Freitag, 31. Mai 2019

Talking Points


Früher warf man den Regierenden gern die umständlichen, ungebräuchlichen langen Namen der Gesetze vor.
Es störe das deutsche Rechtsempfinden, wenn man die Bandwurmbezeichnungen nicht verstehe.
Alternative Investment Fund Manager – Umsetzungsgesetz, Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz, Umsatzsteuerschlüsselzahlenfestsetzungsverordnung, Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz,  "Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren" oder Finanzmarktstabilisierungsfortentwicklungsgesetz. Das zeige doch nur die Abgehobenheit der Politiker, wenn die sich solche Wortungetüme ausdenken.

Als Hippopotomonstrosesquippedaliophilist, abgekürzt  Sesquipedalianist, also jemand, der lange Worte mag und der Chemie studiert hat, ein Fach, in dem die Nomenklatur organischer Verbindungen ein eigenes großes Forschungsgebiet ist, können mich die Juristen kaum ins Bockshorn jagen.
Jahrelang wurde ich in jedem Kolloquium nach den korrekten IUPAC-Bezeichnungen (International Union of Pure and Applied Chemistry) komplizierter Moleküle ausgequetscht und muss zugeben, daß ich als einer der wenigen so pervers bin echten Gefallen an den Feinheiten der IUPAC-Bezeichnungen zu finden. Histidin ist für mich immer noch (S)-2-Amino-3-(1H-imidazol-4-yl) propansäure.

Seit einigen Jahren bemüht sich die SPD-Bundestagsfraktion darum absurd komplizierte Substantiv-Aneinanderreihungen bei Gesetzen zu vermeiden und ihnen Namen zu verpassen, die jeder versteht. Endlich Transparenz und Bürgernähe.
Daher gibt es nun das "Gute-Kita-Gesetz" oder das "Starke-Familie-Gesetz" aus dem Hause Giffey.

Selbstverständlich wird das den Sozis nicht gedankt, sondern erst Recht als „Volksverarsche“ diffamiert.
„Die Politiker“ nähmen die Bevölkerung nicht mehr ernst, ätzt insbesondere die von Juristen durchsetzte FDP.

[….] FDP-Haushälter Otto Fricke kritisierte diese Haltung. Die Empfehlungen im entsprechenden Handbuch des Bundesjustizministeriums sähen vor, dass die Überschriften von Gesetzen und Rechtsvorschriften "redlich" und damit sachlich zu formulieren seien, erklärte der Jurist in der "NOZ". "Durch die vom tatsächlichen Namen abweichende und in der Bezeichnung enthaltende normative Wertung unterläuft die Bundesregierung diesen Grundsatz", kritisierte FDP-Vorstand Fricke, der auch Rechtsanwalt ist.
"Die Strategie der Bundesregierung, die Bewertung eines Gesetzes gleich in dessen Vermarktungsnamen mitzuliefern, ist für eine Demokratie sehr gefährlich", fügte Fricke hinzu. "Sie sorgt dafür, dass man beim Gute-Kita- oder Starke-Familien-Gesetz automatisch den Vorwurf bekommt, man sei gegen das Ziel des Gesetzes, also gute Kitas oder starke Familien, wenn man eigentlich nur die konkreten Gesetzesinhalte hinterfragt." Das erschwere eine offene und faire Debatte, so der Abgeordnete. [….]

Während die FDP politisch und kleinkariert argumentiert, ist der schwerere Vorwurf soziologischer Art: Die SPD betreibe „framing.“
Da wird man schon eher hellhörig, denn kaum ein neuer Begriff wird so negativ konnotiert wie „framing“ – da assoziiert man sofort üble Propaganda, Goebbels und Riefenstahl-artige Manipulationen. Damit könne man hinterhältig den Menschen üble Dinge schmackhaft machen.



