Mittwoch, 14. November 2018

(Still-) Stand der Dinge


Den aktuellen Stand des Rücktrittprozesses von Heimatminister Seehofer kennt vermutlich nur er selbst.
Nachdem am Wochenende die CSU-Gremien seine Ausführungen so verstanden, daß er zum Ende des Jahres von allen Ämtern zurücktreten wolle (mal wieder), ruderte er nur wenige Stunden später zurück (mal wieder). Nein, seinen Ministerjob werde er behalten, aber den CSU-Parteivorsitz an Söder abtreten.

Seehofer bald nicht mehr CSU-Chef? Immerhin, fast zehn Prozent der Deutschen bedauernd das.


80% sind froh, wenn er endlich verschwindet.
Ob der Zeitpunkt des Rücktritts richtig gewählt ist, bemisst sich an der Frage, ob er mehrheitlich herbeigesehnt oder bedauert wird.
Seehofer versagt in dieser Hinsicht also auf ganz großer Linie.

Was ihn so antreibt sein politisches Vermächtnis und sein ohnehin schon geringes Restansehen so völlig zu ruinieren, obwohl er offenkundig ohnehin keinen Spaß an der Arbeit hat und hauptsächlich schwänzt, ist nur allzu offenkundig:
Beherrscht von seinem destruktiven Psychopathen-Charakter ist er ausschließlich von seinem abgrundtiefen Hass auf Angela Merkel getrieben.
Er ist besessen davon länger als sie im Amt des Parteivorsitzenden zu bleiben, muß also unbedingt mindestens noch einen Tag nach dem CDU-Wahlparteitag in Hamburg (07./08.12.2018) im Amt sein.
Markus Söder soll erst Anfang 2019 zum Parteivorsitzenden erhoben werden.


Neben Seehofers Wahn die Bundesregierung keinesfalls vor Merkel zu verlassen, spielt aber auch die personelle Auszehrung der Partei eine Rolle. Die Bayern haben sich noch nicht von der desaströsen Amtsführung des Hans-Peter Friedrich (3. März 2011 bis 17. Dezember 2013) erholt, blamieren sich nun erneut in diesem Kernressort bis auf die Knochen. Sie haben nicht nur niemand, der den Job kann, sondern noch nicht mal irgendeinen, der den Job will.
Mit Grausen erinnert man sich außerdem an „Old Schwurhand“ Friedrich Zimmermann, CSU-Bundesinnenminister 82-89, der von Skandal zu Skandal stolperte.
So spielt nun ein seniler Rache-Opi ohne Fachwissen und Arbeitseifer den Platzhalter bis irgendwann Merkel doch mal abtritt und ein neuer Bundeskanzler das Kabinett umbaut.
Betrachtet man die xenophoben Kernanliegen Seehofers („Die Migrationsfrage ist die Mutter aller Probleme“), könnte man fast erleichtert sein, weil der heisere Ingolstädter mit der irren Lache in dieser Hinsicht rein gar nichts erreicht.
Keins seiner mit großer Verve angekündigten Flüchtlingsabkommen, bzw Rückführungsabkommen funktioniert.
Das begrüße ich natürlich; als Befürworter einer sehr liberalen Migrationspolitik kann einem nichts Besseres passieren als ein zuständiger Innenminister, der für die ganz harte Linie eintritt, aber durch radikale Unfähigkeit nichts davon umsetzen kann.

Unglücklicherweise ist der Mann auch noch für den Schutz unserer Verfassung zuständig. Auch hier ist er heillos überfordert, wie die Causa Maaßen zeigt.
Seehofer verantwortet auch die Integrationspolitik – kein Wunder, daß dort so viel im Argen liegt.
Sein Job als „Heimatminister“ ist ohnehin nur ein Dekorationstitel ohne Bedeutung.
Schlimm, wirklich schlimm ist aber, daß er in einem weiteren Politikfeld, das sich tatsächlich zur Mutter aller Politverdrossenheit und zum Motor der AfD-Werbung entwickelt, tumb und tatenlos seinen Job ignoriert.
Seehofer ist auch Bundesbauminister in einer Zeit, in der fast alle Großstädter die Mietpreisexplosionen, bzw die Wohnungsnot als Hauptproblem ansehen.
Was nützt schon eine boomende Wirtschaft bei de facto Vollbeschäftigung in einer reichen Stadt wie Hamburg, wenn sich Hunderttausende nicht mehr leisten können in Hamburg zu wohnen?
Normalverdiener wie Krankenschwestern oder Polizisten, wie Bäcker oder Busfahrer, haben weder in Frankfurt, noch in München noch in Hamburg eine Chance in der Innenstadt zu wohnen.
In Hamburg gibt es in Zuge von überflüssigen Luxussanierungen Mieterhöhungen von bis zu 400%.

