere Zinsen hin. Aber stattdessen hat die Regierung nur in Trippelschritten agiert, und immer unter dem Dogma einer restriktiven Finanzpolitik. Da hätte ich prinzipieller werden müssen.
[….] 


Wir haben viel auf den Weg gebracht, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Reicht das? Nein! Aber man kann nicht in drei Jahren aufholen, was 16 Jahre versäumt wurde. Und manche Kritik von Friedrich Merz finde ich geradezu fahrlässig.
[….]  Ich meine zum Beispiel die Kritik daran, dass wir hier eine Halbleiterindustrie aufbauen wollen. Die Halbleiter kommen derzeit ganz wesentlich aus Südostasien, vor allem aus Taiwan und Südkorea. Südkorea liegt neben Nordkorea, Taiwan liegt neben China. Wer darauf setzt, hat offensichtlich nichts aus unserer Abhängigkeit vom russischen Gas gelernt. Und noch etwas: Während Friedrich Merz meine Förderprogramme kritisiert, rufen bei mir CDU-Ministerpräsidenten an und bitten, dass die Subventionen möglichst schnell freigegeben werden, nicht nur für Halbleiter, sondern auch für Pharmafirmen. Es gibt nicht eine Union, sondern zwei: eine Oppositionsunion im Bundestag und eine in Verantwortung, die das Gegenteil macht von dem, was Herr Merz sagt. [….]

(Robert Habeck, DER SPIEGEL, 03.01.2025)

Gut für Deutschland wäre jetzt eine klare rotgrüne Mehrheit im Bundestag und Bundesrat, so daß endlich ungebremst von Linocchio das getan werden kann, was dringend sein muss. Dann ginge es „der Wirtschaft“ möglicherweise 2029 gut und Merz würde anschließend die gut geölte Maschine erben.

Wie es aussieht, wird aber der Algorithmen- und FakeNews-getriebene Urnenpöbel in sechs Wochen radikal gegen deutsche Interessen und somit stramm rechts wählen. Unter Bundeskanzler Merz wird aber nicht nur nicht das Richtige getan werden, sondern er verfolgt eine extrem destruktive Politik, die gar nicht funktionieren kann. Das kann nur im Desaster enden. Das wird sehr übel ausgehen für die unteren 96% der Einkommensskala in Deutschland. Aber es gibt immerhin einen Trost: Es ist Schluß mit der Ungerechtigkeit. Diesmal werden nicht die Konservativen die Früchte der guten sozialdemokratischen Vorarbeit ernten, sondern dem Urnenpöbel laufend schlechte Neuigkeiten verkünden müssen. Und das auch noch, ohne den Grünen die Schuld zuschieben zu können. Kein Bundeskanzler ist zu beneiden, der 2025 antritt. Das wird eine grausame Aufgabe. So grausam, daß ich es FAST Merz gönne.