Wenn man von “Asylantenflut” oder “Flüchtlingswelle” oder „Migrationskatastrophe“ spricht, assoziieren die Zuhörer ganz anders, als wenn man von „Hilfesuchenden“ oder „Heimatvertriebenen“ spricht – obwohl faktisch dasselbe gemeint ist.

Die Hoffnung der SPD ist es durch einfachere „talking points“ wie „Gute-Kita-Gesetz“ effektiver als bisher „Agenda-Setting“ zu betreiben.
Viele englische, bzw denglishe Begriffe.
Gemeint ist, daß man andere Themen in das Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit rücken möchte.
Tatsächlich gab es 2015-2018 viele andere wichtige politische Probleme, die aber insbesondere in der veröffentlichten Meinung kaum vorkamen, da das Megathema „Flüchtlinge“ zwei von drei Talkshows dominierte.
Offenkundig verstehen die Groko-Parteien CDU und SPD nicht die Mechanismen des Agendasettings. Die populistischere CSU ist fähiger, nutzt ihre Möglichkeiten aber nur negativ.
Versteht man es gute Talking Points zu kreieren, kann man wie im Europawahlkampf 2019 Klimaschutz und Digitalisierung zu Megathemen zu machen, die den Grünen zu einem Rekordwahlergebnis verhalfen.
Das Grüne Agendasetting war diesmal sogar besser als das Braune. Die AfD blieb hinter ihren Erwartungen zurück, konnte nicht mehr so effektiv wie vor zwei Jahren Xenophobie, Panik und Antiislamismus schüren.
Es ist erfreulich, wenn Grüne es schaffen ihre Themen zu pushen, aber man reibt sich auch die Augen, wenn Sozis wie begossene Pudel dastehen und beklagen, sie wären „mit ihren Themen nicht durchgedrungen.“
Es stimmt auch; soziale Gerechtigkeit, Respektrente, Altersarmut waren für die meisten Wähler offenbar nicht wichtig genug.

Generell sind Rechte und Rechtsextreme mit Hilfe ihrer Skrupellosigkeit oft Erfinder besonders mächtiger Talkingpoints.
„Bevölkerungsaustausch“ und „Islamisierung“ erregen Aufmerksamkeit.
Meister dieses Fachs sind natürlich die US-Republikaner, die es vermochten das Wort „tax“ so zu verdammen, daß sich kein Politiker mehr daran traut und das Dummvolk begeistert dafür stimmt die 1% der Superreichen von allen Steuern zu befreien.
„Socialism“ ist auch so ein Todschlagtalking-point, mit dem Teebeutler und GOPer es schafften dem Volk einzureden, eine allgemeine Krankenversicherung sei Teufelszeug.
Mit ihren Talkingpoints schaffen sie es sogar gleichzeitig für extrem strenge Regulierungen (Abtreibung, Gaymarriage) und das Gegenteil davon (Waffenrecht, Umweltschutz) zu argumentieren.

Ein Geniestreich ist der Slogan „pro-Life“ in der Debatte um legale Schwangerschaftsunterbrechungen, weil damit immer suggeriert wird, die anderen wären gegen das Leben an sich.

Bill Maher beklagt schon lange, daß seine Demokraten bei Vorwürfen aus dem rechten Spektrum sofort in den Hühnerhaufenmodus verfallen, statt sich mal unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu treffen und sich ihrerseits gute Talking Points auszudenken, die dann von allen demokratischen Politikern verwendet werden.


So wäre es an der Zeit Trumps Einfuhrzoll-Wahn nicht mehr mit der Unwirksamkeit der „TARIFFS“ zu kontern, sondern knallhart ausschließlich von „new Trump-Taxes“ zu sprechen.
Schließlich hassen GOPer nichts so sehr wie neue Steuern.
Ich halte so ein Agendasetting für möglich und wirksam.
Das würde dem Weißen Haus gar nicht gefallen, wenn bis zum November pausenlos von „Trump-Taxes“ gesprochen würde.
Leider sind aber die Demokraten ganz mies in der Kunst des Generierens von „Talking Points“.
Dabei bietet Trump so viel Angriffsfläche.

