Samstag, 20. Februar 2016

Ossi-Sprache



Einfach widerlich, dieses Sachsenvolk.
25 Jahre schämen wir uns nun schon für den brutalen Mob, den die größte CDU-Hochburg unter allen Bundesländern hervorbringt

Wieder einmal randalierte ein Nazimeute gegen Flüchtlinge, die im sächsischen Clausnitz untergebracht werden sollten. Untergebracht werden sollten in einem Heim, das von einem AfD-Mann geleitet wird.
Die Polizei schritt ein – und misshandelte Flüchtlingskinder.
Einen Tag nach den unfassbaren Vorkommnissen will die Karikatur eines Polizeichefs gegen die Opfer ermitteln.

Wörtlich sagte der Polizeipräsident: »Wir werden die Ermittlungen gegen Businsassen ausweiten wegen Beleidigung.« Aus seiner »Sicht gibt es für das Vorgehen der Polizei keinerlei Konsequenzen«, so Reißmann weiter. Man sei von dem rechten Mob überrascht worden. Anfangs seien nur zwei Polizisten vor Ort gewesen, später dann 28 Beamte. Zudem äußerte sich Reißmann negativ über die für den Samstag angesetzte antirassistische Kundgebung. »Für unseren mehrstündigen, hochemotionalen Einsatz, bei dem es am Ende keine Verletzten und Sachschäden gab, mit einer kurzen, losgelösten Videosequenz und ohne bisherige Kenntnis der Hintergründe öffentlich angeprangert zu werden, weise ich entschieden zurück. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Kollegen der Bundespolizei dafür, dass sie Unterstützung für die Landespolizei geleistet haben.«
Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel von der Linkspartei zeigte sich »fassungslos« über die Reaktion der Polizei. Dass keine Konsequenzen »für den verfehlten Polizeieinsatz« angestrebt sind und stattdessen nun gegen Geflüchtete ermittelt werden soll, könne »nicht wahr sein«, so Nagel.
(ND, 20.02.16)

Man fühlt sich an gewisse spanische Bischöfe erinnert, die nach dem sexuellen Missbrauch an kleinen Jungs insistieren, die Messdiener hätten Schuld, da gäbe es 13-Jährige, die alles täten, um die Priester zu verführen.
Das verschlägt einem selbst im Jahr 2016 noch die Sprache.

Manchmal ist selbst eine hartgesottene Redaktion wie Panorama etwas sprachlos. Zu dieser Pressekonferenz fällt uns nicht mehr viel ein. Anstatt eine illegale Versammlung aufzulösen, deren Teilnehmer Platzverweise erhalten hatten, kann sich der Chemnitzer Polizeichef vorstellen, gegen die Flüchtlinge zu ermitteln.

Es hilft nur noch Zynismus.
Nach 25 Jahren CDU-Herrschaft sind die rechtsstaatlichen Strukturen von Justiz und der Polizei Sachsen völlig verrottet.
Der ranghöchste Sachse Deutschlands ist bezeichnenderweise Bundesinnenminister de Maizière und streute ebenfalls immer wieder xenophobe Gerüchte.

Da geht man also ganz unschuldig seinem Recht auf öffentlichen Hass nach, beschimpft und bedroht zur Feierabendgaudi Ausländer und was tun die? Machen Gesten, obszöne gar. Stinkefinger sollen gezeigt worden sein. Das verletzt die Regeln des zivilisierten demokratischen Diskurses, wie er auf Sachsens Straßen nun einmal üblich ist, auf das Schwerste. Die Polizei hat selbstverständlich Anzeigen wegen Beleidigung aufgenommen.
Was soll man dazu noch sagen? Ein weiteres gottverlassenes Städtchen auf der Karte der Unmenschlichkeit. Bewohnt von vernagelten Gemütern, die vermutlich noch stolz auf ihre widerwärtige Schamlosigkeit sind, mit der sie ihrem Hass auf alles Fremde freien Lauf lassen. Eine Polizei, die Probleme auch am liebsten bei diesen Fremden sucht.
 „Wir sind das Volk“ rufen also die einheimischen Gartenzwerge, Frühstücksfaschisten und schlecht integrierten Wendeverlierer um den andern unmissverständlich zu bedeuten, dass sie nicht dazu gehören. Als wenn irgendjemand zu ihnen gehören wollen würde. Der Stinkefinger ist doch die einzig angemessene Antwort: „Verstanden, ihr seid das Volk. Könnt ihr auch gerne bleiben.“

Nun also mal wieder die Frage: Wieso ist das so in Sachsen?
Warum sind die Ost-Bundesländer offensichtlich ausländerfeindlicher und rechtsextremer eingestellt, weshalb ist es in der sächsischen Schweiz und im ehemaligen Tal der Ahnungslosen, Dresden, besonders schlimm?
Wie kann es angehen, daß diese physiognomisch abstoßenden und bar jeder Moral Handelnden nicht im Geringsten davon beeindruckt sind, wie widerlich man sie im Rest Deutschlands findet?

