Christian Ehring präsentierte in der vorletzten
Extra3-Sendung ein hübsches Segment über den Zustand der deutschen Pflegebranche.
In welche Mega-Katastrophe wir beim Thema Pflege geschlittert sind, zeigt sich am besten daran, daß selbst die AfD nach Hilfe von Migranten schreit.
Freilich stellt die Nazi-Partei utopische Forderungen: Die ausländischen Pflegekräfte, die sie ins Land holen will, sollen weiß sein, perfekt deutsch sprechen, hochqualifiziert und erfahren sein, den Deutschen keine Wohnungen wegnehmen, rund um die Uhr für einen Hungerlohn arbeiten und nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses innerhalb von Stunden aus Deutschland ausreisen.
Sicherlich stehen schon Millionen Skandinavierinnen, auf die diese Beschreibung passt Schlange, um in Sachsen und Thüringen nach Jobs zu betteln.
Katja Lohmann, Geschäftsführerin des größten Hamburger Pflegeheim-Betreibers „Pflegen & Wohnen“ berichtet in der aktuellen Ausgabe der Hamburger Morgenpost.
[…..] Lohmann: Es ist einfacher, eine Servicekraft für die Gastronomie zuwandern zu lassen als Pflegekräfte. Die Menschen kommen mit ausländischem Bachelor oder Master zu uns und müssen dann in Deutschland erst mal eineinhalb Jahre als Pflegehelfer arbeiten. So lange dauert es durchschnittlich, bis ihre Abschlüsse anerkannt werden. Hinzu kommt, dass sie währenddessen nur so viel verdienen wie ungelernte Mit arbeitende, obwohl sie lange Jahre studiert haben. Kein Wunder, dass diese für uns wertvollen Pflegefachkräfte die Lust verlieren, in Deutschland zu arbeiten und in andere Branchen oder aus auch Länder abwandern.
MoPo: Wo fühlen Sie sich von der Politik ausgebremst?
Lohmann: Wir haben das genannte Problem bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen. Und wir brauchen wesentlich schnellere Entscheidungen der Behörden bei der Erteilung einer Arbeitserlaubnis und einem Aufenthaltstitel für unsere potenziellen Mitarbeitenden aus dem Ausland. Hier fordern auch die Verbände vdek und bpa eine ,,Kompetenzvermutung" für den sofortigen Einsatz qualifizierter internationaler Pflegekräfte, um dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzutreten.
Mopo: Über dieses Thema wird ja auch schon seit Jahren geredet. Warum passiert da nichts?
Lohmann: Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich kenne keinen Fall in dem es schneller ging als in 14 Monaten. Wir haben uns international vor vielen Jahren auf den Standard von Bachelor- und Masterabschlüssen geeinigt und ich verstehe nicht, warum ein Abschluss nicht anerkannt wird.
Mopo: Haben Sie ein konkretes Beispiel, wo Sie Bürokratie in der Praxis ganz konkret quält?
Lohmann: In einem aktuellen Fall haben wir eine' Kollegin, die ihre Ausbildung als Pflegefachkraft bei uns absolviert hat. Nun soll sie abgeschoben werden, weil die Ausbildung zu Ende ist und der Aufenthaltstitel nur für die Ausbildung gewährt wurde. Die Auflage der Behörde: Sie muss erst ausreisen, ein neues Einreisevisum beantragen und kann dann eine neue Arbeitserlaubnis mit dazugehöriger Aufenthaltserlaubnis beantragen. [….]
(Mopo Interview, 15.11.2024)
Warum ist das so? Tatsächlich gibt es jede Woche Presseberichte über Fälle, in denen hochqualifizierte Pflegekräfte gegen den erbitterten Widerstand ihrer Arbeitgeber und Patienten von den Behörden aus dem Land gejagt werden.
[….] Trotz Fachkräftemangels: Pflegeassistent wird abgeschoben
Abdelhamid El Khadiri arbeitet in einem Braunschweiger Krankenhaus. Der 25-Jährige möchte in Deutschland als Arzt arbeiten. Fachkräfte werden dringend gebraucht - der Marokkaner wird trotzdem abgeschoben.
Dem Braunschweiger Krankenhaus Marienstift geht es so wie vielen anderen Kliniken im Land. Die Dienstpläne sind eng gestrickt und die Arbeitsbelastung ist hoch, auch weil es zu wenig Pflegepersonal und Ärzte gibt. Neue qualifizierte Mitarbeiter können sie hier immer gut gebrauchen. Abdelhamid El Khadiri ist so jemand. Aktuell arbeitet er als Pflegeassistent in dem Braunschweiger Krankenhaus, schon bald könnte er dort auch Arzt sein. Aber daraus wird nichts: Bis zum 11. Mai muss El Khadiri Deutschland verlassen. Er wird abgeschoben.