[….]  Trotzdem versucht Trump seit Monaten, die Zahl der Zuwanderer zu drosseln, um seiner nationalistischen Basis zu gefallen. Nichts aber zog bisher, weder Kinderhaft noch Mauerbau. Nun schwingt Trump seine härteste Keule: Strafzölle.
Bis jede illegale Einwanderung "gestoppt" sei, donnerte Trump, werde er alle Importe aus dem Durchgangsland Mexiko mit Zöllen belegen: Ab 10. Juni fünf Prozent, dann, ab 1. Juli, je fünf weitere Prozent pro Monat - bis im Oktober 25 Prozent erreicht wären. "Die USA sind ein tolles Land", begründete Trump die brachiale Drohung gegen den südlichen Nachbarn und engen Partner, "das sich nicht länger ausnutzen lässt".
Klartext: Trump macht Mexiko dafür haftbar, ein vertracktes Problem zu lösen, das die USA selbst in ihrer gesamten Geschichte noch nie lösen konnten.
Beiderseits der Grenze löste Trumps drastische Drohung Kopfschütteln, Befremden, sogar Panik aus. Was genau will Trump von Mexiko? Und was haben Zölle mit Migranten zu tun - zumal die dadurch entstehenden Mehrkosten bei den verzollten Waren dann von den Amerikanern getragen würden? [….] Die "New York Times" fasste die Irritation in einem Leitartikel zusammen: "Also besteuern wir die Amerikaner, bis Mexiko nicht länger zulässt, dass Menschen aus Zentralamerika von ihrem Recht Gebrauch machen, Zutritt zu den USA zu suchen?"
[….] Wie auch im Handelskrieg gegen China wäre das eine verheerende Entwicklung. Mexiko ist einer der wichtigsten US-Handelspartner, letztes Jahr flossen Waren im Wert von 671 Milliarden Dollar über die Grenze, davon mehr als die Hälfte Importe - Autos und Autoteile, Maschinen, Brennstoffe, medizinische Instrumente. Auch viele internationale Fertigungsketten kreuzen diese Grenze, vor allem in der Kfz-Branche. Kein Land exportiert außerdem mehr Agrarprodukte in die USA als Mexiko. [….]

Donnerstag, 30. Mai 2019

Die Tölpelkönigin – Teil II


Unglaublich, heute wurde mir auf Facebook unterstellt, ich möge Andrea Nahles gar nicht richtig, nur weil ich sie gestern ein ganz kleines bißchen kritisiert hatte.
Vielleicht bin ich ihr aber wirklich nicht völlig gerecht geworden, weil ich mich zu sehr auf ihre Rolle im Willy-Brandt-Haus, als langjährige SPD-Top-Funktionärin und als Parteivorsitzende konzentriert hatte.
Das ist schon etwas kurz gegriffen.
Die Persönlichkeit Nahles bietet weitaus mehr Facetten.

Da ist auch die exekutive Nahles, die als Sozialministerin brillierte.

Da ist die katholische Nahles, die als Jesus-Expertin beeindruckt.

Schließlich gibt es auch noch die Parlamentarierin Nahles, die als Bundestagsfraktionsvorsitzende einer Regierungspartei das wichtigste legislative Amt ausübt, welches die Bundesrepublik zu verteilen hat.
Die SPD-Fraktion kann auf eine stolze Tradition mit bis heute legendären Vorsitzenden zurückweisen.
Wehner, Vogel, Struck sind bis heute klingende Namen. Das waren geniale Allroundpolitiker und Taktiker, die ihre Hauptrolle im Parlament als Redner und Themensetzer ausfüllten.