[…] Ihr habt Angst davor, von Fremden um Eure Kultur gebracht zu werden. Keine Sorge. Um Eure Kultur beneidet Euch keiner. Niemand will Euch etwas nehmen. Ihr habt nichts zu bieten.
Was also habt Ihr erreicht?
Euer Clausnitz ist jetzt berühmt, als weiteres Dorf in Sachsen, in dem Ausländerfeinde Parolen brüllen. Wer will dort leben, mit Leuten wie Euch? Wer will bei Euch seinen Urlaub verbringen? Bei Euch sein Unternehmen ansiedeln? Wer will mit Euch etwas zu tun haben? Niemand.
Ihr habt den Namen Eures Dorfes in den Dreck gezogen. Der Heimat, die Ihr zu verteidigen wähnt, habt Ihr geschadet. Ihr seid nicht Deutschland, nicht Sachsen, nicht Clausnitz. Ihr seid nur ein Haufen Feiglinge, die sich mächtig fühlen, wenn es gegen Schwache geht. […]

Das steht im nicht eben als linksextrem bekannten „Spiegel Online“. Belobigung geht anders.

(Ihr seid nicht Deutschland, nicht Sachsen, nicht Clausnitz?
Ich befürchte fast, daß diese Typen nicht unbedingt Deutschland, aber durchaus Sachsen und Clausnitz sind.)

Ich glaube, die Grünen haben völlig Recht, wenn sie Seehofer und Söder – der soeben damit protzt auf Dienstfahrten die Bibel als Hörbuch zu genießen – mitverantwortlich machen.
Ja natürlich, die fortwährende Hetze der frommen CSU aktiviert diesen kackbraunen Mob.

Schlimmer ist aber, daß die gesamte politische Klasse der ehemaligen DDR sprachlos, oder zumindest inhaltslos bleibt.
Bis auf die Linken, die sich tatsächlich gegen den Rechtsextremismus engagieren und auch selbst Opfer der Nazi-Attacken werden, gibt es keine prominenten Ost-Politiker, die sich vehement gegen die braune Stimmung auflehnen.
Im Gegenteil; Ministerpräsident Haseloff ist sogar noch schriller als Seehofer, wenn es verbal gegen Flüchtlinge geht, Markus Ulbig und Stanislaw Tillich machen selbst offensiv Stimmung gegen Zuwanderung. Sie decken den rechtslastigen Polizeiapparat.
Die fromme Katrin Göring-Kirchentag, prominenteste Ost-Grüne ist nicht vernehmbar in der Frage Rechtsextremismus.
Matschie und Thierse sind so fromm, daß sie schon als Solidarität zu ihren Kirchen der Fundi-Basis zuneigen.
Die CDU-Landesminister nehmen ihre Basis in Schutz.
Merkel mäandert seit 25 Jahren, würde sich nie konsequent engagieren oder pointiert ausdrücken.
Und dann hätten wir da noch Gauck, der sich darauf beschränkt von seiner eigenen Bedeutung überwältigt zu sein. Gauck zelebriert das Gauck-sein an sich; da bleibt keine Zeit für deutliche Worte.

Im aktuellen SZ-Magazin ist ein achtseitiges Interviews mit Raimund Fellinger, dem Cheflektor des Suhrkamp-Verlages abgedruckt.
Er dürfte der bedeutendste lebende deutschsprachige Lektor sein und teilt das Schicksal aller Menschen seines Berufstandes – kaum einer kennt seinen Namen, obwohl er seit Jahrzehnten an der wichtigsten deutschen Literatur mitwirkt.
Ein äußerst spannendes Interview, in dem er viele amüsante Anekdoten erzählt.
(Leider nicht online.)
Als es um pöbelnde und schimpfende Autoren geht, die sich in Rage schreiben, wird Fellinger vom SZ-Mag-Mann Sven Michaelsen gefragt, ob es ihm gelänge mäßigend auf zürnende Autoren einzuwirken.

Dr. Fellingers Antwort:

Nein. Wer das macht, will Autoren, die im Sinne Herbert Wehners gern lau baden und auch so reden und so schreiben. Das wären dann so Figuren wie dieser widerliche Gauck, der Pfarrer und Pfaffe. Der alles mit seiner Sahnesoße übergießt. Hören Sie mir auf!