Nachdem in der schwarzgrünen Beust-Ära zehn Jahre in Hamburg der Wohnungsbau komplett zum Stillstand gebracht wurde (so wie übrigens auch die Straßensanierungen), versuchen Sozialdemokraten das Ruder herumzureißen. Seit dem ersten Tag seines Amtsantritts 2011 als Bürgermeister ließ Olaf Scholz bauen, bauen, bauen.
Es ist tägliches Stadtgespräch wie sehr jeder von den Dauerbaustellen genervt ist und wie aussichtslos es geworden ist Handwerker zu finden, weil sie alle zum Bersten gefüllte Auftragsbücher haben.

Allein; es reicht nicht. Die Wohnungsvernichtungen der zehn CDU-Jahre (2001 bis 2011) lassen sich nicht aufholen, während die Stadt boomt und jedes Jahr Myriaden neue Einwohner anzieht.

Vor 30 Jahren gab es in Hamburg noch 350.000 Sozialwohnungen; heute sind es knapp 80.000 und die Einwohnerzahl nahm währenddessen um 200.000 Menschen zu.
Hier ist dringend der Bundesbauminister gefordert, um staatliche Bauprogramme für Geringverdiener zu initiieren, die Mieten zu deckeln, das Bodenrecht dringend zu reformieren, sowieso die ausufernden Bauvorschriften zu deckeln.

[…] „Jeder Dritte kann sich die Stadt bald nicht mehr leisten“
[…]  Bezahlbaren Wohnraum schaffen, Anstieg der Mieten begrenzen! Das fordern der Deutsche Mieterbund (DMB) und der Mieterverein zu Hamburg. Siegmund Chychla, der Vorsitzende des Mietervereins, fand gestern deutliche Worte. Er sprach von „totalem Versagen der politischen Akteure“, „egal ob schwarz, rot oder gelb“.
Vor allem Horst Seehofer (CSU) bekam sein Fett weg: DMB-Präsident Franz-Georg Rips erinnert den CSU-Politiker daran, dass er nicht nur Innen-, sondern auch Bauminister ist. „Beenden Sie den Dauerstreit in der Großen Koalition und machen Sie Ihre Arbeit: Bauen Sie Wohnungen!“
[…] „Bezahlbares Wohnen ist die ungelöste soziale Frage unserer Zeit“, da sind sich Mieterbund und Mieterverein einig. „Drastisch steigende Mieten seien einer der Gründe für die Politikverdrossenheit. „Angesichts der aktuellen Wohnungsnöte helfen reine Absichtserklärungen, eine verfehlte Schwerpunktsetzung und halbherzige Gesetzentwürfe nicht.“
Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg prophezeit, dass sich „in den kommenden Jahren 30 Prozent der Hamburger ihre Mieten nicht mehr leisten können“: „Ich habe den Eindruck, was sich da an Unzufriedenheit in den Ballungszentren zusammenbraut, wird von der Politik völlig unterschätzt.“ […]

Unglücklicherweise heißt der zuständige Bauminister Seehofer und bleibt völlig untätig. Und unglücklicherweise heißt seine Vorgesetze Merkel und die mischt sich bekanntlich grundsätzlich nie in politische Belange ein.

1 Kommentar:

  1. "Unglücklicherweise heißt der zuständige Bauminister Seehofer und bleibt völlig untätig. Und unglücklicherweise heißt seine Vorgesetze Merkel und die mischt sich bekanntlich grundsätzlich nie in politische Belange ein."

    Wir sollten froh sein. Nichts tun kann manchmal das Beste sein, wenn man so unfähig ist wie Seehofer. Und Frau Merkel lächelt doch so nett! Wenn sie weg ist, warum sollte man die CDU dann noch wählen?

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