Nun sitzt Andrea Nahles auf dem Thron und vermochte es nach nur anderthalb Jahren im Chefsessel nicht nur das Image ihrer Partei zu ruinieren, den parlamentarischen Prozess insgesamt zu diskreditieren, sondern auch bei ihren eigenen Abgeordneten jeden Rückhalt zu verlieren.
Ihr vermeidlicher Coup, mit dem sie ihrem „keine Personaldebatten“-Klingbeil in den Rücken fiel, nämlich sich selbst schon in fünf Tagen als Fraktionsvorsitzende wiederwählen zu lassen, geht gerade gründlich schief.
Sie zieht damit so viel Unmut auf sich, daß selbst ohne Gegenkandidaten bei Probeabstimmungen der Seeheimer und der Parlamentarischen Linken keinerlei Mehrheit für sie in Sicht ist. Damit ruft Nahles nun Gegner auf den Plan, die dank ihr wissen wie gut die Chancen sind die Chefin wegzumobben.

[….] SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat laut einem Medienbericht bei Probeabstimmungen in den drei wichtigsten Gruppen der Bundestagsfraktion keine Mehrheit bekommen. Wie die Zeitungen der VRM-Gruppe, zum Beispiel die Mainzer Allgemeine Zeitung, unter Berufung auf Parteikreise berichten, habe es am Mittwoch sowohl im konservativen Seeheimer Kreis als auch bei den "Netzwerkern" und den Parteilinken "nicht annähernd eine Mehrheit für Nahles gegeben".
[….] Die Zeitungen der VRM-Gruppe berichten weiterhin, dass Nahles, wenn sie ohne Gegenkandidaten ein sehr schwaches Ergebnis erhalte, wohl nicht länger als Fraktionsvorsitzende zu halten sei. Es sei wahrscheinlich, dass sich bis zur festgesetzten Frist am Montag noch Konkurrenten um die Position des Fraktionsvorsitzes melden.
[….] Im Falle einer Niederlage würde Andrea Nahles wahrscheinlich auch als SPD-Vorsitzende zurücktreten. Das meldet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Vertraute von Nahles. Beide Ämter seien eindeutig miteinander verbunden. Als Parteichefin habe sie ohne den Vorsitz in der Fraktion "keinen Machthebel, kann nichts bewirken". Mehrere Teilnehmer der Fraktionssitzung am Mittwoch hatten sich entsprechend geäußert, ebenso Nahles selbst in kleinerer Runde. [….]

Das muss man erst mal schaffen!
Als Fraktionsvorsitzende steht man immer im Zentrum der parlamentarischen Berichterstattung, hat als Regierungsfraktion kontinuierlichen Zugang zur Macht und echte Hebel, um die Regierungschefin zu beeinflussen.
Angesichts der desolaten Lage der Bundespartei, ist der Fraktionsvorsitz einer der letzten verbliebenen wirklich mächtigen Posten, auf dem man glänzen könnte.
Atemberaubend wie die Chefin auch diese Bastion schleift.

[….]  Nahles ging in die Offensive, das müsse jetzt geklärt werden, sagte sie. Wer einen anderen Kurs wolle, solle doch bitte kandidieren.
Doch geklärt wird bei der SPD gerade gar nichts. Einen Gegenkandidaten zu Nahles gibt es bislang nicht. Breite Unterstützung für sie aber auch nicht. Viele Abgeordnete fühlen sich erpresst. Nahles habe sich und die Fraktion in eine Sackgasse manövriert, sagen ihre Kritiker. Die SPD steuert auf eine Lage zu, in der es keine Gewinner geben könnte.
Schon vor der Fraktionssitzung gab es am Mittwoch massive Unmutsäußerungen über Nahles. [….] Bis zur Sitzung am Dienstag haben Nahles' Gegner Zeit, sich auf einen Kandidaten zu verständigen. Das Horrorszenario wäre, heißt es aus der Fraktion, wenn niemand antrete und Nahles trotzdem keine Mehrheit bekomme. Dann wäre die Selbstzerstörung komplett. [….]

