Freitag, 6. Januar 2017

Macht der Journaillen-Gewohnheit.



Während der endlosen 16-Kohljahre saß die FDP auf dem Sessel des Wirtschaftsministers. Am Ende sollten es 29 Jahre sein, die die FDP ununterbrochen den Bundeswirtschaftsminister stellte.
Das Ergebnis war eindeutig: Die höchsten jemals in der Bundesrepublik geltenden Steuersätze – 56% Spitzensteuersatz; das würde sich heute nicht mal mehr Frau Wagenknecht zu fordern trauen.
Zudem hatten die Liberalen die Wirtschaft völlig festgezurrt.
Nie war Deutschland so durchreglementiert, mit Verboten belastet und Beschränkungen der Wirtschaft versehen, wie im Jahr 1998 nach 29 Jahren FDP-Wirtschaftsministern. Strenge Ladenöffnungszeiten, Meisterzwang, Reimportverbot für Medikamente, Subventionsexzesse, Filialverbot für Apotheker, Versorgermonopole etc pp.
Die Steuern sanken erst in dem Moment, als RotGrün 1998 übernahm und der heute so gehasste Finanzminister Lafontaine hunderte Regulierungen ersatzlos strich.
Erst mit dem Austritt der Liberalen aus der Bundesregierung wurden Wirtschaft und Gesellschaft liberalisiert. Es begann mit der Homoehe, die Schröder und Fischer einführten – Westerwelle und seine FDP-Kumpanen stimmten im Bundestag dagegen!
Glücklicherweise blieben „die Liberalen“ für immerhin elf Jahre Opposition, bis Westerwelle 2009 Vizekanzler und Außenminister wurde.
Ab dann galt Lobbypolitik wider die Bevölkerung pur.
Die FDP machte fürderhin nur noch genau das, was ihre Parteispender aus der Automatenbranche, der Versicherungswirtschaft, den Finanzkonzernen und der Pharmaindustrie wollten. 1,2 Millionen Euro vom Mövenpick-Hotelier Baron von Finck auf das FDP-Parteikonto – und schon schufen Westerwelle und Rösler die Hotelsteuerermäßigung von über einer Milliarde Euro zu Lasten der Steuerkasse.
Das Wort „Mövenpickpartei“ war geboren; endlich begriffen genügend Menschen, daß man diese Partei nicht wählen kann.
2013, endlich, nach 60 Jahren flog die FDP aus dem Bundestag.
Endlich, endlich.
Heute ist die FDP ein Sammelbecken für gänzlich illiberale Menschen rechts von der CDU, die sich nicht trauen AfD zu wählen.
Der aktuelle Deutschlandtrend zeigt bei allen nach Parteianhängerschaft aufgeschlüsselten Fragen, daß die FDP-Fans noch Flüchtlings-feindlicher als CDU und CSU sind.


Sie fordern das Gegenteil von liberalen Gesetzen: Mehr Überwachung, mehr Abschiebung, Grenzschließungen. Ungeniert sind die ehemals Liberalen nun die nationalistischen scharfen Hunde im Sicherheitswahn.
So auch die FDP auf ihrem heutigen Dreikönigstreffen.

[…] Der derzeitigen Sicherheitspolitik attestiert Lindner Kontrollverlust und Versagen, er kritisiert Innenminister Thomas de Maizière scharf und wird für die Frage bejubelt, warum Grüne und Linkspartei angesichts der Pannen im Fall Amri noch keinen Untersuchungsausschuss einberufen hätten. Es ist offensichtlich, dass die konservativen Töne seiner Rede ankommen. [….]

Franz-Josef Strauß hätte beim Zuhören eine Erektion bekommen.

Anders als andere ehemals relevante Parteien wird die FDP aber von der großen Mehrheit der Journalisten unsinnigerweise immer noch als ernstzunehmende Partei betrachtet.
Man berichtet über die APO, als ob sie noch irgendeine Relevanz hätte, lädt Christian Lindner in die Talkshows ein, bringt Sondersendungen zum FDP-Parteitag, schickt Reporter zum Dreikönigstreffen, interviewt FDP-Großkopferte für die Politmagazine.
Wieso bloß?

Es gibt längst keine inhaltliche Rechtfertigung mehr für die käuflichen Hepatitisgelben.
Alle gesellschaftlichen Liberalitäten werden vehementer von Grünen und Linken gefordert, die nationalkonservativen, antisozialen Absichten beackert die AfD und lobbyhörige Wirtschafts- und Finanzpolitik können CDU/CSU ebenso perfekt.

Es wäre schön, wenn endlich auch in den großen Redaktionen eingesehen würde, daß die FDP sterben und nie wieder auferstehen sollte.

[….] Seit gut drei Jahren sind die Liberalen raus aus dem Bundestag. Seither beteuern geschätzte 87 Prozent der Wirtschaftsweisen und Leitartikler im Land, wie wichtig doch so eine liberale Stimme wieder wäre. Wozu sich in regelmäßigen Abständen nett gemeinte Meldungen über den, juchhe, Wiederaufstieg der FDP gesellen.
[….] Wenn es in der bundesdeutschen Geschichte einen Wendepunkt gab, der mit einer Partei und einer Person verbunden ist, dann jener September 1982, in dem der damalige FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff sein später legendäres Wendepapier vorlegte - und damit das sofortige Ende der sozialliberalen Ära provozierte, Thatcher plus Reagan eindeutschte und die FDP von einer generalliberalen zur wirtschaftsliberalen Veranstaltung samt Lobbyanschluss und Reichen-AG [….] Wenn der Abstand zwischen Reich und Arm teils absurde Ausmaße erreicht hat und internationale Konzerne kaum Steuern zahlen, hat das natürlich auch damit zu tun, dass Vermögensteuern abgeschafft, Finanzanlagen für Reichere erleichtert, auf Lohn verzichtet, der internationale Steuerwettbewerb gepredigt und noch eine Reihe anderer FDP-Wünsche seit 1982 umgesetzt wurden.
Nur das Versprechen, alle würden am Ende profitieren, das hat sich nicht eingelöst. Heute zahlen diejenigen, die am wenigsten profitieren, trotzdem mehr für Medikamente, müssen schlechtere Jobs für weniger Geld bei unregelmäßigen Arbeitszeiten in unsicheren Verträgen annehmen. Da kann schon mal die Begeisterung fürs Liberale aus der Kurve fliegen. [….][….]