Seit März 2022 lebt Abdelhamid El Khadiri in Braunschweig. Er floh nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aus Charkiw nach Deutschland. Hier hat er Medizin studiert. Gebürtig kommt der 25-jährige aus Casablanca in Marokko. Dorthin muss er jetzt auch wieder zurück. Die Nachricht über die Abschiebung war ein Schock für ihn: "Ich mag meine Arbeit und ich möchte hier Arzt werden. Das geht jetzt aber nicht mehr." [….] Entsetzt über diese Nachricht ist auch Rainer Prönneke, der Chefarzt für Innere Medizin im Krankenhaus Marienstift. Zu gern hätte er El Khadiri weiterhin in seinem Krankenhaus beschäftigt: "Abdelhamid bringt alles mit, er macht super Arbeit. Wir können es uns nicht leisten, solche Menschen abzuschieben." Fachkräfte werden dringend gebraucht - auch in der Pflege. In niedersächsischen Krankenhäusern beispielsweise fehlen laut dem Verband der Ersatzkassen durchschnittlich in jeder siebten Schicht Pflegekräfte. Auch deshalb sollen qualifizierte Fachkräfte eigentlich nicht abgeschoben werden. Das ist auch per Gesetz festgehalten: "Einer Fachkraft mit akademischer Ausbildung wird eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung jeder qualifizierten Beschäftigung erteilt", heißt es in Paragraf 18b des Aufenthaltsgesetzes.
Doch wer als Fachkraft gilt und wer nicht, das entscheiden die Bundesagentur für Arbeit und die zuständige Ausländerbehörde. Trotz Studium und Job gilt Abdelhamid El Khadiri nicht als Fachkraft. Wie kann das sein? Eine akademische Ausbildung hat der 25-jährige zweifelsfrei, sein Master-Abschluss in Medizin ist ihm sogar vom Kultusministerium bescheinigt worden. […..]
Wenn sie nicht schon vorher verzweifeln, weil ihnen auf den Auslandsämtern so viele Steine in den Weg gelegt werden, daß sie resigniert wieder ausreisen.
[….] Weil ihre Asylanträge abgelehnt wurden, droht zehn Pflegehelfern eines Heims in Wilstedt die Abschiebung nach Kolumbien. Das Haus müsste dann schließen, warnt die Heimleitung. Sie hat eine Petition gestartet.
Am Freitagnachmittag hatte die von den Heimbetreibern und den Angehörigen der Heimbewohnenden auf der Plattform innn.it veröffentlichte Petition für den Verbleib der Kolumbianer bereits knapp 36.000 Unterschriften. Angeblich drohe die Abschiebung der Pflegekräfte bereits am 16. November. Das Innenministerium in Hannover widerspricht dieser Darstellung. Am Donnerstag hieß es aus dem Ministerium, man prüfe aktuell die einzelnen Fälle.
Die niedersächsische Landesregierung hat den Fall der ausreisepflichtigen kolumbianischen Mitarbeiter eines Pflegeheims bedauert. "Das ist eine absurde Situation, die die Landesregierung außerordentlich bedauert", sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen am Freitag in Hannover. Der Landesregierung seien jedoch die Hände gebunden.
Alle Betroffenen besitzen eine Arbeitserlaubnis
Die Leitung des Pflegeheims für Demenzkranke in Wilstedt im Landkreis Rotenburg hatte sich am Dienstag mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Demnach drohe zehn aus Kolumbien stammenden Pflegekräften die unmittelbare Abschiebung und dem "Haus Wilstedt" damit wegen Personalmangels das Aus. In dem Schreiben verlangen die Unterzeichnenden, darunter die Heimleiter Andrea und Tino Wohlmacher, die Abschiebungen auszusetzen. Sollten die zehn Pflegehelferinnen und Pflegehelfer abgeschoben werden, verliert das Heim nach eigenen Angaben ein Drittel seiner Pflegekräfte. Nach Auskunft der Heimbetreiber besitzen alle Kolumbianer eine Aufenthaltserlaubnis bis Juni kommenden Jahres und hätten zudem eine Arbeitserlaubnis bis 2027, einige sogar bis 2028. [….]
Es ist an Absurdität nicht zu überbieten. Trotz massiven Pflegekräftemangels, bemühen sich deutsche Behörden mit großem Aufwand, die wenigen Vorhandenen zu schikanieren und auszuweisen.
Der Grund ist ein grundsätzlich xenophobes Mindset in Deutschland. In Bayern und den Ost-Bundesländern wählen 70-80% der Menschen Parteien, die sich radikal gegen Migranten äußern, von geschlossenen Grenzen, Abschaffung des Asylrechts, Ausweisungen und Obergrenzen schwärmen. Das braune Wahlpack läuft diesen Parteien hinterher. Obwohl völlig klar ist, daß Deutschland viel mehr Migration braucht, wird in Medien, Talkshows insbesondere und Parteien so sehr gegen Ausländer gehetzt, daß in allen Umfragen „Begrenzung der Migration“ als Hauptthema der Wahlen diagnostiziert wird. Wenig verwunderlich, wenn sich neun von zehn Politikern nicht trauen, dem Urnenpöbel reinen Wein einzuschenken und lieber mit auf der xenophoben Welle reiten. In Teilen Deutschlands ist „Ausländer raus“ Konsens. Das schwappt natürlich in Behörden und Parlamente, wenn Migranten grundsätzlich negativ konnotiert werden. Als Störfaktoren, die man loswerden will. Natürlich spricht sich das rum in der Welt.
Im 90%-Rechts-Sachsen-Anhalt oder im Höcke-Thüringen, wo schon wegen der extremen AfD-Wahlergebnisse niemand hinziehen möchte, so daß Jenoptik-Chef Stefan Traeger noch nicht einmal Fachkräfte aus NRW in seine Firma locken kann, ist es noch wesentlich schwieriger, Personal zu finden.
Hoffnung auf Einsicht der Deutschen hege ich nicht mehr. Nur ein Generalstreik aller Migranten könnte eine effektive Lektion erteilen.
Nach wenigen Tagen wäre die Deutsche Wirtschaft komplett zum Erliegen gekommen.