Nicht nur taktiert sich Nahles selbst in Grund und Boden, sie reißt auch noch neroesk den wichtigsten Machtfaktor der Partei, die Fraktion, in den Abgrund.
Ich stimme Kühnert und Platzeck zu; erneute Personaldiskussionen und Austausch des Spitzenpersonals allein, kann nicht die Rettung der Partei sein.
Aber was bleibt einem übrig, wenn die jetzige Doppelamtsinhaberin so dermaßen versagt?
Unerträglich ist die Situation deswegen, weil wir sehenden Auges in dieses Desaster rutschten. Genau das was jetzt passiert, habe ich immer prophezeit, wenn man Nahles ans Ruder lässt.
Wer nicht hören will, muss fühlen. Arme SPD.

Mittwoch, 29. Mai 2019

Tölpelkönigin


Man kann meiner Partei wirklich nicht nachsagen, sie wäre unzuverlässig!
Wenn es gilt klug zu taktieren, ist es immer die SPD, die mit sicherem Griff ins Klo ihre miese Lage noch maximal verschlimmert.
Königin dieser besonderen Disziplin, bei der man sich in einem tiefen Loch sitzend in ein noch Tieferes hineintölpelt, ist Andrea Nahles.

[….]1995 zog sie als Juso-Vorsitzende hochaufgeregt begleitet von einem WDR-Kamerateam in den Mannheimer SPD-Bundesparteitag ein, polterte laut, es gehe nun darum den Rudolf wieder zu wählen.
Dabei brodelte es schon lange in der Partei, man wollte Scharpings Kopf rollen sehen. Es brauchte nur einen mitreißende Rede Lafontaines und weg war der Vorsitzende Rudolf.
Nur Nahles hatte nichts gemerkt.

Zehn Jahre später grätschte sie zum Schlechtesten aller schlechtesten Zeitpunkte – mitten während der hochemotionalen und schwierigen Koalitionsverhandlungen mit Frau Merkel ihrem eigenen Vorsitzenden Müntefering in die Beine.
Tölpelhafter und parteischädigender geht es gar nicht. Gerade hatten wir eine Wahl knapp und das Bundeskanzleramt ganz verloren und brauchten und bedingt einen starkten Verhandlungsführer, um zu retten, was zu retten ist, da beschädigte Nahles den Chef so schwer, daß dieser entnervt hinwarf.

 Keinerlei Gespür für die Seele der Partei entwickelte sie in den vier Jahren als Generalsekretärin, als sie gar nicht bemerkte, welcher Kanzlerkandidat ausgekreißt wurde und dann völlig übertölpelt ohne Wahlkampfstrategie dastand.


Keinerlei Gespür brachte sie für die Peinlichkeit  Thilo Sarrazin auf und scheiterte erbärmlich dabei ihn aus der Partei zu werfen.

Keinerlei Gespür kann sie für die säkulare Majorität der Wähler aufbringen, ließ als Generalin den säkularen Arbeitskreis der SPD verbieten.

Keinerlei Gespür für humanistische Anliegen im Allgemeinen. Hardcore Katholikin Nahles bejubelte den Kinderfickerförderer Ratzinger im Bundestag und blamierte sich anschließend mit dem Lob seiner „Naturrechtsposition“, ohne zu verstehen, daß damit aus theologischer Sicht eine scharfe Verdammung von LGBTI und Frauengleichberechtigung gemeint ist. [….]

[….] In jüngster Zeit bewies sie das noch, als sie nach dem Ja zu Groko noch eben per order di mufti ansagte Martin Schulz würde neuer Außenminister und sich anschließend zum Feiern in die Eifel zurückzog.

Da wurde sie dann völlig überrascht von dem Partei-internen Shitstorm gegen Schulz und die Parteispitze ob dieser radikalen Wortbruchs.
Sie hatte eben keinerlei Gespür dafür was sie in der Situation der Partei noch zumuten konnte und was nicht.

(….) Binnen einer Woche zeigt sich erneut wie erodiert das Vertrauen in die Parteispitze ist.
Vor sechs Tagen hatten Schulz, Nahles und die Stellvertreter so schön ausbaldovert, daß Schulz den Job als Partiechef gegen das Außenamt eintauscht und Gabriel abserviert wird.
Die fanatisch fromme Närrin Nahles war sich ihrer Sache so sicher, daß sie beruhigt nach Hause fuhr, beim Möhnenumzug in ihrem Heimatort Weiler in der Eifel feierte. Und sich zur Weiberfastnacht auch äußerlich zur Lächerlichkeit preisgab

Wie so oft in ihren 23 Jahren in der Parteispitze unterlag sie aber einer katastrophalen parteipolitischen Fehleinschätzung.
Die Basis nahm nämlich gewaltig übel:

·        Daß das Amt als Parteichef offensichtlich als minderwertig und dem schönen Außenministerjob nachranging eingeordnet wurde.
·        Daß wieder in einem Hinterzimmerdeal entschieden wurde.
·        Daß der beliebteste deutsche Minister gefeuert werden sollte.
·        Daß Schulz das gerade erst erfolgte 82% Vertrauensvotum des Parteitages in die Tonne trat.
·        Daß Schulz sein ausdrückliches Versprechen (erneut) brach.

Binnen Stunden brach ein Shitstorm der Basis über die Abgeordneten herein. Schulz mußte die Notbremse ziehen, weil selbst er, der Mann mit der längsten Leitung, begriff wie es um das Groko-Votum stand. (….)

Anschließend glaubte Nahles sich in einem Hinterzimmerdeal per Akklamation zur kommissarischen SPD-Vorsitzenden bestimmen lassen zu können.
Auch das scheiterte, weil sie die Statuten offenbar gar nicht kannte und nicht wußte, daß den kommissarischen Vorsitz nur ein regulärer Stellvertreter übernehmen kann. Wieder schätzt Nahles die Partei völlig falsch ein.

(….) In Rekordzeit meldeten mehrere Landesverbände (Berlin, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) Nahles nicht unterstützen zu wollen.
Sofort fand sich eine Gegenkandidatin, mit der – wie zu erwarten – im Parteivorstand niemand gerechnet hatte.
Das Parteipräsidium entwickelt sich unter Schulz und Nahles zum Dresden der SPD, dem Tal der Ahnungslosen.

[….] In der SPD regt sich Widerstand gegen einen schnellen Wechsel an der Parteispitze - ohne Beteiligung der Basis. Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange hat in einem Brief ihre Kandidatur für den Bundesvorsitz der Sozialdemokraten angekündigt. [….]  [….]

Was für ein kapitaler Fehlstart der Partei nach dem Schulz-Aus.
Ein erneuter Hinterzimmerdeal, den die Vorständler gestern noch ganz selbstverständlich planten, ist erst mal vom Tisch.
Scholz muss einspringen. […..]

Nach ihren großartigen Führungserfolgen in der Causa Maaßen, beim EU-Urheberrecht und der Neufassung des §219a, spürte die Doppelvorsitzende etwas. Schon im Februar 2018 hatte sie das Gefühl die Groko werde besser als viele erwarteten.
Ende 2018 beim Debattencamp in Berlin, packte Nahles, die vor lauter Glück Tsipras küsste wieder das Gespür.

[….]„Die SPD ist lebendig! Das haben wir gezeigt. Die SPD ist diskussionsfreudig! Das haben wir gezeigt. Die SPD ist aber vor allem das, was wir draus machen!“, fasste Nahles zum Abschluss des Debattencamps zusammen. [….]

Nun ginge es wieder aufwärts mit der SPD; raus aus dem 20,5%-Tief der Bundestagswahl 2017.
Das hat ja toll geklappt am 26.05.2019: Nach 73 Jahren an der Spitze der Bremer Regierung rutschte die SPD hinter die CDU und errang bei der Europawahl 15,8%
Nahles versagt so ungeheuerlich, daß sie an der SPD-Basis derzeit so beliebt wie Fußpilz ist. Allein die fehlenden personellen und strategischen Alternativen retten sie davor wie die beiden anderen extrem unbeliebten Pfälzer an der Parteispitzen – Scharping und Beck – brutal gegangen zu werden.

Das blinde Lars-Huhn fand sogar wenige Minuten nach Schließung der Wahllokale dieses eine Erkenntnis-Korn und erklärte, nun dürfe es keine vorschnellen Personaldebatten geben.

Die Parteichefin reagierte auf ihren Generalsekretär, indem sie sogleich eine Personaldebatte in eigener Sache lostrat: Ihre Wiederwahl zur Fraktionsvorsitzenden wurde vom geplanten September 2019 auf nächste Woche vorgezogen.

Klingbeil und Nahles an der Parteispitze sind für die SPD ungefähr genauso hilfreich wie ein Benzinkanister zum Feuerlöschen.

Nahles Motiv war einzig und allein wieder einmal das Hinterzimmergemauschel – sie will Kritiker Schulz ausmanövrieren, der nicht so schnell seine Truppen sammeln kann. Nahles stellt damit wie üblich ihre eigene Karriere und ihre Machtgeilheit deutlich über das Wohl der Partei.

[….] Stimmt schon, Andrea Nahles hat ein untrügliches Gespür für Fettnäpfchen. Gut in Erinnerung: das Pippi-Langstrumpf-Lied am Rednerpult des Bundestages. Oder die Drohung, der Regierung "auf die Fresse" zu geben, als sie SPD-Fraktionschefin wurde. Und jetzt, politisch ernster, das offensichtlich unkoordinierte Vorziehen der Wahlen zur Fraktionschefin.
Bloß: Eine Nahles-Debatte lenkt vom eigentlichen Problem ab. Die Partei bietet, unabhängig von Personen, den Bürgern kaum Gründe an, weshalb sie SPD wählen sollten. […..]

Nun macht die CDU-Parteichefin den Sozis schon das große Geschenk sich selbst immer wieder ins Knie zu schießen, so daß die SPD in Ruhe zusehen könnte, wie sich die CDU blamiert.
Nahles könnte das einfach genießen, so lange es anhält, oder wenn es optimal liefe, die CDU noch weiter unter die Wasseroberfläche drücken und sich als die viel bessere Alternative verkaufen.
Aber das wäre so gar nicht Nahles.
Lieber befreit sie die arme AKK vom grellen Scheinwerferlicht und zieht selbst Shitstorms auf sich.

„Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben die Partei noch mehr zu beschädigen“ scheint Nahles‘ konsequent umgesetztes Motto zu sein.

  […..]  In der SPD sorgt der überraschende Schritt von Andrea Nahles, am kommenden Dienstag in der Bundestagsfraktion die Vertrauensfrage zu stellen, für Irritationen. Mit diesem Alleingang konterkariere Nahles alle Beratungen und Festlegungen der Parteigremien, nach dem Absturz bei der Europa- und Bremen-Wahl keine Personaldebatten zu führen, sagten mehrere Abgeordnete unserer Redaktion.
Der nordrhein-westfälische SPD-Chef Sebastian Hartmann erklärte, er habe von der vorgezogenen Wahl aus den Medien erfahren. Statt nach den Wahlniederlagen Demut zu zeigen und eigene Fehler aufzuarbeiten, führe die Partei machttaktische Spielchen auf.
Auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Martin Schulz kritisierte das Vorziehen der Abstimmung von September. „Wir sollten Ruhe bewahren und die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit treffen“, sagte Schulz der „Zeit“. […..]